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SCHULE und BERATUNG Fachinformationen aus der Landwirtschaftsverwaltung in Bayern Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Wasserpakt – Ziele und Maßnahmen der Partner Die Liquiditätslage bayerischer Haupterwerbsbetriebe Die Fichte – Baum des Jahres 2017 Wie schmeckt vegetarisches Fleisch? – Projektarbeit an der Höheren Landbauschule 7/2017

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SCHULE und BERATUNG

Fachinformationen aus der

Landwirt schafts verwaltung

in Bayern

Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten

→ Wasserpakt – Ziele und Maßnahmen der Partner → Die Liquiditätslage bayerischer Haupterwerbsbetriebe → Die Fichte – Baum des Jahres 2017 → Wie schmeckt vegetarisches Fleisch? –

Projektarbeit an der Höheren Landbauschule

7/2017

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INHALT

WASSERBERATUNG

AUSBILDUNG

DIGITALISIERUNG

GRÜNLAND

UNTERNEHMENSBERATUNG

BILDUNG

MARKT UND EUROPA

ERNÄHRUNG

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INHALT

4 Wasserpakt – Ziele und Maßnahmen der Partner 7 Wasserpakt – Ziele der Landwirtschaftsverwaltung

9 Nord-Süd-Vergleich Referendariat 15 Produktionssysteme in der Nutztierhaltung – Angehende Amtstierärzte besichtigen landwirtschaftliche Betriebe 19 Stammrollenauskünfte – (k)ein Buch mit sieben Siegeln – Was tun, wenn die Rentenversicherung anfragt? 21 Imkerei in Bayern im Aufwind – Staatsminister Helmut Brunner besucht Berufsimkerei Weiss 23 Duale Berufsausbildung als Chance für Entwicklungs- und Schwellenländer

27 Cyber-Angriffe im Behördennetz – Mit BSI und LSI zur IT-Sicherheit 28 Gewusst wie: Sicherheit am Computer – Umgang mit gefälschten E-Mails 29 Sensortechnik im Hopfenanbau – Staatsminister Helmut Brunner auf Betrieb in der Hallertau 33 Gewusst wie: QR-Codes im Unterricht 34 Unnütze Mails – Gibt es die überhaupt? 36 Gewusst wie: Mit der Referentenansicht bei PowerPoint alle Informationen im Blick

37 Kalium-, Magnesium- und Natriumgehalte von Grünlandaufwüchsen – Untersuchungen auf bayerischen Praxisflächen 44 An der Wiege der Gräserzüchtung

46 Die Liquiditätslage bayerischer Haupterwerbsbetriebe 50 10 Jahre GQS: Wertvolle Hilfe für Landwirte, Lehrkräfte und Berater 52 Die Fichte – Baum des Jahres 2017

55 Begleiten – Beraten – Steuern – Der Fachschulbeirat der Veitshöchheimer Fachschulen 56 Kurzinfo: Spannende Expedition ins „Hoiz“ – Skulpturenausstellung im StMELF 57 Wie schmeckt vegetarisches Fleisch? – Projektarbeit an der Höheren Landbauschule

60 Premiumstrategie für Lebensmittel – Bayerns Top-Spezialitäten und heimische Schmankerl als Imageträger 64 Blickpunkt Europa – Ratspräsidentschaft Estland 67 Die Entwicklung des ernährungswirtschaftlichen Außenhandels Bayerns 2016 – Differenzierung nach Produkten – Teil 1 70 Der ernährungswirtschaftliche Außenhandel Bayerns 2016 – Differenzierung nach Ländern – Teil 2

74 Auf die richtige Pause kommt es an 77 Energieeffizienz in der Außer-Haus-Verpflegung

79 Der Beobachter

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Wasserpakt – Ziele und Maßnahmen der PartnerVereinbarung zum kooperativen Gewässerschutz mit der Landwirtschaft

von RAINER PRISCHENK und LUDWIG WANNER: Die Sicherstellung eines gesamtheitlichen, auf hohem Niveau liegenden Schutzes der Gewässer und der Ressource Wasser einschließlich der Feuchtflächen und Moore ist – auch im Sinne der europäischen Wasserrahmenrichtlinie – eine gemeinsame Aufgabe und Verpflichtung für die Staatsregierung, Kommunen, Verbände der Wasserwirtschaft, Wirtschaft und Gesellschaft. Da die Landwirtschaft einen großen Anteil der Landesfläche nutzt, trägt sie eine besondere Verantwortung, ihre Flächen nachhaltig zu bewirtschaften und die Umwelt für künftige Generationen zu bewahren. Am 21. März 2017 haben auf Initiative von Herrn Staatsminister Brunner 14 Paktpartner den Wasserpakt unter-zeichnet.

Paktpartner sind neben den Staatsministerien für Ernäh-rung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF) sowie Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV) zahlreiche berufsständi-sche Organisationen der Landwirtschaft und der abneh-menden Hand, der VBEW als Vertreter der Wasserversorger und der Landesfischereiverband.

Der Bayerische Gemeindetag als Vertreter der kommu-nalen Wasserversorger hat sich dem Wasserpakt nicht ange-

schlossen, da er die Zeit für Freiwilligkeitsverpflichtungen als abgelaufen erachtet und daher die strikte Umsetzung und Einhaltung rechtlicher Vorgaben fordert.

Gewässerschutz bündeln und verstärkenDer Wasserpakt verfolgt das Ziel, alle laufenden Aktivitäten im Bereich des Gewässerschutzes zu bündeln und zu verstär-ken, um zusätzlich zu den Vorgaben des neuen Düngerechts

eine schnellere Verbesserung des Zu-standes unserer Gewässer auf freiwilli-ger Basis zu erreichen. Die Laufzeit des Wasserpaktes orientiert sich an der Dauer des zweiten Bewirtschaftungs-zeitraumes der Wasserrahmenrichtlinie (2021) und sieht eine Zwischenevalu-ierung im Jahr 2019 vor. Die Federfüh-rung für die Konzeption des Pakts lag beim StMELF in enger, laufender Ab-stimmung mit dem StMUV.

Nach den vorbereitenden Gesprä-chen mit allen potenziellen Partnern Anfang 2016 wurden diese aufgefor-dert, ihren jeweiligen aktiven, eva-luierbaren Beitrag zur Vereinbarung konkret zu formulieren. Diese Beiträge lagen erst im Herbst 2016 vollständig vor, da der Abstimmungsprozess in den Führungsgremien teilweise viel Zeit beanspruchte.

Der Landesfischereiverband (LFV) wurde als einziger anerkannter Um-weltverband in die Planungen einbe-zogen, da er auch wirtschaftlicher Nut-zer der Gewässer ist. Dieses Vorgehen

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→ Landwirtschaftsminister Helmut Brunner und Umweltministerin Ulrike Scharf (vorne) mit den

Bündnispartnern (von links): Johann Kreitmeier (Landeskuratorium für pflanzliche Erzeugung in

Bayern), Rudolf Sagberger (Bayerischer Müllerbund), Christian Beckmann (Arbeitsgemeinschaft

Landmaschinenschulen und DEULA), Walter Heidl (Bayerischer Bauernverband), Markus Rauh

(Verband der bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft), Christine Wutz (Verband für

landwirtschaftliche Fachbildung in Bayern), Georg Thalhammer (Kuratorium Bayerischer

Maschinen- und Betriebshilfsringe), Prof. Albert Göttle (Landesfischereiverband), Dr. Stefan Rauh

(Fachverband Biogas), Walter König (Verein zur Förderung des Bayerischen Qualitätsgersten-

anbaus), Jörg Freimuth (Bayerischer Gärtnereiverband) (Foto: Baumgart, StMELF).

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wurde und wird durch die anderen Umweltver-bände und die Presse bis dato heftig kritisiert. Der LFV formulierte zwar zunächst vorwiegend Kritik an der Landwirtschaft, jedoch konnte nach intensiven Gesprächen ein Konsens für die Part-nerschaft gefunden werden.

Konsens in den Positionen aller PaktpartnerBei der Erstellung des Gesamtkonzeptes ergab sich intensiver Abstimmungsbedarf, insbeson-dere zwischen StMUV und BBV. Es wurde grund-sätzlich darauf geachtet, dass die im Wasserpakt festgehaltenen Positionen von allen Paktpartnern mitgetragen werden können.

Der BBV erachtete eine Zielabsenkung z. B in Unterfranken auf Grund der dortigen Nie-derschlagssituation und Geologie für notwen-dig, wobei man sich letztendlich auf folgenden Passus einigen konnte: „Für die Umsetzung der WRRL ist gegebenenfalls eine Überprüfung von ausgewählten Wasserkörpern nötig, inwiefern hier die Ziele auf Grund natürlicher Gegeben-heiten mit verhältnismäßigem Aufwand nur langfristig oder in extremen Ausnahmefällen nicht erreicht werden können. Diese muss auf der Basis vollständiger und schlüssiger Daten erfolgen. Zu den Prüfkriterien gehören z.  B. Anbauver-hältnisse, Stickstoff-Salden, sonstige Stoffeinträge, Be-triebsstrukturen, Wasserbilanzen, Gewässerbeschaffenheit sowie Kosten-Nutzen-Abschätzung, betriebs- und volks-wirtschaftliche Auswirkungen und Verhältnismäßigkeit möglicher Maßnahmen.“

Ein weiterer Knackpunkt war die Art der Berichterstat-tung über den Zustand der Gewässer auf Grundlage un-terschiedlicher Messstellen und Schwellenwerte. Deshalb wurde die Formulierung in die Vereinbarung aufgenommen: „Der Freistaat Bayern setzt sich für eine objektive Kommuni-kation der Gewässersituation durch die EU-Kommission ein.“

Arbeitsteilung zwischen den Paktpartnern Die Schwerpunkte des StMUV liegen beim Wasserpakt in der Aktion Grundwasserschutz, bei Kooperationsverträgen in Wasserschutzgebieten einschließlich einer Informations-offensive im kommunalen Bereich. Zudem sollen die Förder-programme des Naturschutzes verstärkt für den Schutz der Gewässer eingesetzt werden.

Mittlerweile wurde auch eine gemeinsame Arbeits-gruppe mit dem StMELF mit dem übergeordneten Ziel ein-gerichtet, differenziert nach Gebieten, Gewässertypen und Art der landwirtschaftlichen Nutzung auszuloten, wie dieses

mit den Umweltzielen der WRRL flächendeckend in Einklang zu bringen ist. Wesentlich dabei sind die beiderseitige Er-mittlung und gegenseitige Bereitstellung von Umweltdaten und landwirtschaftlichen Daten sowie Aktivitäten.

Der BBV bringt sich in vielfältiger Weise ein. Im BBV-Bil-dungswerk und in regionalen Veranstaltungen wird das Thema Gewässerschutz thematisiert wie auch in der Bera-tung der Mitglieder. Er sorgt für eine frühzeitige und kon-tinuierliche Einbindung und Abstimmung mit den Grund-stückseigentümern und betreibt gemeinsam mit dem KBM eine Internetplattform zur Vermittlung von Wirtschaftsdün-gern und Lagerkapazitäten zur Förderung eines effizienten Wirtschaftsdüngereinsatzes.

Der Verband der Bayerischen Energie- und Wasserwirt-schaft e. V. (VBEW) als Vertreter der Wasserversorger unter-stützt freiwillige Kooperationen in Wasserschutzgebieten mit Maßnahmen, die über die reine Ausgleichspflicht nach Wasserhaushaltsgesetz hinaus gehen, und engagiert sich bei Forschungsvorhaben im Bereich Trinkwasserschutz, z. B. beim Anbau mehrjähriger Energiepflanzen.

Das Kuratorium Bayerischer Maschinen- und Betriebs-hilfsringe e.  V. (KBM) leistet einen wesentlichen Beitrag durch die gezielte Vermittlung moderner, ressourcenscho-nender Technik bei der Ausbringung von Wirtschafts- und

Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten

Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz

Bayerischer Bauernverband (BBV)

Verband der Bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft e. V. (VBEW)

Kuratorium Bayerischer Maschinen- und Betriebshilfsringe e. V. (KBM)

Landeskuratorium für pflanzliche Erzeugung in Bayern e. V. (LKP)

Verband für landwirtschaftliche Fachbildung in Bayern e. V. (VLF)

Fachverband Biogas e. V. (FvB)

Bayerischer Müllerbund e. V.

Verein zur Förderung des Bayerischen Qualitätsgerstenanbaus e. V.

Landesfischereiverband Bayern e. B.

Fränkischer Weinbauberband e. V.

Bayerischer Gärtnereiverband e. V.

Arbeistgemeinschaft Landmaschinenschulen und DEULA Bayern

Infobox 1: Unterstützer des Wasserpaktes

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Mineraldüngern sowie Pflanzenschutzmitteln und beteiligt sich an Feldvorführungen, Feldtagen oder Demonstrations-vorhaben.

Auch die Arbeitsgemeinschaft der Landmaschinenschu-len und DEULA Bayern setzt die umweltverträgliche Land-technik, z. B. durch spezielle Schultage, Projektarbeiten und Aktionstage, mehr als bisher in den Mittelpunkt der Aus- und Fortbildung.

Das Landeskuratorium für pflanzliche Erzeugung in Bayern e. V. (LKP) baut für seine Mitglieder eine Bodenda-tenbank mit einzelschlagspezifischer Düngeplanung auf, die eine Optimierung des Düngereinsatzes ermöglicht.

Der Focus des Verbandes für Landwirtschaftliche Fach-bildung in Bayern e. V. liegt auf einschlägigen Bildungsver-anstaltungen mit Öffentlichkeitarbeit in Form von Rundbrie-fen, Newslettern und Internetpublikationen wie auch der Pflanzenschutz Sachkunde.

Die Biogasbranche wird bedingt durch Maisanbau und Havarien zunehmend kritisch in der Öffentlichkeit wahrge-nommen. Im Wasserpakt greift der Fachverband Biogas e. V. die Thematik Gewässerschutz in vielfältiger Weise auf. Dazu gehören u. a. Schulungen, Praxisratgeber, Demonstrations-betriebe und die Unterstützung von BBV und KBM bei der Güllebörse.

Der Bayerische Müllerbund e. V. hat ein Hauptaugenmerk auf den Einsatz stickstoffeffizienter Sorten und wird diesbe-züglich den Dialog zwischen Mühlen, Landwirten und Züch-tern intensivieren.

Hauptziel des Vereins zur Förderung des Bayerischen Qualitätsgerstenanbaus e. V. ist die Steigerung der Anbau-fläche von Qualitätsbraugerste, die aufgrund des niedrigen Düngereinsatzes bereits eine wasserschonende Fruchtart darstellt.

Der Landesfischereiverband e.  V. beteiligt sich an Pi-lotvorhaben zur Reduktion von Stoffeinträgen, plant ein Gütesiegel „fischschonende“ oder „gewässerschonende“ Landwirtschaft bzw. Biogasanlage, beteiligt sich an der Aus- und Fortbildung von Landwirten und entwickelt Kreis-

laufprojekte zur Wiederverwertung des in die Teiche einge-schwemmten Bodens.

Der Fränkische Weinbauverband e. V. setzt die Priorität auf die Reduzierung von Erosion und Herbizideinsatz in Ver-bindung mit modernen Prognosemodellen.

Der Bayerische Gärtnereiverband e. V. (BGV) wird in sei-ner Beratungsarbeit insbesondere auf die Umsetzung fol-gender Maßnahmen bei seinen Mitgliedern bzw. deren Kun-den hinwirken:

→ Speicherung und Verwendung von Niederschlags-wasser bei Gewächshäusern,

→ Minimierung von Verdunstungsverlusten auf Fried-höfen sowie sukzessive Umstellung auf den Einsatz besserer Bewässerungstechnik in Staudengärtne-reien und Baumschulbetrieben sowie

→ die Information der Verbraucher durch BGV und seine Mitglieder über wassersparende Bewässe-rungsmöglichkeiten.

Landwirtschaftsverwaltung koordiniert Die Koordination der vielschichtigen Maßnahmen der einzelnen Partner des Wasserpaktes mit Erarbeitung der möglichen Kooperationsansätze obliegt der Landwirt-schaftsverwaltung. Die Federführung auf Regierungsbe-zirksebene liegt bei den Fachzentren Agrarökologie. Diese arbeiten dabei eng mit den Gruppen Landwirtschaft und Forsten – Hochwasserschutz an den Regierungen zusam-men, die die Fachzentren speziell bei koordinierenden und organisatorischen Aufgaben bzw. Tätigkeiten unterstüt-zen.

Die auf dieser Ebene tätigen Paktpartner sind jetzt in re-gelmäßigen Abständen einzuladen und die konkrete Um-setzung ist vor Ort abzustimmen.

LUDWIG WANNER RAINER PRISCHENKBAYerISCHeS STAATSMINISTerIUM FÜr erNÄHrUNg, LANDWIrTSCHAFT UND FOrSTeN [email protected]@stmelf.bayern.de

Die ausführliche Beschreibung der Aktivitäten der einzel-nen Paktpartner ist unter folgender Adresse einsehbar:

http://www.stmelf.bayern.de/wasserpakt

Infobox 2: Wasserpakt Bayern

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Wasserpakt – Ziele der LandwirtschaftsverwaltungVereinbarung zum kooperativen Gewässerschutz mit der Landwirtschaft

von RAINER PRISCHENK und LUDWIG WANNER: Miteinander statt übereinander reden und die Dinge gemeinsam voranbringen – das ist Ziel eines Paktes. Das ist auch das Anliegen des Wasserpaktes. Kräfte bündeln, um beim Gewässerschutz in Bayern noch schneller noch mehr zu erreichen. Denn Wasser ist unser wichtigstes Lebensmittel. Unser Trinkwasser in Bayern wird zu rund 90 Prozent aus Grundwasser gewonnen. Damit kommt dem flächendeckenden Schutz der Gewässer und der Ressource Wasser eine besondere Bedeutung zu. Hier tragen die Landwirte als diejenigen, die einen großen Anteil der Landesfläche bewirtschaften, hohe Verantwortung. Der Artikel schildert im Detail die Maßnahmen seitens der Landwirtschafts-verwaltung.

Der Wasserpakt bündelt die wesentlichen Initiativen zum Gewässerschutz auf freiwilliger Basis. Im Zuge des Was-serpaktes startet das Bayerische Staatsministerium für Er-nährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF) ein umfas-sendes Maßnahmenpaket zum Gewässerschutz und setzt dabei auf Wissen, Kooperation und Überzeugung als den besten Weg, um nachhaltige und langfristige Wirkung zu erreichen.

Das Paket umfasst u. a. eine Verdoppelung der Zahl der Wasserberater, den Aufbau von Demonstrationsbetrieben, die Verstärkung der Bildungs- und Beratungsaktivitäten und eine Ausweitung der Fördermaßnahmen mit dem Schwer-punkt Boden- und Wasserschutz (z. B. Gewässerschutzstrei-fen) im Rahmen des KULAP.

Der Wasserpakt ergänzt die aktuelle Novellie-rung des Düngerechts und setzt dabei auf die Wirkung von Bildung und Beratung und passgenaue Förderangebote.

Staatsminister Helmut Brunner

Mehr Wasserberater in ganz BayernDie Zahl der Wasserberater an den Fachzentren Agraröko-logie wird in diesem Jahr von 18 auf 35 nahezu verdoppelt. Die Dienstgebiete wurden vom StMELF nach dem Anteil der Maßnahmengebiete an den gesamten Grund- und Ober-flächenwasserkörpern festgelegt. Die neuen Wasserbera-ter werden wie bisher den Fachzentren L3.2 Agrarökologie zugeordnet, jedoch teilweise disloziert an den Ämtern für

Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (ÄELF) angesie-delt. In einem Einführungs-lehrgang werden sie von der Staatlichen Führungs-akademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (FüAk) und der Landesan-stalt für Landwirtschaft (LfL) geschult und auf ihre Auf-gabe vorbereitet.

Aufbau eines Netzes von Demonstrationsbe-triebenUm die Landwirte praxisnah informieren zu können, wird noch heuer ein bayernwei-tes Netz von Demonstrati-onsbetrieben aufgebaut, die sich durch besondere gewässerschonende Be-wirtschaftungsweisen auszeichnen. Insgesamt werden rund 100 Demonstrationsbetriebe in Bayern angestrebt.

Intensivierung der Forschung Für spezielle Forschungsprojekte (u. a. zur Verbesserung der Gülleausbringung, der Mulchsaat- bzw. Direktsaattechnik, des Erosionsschutzes und zur Reduzierung des Stickstoff-dünger-Einsatzes) werden insgesamt 1,5 Millionen Euro be-reitgestellt.

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→ Abbildung: Faltblatt eines

Demonstrationsbetriebes

Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten

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www.xxx.bayern.de

Gewässer-, Boden-, Klimaschutz

Betrieb Mustermann Musterort

Demonstrationsbetriebe

Wasserpakt

Bayern

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Eine wichtige Rolle spielt dabei die Weiterentwicklung der Landtechnik gerade in Richtung „smart farming“ mit teilflächenspezifischer Bewirtschaftung in Verbindung mit Sensortechnologie zur Optimierung der Düngung.

Schwerpunkt Gewässerschutz bei der BildungAuch im Bereich Bildung wird ein Schwerpunkt auf den Ge-wässerschutz gelegt – an den Fachschulen ebenso wie bei Fortbildungsmaßnahmen und in der Erwachsenenbildung. Die Landesanstalt für Landwirtschaft wird dazu spezielle Vortragsunterlagen, Lehrerhandreichungen usw. erarbei-ten.

Schwerpunkt beim Kulturlandschaftsprogramm Im Kulturlandschaftsprogramm (KULAP) liegt der Schwer-punkt auf Boden- und Gewässerschutz. Die KULAP-Fläche wurde heuer aufgrund zusätzlicher gewässerschonender Maßnahmen deutlich ausgeweitet (u. a. Gewässer- und Ero-sionsschutzstreifen, Umwandlung von Acker in Grünland an Gewässern, extensive Grünlandnutzung an Gewässern, Öko-logischer Landbau). Allein für Neuanträge standen in diesem Jahr 14,1 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung (insgesamt 112 Millionen Euro).

Initiative „boden:ständig“ bayernweit etabliertDie erfolgreiche Initiative für verbesserten Boden- und Ge-wässerschutz (www.boden-staendig.eu/) wird nach der bay-ernweiten Pilotphase zu einem dauerhaften Angebot. Dafür werden acht Projektstellen an den Ämtern für Ländliche Ent-wicklung eingerichtet.

Eigenes Internetangebot zum GewässerschutzAuf den Gewässerschutz wird heuer bei der Öffentlichkeits-arbeit ein besonderer Schwerpunkt gelegt. Unter anderem wird ein eigenes Internet-Angebot aufgebaut. Zudem wid-met sich eine Reihe von Beiträgen in der Fachpresse diesem Thema.

Alternative Energiepflanzen forciertUm den Anbau von alternativen Energiepflanzen zu for-cieren, werden nicht nur Informations- und Demonstra-tionsflächen an verschiedenen Standorten etabliert, das Landwirtschaftsministerium unterstützt auch das Demons-trations-Projekt „Silphie-Anbau in der nördlichen Franken-alb“ mit einem Anbauumfang von ca. 100 Hektar. Die ag-rarfachliche Begleitung erfolgt durch das Technologie- und Förderzentrum (TFZ).

Weniger stickstoffabhängige Qualitätsstandards Um stickstoffabhängige Qualitätsanforderungen, d. h. Min-dest-Proteingehalte beim Brotweizen zu reduzieren, werden Gespräche mit den Entscheidungsträgern des Handels und der Ernährungswirtschaft intensiviert. Gleichzeitig soll die Entwicklung stickstoff-reduzierter Anbausysteme vorange-trieben werden (z. B. Entwicklung eines witterungsabhängi-gen Stickstoff-Prognosemodells, Systeme zur verlustarmen Wirtschaftsdüngerausbringung).

Umsetzung der Düngeverordnung in die PraxisUm die Vorgaben der neuen Düngeverordnung möglichst rasch und effektiv in die Praxis umzusetzen, sollen spezielle EDV-Programme und Unterlagen erstellt werden. Darüber hinaus wird das Beratungs- und Bildungsangebot ausge-weitet.

Abstimmung der Umsetzung vor Ort Die Koordination von Maßnahmen des Wasserpaktes liegt bei der Landwirtschaftsverwaltung. Die Federführung auf Regierungsbezirksebene erfolgt durch die Fachzentren Ag-rarökologie an den Ämtern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Diese arbeiten dabei eng mit den Gruppen Landwirtschaft und Forsten – Hochwasserschutz an den Regierungen zusammen, die die Fachzentren speziell bei koordinierenden und organisatorischen Aufgaben bzw. Tä-tigkeiten unterstützen. Die auf Bezirksebene tätigen Pakt-partner werden in regelmäßigen Abständen eingeladen, um die konkrete Umsetzung vor Ort abzustimmen.

LUDWIG WANNER RAINER PRISCHENKBAYerISCHeS STAATSMINISTerIUM FÜr erNÄHrUNg, LANDWIrTSCHAFT UND FOrSTeN [email protected]@stmelf.bayern.de

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Nord-Süd-Vergleich Referendariat Einstieg in die vierte Qualifikationsebene der Landwirtschaftsverwaltung in Nordrhein-Westfalen und Bayern

von ULRIKE SCHMIDT: Der Vorbereitungsdienst für den Einstieg in die Laufbahn des höhe-ren Dienstes in der Landwirtschaftsverwaltung wird in den Bundesländern nicht einheitlich durchgeführt. Bayern und Nordrhein-Westfalen verfolgen unterschiedliche Ansätze, abge-stimmt auf die jeweilige Landwirtschaftsverwaltung. Wo liegen die Unterschiede, wo die Gemeinsamkeiten? Entsprechen die Konzepte noch den aktuellen und zukünftigen Anforde-rungen an die Landwirtschaftsverwaltung? Eine Referendarin, die nach acht Monaten vom Agrarreferendariat in NRW ins Referendariat nach Bayern wechselte, setzt sich mit den Inhal-ten des Agrarreferendariats auseinander.

Das Referendariat bereitet Nachwuchskräfte für den höhe-ren Dienst und die damit verbundenen mannigfaltigen Auf-gaben in der Landwirtschaftsverwaltung in den Bundeslän-dern vor. Die Referendare sollen während dieser Ausbildung die notwendigen sozialen und fachlichen Kompetenzen er-langen um verantwortungsbewusst leitende Tätigkeiten auszuüben und insbesondere in Bayern der Lehrtätigkeit

an den agrarwirtschaftlichen Fachschulen nachzugehen (siehe Infobox 1).

Zulassung zum Referendariat in BayernDie rechtliche Zuständigkeit liegt in Bayern beim Bayeri-schen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF) im Einvernehmen mit dem Bayerischen

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Referendar leitet sich vom lateinischen „referendarius“ ab und bedeutet im engen Sinne „Berichterstatter“.Die Dienstbezeichnung „Referendar“ ist geschützt und darf nur nach der öffentlich-rechtlichen Zulassung oder Vereidigung zum Referendar geführt werden. Im Vorbereitungsdienst für die Beamtenlaufbahn im höheren Dienst werden die „Lehrlinge‘“ in Deutschland als Referendare be-zeichnet. Das Referendariat baut auf dem erfolgreichen Abschluss eines mindestens vierjährigen Studiums an einer Universität (in NRW auch (Fach-) Hochschule) auf und dauert in der Regel zwei Jahre. Es soll den Referendaren die praktischen Befähigun-gen und notwendigen Kenntnisse und Handlungskompetenzen vermitteln, um in der jeweiligen Verwaltungseinheit eingesetzt werden zu können.Mit dem Bestehen der „Großen Staatsprüfung“ bzw. der „Großen Agrarwirtschaftlichen Staatsprüfung“ wird das Recht erwor-ben, die Bezeichnung „Assessorin/Assessor der Agrarwirtschaft“ zu führen.In Bayern werden die Referendare nach Bestehen der Staatsprüfung in der Regel in das Beamtenverhältnis auf Probe übernom-men und führen dann die Dienstbezeichnung „Landwirtschaftsrätin bzw. Landwirtschaftsrat“.In NRW sind Verbeamtungen dagegen selten und nach Abschluss des Referendariats werden die Assessoren im Angestellten-verhältnis beschäftigt.

Die Referendare werden als „Beamte auf Widerruf“ geführt und erhalten Anwärterbezüge in Höhe von etwa 1 385 Euro brutto mtl. Damit beläuft sich das jährliche Grundgehalt auf etwa 17 600 Euro brutto. Die bayerischen Referendare erhalten etwa 14 Euro mtl. weniger als ihre Kollegen in NRW, allerdings erhalten die bayerischen Referendare jährliche Sonderzahlungen in Höhe von etwa 970 Euro. In NRW wurden die Sonderzahlungen in das Grundgehalt integriert, diese fallen aber im Vergleich niedriger aus. Zusätzlich können in beiden Bundesländern Familien- und Kinderzuschläge abgerufen werden.Es besteht Beihilfeanspruch zu 50 Prozent, der restliche Teil muss durch eine private Krankenversicherung abgedeckt werden.

Infobox 1: Der Referendar – eine Begriffsbestimmung

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Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat (StMFLH) und dem Landespersonalausschuss. Die Rechtsgrundlagen für das Landwirtschaftsreferendariat bil-den die „Zulassungs-, Ausbildungs-, und Prüfungsordnung für die Laufbahn des höheren Beratungs- und Fachschul-dienstes in den Bereichen Agrarwirtschaft und Hauswirt-schaft (AHZAPO/hD) vom 13. September 2007 gemeinsam mit den „Vollzugshinweisen zur Durchführung des Vorbe-reitungsdienstes für den Einstieg in der vierten Qualifika-tionsebene der Fachlaufbahnen „Naturwissenschaft und Technik“ im fachlichen Schwerpunkt „Agrarwirtschaft, Haus-wirtschaft, Ernährung“ vom 1. Juni 2016.

Die Einstellungsbehörde ist in Bayern das StMELF. Es führt die Ausbildung der Referendare zusammen mit den nachgeordneten Behörden und Einrichtungen durch. Eine zentrale Rolle nimmt hierbei die Staatliche Führungsakade-mie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (FüAk) ein. Sie unterstützt das Staatsministerium und die Ämter für Ernährung, Land-wirtschaft und Forsten (ÄELF).

Neben den gesetzlich vorgeschrie-benen und persönlichen Voraussetzun-gen für die Berufung in ein Beamten-verhältnis müssen die Bewerber ein mindestens vierjähriges Diplom- oder Masterstudium an einer wissenschaft-lichen Hochschule bzw. Universität im Bundesgebiet in den jeweiligen Fach-richtungen abgeschlossen haben. Im Bereich der Agrarwissenschaften sind dies die Fachrichtungen Pflanzenpro-duktion, Tierproduktion, Milchwis-senschaften sowie Wirtschafts- und Sozialwissenschaften des Landbaus. Des Weiteren ist eine mindestens sechsmonatige praktische Ausbil-dung nachzuweisen, wobei eine be-standene Abschlussprüfung in einem nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) anerkannten Ausbildungsberuf der entsprechenden Fachrichtungen als gleichwertig anerkannt wird. Auch eine berufliche Tätigkeit nach Abschluss des Studiums erkennt das StMELF an.

Schwerpunkte in Bayern: Schule und BeratungDie Ausbildung im Vorbereitungsdienst in Bayern gliedert sich in zwei Abschnitte an unterschiedlichen Ausbildungs-orten, begleitet von verschiedenen Seminaren und Lehrgän-gen während des gesamten Vorbereitungsdienstes (siehe In-fobox 2). Den überwiegenden Teil der Ausbildung leisten die Referendare an den zwei zugewiesenen Ämtern für Ernäh-rung, Landwirtschaft und Forsten (ÄELF) ab. Die Ausbildung wird unterstützt von der Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL), der Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG), den verschiedenen agrarwirtschaftlichen Fachschulen und diversen anderen Behörden.

Im Herbst jeden Jahres beginnt der Unterricht an den Landwirtschaftsschulen an den ÄELF. Die Referendare sind hier aktiv in den Unterricht eingebunden, insbeson-dere in ihren jeweiligen Schwerpunktfächern, im ersten Ausbildungsjahr auch in allgemeinbildenden Fächern wie

Seminare während des Referendariats in Bayern:• Allgemeine Verwaltung• Rhetorik• Gesprächsführung in der Beratung und Beratungsmethodik• Berufsbildung und Management am Amt• Betriebswirtschaftliches Grundwissen• Grundlagen der Ökonomik und Buchführung• Ökonomik der Betriebszweige und Betriebsplanung• Fördervollzug am Amt• Entwicklung ländlicher Raum, Fachplanung und Stellungnahmen• Agrarpolitik und Markt• Grundlagen der Pädagogik und Pädagogik Vertiefung

Seminare während des Referendariats in Nordrhein-Westfalen:• Rechtsordnung, Ordnungsrecht, Staats- und Verfassungsrecht, Europäische Union• Allgemeines Verwaltungsrecht und Rechtsgebiete der Agrarverwaltung• Verbraucher- und Naturschutz, Düngerecht, Raumplanungen • Berufsbildungsrecht, Arbeits- und öffentliches Dienstrecht • Unternehmensrecht, Handels- und Steuerrecht• Förderung im Agrarbereich, Verfahrensabwicklung in der Förderung• Gesprächsführung, Moderation, Projektmanagement• Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Risikomanagement und IT-Sicherheit • Mitarbeiterführung, Mitarbeitergespräch und Kommunikation• Haushalt und Finanzierung, Controlling und Kostenrechnung• Buchführungsanalyse• Qualitätsmanagement• Organisation von Weiterbildungsmaßnahmen, Web-Seminare entwickeln• Beratungsprozess, Beratungsgespräch, Beratungssituation• einwöchige Exkursion nach Brüssel

Infobox 2: Ausbildungsseminare im Vergleich

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Berufsausbildung und Mitarbeiterführung sowie Volkswirt-schaft und Agrarpolitik. Zusätzlich hospitieren die Refe-rendare bei hauptamtlichen Lehrkräften.

Für die pädagogische Beurteilung der Referendare wer-den gehaltene Stunden bewertet. Ein Teil der pädagogi-schen Prüfung sind die zwei Lehrvorführungen, wobei die Prüfungskommission um Vertreter des Bayerischen Minis-teriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst (StMBKWK) erweitert wird, um zusätzlich die Belange und Anforderungen an einen studierendengerechten Unterricht aus Sicht des Kultusbereichs zu prüfen und die Qualität des Unterrichts an den Fachschulen sicherzustellen.

Im Sommersemester der Landwirtschaftsschule finden mehrere sogenannte Sommerschultage statt, die sich mit einem speziellen Lerninhalt, z. B. Besuch eines Schlachthofes oder eines Landtechnikherstellers, beschäftigen. An zweien dieser Termine sollen die Referendare aktiv eingebunden werden und mitwirken.

Im Ausbildungsteil Beratungsausbildung hospitieren die Referendare bei mehreren Beratungsmaßnahmen bzw. führen sie selbst durch. Zusätzlich soll der Referendar eine Gruppenveranstaltung selbst moderieren und diese vor- und nachbereiten.

Den Abschluss des Vorbereitungsdienstes bildet die An-stellungsprüfung oder auch „Große Staatsprüfung“, in der die Befähigung des Referendars für die Laufbahn des höhe-ren Beratungs- und Fachschuldienstes im Bereich Agrarwirt-schaft festgestellt werden soll. Während der zweijährigen Ausbildungsphase werden in Bayern begleitend pädagogi-

sche Prüfungsteile abgelegt. Dazu zählen eine mündliche und schriftliche Prüfung, sowie die benoteten Unterrichts-stunden der beiden Schulwinter. Die Fachprüfungen am Ende der Ausbildungszeit setzten sich aus einem mündli-chen und vier schriftlichen Prüfungsteilen sowie einer Be-ratungsprüfung zusammen. Die Fachprüfung im Schwer-punktfach des Referendars wird doppelt, in den anderen Fachrichtungen sowie im Prüfungsteil Verwaltung einfach gewichtet. Die Beratungsprüfung geht mit dreifachem No-tengewicht in die Endnote ein.

Das Referendariat in Nordrhein-WestfalenDie Rechtsgrundlage für das Agrarreferendariat in Nord-rhein-Westfalen (NRW) ist die „Verordnung über die Aus-bildung und Prüfung für die Laufbahn des höheren agrar-wirtschaftlichen Dienstes im Land Nordrhein-Westfalen“ (VAPhD-Agr) in ihrer jeweils gültigen Fassung. Die Verord-nung wurde zuletzt am 24. August 2016 geändert.

Für die Verordnung zuständig ist das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbrau-cherschutz (MKULNV). Die einstellende Behörde ist in NRW das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV). Das LANUV stellt in NRW eine eigenständige Landesbehörde dar, mit der zuständigen Aufsicht beim MKULNV. Das LANUV dient als wissenschaftliche und tech-nische Fachbehörde und untersteht nicht der politischen Verantwortung; es soll als neutrale Prüfungs-, Aufsichts- und Berichterstattungsbehörde den anderen Behörden, der Lan-desregierung und der Bevölkerung dienen.

→ Bild 1: Außerirdische? Nein, „nur“ Referendare und Fachlehreranwärterinnen fertig angezogen zum Ausflug in den Schweinestall (Bayerischer

Jahrgang 2016 bis 2018) (alle Fotos: Ulrike Schmidt).

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Kammer übernimmt Ausbildung Die Ausbildung der Referendare hat das LANUV teilweise an die Landwirtschaftskammer (LWK) des Landes delegiert. Den bestimmenden Teil der Ausbildung leisten die Referendare an den 14 Kreisstellen der LWK ab.

Neben den beamtenrechtlichen Vorausset-zungen und der Hochschulbildung ist in NRW eine mindestens einjährige landwirtschaftliche, gartenbauliche oder hauswirtschaftliche fach-praktische Ausbildung mit Praktikantenprüfung oder hauptberufliche Tätigkeit nachzuweisen. Dies kann, wie auch in Bayern, durch eine be-standene Abschlussprüfung in einem nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) anerkannten Ausbil-dungsberuf in den Fachrichtungen Landwirtschaft, Garten-bau oder Hauswirtschaft erfolgen.

Drei Ausbildungsblöcke in NRWDie Ausbildung im Vorbereitungsdienst in NRW gliedert sich in die drei Abschnitte „Verwalten“, „Leiten und Steuern“ und „Beraten“, die etwa 22 Monate dauern. Für die Vorbe-reitung und Durchführung der Abschlussprüfung, in NRW die „Große Agrarwirtschaftliche Staatsprüfung“, sind weitere zwei Monate vorgesehen, so dass der Vorbereitungsdienst in Summe ebenfalls in 24 Monate durchgeführt wird (siehe Infobox 3). Begleitend werden während des gesamten Refe-rendariats, teils mehrwöchige, Seminare mit verschiedenen Themenschwerpunkten besucht (siehe Infobox 2).

Der Ausbildungsabschnitt „Verwalten“ umfasst neun Mo-nate. Der Referendar befindet sich dazu überwiegend an

den Kreisstellen der Landwirtschaftskammer im Arbeitsbe-reich Verwaltung.

Der zweite Abschnitt „Leiten und Steuern“ dauert sechs Monate. Er findet zum einen Teil in den unterschiedlichen Abteilungen des LANUV, z.  B. Naturschutz, Landschafts-pflege, Jagdkunde, Fischereiökologie oder Verbraucher-schutz, Tiergesundheit, Agrarmarkt, statt. Nach diesem Teil abschnitt wechseln die Referendare an die Zentrale der Landwirtschaftskammer und können in den verschiedenen Geschäftsbereichen, z. B. Standortentwicklung, Ländlicher Raum oder Unternehmensentwicklung und Beratung, ein-gesetzt werden. Während des Abschnitts besteht für die Referendare auf Wunsch die Möglichkeit auch an einer der sieben landwirtschaftlichen Fachschulen im Unterricht zu hospitieren.

Der dritte Abschnitt „Beraten“ umfasst sieben Monate. Die Referendare sind jetzt in der Regel wieder an den Kreisstellen der Landwirtschaftskammer im Arbeitsbereich Beratung eingesetzt.

In verpflichtenden Arbeitsgemeinschaften treffen sich alle Referendare des jeweiligen Jahrgangs mit ihren Aus-bildern der Kreisstelle und Ausbildern des LANUV und der LWK und stellen im freien Vortrag praktische Fälle aus dem Verwaltungsalltag vor, die sie selbst bearbeitet haben, und diskutieren die Vorträge, die Vorgehensweise und die ge-troffene Entscheidung.

Zusätzlich sind von jedem Referendar im ersten Ausbil-dungsabschnitt sechs Berichte anzufertigen, ähnlich der Facharbeiten in Bayern. In diesem Abschnitt muss der Re-ferendar auch zwei Veranstaltungen moderieren und eine Maßnahme der Öffentlichkeitsarbeit planen und durchfüh-ren. Während der Beratungsausbildung ist als verpflichtende Aufgabe eine Bildungsmaßname bzw. Veranstaltung für die berufliche Weiterbildung zu planen, zu organisieren und ab-schließend zu evaluieren. Der Referendar bearbeitet min. zwei Beratungsfälle aus dem Gebiet der sozioökonomischen

→ Bild 2: Seminarunterricht: Auch Bewegung gehört dazu.

In Bayern und Nordrhein-Westfalen einschließlich Ab-schlussprüfungen regulär 24 Monate. Verkürzung auf An-trag möglich, insofern die bisher ausgeführte berufliche Tätigkeit dem Ziel des Vorbereitungsdienstes dienlich ist.• Beginn in Bayern zum 1. Juni, in NRW zum 1. Oktober.• In Bayern 19 Monate an zwei ÄELF mit ihren angeglie-

derten Fachzentren, ca. 16 Wochen Ausbildungssemi-nare, drei Wochen an der LfL bzw. LWG und etwa eine Woche an der FüAk.

