44
ArzneimForschDrugRes Inhalt Götte, D. Im Gedenken an Professor Dr. med. Dr. h. c. Hans Erhard Bock 2 Zepp, F., Scriba, P. C., Vorwort 3 Dimensionierung des Problems Seyberth, H. W. Was sind die Probleme der Arzneimittel- therapie in der Kinder- und Jugend- medizin? 4 Zepp, F. Warum sind Studien an Kindern eine Herausforderung? Die Sicht der Pädiatrie 5 Rose, K. Implementierung pädiatrischer Aspekte in den Arzneimittelentwicklungsprozeß 6 Probleme und Perspektiven der speziellen Pharmakotherapie im Kindes- und Jugendalter Hulpke-Wette, M. Fortschritte in der Arzneimitteltherapie kardiologischer Krankheitsbilder im Kindesalter 8 Boos, J. Therapieentwicklung in der pädiatrischen Onkologie 10 Remschmidt, H. Pharmakotherapie bei psychiatrischen Erkrankungen im Kinder- und Jugendalter 13 Kiess, W., Gebauer, C., Brosteanu, O., Kapellen, T. Probleme und Perspektiven der speziellen Pharmakotherapie im Kindes- und Jugend- alter Endokrinologie (z. B. moderne Hormonersatztherapien) 15 Böhles, H. Ernährungstherapeutische Ansätze in der pädiatrischen Gastroenterologie 16 Beck, M. Enzymersatztherapie bei lysosomalen Speicherkrankheiten 18 Gortner, L. Neonatologische Intensivmedizin 19 Reinhardt, D. Molekularbiologische Probleme einer kausalen Therapie der zystischen Fibrose im Kindesalter 21 Rechtliche und regulatorische Vorgaben Kölch, M. Kindgerechte Aufklärung und Einwilli- gungsfähigkeit bei Kindern im Rahmen klinischer Prüfungen 22 Hirschfeld, S. The Best Pharmaceuticals for Children Act and Pediatric Research Equity Act / Food and Drug Administration initiatives direc- ted at providing information for evidence based use of medicinal products for chil- dren 24 Throm, S. Aktuelle Entwicklungen in der EU 28 Verbesserung der Arzneimittelsituation bei Kindern Liese, P. Bessere Arzneimittel für Kinder Haltung des Europäischen Parlamentes 29 Volkmer, M. Die Arzneimitteltherapie bei Kindern und Jugendlichen sicherer machen 32 Braun, H. Die politische Diskussion zur Arzneimittel- versorgung und -sicherheit bei Kindern 34 Hauer, R. Möglichkeiten und Realität staatlicher Forschungsförderung 36 Weber, H.-J. Die Sicht der pharmazeutischen Industrie 37 Kaesbach, W. Verbesserung der Arzneimittelsituation bei Kindern Die Sicht der Krankenkassen 38 After Dinner Lecture Kurth, B.-M. Der Kinder- und Jugend-Gesundheits- survey Wem nutzt er? 41 Anschriften der Referenten 43 1

SD PDF korrigiert 2.Version 01- - paul-martini-stiftung.de fileIm Gedenken an Professor Dr. med. Dr. h. c. Hans Erhard Bock Am 12. Juli 2004 verstarb im Alter von 100 Jahren Prof

  • Upload
    others

  • View
    0

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

ArzneimForschDrugRes

Inhalt

Götte, D.Im Gedenken an Professor Dr. med.Dr. h. c. Hans Erhard Bock 2

Zepp, F., Scriba, P. C.,Vorwort 3

Dimensionierung des Problems

Seyberth, H. W.Was sind die Probleme der Arzneimittel-therapie in der Kinder- und Jugend-medizin? 4

Zepp, F.Warum sind Studien an Kindern eineHerausforderung? Die Sicht der Pädiatrie 5

Rose, K.Implementierung pädiatrischer Aspekte inden Arzneimittelentwicklungsprozeß 6

Probleme und Perspektivender speziellen Pharmakotherapieim Kindes- und Jugendalter

Hulpke-Wette, M.Fortschritte in der Arzneimitteltherapiekardiologischer Krankheitsbilder imKindesalter 8

Boos, J.Therapieentwicklung in der pädiatrischenOnkologie 10

Remschmidt, H.Pharmakotherapie bei psychiatrischenErkrankungen im Kinder- und Jugendalter 13

Kiess, W., Gebauer, C., Brosteanu, O.,Kapellen, T.Probleme und Perspektiven der speziellenPharmakotherapie im Kindes- und Jugend-alter − Endokrinologie (z. B. moderneHormonersatztherapien) 15

Böhles, H.Ernährungstherapeutische Ansätze in derpädiatrischen Gastroenterologie 16

Beck, M.Enzymersatztherapie bei lysosomalenSpeicherkrankheiten 18

Gortner, L.Neonatologische Intensivmedizin 19

Reinhardt, D.Molekularbiologische Probleme einerkausalen Therapie der zystischen Fibroseim Kindesalter 21

Rechtliche und regulatorische Vorgaben

Kölch, M.Kindgerechte Aufklärung und Einwilli-gungsfähigkeit bei Kindern im Rahmenklinischer Prüfungen 22

Hirschfeld, S.The Best Pharmaceuticals for Children Actand Pediatric Research Equity Act / Foodand Drug Administration initiatives direc-ted at providing information for evidencebased use of medicinal products for chil-dren 24

Throm, S.Aktuelle Entwicklungen in der EU 28

Verbesserung der Arzneimittelsituationbei Kindern

Liese, P.Bessere Arzneimittel für Kinder −Haltung des Europäischen Parlamentes 29

Volkmer, M.Die Arzneimitteltherapie bei Kindern undJugendlichen sicherer machen 32

Braun, H.Die politische Diskussion zur Arzneimittel-versorgung und -sicherheit bei Kindern 34

Hauer, R.Möglichkeiten und Realität staatlicherForschungsförderung 36

Weber, H.-J.Die Sicht der pharmazeutischen Industrie 37

Kaesbach, W.Verbesserung der Arzneimittelsituation beiKindern − Die Sicht der Krankenkassen 38

After Dinner Lecture

Kurth, B.-M.Der Kinder- und Jugend-Gesundheits-survey − Wem nutzt er? 41

Anschriften der Referenten 43

1

Im Gedenken anProfessor Dr. med. Dr. h. c. Hans Erhard Bock

Am 12. Juli 2004 verstarb im Alter von 100 Jahren Prof. Dr.med. Dr. h. c. Hans Erhard Bock. Mit ihm verlieren wir eineder herausragenden Persönlichkeiten in der deutschenMedizin der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Hans Erhard Bock, am 31. Dezember 1904 in Walters-hausen/Thüringen geboren, studierte an den UniversitätenMarburg, München, Jena, Bonn und Hamburg Medizin.Danach bildete er sich zum Internisten weiter. Von 1933 bis1938 arbeitete Bock unter Vollhard an der MedizinischenUniversitätsklinik in Frankfurt. Zwei Jahre nach seinerHabilitation übernahm er 1937 die Funktion eines Ober-arztes. Seit 1938 in Tübingen wurde ihm von 1939 bis 1942als kommissarischer Direktor die Leitung der Medizini-schen Universitätsklinik übertragen. Nach dem 2. Weltkriegwurde Bock Oberarzt an der Medizinischen Klinik Tübin-gen unter Bennhold. 1949 erhielt er einen Ruf auf denLehrstuhl für Innere Medizin der Universität Marburg, woer das Amt des Dekans der Medizinischen Fakultät und desRektors der Universität bekleidete. 1962 wechselte Bock aufden Lehrstuhl für Innere Medizin an der Universität Tübin-gen. Dieser Universität gehörte er bis zu seiner Emeritie-rung im Jahre 1972 an.

Hans Eberhard Bock hatte sich Zeit seines Lebens fürdie Entwicklung und Etablierung der Klinischen Pharma-kologie eingesetzt und auf die Anerkennung dieses Fachge-bietes bei Universitäten, Standesorganisationen und Be-hörden gedrungen. Während seiner Zeit als wissenschaft-licher Berater der Paul-Martini-Stiftung von 1972 bis 1980hatte er gemeinsam mit der Deutschen Forschungsge-meinschaft das Programm ’Klinische Pharmakologie’ be-gründet. Schwerpunkt dieses von der Paul-Martini-Stiftungmit erheblichen Mitteln geförderten Programms war die

Einrichtung von Lehrstühlen für Klinische Pharmakologiean den deutschen Hochschulen. Durch die von ihm we-sentlich mitgestalteten Göttinger Seminare wurde der Dia-log zwischen Stipendiaten, die über ihre Arbeiten sowieüber ihre Erfahrungen berichteten, und einem immer grö-ßer werdenden Kreis von Klinikern und Pharmakologenvon Hochschule und Industrie gefördert. Sein unermüd-liches Werben für die Klinische Pharmakologie zeigteschließlich Früchte: 1979 empfahl die Gesundheitsmini-sterkonferenz die Einrichtung von Lehrstühlen und Abtei-lungen für klinische Pharmakologie an den Universitäten,und der deutsche Ärztetag verabschiedete im selben Jahrdie Weiterbildungsordnung für das Teilgebiet KlinischePharmakologie.

