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Grundlagen des Schul- und Beamtenrechts Schul- und Beamtenrecht 1 H. Fredrich

Schul- und Beamtenrecht 1 H. Fredrich. I. Einführung - Beispiel II. Normenhierarchie III. Arten und Wertigkeiten rechtlicher Normen IV. Grundprinzipien

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Schul- und Beamtenrecht 1

Grundlagen des Schul- und

Beamtenrechts

H. Fredrich

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Schul- und Beamtenrecht 2

ÜbersichtI. Einführung - Beispiel

II. Normenhierarchie

III. Arten und Wertigkeiten rechtlicher Normen

IV. Grundprinzipien der Verfassungsordnung

V. Schule in rechtlichen Normen

VI. Normen an Beispielen

H. Fredrich

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I. Einführung - BeispielTheoretischer Fall

Nehmen sie an, das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg(MKS) erlässt eine Verwaltungsvorschrift, die auch in dem Amtsblatt „Kultus und Unterricht“ veröffentlicht wird:

 

H. Fredrich

Verwaltungsvorschrift über pädagogische Maßnahmen

Neben den Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen nach § 90 SchulG kann die Klassenkonferenz nach Anhörung der Erziehungsberechtigten und des betroffenen Schülers folgende pädagogische Maßnahmen treffen:

1. soziale arbeiten bei karitativen Einrichtungen. Insgesamt darf die Anzahl der zu leistenden Arbeitsstunden 15 nicht übersteigen

2. Hilfs- und Reinigungsarbeiten innerhalb der Schule.

In keinem Fall darf durch diese Maßnahmen für den Schüler Unterricht ausfallen 

Diskutieren Sie diesen Sachverhalt!

Diese Verwaltungsvorschrift wäre keine ausreichende Ermächtigung für die Anordnung einer Arbeitspflicht. Diese Anordnung, die man auch als „Zwangsarbeit bezeichnen könnt, würde derart in die Grundrechte des Schülers eingreifen, dass eine gesetzliche Ermächtigung erforderlich wäre. Eine Verwaltungsvorschrift, die vom Ministerium erlassen wird, wäre keine ausreichende Grundlage.Die „pädagogische Maßnahme“ wäre deshalb nicht rechtmäßig und könnte rechtlich mit Erfolg angegriffen werden. 

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II. NormenhierarchieSchulverhältnis als Rechtsverhältnis

Verbindliche, rechtliche Regeln, die vom Staat formuliert werden statt Willkür, Einzelfallregelungen oder Verträge.

Solche Regeln können verschiedene Urheber oder Ebenen haben:

Verfassungsgeber, Gesetzgeber, Verwaltungen

 

Die Regelungen in Grundgesetz, Landesverfassung, Rechtsnormen und Verwaltungsvorschriften stehen nicht gleichrangig nebeneinander, sondern in einem hierarchischen Verhältnis zueinander. Pyramide

Über allen Regelungen und Gesetzen steht die Verfassung(en)!a) Grundgesetz: --> Bundestag und Rat;

b) Landesverfassung--> LandtagH. Fredrich

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II. Normenhierarchie

H. Fredrich

GG

LV

Gesetz

Rechtsverordnung VO

Verwaltungsvorschrift VV

Verfügung / Erlass

Weisungen / Bekanntmachungen

Beschluss – Schulkonferenz / Schulordnung

Beschluss GLK

Beschluss KK / FK

Anordnung / Weisung

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II. Normenhierarchie

H. Fredrich

GG

LV

Gesetz

Rechtsverordnung VO

Verwaltungsvorschrift VV

Verfügung / Erlass

Weisungen / Bekanntmachungen

Beschluss – Schulkonferenz / Schulordnung

Beschluss GLK

Beschluss KK / FK

Anordnung / Weisung

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III. Arten und Wertigkeiten rechtlicher Normen3. Gesetz, Verordnung, Verwaltungsvorschrift

H. Fredrich

Urheber Rechtlicher Rahmen

Gesetz Gesetzgeber Im Rahmen derGesetzgebungszuständigkeitdes Landes

Verordnung Verwaltung(Ministerium)

Werden aufgrund einergesetzlichen Ermächtigungvon Ministerien erlassen

Verwaltungsvorschrift Verwaltung Handeln der vorgesetztengegenüber der nachgeordnetenBehörde.

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III. Arten und Wertigkeiten rechtlicher Normen4. Wertigkeit der Normen am Bsp. Schulpflicht

GG, Art. 7 Schulwesen, Religionsunterricht:

(1) Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates.