• In NRW neun Monate an den Kreisstellen der Landwirtschaftskammer (LWK), sechs Monate an der Zentrale der LWK oder am Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV), sieben Monate an den Beratungsdienststellen der LWK und zwei Monate Prüfungsvorbereitung.

Infobox 3: Dauer des Referendariats

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oder produktionstechnischen Beratung und stellt diese ent-sprechend schriftlich dar.

Den Abschluss des Vorbereitungsdienstes bildet ein zweimonatiger Zeitraum der Prüfungsvorbereitung, der mit der „Großen Agrarwirtschaftlichen Staatsprüfung“ ab-schließt. In dieser Prüfung soll die Eignung des Referendars für die Laufbahn des höheren Dienstes in der Agrarverwal-tung im Land Nordrhein-Westfalen festgestellt werden.

In NRW ist die Gewichtung der Noten, die während der zweijährigen Ausbildungsphase erlangt werden, höher als in Bayern. Die Noten aus Facharbeiten, Berichten, Modera-tionen und Beratungen gehen dreifach in die Endnote ein. Eine gegen Ende der Ausbildungszeit anzufertigende Haus-arbeit wird zweifach, die zwei Abschlussprüfungen in den Schwerpunkten Verwaltungs- und Agrarrecht sowie Politik und Beratung werden jeweils einfach gewertet. Zu jedem Ausbildungsabschnitt wird eine separate mündliche Prü-fung mit einfacher Gewichtung durchgeführt.

Große Bedeutung der Pädagogik in Bayern In Bayern liegt der Schwerpunkt der Ausbildung unverkenn-bar in der pädagogischen Ausbildung und der Schulung für die sozioökonomische Beratungspraxis. Im Vergleich dazu legt Nordrhein-Westfalen den Schwerpunkt auf die Verwal-tung und die produktionstechnische Beratung bzw. in der Beratung der Familien bzgl. Hofnachfolge und Höfeordnung.

Die bayerischen Landwirtschaftsreferendare erhalten eine fundierte pädagogische und beratungsmethodische Ausbildung, die sie als „Allrounder“ am StMELF selbst, den

ÄELF, der FüAk und der LfL qualifiziert.

In NRW erhalten die Re-ferendare eine juristische verwaltungsdienliche Aus-bildung, die es ihnen ermög-licht vielschichtige Rechts- und Verwaltungsvorgänge im gesamten Instanzenzug der nordrhein-westfälischen Landwirtschaftsverwaltung zu bearbeiten. Die Ausbil-dung in der Beratung dient dem Wesen der Landwirt-schaftskammer als öffent-lich-rechtliche Körperschaft, die teilweise durch ihre Mit-glieder finanziert Aufgaben der Agrarverwaltung wahr-nimmt und die Beratung in betrieblichen Fragen als zweite Schwerpunktaufgabe

per Gesetz wahrnimmt. Mit der Reform des Agrarreferendariats in NRW im Jahr

2011 wurde die pädagogische Ausbildung für den Unter-richt an agrarwirtschaftlichen Fachschulen bzw. Berufskol-legs ausgelagert und untersteht in Gänze dem Kultusmi-nisterium und wird nun in einem gesonderten Verfahren durchgeführt. Dabei wird die Lehrerausbildung nach dem Agrarreferendariat in einer zweiten zweijährigen Vorberei-tungszeit „on-the-Job“ mit Unterstützung durch das „Zen-trum für schulpraktische Lehrerausbildung“ an der Außen-stelle Bonn durchgeführt. Es handelt sich dabei um den sogenannten „Seiteneinstieg“ in den Schuldienst mit be-rufsbegleitendem Vorbereitungsdienst für Universitätsab-solventinnen und -absolventen. So entfällt in NRW die pä-dagogische Ausbildung während des Agrarreferendariats nahezu vollständig; allerdings ist das Agrarreferendariat nicht Voraussetzungen für den pädagogischen Seitenein-stieg. Vielmehr stehen die zwei Vorbereitungsdienste ne-beneinander, vielleicht sogar in Konkurrenz zueinander.

Schwerpunkt auf Verwaltungsausbildung in NRWDie Verwaltungsausbildung ist mit neun Monaten in NRW sehr umfangreich. Dagegen bestehen für den bayerischen Landwirtschaftsreferendar in 24 Monaten Vorbereitungs-dienst überwiegend die Möglichkeiten, sich selbstständig in das „Verwaltungsgeschehen“ einzubringen. Dienliche In-halte werden dem Referendar im Umfang von etwa vier Wo-chen vermittelt, sowie weitere „kleinere“ begleitende Maß-nahmen absolviert.

→ Bild 3: Besuch des Bayerischen Zentral-Landwirtschaftsfestes 2016 in München (Bayerischer Jahrgang 2016

bis 2018).

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An dieser Stelle wird ein Defizit in der Ausbildung der bayerischen Referendare im Bereich Verwaltung und in den betreffenden Rechtsgebieten gegenüber dem Referendar in NRW deutlich. Vor dem Hintergrund des sich ständig im Wandel befindlichen Fachrechts und der Notwendigkeit von weiteren geforderten gezielten Fachrechtskontrollen im landwirtschaftlichen Betrieb, sollte diese Ausbildungs-praxis kritisch geprüft werden.

Seiteneinstieg in die Kultusverwaltung nur in NRWDem nordrhein-westfälischen Referendar steht ein weiterer Vorbereitungsdienst im Umfang von 24 Monaten bevor, der ihm nach erfolgreichem Abschluss allerdings dann größere Möglichkeiten im Bereich des Kultus bietet, als dem ferti-gen Referendar in Bayern, dem die Verwendung an anderen Schulen abseits der agrarwirtschaftlichen Fachschulen und Landwirtschaftsschulen vorenthalten ist.

Die Assessorin bzw. der Assessor der Agrarwirtschaft aus NRW kann sich in Bayern bewerben und in einer Art „Seiten-einstieg“ die pädagogische Ausbildung nachholen und sich auch so für den höheren Dienst in der bayerischen Land-wirtschaftsverwaltung qualifizieren. Umgekehrt werden die Assessoren aus Bayern nach Prüfung der fachlichen Kompe-tenzen in NRW nahezu problemlos eingestellt.

Kaum Verwendung für BeratungskompetenzenDie produktionstechnische Beratung in der Fläche in Bay-ern wie auch in NRW liegt inzwischen überwiegend in der Hand der sogenannten Verbundpartner, wie Bauernver-band, Landberatung und Landeskuratorien. Auch die sozi-ale Beratung wird vielfach durch Vereine oder auch kirchli-che Träger übernommen. Die Industrie hat in den letzten Jahren konsequent ein Beratungsnetzwerk aufgebaut, das den Landwirten in den meisten Fragen schnell Antworten liefert. Zusätzlich ist auch die Beratung und Informationsbe-schaffung der nachrückenden Generation über die zur Ver-fügung stehenden „neuen Medien“ nicht zu unterschätzen.

Zum einen ist es wichtig die angehenden Führungskräfte ausreichend in der Beratung und Pädagogik zu schulen, denn auch im täglichen Umgang mit Vorgesetzen und als Vorgesetzter selbst ist die Gesprächsführung, Beratungsme-thodik und auch die allgemeine Psychologie und Pädagogik von entscheidender Bedeutung. Zum anderen sollte hin-terfragt werden, ob und inwieweit der Teil der Ausbildung in der Beratung auf das noch notwendige Maß beschränkt werden kann und sollte.

Anpassung bei beiden Systemen notwendigIn den vergangenen Jahren wurden in Bayern für den hö-heren Dienst jährlich etwa 25 Referendare in den Bereichen

Agrarwirtschaft und Hauswirtschaft ausgebildet und ein-gestellt. Die Bewerberzahlen sind konstant hoch. In Nord-rhein-Westfalen sind die Bewerberzahlen rückläufig; im Vor-bereitungsdienst befinden sich fünf bis zehn Referendare je Jahrgang. In NRW hat das Konzept ohne pädagogische Ausbildung den Lehrermangel im agrarwirtschaftlichen Sek-tor eher unterstützt, denn ein „zweites Referendariat“ nach einem Marathon von 24 Monaten agrarwirtschaftlichem Re-ferendariat erscheint, trotz voller Bezahlung, wenig attraktiv.

Beide Vorbereitungsdienste wurden bei ihrer Einfüh-rung an die zu diesem Zeitpunkt bestehende Situation in der Landwirtschaft und der Landwirtschaftsverwaltung ab-gestimmt. Um den Anforderungen der Zeit gerecht zu wer-den sollten die Ausbildungskonzepte regelmäßig daran an-gepasst werden sowohl in Bayern als auch in NRW muss die Gewichtung der Beratung im Apparat „Landwirtschaftsver-waltung“ und damit auch in der Ausbildung der zukünftigen Mitarbeiter überdacht werden. Die Frage nach der Notwen-digkeit der Beratungsausbildung im jetzigen Umfang muss erlaubt sein.

Um den jetzigen und zukünftigen Anforderungen in der Landwirtschaftsverwaltung gerecht zu werden, ist ver-mutlich eine strukturierte Mischung beider Vorbereitungs-dienste angeraten.

Literatur bei der Autorin.

ULRIKE SCHMIDTAMT FÜr erNÄHrUNg, LANDWIrTSCHAFT UND FOrSTeN BAYreUTH [email protected]

→ Bild 4: Seminarunterricht: Die Referendare erklären sich gegenseitig

die Lerninhalte.

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Produktionssysteme in der NutztierhaltungAngehende Amtstierärzte besichtigen landwirtschaftliche Betriebe

von DR. ANNE­KATRIN BAJTAY, ULLA SCHEIBKE und MAXIMILIAN HOFINGER: Eine zuneh-mend komplexe Arbeitswelt erfordert bestens ausgebildete Fachkräfte. Die Veterinärver-waltung bereitet ihre Nachwuchskräfte in einem Amtstierärztelehrgang auf ihre Tätigkeit im öffentlichen Dienst vor. Die angehenden Amtstierärzte besuchen dabei auch landwirtschaft-liche Betriebe und Lehranstalten. Diese Zusammenarbeit zwischen dem Landesamt für Ge-sundheit und Lebensmittelsicherheit, der Landesanstalt für Landwirtschaft und den Ämtern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sorgt für den Austausch und die Vernetzung von Amtstierärzten und Spezialisten aus der Landwirtschaft. Speziell die Fortbildung „Produkti-onssysteme in der Nutztierhaltung“ bietet den Teilnehmern die Möglichkeit, landwirtschaftli-che Betriebe außerhalb einer Kontrollsituation zu besichtigen und Einblick in die alltäglichen Arbeitsabläufe in der Landwirtschaft zu nehmen.

Der Amtstierarztlehrgang ist kein Refe-rendariat, sondern eine Laufbahn der besonderen Fachrichtung. Nach einer umfassenden Neukonzeption 2015 findet er jetzt berufsbegleitend statt. Die Inhalte werden über „Blended Le-arning“, eine Kombination von Präsenz-veranstaltungen und Fernlernphasen, vermittelt. Die 30 Kursteilnehmer müs-sen während ihrer Arbeitszeit an ihren Dienststellen (Veterinärämter, Regie-rung, Bayerisches Landesamt für Ge-sundheit und Lebensmittelsicherheit) einen Praxiskatalog abarbeiten.

Der Kurs besteht aus drei Ausbil-dungsabschnitten von jeweils sechs Monaten beziehungsweise Modul-gruppen (MG), die jeweils in einen fachtheoretischen Teil (Präsenzlernen und Fernlernen mit „BayLern“) und in einen berufsprakti-schen Teil (Praxislernen) untergliedert sind. Die Modulgrup-pen schließen mit den jeweils zugehörigen Prüfungen ab. Im zweiten Ausbildungsabschnitt finden sich die Module Tierarzneimittel, Tierschutz und Tiergesundheit. Zur Vorbe-reitung auf diese Fachmodule dient die Pflichtfortbildung „Produktionssysteme in der Nutztierhaltung“, mit der die Ba-sis für einen einheitlichen Wissenstand der Kursteilnehmer im Bereich Nutztierhaltung gelegt werden soll.

Fortbildung in Theorie und PraxisDie Fortbildung Produktionssysteme in der Nutztierhal-tung beginnt mit einem Betriebsbesuch, bei dem die Kurs-teilnehmer in Kleingruppen jeweils einen von sechs Betrie-ben (Rinder bzw. Schweinehalter) als Gesamtheit kennen lernen. Anschließend finden Expertentage bei der bayeri-schen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) für die Tier-arten Rind, Schwein und Geflügel statt. Dabei gibt es je-weils einen Vortragsteil, in dem sich die Experten der LfL

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→ Bild 1: Die angehenden Amtstierärzte der Veterinärverwaltung, rechts unten Dr. Bellof, Dr. Höfer

und Dr. Dr. Schick (Foto: Delfs).

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und ihre Arbeitsbereiche vorstellen. Außerdem werden von den Kursteilnehmern vorbereitete Fragen beantwortet. Im praktischen Teil wurden die Stallbauausstellung und Käl-ber-, Bullen- und Milchviehställe in Grub, der Schweinestall in Schwarzenau bzw. die Geflügelhaltung in Kitzingen be-sichtigt. Dabei gab es auch Gelegenheit zur Diskussion. In diesem Jahr musste der praktische Teil in Kitzingen aufgrund der Situation bezüglich der Aviären Influenza (Vogelgrippe) leider entfallen. Den Abschluss der Fortbildung bildete ein Präsentationstag, bei dem die Kursteilnehmer den Betrieb, den sie besucht hatten, in einer kurzen Präsentation vor-stellten.

Im Herbst 2017 wird es unabhängig von der Fortbildung noch einen Tierschutztag geben, bei dem Amtstierärzte und Experten aus der Landwirtschaft gemeinsam Tierschutzfra-gen diskutieren.

Milchviehhaltung im Außenklimastall Der Milchviehbetrieb Lohmaier mit 80 Kühen und Nachzucht betreibt auch eine Biogasanlage mit 100 Kilowatt. Der ein-häusige Außenklimastall mit Spaltenboden und Tief boxen für die Kühe wurde 2001 gebaut und 2013 erweitert. Ge-molken wird in einem Doppelsechser-Fischgrätmelk stand mit Abnahmeautomatik.

Die Kälber werden die ersten sieben Tage in Einzelboxen gehalten, anschließend in Tiefstreuboxen (Hornverödung in der dritten Lebenswoche). Nach zwei Monaten kommen die Bullenkälber und weiblichen Mastkälber in eine Box mit Tor zum Hof und werden ab einem Gewicht von mindestens 80 Kilogramm vermarktet.

Die weiblichen Zuchtkälber (so viel Nachzucht, wie zur Remontierung benötigt wird) kommen in eine Box mit Au-ßenauslauf. Da diese Kälberabteile sich in einem abgetrenn-ten Bereich des Stalls befinden, herrscht ein angenehmes Klima für die Tiere. Mit vier bis fünf Monaten wechseln die Jungrinder in den Kuhstall, in dem sie in Hochboxen mit Spaltenboden untergebracht sind. Im zwei bis vier Monats-rhythmus wandern die Rinder weiter, es erfolgt ein fließen-der Umtrieb, bei dem immer mindestens zwei Rinder zu-sammen in eine neue Gruppe kommen, bis sie als Kalbinnen drei Wochen vor errechneter Kalbung in die Milchviehherde integriert werden.

Der Trockensteherbereich liegt am weitesten vom Melk-stand entfernt, der Klauenpflegestand befindet sich gleich neben dem Melkstand. Das Trockenstellen erfolgt abrupt und bei jeder Kuh mit Zitzenversiegler. Kühe, die bei den letzten drei Probemelk-Ergebnissen mehr als 100 000 Zel-len haben, erhalten zusätzlich einen Trockensteller. Die Trockenstehphase von acht Wochen wird eingehalten. Aufgrund der langfristig geringen Kälberverluste wird seit mehreren Jahren keine Mutterschutzimpfung mehr durch-geführt.

Die Kühe kalben in der Herde und erhalten sofort eine Fußfessel und einen Calcium-Bolus. Den Kälbern werden umgehend zwei bis drei Liter Biestmilch getränkt. Auch ein-gefrorene Biestmilch von älteren Kühen aus dem Bestand ist immer verfügbar. Ab der zweiten Lebenswoche wird den Kälbern zur Vollmilchtränke, Wasser und Kälber-Trocken-To-talmischration (TMR) ad libidum angeboten, die der Betrieb für ca. acht Wochen auf Vorrat zusammenmischt. Die Mi-schung enthält unter anderem zugekauftes entstaubtes Kälber-Gerstenstroh und Sorbinsäure zur Konservierung. Ab der zehnten Lebenswoche werden die Kälber abge-tränkt.

Sobald die Jungrinder im Kuhstall aufgestallt sind, erhal-ten sie die Kuh-TMR, die für 20 Kilogramm Milch berechnet ist. Von neun bis zwölf Monaten wird ein Teil der Kuhration mit den Barrenresten der Kühe und Weizenstroh „verdünnt“. Zwischen 13 und 14 Monaten erfolgt die Besamung der Rin-der, ab dann werden sie mit der reinen Jungviehration ge-füttert. Kühe bis 30 Kilogramm Milchleistung erhalten das notwendige Kraftfutter am Automaten. Kühe, die mehr als 30 Kilogramm Milch geben, werden über Propylengly-kol und ein Spezial-Kraftfutter ausgefüttert. Eingefüttert wird immer zur Abendstallzeit, damit die Kühe ruhig blei-ben, wenn jemand den Stall betritt. Ein Wasserbauer-Butler schiebt tagsüber immer wieder das Futter an. Als Futtermit-tel stehen dem Betrieb Maissilage, Grassilage, einsilierte Zu-ckerschnitzel, Weizen, Körnermais, Rapsextraktionsschrot, Sojaschrot, Leinschrot, Stroh, Mineralfutter und Viehsalz zur Verfügung. Bezüglich der Fütterung unterstützt der Fütte-rungsberater des Landeskuratoriums der Erzeugerringe für

→ Bild 2: Führung in Schwarzenau (Foto: Dr. Anne-Katrin Bajtay).

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tierische Veredelung in Bayern e. V. (LKV) den Betrieb der Familie Lohmaier. Die Zuchtberatung übernimmt auch ein Berater des LKV.

Automatisches Melksystem in der PraxisDer Betrieb der Familie Hörmann liegt ca. 500 Meter über dem Meeresspiegel im tertiären Isar-Inn-Hügelland im nordöstlichen Teil des Landkreises Erding. Der Milchvieh-betrieb stockte 2012 von 35 auf rund 80 Kühe auf und baute dafür einen Außenklimastall mit Tiefboxen und Schieberent-mistung sowie automatischem Melksystem (AMS). Die Fami-lie hatte sich für das automatische Melksystem entschieden, um die Stallarbeitszeit und die Melkzeiten zu reduzieren. Ein weiterer Grund ist die Erfassung der verschiedenen Para meter. In der Eingewöhnungsphase mussten keine Kühe wegen ihrer Eutertextur den Betrieb verlassen, wohl aber wegen ihres Temperaments. Die Klauenpflege wird im Zehn-Monatsrhythmus von einem Profiteam erledigt.

Für die Aufzucht der Rinder und die Trockensteher wer-den die Altgebäude genutzt. Die Kälber werden die ersten vierzehn Tage im Iglu außen beziehungsweise in Kälberbo-xen innen gehalten und kommen dann in Tiefstreuboxen. Von dort aus werden die männlichen Kälber mit mindes-tens 80 Kilogramm zur Mast verkauft. Alle weiblichen Käl-ber kommen in Tiefstreuboxen. Weibliche Kälber, die für die 15-prozentige Remontierung nicht gebraucht werden, ver-lassen den Betrieb mit ca. sechs bis acht Wochen. Nach sechs Monaten wechseln die Jungrinder in den Anbindestall, wer-den dort noch besamt und kommen dann in einen Boxen-laufstall mit Spaltenboden.

Drei bis fünf Wochen vor der Kalbung erhalten die Kühe eine Mutterschutzimpfung und kommen dann in eine Tief-streubox im neuen Kuhstall. Die Trockenstehzeit der Kühe von acht Wochen wird eingehalten. Die Kälber erhalten ge-burtsnah ihre Biestmilch, ein Vorrat eingefrorener Biestmilch ist immer vorhanden. Ab dem dritten Tag wird eine selbstge-

mischte Kälber-Trockenmilchration gefüttert, bis zur zehn-ten Woche erhalten die Kälber Vollmilch am Automaten, ab der zwölften Lebenswoche auch Silage.

Die laktierenden Kühe werden bis 25 Kilogramm Milch über die aufgewertete Mischration am Barren und mit bis zu sechs Kilogramm Kraftfutter am AMS ausgefüttert. An Futtermitteln stehen Grassilage, Maissilage, Heu, Stroh, Kör-nermais, Winterweizen, Melasse sowie als Eiweißfuttermittel Biertreber, Rapsschrot, Sojaschrot und der Spezial-Eiweißer-gänzer Kompopur zur Verfügung.

Fazit der Veterinäre Das Resümee der Veterinäre war einhellig: Bei dem Betrieb Lohmaier handele es sich um einen Familienbetrieb, der gerne mit und von seinen Tieren lebt. Die positive Grund-einstellung zu ihrem Beruf hat den Teilnehmern gefallen. Der Betriebsleiter und sein Sohn betrachten ihre Arbeit auch selbstkritisch und verbessern sich stetig. Der Betrieb wirt-schaftet unternehmerisch, ist Innovationen gegenüber auf-geschlossen und vergisst bei aller Ökonomik das Tierwohl nicht.

Beim Betrieb Hörmann waren die Veterinäre positiv überrascht, wie aufgeschlossen und selbstverständlich die Familie ihren Betrieb zeigte. Senior wie Junior strahlen Zu-friedenheit aus und vermitteln, dass Landwirtschaft auch noch Freude machen kann.

Schwerpunkte in der SchweineerzeugungBei der Auswahl der Betriebe für die Praxistage im Schwei-nebereich wurde auf die häufig anzutreffenden arbeitsteili-gen Systeme in der Schweineproduktion Rücksicht genom-men: Möglichst viele Facetten moderner Schweinebetriebe sollten für die Teilnehmer sichtbar werden. So ergaben sich für die drei Praxistage Besuche auf drei völlig unterschied-lichen Betrieben: Vom Ferkelerzeuger mit Ferkelaufzucht über den spezialisierten Ferkelaufzüchter und Mäster bis hin zum kombinierten Betrieb.

Ferkelerzeugung mit der „Initiative Tierwohl“Die Geburt bayerischer Ferkel konnten die Teilnehmer am Betrieb Kiermayer hautnah miterleben. Aus einem breit aufgestellten Familienbetrieb mit Hopfenanbau, Ferkel-erzeugung und Bullenmast entwickelte sich der Famili-enbetrieb aufgrund der immer höheren Anforderungen in allen Betriebszweigen in den letzten zehn Jahren zum reinen Ferkel erzeuger. Der Betrieb arbeitet im Ein-Wo-chen-Produktionsrhythmus, dadurch stehen bei jeder Ab-ferkelung auch Sauen als natürliche Ammen zur Verfü-gung. Es werden Sauen mit dänischer Genetik eingesetzt. Da diese Sauen sehr viele Ferkel bekommen, werden die natürlichen Ammen regelmäßig genutzt, was der Anzahl der aufgezogenen Ferkel pro Sau sehr zugute kommt. Als

→ Bild 3: Auf dem Futtertisch neugierig beäugt von den Kühen der

Familie Hörmann (Foto: Ulla Scheibke, AELF Erding).

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Teilnehmer an der „Initiative Tierwohl“ in der Sauenhaltung und in der Ferkelaufzucht setzt der Betrieb eine Reihe von Tierwohlmaßnahmen, wie das zur Verfügungstellen von or-ganischem Beschäftigungsmaterial oder ein um 20 Prozent erhöhtes Platzangebot, um.

Profis mit Seltenheitswert: spezialisierte Ferkelauf-züchterEine seltenere Form der Spezialisierung in der Schweine-produktion konnte eine Gruppe auf dem Betrieb Hanglber-ger besichtigen: Die spezialisierte Ferkelaufzucht. In einem umgebauten Altgebäude auf der Hofstelle im Dorfgebiet werden von drei Ferkelerzeugern zugekaufte acht Kilo-gramm-Ferkel bis 30 Kilogramm aufgezogen. Dazu wurde der Stallbereich zum Teil mit Spaltenboden, zum Teil mit be-heizten Festflächen, über denen sich ein absenkbarer und mit Lamellenvorhängen versehener Deckel befindet, umge-baut. Dadurch entsteht für die Ferkel ein abgedunkelter Lie-gebereich mit angenehmem Kleinklima. Das Altgebäude, das zum Teil mit einer klassischen Gewölbedecke ausgestattet ist, wird über Rieselkanäle belüftet und überrascht mit seinem guten Stallklima. Seit der Hofnachfolger in den Betrieb mit eingestiegen ist, verbleiben die 30 Kilogramm Ferkel hier: Vor einigen Jahren wurde im Außenbereich ein Maststall mit CCM-Silo, Kammaufstallung und Spotmixfütterung gebaut.

Eine runde Sache: das geschlossene SystemEine eigenständige Form der Schweineproduktion bekam die Gruppe auf dem Betrieb Vilser zu sehen. Der Betrieb ar-beitet im komplett geschlossenen System: Alle Schweine, die am Betrieb stehen, sind auch dort geboren. Es werden Ferkel erzeugt und aufgezogen, die eigenen Nachzuchtsauen wer-den selbst produziert und aufgezogen, die aufgezogenen Ferkel werden in eigenen Mastställen bis zum Schlachtge-wicht gemästet. Da der Betrieb an seinem Standort in Dorf-randlage gewachsen ist, befinden sich die Stallungen teils in

Altgebäuden, teil in neueren Bauten. Das geschlossene Sys-tem konnte die Teilnehmer vor allem hinsichtlich des guten Gesundheitsstatus der Tiere am Betrieb überzeugen.

Sorgen und Nöte der Schweinehalter diskutiertAm Rande der Betriebsführungen und in den anschließen-den Gesprächsrunden diskutierten die Teilnehmer aktu-elle Themen, die den Schweinehaltern am Herzen liegen: Die Sauenhalter sprachen die Unsicherheit in der eigenen Betriebsentwicklung an, die durch das „Magdeburger Kas-tenstandurteil“ entsteht. Direkt vor Ort in den Stallungen wurde besonders deutlich, wie enorm und teils unmöglich die Umstrukturierungen in einem Betrieb bei Umsetzung des Kastenstandurteils wären. Für weitere Verunsicherung sorgen das Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration ab 2019 und die Diskussionen um den Ringelschwanz. Auch die Wirtschaftlichkeit der Schweineproduktion wurde ange-sprochen. Dabei wurde die starke Abhängigkeit der Produ-zenten von den jeweiligen Marktpreisen deutlich.

Auf allen Betrieben zeigten sich die Teilnehmer im Nach-hinein beeindruckt von der Komplexität der Betriebe und dem umfangreichen Know-how und Erfahrungsschatz der Betriebsleiter und ihrer Familien.

DR. ANNE-KATRIN BAJTAYBAYerISCHeS LANDeSAMT FÜr geSUNDHeIT UND [email protected] SCHEIBKEAMT FÜr erNÄHrUNg, LANDWIrTSCHAFT UND FOrSTeN [email protected] MAXIMILIAN HOFINGERAMT FÜr erNÄHrUNg, LANDWIrTSCHAFT UND FOrSTeN [email protected]

→ Bild 4: Ferkelaufzuchtstall mit beheizbaren und abdeckbaren

Liegeflächen (Foto: Maximilian Hofinger, AELF Landshut).

→ Bild 5: Begutachtung von Fasermix für Zuchtsauen (Foto: Maximilian

Hofinger, AELF Landshut).

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Stammrollenauskünfte – (k)ein Buch mit sieben SiegelnWas tun, wenn die Rentenversicherung anfragt?

von HEDWIG SOLDWISCH und VERONIKA MEND: Die monatliche Rentenhöhe steigt, wenn Ausbildungszeiten nachgewiesen werden können. Da werden die 50 Jahre alten Verträge und Nachweise mit einem Mal von lästigem Papierkram zu geldwerten Dokumenten! Kein Wun-der, dass der Verlust nicht einfach hingenommen wird – und im Notfall ein Ersatz her muss. Doch nicht einmal im Sommer ist es für die betroffenen Mitarbeiter der Landwirtschaftsver-waltung eine angenehme Aufgabe, im Kellerarchiv kiloweise alte Akten nach Ausbildungs-verträgen und Zeugnissen zu durchstöbern, und das mit zweifelhaftem Erfolg. Einen Über-blick für eine möglichst schnelle, unkomplizierte und serviceorientierte Bearbeitung an dem Amt, an dem die Anfrage eingeht, liefert der folgende Beitrag.

Für die Höhe der Rente ist es ausschlaggebend, Zeiten der Ausbildung verlässlich nachweisen zu können. Idealerweise kann der Rentenanwärter die entsprechenden Ausbildungs-verträge und Zeugnisse bei der Rentenversicherung vorle-gen. Sind diese Nachweise nicht verfügbar, wenden sich der Versicherungsträger oder der zukünftige Rentner an die zu-ständige Stelle für die Ausbildung. Gut, dass seit den dreißi-ger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts Ausbildungsver-hältnisse und Abschlussprüfungen in landwirtschaftlichen Berufen in Bayern in sogenannten „Stammrollen“, die Vor-läufer der EDV-Programme BALIS und BBS (Berufsbildungs-system), festgehalten wurden. Diese sind oft die letzte Mög-lichkeit, eine absolvierte Ausbildungs- oder Praktikumszeit zu belegen und damit längere Anrechnungszeiten für die Rente zu erreichen. Durch sich ändernde Zuständigkeiten, Zusammenlegungen und Übertragungen von Ämtern und Abteilungen sind manche dieser Dokumente in der Verwal-tung „verschollen“. Für diese Verträge ist ein Nachweis nicht mehr möglich. Sehr oft kann einem Anfragenden aber die Auskunft erteilt werden, dass die Ausbildungszeit tatsäch-lich nachgewiesen werden kann.

Notwendige und nützliche Angaben Egal, bei wem der Anfragende „landet“, schon beim Erst-kontakt können alle wesentlichen Informationen erfragt werden; dadurch wird zum einen die berüchtigte „Buchbin-der-Wanninger“-Situation vermieden (denn wer weiß schon immer auf Anhieb, wer zuständig ist), zum anderen kann so in der Verwaltung viel Zeit gespart werden. Die Abbildung 1 zeigt, welche Informationen für eine schnelle und sichere Auskunft nötig sind. Je mehr Informationen der Anfragende liefern kann, desto besser!

Wer kann/darf/soll Auskunft erteilen?Grundsätzlich erteilt diejenige Behörde Auskunft, die den Zugriff auf die notwendigen Nachweise hat. Eine Übersicht,

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→ Abbildung: Informationen, die für eine Stammrollen-Auskunft nötig sind

An das  Absender bzw. AmtsstempelFBZ AlmesbachAlmesbach 192637 Weiden i.d. OPf.Tel.:      0961/39020 ‐ 0Fax:      0961/39020 ‐ 55E‐Mail:  FBZ‐[email protected]

Name, Vorname

Aktuelle AdresseTelefon

Geburtsdatum

Geburtsname

Datum der Gehilfenprüfung

Zeitraum der Lehre

Lehrherren‐Adresse 1

Lehrherren‐Adresse 2

Wird vom FBZ ausgefüllt: Auskünfte‐Datei‐Nr.Stammrollen‐Nr.

Hinweis: Daten zur Ausbildung sind ca. ab dem Geburtenjahrgang 1958  in BBS erfasst,und sollten vom jeweiligen AELF über BBS direkt abgerufen und bestätigt werden!

Stammrollen-Auskunft

G:\GAPl\01ZentrAufg\017Mitteilbl\0170MitteilblSammelakt\DstlNachr\SUB\2017\7_17\Originale\Mend_17_04\Stammrollen‐Auskunft.xls

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wo die alten Unterlagen vor der Erfassung in der EDV gelagert sind, erlaubt Abbildung 2: Ab dem Jahr 1972 (das entspricht ungefähr den Geburts-jahrgängen ab 1958) sind alle entsprechenden Berufsausbildungsverhältnisse in der Landwirt-schaftsverwaltung in BALIS gespeichert und dann in BBS übernommen worden. Jedes Amt mit Zu-griff auf das Programm BBS kann demnach ab die-sem Zeitpunkt eine entsprechende verbindliche Auskunft über die in BBS erfassten Ausbildungs-zeiten erteilen.

Schulische Ausbildung in der HauswirtschaftDa es in der Hauswirtschaft auch einen schuli-schen Berufsabschluss gibt, der ganz ohne be-triebliche Ausbildungszeiten abgelegt werden kann, ist in der Hauswirtschaft immer auch diese Möglichkeit zu bedenken. Seit 1986 werden die schulischen Abschlussprüfungen im Ausbildungs-beruf Hauswirtschaft in BALIS bzw. BBS erfasst. Vor 1986 sind keine Daten zu diesen schulischen Ausbildungsabschlüssen in der Landwirtschafts-verwaltung vorhanden. Nur eine Anfrage an der betreffenden beruflichen Schule (wenn diese noch existiert) kann in diesem Fall weiterhelfen.

Helferberufe in der HauswirtschaftÜber die Ausbildung in den Helferberufen lie-gen die Unterlagen von 1979 bis 1993 am Fort-bildungszentrum Triesdorf vor. Dort sind die Auskünfte zu erfragen. Ab dem Jahr 1994 sind auch diese Ausbildungsverhältnisse in BALIS bzw. BBS er-fasst, so dass jedes Amt mit BBS-Zugangsberechtigung Zugriff auf die Daten hat und Auskünfte erteilen kann.

Meistervorbereitungszeiten und MeisterprüfungenGrundsätzlich erteilen die zuständigen Fortbildungszen-tren Auskünfte über die Meistervorbereitungszeiten und die Meisterprüfungen in Landwirtschaft und Hauswirt-schaft in ihrem Dienstgebiet. Aber keine Regel ohne Aus-nahme: bis 2006 gab es die Trennung in die städtische und die ländliche Meisterin der Hauswirtschaft mit getrennten Zuständigkeiten für Fortbildung und Meisterprüfung. Das heißt, dass die Fortbildungszentren für die städtische Meis-tervorbereitung in der Hauswirtschaft (bis zum Jahr 2007) keine Unterlagen haben und die Auskunftssuchenden des-wegen auf ihren damaligen Lehrgangsträger verwiesen werden müssen.

FazitDer Verlust von Dokumenten ist jederzeit möglich und im-mer von Nachteil. Allerdings wird es mit der Zeit einfacher werden, den Auskunftssuchenden schnell zu helfen: denn die zukünftigen Rentenantragsteller sind in BALIS und BBS erfasst und können sich sicher sein, dass ihnen weit unkom-plizierter ein Nachweis ausgestellt werden kann als ihrer Elterngeneration.

HEDWIG SOLDWISCHVERONIKA MEND FOrTBILDUNgSZeNTrUM FÜr LANDWIrTSCHAFT UND HAUSWIrTSCHAFT [email protected] [email protected]

Auskünfte für Rentenangelegenheiten

Landwirtschaft Hauswirtschaft

Landwirt Melker, Brenner

ländlich städtisch Helferberuf

1944 bis

1968FBZ Almesbach

vor 1969 kein Nachweis möglich

1969 bis

1971AELF oder FBZ Almesbach

1970 – 1993 FBZ Triesdorf1972

bis 1993

AELF über BBS1979 – 1993 FBZ Triesdorf

1994 bis

datoAELF über BBS

Fachschulbesuche können nur von den Schulen bestätigt werden (ebenso Berufs-fachschulbesuch Hauswirtschaft)

Auskünfte über Meistervorbereitungslehrgänge erteilt das zuständige FBZ:

• in der Landwirtschaft bis dato,

• in der ländlichen Hauswirtschaft bis 2006,

• in der Hauswirtschaft ab 2007 (Lehrgangsdurchführung FBZ). Auskünfte in der städtischen Hauswirtschaft (bis 2006) und in der Hauswirtschaft ab 2007 erteilt der durchführende Bildungsträger.

Infobox: Wer erteilt welche Auskünfte für Renten-angelegenheiten?

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Imkerei in Bayern im AufwindStaatsminister Helmut Brunner besucht Berufsimkerei Weiss

von DR. INGRID ILLIES und ARNO SCHACHTNER: In den bayerischen Imkerverbänden sind mehr als 33 000 Imkereien organisiert, überwiegend als Freizeit- und Nebenerwerbs-imkereien. Dies entspricht etwa einem Drittel aller Imkereien in Deutschland. Vollerwerbs-betriebe, die als anerkannte Ausbildungsbetriebe den Beruf des Tierwirtes Fachrichtung Imkerei an junge Menschen weitergeben, sind die Ausnahme. Die Berufsimkerei Weiss Natur Idee Pur e. K. in Zandt ist eine solche Ausnahme. Staatsminister Helmut Brunner nutzte im Mai 2017 die Gelegenheit den vielseitig aufgestellten Betrieb kennenzulernen.

In den letzten Jahren hat die Zahl der Imkerinnen und Imker wieder zugenommen. Neben der Freizeitimkerei ist auch das Interesse an dem Beruf des Tierwirtes Fachrichtung Imkerei gestiegen. In Bayern gibt es neun anerkannte Ausbildungs-betriebe. Einer dieser Betriebe ist die Imkerei Weiss. Der Be-trieb wird in zweiter Generation von Thomas Weiss geführt, der bereits sehr früh auf eine regionale Vermarktung und biologische Produktion gesetzt hat. Die Imkerei Weiss ist eine von 374 Bioimkereien in Bayern (Stand Dezember 2016, LfL). Der Anstieg der zertifizierten Biobetriebe wurde auch durch die Förderung von Zertifizierungskosten aus Mitteln des Freistaats Bayern vorangetrieben.

Holzverarbeitung als weiteres StandbeinNeben der Imkerei betreibt Thomas Weiss eine Holzverarbei-tung, in der er Geschenkartikel, Präsente und Holzspielzeug herstellt. Die Betriebszweige ergänzen sich ideal, da die Im-kerei in den Sommermonaten, die Holzverarbeitung in den Wintermonaten ihre Arbeitsspitzen haben. Ebenso können auch Betriebsmittel wie Bienenkästen selbst produziert wer-den. Lange Jahre produzierte die Imkerei Weiss sehr erfolg-reich auch Bienenkästen und Bienenhäuser für den Vertrieb.

Der Strukturwandel in der Imkerei mit geringeren Betriebs-größen und einem hohen Anteil an Freizeitimkern hat dazu geführt, diesen Betriebszweig einzustellen.

Nachhaltige und regionale Produktion Für Thomas Weiss, der auch einer der ersten Bio-Imker in Bayern war, gilt sowohl für die Imkerei als auch für die Holz-verarbeitung: Die Produktion muss nachhaltig und regio-nal erfolgen. Strom wird über eine Photovoltaikanlage mit 99 Kilo watt und als Ökostrom bezogen. Für die Holzverarbei-tung nutzt er ausschließlich Hölzer (Buche und Ahorn) aus deutschen Wäldern. Die entstehenden Hobelabfälle werden für die Beheizung der Betriebsgebäude genutzt. Für die Pro-duktion von Sortenhonigen nutzt die Imkerei Weiss Trachten in der Region wie Raps und Wald, kann aber auf Wanderun-gen zur Sonnenblume nach Brandenburg oder Tanne in den Schwarzwald nicht verzichten.

Vermarktung in der Region für die Region Die Vermarktung von ausschließlich eigenem Honig sowie weiteren mit Bienenprodukten veredelten Erzeugnissen erfolgt direkt über einen Hofladen und über das Internet.

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→ Bild 1: Betriebsleiter-Ehepaar Gabriele und Thomas Weiss (links) mit

Staatsminister Helmut Brunner (alle Fotos: Tobias Hase, StMELF).

→ Bild 2: Thomas Weiss (rechts) zeigt Staatsminister Brunner die

Trommeln zum Einfärben von Holzteilen mit wasserlöslichen Lacken.

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Auch der Einzelhandel, Hotels, Bio- und Naturkostläden werden beliefert. Die Präsenz auf Messen (z.  B. die BIO-FACH) gehört ebenso zur Vermarktungsstrategie, wie die Vernetzung in regionalen Wirtschaftskreisläufen mit Füh-rungen von Besuchergruppen durch ein eigenes kleines Bienenmuseum als Beitrag zur Steigerung der Attraktivität der Region.

Sehr stark kommunizieren wir das Qualitätsbewusstsein z. B. durch ökologische Produktion und Werbung mit dem Bayerwald-gütesiegel,

erklärt Thomas Weiss.

Engagement in der Ausbildung Thomas Weiss ist seit vielen Jahren als Ausbilder aktiv und engagiert sich auch im Prüfungsausschuss für die Abschluss- und Meisterprüfung für Tierwirte Fachrichtung Imkerei. Die Imkerei Weiss ist seit mehr als vier Jahrzehnten anerkann-ter Ausbildungsbetrieb und macht sich in Zusammenarbeit mit der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Garten-bau (LWG) um den berufsständischen Nachwuchs verdient. Landwirtschaftsminister Brunner lobt den Berufsimker für seinen Beitrag zur Nachwuchsarbeit:

Dafür erscheinen Sie prädestiniert, denn bei Ihnen trägt die Arbeit mit den Bienen in doppelter Weise Früchte!