Das Werk Hans Erhard Bocks umfaßt mehr als 320 Pu-blikationen, in denen thematisch verschiedene Gebiete derInneren Medizin angesprochen werden. Die Arbeiten legenZeugnis davon ab, daß sich Bock mit vielen Fragen des ge-samten Faches auch im Detail beschäftigt hat.

In Anerkennung seiner Verdienste um die KlinischePharmakologie hatte Professor Bock viele Ehrungen erhal-ten, darunter 1982 die Paul-Martini-Medaille in Gold und1992 die Ernst Jung-Medaille für Medizin in Gold, und erwar zum Ehrenmitglied mehrerer Akademien und nationa-ler wie internationaler Gesellschaften berufen worden.

Der Paul-Martini-Stiftung (PMS) war Hans Erhard Bockin besonderer Weise verbunden. Viele Jahre lang stand erder Stiftung als wissenschaftlicher Berater zur Seite. Auchnach seinem Ausscheiden hat er aktiv an den Veranstaltun-gen der Stiftung teilgenommen. Wir erinnern uns gern anseine regelmäßigen Beiträge im Rahmen der jährlichenwissenschaftlichen Symposien ebenso wie an seine Prä-senz bei den Verleihungen des Paul-Martini-Preises wäh-rend der Jahrestagungen der Gesellschaft für Innere Medi-zin in Wiesbaden.

Hans Erhard Bock strahlte bis ins hohe Alter geistigePräsenz, Dynamik, Zuverlässigkeit und Vitalität auf seineUmgebung aus. Ungewöhnliche Kenntnisse auf dem ge-samten Gebiet der Inneren Medizin, ein scharf beobach-tendes Auge auch den feinsten Symptomen gegenüber undder Blick für das Wesentliche waren hervorstechende Ei-genschaften dieses bedeutenden klinischen Lehrers. Wirtrauern nicht nur um den Verlust eines großen Wissen-schaftlers sondern auch um einen klugen, liebenswertenund stets aufmerksamen Menschen.

Dr. Dieter GötteSprecher des Vorstandes der Paul-Martini-Stiftung

In den Medien haben Fragen der klinischen Phar-makologie im Kindesalter in den vergangenenMonaten vermehrte Aufmerksamkeit gefunden.Ein nicht unbeträchtlicher Teil der Medikamentemuß derzeit nämlich in der Pädiatrie ohne aus-drückliche Zulassung für diese Altersgruppe ein-gesetzt werden. Das kann zu Sicherheitsproble-men bei den behandelten Kindern und Haftungs-risiken für den Arzt führen. Daher plädieren diein diesem Bereich tätigen Wissenschaftler für eineAusweitung streng kontrollierter klinischer Prü-fungen mit Kindern. Denn Kinder in kontrollier-ten Studien sind einem geringeren Risiko ausge-setzt, als wenn sie mit nur bei Erwachsenen ge-prüften Arzneimitteln therapiert werden. Kindersind eben keine „kleinen Erwachsenen“. Es gehtum die richtige Dosierung, um kinderspezifischeNebenwirkungen oder Wechselwirkungen. UnserSymposium wird dieses Problem beleuchten undan Beispielen der speziellen Pharmakotherapieim Kindes- und Jugendalter verdeutlichen. Ab-schließend werden die rechtlichen und regulato-rischen Vorgaben dargestellt, politische Initiati-ven auch auf europäischer Ebene erläutert unddie Förderung der klinischen Forschung in derPädiatrie diskutiert.

Das Paul-Martini-Symposium 2004 setzt dieTradition der bisher mit der Mainzer Akademie

Vorwort

Fred Zeppa und Peter C. Scribab

Kinderklinik und Kinderpoliklinik der Johannes Gutenberg-Universität Mainz a

und Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität Münchenb

der Wissenschaften und der Literatur verbunde-nen Herbstsymposien fort. Es findet erstmals inVerbindung mit der deutschen Akademie der Na-turforscher Leopoldina (Halle) und erstmals inBerlin statt. Dadurch, daß das Symposium in dieunmittelbare Nähe der politischen Entschei-dungsträger in Deutschland rückt, erhoffen sichdie Organisatoren eine noch höhere Aufmerksam-keit für ihre wissenschaftlichen und gesundheits-politischen Anliegen. In diesem Ziel ist die Paul-Martini-Stiftung mit der traditionsreichen Leo-poldina verbunden. Am Grundanliegen der Paul-Martini-Stiftung, die sich als Mittler versteht unddie Diskussion zwischen universitären und indu-striellen Forschern fördern will, wird unverändertfestgehalten. Deshalb werden auch in diesem JahrWissenschaftler aus den Universitäten und ausder Industrie sowie Sachverständige aus Ministe-rien, Behörden und Verbänden teilnehmen.

In diesem Sinne wünschen wir dem Audito-rium zwei anregende Tage.

Wir danken dem Vorstand der Paul-Martini-Stiftung sowie insbesondere Frau Schwalbachund Herrn Dr. Throm für ihren großen Einsatz beider Vorbereitung des Symposiums sowie dem Ver-band Forschender Arzneimittelhersteller (VFA)für die großzügige Unterstützung.

3

Dimensionierung des Problems

Was sind die Probleme der Arzneimitteltherapiein der Kinder- und Jugendmedizin?

Hannsjörg W. Seyberth

Philipps-Universität Marburg, Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Marburg

Kinder und Jugendliche sind keine Miniaturausgabenvon Erwachsenen. Sie unterscheiden sich von diesenbezüglich der Anatomie, Physiologie, Pathophysiologie,Pharmakotherapie und Psychologie. Wir unterteilenheute mindestens fünf relevante Entwicklungsstadienin der Jugend- und Kindermedizin:

1. Das extrem kleine Frühgeborene (unter der 27.Schwangerschaftswoche), das um sein Überlebenkämpft.

2. Das Termingeborene, das sich nach der Geburt andas extrauterine Leben adaptieren muß.

3. Der Säugling und Krabbler (bis zum Ende des 2. Le-bensjahres), der sich in einer stürmischen Wachs-tumsphase befindet.

4. Das Kindergarten- und Schulkind (bis zum abge-schlossenen 11. Lebensjahr), das sich in der Diffe-renzierung und Ausbildung befindet.

5. Der Jugendliche, der durch seine hormonelle Um-stellung in der Pubertät die Reproduktionsfähigkeiterlangt und eine Art Metamorphose durchläuft.

In diesen sehr unterschiedlichen Entwicklungsstadienunterscheidet sich der Arzneimittelbedarf deutlich von-einander, so z. B. benötigt das lebensgefährdete unreifeFrühgeborene überwiegend kardiovaskulär und pulmo-nal wirksame Medikamente der Intensivmedizin, wäh-rend der Jugendliche mit endokrinen Dysfunktionen ei-ner differenzierten Hormontherapie zugeführt werdenmuß.

In den einzelnen Entwicklungsstadien gibt es zahl-reiche pharmakologische Besonderheiten. Die größtenpharmakokinetischen Unterschiede, d. h. Unterschiedein der Verteilung, Verstoffwechslung und Ausscheidungeines Medikaments, finden wir bei dem Früh- und Neu-geborenen. So ist z. B. die Medikamentenaufnahme ausdem Darm durch die verminderte Säureproduktion imMagen, durch den verminderten Gallenfluß und durchunterschiedliche Darmmotilität stark beeinflußt. Auchdie Arzneimittelverteilung im Körper gestaltet sich auf-

grund des höheren Wassergehalts, der geringeren Mus-kelmasse und des sich schnell verändernden Fettge-halts sehr unterschiedlich. Aber am gravierendsten sinddie Unterschiede im Arzneimittelstoffwechsel in der Le-ber, der einem Reifungsprozeß unterlegen ist − ebensowie die Ausscheidung über die Niere. Ganz gegensätz-lich hierzu ist im Säuglings- und Kleinkindesalter dieLeber- und Nierenleistung in der sogenannten prolife-rativen Wachstumsphase, so daß Arzneimittel sehr vielschneller verstoffwechselt und ausgeschieden werden.Erst während der Pubertät nähert sich die Pharmakoki-netik den Verhältnissen wie sie im Erwachsenenalterbekannt sind. Während diese pharmakokinetischen Zu-sammenhänge heutzutage schon recht gut untersuchtsind, wissen wir noch sehr viel weniger über die Phar-makodynamik vieler Arzneimittel, d. h. von der Wir-kung direkt am Wirkort im Organismus. Und noch we-niger wissen wir, welchen Einfluß Medikamente im frü-hen Entwicklungsstadium auf Organsysteme wie dasImmunsystem, das Skelettsystem, die Geschlechtsor-gane und natürlich auch auf die sich entwickelndengeistigen Fähigkeiten im späteren Leben haben können.So können Asthmamittel zu Kleinwuchs, Rheumamittelzur Sterilität und Kortisonpräparate bei Frühgeborenenzu gestörter kognitiver Entwicklung im Schulkindalterführen.