 

LV, Artikel 14 Schulpflicht

(1) Es besteht allgemeine Schulpflicht

 

SchG, § 72 – 76

Schulpflicht besteht für alle Kinder und Jugendlichen, die im Land Baden-Württemberg ihren Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt oder ihre Ausbildungs- oder Arbeitsstätte haben.

Die Schulpflicht gliedert sich indie Pflicht zum Besuch einer Grundschule und einer auf ihr aufbauenden Schule

die Pflicht zum Besuch der Berufsschule

die Pflicht zum Besuch der Sonderschule

Die Schulpflicht erstreckt sich auf den regelmäßigen Besuch des Unterricht und der übrigen verbindlichen Veranstaltungen der Schule sowie auf die Einhaltung der Schulordnung.

 

Schulbesuchsverordnung

 §1 Teilnahmepflicht und Schulversäumnis

Jeder Schüler ist verpflichtet, den Unterricht und die übrigen verbindlichen Veranstaltungen der Schule regelmäßig und ordnungsgemäß zu besuchen und die Schulordnung einzuhalten.

Der Schüler ist auch bei freiwilligen Unterrichtsveranstaltungen (z. B. Sporttag, Schullandheim) so lange zur Teilnahme verpflichtet, als er nicht ordnungsgemäß abgemeldet ist.

§ 2 Verhinderung der Teilnahme

  Krankheit (Entschuldigungspflicht

Ärztliches Zeugnis – amtsärztliches Zeugnis

 § 3 Befreiung vom Unterricht in einzelnen Fällen oder von sonstigen einzelnen SchulveranstaltungenH. Fredrich

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III. Arten und Wertigkeiten rechtlicher NormenFallbeispiel

Finden Sie „Normen“ die zum vorliegenden Zusammenhang passen.

 

H. Fredrich

Die Eltern einer 14-jährigen muslimischen Schülerin beantragen bei Rektor R, sie aus Glaubensgründen vom Schwimmunterricht freizustellen. R. sieht in der Schulbesuchsverordnung keine Grundlage für eine solche Freistellung. Der Schülerin sei es auch durchaus zumutbar, in einer islamischen Badetracht (sog. Burkini) am Schwimmunterricht teilzunehmen. Dies sei ein schonender Ausgleich zwischen dem Recht der Eltern auf religiöse Erziehung und dem staatlichen Erziehungsauftrag. Der Anwalt der Eltern beantragt daraufhin beim zuständigen Verwaltungsgericht, die Schülerin im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO von der Teilnahme am

Schwimmunterricht zu befreien.

Soweit Regelungen also miteinander kollidieren, gilt die in der Pyramide dargestellte Rangfolge:

Das Grundgesetz steht über dem Schulgesetz, das Schulgesetz über den Rechtsverordnungen und der Verwaltungsvorschrift.

(Schulgesetz oder Schulbesuchsverordnung sehen so etwas vor. Aber Artikel 4 GG)

In der Konsequenz müssen Maßnahmen im Schulverhältnis, die in die Grundrechte des Schülers oder der Eltern eingreifen, auf einer gesetzlichen Grundlage erfolgen.

 

Der Gesetzgeber kann aber nicht jedes Problem selbst lösen. Eine solche Regelung ist undenkbar und würde den pädagogischen Freiraum unzumutbar einengen. Der Gesetzgeber muss nur die wesentlichen Entscheidungen selbst treffen.

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IV. Grundprinzipien der Verfassungsordnung

Freiheitlich-demokratische Grundordnung

„...ist eine Ordnung, die unter Ausschluss von Gewalt- und

Willkürherrschaft eine rechtsstaatliche Herrschaftsordnung

auf der Grundlage der Selbstbestimmung des Volkes

nach dem Willen der jeweiligen Mehrheit und auf der

Grundlage von Gleichheit und Freiheit darstellt. Sie ist

gekennzeichnet insbesondere von der Achtung der Menschen-

rechte, der Volkssouveränität, der Gewaltenteilung,

dem Mehrparteienprinzip, der Chancengleichheit für alle

politischen Parteien und dem Recht auf eine Opposition.“(Elser/Kramer, Grundriss des Schulrechts in Baden-Württemberg)

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IV. Grundprinzipien der Verfassungsordnung

Die Verfassungsprinzipien in der Schule 

Demokratieprinzip: SMV: Klassensprecher, Schülerrat, Elternvertreter, Elternbeirat, Schulkonferenz,

oberste Schulverwaltung( Landeselternbeirat, Landesschülerbeirat), Besetzung von Schulleiterstellen