Vorreiter und VorbildDie wenigen Erwerbsimkereien in Bayern haben für die überwiegend kleinstrukturierten Freizeitimkerereien im

Lande eine wichtige Vorreiterrolle. „Wir brauchen professi-onelle Betriebe wie Sie, die ein Vorbild darstellen und Maß-stäbe setzen für eine effektive Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung“, zieht Landwirtschaftsminister Helmut Brun-ner Resümee. Das organische Wachstum in der Nische gefiel dem Minister besonders.

Wenn jeder nur auf „Wachsen oder Weichen“ setzt, können wir die Vielzahl und die Vielfalt unserer landwirtschaftlichen Betriebe in Bayern nicht erhalten,

betonte Staatsminister Helmut Brunner.

Wenn Wachstum nur über die Menge geht, bedeutete das bei endlichen Flächenressourcen einen Verdrängungswett-bewerb. Das Ziel der bayerischen Agrarpolitik sei es aber, möglichst vielen Familienbetrieben ein gutes Auskommen zu ermöglichen. Der Betrieb Weiss mit seinen zwei Stand-beinen zeigt, dass es auch anders gehen kann.

DR. INGRID ILLIESBAYerISCHe LANDeSANSTALT FÜr WeINBAU UND gArTeNBAUFACHZeNTrUM [email protected] SCHACHTNERBAYerISCHeS STAATSMINISTerIUM FÜr erNÄHrUNg, LANDWIrTSCHAFT UND [email protected]

→ Bild 3: Staatsminister Helmut Brunner (links) und Betriebsleiter

Thomas Weiss verkosten Honig direkt aus der Wabe.

→ Bild 4: Thomas Weiss (links) mit Staatsminister Helmut Brunner (rechts)

im Imkereimuseum.

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Duale Berufsausbildung als Chance für Entwicklungs- und Schwellenländer

von PROF. DR. DR. H.C. MULT. HERBERT STRÖBEL: Drei Besuchergruppen mit insgesamt über 40 Personen aus mehreren afrikanischen Ländern sowie aus Indien und China haben sich in Bayern an Lehranstalten und in Betrieben über das duale Ausbildungssystem in der Landwirtschaft informiert. Hintergrund dafür ist der Mangel an Fachkräften mit hoher Kom-petenz in praktischer Agrarproduktion, der immer mehr als Ursache dafür gesehen wird, warum Entwicklungs- und Schwellenländer oft in der Produktivität, Wirtschaftlichkeit und ökologischen Nachhaltigkeit der Agrarwirtschaft unter ihren Möglichkeiten bleiben. Weil das bayerische System im Ausland als Vorbild gilt, wird derzeit an einem Leitfaden, den soge-nannten „Guidelines“, gearbeitet. Diese Guidelines sollen den Aufbau der dualen Ausbildung in der Agrarwirtschaft in interessierten Ländern erleichtern.

Aufgrund des verstärkten Interesses an der dualen Ausbil-dung in Landwirtschaft und Gartenbau stieg international die Nachfrage nach Informationen über dieses Ausbildungs-system. In diesem Zusammenhang organisierten Dr. Her-bert Ströbel, ehemaliger Hochschullehrer in Triesdorf, und Werner Kern (†), ehemaliger Direktor des Staatlichen Be-rufsschulzentrums Ansbach-Triesdorf, unter anderem drei Informationsreisen für ausländischen Gruppen zum bayeri-schen dualen Ausbildungssystem in der Agrarwirtschaft. Im

Rahmen des Globalvorhabens „Grüne Innovationszen tren in der Agrar- und Ernährungswirtschaft (GIAE)“ der Bundes-regierung fragte das internationale Bildungszentrum der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) in Feldafing unter Federführung von Jürgen Richter folgende Informationsreisen nach:

→ vom 27. April bis 7. Mai 2016 für eine Gruppe mit 20 Teilnehmern aus Indien, Südafrika, Namibia, Äthiopien, Malawi, Kamerun und Ghana sowie

→ vom 4. bis 14. Oktober für eine Gruppe mit 17 Teilnehmern aus Äthiopien.

Weiterhin hatte die chinesische Regierung das Chine-sisch-Deutsche Agrarzentrum der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) um Unterstützung bei der Einführung der dualen Ausbildung über ein Pilot-projekt am Agrarcollege in Wenzhou gebeten. Nach einem vorbereitenden Besuch in China haben Dr. Herbert Ströbel und Werner Kern für sieben hochrangige Teilnehmer aus dem chinesischen Landwirtschaftsministerium, der Hu Nan Agricultural University, dem Wenzhou College und dem Chi-nesisch-Deutschen Agrarzentrum eine Studienreise vom 25. bis 29. September 2016 durchgeführt.

Ziel der Informationsreisen war es, möglichst umfas-sende und konkrete Einblicke in das duale Ausbildungssys-tem in Bayern zu vermitteln. Das Programm für alle drei Rei-sen umfasste daher ähnliche Programmpunkte. Lediglich bei der Gruppe aus China mussten wegen der begrenzten Zeit die Besuchspunkte reduziert werden. Jede der drei Stu-dienreisen begann mit Besuchen im Bayerischen Staatsmi-nisterium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, wo

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→ Bild 1: Chinesische Delegation mit Martin Schüßler vor dem Konfuzius-

Denkmal im Garten des Bayerischen Staatsministeriums für Ernäh-

rung, Landwirtschaft und Forsten (Foto: GIZ).

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die Gäste Einblick in die Agrar- und Bildungspolitik und umfassende Darstellungen der beruflichen Bildungssys-teme für Landwirtschaft und Gartenbau erhielten. Weitere Schwerpunkte der Informationsreise waren:

→ die Aus- und Weiterbildung von Berufsschulleh-rern und die Aufteilung der Zuständigkeiten zwi-schen dem Bildungs- und dem Landwirtschafts-ministerium bei der Durchführung der beruflichen Bildung im Agrarbereich (Bayerischen Staatsminis-terium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst),

→ die neueren Entwicklungen in der Lehrplange-staltung und vor allem das praktizierte System des Qualitätsmanagements an den beruflichen Schulen (Institut für Schulqualität und Bildungs-forschung),

→ die Ausbildung von Beratern und Lehrkräften für die höhere berufliche Bildung an den Landwirt-schaftsschulen, Technikerschulen und Höheren Landbauschulen (Staatliche Führungsakademie für Ernährung Landwirtschaft und Forsten),

→ das Beratungssystem in Bayern und die Arbeit der Absolventen der Ausbildungssysteme in diesen Organisationen (Führungskräfte der bayerischen Verbundberatung),

→ die Rolle des Bayerischen Bauernverbands in Aus-bildung, Beratung und in der Interessensvertretung der Landwirte (BBV),

→ die Forschungsarbeit und die vielfältigen Formen der Verbreitung und Nutzung der Forschungser-gebnisse für Politikgestaltung, Ausbildung, Bera-tung und Praxis der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL).

Besuch im Ausbildungsbetrieb HaunerBeim Besuch des Staatlichen Berufsschulzentrums Regens-burg Land stand die praktische Durchführung der dualen

Ausbildung im Bereich Gartenbau im Vordergrund. Lehr-kräfte demonstrierten die praxisbezogene Lehre in einem mit dem Gewächshaus verbundenen „integrierten“ Lehrsaal. Diesen Ausführungen folgte die Besichtigung des Ausbil-dungsbetriebs Hauner. Die ausländischen Fachkräfte nutz-ten die Gelegenheit für intensive Gespräche mit dem Lei-ter der betrieblichen Ausbildung und mit den anwesenden Auszubildenden.

Ökologischer Landbau in SchönbrunnAufgrund des besonderen Interesses der Gruppe aus China an der Ausbildung in ökologischem Landbau erfolgte der Besuch des Agrarbildungszentrums Landshut-Schönbrunn. Die Gäste erhielten detaillierte Auskunft über den nach Re-geln des ökologischen Landbaus geführten Betrieb der Schulen und die Durchführung der Meisterausbildung.

Größtes agrarwirtschaftliches Zentrum in Triesdorf Hauptziel der drei Informationsreisen war jeweils das land-

wirtschaftliche Bildungszentrum in Triesdorf mit seiner einmaligen Vielfalt an Aus- und Weiterbildungseinrichtun-gen von der Berufsschule bis zur Hoch-schule.

Hier erhielten die Teilnehmer einen Überblick über die Einrichtungen des Bildungszentrums und Informationen über die agrarwirtschaftlichen Ausbil-dungsangebote an der Außenstelle Triesdorf des Berufsschulzentrums Ansbach-Triesdorf mit der zwischen-zeitlich größten agrarwirtschaftlichen Berufsschule in Deutschland.

→ Bild 2: Gruppe aus afrikanischen Ländern und Indien mit Jakob Opperer an der LfL (Foto: GIZ).

→ Bild 3: Gespräch mit Ausbildern und Auszubildenden im Gartenbaube-

trieb Hauner (Foto: GIZ).

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Stallungen und MaschinenhallenBei den Besuchen der Tierhaltungsschule und des Zentrums für Energie und Landtechnik in Triesdorf erhielten die Grup-pen Führungen durch die Stallungen und Maschinenhallen mit Trainingsplätzen und umfassende Einblicke in die Funk-tion und Durchführung der überbetrieblichen Ausbildung. Informationen zu diesem Teil der Ausbildung bot auch der Besuch der DEULA in Freising.

Die Gäste nutzten auch die Gelegenheit in Triesdorf für einen Einblick in die höhere berufliche Bildung an der Staat-lichen Technikerschule für Agrarwirtschaft und der Staat-lichen Höheren Landbauschule. Auch ein Überblick über die Ausbildung an der Staatlichen Fachakademie für Ernäh-rung und Versorgungsmanagement sowie über die Durch-führung der Aus- und Fortbildung der Meister in Land- und Hauswirtschaft boten sich an.

Hochschule mit Studiengang AgrarmanagementBeim Besuch der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf inte-ressierte die ausländischen Gäste vor allem die dualen Stu-diengänge sowie der Internationale Masterstudiengang Agrarmanagement, in dem seit 1991 mehr als 1 700 auslän-dische Hochschulabsolventen ausgebildet wurden.

Berufsschulzentrum in Franken besuchtDie Besuche in Ansbach konzentrierten sich auf die Re-gierung von Mittelfranken, das Staatliche Berufsschul-zentrum Ansbach-Triesdorf und das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Ansbach. Die Regierung von Mittelfranken gab zunächst einen Überblick über den Auf-bau der Verwaltung und im Besonderen der Schulverwal-

tung in Bayern und informierte anschließend über die Funktion der Bezirksregierung als Auf-sichtsbehörde für die beruflichen Schulen. Das Staatliche Berufsschulzentrum Ansbach-Tries-dorf interessierte die Gäste vor allem wegen des Qualitätsmanagements an der Schule. Von Interesse am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten waren vor allem die Aufgaben als „zuständige Stelle“ für die berufliche Bildung und darüber hinaus die dreisemestrige Aus-bildung an der Fachschule, die Meisterausbil-dung sowie die Aktivitäten in der Fortbildung in Land- und Hauswirtschaft. Neu für die Gäste war die Verbindung der Funktion des Lehrers an der Fachschule und des Beraters in einer Person, wie sie in Bayern an 27 Landwirtschaftsschulen praktiziert wird.

Kooperations-Dorf Ulsenheim als BeispielUm Einblicke in die praktische Berufsausbildung auf land-wirtschaftlichen Betrieben und die Arbeit der qualifizierten Landwirte zu erhalten, besuchten zwei Gruppen das Dorf Ulsenheim. Das Vorbildliche an diesem Dorf ist die große Anzahl an Kooperationen, mit welchen die Landwirte bei-spielsweise bei der gemeinsam organisierten Düngung mit Flüssigdüngern, der gemeinsamen Nutzung mehrerer Trak-toren und Maschinen, dem arbeitsteilig organisierten Pflan-zenbau sowie der Versorgung mit Heizenergie über zentrale Biogas- und Hackschnitzelheizungen nicht nur Kostenvor-teile erzielen, sondern auch gleichzeitig positive Umwelt-effekte erreichen und dem Miteinander im Dorf dienen.

Mehrere Landwirte stellten ihren beruflichen Werdegang und ihre Betriebe vor. Die ausländischen Teilnehmer waren davon sehr beeindruckt. Die rege Diskussion zeigte, dass der Besuch in Ulsenheim wesentlich zum Verständnis der dualen Ausbildung und deren Bedeutung für den hohen Entwicklungsstand der praktischen Landwirtschaft beitrug. Die Führung durch ein Weingut mit Direktvermarktung und Vinothek sowie eine abendliche Weinprobe gemeinsam mit den Betriebsleitern rundeten den Besuch dieses besonde-ren Dorfes ab.

Direktvermarktung am BrombachseeEin wichtiger abschließender Anlaufpunkt war bei zwei der drei Reisen der Müßighof, ein ökologisch wirtschaftender Betrieb der Regens-Wagner-Stiftung in Absberg am Brom-bachsee. Der Betriebsleiter informierte dort ausführlich über die Besonderheiten des Ökolandbaus, die Direktvermark-tung, den praktischen Teil der dualen Ausbildung und die

→ Bild 4: Gruppe aus Äthiopien bei Führung von Uwe Mohr durch das Milchgewin-

nungszentrum in Triesdorf (Foto: Werner Kern).

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Rolle des Müßighofs in der Integration von behinderten Ar-beitskräften in den Betriebsablauf und damit verbundene Therapieansätze.

Impulse für das Heimatland erhaltenIn der abschließenden Beurteilung der drei Informationsrei-sen zeigten sich alle Teilnehmer sehr beeindruckt vom du-alen Ausbildungssystem in Bayern und waren ausnahmslos sehr zufrieden mit der umfassenden und konkreten Infor-mation über dieses System. Nahezu alle Teilnehmer waren auch davon überzeugt, dass sie durch die Informationsreise wesentliche Impulse für die Weiterentwicklung der Ausbil-dung im Heimatland erhalten haben. Wie wichtig eine gute landwirtschaftliche Ausbildung ist, zeigt das Beispiel von Äthiopien, einem Land mit über 100 Millionen Einwohnern, einem Bevölkerungswachstum um die 2,5 Prozent und ei-nem Anteil von 80 Prozent der Bevölkerung, die von der Landwirtschaft lebt und meistens Betriebe mit zirka einem Hektar Fläche bewirtschaftet.

Pilotvorhaben in China Auch die chinesischen Vertreter waren sehr daran interes-siert, die duale Ausbildung in einem Pilotvorhaben am Col-lege in Wenzhou zu realisieren, um junge Landwirte für den Aufbau einer leistungsfähigen und ökologisch nachhaltigen bäuerlichen Landwirtschaft zu qualifizieren. Für dieses Pilot-vorhaben hat die chinesische Seite das Landwirtschaftsmi-nisterium, das Bildungsministerium sowie die Lehranstalten Triesdorf um konkrete Unterstützung gebeten, die im Rah-men der vorhandenen Kapazitäten und bei entsprechen-der Finanzierung durch die chinesische Seite auch zugesagt wurde.

Wissenschaftlicher Hintergrund der Bildungsreisen war die Tatsache, dass die Produktivität, Wirtschaftlich-keit und ökologische Nachhaltigkeit der Agrarwirtschaft in den meisten Ländern der Welt weit unter den vorhan-denen Möglichkeiten liegt. Als Ursache dafür erkennen zunehmend auch Entscheidungsträger der Entwicklungs- und Bildungspolitik für Entwicklungs- und Schwellenlän-der den Mangel an Fachkräften mit hoher Kompetenz in praktischer Agrarproduktion. Im Bemühen angesichts des Bevölkerungswachstums, des steigenden Pro-Kopf-Ver-brauchs an Milch und Fleisch sowie des zunehmenden Kli-mawandels und Raubbaus vor allem in Afrika und Asien die Ernährung zu sichern und zunehmende Migration zu ver-meiden, steht der Aufbau dualer beruflicher Bildungssys-teme bei Vorhaben der landwirtschaftlichen Entwicklung zunehmend im Vordergrund.

„Guidelines“ helfen bei der Umsetzung Aufgrund des großen Interesses an der Einführung der dua-len Ausbildung in der Agrarwirtschaft wurde zwischenzeit-lich auf der Grundlage von Erfahrungen in mehreren Län-dern, insbesondere in Aserbaidschan, ein erster Entwurf von „Guidelines“ (in englischer Sprache) für den Aufbau

der dualen Ausbildung vom Autor dieses Artikels in Zusammenarbeit mit der GIZ in Feldafing zu-sammengestellt. Diese „Guidelines“ können über [email protected] per E-Mail direkt vom Verfasser kostenlos bezogen werden.

PROF. DR. DR. H.C. MULT. HERBERT STRÖBEL HOCHSCHULe FÜr ANgeWANDTe WISSeNSCHAFTeN [email protected]

→ Bild 5: Delegation aus China mit Friedrich Gronauer-Weddige vor der

Technikerschule in Triesdorf (Foto: Hans Böll).

→ Bild 6: Die Delegation aus China beim Besuch der Führungsakademie (Foto: FüAk).

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Cyber-Angriffe im Behördennetz Mit BSI und LSI zur IT-Sicherheit

von ALBERT SPITZER: Die Digitalisierung ist eine wichtige Grundlage für technologischen Fortschritt sowie wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wohlstand. Digitale Infrastrukturen sind das Nervensystem der Informationsgesellschaft. Mit dem Nutzen und der Bedeutung der Digitalisierung nehmen aber auch die digitalen Bedrohungen zu. Cyber-Angreifer versuchen, Informationen auszuspähen, Geschäfts- und Verwaltungsprozesse zu sabotieren oder sich anderweitig auf Kosten Dritter kriminell zu bereichern. Bürger und Wirtschaft müssen aber darauf vertrauen können, dass ihre Daten bei der Verwaltung gut und sicher aufgehoben sind. Die staatliche Verwaltung ist deshalb besonders gefordert, für zuverlässige und sichere IT-Infrastrukturen und IT-Systeme zu sorgen.

In der bayerischen Staatsverwaltung sind rund 300 000 PC im Einsatz. Regelmäßig erhalten die Nutzer Spam-Mails oder Hinweise über gefährliche E-Mails, die ungeöffnet gelöscht werden sollen. Um derartige virtuelle Angriffe abzuwehren, gibt es bereits entsprechende Einrichtun-gen im Freistaat Bayern, die in Zukunft ausgebaut wer-den sollen.

Rettungsdienst Bayern-CERTEine zentrale Infrastrukturkomponente ist das Bayerische Behördennetz. Daran sind alle Staatsbehörden sowie mehr als die Hälfe der bayerischen Kommunen angeschlossen. Das IT-Dienstleistungszentrum (IT-DLZ) betreibt für das Be-hördennetz einen zentralen Zugang zum Internet. Für die Si-cherheit innerhalb des Behördennetzes sorgt insbesondere das Computer-Emergency-Response-Team, besser bekannt als Bayern-CERT. Dieses Team von Sicherheitsexperten am Landesamt für Finanzen mit aktuell elf Personen analysiert IT-Sicherheitsvorfälle, leitet daraus Empfehlungen ab und unterstützt alle Behörden bei der Beseitigung von Sicher-heitsrisiken.

Cyber-Angriffe sind der Alltag Täglich sind an der Schnittstelle des Behördennetzes zum In-ternet mehr als 40 000 Angriffsversuche zu verzeichnen, von denen mehr als 99,99 Prozent durch aufwendige Sicherheits-einrichtungen erfolgreich abgewehrt werden. Zum digitalen Alltag gehören auch das Ausspionieren von E-Mail-Postfä-chern und Daten-Kidnapping in großem Stil. Im Jahr 2016 war beim Daten-Kidnapping durch sogenannte Krypto-Tro-janer in Deutschland eine Zunahme um über 1 000 Prozent festzustellen. Diese Schadsoftware verschlüsselt private Daten auf einem fremden Computer oder verhindert den Zugriff, um für die Entschlüsselung oder Freigabe ein „Lö-segeld“ zu fordern.

Infektionswege mit SchadprogrammenZu den häufigsten Infektionswegen eines Systems mit Schadprogrammen gehören E-Mail-Anhänge sowie die vom Anwender unbemerkte Infektion beim Besuch von Websei-ten, sogenannte Drive-by-Downloads. Auch Links auf Schad-programme spielen weiterhin eine gewichtige Rolle. Quelle der Links auf Schadprogramme sind immer öfter Werbeban-ner, die von den Angreifern auf entsprechenden Plattformen eingestellt werden und die wie legitime Online-Werbung auch auf vertrauenswürdigen Webseiten angezeigt werden.

Gezielte Sabotageangriffe mit DatenmüllIn jüngster Zeit nehmen Sabotageversuche durch soge-nannte Distributed Denial of Service Attacken (DDoS) auf die Regierungs- und Verwaltungsnetze deutlich zu. Hierbei versuchen Angreifer mittels gezieltem Senden von Daten-müll zentrale IT-Systeme wie z. B. Internetzugänge zu „ver-stopfen“ und damit funktionsunfähig zu machen. Beispiels-weise wurden solche Angriffe zeitgleich zum Münchner Amoklauf oder dem Terroranschlag auf den Berliner Weih-nachtsmarkt auf die IT-Verfahren der Polizei verübt. In bei-den Fällen konnten die Angriffe in kürzester Zeit erfolgreich abgewehrt werden.

Quarantäne für DatenFür den Anstieg von sicherheitsrelevanten Ereignissen ist neben der verschärften Sicherheitslage im Internet vor al-lem die abnehmende Effektivität der Virenscanner verant-wortlich. Da der Einsatz von Virenscanner allein nicht mehr ausreicht, wird der Internetübergang künftig durch mo-derne sogenannte Sandbox-Verfahren zusätzlich geschützt. Solche Verfahren leiten heruntergeladene bzw. per E-Mail übermittelte Dateien zunächst in ein Quarantäne-System ein, um sie dort automatisiert auf schadhaftes Verhalten zu prüfen und gegebenenfalls unschädlich zu machen.

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LSI bündelt Kompetenzen in BayernAls Reaktion auf die zunehmende Gefährdungslage und die herausgehobene Bedeutung der IT-Sicherheit hat die Bayerische Staatsregierung die Gründung des Landesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (LSI) als eigen-ständige IT-Sicherheitsbehörde am Standort Nürnberg be-schlossen. Das LSI wird das zentrale Kompetenzzentrum für IT-Sicherheit in Bayern. Bis 2025 sollen dort bis zu 200 IT- Sicherheitsspezialisten tätig sein. Der Start ist im 3. Quartal 2017 mit 30 Stellen geplant. Wesentliche Aufgabenschwer-punkte des LSI werden die Abwehr von Cyberangriffen, die Analyse kompromittierter IT-Systeme und die Weiterent-wicklung der Sicherheitskonzepte der Verwaltungsnetze sein. Das LSI wird sich auch mit der Sicherheit mobiler Ge-räte wie z. B. Smartphones und Tablets befassen. Durch enge Kooperation mit der Wissenschaft und der bayeri-schen IT-Sicherheitsindustrie wird sichergestellt, dass ein effektives und hochmodernes Hacker-Abwehrzentrum in Bayern entsteht.

Ein besonderes Augenmerk wird auf die elektronische Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern gelegt, für die das LSI als kompetente Beratungsstelle zur Verfügung stehen wird. Das Informationsangebot wird von regelmäßi-gen Meldungen zur aktuellen Gefahrenlage über die gängi-gen Kanäle des Internets, wie Twitter und Facebook, bis hin zu Tipps, wie man sich in der digitalen Welt schützen kann, reichen. Eine „Bürgerhotline“ wird dazu individuelle Unter-stützung leisten.

Zur bundesweiten Abstimmung wird das LSI eng mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zusammenarbeiten.

ALBERT SPITZERBAYerISCHeS STAATSMINITerIUM FÜr erNÄHrUNg, LANDWIrTSCHAFT UND [email protected]

Immer wieder werden von dienstlichen Rechnern aus Webseiten aufgerufen, die im Zusammenhang mit Schadcodes stehen. Diese Zugriffe werden proto-kolliert. Jeder Rechner, von dem aus ein derartiger Zugriff erfolgt, muss vom Behördennetz getrennt und offline auf Schadcodes überprüft werden.

Je nach Ergebnis der Überprüfung und Art des Zugriffs müssen geeignete Maß-nahmen (bis hin zur Neuinstallation des PC) getroffen und dem Bayern CERT (Computer Emergency Response Team), der Sicherheitseinrichtung des Behörden-netzes, gemeldet werden.

Vorsicht vor gefälschten E-MailsIn der Regel kommt es zu diesen Zugrif-fen, wenn Benutzer Links oder Anhänge in gefälschten E-Mails öffnen. Da diese E-Mails auf den ersten Blick oft nicht mehr als Fälschung zu erkennen sind, gibt es aus unserer Sicht nur eine richtige Kon-

sequenz für die Benutzer bei der Behand-lung von E-Mails:

Klicken Sie grundsätzlich auf keine Links oder Anhänge in E-Mails!Diese Maßnahme klingt auf den ersten Blick hart oder überzogen, ist aber nach den Gesprächen mit den betroffenen Be-nutzern der einzig sichere Weg auf Dauer eine Schadcodeinfektion zu vermeiden.

„Grundsätzlich“ bedeutet in diesem Zusammenhang, dass nur in begründe-ten Einzelfällen von dieser Regel abzu-weichen ist. Voraussetzung dafür ist, dass der Inhalt der Mail wirklich als dienstlich relevant einzustufen ist, und der Inhalt der Mail plausibel ist. Fragen Sie sich also, bevor Sie klicken: „Habe ich tatsächlich ei-nen DHL-Account mit meiner dienstlichen E-Mail-Adresse?“ „Erwarte ich tatsächlich im Dienst eine Rechnung vom Absender der E-Mail?“

Prüfen Sie immer, bevor Sie klicken!Bevor Sie dann tatsächlich auf einen Link in einer E-Mail klicken, sollten Sie vorher unbedingt die Maus über den Link bewe-gen ohne zu klicken – dann sehen Sie das eigentliche Ziel des Links. Ein Beispiel aus der Praxis zeigt, wie die Cyber-Kriminellen vorgehen. Der Linktext lautet

www.meine-bank.de

und führt aber tatsächlich auf den Link www.boeser-hacker.ru/virus/locky.exe.

Fragen Sie im Zweifelsfall bei Ihrer EDV-Hotline nachIm Zweifelsfall sollten Sie auf keinen Fall die Anlage öffnen und auch nicht auf den Link klicken, sondern zuerst beim IT-Beauf-tragten oder der EDV-Hotline nachfragen.

Stefan Freytag, FüAk

Gewusst wie: Sicherheit am Computer – Umgang mit gefälschten E-Mails

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Sensortechnik im HopfenanbauStaatsminister Helmut Brunner besuchte Hopfenanbaubetrieb in der Hallertau

von REGINA OBSTER und JOHANN PORTNER: Im Rahmen seiner regelmäßigen Betriebsbe-reisungen besuchte Landwirtschaftsminister Helmut Brunner Ende April den Hopfenanbau-betrieb von Eleonora und Bartholomäus Obster in Buch bei Aiglsbach im Landkreis Kelheim, um sich über die Möglichkeiten und Grenzen der Reduzierung des Pflanzenschutzmittelein-satzes im Hopfenanbau zu informieren.

Der chemische Pflanzenschutz steht seit Jahren im Span-nungsfeld gegenläufiger Interessen. So gilt es einerseits durch den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln Verluste durch Schadorganismen abzuwenden und Erträge und Qualitäten zu sichern, andererseits stehen ökologische und verbrau-cherschutzorientierte Belange im Vordergrund. So wenig Pflanzenschutzmittel wie möglich und nur so viel wie nö-tig, lautet daher die Devise. Das ist in der Raumkultur Hop-fen nicht so einfach; denn für die sieben Meter hohe Kultur werden für die Benetzung der Pflanzenteile bis zu 3 000 Li-ter Spritzbrühe pro Hektar benötigt, und dementsprechend groß ist der durchschnittliche Pflanzenschutzaufwand mit rund 1 000 Euro pro Hektar und Jahr. Dass dennoch Einspa-rungen möglich sind, ist einer technischen Neuentwicklung zu verdanken. Ein sensorgesteuertes Pflanzenschutzgerät für frühe Reihenbehandlungen im Hopfen erkennt bei der Durchfahrt den 1,3 Millimeter dicken Aufleitdraht und löst den Spritzvorgang nur für eine bestimmte Zeitspanne aus. Zwischen den Stöcken, wo keine Pflanzenteile benetzt wer-den, wird der Spritzfilm abgeschaltet. Das spart gegenüber der durchgehenden Reihenbehandlung über 50 Prozent des Pflanzenschutzmittels.

Hopfenbetrieb in der zehnten GenerationDer Hopfenanbaubetrieb von Eleonora und Bartholomäus Obster liegt mitten im Herzen der Hallertau. Hopfenanbau hat hier im größten zusammenhängenden Hopfenanbauge-biet der Welt eine jahrhundertelange Tradition. So scheint es nicht verwunderlich, dass auch die Obsters bereits in der zehnten Generation im Hopfenanbau tätig sind. Früher war der typische Familienbetrieb ein Gemischtbetrieb mit Acker-bau und Bullenmast. Wie viele Haupterwerbsbetriebe in der Hallertau hat sich der Betrieb zu einem spezialisierten Hop-fenanbaubetrieb mit derzeit 49 Hektar Hopfenanbaufläche entwickelt. Die Ausweitung der Hopfenfläche muss wohl-überlegt sein, da nicht unbeträchtliche Summen langfris-tig investiert werden. So kostet z. B. allein die Gerüstanlage ca. 20 000 €/ha. Dazu kommen das Pflanzmaterial und der Pflegeaufwand für ein ertragsloses Jahr. Erst im zweiten Jahr

ist mit einem nahezu vollwertigen Erlös zu rechen. Aus die-sem Grund wird Hopfen meist in Vorverträgen angebaut, deren Laufzeit fünf Jahre oder länger betragen kann. Ge-messen an der Anbaufläche gehört der Betrieb Obster zu den größeren Hopfenanbaubetrieben in der Hallertau. Da der Sohn Ludwig die landwirtschaftliche Berufsausbildung abgeschlossen hat und als Hofnachfolger im Betrieb mitar-beitet, ist die Betriebsgröße für einen Zwei-Generationen-betrieb nicht außergewöhnlich und außerdem der derzeitig guten Vermarktungssituation mit lukrativen Vorverträgen geschuldet. Zu einer Besonderheit des Betriebes zählt, dass es sich um einen von fünf bayerischen Betrieben handelt, die am nationalen Modellvorhaben „Demonstrationsbetriebe integrierter Pflanzenschutz im Hopfenbau“ teilnehmen.

Bedeutung des Hopfenanbaus in Bayern2016 wurde Hopfen in Bayern auf einer Fläche von 15 894 Hektar von 987 Betrieben angebaut. Die durchschnittliche Betriebsgröße beträgt somit 16,1 Hektar. Die meisten Betriebe befinden sich im Anbaugebiet „Hallertau“, das Teile der nie-derbayerischen Landkreise Kelheim und Landshut sowie der oberbayerischen Landkreise Freising, Pfaffenhofen und Eichstätt umfasst. Organisatorisch gehört auch das frühere

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→ Bild 1: Vorführung des sensorgesteuerten Pflanzenschutzgerätes im

Hopfen (alle Fotos: Nicolas Armer, StMELF).

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kleine fränkische Anbaugebiet „Hersbrucker Ge-birge“ zur Hallertau, das nordöstlich von Nürnberg liegt und in dem gut ein Dutzend Betriebe Hopfen anbauen. Im noch eigenständigen Anbaugebiet „Spalt“ südwestlich von Nürnberg wirtschaften 55 Hopfenbaubetriebe mit einer Hopfenfläche von 376 Hektar. Ein bayerischer Hopfenbaubetrieb ist in der Gemeinde Lindau am Bodensee beheimatet, der zum baden-württembergischen Anbaugebiet „Tettnang“ gehört. Gemessen an der Anbaufläche nimmt der Hopfen eine nachrangige Position un-ter den landwirtschaftlichen Kulturen ein. Mit einer Erntemenge von knapp 37 700 Tonnen wurde letz-tes Jahr in Bayern aber 88 Prozent des deutschen Hopfens und sogar mehr als ein Drittel des Welt-hopfens produziert. Gemessen am Weltmarktan-teil ist Hopfen damit die bedeutendste landwirt-schaftliche Kultur in Bayern und Deutschland und hat eine marktbeeinflussende Stellung in der Welt.

Große Sortenvielfalt Um der differenzierten Nachfrage auf dem Welt-markt Rechnung zu tragen, werden bei uns etwa 30 verschiedene Hopfensorten angebaut, die man in die Sortengruppen Aromahopfen, Bitter-hopfen und neuerdings Flavor-Hopfen einteilen kann. Letztere Gruppe zeichnet sich durch fruch-tige und blumige Aromanoten aus, die insbeson-dere von der aufstrebenden Craft-Bier-Szene (Craft Bier = handwerklich regional gebrautes Bier mit hochwertigen Zutaten) nachgefragt werden. Die sogenannten Craft Brewer sind auch dafür verant-wortlich, dass trotz stagnierendem Bierausstoß die weltweite Nachfrage nach Hopfen steigt und der-zeit gute Vermarktungschancen bestehen. Dass aufgrund der derzeitig guten Erlössituation ver-mehrt Betriebe in den Hopfenanbau einsteigen, ist nicht zu befürchten. Wie bereits erwähnt ist der Hopfenanbau sehr kapitalintensiv. Für eine sinn-volle Größe ab 20 Hektar müssten für Gerüstanla-gen und Erntetechnik über eine Million Euro inves-tiert werden. Als Spezialkultur sind außerdem viel Wissen und spezielle Kenntnisse erforderlich. Die Erfahrung lehrt, dass bei guten Erlössituationen sehr schnell eine weltweite Anbauflächenausdeh-nung mit Überproduktion folgt, die erst langsam wieder durch niedrige Preise mit nachfolgenden Flächenreduzierungen ausgeglichen werden kann. Die zyklischen Schwankungen in der Ökonomik können deshalb leichter in gewachsenen und sta-bilen Familienbetrieben gemeistert werden.

Hopfenanbaubetrieb von Eleonora und Bartholomäus Obster in Buch bei Aiglsbach, Landkreis Kelheim

FamilieBartholomäus Obster: Betriebsleiter, LandwirtschaftsmeisterElla Obster: Ehefrau, gelernte Bürokauffrau, Yoga-

therapeutin, staatlich geprüfte HauswirtschafterinLudwig Obster: Sohn, staatlich geprüfter Landwirt Regina Obster: Tochter, Bachelor of Science

BetriebGeographische Lage: Tertiäres HügellandHöhenlage: 460 mJahresniederschlag: 750 mmTemperatur: 8,9 °CBodenart: sandiger Lehm; LösslehmBodenzahl: 54 – 78Schlagentfernung: 0,3 km – 8 km

Betriebszweige: Hopfenanbau (49,08 ha) davon Bitterhopfen (22,48 ha), Aromahopfen (17,1 ha), Flavor-Hopfen (9,5 ha) Waldwirtschaft (13 ha), Ackerbau (6 ha), Energieerzeugung (PV-Anlage 60 kW)

Infobox: Betriebssteckbrief

→ Bild 2: Johann Portner (Projektleiter, LfL), Eleonora Obster (Betriebs-

leiterin), Bartholomäus Obster (Betriebsleiter), Staatsminister Helmut

Brunner, Ludwig Obster (Betriebsnachfolger), Regina Obster (Projekt-

betreuerin, LfL) (von links).

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Sensortechnik spart PflanzenschutzmittelDer Betriebsbesuch von Staatsminister Helmut Brunner stand ganz unter dem Motto Digitalisierung in der Land-wirtschaft mit Blick auf den Pflanzenschutz. Seit ein paar Jahren gibt es dazu im Hopfen die Neuentwicklung in Form eines sensorgesteuerten Pflanzenschutzgerätes für frühe Reihenbehandlungen im Hopfenanbau. Als De-monstrationsbetrieb integrierter Pflanzenschutz stand Betriebsleiter Bartholomäus Obster von Anfang an dieser technischen Neuerungen offen gegenüber, weshalb die Sensorspritze bereits seit einigen Jahren zum Betriebsin-ventar zählt. Mit ihr führt der Landwirt die im Frühjahr anstehenden Gießbehandlungen und Reihenbehand-lungen zur Bekämpfung der Peronospora-Primärinfek-tion oder Schädlingen, wie Erdfloh und Liebstöckelrüss-ler durch. Wie man mit der in einer Landtechnikfirma in Wolnzach entwickelte Sensorspritze Pflanzenschutzmit-tel einsparen kann, erläuterte der Entwickler Sebastian Pauli der hochrangigen Besuchergruppe bei der Vorfüh-rung am Feld. „Ein den Düsen vorgeschalteter optischer Sensor erkennt den Aufleitdraht und schaltet die Düsen zwischen den Stöcken ab. Die von der Fahrgeschwindig-keit abhängige zeitliche Verzögerung sowie die Dauer der Abschaltung können dabei an der in der Schlepperkabine angebrachten Steuereinheit eingestellt werden. Gegen-über der durchgängigen Reihenbehandlung ist somit eine Pflanzenschutzmitteleinsparung von bis zu zwei Drittel möglich.“

Staatsminister Brunner lobte bei der späteren Diskus-sion den Einzug der Sensortechnik in den Hopfenanbau: „Es ist vorbildlich, dass Betriebe so offen und bereit sind, die Erfahrungen im Rahmen des Modellvorhabens De-monstrationsbetriebe integrierter Pflanzenschutz auch an Berufskollegen weiterzugeben“. Auch sei das Projekt ein

wichtiger Baustein, der Öffentlichkeit das Thema Pflan-zenschutz im Hopfenbau näher zu bringen. Es zeige, dass die Landwirte engagiert am Thema Pflanzenschutzmittel-reduktion arbeiten.“

Modellvorhaben „Demonstrationsbetriebe integ-rierter Pflanzenschutz“Das deutschlandweite Modellvorhaben „Demonstrations-betriebe integrierter Pflanzenschutz“ wurde im Rahmen des Nationalen Aktionsplans zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (NAP) 2011 vom Bundesmi-nisterium für Ernährung und Landwirtschaft initiiert. Seit 2014 ist in Bayern auch der Hopfenanbau beteiligt. Dane-ben wird das Projekt auch noch in den Produktionsrich-tungen Ackerbau, Apfel, Wein und Gemüse durchgeführt. Die insgesamt 66 Betriebe werden fünf Jahre lang bei der Bestandsbeurteilung und in allen Fragen des Pflanzenschut-zes betreut und intensiv unterstützt. Sie erklären sich im Ge-genzug bereit, praktikable und innovative Verfahren des in-tegrierten Pflanzenschutzes anzuwenden und diese ihren Berufskollegen sowie der Öffentlichkeit auf Feld- und Hof-tagen näher zu bringen. Ziel ist es, nicht chemischen Pflan-zenschutzverfahren den Vorrang zu geben und den Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel auf das notwendige Maß zu reduzieren.

Vegetative Vermehrung der Hopfenpflanzen Der Landwirtschaftsminister zeigte sich von der Fech-seranzucht der Betriebsleiterin Eleonora Obster beein-druckt. Ihre selbst angezogene Jungpflanzen standen zu Tausenden auf Wägen vor der Erntehalle und warten da-rauf ausgepflanzt zu werden. Die Hopfenbäuerin erklärte dem Minister, dass die Hopfenpflanzen vegetativ ver-mehrt werden: „Ende März-Anfang April werden die beim

Hopfenschneiden anfallenden Schnittfech-ser eingesammelt, zurechtgeschnitten und an-schließend in kleine Töpfe mit angedüngter Sub - s traterde getopft. Nachdem die Fechser kräftig ausgetrieben und den Topf intensiv durchwur-zelt haben, werden die jungen Hopfenpflanzen ab etwa Mitte Mai für die Nachpflanzung lückiger Altbestände oder für die Neuanlage von Hopfen-gärten verwendet.“

Arbeitsaufwendige Hopfenproduktion benötigt SaisonarbeitskräfteNicht nur die zeitaufwendige Hopfenfechser-produktion zeigt, wie arbeitsintensiv dieser Be-triebszweig ist. Auch die übrigen Arbeitsschritte im Jahresverlauf, die sich der Staatsminister er-klären ließ, belegen den hohen Arbeitsaufwand

→ Bild 3: Staatsminister Helmut Brunner, Eleonora und Bartholomäus Obster hinter

der Hopfenfechseranzucht (von links).

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für die Kultur. Nicht umsonst heißt ein altes Sprichwort: „Der Hopfen will jeden Tag seinen Herrn sehen“. Dass dies in Zeiten des betriebli-chen Wachstums und der Flächenausdehnung nicht mehr möglich ist, liegt auf der Hand. Trotz technischen Fortschritts sind aber immer noch ca. 220 Arbeitsstunden pro Hektar erforderlich, die der Familienbetrieb nicht mehr alleine auf-bringen kann. Darum werden bei Arbeitsspit-zen vorwiegend ausländische Saisonarbeits-kräfte eingesetzt. Die größte Arbeitsspitze ist das „Anleiten und Ausputzen“ der jungen Hop-fentriebe, von denen Ende April-Anfang Mai je drei Triebe pro Aufleitdraht „angedreht“ und die überschüssigen Sprosse entfernt werden müs-sen.