Trotz dieser Problematik werden Arzneimittel beiKindern nicht selten (durchschnittlich 50 %) außerhalbdes Zulassungsbereichs (off label) oder ohne Zulassung(unlicensed) angewendet. Je jünger und je kranker dasKind, desto höher ist dieser unlicensed und off labelArzneimitteleinsatz (über 90 %) auf der neonatologi-schen Intensivstation. Dieses Problem besteht in allenwestlichen Ländern. Entsprechende Daten und Studienliegen aus den USA, Großbritannien, Frankreich, Deutsch-land, den Niederlanden, Italien, Israel, Schweden undAustralien vor.

4

Als Folge der Pharmakotherapie außerhalb und ohneZulassung kommen Arzneimittel in der Pädiatrie ohneDosisempfehlungen, mögliche Warnungen vor uner-wünschten Arzneimittelwirkungen, Angaben über mög-liche Arzneimittelinteraktionen und ohne adäquate pä-diatrische Darreichungsformen zur Anwendung. Ent-sprechend hoch sind auch die hierdurch verursachten

Warum sind Studien an Kindern eine Herausforderung?Die Sicht der Pädiatrie

Fred Zepp

Kinderklinik und Kinderpoliklinik sowie BMBF-gefördertes PAED-Net, Johannes Gutenberg-Universität, Mainz

Kinder und Jugendliche stellen in Europa etwa einFünftel der Bevölkerung dar. Dessen ungeachtet liegt,abhängig von der Altersgruppe, für nur etwa 40 bis 80 %der bei Kindern angewandten Arzneimittel eine formalebehördliche Zulassung (Conroy et al. 2000) vor. DiesesProblem stellt sich um so gravierender dar, als für etwa40 % der von der WHO als unverzichtbar erklärten Arz-neimittel in den Herstellerangaben Anwendungsver-bote für Kinder ausgewiesen sind. Diese Substanzensind demnach für Kinder hinsichtlich Dosierung, Wir-kung und Nebenwirkung nicht gezielt untersucht wor-den. Pädiater, aber auch Anästhesisten und Chirurgenmüssen daher häufig, insbesondere in der Intensivme-dizin, Medikamente außerhalb der zugelassenen An-wendungsbereiche einsetzen (Knöppel et al. 2000). Kin-der haben damit ein deutlich höheres Risiko sowohl fürArzneimittelnebenwirkungen als auch für unzurei-chend wirksame Pharmakotherapie als dies bei Erwach-senen der Fall ist (Turner et al. 1998).

Neben dem limitierten Marktpotential pädiatrischerApplikationen tragen medizinisch-biologische, juristi-sche und ethische Besonderheiten bei der Arzneimittel-prüfung im Kindesalter zu diesem Dilemma bei.

Das Kindes- und Jugendalter umfaßt den Zeitraumvon der Geburt bis zum Abschluß der körperlichen Ent-wicklung etwa zwischen dem 16. und 18. Lebensjahr. Indiesem Zeitfenster durchläuft der menschliche Organis-mus eine eindrucksvolle Entwicklung, die sich alleineschon darin dokumentiert, daß das durchschnittlicheGeburtsgewicht von 3000−3500 g in weniger als zweiDekaden nahezu verzwanzigfacht wird. Abhängig vomAlters- und Entwicklungsstand unterliegt die Physiolo-

Arzneimittelnebenwirkungen. Einzelne Untersuchun-gen aus Großbritannien und Frankreich ergaben imVergleich zur zugelassenen Anwendung etwa eine Ver-dopplung insbesondere der schweren Arzneimittel-nebenwirkungen sowohl im stationären als auch imambulanten Bereich.

gie des Kindes und Jugendlichen kritischen Verände-rungen (Kearns et al. 2003). Dies betrifft spezifische Or-ganfunktionen, wie z. B. Hirnentwicklung und -reife,Funktionsfähigkeit der Blut-Hirn-Schranke, Leber- undNierenfunktion, aber auch systemische Aspekte wiez. B. die Regulation des Wasser- und Elektrolythaushal-tes oder die Relationen von Verteilungsräumen. Im Hin-blick auf die Aufnahme und den Metabolismus von Arz-neimitteln sind altersabhängig unterschiedliche Re-sorptionsqualitäten wie auch metabolische Besonder-heiten zu beachten. Für die Arzneimittelprüfung ist da-her zwischen Früh- und Neugeborenen, Säuglingen undKleinkindern, Schulkindern und jungen Erwachsenenzu differenzieren, denn: Kinder sind keine kleinen Er-wachsenen.

Eine weitere Herausforderung stellt die Nosologiedes Kindes- und Jugendalters dar. Kaum eine anderemedizinische Disziplin umfaßt eine derart hohe Zahl andifferenten Krankheitsbildern, die zudem durch mehrals 5000 genetisch determinierte, in der Regel selteneErkrankungen erweitert wird. Ähnlich wie die alters-assoziierten physiologischen Veränderungen kennt dieKinderheilkunde unzählige nur in bestimmten Alters-gruppen auftretende Krankheitsbilder, ein Phänomen,das auch mit dem Begriff Nosomorphose umschriebenwird. So zeigt beispielsweise die Differentialdiagnosedes Ikterus bei Neugeborenen fast keine Überlappun-gen mit Krankheitsbildern, die das gleiche Symptombeim Schulkind oder jungen Erwachsenen hervorrufen.Die Planung von Arzneimittelstudien im Kindesalter er-fordert daher auch eine intensive Auseinandersetzungmit den spezifischen Problemen der Entwicklungsab-

5

schnitte des Menschen. Dies gilt gerade dann, wenn essich um sehr seltene (< 1:100 000) Krankheiten, die sogenannten „Orphan diseases“, handelt.

Bei der Durchführung von klinischen Studien mußweiterhin berücksichtigt werden, daß die zu prüfendenSubstanzen in für Kinder akzeptablen Darreichungsfor-men, wie z. B. als wohlschmeckende Säfte, zur Verfü-gung stehen. Solche eigentlich selbstverständlich er-scheinenden Aspekte haben, wenn nicht adäquat be-dacht, nicht wenige Studien zum Scheitern verurteilt.Die Probengewinnung z. B. durch Blutentnahmen istsowohl hinsichtlich der technischen Durchführung wieauch des Umfangs zulässiger Probenvolumen beimKind limitiert. Die Entwicklung moderner, wenig invasi-ver und gering belastender Testverfahren, wie beispiels-weise Speichel-, Urin- und Stuhluntersuchungen oderAtemgasanalysen, ist daher eine vordringliche Heraus-forderung für die zukünftige Arzneimittelprüfung beiKindern.

Schließlich stellen juristische und ethische Aspekteim Hinblick auf Aufklärungs- und Einwilligungsfähig-keit von Kindern und Jugendlichen hohe Anforderun-gen an die Planung und Durchführung einer Studie. Zu-wendung zum Kind, Beachtung der altersabhängigen

Implementierung pädiatrischer Aspektein den Arzneimittelentwicklungsprozeß

Klaus Rose

Novartis Pharma AG, Clinical Development & Medical Affairs, Basel (Schweiz)

Traditionell werden Arzneimittel bei Kindern entwik-kelt, wenn die zu behandelnde Erkrankung bei Kindernhäufig ist und die medizinische Notwendigkeit der Be-handlung als hoch wahrgenommen wird. Beispiele sindMedikamente gegen Epilepsie, Asthma, Antibiotika,oder Impfstoffe. Für die meisten anderen Medikamentewurden keine systematischen Daten zu Sicherheit undVerträglichkeit generiert, und ihr Gebrauch bei Kindernist üblicherweise außerhalb der zugelassenen Indikatio-nen (’off-label’) [1]. Diese Lücke ist bei Neugeborenenund kleinen Kindern besonders ausgeprägt. In den mei-sten Ländern gibt es als Behelf pädiatrische Dosistabel-len, die aber nicht auf der Qualität klinischer Daten be-ruhen, die heute bei der Dosierungsfestlegung bei Er-wachsenen zugrunde gelegt werden.

Erkenntnis- und Verständnisgrenzen, Berücksichtigungder Persönlichkeitsentwicklung sind Aspekte, die in derMedizin von Erwachsenen nur selten eine Rolle spielen.

Mit dem zunehmenden Bewußtsein für „evidence-based medicine“ wächst trotz der hohen Anforderun-gen gegenwärtig die Bereitschaft, die Probleme der pä-diatrischen Pharmakotherapie konsequenter anzuge-hen. Nur der verantwortungsbewußte Umgang mit kli-nischen Studien wird den Fortschritt in der medizini-schen Versorgung von Kindern und Jugendlichen si-cherstellen.