 

Rechtsstaatsprinzip: alle wesentlichen Entscheidungen (Verwaltungsakte) der Schule sind rechtsstaatlich überprüfbar

Beschwerde und Klagerecht für Schüler, Eltern und Lehrer

Bestehen von Grundrechten (Würde des Menschen, Meinungsfreiheit, Glaubens- und Gewissensfreiheit

 

Sozialstaatsprinzip: Recht zum Schulbesuch (kein Schulgeld)

Lernmittelfreiheit, teilweise Schülertransport,

Schülerunfallversicherung, Anspruch auf Hausunterricht

Zuschüsse zu Fahrten, Bafög

 

Föderalistisches Prinzip: Kulturhoheit der Länder

Verlagerung der Verantwortung, so viel und so weit möglich an die Basis

Konferenz der Kultusminister (KMK) H. Fredrich

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V. Schule in rechtlichen Normen

1.) Grundgesetz:

 Parlament - Bundestag

 

Das Grundgesetz enthält keine eigenen Formulierungen von Erziehungszielen, ist aber für den Erziehungsauftrag insoweit bedeutungsvoll, als die Schule zu den dort verankerten Wertvorstellungen der freiheitlich demokratischen Grundordnung erziehen soll.

Artikel 1 – 7 GG nehmen direkt und indirekt Einfluss auf die Schule:

• Menschenwürde, Menschenrechte (Art. 1)

• Freiheitsrecht, körperliche Unversehrtheit, Bewegungsfreiheit (Art. 2)

• Gleichheitsgrundsatz (Art. 3)

• Glaubens-Gewissens- und Bekenntnisfreiheit (Art. 4)

• Meinungsfreiheit (Art. 5)

• Pflege und Erziehung der Kinder (Art. 6)

• Das gesamte Schulwesen steht unter Aufsicht des Staates; Religionsunterricht (Art. 7)

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V. Schule in rechtlichen Normen2.) Landesverfassung

Parlament - Landtag

 Vor allem Artikel 11 – 20

 

Artikel 12: Die Jugend ist

• In der Ehrfurcht vor Gott

• Im Geiste der christlichen Nächstenliebe

• Zur Brüderlichkeit aller Menschen

• Zur Friedensliebe

• In der liebe zu Volk und Heimat

• Zu sittlicher und politischer Verantwortlichkeit

• Zu beruflicher und sozialer Bewährung

• Zu freiheitlich demokratischer Grundordnung

• zu erziehen.

Art. 14: Schulpflicht, kein Schulgeld, Sachkostenzuschuss

Art. 17 – 19: Schulaufsicht, Prüfungen, Religionsunterricht, Ausbildung der Lehrer

Art. 21 Erziehung und Beteiligung

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V. Schule in rechtlichen Normen3.) Schulgesetz:

Landtag

 Die in Artikel 12 Abs. 1 LV aufgeführten Erziehungsziele wurden in aktualisierter Form in vollem Umfang in § 1 (Erziehungs- und Bildungsauftrag der Schule) Abs. 2 Schulgesetz aufgenommen

im Verlauf des Kurses weitere Inhalte

4.) Rechtsverordnung

Von der Regierung (Exekutive) auf Grund gesetzlicher Ermächtigung erlassen. Sie haben Gesetzescharakter:

Versetzungsordnung, Notenbildungsverordnung, Konferenzordnung usw.

5.) Verwaltungsvorschriften und Erlasse

Im Schulbereich vom Ministerium für Kultus und Sport (MKS) kraft ihrer Organisationsgewalt erlassen. Sie sind unterhalb der Gesetzes- bzw. Verordnungsebene

VwV: Führen eines Klassentagebuches, außerunterrichtliche Veranstaltungen, Richtlinien zur Geschlechtserziehung, Kooperation KIGA – Grundschule

Erlasse: Organisationserlass, Unterrichtsende vor den Sommerferien

Bekanntmachungen: Prüfungstermine, Diagnose und Vergleichsarbeiten.H. Fredrich

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VI. Normen an BeispielenWählen Sie ein Beispiel aus bearbeiten Sie folgende Aufgabe und diskutieren Sie den Zusammenhang kurz:

H. Fredrich

Untersuchen Sie am Beispiel von „Aufsichtspflicht“das Wirken des rechtsstaatlichen Prinzips.

Untersuchen Sie am Beispiel von „Religionsunterricht“das Wirken des rechtsstaatlichen Prinzips.

Lösungsmöglichkeiten: Aushang