Saisonkräfte einfacher verwaltenDazu beschäftigt der Betrieb Obster bis zu 15 polnische Ar-beitskräfte, die in 10 bis 14 Tagen diese Arbeit erledigen. „Gibt es keine Probleme mit der Verfügbarkeit der Saison-arbeitskräfte?“ wollte der Staatsminister vom Betriebsleiter wissen. „Wir haben durchwegs gute Erfahrungen mit un-seren Aushilfen aus Polen gemacht“, so der Betriebsleiter. Manche von ihnen käme schon seit Jahrzenten und bräch-ten auch Familienangehörige und Bekannte mit. Wegen der gute Bezahlung und des weitgehenden „Familienanschlus-ses“ in den Hopfenbaubetrieben kämen sie gerne wieder, auch wenn es in Polen inzwischen verbesserte Verdienst-möglichkeiten und interessante Alternativen auf dem Ar-beitsmarkt gäbe,“ Kritik übte Obster lediglich an den aus-ufernden gesetzlichen Vorschriften und der zunehmenden Bürokratisierung bei der Anstellung und Verwaltung der Saisonkräfte.

Rückverfolgbarkeit und Qualitätssicherung bei HopfenBeim Rundgang durch die Betriebsgebäude fiel dem Staats-minister der noch eingelagerte Hopfen von der letzten Ernte auf. Wie der getrocknete Hopfen in die viereckigen Rechteckballen gelangt, gewogen und gesiegelt wird, er-fuhr der Minister von der Tochter des Betriebsleiters Regina Obster aus erster Hand. Das Hopfensiegel in Form eines Klebe etiketts, das über der Naht des verschlossenen Recht-eckballens angebracht wird, war früher ein Wachssiegel und durfte nicht verletzt sein. Es garantierte die Unverfälscht-heit des Hopfens, dessen Herkunft heute noch vom Hop-fenfachwart der Gemeinde bestätigt werden muss. Heute

weisen die Klebesiegel fortlaufende Nummern auf, so dass jeder Hopfenballen eindeutig bis zum Landwirt und sogar bis zum Feld zurückverfolgt werden kann. Zur Qualitätssi-cherung werden bei der Zertifizierung von unabhängigen Musterziehern mit einem Hohlbohrer von jeder Hopfen-partie ein Mischmuster gezogen und in einem unabhän-gigen Labor auf äußere und innere Qualitätsmerkmale un-tersucht. Teilweise fließt das Ergebnis in die Bezahlung mit ein, so dass ein Ansporn gegeben ist, bestmögliche Quali-täten zu produzieren. Damit sich der Minister ein Bild über die Qualitätserhaltung des eingelagerten Hopfens machen konnte, wurde mit Zustimmung der Käuferfirma ein versie-gelter Ballen geöffnet und die Qualität begutachtet. Der bayerische Landwirtschaftsminister überraschte hierbei das anwesende Fachpublikum mit seinem feinen Gespür für den Feuchtegehalt des Hopfens.

REGINA OBSTER JOHANN PORTNERBAYerISCHe LANDeSANSTALT FÜr LANDWIrTSCHAFTINSTITUT FÜr PFLANZeNBAU UND PFLANZeNZÜ[email protected]@lfl.bayern.de

→ Bild 4: Staatsminister Brunner (links) begutachtet die Qualität des einge lagerten

Hopfens.

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Gewusst wie: QR-Codes im Unterricht

Geodaten1. Möglichkeit Erfassen Sie die Geodaten (Längen-/Breitengrad) eines Ortes, z. B. über den BayernAtlas. Erstellen Sie daraus ei-nen QR-Code, z. B. bei www.goqr.me.2. Möglichkeit Mit geeigneten Apps und GPS-Plugins können QR-Codes direkt aus Luftbildauf-nahmen generiert werden, z. B. mit der App QR Droid mit dem QR-GPS-Plugin. 3. Möglichkeit Rufen Sie www.google.de/maps/ auf. Suchen Sie sich den gewünschten Ort. Ermitteln Sie mit der linken Maustaste die Geodaten. Erstellen Sie mit einem QR-Code Generator, z. B. www.goqr.me oder http://www.datlicht.de/wp/tools/qr-code-generator/ den dazugehörigen QR-Code. Rufen Sie mit Ihrem Mobilge-rät den Standort ab. Google Maps oder Google Earth müssen verfügbar sein.

Einsatzmöglichkeiten• Treffpunkte im Gelände fest legen • Markierung von Objekten, z. B.

Bäumen mit Aufgabenstellungen• Geo-Caching, „Schnitzeljagd“,

Geländeführungen (Anein ander-reihung von mehreren Punkten)

BayernAtlas mit Urwelt-Mammutbaum

Geodaten vom Urwelt-Mammutbaum für Google Earth oder Google Maps

Aufgabe beim Urwelt-Mammutbaum

Aufrufen von InternetseitenBeim Verschlüsseln von Internetseiten entfällt die Eingabe langer Internet-adressen. Die Seiten können direkt vom Mobilgerät aufgerufen werden.

http://www.stmelf.bayern.de/ser-vice/publikationen/025551/

EinsatzmöglichkeitenDirekter Aufruf der Seiten, um In-halte zu beurteilen.

Zusatzinformationen neben ObjektenAuf Pflanzenetiketten im Schulgarten können informative Internetseiten aufgerufen werden.

Quelle: Fotografiert von KMJ https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Ahorn-blatt_01_KMJ.jpg

Zusatzinformationen http://www.baumkunde.de/Platanus_x_hispanica/

KontaktdatenDie Kontaktdaten können beim Aufruf mit einem Mobiltelefon gleich im Adressbuch abgespeichert werden. Alternativ kann auch lediglich eine Telefonnummer hinterlegt werden.

Telefonnummer

Kontaktdaten: Name, Adresse, E-Mail, Telefonnummer

EinsatzmöglichkeitenDie Kontaktdaten werden gespeichert und sind sofort abrufbar, z. B. bei Exkur-sionen. Verwenden Sie aus Gründen des Datenschutzes nur einen QR-Code-Ge-nerator, der die Daten nicht speichert.

Umfragen, AbstimmungenIm Unterricht können Online-Abstim-mungen, Umfragen und Lernzielkon-trollen durchgeführt werden. Das ist auch mit QR-Codes möglich.

Mehr bei: www.onlineted.de www.freequizdome.com/

Ein QR-Code führt zu einer anonymen Umfrage mit sofortiger Auswertung. Peter Weyman, FüAk

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Unnütze Mails – Gibt es die überhaupt?

von SILVIA WÖLFL: „Muss nur noch kurz die Mails checken“, wer kennt das Lied nicht. 148 713 waren es in Tim Bendzkos Lied. Heutzutage ist die elektronische Kommunikation ein selbst-verständlicher Bestandteil unseres (Arbeits-)lebens. Aber übertreiben wir es nicht manch-mal. Wäre vielleicht ein „etwas weniger“ nicht mal „etwas mehr“? Etwas mehr Zeit für wirk-lich wichtige Aufgaben? Nachfolgend ein paar Tricks und Tipps die Mail-Flut im Berufsalltag einzudämmen.

Als aller Erstes möchte ich hier die Goldene Regel „Wie Du mir, so ich Dir“ nennen. Hinsichtlich elektronischer Post könnte man das so interpretieren: je mehr E-Mails man ver-sendet, desto mehr E-Mails bekommt man zurück. Und hier haben wir doch gleich den ersten Ansatzpunkt. Stellen Sie sich vor dem Verschicken oder besser noch vor dem Ver-fassen einer E-Mail die Frage: Ist es denn überhaupt sinn-voll für mein Anliegen den Kommunikationsweg „E-Mail“ zu nutzen? Oft führen Telefonate oder gar ein persönliches Ge-spräch schneller zum Ziel.

Keine komplizierten Inhalte in E-MailsE-Mails sind gut für Standardaufgaben geeignet, sobald es komplizierter wird, sollten Sie ein persönliches Gespräch vorziehen. Bevor man den komplizierten Inhalt in die Mail klopft, ist er am Telefon oder im Büro des Kollegen schon erklärt.

Wenn Ihre E-Mail Konfliktpotenzial enthält, dann ist es noch wichtiger, das persönliche Gespräch zu suchen. E-Mails können leicht missverstanden werden.

„Wichtig“ und „Lesebestätigung“ sparsam verwen-denSehr dringende Anliegen sollten Sie vielleicht besser direkt abklären und nicht auf den Status „Wichtigkeit: hoch“ in Ihrer Mail vertrauen. Wie oft haben Sie schon ein E-Mail bekom-men, welches mit der Wichtigkeit „niedrig“ gekennzeichnet war? Also ich nicht oft ... dafür kommen aber tagtäglich sehr viele „wichtige“ E-Mails rein.

Wenn jeder alle e-Mails als wichtig markiert, ist das leider kein Unterscheidungsmerkmal mehr.

Verwenden Sie deshalb die Kennzeichnung „Wichtigkeit: hoch“ und auch die Lesebestätigung nur gezielt. Bei Lesebe-stätigungsanforderungen haben die Empfänger oft das Ge-fühl überwacht zu werden. Und nur weil der Empfänger auf den Button „Lesebestätigung senden“ klickt, heißt das noch lange nicht, dass er die Mail wirklich gelesen und / oder ver-standen hat. Ebenso kann der Empfänger die E-Mail lesen, ohne Ihnen eine Bestätigung zu schicken. Also eigentlich ein recht unzuverlässiges Werkzeug, das die Empfänger nur nervt!

Nur in Ausnahmefällen in CC setzenReduzieren Sie überflüssige Kopien an Kollegen und Vorge-setzte. Vorgesetzte die von ihren Mitarbeitern eine CC-Ko-pie erhalten, müssen z.  B. überdurchschnittlich viel Zeit zum Lesen der Mail investieren, weil die Mail ja nicht an den CC-Empfänger direkt gerichtet ist. Nur weil Sie eine Mail in CC schicken, heißt das noch lange nicht, dass der Adressat diese Mail aufmerksam durchliest und auch versteht („ist ja nur CC“). Haben Sie nicht den Anspruch, dass Kollegen oder Vorgesetzte Ihre Kopien auswendig kennen. Wenn Sie ein Mail mit CC-Einträgen verschicken, ist es außerdem sehr wahrscheinlich, dass der Antwortende auch den eingetra-genen CC Einträgen antwortet.

Kurz und knapp schreibenWer viel und kompliziert schreibt, bekommt dass genauso auch wieder zurück. In der Kürze liegt die Würze! Ganz wich-tig ist auch der Betreff. Der Empfänger sollte einen schnellen Überblick bekommen, um was es in der Mail geht.

Die Mail-Benachrichtigung ignorierenAuch als Empfänger kann man mit ein bisschen Disziplin und Struktur etwas Entspannung im Postfach schaffen. Wenn Sie beim zehnten „Pling“ innerhalb einer Stunde

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nervös werden oder sich von den ein-geblendeten Benachrichtigungen ner-vös machen lassen, schalten Sie das „Pling“ doch einfach aus, indem Sie den Rechner auf lautlos stellen. Sie können den Ton auch über „Datei“ – „Optionen“ – „E-Mail“ im Bereich „Nachrichtenein-gang“ ausschalten.

Nehmen Sie sich gezielt Zeit zum E-Mail lesen und schreiben. Sie arbei-ten effektiver, wenn Sie Ihre aktuelle Arbeit nicht immer wieder unterbre-chen und die E-Mails später im Block abarbeiten. Wie oben schon erwähnt, wenn es wirklich wichtig ist, ist eine E-Mail sowieso nicht der richtige Kom-munikationsweg. Deshalb: Haben Sie keine Angst etwas zu verpassen, nur weil sie mal drei Stunden nicht in den Post eingang schauen.

Das Postfach strukturieren und aufräumenAuch ein aufgeräumter Posteingang vermittelt weniger Stress. Legen Sie Unterordner an und verschieben Sie erledigte Mails in diese Unterordner. So wird Ihr Post-eingang übersichtlicher und aufgeräumter. Wenn Sie beispielsweise Newsletter abonniert haben, können Sie diese von Outlook mit einer Regel automatisiert in ei-nen bestimmten Unterordner verschieben lassen. Noch besser: Prüfen Sie, ob Sie wirklich alle Newsletter, die Sie abonniert haben, auch (noch) brauchen.

Probieren Sie ruhig auch mal die Funktion „Vom Newsletter abmelden“ aus!

Anhänge vermeidenDateien müssen nicht immer als Anlage in einer E-Mail mitgeschickt werden. Legen Sie Dateien in zentralen Ord-nern oder im Mitarbeiterportal ab und verschicken Sie nur einen Link darauf. Das spart gleichzeitig beim Versender und beim Empfänger Speicherplatz im Postfach, und Sie müssen Ihr Postfach weniger oft aufräumen. Wenn Sie eine E-Mail-Anlage sowieso z. B. im GAPl ablegen müssen, kön-nen Sie die Anlage nach dem Speichern aus der empfan-genen E-Mail löschen und über „Nachricht bearbeiten“ ei-nen Link auf die Datei in die empfangene E-Mail einfügen.

Auch das spart Postfachspeicher und bedeutet weniger Aufräumarbeit.

Ordner „Gelöschte Elemente“ leerenEin ganz banaler Tipp zum Schluss: Leeren Sie regelmäßig ihren Ordner „Gelöschte Elemente“! Hier sammelt sich oft einiges an nicht mehr benötigen Daten an, was nicht selten zu einem vollen Postfach führt.

Kommunikation braucht Zeit!Und das gilt für jeden Weg, den Sie gewählt haben. E-Mail lesen passiert nicht einfach nebenbei. Bei einem Telefonat oder persönlichen Gespräch würden Sie auch nicht neben-bei die neueste Ausgabe von „SuB“ lesen. Nehmen Sie sich gezielt Zeit für die Bearbeitung Ihrer E-Mails, hinterfragen Sie kritisch, ob eine elektronische Nachricht wirklich das Mit-tel der Wahl ist und versuchen Sie nicht auf jede E-Mail, die in Ihren Posteingang kommt, innerhalb von fünf Minuten zu antworten.

SILVIA WÖLFLSTAATLICHe FÜHrUNgSAKADeMIe FÜr erNÄHrUNg, LANDWIrTSCHAFT UND [email protected]

→ Abbildung: So schalten Sie in Outlook den Ton beim Nachrichteneingang aus

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Gewusst wie: Mit der Referentenansicht bei PowerPoint alle Informationen im Blick

Mit der sogenannten Referentenansicht ha-ben Sie alle wichtigen Informationen Ihres Vortrags im Blick, das Publikum dagegen sieht die Standardansicht Ihrer Präsenta-tion auf der Leinwand. Die spezielle Ansicht zeigt Ihnen die aktuelle Folie, Ihre persönli-chen Notizen dazu, die seit Vortragsbeginn verstrichene Zeit, die Foliennummer und die nachfolgenden Folien. Zusätzlich be-steht die Möglichkeit Zeigeroptionen auf der Folie (z. B. Textmarker) zu nutzen.

Vorgehensweise:• Stellen Sie sicher, dass ein zweiter

Bildschirm (z. B. ein Beamer) am Laptop/PC angeschlossen ist.

• Klicken Sie mit der rechten Maus-taste auf den Desktop ihres Bild-schirmes.

• Wählen Sie den Button „Bildschirmauflösung“ (siehe Abbildung 1).

• Wählen Sie unter „Meh-rere Anzeigen“: „Diese Anzeigen erweitern“.

• Drücken Sie „Übernehmen“ (siehe Abbildung 2).

Der Bildschirm wird kurz schwarz. Das Fenster „Anzeigeeinstellungen“ öffnet sich:

• Wählen Sie „Änderungen beibehal-ten“ (siehe Abbildung 3).

• Öffnen Sie das Programm Power-Point.

• Wählen Sie in der Startleiste den Reiter „Bildschirmpräsentation“.

• Unter der Kategorie „Bildschirme“ setzen Sie bei „Referentenansicht“ einen Haken (siehe Abbildung 4).

• Starten Sie Ihre Bild-schirmpräsentation.

• Überprüfen Sie, ob die Referentenansicht auf

Ihrem Laptop erscheint und der Beamer die Standardansicht der Folien anzeigt (siehe Abbildung 5).

Falls die Ansicht verdreht ist, können Sie in Kategorie „Bildschirme“ im Menü oberhalb der „Referentenansicht“ von „Monitor“ auf „Hauptbildschirm“ wechseln.

Julia Buchberger , AELF BayreuthLisa Schwemmlein, AELF Coburg

→ Abbildung 1 → Abbildung 2

→ Abbildung 3

→ Abbildung 4

→ Abbildung 5

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Kalium-, Magnesium- und Natriumgehalte von Grünlandaufwüchsen Untersuchungen auf bayerischen Praxisflächen

von DR. MICHAEL DIEPOLDER und SVEN RASCHBACHER: Im Rahmen des Forschungspro-jekts „Ertrags- und Nährstoffmonitoring Grünland Bayern“ der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) wurden auf ca. 150 Praxisflächen u. a. die Kalium-, Magnesium- und Na-triumgehalte von insgesamt rund 2 000 Grünlandaufwüchsen gemessen. Untersucht wurde dabei der Einfluss der Nutzungsintensität, ferner der Region und des Wiesentyps auf die Nährstoffgehalte. In Hinblick auf eine Klassifizierung fanden pflanzenbauliche sowie tierische Bedarfsnormen Berücksichtigung. Hierbei wurden bei vielen Aufwüchsen u. a. zu hohe Kali-umgehalte festgestellt. Das Mineralstoffmuster ändert sich im Jahresverlauf teilweise stark. In der Regel werden in der zweiten Vegetationshälfte höhere mittlere Kalium-, Magnesium- und Natriumgehalte gemessen. Die Ergebnisse des sechsjährigen Projekts sind ein Beitrag zur Validierung von Faustzahlen zur Grünlanddüngung.

Pflanzenbaulichen und betriebswirtschaftlichen Berech-nungen in der Grünlandwirtschaft liegen häufig Daten aus Feldversuchen mit speziellen Fragestellungen zu Grunde. Allerdings können Feldversuche im Grünland aus verschie-denen Gründen nur an vergleichsweise wenigen Standor-ten durchgeführt werden. Zusätzliche Untersuchungen auf Praxisflächen sind daher eine sinnvolle Ergänzung. Beim „Ertrags- und Nährstoffmonitoring bayerischer Grünlandflä-chen“ wurden insgesamt rund 150 Flächen in unterschiedli-chen Regionen Bayerns beprobt. Hierbei erfolgten von 2009 bis 2014 eine aufwendige Ertragserfassung aller Jahresauf-wüchse mittels manueller Schnittproben sowie die Bestim-mung der Mineralstoffgehalte im Erntegut. Zusätzlich wur-den auf den Flächen die Humus- und Nährstoffgehalte des Bodens sowie die Pflanzenbestände untersucht.

Bei den bisher veröffentlichten Ergebnissen (siehe „SuB“ 9-10/2016, 11-12/2016, 2-3/2017) standen Aussagen zu mittleren Erträgen und Nährstoffgehalten, insbesondere zu Rohprotein-, Schwefel- und Phosphorgehalten sowie Erkenntnisse zum Arteninventar von Grünlandflächen bei unterschiedlicher Schnittintensität im Focus. Der vorliegene Beitrag, welcher die Nährstoffe Kalium, Magnesium und Na-trium behandelt, bildet den vorläufigen Abschluss der Arti-kelserie in SuB aus diesem Forschungsprojekt.

Material und MethodenAuf nach geographischer Lage, Nutzungsintensität und Wie-sentyp ausgewählten Flächen wurden mittels genau defi-

nierter Schnittproben (7 x 1 m2 pro Schlag, Abgrenzung der Fläche durch tragbare Rahmen, Schnitt mit elektrischer Ra-senkantenschere mit Höhenbegrenzung, Schnitthöhe fünf bis sechs cm, Schnittzeitpunkt max. zwei bis drei Tage vor der Beerntung durch den Landwirt) die Frisch- und Trocken-masseerträge aller Aufwüchse erhoben. Pro Aufwuchs und Fläche wurden in einer Mischprobe die Mineralstoffgehalte (N, P, K, Mg, Ca, S, Na, Zn) im getrockneten Grüngut nach Methoden der VDLUFA nasschemisch – dabei N nach Dumas – bestimmt. Die Bestimmung des Rohproteingehalts (XP) erfolgte anhand des N-Gehalts (XP = N x 6,25).

Die Daten wurden auf Plausibilität geprüft und unvoll-ständige Datensätze von der weiteren Auswertung ausge-schlossen. In Anlehnung an Literaturangaben (siehe nach-folgende Ergebnisse und Diskussion) wurde zudem versucht, die K-, Mg- und Na-Gehalte in Hinblick auf pflanzenbauliche und tierische Bedarfsnomen zu klassifizieren.

KaliumDie Ergebnisse der Bodenuntersuchung zeigen für Kali eine wesentlich bessere Versorgung als für Phosphat (Tabelle 1). In Bayern liegen bei Kali knapp 70 Prozent der untersuchten Böden (LfL 2016) in und über der anzustrebenden Gehalts-klasse C. Noch größer war dieser Anteil auf den Monitoring-flächen, hier erreichten 80 Prozent die Gehaltsklassen C, D und E. In der Tendenz wurden im Projekt auf intensiv genutz-ten Flächen höhere Kaliumgehalte im Oberboden gemessen als dies bei niedriger oder mittlerer Intensitätsstufe der Fall

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war (Tabelle 2). In diesem Zusammenhang sollte an dieser Stelle erwähnt werden, dass das Kalium-Ion aufgrund sei-ner geringen Bindungsstärke und seiner kleinen Hydrathülle sehr rasch von der Pflanze aufgenommen und transportiert wird (Amberger, 1996).

In Tabelle 3 sind die Kaliumgehalte aller Aufwüchse defi-nierten Gehaltsklassen zugeordnet. Die hierbei getroffene Einteilung basiert auf folgenden Überlegungen: Amberger (1996) vermerkt u. a., dass junge, stoffwechselaktive vege-tative Pflanzenteile kaliumreicher als ältere sind, Konzentra-tionen unter 15 g K/kg TM auf einen Mangel in der Pflanze hinweisen, jedoch die Kaliumgehalte durch Düngung bis hin zum Luxuskonsum erhöht werden können. Letzterer dürfte pflanzenbaulich bei Gehalten ab rund 30 g K/kg TM vorlie-gen, während 20 g K/kg TM als ein Schwellenwert von nied-riger zu optimaler Versorgung anzusehen ist (Finck 1979, zit. bei VOIGTLÄNDER und JAKOB 1987; GREINER ET AL. 2010). Aus Sicht der Tierernährung wären in der Gesamtfutterration für Milchkühe nur Kaliumgehalte von 10 g/kg TM erforder-lich (LfL 2015, Gruber Futterwerttabelle). Nach Schuster (LfL, pers. Mitteilung 2015) wären Werte in Grünlandaufwüch-sen von ca. 25 g K/kg TM „ein guter Kompromiss zwischen Pflanzen- und Tierernährung“, jedoch sind Kaliumkonzen-trationen über 30 g K/kg TM aus Gründen der Tiergesund-heit unerwünscht

Bei mittel- bis hochintensiv geschnittenem Wirtschafts-grünland mit drei bis sechs Schnitten pro Jahr wurden nur in sehr wenigen Fällen – insgesamt waren es 12 Prozent der

dort genommenen Proben – Kaliumgehalte unter 20 g/kg TM gemessen. Bezieht man neben pflanzenphysiologischen auch Aspekte der Tierernährung mit ein, so deuten die Un-tersuchungen auf eine starke Überversorgung des jung ge-ernteten Grünlandfutters mit Kalium hin. Diese Tendenz nimmt mit ansteigender Nutzungsintensität zu. So liegt der Anteil von Proben mit sehr hohen Kaliumgehalten (> 30 g K/kg TM) bei Dreischnitt-Wiesen noch bei 30 Prozent, dage-gen bei fünfmal pro Jahr geschnittenen Grünlandbeständen bei etwas über 60 Prozent. Insgesamt wiesen bei mittel- bis hochintensiv geschnittenem Wirtschaftsgrünland, also Flä-chen mit drei bis sechs Schnitten pro Jahr, 51 Prozent der ge-nommenen Aufwüchse Kaliumgehalte von über 30 Gramm pro Kilogramm Trockenmasse auf.

Generell zeigen die mittleren Kaligehalte im Jahresver-lauf eine ausgeprägte Dynamik mit einem Maximum beim letzten Aufwuchs und einem Minimum im zweiten bzw. drit-ten Aufwuchs bei Wiesen mit drei und mehr Schnitten pro Jahr (Tabelle 4).

Insgesamt deutet sich beim Kalium eine große Diskre-panz zwischen gewünschten pflanzenbaulichen bzw. tieri-schen Bedarfswerten und den in den Proben gemessenen Kaliumgehalten an. Diese Diskrepanz wird auch bei der Be-trachtung der mittleren Konzentrationen bei einzelnen Nut-zungsintensitäten sowie im Jahresverlauf (Tabelle 4) deut-lich. Die mittleren Kaliumgehalte steigen von niedriger zu hoher Intensität signifikant an. Dabei erreichen die mittleren Kaliumgehalte bis auf die Einschnitt-Wiesen stets Werte über

→ Tabelle 1: Ergebnisse der Bodenuntersuchung der Monitoringflächen sowie bayerischer Grünlandflächen [ ]

Monitoring Prozent in Gehaltsklasse

Mittel (Median) [mg/100 g Boden]

A < 5

B 5 – 9

C 10 – 20

D 21 – 30

E > 30

Phosphat (P2O5 CAL) 10 11 [16] 35 [33] 42 [36] 9 [10] 3 [6]

Kali (K2O CAL) 18 4 [ 7] 16 [24] 38 [40] 24 [16] 18 [13]

Magnesium (Mg CaCl2) 24 <1 [ 1] 4 [ 8] 34 [37] 37 [29] 26 [26]

Hinweis: 161 Untersuchungen aus Monitoringflächen; [436.207 Bodenuntersuchungen (2010-2015) bei P, K; 17.350 bei Mg (LfL, 2016)]

→ Tabelle 2: Ergebnisse der Bodenuntersuchung (0 – 10 cm Tiefe; jeweils Median) nach Nutzungsintensitätsstufen

Schnitte pro Jahr

Einheit (n)

1 – 2 (80)

3 (131)

4 (176)

5 – 6 (150)

pH-Wert CaCl2 – 6,0 6,0 5,9 5,8

Humusgehalt % Boden 7,0 7,4 7,5 7,9

Gesamt-N % Boden 0,36 0,41 0,41 0,42

Phosphat (P2O5 CAL) mg/100 g Boden 5 9 12 12

Kali (K2O CAL) mg/100 g Boden 10 17 19 22

Magnesium (Mg CaCl2) mg/100 g Boden 16 24 26 24

Hinweis zur Zuordnung: Die Zahl (n) bedeutet, wieviel Jahresernten in dieser Klasse insgesamt enthalten sind. Entsprechend der konkreten Nutzungsintensität einer Flä-che in einem Futterjahr wurden die Bodenuntersuchungsergebnisse der Fläche stets der jeweiligen Nutzungsintensitätsstufe zugeordnet. Liegen zum Beispiel von einer Fläche sechs Jahresernten vor, davon eine mit drei, drei mit vier und zwei mit fünf Schnitten pro Jahr, so geht das (einmal ermittelte) Bodenuntersuchungsergebnis ent-sprechend oft in die jeweilige Nutzungsintensitätsstufe ein.

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20 g K/kg TM. Sie liegen ab dem Vierschnittbereich speziell bei den im Frühjahr und ab dem Spätsommer geernteten Schnitten sogar häufig deutlich über 30 g K/kg TM. Als Ur-sachen für die hohen Kaliumgehalte in den Pflanzen werden neben geogenen Faktoren und einer hohen Nutzungsinten-sität, also der Ernte von jungem, blattreichem Futter, auch ein oft hohes Niveau der organischen und evtl. auch der mi-neralischen K-Düngung vermutet.

Ein gewisser Einfluss der Grünlandregion zeigte sich in-sofern, weil die mittleren Kaliumgehalte von Wiesen mit drei- und viermaliger Nutzung im östlichen Mittelgebirgs-raum (kalireiches Ausgangsmaterial wie Granitgestein) deut-lich höher lagen als im Voralpenland, in den südlichen Hü-gelländern und in den sommertrockenen Lagen. Ebenfalls wiesen bei diesem Intensitätsbereich kräuterreiche Wiesen im Mittel höhere Kaliumgehalte auf als Weidelgras- bzw. Wiesenfuchsschwanzwiesen.

MagnesiumSowohl die gesamtbayerischen Bodenproben-Ergebnisse als auch die der Monitoringflächen zeigen bei Magnesium eine noch höhere Bodenversorgung als beim Kali (Tabelle 1); es liegen weit über 90 Prozent der Werte in den Gehalts-klassen C, D und E. Auch bei extensiv genutzten Wiesen lag der mittlere Magnesiumgehalt mit 16 mg Mg/100 g Boden im mittleren Bereich der Gehaltsklasse C und erreichte bei Wiesen mit höherer Nutzungsintesität sogar den mittleren Bereich der Gehaltsklasse D (Tabelle 2).

Die in Tabelle 5 vorgenommene Einteilung der Magnesi-umgehalte der Grünland-Aufwüchse basiert auf folgenden Kriterien: Nach AMBERGER (1996) deuten Mg-Gehalte un-ter 2,0 g/kg TM in grünen Pflanzenteilen auf Mangel hin. In der Gesamtration für Milchkühe sind 1,5 g Mg/kg TM erfor-derlich (LfL 2015, Gruber Futterwerttabelle). Um diese Ge-halte bei Rationen mit einem höheren Mais-Getreideanteil

→ Tabelle 3: Eingruppierung der Kalium-Gehalte (alle Aufwüchse) nach Nutzungsintensität

Nutzungs- intensität

(Schnitte a-1)Proben (n)

Anteil in Prozent (gerundet) der Proben je Intensitätsstufe

Kalium-Gehalt (g K/kg TM)

< 15Mangel

15 – 20niedrig

> 20 – ≤ 30optimal

≥ 30hoch

1 16 25 50 19 6

2 121 16 31 41 12

3 388 5 19 45 30

4 692 3 9 39 48

5 609 2 5 33 61

6 167 1 2 26 72

Mittel - 4 11 37 48

(n) (1993) (79) (216) (741) (957)

→ Tabelle 4: Kalium-Gehalte [in g K/kg Trockenmasse (TM)] im Jahresverlauf und im nach Ertragsanteil der Aufwüchse gewichteten Jahresmittel bei

unterschiedlicher Nutzungsintensität des Grünlands (Mittel 2009 – 2014; ± Standardabweichung 1))

Nutzungsintensität (Schnitte a-1)

Aufwuchs 1 2 3 4 5 6

1. 18,3 ± 5,0 20,7 ± 6,0 26,2 ± 7,8 30,7 ± 7,4 33,3 ± 9,1 34,4 ± 8,3

2. 23,5 ± 8,8 25,7 ± 7,9 27,7 ± 7,1 31,8 ± 7,6 38,2 ± 9,8

3. 27,9 ± 10,1 28,5 ± 8,3 30,2 ± 8,3 31,5 ± 7,1

4. 31,2 ± 8,9 32,8 ± 8,8 35,0 ± 8,8

5. 34,5 ± 9,1 34,5 ± 9,9

6. 39,7 ± 10,7

Δ A. 1-6 – 2,8 2,2 3,5 4,3 8,2

Ø 18,3 ± 5,0 f

21,1 ± 6,7 e

26,0 ± 6,8 d

29,0 ± 6,4 c

32,3 ± 6,1 b

34,9 ± 6,7 a

n 2) 18 62 131 176 122 28

1) Unterschiedliche Buchstaben unter der Standardabweichung bedeuten signifikante Unterschiede zwischen den Mittelwerten der Nutzungsintensitätsstufen (SNK-Test bei α =0,05). Im Bereich Mittelwert ± s liegen 68 Prozent der Werte.2) Anzahl (n) bedeutet die Anzahl der vollständigen Schnittproben, so lagen z. B. bei Vierschnittwiesen 176 vollständige Ertragserfassungen im sechsjährigen Untersuchungszeitraum (2009 – 2014) vor.

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zu sichern, sollten Grünlandaufwüchse Gehalte von min-destens 2,5 g Mg/kg TM aufweisen (Schuster, LfL, pers. Mit-teilung). AMBERGER (1996) nennt mindestens 2 mg Mg/kg im Futter als notwendig, VOIGTLÄNDER und JACOB (1987) geben an, dass im Grünland Gehalte von 2,0-2,5 g Mg/kg TM in der Rinderfütterung vorteilhaft sind, um Weidetetanie vorzubeugen, da bei hohen Protein- und Kaliumgehalten Magnesium im jungem Futter vom Tier schlechter verwertet wird als in älteren Aufwüchsen.

Aus Tabelle 5 geht hervor, dass ab zwei Nutzungen pro Jahr die Magnesiumwerte bei rund 80-90 Prozent der Pro-ben über 2,0 g Mg/kg TM liegen, dabei werden meistens so-gar Werte über 2,5 g Mg/kg TM erreicht. Damit sind die Mag-nesiumgehalte in den Grünschnitten nach oben genannten Kriterien überwiegend als optimal-hoch einzustufen.

Damit lässt sich feststellen, dass beim Kalium und beim Magnesium sowohl im Boden als auch in den Pflanzen meist hohe Gehalte gemessen wurden. Dagegen stehen beim Phosphor die hier gemessenen weitestgehend optimalen bis hohen P-Gehalte in den Aufwüchsen (DIEPOLDER und

RASCHBACHER, 2016) in einem gewissen Gegensatz zu den Ergebnissen der Bodenanalyse (Tabelle 1).

Im Gegensatz zu den Kaliumgehalten (siehe oben) sowie zu den Stickstoff- bzw. Rohprotein-, Phosphor- und Schwe-felgehalten (siehe SUB 9-10/2016, 11-12/2016 und 2-3/2017) hatte offensichtlich beim Magnesium die Nutzungsintensi-tät keinen so deutlich gerichteten Einfluss auf die Verteilung der Gehaltsklassen (Tabelle 5) und auch auch keinen Einfluss auf die durchschnittlichen Jahresmittelwerte (Tabelle 6). Eine gewisse Ausnahme bilden einschnittige Wiesen, wobei hier allerdings nur wenige Proben vorlagen. Im Jahresverlauf liegen die Magnesiumgehalte in der zweiten Vegetations-hälfte deutlich höher als bei den Aufwüchsen im Frühjahr bzw. Frühsommer (Tabelle 6).

Nach AMBERGER (1996) ist die Aufnahme von Mag-nesium-Ionen durch die Pflanze und der Magnesium-Ge-halt in der Pflanze geringer als der von Kalium, und es wird die Aufnahme von Magnesium weit mehr als bei an-deren Ionen durch Antagonismus mit ein- und zweiwer-tigen Kationen beeinträchtigt, was in der Praxis öfters zu

→ Tabelle 5: Eingruppierung der Magnesium-Gehalte (alle Aufwüchse) nach Nutzungsintensität

Nutzungs- intensität

(Schnitte a-1)

Proben (n) Anteil in Prozent (gerundet) der Proben je Intensitätsstufe

Magnesium-Gehalt (g Mg/kg TM)

≤ 2,0Mangel

> 2,0 – ≤ 2,5mittel-optimal

> 2,5optimal-hoch

1 18 50 17 33

2 122 17 21 61

3 390 20 25 56

4 694 15 21 64

5 609 14 26 60

6 166 10 26 64

Mittel – 15 24 61

(n) (1999) (308) (474) (1217)

→ Tabelle 6: Magnesium-Gehalte [in g Mg/kg Trockenmasse (TM)] im Jahresverlauf und im nach Ertragsanteil der Aufwüchse gewichteten Jahresmittel

bei unterschiedlicher Nutzungsintensität des Grünlands (Mittel 2009 – 2014; ± Standardabweichung)

Nutzungsintensität (Schnitte a-1)

Aufwuchs 1 2 3 4 5 6

1. 2,79 ± 1,45 2,50 ± 0,76 2,20 ± 0,52 2,33 ± 0,66 2,23 ± 0,67 2,19 ± 0,55

2. 3,43 ± 0,98 2,78 ± 0,73 2,83 ± 0,79 2,65 ± 0,72 2,88 ± 0,74

3. 3,27 ± 1,04 3,35 ± 1,06 3,07 ± 0,76 2,82 ± 0,73

4. 3,41 ± 1,06 3,23 ± 0,82 3,30 ± 0,88

5. 3,33 ± 1,05 3,35 ± 0,86

6. 3,15 ± 0,76

Δ A. 1-6 - 0,93 1,07 1,08 1,10 1,16

Ø 2,79 ± 1,45 a

2,78 ± 0,79 a

2,61 ± 0,61 a

2,83 ± 0,68 a

2,80 ± 0,56 a

2,82 ± 0,45 a

n 16 62 131 176 122 28

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Mangelerscheinungen führen kann. Interessant ist bei dem vorliegenden Datenmaterial jedoch, dass in den Proben trotz einer offensichtlich sehr hohen Kaliumversorgung kaum Magnesiummangel festzustellen war bzw. keine nega-tive Korrelation zwischen beiden Nährstoffen auftrat (HEINZ ET AL., 2016).

Hinsichtlich einer Differenzierung nach Grünlandregio-nen zeigte sich nur im Vierschnittbereich ein etwas höherer Magnesiumgehalt der östlichen Mittelgebirge und – abge-schwächt – des Voralpenraums gegenüber den südlichen Hügelländern und den sommertrockenen Lagen. Dagegen konnte in den Untersuchungen – im Gegensatz zum Kalium

– bei keiner Intensitätsstufe eine signifikante Differenzie-rung zwischen unterschiedlichen Wiesentypen abgeleitet werden.

NatriumAus der Literatur ist bekannt, dass Natrium zwar für Säuge-tiere lebensnotwendig ist, jedoch seine Wirksamkeit bzw. Notwendigkeit als Mikroelement bzw. förderliches Element für den Pflanzenertrag nur für wenige Familien und Gattun-gen (z. B. bestimmte Halophyten, C4-Pflanzen, sukkulente CAM-Pflanzen) nachgewiesen worden ist, bzw. für C3-Pflan-zen Natrium als nicht essentiell gilt (AMBERGER, 1996;

→ Tabelle 7: Eingruppierung der Natrium-Gehalte (alle Aufwüchse) nach Nutzungsintensität

Nutzungs- intensität

(Schnitte a-1)Proben (n)

Anteil in Prozent (gerundet) der Proben je Intensitätsstufe

Natrium-Gehalt (g Na/kg TM)

≤ 0,5 > 0,5 – 1,0 > 1,0 – 1,5 > 1,5

Sehr niedrig bis niedrig (Aspekt Tier) Ziel Futter

1 13 92 8 0 0

2 96 74 16 8 2

3 299 56 20 10 14

4 541 49 21 8 22

5 480 59 18 7 17

6 113 43 27 6 23

Mittel – 55 20 8 18

(n) (1542) (844) (305) (122) (271)

→ Tabelle 8: Natrium-Gehalte [in g Na/kg Trockenmasse (TM)] im Jahresverlauf und im nach Ertragsanteil der Aufwüchse gewichteten Jahresmittel bei

unterschiedlicher Nutzungsintensität des Grünlands

Bei Aufwüchsen Median 2009 – 2014 und ( ) 50 Prozent-Quantile; beim gewichteten Jahresmittel 2009 – 2014 Median und arithmetisches Mittel;

zur weiteren Erläuterung siehe Fließtext

Nutzungsintensität (Schnitte a-1)

Aufwuchs 1 2 3 4 5 6

1. 0,35(0,18 – 0,39)

0,28(0,14 – 0,54)

0,32(0,14 – 0,73)

0,41(0,20 – 0,78)

0,26(0,14 – 0,51)

0,43(0,17 – 0,77)

2. 0,29(0,13 – 0,47)

0,39(0,15 – 0,85)

0,49(0,19 – 1,19)

0,35(0,15 – 0,76)

0,65 (0,24 – 1,28)

3. 0,61(0,25 – 1,39)

0,57(0,27 – 1,58)

0,35(0,15 – 0,86)

0,45(0,25 – 0,93)

4. 0,72(0,37 – 1,78)

0,58(0,23 – 1,02)

0,59(0,11 – 1,64)

5. 0,58(0,26 – 1,45)

0,91(0,40 – 2,31)

6. 0,62(0,26 – 1,74)

Δ A. 1-6 – 0,01 0,29 0,31 0,32 0,48

Median 0,35 0,32 0,45 0,62 0,44 0,69

Artithm. Mittel 0,32 b 0,42 ab 0,69 ab 0,96 a 0,85 a 0,91 a

(n) (13) (48) (100) (135) (96) (19)

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VOIGTLÄNDER und JACOB, 1987). Somit beziehen sich die nachstehend (bzw. in Tabelle 7 und 8) aufgeführten und dis-kutieren „Zielwerte“ ausschließlich auf Fütterungsaspekte, gleiches gilt für das Na/K-Verhältnis (Tabelle 9).

Ebenfalls ist aus der Literatur bekannt, dass prinzipiell der Na-Gehalt im Futter durch Na-haltige Dünger erhöht werden kann (DIEPOLDER und RASCHBACHER, 2013), wo-bei allerdings der Grad der möglichen Anreicherung von der Zusammensetzung des Pflanzenbestandes – förderlich sind in erster Linie weidelgrasreiche Bestände – und dem Katio-nenverhältnis in der Bodenlösung abhängen (VOIGTLÄN­DER und JACOB 1987). Hohe Kalzium- und Kaliumgehalte des Bodens erschweren die Natriumaufnahme (VOIGTLÄN­DER und JACOB 1987). Meist ist aufgrund (sehr) geringer Na-Gehalte im Grünlandfutter eine Ergänzung mit Viehsalz (NaCl) notwendig, dabei kann jedoch die Salzmenge nicht unbegrenzt erhöht werden. Deshalb ist im hohen Leistungs-bereich in der Milchviehhaltung Natrium in Grasprodukten durchaus erwünscht (LfL, Schuster, pers. Mitteilung).