LiteraturConroy et al., Survey of unlicensed and off label drug use inpaediatric wards in European countries. European Network forDrug Investigation in Children. Br. Med. J. 320, 79 (2000)

Kearns et al., Developmental pharmacology − drug disposi-tion, action, and therapy in infants and children. N. Engl. J.Med. 349, 1157 (2003)

Knöppel et al., Anwendung von Medikamenten außerhalbder Zulassung oder ohne Zulassung bei Kindern. Monatsschr.Kinderheilkd. 148, 904 (2000)

Turner et al., Unlicensed and off label drug use in paediatricwards: prospective study. Br. Med. J. 316, 343 (1998)

Die Regeln des Marktes alleine schaffen keinenausreichenden Anreiz für pädiatrische klinische For-schung. Hieraus resultiert die Notwendigkeit einer ge-sellschaftlichen Intervention. Dies wurde durch die Re-gierung der USA erstmals erfolgreich in den 90er Jahrenmit ’pediatric exclusivity’ und ’pediatric rule’ angegan-gen [2]. Eine Diskussion auf EU-Ebene begann um 2000und führte zur Publikation des Entwurfes einer pädia-trischen Verordnung durch die EU-Kommission imMärz 2004 [3] und schließlich zur Publizierung einesEntwurfes am 29. September 2004 [4], der voraussicht-lich 2004 bis 2006 im Europäischen Parlament und vomEuropäischen Gesundheitsrat (Health Council) disku-tiert und verhandelt werden wird. Der Entwurf enthältfür in der Entwicklung befindliche neue Arzneimittel

6

den Vorschlag einer Kombination von gesetzlich vorge-schriebener, durch die Gesundheitsbehörden erzwing-barer pädiatrischer Entwicklung mit einer Belohnung inForm einer 6-monatigen Patentverlängerung. Für Medi-kamente, bei denen pädiatrische Studien bereits in an-deren Ländern durchgeführt wurden − dies zielt im we-sentlichen auf Studien, die aufgrund der US ’pediatricexclusivity’ generiert wurden −, verlangt die Verordnungdie Vorlage der vorhandenen Daten bei der Europä-ischen Arzneimittelagentur EMEA (European MedicinesAgency). Für ältere Medikamente sind zwei weitere Pro-jekte geplant. Zum einen zehnjähriger Unterlagen-schutz für speziell für Kinder entwickelte galenischeDarreichungsformen, zum anderen ein EU-Fonds zurFinanzierung pädiatrischer klinischer Forschung anMedikamenten, für die sich keine anderen Forschungs-anreize finden lassen.

Die dem Verordnungsentwurf folgende Diskussionhat zu größerer Klarheit über den adäquaten Zeitpunktdes Beginns pädiatrischer klinischer Entwicklung imArzneimittelentwicklungsprozeß beigetragen. Sorgfälti-ges Abwägen ist erforderlich zwischen potentiellem the-rapeutischem Nutzen, verfügbaren therapeutischen Al-ternativen und dem Risiko, Kinder einer neuen Sub-stanz auszusetzen, über deren Sicherheitsprofil nochvergleichsweise wenig bekannt ist. Die Kernrichtlinienhierfür sind bereits in der ICH- (International Confe-rence on Harmonisation) -Leitlinie E 11 über Arznei-mittelentwicklung bei Kindern festgelegt [5]. Die Stel-lungnahmen der Hauptpartner der Gesundheitsversor-gung in Europa sind in den Verordnungsentwurf einge-gangen, der Anfang November 2004 vorgelegt wurdeund dem Europäischen Parlament zugeleitet werdensoll.

Moderne Arzneimittelentwicklung ist ein komplexerProzeß, der wesentlich mehr als nur klinische Versuchebeinhaltet. Eine beschleunigte frühe klinische Entwick-lung neuer Medikamente bei Kindern wird immer eineAusnahme sein, die nur bei therapeutischen Durchbrü-chen in der Behandlung lebensbedrohlicher oder aus-zehrender Krankheiten zum Zuge kommt. Hypotheti-sche Beispiele hierfür wären neue Medikamente zur Be-handlung therapieresistenter akuter Leukämie oder zurHeilung rasch progredienter neuromuskulärer Erkran-kungen. Die Routine wird ein Aufschub (’deferral’) sein,d. h. eine Verpflichtung des entwickelnden pharmazeu-tischen Unternehmens zur klinischen Entwicklung beiKindern zu einem späteren Zeitpunkt, wenn mehr Da-ten zu Sicherheit und Verträglichkeit bei Erwachsenenzur Verfügung stehen. Für Krankheiten, die bei Kindernnicht existieren, werden die Behörden ihren Verzichtauf klinische Entwicklung bei Kindern (’waiver’) erklä-ren.

Die Einführung pädiatrischen Denkens in den allge-meinen Arzneimittelentwicklungsprozeß ist eine erheb-liche Investition für jedes pharmazeutische Unterneh-men. Kenntnis über die Epidemiologie der Zielerkran-kung bei Kindern, über Altersabhängigkeit des Verlaufsder Erkrankung, über den natürlichen Verlauf der Er-krankung bei Kindern ohne therapeutische Interven-tion, über den Krankheitsmechanismus in den ver-

schiedenen Altersgruppen und über viele Aspekte mehrmüssen angeeignet werden und bilden in den USA be-reits jetzt die Grundlage für die Verhandlungen mit derZulassungsbehörde FDA. Die EU-Verordnung wird ver-mutlich nicht vor 2006 in Kraft treten, aber weltweitagierende Unternehmen mit einer relevanten Präsenzin den USA müssen bereits jetzt der amerikanischenpädiatrischen Gesetzgebung PREA (Pediatric ResearchEquity Act [2]) Folge leisten. Dieses Gesetz ist seit De-zember 2003 in Kraft, verpflichtet Unternehmen zu ei-ner Abwägung potentieller pädiatrischer Anwendungs-möglichkeiten für neue Medikamente, und gibt der FDAdie Autorität, ein Unternehmen zur Durchführung kli-nischer Studien zur Anwendung bei Kindern zu zwin-gen. Für die Handhabung dieser Gesetzgebung benöti-gen pharmazeutische Unternehmen pädiatrische Ex-pertise. Optionen sind interne pädiatrische Abteilun-gen, multifunktionale Expertengruppen, die quer überdie sonstigen Linienfunktionen miteinander zusam-menarbeiten, oder die Inanspruchnahme externer Be-ratungsfirmen mit entsprechender Expertise in pädia-trischen klinischen Fragen und pädiatrischer Arznei-mittelentwicklung. Firmen, die nur in Europa ansässigsind, wären gut beraten, diese pädiatrische Expertise inden kommenden Jahren aufzubauen. Dies gilt übrigensauch für Firmen, die bislang nur in Japan tätig sind [6].

Die pharmazeutische Industrie ist besorgt, daß vonSeiten der Behörden eine Vielzahl von Anforderungenzur Medikamentenentwicklung bei Kindern in zu frü-hen Phasen der Arzneimittelentwicklung erhoben wird.Viele Entwicklungsprojekte werden vor der Zulassungabgebrochen, weil Sicherheitsprobleme auftreten oderdie Wirksamkeit geringer als erwartet ist. Absehen vonwenigen Ausnahmen sollten Kinder Entwicklungssub-stanzen erst ausgesetzt werden, wenn die Phase derEntscheidungsfindung abgeschlossen ist. Auch müssenzusätzlich entstehende Kosten für pädiatrische For-schung und Arzneimittelentwicklung mit entsprechen-den finanziellen Kompensationen in einem ausgewoge-nen Verhältnis stehen. Die EU-Kommission hat sich imJahr 2000 vorgenommen, Europa zur wirtschaftlichwettbewerbsfähigsten Region der Welt zu machen. Seit-her ist der Produktivitätsabstand zwischen den USAund der EU weiter gewachsen, und der deutsche Fi-nanzminister hat als erster nationaler Minister ernsteZweifel an der Realisierbarkeit dieses gesetzten Ziels ge-äußert. Die pharmazeutische Industrie Europas hat inden letzten Jahrzehnten stark an Bedeutung im Ver-gleich zu den USA verloren. Ein Grund hierfür ist einewesentlich stärkere Regulierung einer Vielzahl vonAspekten der Medikamentenversorgung. Es wäre be-dauerlich, wenn die geplante EU-Verordnung zur weite-ren Schwächung der europäischen pharmazeutischenIndustrie beitragen würde.

Pharmazeutische Industrie und Zulassungsbehördenmüssen sich bezüglich modernster technischer undwissenschaftlicher Entwicklung auf dem laufenden hal-ten. Beide Seiten gehen hier auf eine gemeinsame Ver-antwortlichkeit in der Entwicklung besserer Arzneimit-

7

tel für Kinder zu. Mehr präklinische und klinische For-schung wird in den USA und in Europa in den kom-menden Jahren durchgeführt werden. Eine vergleich-bare Debatte hat inzwischen auch in Japan begonnen[6]. Um weiter eine wesentliche Rolle in der weltweitenArzneimittelentwicklung zu spielen, benötigt auch Eu-ropa solide Rahmenbedingungen von Seiten der Zulas-sungsbehörden, eine starke akademische Infrastrukturfür klinische Forschung, und eine starke pharmazeuti-sche Industrie [7]. Ein offener und vertrauensvoller Dia-log zwischen den Hauptpartnern der Gesundheitsver-sorgung muß im Interesse der Gesundheit unserer Kin-der etabliert und kontinuierlich erhalten werden.

Literatur[1] Caldwell, P. H. Y. et al., Clinical trials in children. Lancet 364,803 (2004)

[2] FDA Pediatric Website, http://www.fda.gov/cder/pediatric/index.htm

Die medikamentöse Therapie von kardiologischenKrankheitsbildern im Kindes- und Jugendalter ist mitähnlichen Unsicherheiten behaftet wie in anderen Be-reichen der Kinderheilkunde, in denen akut lebensbe-drohliche Krankheitsbilder sowie chronisch krankeKinder behandelt werden. Anstelle von einer Evidenz-basierten Arzneimitteltherapie muß man von einer

Probleme und Perspektiven der speziellenPharmakotherapie im Kindes- und Jugendalter

Fortschritte in der Arzneimitteltherapie kardiologischerKrankheitsbilder im Kindesalter

Martin Hulpke-Wette

Zentrum für Kinderheilkunde, Pädiatrie III, Göttingen

[3] Commission consultation on a draft proposal for a Euro-

pean Parliament and Council Regulation (EC) on medicinal

products for paediatric use. http://pharmacos.eudra.org/F2/

pharmacos/docs/Doc2004/mar/Paediatric%20consultation%

20document%20final%208%20March%2004.pdf

[4] Proposal for a regulation on medicinal products for pae-

diatric use and amending Council Regulation (EEC) No 1768/

92, Directive 2001/83/EC and Regulation (EC) No 726/2004

(presented by the Commission), http://pharmacos.eudra.org/

F2/Paediatrics/docs/Paeds%20reg%20adopted%2029%20Sep

tember%202004%20English.pdf

[5] ICH E 11, http://www.ich.org/MediaServer.jser?@−ID=

487&@−TYPE=MULTIMEDIA&@−TEMPLATE=616&@−MODE=

GLB

[6] Kibosh, U., Pediatric Clinical Studies in Japan: Regula-

tions and Current Status. Appl. Clin. Trials 7 (2002); http://

www.actmagazine. com/ appliedclinicaltrials/article /articleDe

tail.jsp?id=83734

[7] Hilts, P. J., Protecting America’s Health: The FDA, Busi-

ness, and one Hundred Years of Regulation. New York 2003,

ISBN 037540466X

Arzneimittelunsicherheit für die Patienten und Be-handelnden sprechen, da in fast allen Bereichen phar-makokinetische, pharmakodynamische und pharma-kogenetische Untersuchungen, Alters- und Entwick-lungsstufen-spezifische Dosierungsempfehlungen undzum Teil bei Kindern applizierbare Darreichungsfor-men fehlen.

8

Auf einer Liste, die das Department of Health andHuman Services der National Institutes of Health 2003im Federal Register veröffentlichte, wurden 7 von 12dringlich im Kindesalter zu untersuchende Medika-mente aus dem Therapiebereich der pädiatrischen Kar-diologie angeführt.

Für die Arzneimitteltherapie pädiatrisch kardiologi-scher Krankheitsbilder fehlt ein von den Fachgesell-schaften initiiertes Pharmakovigilanz-System, im Ver-gleich zu Bereichen der interventionellen Kardiologieund Kinderherzchirurgie, wo aus Gründen der Quali-tätssicherung zum Teil internationale Register für be-stimmte Interventions- und Operationsverfahren ge-führt werden, um die Effizienz und Nebenwirkungsratevon Therapieverfahren zu dokumentieren.

Im Verlauf der letzten Jahre sind jedoch einige Sub-stanzen zur Behandlung kardiologischer Krankheitsbil-der im Rahmen von kontrollierten Studien hinsichtlichihrer Wirksamkeit, Sicherheit, Pharmakokinetik undPharmakodynamik untersucht worden.

Als Beispiele werden die Behandlung der kongestivenHerzinsuffizienz, der postoperativen Herzinsuffizienz,die Behandlung supraventrikulärer Herzrhythmusstö-rungen und der pulmonalen Hypertonie im Kindesal-ter aufgeführt.

Im Rahmen dieser Studien konnte gezeigt werden,daß zum Teil neue Therapien entwickelt werden konn-ten und durch klinisch-pharmakologische Untersu-chungen eine Evidenz-basierte Therapie im Kindesaltermit Verbesserung der Arzneimittelsicherheit möglichist. Einige dieser Untersuchungen haben auch zur Zu-lassung der Medikamente für die Therapie von Kin-dern geführt.

PropranololIm Rahmen der CHF-PRO-Infant Studie (prospektiv,randomisiert, offen, monozentrisch) konnte in der Be-handlung der kongestiven Herzinsuffizienz bei Links-Rechts-Shunt-Vitien durch additive Therapie mit Pro-pranolol gegenüber alleiniger Therapie mit Diuretikaund Digitalis ein signifikanter Effekt hinsichtlich derSymptome der Herzinsuffizienz, gemessen am RossScore, niedrigerer Renin-Spiegel als Ausdruck der Be-einflussung der neurohumoralen Aktivität und niedri-gerer mittlerer Herzfrequenzen, gezeigt werden.

CarvedilolBei der Behandlung von 10 Patienten mit dilatativerKardiomyopathie und 5 Patienten mit kongestiver Herz-insuffizienz konnte nicht nur die Effektivität der Thera-pie nachgewiesen werden, sondern durch pharmakoki-netische Untersuchungen konnte gezeigt werden, daßdie Eliminationshalbwertzeit von Carvedilol ca. 50 %kürzer ist als bei Erwachsenen.

MilrinonIn der Therapie von postoperativem Pumpversagen deslinken Ventrikels nach Herz-Lungen-Maschinenopera-tionen werden auch bei Kindern regelmäßig positiv ino-trope Substanzen wie Adrenalin, Noradrenalin, Dobut-amin oder Dopamin eingesetzt. Sie haben als uner-wünschte Nebeneffekte eine Erhöhung der Herzfre-quenz und des peripheren Gefäßwiderstands zur Folge.Anders wirkt der selektive Phosphodiesterase Typ III-Inhibitor Milrinon mit positiv inotropem Effekt, peri-pherer Vasodilatation und nur geringer positiverChronotropie. Im Rahmen der PRIMACORP Studie(prospektiv, doppelblind, Plazebo kontrolliert, multizen-trisch) konnte sowohl der positive Effekt der Milrinon-Therapie an sich demonstriert werden sowie ein Dosis-vergleich zwischen zwei Dosierungen durchgeführtwerden.

SotalolSupraventrikuläre Tachykardien im Kindesalter könnenin ca. 85 % der Fälle effektiv mit dem ß-Blocker Sotaloltherapiert werden. Im Rahmen einer prospektiven mul-tizentrischen Studie wurden anhand von 81 Sotalol-Plasmakonzentrationsprofilen bei Kindern mit supra-ventrikulären Tachykardien pharmakokinetische undpharmakodynamische Untersuchungen durchgeführt,an Hand derer eine Dosisempfehlung mit Start- undZieldosis in fünf unterschiedlichen Altersgruppen ent-wickelt werden konnte.

SildenafilAls selektiver Inhibitor der Phosphodiesterase Typ 5verhindert Sildenafil die Degradierung von zyklischemGuanosin-Monophosphat, welches eine Relaxation derGefäßwandmuskulatur, insbesondere der pulmonalar-teriellen Gefäße, und so eine Zunahme des pulmonalar-teriellen Blutflusses bewirkt, ohne wesentliche Effekteauf den Gefäßwiderstand von systemarteriellen Gefä-ßen auszuüben.

In kleinen Serien bei Kindern mit pulmonalarteriel-ler Hypertonie (n = 16 bis 24) wurden Initialdosen von0,25 bis 0,5 mg/kg und maximale Dosen von 1 mg/kgKörpergewicht eingesetzt und der Lungengefäßwider-stand effektiver als beispielsweise durch den Einsatzvon Stickstoffmonoxid (NO) gesenkt. Neben Medika-menteninteraktionen bedingt durch den Metabolismusüber Cytochrom P450 Typ 3A4 und 2C9 wurde insbe-sondere eine Zunahme intrapulmonaler Shunts als un-erwünschte Nebenwirkung beobachtet.

Pharmakokinetische Untersuchungen bei Kindernwurden bisher nicht veröffentlicht. Grundsätzlichwurde beschrieben, daß Sildenafil für die Dauer von ei-nem Monat stabil auch in eine flüssige Form gebrachtwerden kann.