In Tabelle 7 wurden als „Ziel Futter“ Gehalte über 1,5 g Na/kg TM gewählt. Dies deshalb, weil die Gesamtration für Milchkühe ca. 1,5 g Na/kg TM (LfL 2015, Gruber Futterwert-tabelle) und nach weiteren Literaturangaben (AMBERGER, 1996; VOIGTLÄNDER und JACOB, 1987) das wirtschafts-eigene Futter „Mindestwerte“ in einer Größenordnung ab rund 1,5-2,2 g Na/kg TM enthalten sollte.

Aus Tabelle 7 geht hervor, dass der aus Sicht der Tierer-nährung wünschenswerte Mindestgehalt von über 1,5 g Na/kg TM in den meisten Fällen nicht erreicht wird; nur 18 Pro-zent des gesamten Probenmaterials überschreiten diesen Schwellenwert. Selbst bei Grünlandbeständen mit drei und mehr Schnitten pro Jahr werden nur bei 14 bis 23 Prozent der Proben Gehalte über 1,5 g Na/kg TM erzielt. Bei mehr als der Hälfte aller im Monitoring untersuchten Proben werden Natriumgehalte von 0,5 g Na/kg TM nicht überschritten, da-

gegen weist insgesamt nur rund ein Viertel der Proben Nat-riumkonzentrationen von über 1,0 g Na/kg TM auf.

In Tabelle 8 sind die mittleren Natriumgehalte der Auf-wüchse im Jahresverlauf bei unterschiedlichen Nutzungs-intensitätsstufen des Grünlands angegeben. Hierbei sind im Gegensatz zu den vorgenannten Nährstoffen jedoch nicht die arithmetischen Mittel (Durchschnitt) und die Stan-dardabweichung, sondern der Median und der Bereich, in welchem 50 Prozent der Einzelwerte (50 Prozent-Quantile) lagen, ausgewiesen. Dies deshalb, weil beim Natrium die Einzelwerte in einem weitaus größeren Maß als bei den anderen Mineralstoffen streuten. Zudem streuten die Ein-zelwerte nicht gleichmäßig um den Mittelwert, so dass die arithmetischen Mittelwerte durch stark nach oben abwei-chende Einzelwerte verzerrt werden und meist deutlich hö-her als der hier aussagekräftigere mittlere Wert (Median) lie-gen (vergleiche Tabelle 8, unten).

Im Gegensatz zu den Kalium- und Magnesiumgehal-ten liegen die mittleren Natriumwerte im Grünlandfutter (Tabelle 8) deutlich unter den Orientierungswerten der Milchviehfütterung und bestätigen den für dieses Element bekannten Ergänzungsbedarf über Mineralfutter (Viehsalz).

Im Falle einer drei- bis fünfmaligen Schnittnutzung wei-sen die Spätsommer- und Herbstaufwüchse höhere Natri-umgehalte als die Frühjahrs- bzw. Frühsommeraufwüchse auf. Bei den Erstaufwüchsen liegen bei allen Nutzungsin-tensitäten die Natriumgehalte am niedrigsten.

Deuteten sich beim Kalium- und Magnesiumgehalt zu-mindest teilweise signifikante regionale Einflüsse an, so traf dies beim Natriumgehalt nicht zu. Dagegen zeigte sich ein deutlicher Einfluss des Wiesentyps. So lagen die durch-schnittlichen Natriumgehalte bei weidelgrasreichen Wiesen mit rund 1,3 bis 1,5 g Na/kg TM deutlich höher als bei ande-ren Wiesentypen, wo Durchschnittsgehalte von nur rund 0,4 bis 0,75 g Na/kg TM erzielt wurden.

→ Tabelle 9: Eingruppierung der Kalium:Natrium-Verhältnisse (alle Aufwüchse) nach Nutzungsintensität

Nutzungs- intensität

(Schnitte a-1)Proben (n)

Anteil in Prozent (gerundet) der Proben je Intensitätsstufe

K:Na-Verhältnis

≤ 10:1 10:1 – ≤ 25:1 > 25:1 – ≤ 50:1 > 50:1

Für Tierernährung:optimal-akzeptabel

Für Tierernährung:Unerwünscht weit

1 12 0 0 42 58

2 96 2 11 24 63

3 296 8 18 16 58

4 539 12 16 18 55

5 480 8 12 15 65

6 113 7 17 19 58

Mittel – 9 15 17 59

(n) (1 536) (136) (227) (265) (908)

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Das Verhältnis von Natrium zu KaliumUm bei begrenztem Aufnahmevermögen an Grobfutter und wegen des K:Na-Antagonismus bei der Resorption eine aus-reichende Na-Aufnahme hochleistender Tiere zu sichern, wäre aus tierphysiologischen Aspekten ein K:Na-Verhältnis im Grünlandfutter von 10:1 optimal. Dies wird in der Praxis aber kaum erreicht (Schuster, LfL, pers. Mitteilung), was auch die Monitoringdaten belegen (Tabelle 9).

Hingegen gilt ein Verhältnis von deutlich über 25:1 als unerwünscht, wird aber in Praxisbetrieben oft bei weitem überschritten (Schuster und Rühlicke, pers. Mitteilung). So zeigt Tabelle 9, dass K:Na-Verhältnisse bis 25:1 bei weni-ger als 25 Prozent des gesamten Probenmaterials gemes-sen wurden. Besonders auffällig ist jedoch, dass bei allen Nutzungsintensitäten das K:Na-Verhältnis im getrockneten Grüngut bei weit über der Hälfte der Futterproben Werte von 50:1 überschreitet.

Zwischen den in den Proben gefundenen Natrium- und Kaliumgehalten bestand zwar kaum beim Erstaufwuchs, jedoch bei den Folgenschnitten eine negative Korrelation. Diese war zwar nicht sehr eng (r = ca. –0,3 bis –0,65), weist aber prinzipiell auf eine aus der Literatur bekannte Ionen-konkurrenz hin.

Insgesamt lassen die Werte in Tabelle 9 in Zusammen-hang mit den Kaliumgehalten (siehe hier Tabelle 3 und 4) den Schluss zu, dass sich gerade aus tierphysiologischen Aspek-ten deutliche Anhaltspunkte für eine weitere Optimierung der Kaliumdüngung im (bayerischen) Grünland ergeben.

Weitere Anmerkungen und AusblickAbschließend sei noch angemerkt, dass Mittelwerte zwar wertvolle Hinweise zur Ableitung von Faustzahlen bzw. von Trends liefern können. Jedoch sind Erträge und Inhaltsstoffe im Einzelfall auch starken Streuungen unterworfen, dies auch bei identischer Nutzungsintensität. (siehe Tabellen 4, 6, 8). Übertragen auf die Praxis bedeutet dies, dass für eine exakte Berechnung von Futterrationen – gerade bei leis-tungsorientierter Milchviehfütterung – regelmäßige Nähr-stoffanalysen im Betrieb unverzichtbar bleiben. Gleiches gilt übrigens auch für die Ertragsfeststellung, wobei hier dem Einzelbetrieb erst teilweise praktikable Möglichkeiten zur Verfügung stehen – gerade hier besteht Entwicklungsbe-darf, auch in Hinblick auf die fachrechtlich korrekte Kalkula-tion des Düngebedarfs im Grünland.

LiteraturAMBERGER, A. (1996): Pflanzenernährung, 4. Auflage, Verlag

Eugen Ulmer, Stuttgart.DIEPOLDER, M., RASCHBACHER, S. (2013): Wirkung von er-

gänzender Mineraldüngung im Grünland – Versuchs-

ergebnisse auf zwei bayerischen Grünlandstandor-ten. „Schule und Beratung“, 6-7/2013. 56-61.

DIEPOLDER, M., RASCHBACHER, S. (2016): Phosphorgehalte von Grünlandaufwüchsen auf bayerischen Praxisflä-chen. „Schule und Beratung“, 11-12/2016. 34-38.

GREINER, B., SCHUPPENIES, R., HERTWIG, F., HOCHBERG, H., RIEHL, G. (2010): Ergebnisse aus zwölfjährigen Phos-phor- und Kaliumdüngungsversuchen auf Grünland. VDLUFA-Schriftenreihe Bd. 66, Kongressband 2010 Kiel, VDLUFA-Verlag, Darmstadt, 157-158.

HEINZ S., RASCHBACHER S., DIEPOLDER, M., KUHN G. (2016): Erweitertes Ertrags- und Nährstoffmonito-ring bayerischer Grünlandflächen. Abschlussbericht an das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, März 2016 (unveröffent-licht), 1-107. Bayer. Landesanstalt für Landwirtschaft. Bisherige Veröffentlichungen aus dem abgeschlosse-nen Projekt als eigenständige Teilbeiträge in „Schule und Beratung“ 9-10/2016, 11-12/2016, 2-3/2017.

LFL, BAYERISCHE LANDESANSTALT FÜR LANDWIRTSCHAFT (2015): Gruber Tabelle zur Fütterung der Milchkühe, Schafe, Ziegen. 38. Auflage 2015. LfL-Information, Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Frei-sing-Weihenstephan.

LFL, BAYERISCHE LANDESANSTALT FÜR LANDWIRTSCHAFT (2016): Bodenuntersuchung ph-Wert, Phosphat, Kali, Magnesium 2010-2015, Bayern-Übersicht unterglie-dert nach Regierungsbezirken – Grünland. – http://www.lfl.bayern.de/iab/duengung/032397/index.php. Zuletzt aufgerufen 10. Februar 2017.

RIEDER, J.B. (1983): Dauergrünland. BLV-Verlagsgesellschaft München, 191 Seiten.

RIEDER, J.B. (1985): Der Einfluss steigender Düngung und steigender Nutzungshäufigkeit auf Ertrag und Qua-lität unterschiedlicher Grünlandbestände in Bayern – Bericht über das Versuchsvorhaben. In: Pflanzen-bauversuche in Bayern. Bayerische Landesanstalt für Bodenkultur und Pflanzenbau (Hsg.), Freising, 67 Sei-ten.

VOIGTLÄNDER, G., JAKOB, H. (1987): Grünlandwirtschaft und Futterbau. Ulmer Verlag Stuttgart.

DR. MICHAEL DIEPOLDERSVEN RASCHBACHERBAYerISCHe LANDeSANSTALT FÜr LANDWIrTSCHAFTINSTITUT FÜr ÖKOLOgISCHeN LANDBAU, BODeNKULTUr UND [email protected]@lfl.bayern.de

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An der Wiege der Gräserzüchtung Landwirtschaftsminister Helmut Brunner besucht die Saatzucht Steinach

von JOSEF GROSS: Die Saatzucht Steinach ist ein mittelständisches Unternehmen mit einer fast hundertjährigen Tradition in der Züchtung von Futterpflanzen. Heute präsentiert sich der niederbayerische Betrieb als innovatives Unternehmen von internationalem Rang, das auch mit der regionalen Landwirtschaft eng vernetzt ist. Bei einem Betriebsbesuch infor-mierten Firmenchef Norman Kronseder und seine Führungskräfte Landwirtschaftsminister Helmut Brunner über die drei Unternehmensschwerpunkte Pflanzenzüchtung, Saatguterzeu-gung und Landwirtschaft. Auch strittige Vorgaben des Gesetzgebers und aktuelle Probleme der Saatgutvermehrer wurden offen angesprochen.

Die Züchtung von Futterpflanzen und Rasengräsern ist eine Sache von Spezialisten. Nur noch zwei Unternehmen in Deutschland befassen sich damit, das älteste davon ist die Saatzucht Steinach im Landkreis Straubing-Bogen. Seit der Firmengründung im Jahre 1920 steht Steinach als Syn-onym für Grünland und Gräserzucht. Bei seiner Begrüßung gestand Minister Brunner mit einem Augenzwinkern dem anwesenden Bürgermeister: „Mir geht es wie den meisten: Wer an Steinach denkt, denkt nur an Grünland und Züch-tung“.

Minister Brunner benannte drei wichtige Aufgabenberei-che der Züchtung: Die Wünsche der Verbraucher bzw. der Gesellschaft zu berücksichtigen, z. B. nach einer Züchtung ohne Gentechnik, Antworten auf den Klimawandel zu fin-den und der landwirtschaftlichen Praxis mit neuen Sorten einen Produktionsfortschritt zu gewährleisten.

Norman Kronseder, der 1988 den Betrieb übernommen hat, gab einen Überblick über die drei Standorte Steinach (Niederbayern), Bocksee und Ballin (beide Mecklenburg-Vor-pommern), an denen zusammen 4 800 Hektar Ackerland bewirtschaftet werden. Etwas provokativ bezeichnete er die Saatzucht als „typisch bayerischen Familienbetrieb“, da er

eigentümergeführt sei und bei 100 festangestellten Mitar-beitern mit einer Flächenausstattung von 48 Hektar je Mitar-beiter ungefähr dem bayerischen Durchschnitt entspreche.

Erfolge in der AckerbohnenzüchtungBeim Betriebsrundgang waren das Gewächshaus und der Zuchtgarten die ersten Stationen. Zum Thema Züchtung konnte Geschäftsführer Dr. Thomas Eckardt mit interessan-ten Zahlen und Fakten aufwarten: Insgesamt 27 Arten, so Dr. Eckardt, würden an den zwei Standorten Steinach und Bocksee züchterisch bearbeitet. Jährlich würden ca. 40 000 Parzellen auf etwa 76 Hektar Zuchtgartenfläche (davon 20 Hektar in Steinach) angelegt, bonitiert, geprüft und geern-tet. Zum Einsatz kämen sowohl konventionelle Techniken, wie die Einzelpflanzenselektion, als auch modernste bio-technische Verfahren, wie z. B. die Suche von geeigneten Kreuzungspartnern mittels molekularer Marker. Zuchtleiter Christof Böhm stellte die neue Ackerbohnensorte „Bianca“ vor, die kurz vor der Zulassung steht und sich als tannin-arme Sorte (Tannin ist ein Bitterstoff) vor allem zur Verfütte-rung an Legehennen und Schweine eignet. Er bezeichnete sie als „Kind der Eiweißstrategie“, da sie im Rahmen eines

grÜNLAND

→ Bild 1: Firmenchef Norman Kronseder (vorne links) begrüßt Staatsmi-

nister Helmut Brunner (alle Fotos: Tobias Hase, StMELF).

→ Bild 2: Minister Brunner erhält als Gastgeschenk die Ackerbohnen-

Neu züchtung Bianca (von links: Christof Böhm, Staatsminister Helmut

Brunner, Milka Malenica).

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Forschungsprojektes der Landesanstalt für Landwirtschaft – finanziert mit Mitteln der bayerischen Eiweißstrategie – entstanden sei.

Minister Brunner zeigte sich beeindruckt von der dyna-mischen Entwicklung und der Innovationskraft des Unter-nehmens. Anerkennend stellte er fest, dass die Saatzucht Steinach mit ihrer Gräser- und Leguminosenzüchtung we-sentlich dazu beitrage, die Eiweißversorgung aus heimischer Produktion zu steigern.

Saatgutvermehrung auf 4 500 HektarAn der zweiten Station ging es um die Saatgutvermehrung. Etwa 60 baye-rische Landwirte, überwiegend aus der Region, stünden bei der Saatzucht Steinach unter Vertrag und erzeugten Gräser-, Leguminosen- und Zwischen-fruchtsaatgut. Produktionsleiter Wolf-gang Knon hatte direkt vor einer der beiden riesigen Saatgutreinigungsan-lagen eine Auswahl von Saatgutpro-ben von Steinacher Sorten aufgebaut. Die Saatzucht Steinach, so Wolfgang Knon, verfüge über rund 110 vertriebs-fähige Sorten für das In- und Ausland. In den eigenen Betrieben werde auf insgesamt 4 500 Hektar Vermehrungs-fläche Vorstufen- und Basissaatgut er-zeugt. Aber auch für die Landwirte vor Ort biete die Saatgutvermehrung in-teressante Einkommenschancen. Mit Deckungsbeiträgen auf Weizenniveau sei die Grassamenvermehrung durch-aus eine lohnende Alternative für viele Betriebe, meinte Knon, zumal nach dem Grassamenanbau erhebliche Hu-musmengen im Boden verblieben und

auch der Stickstoffaufwand je Hektar relativ gering sei.

Auf dem Acker dominieren Getreide und GrassamenAn der letzten Station des Rundgangs stand der landwirt-schaftliche Betrieb im Fokus. Im Schatten eines modernen Güllewagens mit Schleppschuhverteiler („funktioniert auch auf Grünland gut, aber nicht am Hang“) stellte Verwalter Thilo Gültlinger die Feldwirtschaft des Betriebes vor. Domi-nierende Fruchtfolgeglieder sind Getreide und Grassamen-vermehrungen (80 Hektar). Er nutzte die Gelegenheit, um Minister Brunner eindringlich auf einige Probleme hinzuwei-sen, die die Praktiker mit gesetzlichen Regelungen hätten. Als besonders gravierenden Mangel der neuen Düngever-ordnung sah er an, dass die im Grassamenvermehrungsan-bau übliche und notwendige Stickstoffdüngung im Herbst nicht mehr erlaubt ist. Auch ein drohendes Verbot des Her-bizidwirkstoffs „Glyphosat“ sah er sehr kritisch, da es die aus Erosionsschutzgründen notwendige Direktsaat weitgehend unmöglich mache.

JOSEF GROSSAMT FÜr erNÄHrUNg, LANDWIrTSCHAFT UND FOrSTeN [email protected]

→ Bild 3: Christof Böhm erklärt die Einzelpflanzenselektion im Weidel-

gras-Zuchtgarten.

→ Betriebsspiegel (http://www.saatzucht-steinach.de/bspiegel.html, abgerufen am 8. Juni 2017)

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Die Liquiditätslage bayerischer Haupterwerbsbetriebe

von DR. EVA­MARIA SCHMIDTLEIN: Im Wirtschaftsjahr 2015/2016 waren die wirtschaft-lichen Ergebnisse in den meisten landwirtschaftlichen Betrieben nicht zufriedenstellend. Die Gewinne der Haupterwerbsbetriebe gingen um durchschnittlich sieben Prozent zurück, weil sich die Umsatzerlöse insbesondere beim Verkauf von pflanzlichen Produkten, Milch und Schweinen verringerten. Aber auch niedrigere EU-Direktzahlungen und geringere Investi-tionszuschüsse trugen zu einer Verschlechterung der Liquiditätslage in den Betrieben bei. Viele Betriebe hatten bereits im Vorjahr spürbare Gewinneinbußen, und die Liquiditätslage blieb im Wirtschaftsjahr 2015/2016 erkennbar angespannt.

Eine wichtige Prämisse für eine erfolgreiche und auf Dauer ausgerichtete Betriebsführung ist eine ausreichende Liqui-dität im Unternehmen. In jedem Betrieb erfordert die Finan-zierung von Betriebsmitteln und Investitionen eine ausrei-chende Menge an Finanzmitteln. Sie wird maßgeblich von der jeweiligen Rentabilitätslage im Unternehmen, aber auch von den Entnahmen und Einlagen der Landwirtsfamilie be-stimmt.Am Institut für Betriebswirtschaft und Agrarstruktur der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft werden seit längerem die Veränderungen der Liquiditätslage in den landwirtschaftlichen Betrieben untersucht. Dazu werden die Buchführungsdaten von Betrieben, deren Jahresabschlüsse aus den letzten drei Wirtschaftsjahren vorliegen, regelmäßig ausgewertet. Aus den Daten der Jahresabschlüsse werden betriebswirtschaftliche Kenn-werte ermittelt und daraus arithmetische Mittelwerte für drei Wirtschaftsjahre berechnet. Die ausgewähl-ten Betriebe werden in vier Gruppen unterteilt und de-ren betriebswirtschaftliche Kennwerte zu Gruppen-durchschnittswerten ver-rechnet. Für die Untertei-lung dieser Betriebe in die Gruppen gelten Kriterien, die zur Beschreibung un-terschiedlicher Liquiditäts-lagen in landwirtschaftli-chen Betrieben geeignet sind (siehe Tabelle 1).

Anteil der nicht gefährdeten Betriebe nimmt abAbbildung 1 veranschaulicht über einen Zeitraum von 20 Jahren die prozentuale Verteilung der verrechneten Betriebe auf die vier Liquiditätsstufen. Die aktuelle Auswertung zeigt, dass im vergangenen Jahr der Anteil der Betriebe ohne Ge-fährdung (Liquiditätsstufe 1) um fünf Prozent zurückging. Der Anteil der Betriebsgruppe mit geringer Gefährdung (Li-quiditätsstufe 2) nahm um zwei Prozent ab, während sich der Anteil der Betriebe mit mittlerer Gefährdung (Liquidi-tätsstufe 3) um vier Prozent vergrößerte. Der relative Anteil der Betriebe mit hoher Gefährdung (Liquiditätsstufe 4) er-höhte sich um drei Prozentpunkte auf 21 Prozent.

Liquidität durch nicht landwirtschaftliche EinkünfteDie Betriebe aus der Gruppe ohne Gefährdung (Liquidi-tätsstufe 1) verfügen im Mittel über höhere Einlagen aus

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→ Tabelle 1: Kriterien zur Unterteilung der Betriebe in Gruppen mit unterschiedlicher Gefährdungslage

Liquiditätsstufen1 2 3 4

Merkmale Wertansatz Keine Geringe Mittlere HoheGefähr-

dungGefähr-

dungGefähr-

dungGefähr-

dungDie kurzfristige Kapitaldienst-grenze deckt mindestens

Kapitaldienst individuell 1) ja ja ja zum Teil

Abschreibungen ohne Gebäude

individuell 2) ja ja zum Teil nein

Gebäudeabschreibung individuell 2) ja zum Teil nein nein

Wachstumsinvestitionen individuell 3) ja zum Teil nein nein

Private Altersvorsorge 2 000 € / Jahr ja zum Teil nein nein

1) Der Kapitaldienst umfasst den tatsächlichen Zinsaufwand zuzüglich der geschätzten regelmäßigen Tilgung (6 Prozent der lang- und mittelfristigen Verbindlichkeiten zum Ende des Wirtschaftsjahres, 20 Prozent der kurzfristigen Verbindlichkeiten).

2) Abschreibungen laut Buchführungsabschluss3) Ansatz für Wachstumsinvestitionen: 2,5 Prozent der Herstellungskosten des abnutzbaren Anlagevermögens

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außerlandwirtschaftlichen Erwerbseinkünften (10 872 Euro) als der Durchschnitt aller untersuchten Betriebe (7 086 Euro). Die Betriebe der Liquiditätsstufe  1 hatten im Mittel um 907 Euro höhere laufende Entnahmen. Allerdings fielen die Entnahmen für die Lebenshaltung im Mittel um 3 349 Euro niedriger als im Durchschnitt aller Betriebe aus. Es ist davon auszugehen, dass die Landwirtsfamilien aus dieser Gruppe die Kosten für ihre Lebenshaltung zu höheren Anteilen auch aus den außerlandwirtschaftlichen Einkünften bestreiten.

Keine Gefährdung der Liquidität (Liquiditätsstufe 1)In der aktuellen Auswertung befanden sich rund 17 Pro-zent aller verrechneten Betriebe in der Liquiditätsstufe 1. Die Betriebe aus dieser Gruppe erreichten überdurch-schnittliche naturale Leistungen und Produktpreise (siehe Tabelle 2). Ihre landwirtschaftliche Nutzfläche be-trägt durchschnittlich 60,95 Hektar. Wie der Vergleich der Hektarwerte zeigt, wirtschaften sie auf durchschnitt-lichen Standorten. In ihrer Produktionsausrichtung sind sie hauptsächlich auf die Milch erzeugung ausgerichtet. Die Schweinemäster sind in dieser Betriebsgruppe von geringerer Bedeutung.

Die Betriebe der Liquiditätsstufe 1 erwirtschafteten im Mittel Gewinne von 71 830 Euro. Ihre durchschnittliche Ge-winnrate lag bei 26,8 Prozent. Sie ist damit um knapp neun Prozentpunkte über dem Gesamtdurchschnitt. Der Grup-penvergleich zeigt auch, dass die Betriebe ohne Gefährdung (Liquiditätsstufe 1) eine niedrigere Festkostenbelastung als der Durchschnitt der Betriebe haben.

Die kurzfristige Kapitaldienstgrenze reicht aus, um den Kapitaldienst zu leisten und alle anfallenden Abschreibun-gen abzudecken. Zusätzlich können diese Betriebe im Mittel

29 528 Euro (langfristige Kapitaldienstreserve) für Nettoin-vestitionen, Risikovorsorge und private Altersvorsorge zu-rückgelegen. Die ordentliche Eigenkapitalbildung der Be-triebe in Liquiditätsstufe 1 beträgt im Mittel 40 713 Euro. Sie wurde nicht ausschließlich im landwirtschaftlichen Betrieb erwirtschaftet, wie die vergleichsweise hohen laufenden Einlagen (ca. 30 871 Euro) zeigen. Die gute Liquiditätslage haben diese Unternehmen nicht nur durch die erfolgreiche Führung ihres landwirtschaftlichen Betriebes, sondern auch mit Hilfe ihrer außerlandwirtschaftlichen Einkünfte erreicht.

Leichte Gefährdung der Liquidität Rund 34 Prozent aller untersuchten Betriebe gehörten der Liquiditätsstufe 2 an. Im Mittel erzielten diese Betriebe Ge-winne von 53 783 Euro jährlich. Die kurzfristige Kapital-dienstgrenze (ordentliche Eigenkapitalbildung zuzüglich gezahlte Zinsen und Abschreibungen) reichte nicht aus, um die Gebäudeabschreibungen, Nettoinvestitionen, Risi-koabsicherung und Altersvorsorge vollständig abzudecken. Die ordentliche Eigenkapitalbildung war mit 11 504 Euro im Gruppenmittel durchaus zufriedenstellend. Die laufenden Entnahmen übertrafen die laufenden Einlagen um durch-schnittlich 42 279 Euro je Unternehmen.

Als mittelfristige Kapitaldienstreserve stehen den Be-trieben aus dieser Gruppe im Durchschnitt 3 726 Euro zur Verfügung. Dieser Betrag reicht für die Abdeckung der Ge-bäudeabschreibung aus. Die Liquiditätslage ist in diesen Be-trieben derzeit noch gut, jedoch stehen für größere Nettoin-vestitionen nur noch in begrenztem Umfang Eigenmittel zur Verfügung. Bei bedeutenden Investitionen ist daher deren Finanzierbarkeit genau zu prüfen, ebenso die Frage nach der Tragbarkeit des zusätzlichen Kapitaldienstes.

→ Abbildung 1: Entwicklung der Liquiditätslage in bayerischen Haupterwerbsbetrieben (jeweils dreijähriger Durchschnitt identischer Betriebe)

Abb. 1: Entwicklung der Liquiditätslage in bayerischen Haupterwerbsbetrieben (identischen Betriebe, jeweils gleitende Durchschnittswerte aus drei Wirtschaftsjahren)

0 %

10 %

20 %

30 %

40 %

50 %

60 %

70 %

80 %

90 %

100 %

93/94 -96/97

94/95 -97/98

96/97 -98/99

97/98 -99/00

98/99 -00/01

99/00 -01/02

00/01 -02/03

01/02 -03/04

02/03 -04/05

03/04 -05/06 *)

04/05 -06/07

05/06 -07/08

06/07 -08/09

07/08 -09/10

08/09 -10/11 *)

09/10 -11/12

10/11 -12/13

11/12 -13/14

12/13 -14/15

13/14 -15/16

*) Einführung von neuen Abgrenzungskriterien (Betriebe mit Standardoutput ab 25 000 €)

Liquiditätsstufe 1Keine Gefährdung

Liquiditätsstufe 2Geringe Gefährdung

Liquiditätsstufe 3Mittlere Gefährdung

Liquiditätsstufe 4Hohe Gefährdung

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→ Tabelle 2: Kennwerte identischer bayerischer Haupterwerbsbetriebe – dreijähriger Durchschnitt der Wirtschaftsjahre 2013/2014 bis 2015/2016

Einheit

Alle Betriebe

Liquiditätsstufen1 2 3 4

Merkmal Nicht Leicht Ge- Existenz gefährdet gefährdet fährdet gefährdet

Zahl der Betriebe 3 692 627 1269 1006 790Anteil relativ 100 % 17 % 34 % 27 % 21 %Landw. genutzte Fläche ha 60,95 60,95 61,60 67,48 51,62Ackerfläche ha 41,87 40,54 40,07 47,90 38,13Hektarwert €/ha 594 594 574 594 625Familien-AK nicht entlohnt 1,53 1,59 1,57 1,56 1,39Verkaufte Milch kg 207 139 216 175 240 067 225 435 123 775Verkaufte Mastbullen St. 9 9 8 9 9Zuchtsauen St. 9 8 8 9 10Verkaufte Mastschweine St. 226 163 223 258 239Ordentlicher Unternehmensertrag € 255 694 267 656 265 647 273 438 207 605Ordentlicher Unternehmensaufwand € 209 857 195 826 211 865 235 088 185 640Ordentliches Ergebnis € 45 837 71 830 53 783 38 350 21 966Gewinnrate % 17,84 26,78 20,17 13,90 10,47Ordentliches Betriebseinkommen € 64 412 88 581 71 659 59 604 39 696Laufende Entnahmen1) € 61 087 61 988 60 111 64 183 57 999Laufende Einlagen1) € 18 862 30 871 17 833 16 279 14 273Ordentliche Eigenkapitalbildung2) € 3 612 40 713 11 504 –9 553 –21 760Saldo aus Entnahmen zur Bildung von Privatvermögen und Einlagen

€ –2 137 12 352 494 –7 379 –11 188

Fremdkapitalanteil % 23 14 20 27 29Abschreibungsgrad technische Anlagen % 74 75 74 71 77Abschreibungsgrad Gebäude, baul. Anlagen % 61 64 61 58 64Fremdkapitaldeckung % 182 354 231 159 108Fremdkapital € 146 487 76 118 119 296 189 985 190 623 davon langfristig € 75 374 37 869 61 520 104 925 89 765 davon mittelfristig € 16 345 5 039 10 319 21 023 29 041 davon kurzfristig € 54 768 33 210 47 457 64 037 71 817Fremdkapital pro ha Eigentumsfläche € 4 566 2 357 3 678 5 696 6 415Kurzfristige Kapitaldienstgrenze € 39 798 70 509 49 089 34 803 6 848Mittelfristige Kapitaldienstgrenze € 16 630 49 774 24 847 5 881 –9 198Langfristige Kapitaldienstgrenze € 8 609 43 421 15 677 –3 058 –15 528Kapitaldienst € 23 587 13 894 21 121 29 255 28 024 davon Tilgung3) € 19 721 12 340 18 227 24 126 22 371Kurzfristige Kapitaldienstreserve4) € 16 211 56 616 27 968 5 549 –21 175Mittelfristige Kapitaldienstreserve € –6 957 35 880 3 726 –23 374 –37 222Langfristige Kapitaldienstreserve € –14 978 29 528 –5 444 –32 313 –43 552Ausgewählte Leistungs- und KostenparameterWinterweizenertrag dt/ha 77 76 77 78 78Zuckerrübenertrag dt/ha 758 776 751 762 747Rapsertrag dt/ha 40 40 41 41 40Milchleistung/Kuh kg 7 212 7 265 7 237 7 290 6 889Kälber/Kuh St. 1,11 1,11 1,11 1,11 1,08Ferkel/Sau St. 22,7 24,2 22,8 22,6 21,8Erlös/Mastschwein Euro 142 143 144 140 140Arbeitshilfsmittel €/ha 795 718 807 851 749Festkosten ohne Löhne und Wohnhaus €/ha 1 041 989 1 074 1 046 1 017

1) ohne Entnahmen zur Bildung von bzw. Einlagen aus dem Privatvermögen2) Ordentliches Ergebnis + laufende Einlagen - laufende Entnahmen3) tatsächlich geleistete Tilgung4) auch Cash flow III genannt; ordentliche Eigenkapitalbildung + Abschreibungen - tatsächlich geleistete Tilgung

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Mittlere Gefährdung der Liquidität Zu der Gruppe von Betrieben mit mittlerer Gefährdung (Liquiditätsstufe 3) gehörten 27  Prozent aller untersuch-ten Betriebe. Diese Betriebe wirtschaften im Mittel bei ei-ner leicht überdurchschnittlichen Flächenausstattung auf durchschnittlichen Standorten. Im Mittel erzielten sie einen Gewinn von 38 350 Euro; ihre Gewinnrate beträgt durch-schnittlich 13,9 Prozent.

Die Betriebe aus dieser Gruppe haben im Mittel eine ne-gative Eigenkapitalbildung (–9 553 Euro). Für auslaufende Betriebe kann dies so hingenommen werden, weil sie die Ersatzinvestitionen nur noch teilweise durchführen müssen. Größere Investitionen mit hohem Fremdkapitalbedarf sind kaum noch finanzierbar. Die Betriebe in Liquiditätsstufe 3 können ihre Kapitaldienste erbringen, denn bei der kurzfris-tigen Kapitaldienstgrenze reicht der Betrag dafür im Augen-blick aus. Die erforderlichen Maschineninvestitionen konn-ten durch Abschreibungen nur noch teilweise (5 549 Euro) gedeckt werden.

Hohe Gefährdung der Liquidität In der aktuellen Auswertung waren 21 Prozent der unter-suchten Betriebe in Liquiditätsstufe 4. Die Betriebe in dieser Gruppe sind im Mittel um 9,3 Hektar kleiner als der Durch-schnitt aller Betriebe, und sie beschäftigen weniger fami-lieneigene Arbeitskräfte. Im Durchschnitt verfügten diese Betriebe auch um 2 095 Euro niedrigere außerlandwirt-schaftliche Erwerbseinkünfte.

Die Betriebe aus dieser Gruppe erwirtschafteten im Mit-tel einen Gewinn von 21 966 Euro je Wirtschaftsjahr. Die or-dentliche Eigenkapitalbildung war deutlich negativ (-21 760 Euro). Ein Zeichen für die hohe Gefährdung dieser Betriebe ist die ausgeprägt negative Kapitaldienstreserve. Die Land-wirtsfamilien können den Kapitaldienst aus der laufenden Bewirtschaftung alleine nicht aufbringen. Die zusätzlich er-forderlichen Finanzmittel beschaffen sie durch verschiedene Maßnahmen, wie etwa Anlagenverkäufe, Umfinanzierung und Neuverschuldung, Einlagen aus Privatvermögen und anderweitigen Einkünften. Die laufenden Einlagen betrugen im Mittel 14 273 Euro.

Ursächlich für die hohe Gefährdung der Betriebe aus dieser Gruppe sind eine unzureichende Produktionstechnik (Gewinnrate 10,5 Prozent), aber auch die schlechtere Struk-tur und Ausstattung der Betriebe. Dies zeigen die geringere Faktorausstattung (Nutzfläche, Arbeitskräfte) und die ver-gleichsweise hohen Abschreibungsgrade. Letztere sind im-mer auch Hinweise auf eine seit längerem bestehende Fi-nanznot in den Betrieben.

In dieser Gruppe befinden sich auch Landwirte, die sich für einen teilweisen oder vollständigen, über mehrere Jahre hinweg andauernden Ausstieg aus der Landwirtschaft ent-schieden haben. Ihren landwirtschaftlichen Betrieb wollen sie für eine befristete Zeit zwar noch fortführen, setzen aber

gegenwärtig auf andere, nicht in der landwirtschaftlichen Buchführung erfasste Erwerbsmöglichkeiten. Dafür nehmen sie auch eine höhere Verschuldung ihres landwirtschaftli-chen Betriebes in Kauf.

Zunehmende Differenzierung der Betriebe Die aktuelle Auswertung zeigt, dass sich beim Kapitalein-satz der Trend aus den Vorjahren weiter fortsetzt. Einerseits gibt es eine Reihe von wirtschaftlich erfolgreichen landwirt-schaftlichen Unternehmen mit steigenden Kapitaleinsätzen (sogenannte Wachstumsbetriebe). Diese Landwirte wollen ihre künftigen wirtschaftlichen Erfolge durch Umsatzstei-gerungen und Produktionsausweitung im landwirtschaftli-chen Betrieb verbessern.

Anderseits sind für viele Landwirtsfamilien die Erwerbs-kombinationen immer bedeutender geworden. Beim Auf-bau von außerlandwirtschaftlichen Erwerbsalternativen bestehen sehr oft enge Bezüge zum bestehenden land-wirtschaftlichen Betrieb. Die Landwirtsfamilien wählen be-vorzugt Geschäftsfelder, für die sie aus der Führung des landwirtschaftlichen Betriebes vorhandene Kenntnisse und Erfahrungen nutzen können. Oft werden zunächst als landwirtschaftliche Nebenbetriebe geführte außerlandwirt-schaftliche Aktivitäten ausgegliedert und als eigenständige Gewerbebetriebe von Mitgliedern der Landwirtsfamilie wei-tergeführt und ausgebaut. In diesen landwirtschaftlichen Unternehmen konkurrieren mehrere Geschäftsfelder um das verfügbare eigene Kapital, den Einsatz familieneigener Arbeitskräfte und zum Teil auch um die Nutzung vorhande-ner Wirtschaftsgebäude. Die Unternehmerfamilien entschei-den darüber, ob und in welchem Umfang verfügbares Ka-pital, Arbeitskräfte und vorhandenes Gebäudevermögen im landwirtschaftlichen Betrieb oder anderweitig verwendet werden. Je nach den Aussichten auf wirtschaftlichen Erfolg und den unterschiedlichen Zielen der Landwirtsfamilie kom-men beim Kapitaleinsatz im landwirtschaftlichen Betrieb oft gegensätzliche Unternehmensstrategien zur Anwendung. Häufig werden auch Kombinationseffekte zwischen den Ge-schäftsfeldern genutzt, etwa zur Erreichung von höheren Auslastungsgraden bei den Arbeitskräften und Gebäuden oder zur Einkommensstabilisierung.

Erfolgsentscheidend für die Landwirtsfamilien sind rea-listische Einschätzungen der künftigen Gewinnaussichten innerhalb oder außerhalb der Landwirtschaft. Aus der Um-setzung von betrieblichen Investitionen in erfolgverspre-chenden Betriebszweigen bzw. Geschäftsfeldern entstehen Erfolgspotenziale, die in Unternehmen mit guter Liquiditäts-lage zum dauerhaften Wirtschaftserfolg führen können.

DR. EVA-MARIA SCHMIDTLEIN BAYerISCHe LANDeSANSTALT FÜr LANDWIrTSCHAFTINSTITUT FÜr BeTrIeBSWIrTSCHAFT UND [email protected]

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10 Jahre GQS: Wertvolle Hilfe für Landwirte, Lehrkräfte und BeraterNeuauflage der Checklisten für landwirtschaftliche Betriebe

von DR. HELMUT FRANK und ANGELIKA STETTER: Die Anforderungen an landwirtschaftli-che Betriebe ändern sich laufend. Wirtschaftliche Zwänge, soziale Bedürfnisse, gesetzliche Vorschriften, Förderkonditionen und die Anforderungen von Qualitätssicherungssystemen beeinflussen die täglichen Entscheidungen. Neben der Erfüllung dieser Vorschriften und Anforderungen ist ein wesentliches Element die Dokumentation der geleisteten Arbeit. Nur durch eine gute Dokumentation und eine gezielte Eigenkontrolle kann qualifizierte Arbeit auch nachgewiesen werden.

Im Jahr 2006 wurde erstmals das „Gesamtbetriebliche Qua-litäts-Sicherungssystem für landwirtschaftliche Betriebe in Bayern“ (GQS-Bayern) vom Institut für Ernährungswirtschaft und Märkte der Landesanstalt für Landwirtschaft veröffent-licht. Im nunmehr zehnten Jahr seines Bestehens erhielt dieses kostenlose Angebot mit Veröffentlichung der Ver-sion 2016/2017 einen neuen Namen und ein neues Logo: Aus GQS-Bayern wurde GQS Hof-Check Bayern. So wird nun bereits im Namen der eigentliche Inhalt des Angebots deut-lich. Zu finden ist GQS Hof-Check Bayern weiterhin über die Internetseite www.gqs.bayern.de.

Überblick ist allesBei der Fülle an Vorschriften, Anforderungen und Dokumen-ten verlieren sowohl Landwirte als auch Berater schnell den Überblick. Allein im landwirtschaftlichen Fachrecht sind über 100 Gesetze, Verordnungen und Richtlinien der Euro-päischen Union, des Bundes und der Länder zu beachten. Hinzu kommen etliche Vorschriften aus anderen Rechts-bereichen (z. B. Umweltrecht). Dies bedeutet für Landwirte einen großen Aufwand an Informationsbeschaffung.

Doch auch für versierte und langjährige Berater, Lehr-kräfte und Mitarbeiter der Verwaltung stellt dies eine He-rausforderung dar. Die meisten fachbezogenen und fach-rechtlichen Anforderungen sowie die Förderkonditionen sind diesen bestens bekannt; doch spätestens bei fachfrem-den Rechtsbereichen oder bei Qualitätssicherungssystemen tritt häufig Unsicherheit auf. Dabei ist in vielen Bereichen die Kenntnis aktueller Anforderungen und Dokumentations-pflichten der Qualitätssicherungssysteme für Unterricht und Beratung entscheidend: Beispielsweise verlangen viele Mol-kereien inzwischen die Teilnahme an QM Milch, ebenso ist

eine Kartoffelvermarktung ohne Teilnahme an GlobalG.A.P. oder QS sehr schwierig. Im Rahmen des Fachschulunter-richts können zwar bei Weitem nicht alle übergesetzlichen Anforderungen behandelt werden; dennoch sollten die Studierenden mit den Anforderungen und Konsequenzen dieser Systeme vertraut werden.