9

BosentanDie Pharmakokinetik dieses oral applizierbaren Endo-thelin I-Antagonisten, untersucht bei 19 pädiatrischenPatienten, ähnelt der Pharmakokinetik gesunder Er-wachsener. Durch Dosiseskalation in unterschiedlichen

Therapieentwicklung in der pädiatrischen Onkologie

Joachim Boos

Universitätsklinikum Münster, Klinik und Poliklinik für Kinderheilkunde,Pädiatrische Hämatologie/Onkologie, Münster

Die Therapieentwicklung in der pädiatrischen Onkolo-gie gilt gemeinhin als eine Erfolgsgeschichte. Währendnoch Mitte des letzten Jahrhunderts Krebserkrankun-gen im Kindesalter unheilbar waren und selbst bei ope-rablen Tumorentitäten die Überlebensraten unter 10 %lagen, werden heute in Deutschland über 70 % der ein-schlägig erkrankten Kinder dauerhaft geheilt. Bei eini-gen bösartigen Erkrankungen wie dem Wilms-Tumor,dem Morbus Hodgkin usw. behalten weit über 90 % derKinder ihre Therapie als Episode in der Kindheit in Er-innerung.

Diese dramatische Verbesserung der Heilungsaus-sichten ist aber bei genauem Hinsehen natürlich immernoch extrem unbefriedigend. Bei ca. 1800 Kindern, diein Deutschland jährlich im Alter unter 15 Jahren anKrebs erkranken, sterben immer noch Hunderte an ih-rer Krankheit. Hinzu kommt der weiterhin hohe Preisfür die Genesung: Die Kinder und Familien müssen eineextrem anstrengende und belastende, oft 2jährige The-rapiezeit ertragen und sind danach mit einem nicht un-erheblichen Risiko bleibender Folgen der Therapie kon-frontiert. Grund genug also um über Perspektiven undProbleme nachzudenken.

Therapieentwicklung bis heuteDie Therapie kindlicher Krebserkrankungen beruhtheute auf komplexen therapeutischen Strategien, dieregelhaft operative und strahlentherapeutische Verfah-ren der Lokaltherapie mit intensiven Chemotherapie-konzepten verbinden. Schon in den 70er Jahren des vo-rigen Jahrhunderts haben Kinderkliniken begonnen, diedamals ethisch umstrittene intensive Behandlung mit

Gewichtsgruppen von Patienten konnte eine auf das

Körpergewicht von Kindern bezogene Dosisempfeh-

lung entwickelt werden. Daraufhin wurde dieser Wirk-

stoff für die Behandlung von Kindern, die 4 Jahre oder

älter sind, unter Auflagen zugelassen.

hochtoxischen Zytostatika und eingreifenden Opera-tionsverfahren aus der Ebene des individuellen Be-handlungsversuchs auf die der multizentrischen Be-handlungsstudie zu heben.

Dieses Konzept der multizentrischen Therapiestu-dien entwickelte sich bis heute zu einem bundesweitenNetzwerk von Kliniken, in denen über 95 % aller Kindermit bösartigen Erkrankungen in ganz Deutschland ein-heitlich nach standardisierten, innovativen Therapie-vorgaben behandelt werden. In einer Reihe von Tumor-entitäten folgen die Behandlungen inzwischen in euro-pa- oder gar weltweiter Kooperation. Die Steuerung derTherapie und auch die Erfassung der Ergebnisse erfolgtjeweils von einem auf die Erkrankung spezialisiertenZentrum. Auf diese Weise kann in jeder Klinik für jedesKind mit einer der seltenen bösartigen Erkrankungendie gesamte kumulierte Erfahrung aller im Netzwerkaufgetretenen Fälle zur Grundlage der Therapie ge-macht werden. Standardisierung und zentrale Quali-tätskontrolle für diagnostische Verfahren, Planung vonOperation, Strahlentherapieplanung und Chemothera-pie sind dabei ebenso zentrale Elemente der Studien-kultur wie die Erfassung der Behandlungsergebnisse,Nebenwirkungen und Spätfolgen.

Dieses eigenständige Instrument der „Therapieopti-mierungsstudie“ erlaubte in allen Tumorentitäten, diein den letzten Jahrzehnten verfügbar werdenden Zyto-statika kontrolliert und ergebnisorientiert in die pädia-trische Onkologie einzuführen und komplexe Behand-lungsformen jedem Kind wohnortnah zur Verfügungzu stellen.

Diese seit den 70er Jahren koordinierten Therapieop-timierungsstudien werden unter dem Dach der Gesell-

10

schaft für Pädiatrische Hämatologie und Onkologie(GPOH) organisiert und von verschiedenen Geldge-bern, vor allem der Deutschen Krebshilfe, traditionellunterstützt.

Ein großer Teil der Behandlungen erfolgt derzeitaußerhalb des Zulassungsrahmens, da die pharmazeu-tische Industrie ihre Präparate nicht für die seltenen pä-diatrisch onkologischen Indikationen entwickelt hat.Die o.g. Therapiestudien bieten zwar umfassende Er-gebnisdaten für die eingesetzten komplexen Therapie-schemata, erlauben aber nur ausnahmsweise definitiveRückschlüsse auf die Bedeutung spezifischer Zytosta-tika.

Eine systematische Entwicklung von Einzelsubstan-zen im Sinne von Phase I bis IV Studien und systemati-sche Pharmakokinetik und Dosisfindung fand nichtstatt.

ZieleDie Ziele der weiteren Entwicklung pädiatrisch onkolo-gischer Therapiemöglichkeiten umfassen daher einweites Spektrum:

1. Minimalziel: Erhalt der Ergebnisqualität und Hei-lungsraten unter sich wandelnden Rahmenbedingun-gen im Gesundheitssystem: Vor allem die arbeitsteili-gen, qualitätssichernden Strukturen der Studiengrup-pen müssen fortbestehen. Es muß verstanden werden,daß gerade die Studienstrukturen in der Kinderonkolo-gie eine bestmögliche individuelle Behandlung ermög-lichen: Die Vielschichtigkeit der klinischen Präsentatio-nen, die Komplexität heutiger morphologisch, immun-histochemisch und molekulargenetisch definierter Dia-gnosen und Subgruppen, die dezidierte Kenntnis überSpätfolgeprobleme, all dies erlaubt und erfordert eineklare Strukturierung der Behandlung in Kenntnis derindividuellen Merkmale des Patienten, der aktuellenwissenschaftlichen Erkenntnisse und der klinischen Er-gebnisse in entsprechenden Items vergleichbarer Pa-tienten. Eine Auflösung der Strukturen würde automa-tisch zu einer individuellen Beliebigkeit der Therapieführen.

2. Maximalziel: Umsetzung der explodierenden tu-morbiologischen Kenntnisse in innovative therapeuti-sche Ansätze auch für Krebserkrankungen im Kindesal-ter, Heilungsraten von 100 % unter Vermeidung von Be-lastungen.

Auch wenn heute selbst das Minimalziel keinesfallsals gesichert angesehen werden darf, so hoffen wirdoch, daß die Einführung neuer Arzneimittel, der mole-kulargenetische Innovationsschub und die Vielzahl vonPipeline-Produkten der Industrie auch für Kinder inden nächsten Jahrzehnten zu noch deutlich besserenHeilungsraten und geringeren Belastungen und Spät-komplikationen führen wird.

Die Umsetzung tumorbiologischer Grundlagenfor-schung ist allerdings den perspektivischen Schlußwor-

ten zahlreicher entsprechender Drittmittelanträge undunzähliger Äußerungen fortschrittsgläubiger Politikerzum Trotz keinesfalls ein Automatismus:

Grundlagenforschung produziert allenfalls Hypothe-sen für klinische Erwartungen. In jedem einzelnen„Durchbruch“ muß dieser zunächst in systematischenklinischen Studien prospektiv belegt werden. Geradeauf dieser Ebene der Evidenzbildung allerdings stoßendie o.g. Studienstrukturen heute an ihre Grenzen auchwenn sie eigentlich gute Voraussetzungen bieten.

Probleme und LösungsansätzeStudiendefinitionen

Zunächst ergeben sich derzeit eine Menge strukturelleProbleme aus der Tatsache, daß das gesamte System derTherapiestudien nun rechtlich dem Begriff der Arznei-mittelprüfung zugeordnet wurde. Die eigenständige,nicht dem Wissen über den Wirkstoff untergeordnetemethodische Entwicklung gerät dadurch unter regula-torische Rahmenbedingungen, die nicht ohne weitereskompatibel sind. Die künftige Umsetzung von weltwei-ten Therapiestudien einerseits und hochexperimentel-len Prüfungen neuer Therapeutika andererseits bedür-fen in ihrer formalen Ausgestaltung weiterer intensiverDiskussionen und entsprechender struktureller Ent-wicklungen in den Kliniken.

Kleine Fallzahlen

Die ca. 2500 Kinder und Jugendliche erkranken an ca.20−30 Tumorentitäten mit einer erheblich höheren Zahlan Subentitäten. Spezifische, indikationsbezogene Fra-gestellungen können daher nur an sehr kleinen Kollek-tiven bearbeitet werden. Die Netzwerkstruktur der Ge-sellschaft für Pädiatrische Hämatologie und Onkologiemit fast 100 Kliniken bietet hier zwar gute Vorausset-zungen, trotzdem ist die Einbeziehung einer relativ gro-ßen Zahl an Prüfzentren bei kleiner Fallzahl ein Spezifi-kum der Kinderonkologie und methodisch nicht ganzeinfach.