Was ist GQS Hof-Check Bayern?GQS Hof-Check Bayern ist eine Hilfe für Landwirte, Berater und Lehrkräfte an Fachschulen, um sich über aktuelle Vor-schriften und Dokumentationspflichten zu informieren und einen landwirtschaftlichen Betrieb im Rahmen einer freiwil-ligen Eigenkontrolle zu überprüfen. Das System kann auch genutzt werden, um die von den meisten Qualitätssiche-rungssystemen geforderte Eigenkontrolle durchzuführen und zu dokumentieren.

Die Erstellung und Aktualisierung von GQS Hof-Check erfolgt in einer Länderkooperation unter Führung der Lan-desanstalt für ländliche Räume (LEL) in Schwäbisch Gmünd

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Der Hofcheck ist im Internet unter www.gqs.bayern.de verfügbar. Hier finden Sie den Checklistengenerator, die Merkblattsammlung sowie weitere Informationen zur Anwendung.

→ Logo – GQS Hof-Check Bayern

Infobox: GQS Hof-Check Bayern ist kostenlos

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(Baden-Württemberg). GQS Hof-Check Bayern wird als inter-aktive Online-Version angeboten. Dabei werden die Check-listen stets aktualisiert und erweitert. Enthalten sind die An-forderungen aus Fachrecht (auch nicht-landwirtschaftliches Fachrecht, soweit relevant), Cross Compliance, Greening, EG-Öko-Verordnung, der privatwirtschaftlichen Qualitäts-sicherungssysteme Geprüfte Qualität – Bayern, Qualität und Sicherheit (QS), GlobalG.A.P., Qualitätsmanagement Milch (QM Milch), Kontrollierte Alternative Tierhaltung (KAT), Qua-litätsmanagement des Hopfenrings (HR ISO), Kontrollierte integrierte Produktion (KIP), Kontrollierter Vertragsanbau (KVA) sowie die Richtlinien der ökologischen Anbauver-bände Demeter, Biokreis, Bioland und Naturland. Mit der Version 2016/2017 wurden auch die Kriterien des aktuel-len Bayerischen Kulturlandschaftsprogramms (KULAP), des Bayerischen Bio-Siegels, des Öko-Verbands ECOVIN und der Initiative Tierwohl aufgenommen. Neu ist auch eine automa-tisch generierbare Übersicht über die themenbezogenen Merkblätter.

GQS Hof-Check Bayern besteht aus drei wesentlichen Elementen.

1. Zentrales Element: Checklisten Die einzelnen Anforderungen werden in einfachen und kur-zen Sätzen dargestellt. Muss eine Anforderung nach meh-reren Rechtsbereichen oder Qualitätssicherungs systemen erfüllt werden (z. B. Cross Compliance und Geprüfte Qua-lität – Bayern) wird sie vom System automatisch zu einem Prüfpunkt zusammengefasst. Dadurch muss dieser Punkt nur einmal bearbeitet werden; das spart Zeit und Nerven. Jeder Betrieb kann die Checklisten mit Hilfe des Checklis-tengenerators auf die betrieblichen Gegebenheiten indivi-duell anpassen. Beispielsweise sind für einen Milchviehbe-trieb die Anforderungen der Schweinemast nicht relevant. Nach entsprechender Vorauswahl werden nur die für die-sen Betrieb relevanten Kriterien in die Checkliste übernom-men. Anhand der Checkliste können schließlich der Betrieb und die zugehörige Dokumentation überprüft werden. Eine „ehrliche“ und regelmäßige Bearbeitung der Check-listen stellt sicher, dass alle relevanten Vorschriften einge-halten werden.

2. Merkblattsammlung als NachschlagewerkDie Merkblattsammlung enthält Informationsblätter, Form-blätter und weiterführende Internetlinks, die das Verständ-nis einzelner Kriterien erleichtern und Hintergrundinfor-

mationen liefern. Sie dient somit als Nachschlagewerk, das viele wichtige Informationen für die tägliche Arbeit enthält.

3. Ablageregister: Sorgt für Überblick Die benötigten Dokumente, die im Falle einer Fachrechts- oder Cross Compliance-Kontrolle bzw. bei einem Audit pri-vatwirtschaftlicher Qualitätssicherungssysteme vorzulegen sind, sind übersichtlich zusammengestellt. Im Ablageregis-ter kann vermerkt werden, wo das Dokument zu finden ist, was die Kontrolldauer und damit die Kontrollkosten deutlich reduzieren kann.

GQS Hof-Check Bayern ist kostenlos im Internet abrufbar. Das System wird als Instrument zur Verbesserung der Wett-bewerbsfähigkeit bayerischer Betriebe vom Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Fors-ten finanziert.

AusblickQualitätssicherungssysteme werden immer komplexer und umfangreicher. Aktuelle Trends bestehen in der Aufnahme von Kriterien zur Nachhaltigkeitsbewertung der landwirt-schaftlichen Primärproduktion und zum Tierwohl. Dies stellt landwirtschaftliche Betriebe vor neue Herausforderungen und weitere Dokumentationspflichten. Entsprechende Än-derungen in Qualitätssicherungssystemen werden im Rah-men der turnusmäßigen Aktualisierungen in GQS Hof-Check Bayern aufgenommen. Die Veröffentlichung der Version 2017/2018 ist im September 2017 geplant.

DR. HELMUT FRANKANGELIKA STETTERBAYerISCHe LANDeSANSTALT FÜr LANDWIrTSCHAFT INSTITUT FÜr erNÄHrUNgSWIrTSCHAFT UND MÄ[email protected]@lfl.bayern.de

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Die Fichte – Baum des Jahres 2017von ULRICH LIEBERTH: Der „Baum des Jahres“ wird seit 27 Jahren vom Kuratorium Baum des Jahres ausge rufen. 2017 steht ganz im Zeichen einer Baumart, die wie keine andere den deut-schen Wald in den letzten zwei Jahrhunderten geprägt hat: Die Fichte. Warum das Kuratorium um diese Nadelbaumart bislang womöglich einen Bogen schlug, hat gute Gründe: Die Fichte polarisiert. Für viele Waldbesitzer und Forstleute ist sie der Brotbaum der deutschen Forst-wirtschaft, die ökonomische Säule des Waldes in Mitteleuropa, für Naturschützer oft der In-begriff naturferner Monokulturen. Da viele Leserinnen und Leser von „Schule und Beratung“ auch Bezug zum Wald haben, soll die Fichte am Beispiel des Tertiären Hügellandes im Land-kreis Landshut vorgestellt werden.

Der Landkreis Landshut ist zu 22 Prozent bewaldet. Mit ei-nem Anteil von knapp 70 Prozent prägt die Fichte das Bild der heimischen Wälder maßgeblich. Dies hat besonders ge-schichtliche Hintergründe: Bis zum 19. Jahrhundert nutzten die Menschen im Wald nicht nur Holz und Streu. Der Wald diente auch als Viehweide und lieferte Eicheln und Buch-eckern für die Schweine. Die Wälder wurden immer lichter, da der Verbiss durch Weidevieh und Wild die Naturverjün-gung des Waldes stark schädigte.

Erst ab Mitte des 19. Jahrhunderts begann eine reguläre Forstwirtschaft. In großem Umfang wurden Kiefern und Lär-chen, aber besonders die Fichte gesät, um die Wälder wieder zu bestocken und deren Wirtschaftlichkeit zu steigern und dies, obwohl die Fichte von Natur aus kühleren und nieder-schlagsreicheren Lagen (z. B. dem Bayerischen Wald) stammt.

So entstanden vielfach Fichtenreinbestände, die sich als besonders zuwachsfreudig, aber auch weniger stabil als Mischbestände erwiesen. Schnee, Wind und Insekten rich-ten so bis heute große Schäden an, trotzdem ist die Fichte mit weitem Abstand der Brotbaum Nummer eins – die wirt-schaftliche Säule für die hiesigen Waldbesitzer!

Klimawandel setzt der Fichte zuDie letzten beiden und auch das aktuelle Jahr haben der Fichte aufgrund von Trockenheit, hohen Temperaturen und Borkenkäferkalamität besonders schwer zugesetzt. Allerorten sind an- und aufgerissene Waldbestände auch jüngeren Alters zu finden. Der Klimawandel ist in der forstlichen Praxis angekommen und hinterlässt deutliche Spuren. So wird sich der Anteil der Fichte zwangsläufig in den nächsten Jahren schleichend aber stetig reduzieren. Dieser Trend wird durch die Bundeswaldinventur 3 klar bestätigt. In beträchtlichem Ausmaß weicht die Fichte auf den für sie grenzwertigen Standorten. Leider zählen auch die trockenen und wechselfeuchten Standorte des Terti-ären Hügellandes hierzu.

„Die Mischung macht`s!“Die Waldbesitzer stehen daher vor der Herkulesaufgabe, zu-kunftsfähige, risikoärmere und zugleich wertvolle Mischwäl-der zu begründen. Die Fichte wird dabei sicher ihren Platz mit angemessenen Anteilen behalten, aber reine Fichten-hölzer besonders auf den für sie ungeeigneten Standorten

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→ Bild 1: Blick von oben von Altdorf bis Pfettrach mit der für den

Landkreis Landshut typischen Wald-Feld-Verteilung

(Foto: Klaus Leidorf, Buch am Erlbach).

→ Bild 2: Fichtenbestand nach Sturm Emma (Foto: AELF Landshut).

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gehören bzw. sollten der Vergangenheit angehören. Aber es gibt auch Standorte im Tertiär, die für die Fichte durch-aus geeignet sind, z. B. tiefgründige, gut durchlüftete frische (Feinlehm-)Standorte. Hier können weiterhin Wälder mit ho-hen Fichtenanteilen geplant werden. Auf den für die Fichte ungeeigneten Standorten lautet die Herausforderung, kli-mastabile zukunftsfähige Wälder zu begründen, die den Spagat zwischen ökologischer Verantwortung und Ertrag bringenden Baumarten leisten können. Kurzum: „Die Mi-schung macht`s!“ bzw. „Wer streut, der rutscht nicht!“.

Holzindustrie braucht NadelholzBei der Frage nach zukunftsfähigem, klimastabilem Wald darf die Abnehmerseite natürlich nicht außer Acht gelas-sen werden. 75 Prozent der Wertschöpfung der deutschen Forst- und Holzwirtschaft resultieren aus Nadelholz. Die Sägeindustrie braucht weißes (Nadel-)Holz. Durch den Rück-gang der Fichte wird ihr Angebot noch geringer. Laubholz ist derzeit (noch) keine adäquate Alternative. Waldbesitzer sind daher gut beraten, neben einer ökologisch wirksamen Beimischung von Laubholz in Höhe von wenigstens 30 Pro-zent, auf alternative Nadelhölzer zu setzen. Hierzu gehört an vorderster Stelle die heimische Weißtanne: Sie ist klimasta-bil, sogar etwas zuwachsstärker als die Fichte, und liefert ähnliches Holz. Die Weißtanne ist neben der Eibe eine bei uns heimische Nadelbaumart. Sie ist unbestritten eine ge-eignete Baumart zum Aufbau einer klimastabilen, ertrags-starken nächsten Waldgeneration. Es gibt daher auch kei-nerlei Bedenken gegen ihre ökologische Verträglichkeit. Forschungsergebnisse zeigen, dass die Weißtanne eine sehr viel größere Standortamplitude besiedeln kann als bis-her angenommen. Sie gilt als sehr verträgliche Schatten-baumart und ist damit ideal geeignet zum Aufbau stabiler

Mischbestände. Die Tanne verfügt über ein hohes Verjün-gungspotenzial, das aber leider allzu häufig von überhöhten Wildbeständen abgeschöpft wird. So darf bei ihrer Begrün-dung die Wald-Wild-Situation nicht ausgeblendet werden. Neben manchen „Hot Spots“ mit zwingender Zäunung gibt es aber immer wieder (und hoffentlich immer häufiger) Wäl-der, dessen Wachstum auch ohne Zaun möglich ist.

Weitere alternative Nadelholzarten sind die Douglasie, die Lärche und die Küstentanne, auf den jeweils geeigne-ten Standorten.

Pflege bestehender FichtenwälderViele Waldbesitzer werden sich nun fragen, was sie denn mit den bestehenden jüngeren Fichtenwäldern anfangen sollen. Die Antwort lautet: pflegen, pflegen und noch einmal pflegen – der regelmäßige Einsatz der Motorsäge ist gefragt. Checken Sie Ihren Wald nach Hiebsreife, Stabilität und Mischung! Der Zieldurchmesser ist erreicht, wenn ein Großteil der hauptstän-digen Fichten einen Brusthöhendurchmesser (BHD) zwischen 40 und 50 Zentimeter erreicht hat. Es macht wenig Sinn, die Bäume wesentlich dicker werden zu lassen, denn der Zu-wachs lässt nach, und das Risiko von Sturmwurf, Borkenkäfer und Rotfäule steigen. Bei größeren Dimensionen bestehen zudem zum Teil Absatzprobleme, da es nur noch sehr wenige Säger gibt, die diese Bäume noch abnehmen.

→ Bild 3: Fichten-Fixlängen an der Forststraße (Foto: AELF Landshut).

→ Bild 4: Erntefreier Fichten-Altbestand (Foto: AELF Landshut).

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DurchforstungsphaseSind die Durchmesser der Fichten durchwegs kleiner als die 40 Zentimeter in Brusthöhe, sind die Waldbesitzer – neben der gezielten Förderung jeglicher Mischbaumarten – gut beraten, diese Bestände regelmäßig zu durchforsten, damit die stehenden Bäume möglichst bald den Zieldurchmesser erreichen. Dabei sollte stets im Hinterkopf behalten werden, dass 100 vitale Bäume mit großer grüner Krone pro Hektar ausreichen, um den vollen Wertzuwachs abzuschöpfen. Das heißt, alle 10 Meter ein Zukunftsbaum mit geradem Stamm und vitaler grüner Krone genügt.

Was tun in jüngeren Pflegebeständen?In jüngeren Fichten-Beständen mit einer Höhe von 1,5 bis 10 Meter sollten konsequent vorhandene Mischbaumarten alle sieben bis zwölf Meter gefördert werden. Dies führt zur Auflockerung von dichten Beständen und ist die beste und einfachste Prophylaxe gegen Schneebruch. Und es geht in dieser frühen Phase auch schon darum, vitale Fichten kon-sequent zu fördern. Aus diesen Zukunfts- bzw. Hoffnungs-trägern werden dann später in der Durchforstungsphase die 100 Elitebäume entwickelt. Und vor jeglicher Pflege gilt: Vorab ist ein passendes Erschließungssystem zu planen und umzusetzen.

Ausblick Sowohl die Gesellschaft als auch die Waldbesitzer sollten die Baumart und Holzart Fichte als Rohstoffschatz betrach-ten und entsprechend bewerten und nutzen. Die Fichte als „Baum des Jahres 2017“ hat diese „Selbstverständlichkeit“ vielleicht wieder etwas in den Vordergrund gerückt.

Hiebsreife Fichtenbäume (ab BHD 40 bis 50 Zentimeter) verlieren an Wert, wenn sie nicht zügig genutzt werden. Es gilt, die Chance anzunehmen und Fichten-Althölzer mög-lichst zu Bauholz oder Holzhäusern zu veredeln sowie dabei neue und stabilere Mischbestände zu begründen. Durchfor-stungsbestände sind je nach Schlankheit und Dichtstand vorsichtig und regelmäßig zu bearbeiten. Bei der Förde-rung der Auswahlbäume das „10-Meter-Raster“ bzw. „100 Elitebäume-Prinzip“ beachten. In Fichten-Jungbeständen ebenfalls im 10-Meter-Raster Mischbaumarten (Wirtschafts-baumarten, aber vor allem auch Weichlaubhölzer) zur Stabi-lisierung und ökologischen Anreicherung fördern.

Für die neue Waldgeneration gilt: Wir müssen der Fichte mehr Mischbaumarten zur Seite stellen bzw. Fichtenan-teile durch Weißtanne, Douglasie und Lärche ersetzen! Auf Standorten, die für die Fichte nicht geeignet sind, sollte der Fichtenanteil keinesfalls über 50 Prozent betragen. Wir wol-len uns nicht von der Fichte verabschieden – nein, wir sind froh, dass wir sie haben. Aber wie schon der heilige Bene-dikt von Nursia sagte: „Es gilt daher (auch im Waldbau), das rechte Maß zu finden!“ Im Zweifel stehen den Waldbesitzern die Förster von der Waldbauernvereinigung und / oder der Forstverwaltung gerne zur Seite.

ULRICH LIEBERTHAMT FÜr erNÄHrUNg, LANDWIrTSCHAFT UND FOrSTeN [email protected]

→ Bild 5: Dringlicher und zugleich düsterer Fichten-Durchforstungs-

bestand (Foto: AELF Landshut).

→ Bild 6: Fichtenkultur mit Mischbaumarten (Foto: AELF Landshut).

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Begleiten – Beraten – SteuernDer Fachschulbeirat der Veitshöchheimer Fachschulen

von ELISABETHA OTT: „Das war wirklich konstruktiv“, lautete die übereinstimmende Aussage der Vertreter des Berufsstandes nach der Aussprache mit den Studierenden der Meister- und Technikerschule für Weinbau und Gartenbau Veitshöchheim. Die Gespräche finden tradi-tionsgemäß im Rahmen der Fachschulbeiratssitzung statt. Dabei treffen sich Vertreter des Schulreferates aus dem Landwirtschaftsministerium, Vertreter der Berufsverbände und der drei Fachrichtungen an der Schule mit der Schulleitung zum Gedankenaustausch. Ziel ist es, Unterrichtsinhalte und Schulbetrieb aktuell zu halten.

Die Schulordnung der Meister- und Technikerschule für Weinbau und Gartenbau gibt vor, dass ein Beirat zu bilden ist, und regelt u. a., wer dem Beirat angehört, wer den Vor-sitz hat und wie die Beschlussfassung erfolgt. Die Besetzung des Fachschulbeirates ist sehr vielfältig (siehe Infobox). Ende Januar 2016 hat sich das Gremium zu seiner 42. Sitzung ge-troffen.

Hauptaufgabe: Aktualisierung des UnterrichtsAufgabe des Fachschulbeirates ist es in erster Linie mit dazu beizutragen, dass die Unterrichtsinhalte, wo es nötig ist, aktualisiert und den Bedürfnissen der Praxis angepasst werden. Außerdem sollen Mängel und Missstände an der Schule, soweit sie nicht von der Schule selbst behoben wer-den können, offengelegt und nach Abhilfe oder Lösungs-möglichkeiten gesucht werden.

Der Präsident der Landesanstalt für Weinbau und Garten-bau (LWG) nutzt die Gelegenheit auch, um den Vertretern der einschlägigen Berufsverbände einen kurzen Überblick über die aktuellen Projekte und geplante Veränderungen an der LWG, z. B. Bauvorhaben, zu geben.

Der Vertreter des Ministeriums informiert über Aktuel-les aus dem Bereich Bildung und Fachschulen der Landwirt-schaftsverwaltung in Bayern, z. B. Digitalisierung, Personal-entwicklung an den Fachschulen, Entwicklung der Zahlen in der Ausbildung und an den Fachschulen. Außerdem lässt er sich berichten, inwieweit die bei der letzten Sitzung an-geregten oder beschlossenen Verbesserungen oder Ände-rungen umgesetzt wurden.

Der Schulleiter informiert über das laufende Schuljahr, z. B. Studierendenzahlen, Herkunft, Lebensalter und Pra-xiszeiten der Studierenden, über die Probezeit, den Stand der Bewerbungen für das nächste Schuljahr, durchgeführte oder anstehende Renovierungsarbeiten im Wohnheim und Schulgebäude, Anschaffung von elektronischen Medien für den Unterricht.

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Vorsitz: Leiter des Referats A4 „Bildung und Schulwesen in der Agrarwirtschaft und im Gartenbau“ im Bayerischen Staats-ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, derzeit Dr. Michael Karrer.

Mitglieder: • der Präsident der Landesanstalt für Weinbau und

Gartenbau (LWG),• Vertreter aus dem Referat Bildung und Schulwesen

des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten,

• die Vorsitzenden der Meisterprüfungsausschüsse Zierpflanzenbau, Baumschule, Garten und Land-schaftsbau sowie Weinbau und Oenologie,

• die drei Abteilungsleiter der LWG und der Leiter des Fachzentrums Analytik als Vertreter für die drei Fachrichtungen Gartenbau, Garten- und Landschafts-bau sowie Weinbau und Oenologie,

• je ein Vertreter der einschlägigen Berufsorganisatio-nen (Verband Garten-, Landschafts- und Sportplatz-bau Bayern e. V., Bund deutscher Baumschulen e. V. – Landesverband Bayern, Bayerischer Erwerbsobstbauverband e. V.),

• ein Vertreter des Ausbildungsausschuss des Bayeri-schen Gärtnereiverbandes e. V.,

• der Ausbildungsbeauftragte des Fränkischen Weinbauverbandes e. V.

• der Vorsitzender und der Geschäftsführer des Verbandes Ehemaliger Veitshöchheimer (VEV),

• der Schuleiter und sein Stellvertreter.

Infobox: Besetzung des Fachschulbeirats

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Vorsitzender und Geschäftsführer des VEV berichten über das Engagement des Verbandes für die Studierenden und die Schule. Der Verband finanziert z. B. die Anschaffung von Büchern für die Bibliothek. Er unterstützt die Studie-renden bei der Durchführung der gemeinsamen Ausstel-lung und der finanziellen Abwicklung des Weinprojekts und ermöglicht den Studierenden die kostenlose Teilnahme an den Fachveranstaltungen der LWG.

Berufsstand und Studierende im GesprächIn Veitshöchheim liegt ein Schwerpunkt der Fachschulbei-ratssitzung auf einem intensiven Gespräch der Vertreter des Berufsstandes mit den Studierenden. Der Berufsstand und im Anschluss das Ministerium erfahren von den Studieren-den, ob

→ die Unterrichtsinhalte noch zeitgemäß sind oder, ob z. B. neue Arbeitsmethoden, Verfahren, Materi-alien o. ä. in den Unterricht aufgenommen werden müssen,

→ neue Schwerpunkte gesetzt werden müssen, → Unterrichtsinhalte wegfallen können, → die Unterrichtsmethoden aktualisiert werden müs-

sen, → Anschaffungen für die zeitgemäße Gestaltung und

Durchführung des Unterrichts getätigt werden müssen,

→ Verbesserungen bei der Wohnsituation oder der Mensa notwendig sind.

Dabei legen die Studierenden gleichzeitig Lösungs- oder Verbesserungsvorschläge vor. Sie sind die Grundlage für das

Gespräch der Verbandsvertreter mit der Schulleitung und den Vertretern des Ministeriums. Gemeinsam loten sie die mögliche Realisierung aus.

Einblick und Ausblick für Beirat und Lehrkräfte Da in den letzten Jahren einige bauliche Neuerungen an der LWG stattgefunden haben, hat es sich eingebürgert, den Fachschulbeiratsmitgliedern bei jeder Sitzung eine Führung durch eine Abteilung oder ein Fachzentrum anzubieten. Zum Abschluss der Tagung führte diesmal Abteilungsleiter Gerd Sander durch die neuen Gewächshäuser des Zierpflan-zenbaus.

Seit zwei Jahren gibt es am frühen Abend des ersten Ta-ges einen Stehempfang für den Fachschulbeirat, die Klas-sensprecher, die Mitglieder der Studierendenmitverwal-tung und alle interessierten Lehrkräfte. Ziel ist das Gespräch und der Informationsaustausch mit Ministerium, Fachschul-beiratsmitgliedern und Schulleitung. In diesem Jahr gab es zusätzlich den fachlichen Input eines externen Experten: Holger Strunk von der Staatlichen Lehr-und Versuchs-An-stalt für Gartenbau Heidelberg gab einen Einblick in das Blended Learning, das an der Meisterschule in Heidelberg bei der Vorbereitung auf die Meisterprüfung im Gartenbau praktiziert wird.

ELISABETHA OTT STAATLICHe MeISTer- UND TeCHNIKerSCHULe FÜr WeINBAU UND gArTeNBAU VeITSHÖ[email protected]

Holz ist lebendig. Durch kreative Malerei und bildhaueri-sches Können, gepaart mit Fantasie, bekommt es oft noch einen ganz eigenen, unverwechselbaren Charakter.

Die Malerin Elvira Schmidt und der Holzbildhauer Mathias Schneider sind wahre Meister darin, „Holzfundstücken mit Zeit-spuren“ und heimischen Hölzern neues Leben einzuhauchen.

Mit ihrer Ausstellung „Expedition Hoiz“ gastieren sie vom 28. Juli bis 1. September 2017 im Bayerischen Staatsministerium für Er-nährung, Landwirtschaft und Forsten in München. Nutzen Sie die einmalige Gelegenheit verborgene Welten des Holzes zu entde-cken. Die Ausstellung ist täglich geöffnet und der Eintritt ist frei.

StMELF

Spannende Expedition ins „Hoiz“ – Skulpturenausstellung im StMELF

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Wie schmeckt vegetarisches Fleisch? Projektarbeit an der Höheren Landbauschule

von LAURA SEGL: Die Werbung ist voll davon – Fleisch und Wurst ohne tierische Produkte. Selbst bei den Discountern gibt es vegetarischen Aufschnitt oder Sojajoghurt. Bekannte Wursthersteller setzen voll auf diesen Trend. Aber wie schmecken diese Produkte wirklich? Ob der Unterschied im Geschmack spürbar ist, das haben die Studierenden der Höheren Landbauschule Rotthalmünster im Rahmen des Faches „Aktuelles aus Politik und Gesell-schaft“ durch eine Milch- und Fleischverkostung getestet.

Die Tierhaltung steht derzeit massiv in der öffentlichen Kri-tik. Fast monatlich berichten die Medien über die angeb-lich negativen Auswirkun-gen der „Intensivtierhaltung“. Diesem Stimmungstief bei Fleischwaren setzt die Le-bensmittelindustrie vege-tarische Wurstwaren entge-gen. In jedem Supermarkt sind im Wurstregal vegetari-scher Aufschnitt, auch vege-tarische Steaks oder Schnit-zel zu finden. Beim Griff ins Milchregal müssen Verbrau-cher mittlerweile gut aufpas-sen, dass sie nicht versehent-lich zur Hafer-, Mandel-, oder Sojamilch greifen.

Die meisten Studieren-den der Höheren Landbau-schule (HLS) hatten diese fleisch- oder kuhmilch-freien Produkte noch nie probiert und deshalb organi-sierten sie im Fach „Aktuelles aus Politik und Gesellschaft“ eine Verkostung. Die Milchviehhalter sollten sich dem Thema Milch widmen und die Schweinehalter und Acker-bauern sich um das Thema Fleisch kümmern. Schließlich wollten die Hersteller beim Thema neue Trendprodukte mitreden können.

Wichtige Punkte bei der VerkostungIn Kleingruppen wurden zunächst die Bereiche erarbeitet, die für eine Verkostung wichtig erschienen. Mit Hilfe des

Internets konnten schnell die gängigsten Punkte ermittelt werden. Die Studierenden gliederten die Vorgehensweise der Verkostung folgendermaßen: Vorbereitung, Durchfüh-rung, Fragebogenerstellung sowie Auswertung. Auf Pinn-wänden sammelten die Gruppen Details zu Fragen rund um die Dekoration, die richtige Auswahl der Produkte oder die optimale Auswertung der Ergebnisse. Da schnell klar wurde, dass Organisation und Durchführung eine Einheit bilden, wurden die Klassen jeweils in zwei Gruppen eingeteilt, die sich fortan selbstständig um den zugeteilten Bereich küm-mern sollten.

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→ Bild 1: Studierende bei der Milchverkostung (alle Fotos: HLS).

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Ablauf der ProjektarbeitIm ersten Schritt legten die Studierenden die Verkostungs-produkte fest. Der Küchenchef übernahm freundlicherweise die Zubereitung der Fleischprodukte. Daher wählten die Stu-dierenden in Absprache mit dem Küchenchef für den Ver-such folgende Aufstellung: Aufschnitt, Curry-Wurst, Schnit-zel und Steak jeweils im Vergleich zu den vegetarischen Alternativprodukten.

Die Milchviehhalter wollten herausfinden, ob ein Un-terschied zwischen Markenmilch und Discountermilch geschmacklich erkennbar ist. Außerdem sollten frische Kuhmilch aus dem Tank sowie Bioheumilch und Sojamilch verglichen werden. Für die zeitlichen und organisatorischen Abläufe musste ebenfalls ein Plan erstellt werden. Die Stu-dierenden veranschaulichten diesen Ablaufplan mit Hilfe von Skizzen, die von der Aufstellung der Tische bis zu den Laufwegen der Probanden sämtliche Vorgaben enthielten. Auch die Einteilung der Gruppenmitglieder wurde in die-sen Plänen geregelt. Parallel dazu entwickelten die anderen Gruppen die Fragebögen und machten sich Gedanken da-rüber, wie die Befragung und die Auswertung von statten gehen sollte. Nur der Zeithorizont sowie die Räume, die zur Verfügung standen, waren vorgegeben, denn schließlich sollten die Studierenden ihre Kreativität ausleben können. Die Verkostung, so die Vorgabe, sollte maximal 120 Minu-ten dauern und in den Speisesälen in der Nähe der Küche abgehalten werden.

35 Probanden bei der VerkostungLehrkräfte, HLS-Mitarbeiter und die Studierenden selbst waren beim Verkostungstermin sehr gespannt. Die Grup-pensprecher begrüßten die Teilnehmer und erläuterten den Ablauf. Den Anfang machten die Milchviehhalter mit der Milchverkostung. Die Probanden bekamen als erstes ei-nen Fragebogen und sollten allgemeine Fragen zum Milch-konsum beantworten. Anschließend wurden die einzelnen Milchsorten probiert. Einige Studierende waren durch die Durchführung des Experiments beschäftigt, deshalb konn-ten nur 35 Probanden an der Verkostung teilnehmen.

Ist Milch gleich Milch?Der Reihe nach wurden fünf Becher mit Milch getrunken und im Fragebogen die Milch dem richtigen Produkt, also Markenmilch, Discountermilch, Bioheumilch, Frischmilch oder Sojamilch zugeordnet. Am Ende der Runde wurden die Fragebögen abgegeben und vom Auswertungsteam um-gehend im PC erfasst. Dadurch konnte schnell ein Ergebnis präsentiert werden. Außerdem durften die Probanden an-schließend das richtige Ergebnis einsehen. Ziemlich schnell kristallisierte sich heraus, dass es sich um eine sehr schwie-rige Versuchsanstellung gehandelt hatte.

Erkennt man Fleischersatzprodukte blind?Bei der Fleischverkostung war der Vorbereitungsaufwand noch höher. Den Probanden wurden die Augen verbunden,

da der optische Unterschied zwischen den herkömmlichen Produkten und den Alternativprodukten sehr deutlich zu erkennen war. Weil es vorrangig um das Geschmackserlebnis gehen sollte, musste jeder Proband eine Maske auf-setzen. An vier Stationen mussten der Reihe nach Aufschnitt, Currywurst, Schnitzel und Steak probiert werden. Besonders bei der Currywurst und beim dazugehörigen Fleischersatz war der Strukturunterschied extrem. Bei der Verkostungsrunde wurde je-der Proband von einem Studierenden begleitet, der die Ergebnisse auf dem Fragebogen notierte. Auch hier folgte die Auswertung der richtigen Antwor-ten umgehend. Auffällig war, dass die meisten Tester nach Abgabe der Maske nochmals von Station zu Station wan-derten, um zu sehen, was sie gegessen → Bild 2: Warten auf die Probanden.

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hatten. Damit die Studierenden auch die Präsentation der Ergebnisse üben konnten, gab es eine eigene Auswertungs-veranstaltung. Die Fragebogengruppen stellten ihre Ergeb-nisse vor.

Milch ist gleich MilchUnterschiede zu schmecken, das gestaltete sich bei der Ver-suchsanordnung bei der Milch schwieriger. Das zeigte auch das Ergebnis. Milch einer bestimmten Marke zuzuordnen war kaum möglich. Viele Probanden waren allerdings der Meinung, dass sie Unterschiede zwischen den verschiede-nen Milchsorten erkannt hatten, konnten diese aber nicht eindeutig zuordnen. Andere hatten schon während der Ver-kostung keinen Unterschied erkannt und dann einfach gera-ten. Lediglich die Sojamilch wurde von fast allen richtig he-rausgeschmeckt. Interessant war, dass mehr als 50 Prozent der Milchviehalter die Frischmilch lokalisierten. Die anderen Teilnehmer bewerteten die Frischmilch nicht signifikant bes-ser als die anderen Sorten.

Fleischersatzprodukte können sich nicht versteckenDie Ergebnisse der Fleischverkostung waren sehr eindeu-tig. Bis auf einen Probanden konnten alle Versuchsteilneh-mer herkömmliche Fleisch- und Wurstwaren von vegetari-

schen unterscheiden. Dies war bei den Fleischprodukten nicht verwunderlich, weil die Struktur sehr deutliche Unter-schiede aufweist. Beim Aufschnitt war es nach meinem persönlichen Emp-finden nicht ganz so einfach, die Veg-gie-Wurst zu erkennen. Auch der nor-male Aufschnitt variiert im Geschmack von Metzger zu Metzger.

Letztlich zeigte die Auswertung aber, dass die herkömmliche Wurst doch ein anderes Mundgefühl erzeugt und deshalb erkannt wurde. Da jedoch Geschmack eine reine Gewohnheits-sache ist, war es nicht verwunderlich, dass die Alternativprodukte beim Ge-schmack im Durchschnitt über eine Note schlechter abgeschnitten hatten. Die Studierenden waren sich schnell ei-nig, dass sie zukünftig weiterhin gerne Schnitzel und Steak essen möchten

Manöverkritik zum AbschlussAls Abschluss der Projektarbeit wurden die verschiedenen Organisationspunkte nochmals genau unter die Lupe ge-nommen, um zu überlegen was man bei zukünftigen Ver-kostungen eventuell verbessern könnte.

Insgesamt war es eine sehr gelungene Projektarbeit, die bei allen Beteiligten sehr gut ankam. Zum einen, weil jetzt jeder mitreden kann, wenn es um Fleischersatz geht, und zum anderen, weil die praktischen Aufgaben im Rahmen der Verkostung eine schöne Abwechslung im Schulalltag darstellten.

LAURA SEGLSTAATLICHe HÖHere LANDBAUSCHULerOTTHALMÜ[email protected]

→ Bild 3: Schnitzelverkostung mit verbundenen Augen.

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Premiumstrategie für LebensmittelBayerns Top-Spezialitäten und heimische Schmankerl als Imageträger

von ANKE WEHKING, DR. MICHAEL LÜDKE und PROF. DR. RICHARD BALLING: Die Anfang 2017 gestartete Premiumstrategie will gezielt besondere Produkte, welche die „Spitze der Qualitätspyramide“ bilden, in den Fokus rücken. Als Imageträger sollen diese Bayern, seine vielfältigen Regionen mit den dahinterstehenden Menschen und die Lebensmittelerzeugung im Freistaat noch bekannter machen. Die zugrundeliegende Mehrwertstrategie soll dabei Erzeugern und Verbrauchern gleichermaßen zu Gute kommen und dem Verbraucher Orien-tierung in Richtung „gute Produkte“ geben. Letztlich soll so das Bewusstsein der Verbraucher für die Qualität und die Besonderheit heimischer Produkte geschärft, dafür weiteres Inter-esse geweckt und deren Wertschätzung weiter gesteigert werden.

Die hohe Qualität und das positive Image bayerischer Ag-rarprodukte und Lebensmittel sind die Grundvoraussetzun-gen für eine wettbewerbsfähige Land- und Ernährungs-wirtschaft im Freistaat. Die „Marke Bayern“ ist ein wichtiger Türöffner auf den nationalen wie auch internationalen Märk-ten; denn bayerische Lebensmittel besitzen weit über den Freistaat und Deutschland hinaus ein hohes Ansehen und Wertschätzung. Diese Chancen gilt es auch weiterhin gezielt am Markt zu nutzen – im Inland wie im Export.

Unverwechselbar bayerischDabei liegt die Zukunft der bayerischen Landwirtschaft nicht vorrangig in der Produktion von austauschbaren Grundpro-dukten. Diese können andere Agrarexportländer oftmals effizienter produzieren. Vielmehr muss zukünftig verstärkt eine In-Wert-Setzung von unverwechselbaren Produkten, die einen hohen Genussfaktor sowie kulturellen und ide-ellen Wert besitzen, in den Fokus rücken. Die Chancen von Premiumprodukten und Spezialitäten, deren Potenziale längst noch nicht ausgeschöpft sind, gilt es noch gezielter zu nutzen.

Die Anfang 2017 gestartete Premiumstrategie baut auf der Qualitätsarbeit im marktbreiten Angebot auf: Während die Strategie des StMELF in den Bereichen „Geprüfte Quali-tät – Bayern“, „Bayerisches Bio-Siegel“ und „g.g.A./g.U.“ die Absicherung von Qualitätsstandards sowie Herkunft und damit Marktanteilen in „guten Marktsegmenten“, also eher die „50 Prozent des Marktes“ im Auge hat, fokussiert sich die Premiumstrategie auf das Segment der „oberen 5 Prozent“. Diese regionalen Schätze gilt es zu heben und ihnen durch gezielte Kommunikation mehr Achtsamkeit seitens der Ver-

braucherinnen und Verbraucher zu verschaffen. Daneben dient auch das 2011 verabschiedete Konzept „Ernährung in Bayern“ als gute Grundlage für eine Profilschärfung in Rich-tung hochwertiger Produkte und einer ganzheitlich-genuss-vollen Ernährung.

Wir brauchen neben unserem breiten Qualitätsangebot auch das Premium segment, um die Wertschöpfung zu steigern.

Staatsminister Helmut Brunner

Premiumstrategie mit „mehr Wert“Auf Basis des Ministerratsbeschlusses vom Juli 2016 in St. Quirin soll die Premiumstrategie einen wichtigen Bei-trag dazu leisten, das Bewusstsein in der Bevölkerung für die Qualität und die Besonderheit heimischer Produkte zu schärfen und die Marke Bayern damit weiter aufzuwerten und aufzuladen. Dabei ist es ein zentraler Anspruch, dass die dahinterstehende Mehrwertstrategie Landwirten und Verbrauchern gleichermaßen zu Gute kommt.

Miteinander der MarktakteureDer Staat selbst kann keine Produkte entwickeln oder technische Ablaufprozesse optimieren. Aber er kann An-stöße geben, unterstützen, begleiten und moderieren sowie Rahmenbedingungen setzen, um den Premium-gedanken sowohl in der Ernährungswirtschaft als auch beim Verbraucher zu verankern. Entscheidender Faktor für die erfolgreiche Platzierung neuer Premiummarken und

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Dienstleistungsangebote am Markt sowie ein verbessertes Verbraucherverständnis für den Pre-miumgedanken ist das Miteinander der Marktak-teure im Zusammenspiel mit der Unterstützung und Begleitung erfolgversprechender Vorhaben durch die staatliche Verwaltung. Dieses „Hand in Hand“ mit der gesamten Wertschöpfungs-kette, bestehend aus Landwirten, Ernährungs-handwerk, Ernährungswirtschaft, Gastronomie, Gemeinschaftsverpflegungseinrichtungen, Le-bensmittelhandel und den Verbrauchern, stellt die Basis der Premiumstrategie dar.

Lenkungsgruppe formulierte ZieleUnter Beteiligung einer Lenkungsgruppe aus ver-waltungsinternen und -externen Experten wurde im Laufe der letzten Monate ein entsprechendes Konzept entwickelt, das Anstöße gibt und Rah-menbedingungen setzt, um im Ergebnis den Pre-miumgedanken für „das Besondere aus Bayern“ sowohl in der bayerischen Land- und Ernährungswirtschaft als auch beim Verbrauer nachhaltig zu verankern. Nachfolgende Ziele wurden dabei formuliert:

→ Wir wollen mehr Achtsamkeit für unsere Lebens-mittel,

→ wir wollen unsere regionalen Schätze heben, das kulinarische Erleben Bayerns ausbauen und die Identifikation mit dem Weltgenusserbe Bayern erhöhen,

→ wir setzen bei Lebensmitteln auf Tradition und Innovation,

→ wir wollen Verbrauchertrends wie Regionalität, Bio, Genuss, Saisonalität oder Natürlichkeit stärker für die Etablierung der Mehrwertstrategie entlang der Wertschöpfungskette Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung nutzen,

→ wir wollen durch besondere Produkte das Lebens-mittelangebot ergänzen, das Premiumangebot aus-bauen und so die Wertschöpfung vertiefen und

→ wir wollen mit der Marke Bayern noch mehr punk-ten – sowohl im In- als auch im Ausland.

Drei Schritte zur UmsetzungUm diese Ziele zu erreichen, sollen zu Beginn der Premium-strategie vor allem drei Ansätze verfolgt werden:

→ Aufbau einer Genussakademie in Kulmbach, → Identifikation von 100 Genussorten und → Initiierung und Begleitung von Wertschöpfungs-

ketten-Projekten für hochwertige Produkte.