Weiterhin ergibt sich, daß die präklinische Hypothe-sen- und Prioritätenbildung möglichst weitgehend be-arbeitet werden muß. Die Zahl der klinisch zu prüfen-den tumorbiologischen Hypothesen und potentiellentherapeutischen Modalitäten übersteigt die Zahl dermaximal zu prüfenden Fragen bei weitem.

Aus diesem Grund wurde in Münster ein präklini-sches pädiatrisch-onkologisches Tumorpanel etabliert,das entsprechend den Zellkultur-Screening Tools desNCI (National Cancer Institute, USA) eine verglei-chende Prüfung neuer Substanzen an typischen Zell-linien pädiatrischer Tumore erlaubt. In einem europä-ischen Verbund (Innovative Treatments for ChildhoodCancer, ITCC) wird zudem die Möglichkeit etabliert,Targetstrukturen industrieller Arzneistoffentwicklungauch bei Kindertumorproben zu screenen.

11

Dosisfindung

Neue Therapeutika können natürlich bei den o.g. ho-hen Heilungsaussichten nicht mehr mit empirischenMethoden der 70er Jahre eingeführt werden. Systemati-sche Dosisfindung, evtl. pädiatrische Galenik u. a. sindheute zu fordern. Neben der kleinen Fallzahl wird diesauch durch die methodische und ethische Problematikder Durchführung pharmakokinetischer Untersuchun-gen erschwert. Perspektiven bieten hier vor allem popu-lationskinetische Ansätze, die auf wenige, im Rahmenvon Routineblutentnahmen erhobenen Proben basie-ren können.

Künftige Entwicklungen müssen vor allem versu-chen, ex ante vorliegende Informationen auch aus Er-wachsenenstudien in entsprechende Modelle einzubin-den und auch dadurch die Zahl der erforderlichen Bei-träge von Kindern zu reduzieren, ohne die kindbezoge-nen Informationen zu verwässern.

Die Entwicklung der analytischen Verfahren erlaubtheute weiterhin die erforderlichen Blutvolumina zu mi-nimieren. Während pharmakokinetische Untersuchun-gen bei Erwachsenen häufig noch 5−10 ml Blut proProbe für entsprechende Analytik fordern, läßt sich beikindgerechter Analytik in der Regel mit 50−100 µl aus-kommen.

Klinische Prüfung − Prüfzentren

Die Kliniken der pädiatrischen Onkologie haben einelange Geschichte als Teilnehmer klinischer Studien,eben der Therapiestudien. Das Selbstverständnis dabeiallerdings lag ja auf der Nutzbarmachung der Kompe-tenz des Netzwerks für die optimale Behandlung desEinzelnen. In der reinen Arzneimittelprüfung vor allemmit wirklich experimentellen Substanzen ist hier ein ge-wisses Umdenken erforderlich. Formale Studienanfor-derungen bekommen eine höhere Wertigkeit, die Stu-dien sind insgesamt in höherem Maße interventionell.

Die sich ergebenden Aufgaben lassen sich in keinemFall aus Hausmitteln bewerkstelligen. Mit der Förde-rung des Kompetenznetzes GPOH (Gesellschaft für pä-diatrische Hämatologie/Onkologie) und den Kindermo-dulen der KKS (Koordinierungszentren klinischer Stu-dien)-Verbünde ist ein erster, allerdings wirklich nur einerster Schritt in Richtung auf den Aufbau schlagkräfti-ger Studienstrukturen für künftige Durchführung auchfrüher Arzneimittelprüfungen für Kinder getan.

Die Erfahrung der letzten Jahrzehnte zeigt, daß Kin-der in höherem Maße von Langzeittoxizität und Spätfol-gen bedroht sind. Gerade die anstehende Einführung„biologischer“ Therapeutika erfordert bei Einsatz anwachsenden, sich entwickelnden Organismen dahermöglichst von vornherein die Langzeitbeobachtung.Unter diesem Gesichtspunkt bieten die pädiatrisch on-kologischen Studienstrukturen optimale Voraussetzun-gen, die schon bei frühen Phase I- und II-Studien ge-nutzt werden sollten.

Wirtschaftliche Ressourcen

Die Tatsache, daß vor allem klinische Forschung Geldkostet, sollte eigentlich bekannt sein. Trotzdem wird siein aller Konsequenz gern ausgeblendet. Die Tatsache,daß die Umsetzung von Forschung für und an Kinderaller Altersgruppen evtl. höhere auch wirtschaftlicheAnforderungen stellt, sei hier einmal erwähnt. Bislangwurden Mittel für Arzneimittelentwicklung von Dritt-mittelgebern gern mit dem Verweis auf die Zuständig-keit der Industrie abgelehnt, von letzterer mit dem Hin-weis auf die ethische Problematik von Kinderstudienoder firmenintern fehlende Entwicklungsziele bei Kin-dern abgetan.

Bei beiden Gruppen findet derzeit ein Umdenkenstatt, seit vor allem die USA und danach auch die EUKinderarzneimittel zu einem politischen Thema ge-macht haben.

Ethische Fragen

Dies war auch der Anlaß für eine neue, intensive gei-steswissenschaftliche, juristische und eben ethischeAuseinandersetzung mit dem Thema der Forschungmit, an oder für Kinder.

Die Kriterien, unter denen auch Kinder innovativeZytostatika im Rahmen von Studien bekommen dür-fen − oder sogar einen eigenständigen Anspruch aufTeilhabe am entsprechenden Fortschritt haben, wer-den diskutiert.

PerspektivenDie geschilderten Probleme sind nicht neu, werdenüberwiegend seit Jahren beklagt. Die aktuelle Diskus-sion um die EU-Direktive und AMG-Novelle hat zwar invielen konkreten Punkten die praktischen Schwierigkei-ten erhöht, sie hat aber andererseits eine gesellschaftli-che Diskussion in Gang gesetzt, die sich positiv auswir-ken kann.

Ethische Fragen werden ebenso offen diskutiert wiewirtschaftliche und methodische. Eine Taskforce vonFDA und EMEA versucht derzeit, Auslegungen von GCPfür internationale pädiatrisch onkologische Studien zuerarbeiten, die „Anti Cancer Guidelines“ bekamen pä-diatrische Amendments. Auf allen Ebenen ist der Erfah-rungs- und Interessenaustausch in Gang gekommen.

Es bleibt zu hoffen, daß hierdurch auch das gegen-seitige Verständnis wächst und Protagonisten unter-schiedlicher Sichtweisen wie Industrie, Behörden, Ethik-kommissionen und Kliniker aufeinander zugehen.

In dieser Situation kommt der Klinischen Pharmako-logie als verbindendes Fach eine besondere Bedeutungzu. Klinisch-pharmakologische Tools wie verbesserteAnalytik und Populationskinetik erlauben kindgerechteZytostatikaentwicklung. Aber auch die methodischenAnforderungen an klinische Studien bedürfen der stän-digen Weiterentwicklung vor allem in der Anpassung andie Bedürfnisse der Kinder als Studienteilnehmer. Jede

12

Pharmakotherapie bei psychiatrischen Erkrankungenim Kindes- und Jugendalter

Helmut Remschmidt

Philipps-Universität Marburg, Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie

1. EinleitungDer Stellenwert der psychopharmakologischen Behand-lung psychischer Störungen im Kindes- und Jugendalterist in den letzten Jahren größer geworden. Dies liegt ei-nerseits daran, daß die Erkenntnisse über biologischeUrsachen und Funktionsstörungen bei psychischen Er-krankungen zugenommen haben und zum anderendaran, daß neue Substanzklassen entwickelt wordensind, die sowohl gezielter bei einer bestimmten Symp-tomatik eingesetzt werden können als auch weniger Ne-benwirkungen aufweisen. Dennoch gilt für die Kinder-und Jugendpsychiatrie, daß die medikamentöse Be-handlung stets nur ein Baustein unter mehreren in ei-nem Gesamtbehandlungsplan sein kann. Selbst wennbei einer Störung eine kausale Behandlung, etwa i. S.einer Substitutionstherapie wie beim Diabetes mellitus,möglich wäre, so müßten auch bei einer solchen Stö-rung mehrere andere Komponenten im Behandlungs-plan hinzutreten, um wirklich einen Erfolg zu erzielen.Dies zeigen die Untersuchungen an Kindern mit Diabe-tes mellitus, bei denen die psychosozialen Rahmenbe-dingungen oft eine ähnliche Wertigkeit haben wie dieMedikation.