Dabei stellen diese Ansätze keine abschließende Aufstel-lung dar und können im weiteren Prozess präzisiert, modifi-ziert und erweitert werden. Im Doppelhaushalt 2017/2018 des Freistaats Bayern stehen für die Premiumstrategie insge-samt 2,0 Mio. Euro zur Verfügung (siehe Abbildung).

Mehr Wissen für bewussten GenussGerade Premiumprodukte laden zum bewussten Genießen ein. Unter der Federführung des Clusters Ernährung am Kompetenzzentrum für Ernährung (KErn) im oberfränki-schen Kulmbach soll dieses Bewusstsein durch den Aufbau einer „Genussakademie Bayern“ gezielt geschärft werden. Zu Beginn wird der Fokus auf die Vermittlung von Genuss-kompetenzen an entsprechende Multiplikatoren (Somme-liers) gelegt, die diese dann wiederum an den Verbraucher z. B. in der Gastronomie, bei Messen, Events sowie Schulun-gen aber auch beim Einkauf im Lebensmitteleinzelhandel weitergeben. Hierzu werden in einem ersten Schritt unter dem Dach der „Genussakademie Bayern“ existierende An-gebote gebündelt.

Sommelier-Kurse für Brot und FleischAusgangspunkte stellen die vom Cluster Ernährung bereits sehr erfolgreich am Markt eingeführten Qualifizierungen „Käse-Sommelier“ (seit 2012 in Zusammenarbeit mit der Landesvereinigung der Bayerischen Milchwirtschaft) und „Gewürz-Sommelier“ (seit 2014) sowie die seit 2013 unter-stützte Qualifizierung „Edelbrand-Sommelier“ dar. Diese sollen unter dem Dach der „Genussakademie Bayern“ zu-sammengeführt und um neue Formate ergänzt werden.

Premiumstrategie - Bereiche

Konzeption und Koordination StMELF/Abt. M/Ref. M1

100 Genussorte

in Bayern

LWG

Genussakademie

Bayern

KErn/Cluster Ernährung

Wertschöpfungs-

ketten

IEM/LfL

Dr. Kolesch Dr. Reitmeier Dr. Sutor

→ Abbildung: Bereiche, Institutionen und Verantwortlichkeiten der Premiumstrategie

(Quelle: StMELF)

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Angedacht sind hier beispielsweise Sommelier-Kurse in den Bereichen Fleisch und Brot, sowie Kooperationen in den Segmenten „Bier“ mit dem Doemens e. V. und „Wein“ mit der IHK Würzburg.

Weitere Bausteine, wie beispielsweise ein- bis dreitägige Workshops („Genusswerkstatt“), Bildungsangebote im Be-reich „Esskultur“ („Genussdiskurs“) sowie ein „Ennovation Food Lab“, welches als Kreativeinheit der „Genussakademie Bayern“ Experten aus Wissenschaft, Handwerk und Gast-ronomie zusammenbringt, sollen das Angebot sukzessive erweitern und ergänzen. Auch mit dem neu an der Baye-rischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) entstehenden Sensorikzentrum ist eine enge Kooperation geplant.

Wesentliches Ziel stellt zudem die Erarbeitung gemein-samer hoher Qualitätsstandards für die verschiedenen Som-melier-Ausbildungsgänge dar. Nach erfolgreicher Etablie-rung der Akademie sind entsprechend, attraktive Angebote und Seminare zur Ernährungsbildung auch für Schulkinder (z. B. „Junior-Akademie“) und interessierte Bürger geplant.

Ebenfalls unter dem Dach der Premiumstrategie bietet das KErn in Zusammenarbeit mit den ÄELF wäh-rend der Bayerischen Ernährungstage vom 22. Juni 2017 bis 2.  Juli 2017 „Spaziergänge der Ernährung“ an. Auf diesen Wegen können die Besucher Teile der Lebensmit-telwertschöpfungskette passieren und Informationen zu Herkunft und Entstehung der Lebensmittel erhalten. Dies leistet einen wichtigen Beitrag, die Wertschätzung für hochwertige Lebensmittel beim Verbraucher zu stärken.

Genussorte in Bayern – Genuss aktiv erlebenNeben dem Aufbau der „Genussakademie Bayern“ stellt zu Beginn der Premiumstrategie die Identifikation von 100 Genussorten in Bayern einen weiteren wichtigen An-satz dar. Ausgangspunkt bildet die bayerische Spezialitä-tenkompetenz, die auf einer jahrhundertelangen Tradition und Handwerksgeschichte aufbaut. Die historisch gewach-senen regionalen Verbindungen zwischen Landwirtschaft, Ernährungshandwerk und Ernährungswirtschaft, Gastro-nomie, Handel, sowie die kulturellen Besonderheiten ein-zelner Regionen haben zu einem reichhaltigen Angebot an besonderen kulinarischen Spezialitäten geführt. Mit der Identifikation von 100 Genussorten, in denen der Genuss besonders gepflegt wird, soll diese bayerische Spezialitä-tenkompetenz für die Verbraucherinnen und Verbraucher sicht- und erlebbar gemacht sowie in die Fläche getragen werden, beispielsweise durch Angebote in der Gastronomie, durch Führungen und Veranstaltungen. Genussorte können dabei beispielsweise Städte, Ortschaften, Regionen oder auch Klöster sein.

Ich will unsere Top-Spezialitäten als Image-träger für Bayern und seine regionen noch bekannter machen.

Staatsminister Helmut Brunner

Federführend verantwortet die Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) diesen Bereich der Premi-umstrategie. Für die Auswahl ist ein Wettbewerb, dem ein entsprechendes Wettbewerbskonzept mit Auswahlkriterien hinterlegt ist, sowie einer unabhängigen Jury vorgesehen. Der Wettbewerb wird im Sommer 2017 starten, so dass die ersten Genussorte im Herbst 2017 ausgezeichnet werden können.

Besondere Wertschöpfungsketten Dritte Säule der Premiumstrategie stellt die Initiierung und Begleitung von Wertschöpfungsketten-Projekten für besonders hochwertige Produkte durch das Institut für Ernährungswirtschaft und Märkte (IEM) an der die Baye-rische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) dar. Über die durch das IEM initiierten und begleiteten Projekte werden Partner der gesamten Wertschöpfungskette zusammen-gebracht, von den Landwirten über die Verarbeiter bis hin zum Handel und den Verbrauchern. Der Staat fungiert da-bei als Impulsgeber für neue Produktentwicklungen und

→ Bild 1: Umfangreiche Käse-Kompetenz vermittelt der Cluster

Ernährung zusammen mit der Landesvereinigung der Bayerischen

Milchwirtschaft im Rahmen der Qualifizierung zum Käse-Sommelier

(Foto: Cluster Ernährung).

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kann dazu beitragen, dass die richtigen Akteure zueinan-derfinden und die entsprechenden Brücken bauen. Durch dieses Miteinander werden dann neue Premium-Produkte mit initiiert sowie bestehende Premium-Ansätze aufge-griffen und weiterentwickelt. Durch dieses Miteinander entsteht letztlich eine „Win-Win-Situation“ für alle Betei-ligten.

Erste Lieferkette für Stroh-Schweine in GroßkantinenEin erstes Beispielsprojekt, wie der Staat solche Wertschöp-fungsketten-Projekte begleiten und unterstützen kann, stellte die im Februar 2017 von Staatsminister Helmut Brun-ner vorgestellte und gestartete Lieferkette „Stroh-Schweine“ für Bayerns Großkantinen dar. Gemeinsam mit dem Deut-schen Institut für Gemeinschaftsgastronomie (DIG) soll künf-tig Schweinefleisch aus besonderen Haltungsbedingungen Zugang in die Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung finden. Das DIG vereint Gastronomiebetriebe mit insge-samt mehreren Tausend Essen pro Tag, so z. B. Allianz, Audi, BayernBankett (BayernLB), Linde, MAN, Münchener Rück, Studentenwerk Erlangen/Nürnberg und Versicherungskam-mer Bayern. Die staatliche Verwaltung hat im Rahmen die-ses Vorhabens Impulse gegeben und sichergestellt, dass die richtigen Aktivposten zueinanderfinden. Die Lieferverein-barungen mit verbindlichen Abnahmemengen und Prei-sen sind bereits geschlossen. Im Februar wurden die ersten Ferkel für das Projekt eingestallt. Ab Juni steht dann „Stroh-Schwein“ auf dem Speiseplan von Allianz, Audi und Co. so-wie dem Kasino des StMELF.

Produkten ein Gesicht geben Ziel der Premiumstrategie ist es, den Premium-gedanken sowohl in der Ernährungswirtschaft als auch beim Verbraucher zu verankern und in die Fläche zu tragen. Wenn es gelingt, den Le-bensmitteln ein Gesicht zu verleihen und den Verbrauchern die Premiumqualität zu vermit-teln, wird auch die Bereitschaft steigen, hier-für einen höheren Preis zu bezahlen. Dieses an-spruchsvolle Vorhaben wird dann erfolgreich sein, wenn eine Umsetzung Hand in Hand mit der gesamten Wertschöpfungskette, bestehend aus Landwirten, Ernährungshandwerk, Ernäh-rungswirtschaft, Gastronomie, Gemeinschafts-verpflegungseinrichtungen, Lebensmittelhan-del und den Verbrauchern realisiert werden kann.

Die zu Beginn verfolgten drei Ansätze der Pre-miumstrategie stärken und ergänzen sich durch

ihre unterschiedlichen Ausrichtungen gegenseitig und verfolgen das gemeinsame Ziel, den Premiumgedanken im Bewusstsein und alltäglichen Handeln von Erzeugern und Verbrauchern nachhaltig zu verankern – durch bewusstes Genießen, aktives Erleben, nachhaltige Wissensvermittlung und Einbindung in regionale Strukturen sowie Festigung lokaler Beziehungen.

ANKE WEHKING DR. MICHAEL LÜDKEPROF. DR. RICHARD BALLINGBAYerISCHeS STAATSMINISTerIUM FÜr erNÄHrUNg, LANDWIrTSCHAFT UND FOrSTeN [email protected]@[email protected]

→ Bild 2: Staatsminister Helmut Brunner (rechts) mit dem Präsident Dr. Stefan Hartmann

des Deutschen Institut für Gemeinschaftsgastronomie (DIG), beim Start der Aktion

im Kasino des StMELF (Foto: StMELF).

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Ratspräsidentschaft Estlandvon NORBERT KRIEGER: Für jeweils ein halbes Jahr übernimmt eines der 28 EU-Mitgliedslän-der gemäß einer vorgegeben Reihenfolge die Präsidentschaft im Rat. Es ist damit zuständig für die Organisation und Durchführung sämtlicher Ratstreffen, die Vertretung des Rates im Zusammenwirken mit anderen EU-Organen und die Vertretung der EU gegenüber Dritt-staaten und internationalen Organisationen. Diese Aufgaben übernimmt ab dem 1. Ja-nuar 2018 das kleine baltische Estland. Wegen des britischen Verzichts aufgrund der be-vorstehenden Verhandlungen über einen EU-Austritt hat die EU beschlossen, dass alle auf Großbritannien folgenden Länder ihren EU-Vorsitz um ein halbes Jahr vorziehen.

GeschichteDas jetzige estnische Gebiet wurde von verschiedenen Stämmen vor etwa 11 000 Jahren besiedelt, nachdem dies die zurückweichenden Gletscher ermöglichten. Im Mittel-alter wird das Land Ziel von Kreuzzügen und Anfang des

13. Jahrhunderts gemeinsam von deutschen und dänischen Kreuzrittern christianisiert. In dieser Zeit wird auch der Ein-fluss der Hanse sehr stark; viele estnische Städte gehören ihr an (z. B. Tallinn oder Reval). Noch heute nutzt Estland den Standortvorteil seiner tiefen und im Winter nahezu eisfreien Häfen. In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts erreicht die Reformation Estland, das von da an dem lutherischen Kul-turraum angehört. Die erste estnische Universität wird 1632 in Tartu gegründet.

Peter der Große erobert 1721 das seit 1558 von Schwe-den beherrschte Estland und schafft dadurch für Russland ein Fenster nach Europa. Wie überall in Europa beginnen im 19. Jahrhundert auch in Estland Unabhängigkeitsbestrebungen. 1918 wird die Republik Estland ausgerufen. 1920 wird Frie-den mit dem sowjetischen Russland geschlossen und durch Verträge der Sowjetunion mit Nazi-Deutschland im August 1939 jäh beendet. Estland wird 1940 von den Sowjets okku-piert und ist von 1941 bis 1944 Teil des Hitler-Imperiums. Im Herbst 1944 wird Estland von der Sowjetunion annektiert. Ein großer Teil der Bevölkerung geht ins Exil. Viele werden nach Sibirien deportiert. Nach der sogenannten singenden Revo-lution1) (Sommer 1988) gelingt es Estland, die staatliche Un-abhängigkeit im August 1991 wiederzuerlangen.

Politische StrukturenDie neue Staatsverfassung trat nach einer Volksabstimmung am 3. Juli 1992 in Kraft. Estland wurde damit zu einer par-lamentarischen Demokratie. Seit dem 29. März 2004 ist Est-land Mitglied der NATO und seit dem 1. Mai 2004 Mitglied der Europäischen Union.

Die gesetzgebende Gewalt liegt beim Parlament „Riigi-kogu“ mit 101 Abgeordneten, die alle vier Jahre nach dem Verhältniswahlrecht gewählt werden. Staatsoberhaupt ist der vom Parlament für vier Jahre gewählte Präsident der Republik. Die amtierende Präsidentin ist seit 10. Oktober

Die Vertreterinnen und Vertreter einer amtierenden Rats-präsidentschaft übernehmen in einer Vielzahl von EU-Gre-mien sowie Arbeits- und Koordinierungsgruppen den Vor-sitz. Auf politischer Ebene passiert dies im Europäischen Rat, also bei den Gipfeltreffen der Staats- und Regierungs-spitzen, sowie im Ministerrat bei den Treffen der Fachmi-nisterinnen und Fachminister (etwa Finanzen, Inneres und Justiz). Auf Ebene der Beamtinnen und Beamten leitet das jeweilige Land rund 250 Ausschüsse und Arbeitsgruppen. Von der Präsidentschaft wird erwartet, dass sie bei Konflik-ten zwischen nationalen Interessen vermittelt und dabei stets eine neutrale Position einnimmt.

Mit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon am 1. Dezember 2009 wurde das Amt der Präsidentin oder des Präsidenten des Europäischen Rates eingeführt. Diese oder dieser wird vom Europäischen Rat mit qualifizierter Mehr-heit für die Dauer von zweieinhalb Jahren gewählt und darf daneben kein anderes Amt ausüben. Sie oder er führt den Vorsitz im Europäischen Rat, beruft dessen Sitzungen ein, koordiniert die Zusammenarbeit innerhalb des Rates, aber auch mit den anderen Institutionen, berichtet dem Europäischen Parlament über die Sitzungen und vertritt die Europäische Union nach außen hin. Derzeit hat der Pole Donald Tusk das Amt inne.

Infobox: Aufgaben der Ratspräsidentschaft

1) Die singende Revolution ist eine nationalen Bewegungen im Baltikum 1987 bis 1991 und des gewaltlosen Kampfes um die Wiedererlangung der

staatlichen Unabhängigkeit mit Hilfe des Singens der estnischen Nationalhymne.

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2016 Kersti Kaljulaid. Seit 23. November 2016 ist Jüri Ratas Premierminister und Regierungschef.

Verwaltungsmäßig ist das Land in 15 Landkreise ein-geteilt, an deren Spitze ein von der Regierung ernannter Gouverneur steht. Außerdem ist Estland in 254 Selbstver-waltungseinheiten (45 Städte und 209 Gemeinden) ge-gliedert.

Land und LeuteMit einer Fläche von 42 400 km² und ca. 1,3 Mio. Einwoh-nern ist das Land im Vergleich zu Deutschland recht dünn besiedelt. Die Hauptstadt der Republik Estland ist Tallinn. Landeswährung ist der Euro.

Das kleinste und nördlichste der drei baltischen Repu-bliken hat von Ost nach West eine Ausdehnung von 350 km und von Nord nach Süd von 240 km. Es grenzt im Nor-den und Westen an die Ostsee mit einer Küstenlänge von 3 794 Kilometer. Das Land hat nur zwei Nachbarn: Lettland im Süden und die Russische Föderation im Osten mit einer Länge der Landesgrenzen von nur 633 Kilometer. Jenseits der Ostsee liegen Schweden und Finnland nur 80 Kilome-ter über den Finnischen Meerbusen entfernt. Die estnische Landschaft wird einerseits von Wasser beherrscht: Meer, Seen und Sümpfe (über 1 400 Seen und 1 500 Inseln). An-dererseits ist Estland mit fast 53 Prozent der Landesfläche eines der am dichtesten bewaldeten Länder Europas. Die höchste Erhebung ist der Suur-Munamägi mit einer Höhe von gerade einmal 318 Meter.

Die Bevölkerung ist sehr ungleich im Land verteilt. Rund 70 Prozent aller Esten wohnen in Städten. Allein in der Hauptstadt Tallinn lebt fast ein Drittel (430 000) der est-nischen Bevölkerung. Weitere wichtige urbane Zentren sind die alte Universitätsstadt Tartu (98 000 Einwohner) und die Industriestadt Narva (58 000 Einwohner). 65 Prozent sind Esten und 28 Prozent Russen, weniger als drei Prozent Ukrai-ner. Weißrussen, Finnen, Deutsche und sonstige machen die restlichen fünf Prozent aus. Die größte estnische Glaubens-

gemeinschaft ist die evangelisch-lutherische Kirche. Auf-grund des hohen russischen Anteils an der Gesamtbevöl-kerung ist aber auch die orthodoxe Kirche von Bedeutung. Die estnische Sprache ist eng mit der Finnischen verwandt. Ungefähr ein Viertel der Bevölkerung ist russischsprachiger Abstammung. Der Einfluss von Dänen, Deutschen, Schwe-den, Polen und Russen in der Geschichte des Landes macht sich auch in der traditionellen estnischen Küche bemerkbar: z. B. marinierter Aal, Blutwurst und Sauerkrauteintopf mit Schweinefleisch.

WirtschaftAufgrund konsequenter wirtschaftlicher Reformen ist nach dem Zusammenbruch der Wirtschaft Anfang der 90er Jahre ein stetiger Aufschwung zu verzeichnen, der vor allem von privatwirtschaftlichem Handel und Dienstleistungsge-werbe getragen wird. Die estnische Industrie dagegen ist während des Reformprozesses stark geschrumpft und er-wirtschaftet inzwischen weniger als 20 Prozent des Brutto-inlandprodukts (BIP). Die estnische Wirtschaft ist sehr aus-differenziert. Zu den wichtigsten Industriezweigen gehören die Elektronik-, Elektro- und Metallbranchen, aber auch die Verarbeitung von Agrar- und Forsterzeugnissen. In regiona-ler Hinsicht konzentriert sich die Wirtschaft stark im Groß-raum Tallinn, in der etwa die Hälfte des estnischen BIP er-wirtschaftet wird.

Die Hauptstadt Tallinn ist eine der am besten erhal-tenen mittelalterlichen Städte Europas – sicher mit ein Grund dafür, dass der Tourismus 15 Prozent des estnischen Bruttoinlands produktes ausmacht. Eine der wichtigsten na-türlichen Ressourcen ist Holz. Darüber hinaus wird in Est-land Ölschiefer abgebaut. Eine große Rolle für die estnische Volkswirtschaft spielen ferner die Holzwirtschaft, die Nah-rungsmittelverarbeitung, die Textil-, Maschinenbau- und Elektronikbranche, Informations- und Kommunikations-technologien sowie der Transportbereich mit Freihäfen z. B. in Muuga bei Tallinn.

→ Tabelle: Vergleich von Estland und Deutschland anhand von Kennzahlen

Kennzahl Estland Deutschland

BIP zu jeweiligen Preisen, je Einwohner 2015 in US$ 17 288 40 952

Erwerbsquote 2015 (%) 61,9 60,3

Erwerbslosenquote 2015 (%) 5,9 4,6

Landwirtschaftlich genutzte Fläche 2013 (% der Landfläche) 22,8 47,9

Ackerland und Dauerkulturen 2013 (% der Landfläche) 15,1 34,6

Biologische Anbaufläche 2013 (% der landwirtschaftlich genutzten Fläche ) 15,8 6,3

Waldfläche 2013 (% der Landfläche) 52,7 32,8

Anteil der Landwirtschaft an der Bruttowertschöpfung 2015 (% des BIP) 3,5 0,5

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Landwirtschaft – Forstwirtschaft – FischereiDie Landwirtschaft war traditionell einer der wichtigsten Sektoren der estnischen Wirtschaft. Produzierte sie noch vor wenigen Jahren 20 Prozent der wirtschaftlichen Ge-samtleistung, erwirtschaftet sie heute nur noch 3,5 Pro-zent der Bruttowertschöpfung und beschäftigt sieben Prozent der Arbeitskräfte. Auf etwas mehr als der Hälfte der landwirtschaftlichen Fläche (ca. 270 000 Hektar) wird Getreide angebaut. Früher war der Roggen Hauptsorte. Heute stellt sich die Nutzung der Anbauflächen wie folgt dar (jeweils in Prozent): Weizen 21,9, Roggen im Verbund mit Triticale und Buchweizen 3,8, Hafer 4,8 und Gerste 20,2. Auf der zweiten Hälfte der Anbaufläche wachsen Futter- und Industriepflanzen, Leguminosen und Kartof-feln. Der Konsum von Milchprodukten hat in Estland eine lange Tradition. Milch ist für die estnische Landwirtschaft von großer Bedeutung. Ihr Anteil an der landwirtschaftli-chen Brutto-Wertschöpfung Estlands liegt bei 30 Prozent. Etwa 80 Prozent der Milch kommen von Herden mit mehr als 100 Kühen und ist von hoher Qualität (95 Prozent sind

Elite- oder Premiumqualität). Etwa ein Drittel der Milch wird per Roboter ge-molken. Exportschlager Estlands sind allerdings die Beeren. Stachelbeeren, Johannis-, Him- sowie Heidelbeeren stehen ganz oben auf der Hitliste, und immer gefragter sind Wildbeeren aus den estnischen Wäldern.

Die Holzwirtschaft Estlands hat sich seit der Unabhängigkeit äußerst dyna-misch entwickelt. Besonders stark an-gestiegen ist der Einschlag von Roh-holz. Da der Rohholzeinschlag aber bereits größer als der nachhaltige Hiebsatz ist, wird mit einem weiteren Anstieg nicht zu rechnen sein. Auch im Möbelsektor und bei der Produktion von Schnittholz sind hohe Zuwächse zu beobachten. Geringere Steige-rungsraten waren im Papier- und Zell-stoffbereich zu verzeichnen.

Die kommerzielle Fischerei hat in den Jahren 2008 bis 2014 stark abge-nommen und zwar von 102 000 auf 68 000 Tonnen Lebendgewicht.

Literaturhttp://europa.eu/geninfo/query/index.dohttps://www.destatis.de/DE/Startseite.htmlhttps://www.bauernzeitung.de/agrarticker-ost/special-est-

land/estland-landwirtschaft/https://de.wikipedia.org/wiki/Estlandhttp://www.estemb.de/estland/geschichte

NORBERT KRIEGER STAATLICHe FÜHrUNgSAKADeMIe FÜr erNÄHrUNg, LANDWIrTSCHAFT UND [email protected]

Vom 21. Mai 2017 bis 23. Mai 2017 traf sich der Rat für Landwirtschaft und Fische-rei (AGRIFISH) auf Malta zu seiner informellen Sitzung zu den Themen Klimawan-del und Wasserverfügbarkeit. Während der Diskussionen wurde herausgestellt, dass die Anpassung an den Klimawandel und die Anfälligkeit durch knappe Was-serressourcen große Herausforderungen für die Landwirtschaft in der EU bedeu-ten. Die Kommissare für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, Phil Hogan, sowie für Umwelt, Maritime Angelegenheiten und Fischerei, Karmenu Vella, disku-tierten mit dem Agrarrat unter anderem über die von der Kommission in diesem Zusammenhang identifizierten Schlüsselprioritäten zur Gemeinsamen Agrarpoli-tik (GAP): Die Förderung der Anwendung agrarökologischer Prinzipien sowie eine stärkere Verzahnung von GAP und Wasserrahmenrichtlinie mit stärkerem Fokus auf Ergebnissen und Leistung. Zudem wurde die stärkere Nutzung von Beobach-tungsstellen sowie die Einrichtung eines Kompetenzzentrums für Wassernutzung in der Landwirtschaft diskutiert.

Ferner befasste sich der Rat mit dem Arbeitsdokument der Kommission „Land-wirtschaft und nachhaltige Wasserwirtschaft in der EU“. Darin beschreibt die Kommission, wie die Gewässer noch besser vor einer Beeinflussung durch die Landwirtschaft geschützt werden können.

Ergebnisbericht zur informellen Ratstagung (in englischer Sprache): http://www.eu2017.mt/en/Press-Releases/Documents/PR230517_EN.pdf

Infobox: Formelle Tagung des Agrarrats in Malta

Deine Worte sollen den Weisheitszahn berühren, ehe sie den Mund verlassen!

estnische Volksweisheit

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Die Entwicklung des ernährungswirtschaftlichen Außenhandels Bayerns 2016Differenzierung nach Produkten – Teil 1

von JOSEF HUBER und HERBERT GOLDHOFER: Sowohl die ernährungswirtschaftliche Aus- als auch Einfuhr haben im letzten Jahr trotz der im Jahresdurchschnitt erneut gesunkenen Nahrungsmittelpreise zum siebten Mal in Folge einen neuen Rekord erreicht. Der Gesamt-wert der ernährungswirtschaftlichen Ausfuhren stieg 2016 auf 8,79 Mrd. Euro. Käse, Milch und Milcherzeugnisse sowie Fleisch und Fleischwaren blieben trotz rückläufiger Umsätze der beiden erstgenannten Erzeugnisse die drei wichtigsten Ausfuhrprodukte. Die Einfuhren erhöhten sich auf 9,10 Mrd. Euro, dabei lag bei den eingeführten Produkten Käse auf dem ersten Rang, gefolgt von Obst und Südfrüchten sowie Fleisch und Fleischwaren.

Ernährungswirtschaftliche AusfuhrenNach vorläufigen Daten des Bayerischen Landesamtes für Statistik exportierten die gewerbliche Wirtschaft und die Er-nährungswirtschaft Bayerns im vergangenen Jahr Produkte im Wert von insgesamt 182,8 Mrd. Euro. Auf Erzeugnisse der Land- und Ernährungswirtschaft entfielen 8,79 Mrd. Euro. Zu den ernährungswirtschaftlichen Gütern werden neben Ag-rarprodukten auch Lebens- und Futtermittel sowie Genuss-mittel gezählt. Dabei blieb die Ausfuhr der Ernährungswirt-schaft mit einer Steigerung von 0,8 Prozent gegenüber dem

Vorjahr um 1,5 Prozent hinter der gewerblichen Wirtschaft zurück. 2015 wurden ernährungswirtschaftliche Waren im Wert von 8,72 Mrd. Euro exportiert. Die Ausfuhr der Land- und Ernährungswirtschaft ist 2016 um rund 69 Mio. Euro oder um 0,8 Prozent angestiegen.

Käse wichtigstes ExporterzeugnisVon den verschiedenen ernährungswirtschaftlichen Produk-ten Bayerns ist Käse bei der Ausfuhr am wichtigsten. Der Ex-portwert lag 2016 bei 1,44 Mrd. Euro (Abbildung 1) und war

damit um 4,3 Prozent niedri-ger als 2015. Dabei nahm so-wohl die exportierte Menge (–0,8 Prozent) als auch der durchschnittliche Produkt-preis (–3,6 Prozent) gegen-über dem Vorjahr ab.

An zweiter Stelle in der Rangfolge der Ausfuhrwerte standen Milch und Milcher-zeugnisse. Dazu zählen in der Außenhandelsstatistik unter anderem Rahm, But-termilch, saure Milch, Kefir und Molke, Magermilchpul-ver, Vollmilchpulver, Mol-kenpulver sowie Joghurt mit und ohne Fruchtzu-sätze. Der Wert der Ausfuhr dieser Warenuntergruppe

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→ Abbildung 1: Ausfuhrwert der wichtigsten ernährungswirtschaftlichen Produkte Bayerns in den letzten

beiden Jahren

1 509

1 170

968 893

629

1 444

1 131

973 928

704

0

200

400

600

800

1 000

1 200

1 400

1 600

Käse Milch u. Milcherzeugnisse Fleisch u. Fleischwaren Pflanzl. Nahrungsmittel Backwaren

2015* 2016*

Mio. €

* vorläufig.Quelle: Bay. LfStat.

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fiel gegenüber 2015 von 1,17 Mrd. Euro auf 1,13 Mrd. Euro oder um 3,3 Prozent. Der Absatz ging um 0,6 Prozent zurück, noch mehr Auswirkungen hatte aber die Minderung beim Preis in Höhe von 2,8 Prozent.

Bei den auf dem dritten Platz folgenden Fleisch und Fleischwaren stieg der Exportwert geringfügig um 0,5 Pro-zent auf 973 Mio. Euro. Dabei erhöhten sich die durchschnitt-lichen Produktpreise um 2,7 Prozent, während der mengen-mäßige Absatz um 2,1 Prozent sank.

Lebende Tiere und tierische Produkte bedeutendste WarenhauptgruppeBei lebenden Tieren verminderte sich der Exportwert um 24,0 Prozent auf 112 Mio. Euro. Insbesondere sanken die Ausfuhren bei Schweinen und Rindern, während Pferde und Schafe höhere Exportwerte erzielten.

Die wertmäßige Summe aus tierischen Produkten und le-benden Tieren sank um 3,7 Prozent und erreichte 2016 einen Exportwert von 3,87 Mrd. Euro. Der Rückgang wurde vor al-lem von den gesunkenen Ausfuhrerlösen bei Käse, Milch und Milch erzeugnissen sowie lebenden Schweinen verursacht. Wie Abbildung 2 zeigt, belegte diese Warenhauptgruppe im letzten Jahr mit einem Anteil von 44,0 Prozent am gesamten Ausfuhr-wert der bayerischen Ernährungswirtschaft den ersten Platz.

Die Summe des Exportwertes bei den Erzeugnissen pflanzlichen Ursprungs machte im letzten Jahr 3,63 Mrd. Euro aus und bedeutete gegenüber 2015 eine Steigerung um 3,4 Prozent. Der Anteil von Erzeugnissen pflanzlichen Ursprungs an den gesamten ernährungswirtschaftlichen Ausfuhren lag 2016 bei 41,3 Prozent (+1,1 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr).

Pflanzliche Nahrungsmittel (anderweitig nicht genannt) führen diese Warenhauptgruppe an. Der Ausfuhrwert ver-größerte sich im letzten Jahr auf 928 Mio. Euro (+3,8 Pro-zent). Zu dieser Produkteinheit zählen beispielsweise Essig, Suppen, Brühen, Pflanzensäfte, Würzsoßen und Eiweißkon-zentrate.

Backwaren verzeichnen hohe ZuwächseDes Weiteren sticht bei den Erzeugnissen pflanzlichen Ur-sprungs die Warenuntergruppe „Backwaren und andere Zubereitungen aus Getreide“ mit einem Exportwert von 704 Mio. Euro und einer Steigerung um 11,9 Prozent ge-genüber dem Vorjahr heraus. Dazu zählen neben Teigwa-ren, Keksen, Knäckebrot, Waffeln auch mit Fleisch gefüllte Teigwaren, wie z. B. Ravioli, Maultaschen oder Lasagne.

Das drittwichtigste Exportprodukt von pflanzlichen Er-zeugnissen sind Kleie und sonstige Futtermittel. Der Export-wert stieg von 266 Mio. Euro im Vorjahr auf 282 Mio. Euro 2016 (+6,1 Prozent).

Von Bedeutung beim Export der pflanzlichen Waren-gruppe waren auch noch Zuckerrüben, Zucker und Zucker-erzeugnisse mit 280 Mio. Euro (+4,9 Prozent), Weizen mit einem Ausfuhrwert von 216 Mio. Euro (–7,0 Prozent), sowie Kakao und Kakaoerzeugnisse mit 179 Mio. Euro (+2,7 Pro-zent).

Hopfen Exportschlager bei GenussmittelnBei den Genussmitteln stieg der Exportwert im vergangenen Jahr auf rund 1,29 Mrd. Euro an und lag damit um 8,2 Prozent über dem Wert von 2015. Der Anteil an den ernährungswirt-schaftlichen Exporten erhöhte sich zum Vorjahr um 1,0 Pro-

zentpunkte auf 14,7 Prozent (Abbildung 2).

Bei Bier (ohne alkohol-freie Biere) konnte der Ab-satz im letzten Jahr auf 474  Mio. Euro bzw. um 5,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr gesteigert werden. Der wertmäßig zweitwich-tigste Produktbereich der Warenhauptgruppe „Ge-nussmittel“ sind Rohtabak und Tabakerzeugnisse. Der Exportwert in Höhe von 404 Mio. Euro stieg gegen-über 2015 um 3,7  Prozent. Hopfen wurde im Wert von 261  Mio. Euro aus Bayern exportiert. Auf Grund höhe-rer Preise und gestiegener

→ Abbildung 2: Anteile der drei Warenhauptgruppen im ernährungswirtschaftlichen Außenhandel Bayerns

2016* (Gesamtwert jeweils 100 Prozent)

44

29,9

41,3

58,9

14,7

11,2

0

10

20

30

40

50

60

70

Tier. Prod./leb. Tiere Pflanzl. Produkte Genussmittel

%

* vorläufig.Quelle: Bay. LfStat. – eigene Berechnungen.

Ausfuhr Einfuhr

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Absatzmengen erhöhte sich der Exportwert um 23,8 Pro-zent gegenüber dem Vorjahr.

Ernährungswirtschaftliche EinfuhrenDer Einfuhrwert von Produkten der Ernährungswirtschaft lag mit 9,10 Mrd. Euro zum ersten Mal bei den vorläufigen Zahlen über der 9 Mrd. Euro-Schwelle. Die Zunahme gegen-über 2015 belief sich auf 2,4 Prozent.

Die Struktur der drei Warenhauptgruppen bei den ernäh-rungswirtschaftlichen Einfuhren unterscheidet sich wesent-lich von den Ausfuhren. Wie Abbildung 2 zeigt, waren bei den Importen die Produkte pflanzlichen Ursprungs mit einem Anteil von 58,9 Prozent mit großem Vorsprung am wichtigs-ten, gefolgt von den tierischen Erzeugnissen (29,9 Prozent) und den Genussmitteln (11,2 Prozent).

Käse auch wichtigstes ImporterzeugnisVon den nach Bayern eingeführten Lebensmitteln stand Käse mit einem Importwert von 933  Mio. Euro an erster Stelle (Abbildung 3). Gegenüber 2015 bedeutet dies eine Zunahme um 5,5 Prozent.

Obst und Südfrüchte erreichten wegen des Rückgangs um 0,3 Prozent mit rund 887 Mio. Euro im Vergleich zum Vorjahr den zweiten Rang. Die hohen Importe bei dieser Pro-duktgruppe lassen sich vor allem durch den mit rund acht Prozent sehr niedrigen Selbstversorgungsgrad Bayerns bei Obst erklären.

Mit einer Erhöhung um 4,5 Prozent gegenüber dem Vor-jahr auf 740 Mio. Euro belegten Fleisch und Fleischwaren den dritten Rang der wertmäßig größten Einfuhrprodukte.

Pflanzliche Nahrungs-mittel stellten mit einem Im-portwert von 721 Mio. Euro (+7,0 Prozent) die viertwich-tigste Warengruppe der er-nährungswirtschaftlichen Einfuhren dar.

Bei „Gemüse und sonstige Küchengewächse“ betrug der Einfuhrwert 615  Mio. Euro und war um 1,9 Prozent niedriger als 2015.

Ein weiteres wichtiges Importsegment war Milch und Milcherzeugnisse, das sich um 9,2  Prozent ge-genüber dem Vorjahr auf 591 Mio. Euro verringerte.

Wein dominiert die Einfuhr bei den GenussmittelnDer Einfuhrwert bei den Genussmitteln belief sich auf 1,01  Mrd. Euro (+9,1  Prozent). Wein stand dabei auf dem ersten Rang (386 Mio. Euro; +2,9 Prozent), darauf folgte der Branntwein mit 264 Mio. Euro (–2,3 Prozent). Eine deutliche Steigerung gab es bei Rohtabak und Tabakerzeugnissen, dem drittwichtigsten Einfuhrprodukt bei den Genussmitteln. Der Importwert erhöhte sich um 37,8 Prozent auf 180 Mio. Euro.

FazitDer Gesamtwert der ernährungswirtschaftlichen Ausfuhren erreichte 2016 mit 8,79 Mrd. Euro (+0,8 Prozent) einen neuen Höchststand. Der wertmäßige Export der fünf bedeutends-ten Erzeugnisse machte dabei knapp drei Fünftel der Ge-samtexporte aus. Die ernährungswirtschaftlichen Einfuhren erlangten 2016 mit 9,10 Mrd. Euro (+2,4 Prozent) ebenfalls einen neuen Rekord. Die fünf bedeutsamsten Importpro-dukte hatten daran einen Anteil von über zwei Fünftel. We-gen der abermals höheren Steigerungen beim Import stieg der negative ernährungswirtschaftliche Außenhandelssaldo der bayerischen Land- und Ernährungswirtschaft 2016 ge-genüber dem Vorjahr von 166 Mio. Euro auf 308 Mio. Euro.

JOSEF HUBERHERBERT GOLDHOFERBAYerISCHe LANDeSANSTALT FÜr LANDWIrTSCHAFTINSTITUT FÜr erNÄHrUNgSWIrTSCHAFT UND MÄ[email protected]@lfl.bayern.de

→ Abbildung 3: Einfuhrwert der wichtigsten ernährungswirtschaftlichen Produkte Bayerns in den letzten

beiden Jahren

885 890

708 674

626

933 887

740 721

615

0

100

200

300

400

500

600

700

800

900

1 000

Käse Obst und Südfrüchte Fleisch und Fleischwaren Pflanzl. Nahrungsmittel Gemüse u. sonst.Küchengewächse

2015* 2016*

Mio. €

* vorläufig.Quelle: Bay. LfStat.

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Der ernährungswirtschaftliche Außenhandel Bayerns 2016Differenzierung nach Ländern – Teil 2

von JOSEF HUBER und HERBERT GOLDHOFER: Der Export von Erzeugnissen der bayerischen Land- und Ernährungswirtschaft erhöhte sich 2016 gegenüber dem Vorjahr um 0,8 Prozent. Italien war wie in den vergangenen Jahren das wichtigste Empfangsland. Die Umsatzsteige-rung mit den dreizehn zuletzt beigetretenen EU-Mitgliedsländern belief sich im vergangenen Jahr auf fünf Prozent. Bei den Ausfuhren in Drittländer stach die außergewöhnlich hohe rela-tive Steigerung im Handel mit Mexiko hervor. Der ernährungswirtschaftliche Import wuchs um 2,4 Prozent und auch hier war Italien das bedeutendste Versandland. Die Agrareinfuh-ren aus den Beitrittsländern vergrößerten sich um 8,9 Prozent. Dabei erzielte Polen die mit Abstand höchste absolute Steigerung der dreizehn Länder. Die größte prozentuale Zunahme bei der Einfuhr aus Drittländern erzielte Neuseeland.

Ernährungswirtschaftliche Produkte laut der Außenhan-delsstatistik sind Agrarerzeugnisse, Lebens- und Futtermit-tel sowie Genussmittel. Dem Zoll müssen innerhalb der EU (Intrahandel) der Versand ab einem jährlichen Handelswert von 500 000 Euro/Jahr und/oder der Empfang von Waren ab 800 000 Euro gemeldet werden. Die Befreiungen werden durch Schätzungen ergänzt. Im Extrahandel mit Drittlän-dern werden Warensendungen ab 1 000 Euro erfasst.

Ernährungswirtschaftliche AusfuhrenDie bayerische Land- und Ernährungswirtschaft lieferte nach vorläufigen Ergebnissen der Außenhandelsstatistik 2016 ernährungswirtschaft-liche Produkte im Wert von 8,79 Mrd. Euro in insgesamt 196  Länder. Im Vorjahr wa-ren nach ebenfalls vorläu-figen Ergebnissen Erzeug-nisse im Wert von 8,72 Mrd. Euro exportiert worden. Die Ausfuhren haben demnach im letzten Jahr um 0,8 Pro-zent zugenommen.

Der gesamte Export er-nährungswirtschaftlicher Wa-ren nach Italien hatte 2016 ei-nen Wert von 1,59 Mrd. Euro (Abbildung  1). Im Vergleich zu 2015 sind die Ausfuhren um 1,1  Prozent gesunken. Wegen dieser schwachen

Entwicklung reduzierte sich der Anteil Italiens am gesam-ten ernährungswirtschaftlichen Ausfuhrwert Bayerns um 0,3 Prozent auf 18,1 Prozent. Das Ausfuhrvolumen Bayerns nach Österreich betrug 1,18 Mrd. Euro und stieg gegenüber 2015 mit 1,5 Prozent überdurchschnittlich. Die Niederlande waren im letzten Jahr für Bayern das drittwichtigste Export-land von ernährungswirtschaftlichen Gütern. Der Ausfuhr-wert nach Holland betrug 819 Mio. Euro und war um 6,3 Pro-zent niedriger als 2015. Das nächstwichtigste Empfangsland war Frankreich. Der Wert des Gesamtexports belief sich auf 599  Mio. Euro und stieg dabei im Vergleich zu 2015 um 1,0 Prozent.

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→ Abbildung 1: Ernährungswirtschaftlicher Export* Bayerns in die Länder der EU (15)

Mio. Euro

* vorläufig.Quelle: Bay. LfStat. - eigene Berechnungen.

Ernährungswirtschaftlicher Export Bayerns 2016 insgesamt: 8 788 Mio. Euro (+ 0,8 %)EU (28): 7 209 Mio. Euro (+ 0,6 %)

Euro-Raum (19): 5 461 Mio. Euro (+/- 0 %)

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→ Abbildung 2: Ernährungswirtschaftlicher Export* Bayerns in die dreizehn zuletzt beigetretenen EU-Länder

Mio. Euro

Summe: 2015: 1 225,7 Mio. Euro; 2016: 1 287,6 Mio. Euro (+ 5,0 %). * vorläufig. Quelle: Bay. LfStat. - eigene Berechnungen.

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Ausfuhren in EU und Euro-WährungsgebietIn alle Länder der EU wurden im letzten Jahr aus Bayern er-nährungswirtschaftliche Erzeugnisse im Wert von 7,21 Mrd. Euro ausgeführt (+0,6 Prozent). Das waren 82,0 Prozent der gesamten Agrarausfuhren Bayerns. Der hohe Prozentsatz hebt die überragende Stellung des gemeinsamen Binnen-marktes als Absatzmarkt für die bayerische Land- und Ernäh-rungswirtschaft hervor.

Die 19 Länder des Euro-Währungsgebiets (zuletzt trat am 1. Januar 2015 Litauen bei) haben neben den Freiheiten des Binnenmarktes zusätzliche Kostenvorteile beim Waren-handel, weil keine Gebühren für Währungsumtausch und Kurssicherung notwendig sind. 2016 hatten die Lieferungen in den Euro-Raum einen Anteil am gesamten Agrarexport Bayerns von 62,1 Prozent bei unveränderten 5,46 Mrd. Euro (Abbildung 1). Damit sind mehr als drei Fünftel des ernäh-rungswirtschaftlichen Exportwerts von Währungsschwan-kungen ausgenommen.

Ausfuhren in zuletzt beigetretene EU-LänderDie ernährungswirtschaftliche Ausfuhr in die dreizehn zu-letzt beigetretenen EU-Länder erreichte im letzten Jahr ei-nen Wert von 1,29 Mrd. Euro und damit um 62 Mio. Euro oder 5,0 Prozent mehr als 2015. Die Steigerung lag beträchtlich über der Gesamterhöhung. Der Anteil dieser Länder an den gesamten ernährungswirtschaftlichen Exporten Bayerns stieg 2016 um 0,6 Prozent auf 14,7 Prozent.

Von allen Beitrittsländern lieferte die bayerische Ernährungs-wirtschaft nach Polen wertmäßig am meisten (Abbildung 2). Der Exportwert erreichte 354 Mio. Euro und stieg um 7,6 Prozent. Dagegen sank die Ausfuhr in die Tschechische Republik um 2,8 Prozent auf rund 240 Mio. Euro, dennoch lag das Nachbar-

land auf dem zweiten Platz unter den Beitrittsländern. Die Ausfuhren nach Ungarn betrugen 197 Mio. Euro, was einer Erhöhung um 3,2  Pro-zent entsprach.

Die Exportentwicklungen in die Anfang 2007 der EU beigetretenen MOE-Länder Rumänien und Bulgarien ent-wickelten sich unterschied-lich. Rumänien kaufte in Bay-ern Waren im Wert von rund 167  Mio. Euro ein. Mit einer Erhöhung von 16,1 Prozent ist Rumänien der viertwichtigste Handelspartner unter den zu-letzt beigetretenen Mitglied-staaten. Nach Bulgarien ver-

kaufte Bayern ernährungswirtschaftliche Produkte im Wert von 39 Mio. Euro nach 42 Mio. Euro im Jahr 2015 (–6,4 Prozent). In Kroatien konnten im dritten Jahr nach dem EU-Beitritt Waren im Wert von rund 72 Mio. abgesetzt werden (–2,2 Prozent).

Ausfuhren in DrittländerDie ernährungswirtschaftliche Ausfuhr in die Länder außer-halb der EU erreichte im letzten Jahr einen Wert von 1,58 Mrd. Euro und damit um 25 Mio. Euro oder 1,6 Prozent mehr als 2015. Damit wurden 18,0 Prozent oder mehr als ein Sechstel der ernährungswirtschaftlichen Exportprodukte außerhalb des EU-Binnenmarktes abgesetzt. Die Schweiz bezog 2016 ernährungswirtschaftliche Produkte im Wert von 239 Mio. Euro aus Bayern. Daraus errechnet sich gegenüber 2015 eine Erhöhung um 5,1 Prozent. Die Vereinigten Staaten bestellten im letzten Jahr ernährungswirtschaftliche Waren im Wert von 179 Mio. Euro aus Bayern und lagen damit um 7,1 Pro-zent über dem Vorjahresniveau. Der Export nach China war mit 143 Mio. Euro um 5,0 Prozent niedriger als 2015. Trotz der seit Anfang August 2014 geltenden Einfuhrbeschränkungen Russlands für ernährungswirtschaftliche Erzeugnisse aus der gesamten EU, der Abwertung des Rubels gegenüber dem Euro und der vergleichsweise hohen Verbraucherpreisinfla-tion erhöhte sich der bayerische Export nach Russland um 2,9 Prozent auf 122 Mio. Euro. Die Vereinigten Staaten haben wie bereits im Vorjahr China und Russland als Absatzmarkt überholt und sind zum zweitwichtigsten Drittland nach der Schweiz aufgestiegen. Die höchsten absoluten Umsatzzu-wächse waren bei der Ausfuhr in die USA, Schweiz (jeweils 12 Mio. Euro), Mexiko und Südkorea (jeweils 10 Mio. Euro) zu verzeichnen. Bei den sehr uneinheitlichen Entwicklungen der einzelnen Länder ragen die hohen relativen Zuwächse

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der Exporte nach Mexiko (59 Prozent), Bosnien (22 Prozent) und Australien sowie Norwegen (jeweils 20 Prozent) heraus.

Ernährungswirtschaftliche EinfuhrenDie Agrarimporte Bayerns waren im letzten Jahr mit 9,10 Mrd. Euro um 2,4 Prozent höher als 2015. Der prozen-tuale Zuwachs der Einfuhren aus den 163 Ländern war damit um 1,6 Prozentpunkte größer als bei den Ausfuhren.

Auch bei den ernährungswirtschaftlichen Einfuhren steht Italien auf dem ersten Rang aller Handelspartner Bay-erns. Trotz der anhaltend schwierigen gesamtwirtschaft-lichen Rahmenbedingungen bestätigt der stabile ernäh-rungswirtschaftliche Warenaustausch die langjährigen guten Handelsbeziehungen zwischen Bayern und Italien. Im letzten Jahr stammten 17,4 Prozent der Agrarimporte Bayerns aus Italien. Die Lieferungen hatten einen Wert von 1,58 Mrd. Euro (Abbildung 3) und stiegen im Vergleich zu 2015 um 4,1 Prozent. Aus dem zweitwichtigsten Lieferland Österreich wurden im letzten Jahr Lebens- und Genussmittel im Wert von 1,43 Mrd. Euro nach Bayern versandt (+0,2 Pro-zent). Die Importe aus den Niederlanden überschritten mit 1,22 Mrd. Euro ebenfalls die Mrd.-Grenze, sanken aber im Vergleich zum Vorjahr um 2,3 Prozent. Frankreich war im letz-ten Jahr für Bayern der viertwichtigste Handelspartner bei ernährungswirtschaftlichen Einfuhren. Der Importwert von Produkten aus Frankreich betrug 754 Mio. Euro und war um 3,2 Prozent niedriger als 2015.

Einfuhren aus EU und Euro-WährungsgebietAlle EU-Staaten zusammen lieferten im letzten Jahr Pro-dukte im Wert von 7,67 Mrd. Euro nach Bayern (+1,8 Pro-

zent). Dies machte 84,3 Prozent der gesamten ernährungs-wirtschaftlichen Einfuhren aus.

Aus den Ländern des Euro-Währungsgebiets führte Bay-ern im letzten Jahr Lebens- und Genussmittel im Wert von 6,12 Mrd. Euro ein. Der Import blieb daher gegenüber dem Vorjahr unverändert. Die Euro-Länder hatten 2016 einen Anteil an den ernährungswirtschaftlichen Gesamtimpor-ten von über zwei Dritteln (67,3 Prozent).

Einfuhren in zuletzt beigetretene EU-LänderDie ernährungswirtschaftliche Einfuhr Bayerns aus den seit 2004 beigetretenen EU-Ländern belief sich 2016 auf 1,35 Mrd. Euro (Abbildung 4). Dies war wertmäßig ein Anstieg um 8,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der Anteil dieser Länder an den gesamten ernährungswirtschaftlichen Im-porten Bayerns belief sich auf 14,8 Prozent.

Polen war unter diesen Ländern der größte Warenlie-ferant. Der Importwert von dort stieg im letzten Jahr um 28,9 Prozent auf 552 Mio. Euro. Aus der Tschechischen Repu-blik kamen Erzeugnisse im Wert von 360 Mio. Euro (–3,8 Pro-zent), der Import aus Ungarn verringerte sich um 8,0 Prozent auf 220 Mio. Euro.

Auch die Einfuhren der Anfang 2007 der EU beigetrete-nen Länder Rumänien und Bulgarien haben sich 2016 sehr unterschiedlich entwickelt. Rumänien setzte in Bayern Wa-ren im Wert von rund 59 Mio. Euro (+51,1 Prozent) ab und war damit der viertwichtigste Handelspartner unter den dreizehn zuletzt beigetretenen Mitgliedstaaten. Bulgarien verkaufte dagegen in Bayern ernährungswirtschaftliche Pro-dukte im Wert von fast 26 Mio. Euro, nach rund 27 Mio. Euro im Vorjahr (–4,3  Prozent). Das jüngste Neumitgliedsland

→ Abbildung 3: Ernährungswirtschaftlicher Import* Bayerns aus den Ländern der EU (15)

1 517 1 426

1 246

778

473 380

137 121 104 66 23 18 4

1 580

1 429

1 218

754

458 371

166 129 98 77

26 13 4 0

200

400

600

800

1 000

1 200

1 400

1 600

1 800

2015 2016

Mio. Euro

* vorläufig. Quelle: Bay. LfStat. - eigene Berechnungen.

Ernährungswirtschaftlicher Import Bayerns 2016 insgesamt: 9 096 Mio. Euro (+ 2,4 %) EU (28): 7 665 Mio. Euro (+ 1,8 %) Euro-Raum (19): 6 121 Mio. Euro (+/- 0 %)

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MArKT UND eUrOPA

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EURO

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Kroatien steigerte die Ausfuhr nach Bayern um 3,5 Prozent auf knapp 38 Mio. Euro.

Einfuhren aus DrittländernDie ernährungswirtschaftliche Einfuhr aus den Ländern au-ßerhalb des EU-Binnenmarktes hatte 2016 einen Wert von 1,43 Mrd. Euro und damit rund 75 Mio. Euro oder 5,5 Prozent mehr als 2015. Der Anteil dieser Länder an den gesamten er-nährungswirtschaftlichen Importen Bayerns belief sich auf 15,7 Prozent.

Die Lieferungen aus der Türkei erhöhten sich um 0,1 Pro-zent auf 245 Mio. Euro. Aus der Schweiz, dem zweitgröß-ten Lieferanten, kamen 2016 Nahrungsmittel im Wert von 210 Mio. Euro nach Bayern, daraus errechnet sich gegenüber 2015 eine Erhöhung um 10,2 Prozent. Die Land- und Ernäh-rungswirtschaft der Eidgenossen hat offensichtlich den Auf-wertungsschock in Folge der Aufgabe des Mindestkurses der Schweizer Zentralbank gegenüber dem Euro im Januar 2015 überwunden. Die Vereinigten Staaten verkauften im letzten Jahr ernährungswirtschaftliche Waren im Wert von 117 Mio. Euro nach Bayern und lagen damit um 12,1 Mio. Euro bzw. 11,5  Prozent über dem Vorjahr. China, dessen Einfuhren sich um 12,4 Prozent auf 86 Mio. Euro erhöhten, belegte den vierten Platz. Brasilien blieb trotz eines Impor-trückgangs nach Bayern um 7,8 Prozent mit rund 58 Mio. Euro auf den fünften Rang der bedeutendsten Drittländer, knapp gefolgt von Indien (56 Mio. Euro).

Fazit und AusblickDer ernährungswirtschaftliche Außenhandel Bayerns er-reichte gemäß den vorläufigen Zahlen 2016 sowohl beim Ex- als auch Import trotz der abermals weltweit gesunke-nen Nahrungsmittelpreise jeweils neue Rekordstände. Die EU und das Euro-Währungsgebiet waren mit großem Ab-stand die bedeutendsten Absatz- und Bezugsmärkte. Die wichtigsten Drittlandhandelsnationen mit Warenumsätzen über 100 Mio. Euro waren bei der Ausfuhr die Schweiz, die USA, China sowie Russland und bei der Einfuhr die Türkei, Schweiz sowie die Vereinigten Staaten.

Für 2017 erwartet die Weltbank ein globales Wirtschafts-wachstum von 2,7 Prozent, nach 2,3 Prozent im Vorjahr. Trotz der Verlängerung des Embargos mit Russland und den an-dauernden geopolitischen Konflikten, könnte der internati-onale Handel der Land- und Ernährungswirtschaft von den höheren Rohstoffpreisen und den wieder steigenden Nah-rungsmittelpreisen profitieren.

JOSEF HUBERHERBERT GOLDHOFERBAYerISCHe LANDeSANSTALT FÜr LANDWIrTSCHAFTINSTITUT FÜr erNÄHrUNgSWIrTSCHAFT UND MÄ[email protected]@lfl.bayern.de

→ Abbildung 4: Ernährungswirtschaftlicher Import* Bayerns aus den dreizehn zuletzt beigetretenen EU-Ländern

428,1

374,8

239,7

38,8 53 36,5 26,9 13 12,4 8,0 0,9 0,9 2,3

551,8

360,4

220,5

58,6 49,1 37,8 25,7 19,2 15,2

3,9 1,3 0,8 0,7 0

100

200

300

400

500

600

2015 2016

Mio. Euro

Summe: 2015: 1 235,3 Mio. Euro; 2016: 1 345,0 Mio. Euro (+ 8,9 %). * vorläufig. Quelle: Bay. LfStat. - eigene Berechnungen.

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Auf die richtige Pause kommt es an von VÉRONIQUE GERMSCHEID und SIMONE SCHÄTZKE: Neben der Mittagsmahlzeit ist bei der Schulverpflegung auch eine gesundheitsförderliche Zwischenverpflegung wichtig. Nicht selten werden jedoch zuckerhaltige Limonaden, süße und zum Teil sehr fetthaltige Snacks oder Backwaren verkauft. Hier setzt das „Coaching Schulverpflegung“ an, das neben einem gesundheitsförderlichen Angebot weitere Akzeptanzfaktoren im Blick hat, um die gesunde Zwischenverpflegung zu einem Erfolg werden zu lassen.

Schüler kaufen Pausensnacks an der SchuleWer über mehrere Stunden in der Schule fit und leistungs-fähig sein möchte, braucht neben dem Mittagessen kleine Zwischenmahlzeiten. Studien zeigen, dass viele Kinder und Jugendliche diese in der Schule kaufen. So versorgen sich laut HAW-Studie 58 Prozent aller Grundschülerinnen und Grundschüler in der Schule. Im Sekundarbereich I und II ge-ben sogar 79,6 Prozent der Schülerinnen und Schüler an, eine Zwischenmahlzeit zu kaufen.1)

Doch was macht eine gute Pause aus? Empfehlungen gibt der Qualitätsstandard für die Schulverpflegung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE). Das opti-male Angebot besteht demnach aus:

→ Vollkornprodukten, Müsli ohne Zuckerzusatz, → Gemüse und Salat, → Obst, → fettarmen Milch- und Milchprodukten, → Fleisch- und Wurstwaren als Belag (maximal 20

Prozent Fett), Ei, Seefisch (aus nicht überfischten Beständen),

→ Fette und Öle, → Trink-, Mineralwasser, Früchte-, Kräuter- oder Rot-

buschtee ungesüßt2).

Neben der Lebensmittelauswahl gibt die DGE auch Empfeh-lungen zur Häufigkeit. So sollten Vollkornprodukte, Gemüse und Salat, Obst, Milch(produkte) Fette/Öle täglich angebo-ten werden. Außerdem sollten die Schülerinnen und Schü-ler jederzeit die Möglichkeit haben, Wasser oder ungesüß-ten Früchte-, Kräuter- oder Rotbuschtee zu trinken. Darüber hinaus wird empfohlen, pikante Snacks nur als Nüsse oder Samen ohne Salz und Zucker anzubieten. Süßigkeiten soll-ten ebenso wie gesüßte Getränke nicht verkauft werden.

Individuelle Unterstützung zum ErfolgDie Umsetzung der Empfehlungen in die Praxis ist nicht immer einfach. Für viele Anbieter ist der Verkauf von Le-berkäsesemmeln, Schokoriegeln, süßen Getränken und anderen „Extras“ ein sicherer Zuverdienst. Das schulische Verpflegungsangebot zugleich gesundheitsförderlich

und zielgruppengerecht zu gestalten, wird deshalb für viele Schulen schnell zu einer großen Herausforderung. Unterstützung bietet hier die Vernetzungsstelle Kita- und Schulverpflegung Bayern seit 2013/14 mit dem „Coaching Schulverpflegung“ auch für diesen Verpflegungsbereich. Externe Ernährungsfachkräfte, sogenannte Schulverpfle-gungs-Coaches, unterstützen die Schulen vor Ort ein Schuljahr lang, ihr Verpflegungsangebot gesundheitsför-derlich, akzeptiert, schmackhaft und wirtschaftlich zu ge-stalten.

Das Coaching wird kontinuierlich dokumentiert und jährlich hinsichtlich der Zielerreichung und Verbesserung des Speisenangebots durch die Vernetzungsstelle Kita- und Schulverpflegung Bayern evaluiert.

Coaching-VerlaufZu Beginn jedes Coachings steht die Bestandsaufnahme mit der Checkliste zur Evaluierung der Zwischenverpflegung (siehe Abbildung 1) und dem Angebots-Check Zwischen-verpflegung.

Gemeinsam mit allen Beteiligten auf schulischer Seite – Schulleitung, Lehrkräfte, Schüler, Eltern, Speisenanbieter, Ausgabepersonal und Träger – werden dann die einzelnen verbesserungswürdigen Punkte genauer betrachtet und Ziele formuliert.

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1) Hochschule für angewandte Wissenschaften Hamburg, Studie zur Qualität der Schulverpflegung, 20142) DGE-Qualitätsstandard für die Schulverpflegung, 4. Auflage, 2. korrigierter Nachdruck ,2015

→ Abbildung 1: Auszug aus der Checkliste zur Evaluierung der Zwischen-

verpflegung

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Coaching-Ergebnisse aus dem Schul-jahr 2015/16Im Schuljahr 2015/16 setzten sich die 14 Coa-ching-Schulen insgesamt 66 Ziele für die Ver-besserung ihrer Zwischenverpflegung. Am häufigsten wurden dabei Ziele zum Speisen-angebot formuliert, gefolgt von organisatori-schen Rahmenbedingungen, Marketing, räum-lichen Rahmenbedingungen, Kommunikation und Nachhaltigkeit.

Die Auswertung der Ergebnisse zeigt: Am Ende des Coaching-Jahres wurden circa 70 Pro-zent der eingangs gesetzten Ziele vollkommen und 23 Prozent teilweise erreicht. Außerdem wird anhand des Vorher-Nachher-Vergleichs der angebotenen Zwischenverpflegung er-sichtlich, dass sich das tägliche Angebot in al-len Lebensmittelgruppen zum Positiven verän-derte (siehe Abbildung 2).

Im Folgenden werden exemplarisch einige Herausforderungen und gelungene Lösungs-ansätze dargestellt.

Speisenangebot ergänztIm Pausenverkauf fanden sich in fast allen Coaching-Schulen täglich Leberkäsesemmeln, süße Backwaren und Fast Food im Angebot. Obst und Gemüse wurden dagegen selten täg-lich angeboten. Außerdem waren süße und/oder koffeinhal-tige Getränke zu stark vertreten.

Die Coaching-Schulen führten gesunde Lebensmittel in kleinen Schritten ein. Neben Qualität und Geschmack wa-ren dabei auch Präsentation und Darreichungsform für die Akzeptanz entscheidend.

→ Anbieten von geschnittenem Obst und Gemüse sowie Salaten in „To-go-Bechern“,

→ Bereichern des Angebots mit frisch gepressten Säften oder Smoothies,

→ Anbieten eines ungezuckerten Müsli-Frühstücks vor Schulbeginn,

→ Einführung neuer Produkte wie VeggiePower mit Tofu, Wraps / Sandwiches mit viel Gemüse, Power-Sandwich als schulspezifische Kreation,

→ Steigerung des Angebots an Vollkornprodukten, → Kein Verbot von Fleisch- und Wurstwaren, sondern

Reduzierung auf zwei Tage / Woche bzw. Verkauf von Leberkäsesemmeln nur noch in einer Pause,

→ Installation eines Trinkwasserbrunnens.

Organisatorische RahmenbedingungenFür die optimale Organisation gibt es kein Patentrezept, vielmehr sind individuelle Lösungen, angepasst an die je-

weiligen Möglichkeiten, notwendig. So hat eine Schule bei-spielsweise ein Pausenkörbchen (siehe Bild) eingeführt. Eine Schülerin/ ein Schüler aus der Klasse nimmt die Bestellungen und gleichzeitig auch das Geld der MitschülerInnen entge-gen und übergibt die Gesamtbestellung und -abrechnung mit dem Pausenkörbchen an den Kioskbetreiber. Dieser wie-derum stellt das Pausenkörbchen zusammen. Kurz vor Pau-senbeginn wird es dann durch die Schülerin/ den Schüler abgeholt.

Andere Schulen haben folgende Lösungen zur Verkür-zung der Wartezeiten gefunden:

→ kleinere Auswahl an angebotenen Lebensmitteln, → Staffelung der Essenszeiten für die einzelnen Klassen, → Neugestaltung des Wartebereiches.

Marketing für die gesunde PauseZu Beginn des Coachings wurden empfehlenswerte Lebens-mittel im Vergleich zu zucker- und fettreichen Snacks und gesüßten Getränken deutlich weniger nachgefragt. Bessere Verkaufszahlen für gesundheitsförderliche Angebote wur-den durch folgende Marketing-Maßnahmen erreicht:

→ deutlich günstigerer Verkaufspreis des Wassers im Vergleich zu gesüßten Getränken,

→ Einführung von Bonuskarten, wodurch zum Beispiel das elfte Müsli kostenlos wird,

→ Gestaltung von Werbeplakaten im Kunstunterricht für die nächsten Aktionen,

→ großer Aktionstag mit Produktentwicklungen und Verkostungen durch Schülerinnen und Schüler.

→ Abbildung 2: Vorher-Nachher-Vergleich des täglichen Zwischenverpflegungsangebots

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Räumliche RahmenbedingungenDie räumliche Gestaltung war an den Coaching-Schulen sehr unterschiedlich. Zur Verbesserung der Atmosphäre haben schon Kleinigkeiten Wirkung gezeigt:

→ Verschönern des Raums mit Grünpflanzen und Plakaten,

→ freundlichere Farbgestaltung.

An einer Coaching-Schule war zudem die räumliche Ausstat-tung verbesserungswürdig. Um hygienische Arbeitsabläufe sicherzustellen, wurden dort eine Küchenzeile mit ausrei-chend Arbeitsflächen eingebaut und ein zusätzlicher Was-seranschluss angebracht.

Kommunikation und SchnittstellenDie Schulen verpflichteten sich im Vorfeld des Coachings, ein Essensgremium, bestehend aus mindestens einem Ver-treter der Schulleitung, dem Verpflegungsbeauftragten, ei-nem Elternvertreter, gegebenenfalls einem Schülervertre-ter und dem Speisenanbieter zu installieren. Den Akteuren wurde damit ermöglicht, an den Entscheidungen mitzu-wirken. Zudem mussten die Coaching-Schulen einen Ver-pflegungsbeauftragten ernennen. Dieser koordinierte die Treffen und Aufgaben und fungierte so als Schnittstellen-manager zwischen den Akteuren. Darüber hinaus sicherten

die Coaching-Schulen mithilfe folgender Maßnahmen eine transparente und funktionierende Kommunikation:

→ Befragung der Schülerinnen und Schüler zur Zufrie-denheit sowie nach ihren Wünschen und Verbesse-rungsvorschlägen,

→ Formulierung eines Verpflegungsleitbilds, das den Stel-lenwert der Zwischenverpflegung sowohl innerhalb als auch außerhalb der Schulfamilie kommuniziert,

→ Erstellung eines Leistungsverzeichnisses auf Basis der Empfehlungen des DGE-Qualitätsstandards für die Schulverpflegung,

→ Beteiligung der Schülerfirma bei der Zubereitung der Speisen für den Pausenverkauf.

Gesundheit und Genuss mit NachhaltigkeitEine nachhaltige Ernährung beinhaltet eine Schonung der Umwelt, eine faire Wirtschaft, eine soziale Gesellschaft sowie Gesundheit und Genuss unter Berücksichtigung der Ernäh-rungskultur:

→ Einsatz von Mehrweggeschirr, → drastische Müllreduzierung aufgrund frischer Zube-

reitung der Speisen, → verstärktes Anbieten von saisonalen und regionalen

Produkten.

Gute Lösungswege führen zum Ziel Der Schulalltag erfordert hohe Konzentrations- und Leis-tungsfähigkeit. Die Zwischenverpflegung ist bei optimaler Lebensmittelauswahl eine wichtige Voraussetzung.

Das „Coaching Schulverpflegung“ ermöglicht den Schulen, ihr Verpflegungsangebot zu reflektieren. Neben dem gesund-heitsförderlichen Speisenangebot werden dabei weitere wich-tige Akzeptanzfaktoren unter die Lupe genommen. Dazu gehör-ten im Schuljahr 2015/2016 die Wartezeiten am Pausenverkauf, das Marketing, die Raumgestaltung und die Kommunikation. Außerdem wurden Ziele im Bereich Nachhaltigkeit gesetzt.

Durch die individuell auf die Schulen abgestimmten Lösungswege können so, wie im Schuljahr 2015/16, über 90 Prozent der gesteckten Ziele vollkommen oder teilweise erreicht werden.

Das „Coaching Schulverpflegung“ bietet die Möglichkeit, die Zwischenverpflegung ganzheitlich zu betrachten und dem Akzeptanzproblem entgegenzuwirken. Damit stellt es ein passgenaues Angebot für Schulen dar.

VÉRONIQUE GERMSCHEIDAMT FÜr erNÄHrUNg, LANDWIrTSCHAFT UND FOrSTeN [email protected] SCHÄTZKEKOMPeTeNZZeNTrUM FÜr erNÄHrUNg [email protected]

→ Bild: Vorbestellungen werden klassenweise im Pausenkörbchen

bereitgestellt.

Diese und weitere Verbesserungsmaßnahmen, die sich in der Praxis bewährt haben, hat die Vernetzungsstelle Kita- und Schulverpflegung Bayern in „Erfolgsrezepte für die Schulverpflegung“ zusammengetragen. Sie sind auf der Internetseite der Vernetzungsstelle Kita- und Schulver-pflegung Bayern unter www.schulverpflegung.bayern.de abrufbar.

Infobox: „Erfolgsrezepte für die Schulverpflegung“

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Energieeffizienz in der Außer-Haus-Verpflegung

von IRMA HÄBERLE: In der Außer-Haus-Verpflegung steckt ein großes Potenzial zur Ein-sparung von Energie, sowohl direkt über die Geräte, Beleuchtung, Lüftung, Kühlung und Heizung als auch indirekt über die Lebensmittel. Dabei spielt Regionalität und Saisonalität eine große Rolle, aber auch eine möglichst genaue Prognose der Speisenausgabe. Erst wenn alle Teilaspekte kritisch betrachtet werden, entsteht eine energieoptimierte Küche.

Bei dem Gedanken an Energieeffizienz in der Großküche kommen oft Bilder von dampfenden Kochtöpfen, überdi-mensionalen Kühlkammern und Dauerbrennern wie Be-leuchtung oder Lüftung in den Sinn. Dabei ist der Einsatz von Energie in der Außer-Haus-Verpflegung ein wesentlich vielschichtigeres Thema. Selbstverständlich spielen Küchen-geräte, Kühlung, Lüftung und Beleuchtung eine Rolle. Aber auch in Lebensmitteln steckt Energie. Durch die Betrach-tung des energetischen Fußabdrucks der eingesetzten Le-bensmittel lässt sich die Außer-Haus-Verpflegung energie-effizienter gestalten. Und zu guter Letzt hilft eine verringerte Lebensmittelverschwendung Energie zu sparen.

Die energieeffiziente KücheDas Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirt-schaft und Forsten (StMELF) fördert seit einigen Jahren Pro-jekte rund um die Reduzierung von Lebensmittelabfällen. Die Studie über Potenziale zur Energieeinsparung durch Ver-meidung von Lebensmittelverlusten zeigte, dass 70 Prozent der bayerischen Lebensmittelverluste im Konsumbereich entstehen, das heißt in den Haushalten und in der Außer-Haus-Verpflegung (AHV). Dabei steckt in den Lebensmittelabfällen der AHV durchschnittlich ein hoher Energiever-lust durch den häufig hohen Anteil an tierischen Produkten und durch das Warmhalten der Spei-sen im Ausgabebereich. Dieses Bewusstsein um den hohen Energieeintrag in den Abfällen der AHV gab den Anstoß für das Projekt „Energie-effiziente Küche“ (ENKÜ).

Bei ENKÜ stehen die unterschiedlichen Berei-che der Energieeffizienz in Großküchen im Fokus, vom direkten Energieeintrag der Geräte, Küh-lung und Lüftung über den energetischen Fuß-abdruck bis hin zu einer verbesserten Prognose im Bereich der Essensausgabe, um Lebensmittel-verluste zu minimieren. Dabei sind unterschied-liche Projektpartner als Experten involviert. Die Universität Stuttgart befasst sich mit dem direk-

ten Energieverbrauch und der Analyse der Lebensmittelab-fälle, die Ressource Management Agentur Wien erfasst und bewertet den energetischen Fußabdruck der Lebensmittel und die Technische Hochschule Deggendorf entwickelt ein Prognose tool für die Küchenleiter.

Auch daran beteiligt sind außerdem fünf bayerische Pilotküchen aus den Bereichen Betriebsgastronomie und Schulverpflegung (siehe Abbildung). So unterschiedlich die Küchen sind, so verschieden sind auch die Interessen der Projektteilnehmer. Allen gemein ist die Motivation, in ihrem Bereich besser zu werden und möglichst energieeffizient zu arbeiten. Seit September 2016 läuft die umfangreiche Datenerfassung, die als ersten Schritt den Ist-Zustand der Küchen abbildet.

Direkter Energieverbrauch – vom Herd bis zur SpüleIm Bereich des direkten Energieverbrauchs werden zunächst bereits vorliegende Daten wie Jahreswerte von Strom- und

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→ Abbildung: Die „Energieeffiziente Küche“ – das Projektteam mit den teilnehmen-

den Pilotküchen aus den Bereichen Betriebsgastronomie und Schulverpflegung

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Gasverbrauch abgefragt. Gleichzeitig ermittelt die Uni Stutt-gart anhand von Inventarlisten die größten Verbraucher der jeweiligen Küche und kategorisiert sie nach Prozessberei-chen. Um für die zehn größten „Energiefresser“ den tatsäch-lichen Verbrauch zu ermitteln, wird jedes dieser Geräte für mindestens 24 Stunden an ein Messgerät angeschlossen. Anschließend werden die Tagesverläufe beispielsweise auf Lastspitzen, Stand-by-Verbrauch und Auslastung hin analy-siert, um mögliche Einsparungen abzuleiten. Da einerseits die Gerätetechnologie entscheidend ist, andererseits aber auch das Nutzungsverhalten Einsparpotenzial bietet, finden intensive Absprachen mit dem Küchenteam statt, um nach-haltige Veränderungen zu etablieren.

Energetischer Fußabdruck der LebensmittelGrundlage für eine Beurteilung des aktuellen energetischen Fußabdrucks sind die Einkäufe der Küchen. Dabei werden die Lebensmittel in Produktgruppen unterteilt, und für je-des Lebensmittel wird der jährliche Einkauf in Kilogramm gelistet. Auch die Herkunft der einzelnen Produkte fließt in die Erhebung ein. Regional eingekauftes Gemüse und Obst, die gerade Saison haben, bringen beispielsweise einen ge-ringen energetischen Fußabdruck mit.

Anhand dieser Angaben kann die Ressource Manage-ment Agentur aus Wien Aussagen über die am häufigsten verwendeten Lebensmittel in der Küche machen. Für die 15 häufigsten Produkte wird dann der energetische Fußab-druck ermittelt. Empfehlungen, um eine günstigere Ener-giebilanz in diesem Bereich zu erreichen, sind die weitere Konsequenz aus dieser Analyse. In der Küche der Navitas BSH Hausgeräte GmbH wird beim Einkauf der Lebensmittel mehr und mehr Wert auf Regionalität und Saisonalität ge-legt. Unter anderem werden ab diesem Jahr im Winter am Salatbuffet keine Tomaten mehr angeboten.

Zusätzlich zu den bereits genannten Aspekten ist immer auch der Anteil an Bioprodukten Teil der Erhebung. In den fünf Pilotküchen geht die Schere weit auseinander – von gar keiner Verwendung bis zu fast ausschließlicher. Beispiels-weise in der städtischen Schul- und KITA-Küche am Campus Hermann-Gmeiner-Weg legt die Küchenleiterin höchsten Wert auf Biolebensmittel. Sie kauft zu fast 100 Prozent Bio-produkte ein.

Entwicklung eines PrognosesystemsDie Vorhersage, welche Speisen in welcher Menge zu kal-kulieren sind, obliegt in den teilnehmenden Küchen den Küchenleitern. Die Erfahrung der Fachkräfte zeigt sich in den Prognosen, die meist gut vereinbar mit den tatsächli-chen Verkäufen sind. Außerdem hat jede Küche ihr internes System, wie sie übriggebliebene Speisen weiterverarbeiten können. So werden im Internat St. Marien übrige Speisen aus

der Schulverpflegung in der Klosterküche weiterverwertet. Obwohl die wenigsten Lebensmittel wirklich im Müll lan-den, ist es für den Küchenablauf vorteilhaft, so genau wie möglich den Abverkauf zu planen und zusätzliche Kosten und Zeitaufwand zu vermeiden.

In einigen der teilnehmenden Küchen ist es vertraglich geregelt, dass die angebotenen Speisen bis kurz vor Ausga-beschluss angeboten werden müssen. In der WWK in Mün-chen hat der Küchenchef beispielsweise für den Notfall im-mer ein paar Schmankerl als Ersatz in der Hinterhand. Er und sein Team haben großes Interesse, das Prognosesystem in ihrer Küche zu testen, um zukünftig eine noch bessere Vor-hersage zu haben – eine Kombination aus eigenen Erfah-rungen und neuester Technik.

Lebensmittelverluste reduzierenDie Lebensmittelverluste möglichst gering zu halten, ist al-len teilnehmenden Küchenleitern ein Anliegen. Eine Stell-schraube sind dabei die Portionsgrößen bei der Essensaus-gabe. Das weiß auch der Küchenleiter von InfraServ in Burgkirchen. Dass in diesem Bereich in seiner Küche nur noch wenig Spielraum zum Optimieren ist, zeigt sich am Tellerrücklauf. Kaum einer seiner Essensteilnehmer lässt Es-sensreste zurückgehen – was auch in den anderen teilneh-menden Küchen der Fall ist. Andere Bereiche, in denen Le-bensmittelabfälle entstehen, sind die Produktion und die Ausgabe, beispielsweise am Salatbuffet. Dabei muss zwi-schen vermeidbaren und nicht vermeidbaren Abfällen un-terschieden werden, um am richtigen Punkt anzusetzen. Nicht vermeidbare Lebensmittelverluste sind beispielsweise Rüstabfälle, wie Bananenschalen. Bei genaueren Untersu-chungen, die im Lauf des Jahres durchgeführt werden, soll sich zeigen, ob und in welchen Bereichen Potenzial zur Re-duzierung von Lebensmittelverlusten vorhanden ist.

Vom Einzelnen zum AllgemeinenWas wird nun mit den erhobenen Daten gemacht? Nach den Auswertungen erhält jede Küche Optimierungsvorschläge, deren Umsetzung vom Projektteam bis Ende 2017 begleitet wird. Damit von den Ergebnissen nicht nur die Pilotküchen profitieren, entstehen Arbeitstools zur Energieeffizienz, die alle Küchenleiter der AHV in Zukunft nutzen können. Regel-mäßige Berichte über den aktuellen Stand des Projekts gibt es unter: www.kern.bayern.de/wissenschaft/145804

IRMA HÄBERLEKOMPeTeNZZeNTrUM FÜr erNÄ[email protected]

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Sommerpause

Wenn der Schreibtisch sich langsam unter den Papierbergen zu bie-gen droht und das Auffinden der gesuchten Notiz mit größeren Um-räumarbeiten im Büro verbunden ist, ist Zeit für die Sommerpause!

Üblicherweise sind dann die Flure der Ämter verwaist, viele Büro türen geschlossen und das Telefon klingelt nicht mehr so häufig. In dieser som-merlichen Ruhe und nach den vielen Erledigungen in der letzten Zeit, tut es gut, wenn Kopf und Hände mal ein bisschen langsamer machen können. Es tut gut, auf das was war zurück zu blicken und sich selbst auf die Schulter zu klopfen, wenn man überblickt, was alles erledigt wurde.

Rückblick? Der Jahresrückblick findet doch üblicherweise im Dezember statt! Und die sommerliche Ruhe spürt man vielleicht auf den Gängen, aber in den Büros? Blickt man nicht eher auch jetzt aus den Akten erstaunt auf: „Was? Sind schon Sommerferien?“ Und wenn man dann ganz schnell noch das und jenes und dieses erledigt, dann – dann durchschnaufen?!

Durchschnaufen hieße eine Pause zu machen. Das Verschieben dieser Pause auf ein Morgen ist aber so üblich geworden, dass das Pausen-Konto bei den meisten von uns ganz schön gut gefüllt sein dürfte. Die Dicke dieses „Zeit-Sparbuches“ kann man an den noch nicht genommen Urlaubstagen, den Überstunden und den Papierstapeln, die auf eine Ablage warten, abschätzen.

Nun gibt es viele kluge Menschen, die uns immer wieder ermahnen, dass solches Spa-ren nichts bringt. Zeit kann nicht aufgespart werden, Zeit rinnt immer gleichmäßig. Sie rinnt, sie rennt nicht (eigentlich!). Unsere eigenen Antreiber bringen uns dazu, die Zeit so zu nutzen, wie wir es tun: „Sei stark!“, also „Werde nicht müde und schaff das noch, du kannst es!“. „Sei schnell!“ bringt uns dazu, nur noch schnell, das zu erledigen und die nächste Anfrage auch mit einem „Geht schon noch!“ anzunehmen. Wer treibt uns wirklich an, die Sommerpause wieder ohne Durchschnaufen zu verbringen? Ohne die Ablage und den Rückblick?

Wahrscheinlich lesen diejenigen, die sich die Pausen verkneifen, auch keine Beobach-ter. Dafür ist ja keine Zeit! Der Leser aber, der seine Pause gerade mit dieser Lektüre ver-bringt, hat sich dafür entschieden. Nutzt seine Zeit für das Lesen. Und wenn man kei-nen Antreiber dahinter unterstellen will („Zum Perfekt-Sein gehört es, eine Zeitschrift bis zur letzten Seite zu lesen!“), dann ist es eine bewusste Entscheidung. Die wird einem klarer, wenn sie ausgesprochen wird: „Es ist mir wichtig, dass ich das tue!“ Aber auch: „Dafür nehme ich mir keine Zeit! Das ist mir nicht so wichtig.“

Ruhe einplanen in seinen Arbeitsalltag heißt ja nicht, sofort in den Ruhestand zu ge-hen. Seine Ernte einfahren und dann mit ein bisschen Abstand sich an seinem eigenen Tun erfreuen, das braucht Ruhe. Vielleicht lässt sich in einer sommerlichen Mittags-pause nachspüren, was Thodor Storm in seinem Sommergedicht formuliert: „Kein Klang der aufgeregten Zeit, drang noch in diese Einsamkeit“.

Ihr B.Obachter

Der BeOBACHTer

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IMPRESSUM

Herausgeber: Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und ForstenISSN: 0941-360X

Internet:www.stmelf.bayern.de/SuB

Abonnentenservice:Staatliche Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und ForstenPorschestraße 5 a, 84030 Landshut, Telefon +49 871 9522-371, Fax +49 871 9522-399

Kontakt:Schriftleitung: Angelika SpitzerPorschestraße 5 a, 84030 Landshut, Telefon +49 871 9522-394, Fax +49 871 9522-399 [email protected]

Die in „Schule und Beratung“ namentlich gekennzeichneten Beiträge geben die Auffassung des Autors wieder. Eine Überprüfung auf fachliche Richtigkeit ist nicht erfolgt.

Redaktionsschluss für Heft 10/2017: 1. Juli 2017

Titelbild: Schleppschlauchtechnik bei der Gülleausbringung (Foto: Gudrun Riedel, AELF Uffenheim)