2. Substanzklassen, Wirkmechanismusund StörungenGrundsätzlich kann man bei der Pharmakotherapiekinder- und jugendpsychiatrischer Erkrankungen vondrei Perspektiven ausgehen: von den Substanzklassen

formalisierte Forderung, sei sie durch eine herkömm-liche Industrie-SOP oder die übliche Auslegung einerGuideline durch eine Behörde begründet, muß sich vordiesem Hintergrund einer neuen Diskussion stellen undrechfertigen. Dasselbe gilt allerdings auch für klinischeGesichtspunkte und Verhaltensweisen, die nur dann inStudien einen Stellenwert haben können, wenn sie Pa-tientenorientierung mit Studienqualität verbinden.

Diese Diskussionen müssen vor allem transparentgeführt werden. Die Einbeziehung von betroffenen Fa-milien ist in der Kinderonkologie dabei eine Selbstver-ständlichkeit. Therapieentwicklung für krebskrankeKinder ist und bleibt eine gesellschaftliche Aufgabe,eine Aufgabe, die Kraft und Geld kostet und vor allemaber einen gemeinsamen Willen, herkömmlicheHemmnisse gemeinsam zu überwinden.

(z. B. Neuroleptika, Antidepressiva, Stimulanzien, etc.),vom Wirkmechanismus dieser Substanzen (z. B. Rezep-torbindungsprofil) und von den Störungsmustern, beidenen diese Substanzen mehr oder weniger erfolgreicheingesetzt werden (z. B. Autismus, Schizophrenie, de-pressive Störungen etc.). Diese Perspektiven sind inAbb. 1 dargestellt. Sie soll verdeutlichen, daß bei denverschiedenen Störungen nicht nur eine, sondern häu-fig mehrere, oft sehr unterschiedliche Substanzen mitdurchaus unterschiedlichem Wirkmechanismus einge-setzt werden können. Dies liegt daran, daß wir − trotzgroßer Fortschritte im Wissen um die Wirkungen undNebenwirkungen zentral wirksamer Pharmaka − beiden meisten Störungen von einer kausalen Therapienoch weit entfernt sind. So können Neuroleptika so-wohl bei schizophrenen Erkrankungen gezielt und mitgroßem Erfolg eingesetzt werden als auch zur Beein-flussung bestimmter Zielsymptome (z. B. aggressivenVerhaltens, extremer Unruhe, Stereotypien) bei autisti-schen Syndromen, Zwangsstörungen oder (seltener)Störungen des Sozialverhaltens.

3. Entwicklungspharmakologischeund ethische GesichtspunkteBei der psychopharmakologischen Behandlung vonKindern und Jugendlichen müssen eine Reihe von ent-wicklungspharmakologischen Gesichtspunkten berück-sichtigt werden. Diese beziehen sich sowohl auf die ent-wicklungsabhängigen physiologischen und psychopa-

13

Abb. 1

thologischen Besonderheiten als auch auf die Rahmen-bedingungen der Behandlung und auf ethische Ge-sichtspunkte. Pharmastudien mit Kindern und Jugend-lichen haben immer noch mit erheblichen Vorurteilenin der Bevölkerung zu kämpfen und dies trotz der Tatsa-che, daß über 70 % der im Kindes- und Jugendalter ein-gesetzten Arzneimittel nur an Erwachsenen überprüftwurden. Dies gilt für die Kinder- und Jugendpsychiatrieim besonderen Maße, in der der ganz überwiegendeTeil der Psychopharmaka im Rahmen eines Off-label-Gebrauchs zum Einsatz kommt.

In der Praxis wird die Anwendung von Psychophar-maka im Kindes- und Jugendalter mit der Konstruktiondes „individuellen Heilversuchs“ als ethisch vertretbareLösung gerechtfertigt. Denn es wäre zweifellos un-ethisch z. B. einem Kind oder einem Jugendlichen eineBehandlung vorzuenthalten, die bei Erwachsenen er-probt und nachweislich erfolgversprechend ist. Jedochsind an diesen individuellen Heilversuch einige Bedin-gungen geknüpft, die sorgfältig zu beachten sind (Infor-mation des Sorgeberechtigten, Zustimmung des einwil-ligungsfähigen Patienten, Aufklärung über Wirkungenund unerwünschte Wirkungen, Hinweis darauf, daß derHeilversuch jederzeit abgebrochen werden kann etc.).Diesbezüglich existieren Leitlinien verschiedener Fach-gesellschaften.

Was die ethischen Gesichtspunkte in der Forschungbetrifft, so hat in den letzten Jahren die Diskussion umdie Berechtigung von Pharmastudien (und auch ande-

ren Studien) an nicht Einwilligungsfähigen großenRaum eingenommen. Die Meinungen hierzu sind nachwie vor geteilt. Altersadäquate Aufklärung und Einwilli-gungsfähigkeit von Kindern spielen sowohl beim indivi-duellen Heilversuch als auch insbesondere bei klini-schen Studien eine große Rolle und ethisch vertretbareLösungsansätze sind in den letzten Jahren erarbeitetworden.

4. Stellenwert der Psychopharmako-therapie in einem GesamtbehandlungsplanIn der Kinder- und Jugendpsychiatrie werden Psycho-pharmaka in aller Regel im Rahmen eines Gesamtbe-handlungsplanes als eine von mehreren Komponenteneingesetzt. In dem von uns entwickelten Komponen-tenmodell der Behandlung kinder- und jugendpsychia-trischer Erkrankungen werden sie in der Regel gemein-sam mit vier anderen Komponenten eingesetzt: Psycho-therapie, Übungsbehandlungen, familienbezogenenMaßnahmen und anderen umfeldbezogenen Maßnah-men. Sie sind in diesem Sinne Teil eines „Behandlungs-programmes“ und erhalten störungsbezogen undmanchmal auch individuumbezogen einen definierba-ren Stellenwert. Das Komponentenmodell für kinder-und jugendpsychiatrische Behandlungen unter beson-derer Berücksichtigung der Psychopharmakatherapiewird am Ende des Referates exemplarisch dargestellt.

14

Probleme und Perspektiven der speziellenPharmakotherapie im Kindes- und Jugendalter −Endokrinologie (z. B. moderne Hormonersatztherapien)

Wieland Kiess, Corinna Gebauer, Oana Brosteanu und Thomas Kapellen

Universitätsklinik für Kinder und Jugendliche, Leipzig

EinleitungKinder sind keine kleinen Erwachsenen. Klinische Stu-dien mit Kindern und Jugendlichen bedürfen besonde-rer ethischer Sorgfalt in Planung, Durchführung undInterpretation. Arzneimittel wirken im Kindes- undJugendalter altersspezifisch, geschlechtsspezifisch so-wie aufgrund von Körperoberfläche und Körpermasseund aus vielen anderen Gründen anders als im Erwach-senenalter. Veränderungen im Hormonhaushalt überdie Lebensalter sind besonders im Kindes- und Jugend-alter evident. Dennoch sollen gerade Kinder von demzunehmenden Wissen von Arzneimittelwirkungen undTherapiemöglichkeiten profitieren. Entsprechend müs-sen randomisierte prospektive Studien gerade auch zurPharmakotherapie im Bereich Endokrinologie im Kin-des- und Jugendalter durchgeführt werden.

Endokrinologie und DiabetologieAm Beispiel der Insulin-Therapie für Kinder und Ju-gendliche mit Typ 1-Diabetes mellitus sowie der kontro-versen Debatte um neue Insulinanaloga sollen erstensdie Besonderheiten der Arzneimitteltherapie im Kin-des- und Jugendalter aus Sicht des Endokrinologen dar-gestellt werden. Zweitens soll am Beispiel der Wachs-tumshormontherapie die besondere Verantwortung fürÄrzte, Industrien, Krankenkassen und betroffene Fami-lien hervorgehoben werden. Ganz grundsätzlich gibt eseinen Interessenskonflikt zwischen der Gesundheit undder Therapiefreiheit für ein individuelles Kind oder ei-nen einzelnen Jugendlichen und der Verpflichtung ge-genüber der Gesellschaft, was Forschung, Arzneimittel-therapie, klinische Versorgung und Finanzierbarkeit an-geht.

Die schwierige Diskussion um die Finanzierbarkeitvon Therapien wird gerade anhand der hohen Kostender Wachstumshormontherapie und der erhöhten Ko-sten der Insulinanaloga-Therapie geführt werden müs-sen. Während häufig die Pharmaunternehmen sowieÄrzte, die denselben nahe stehen, den Wert von Insuli-nanaloga in bezug auf reduziertes Risiko von Hypogly-

kämien, verbesserter Stoffwechseleinstellung, ins-besondere reduzierter postprandialer Hypoglykämienpropagieren, kommen evidenz-basierte umfassendeBewertungen der neuen Insulinanaloga zu sehr viel vor-sichtigeren und zurückhaltenderen Wertungen: In einerneuesten Cochrane-Analyse der Wirksamkeit von Insu-linanaloga wird betont, daß deren Vorteil gegenüberherkömmlichen Human-Insulinen nicht bewiesen ist.Im Bereich der Wachstumshormontherapie sind Kon-troversen um die Wirksamkeit einer Ersatztherapienoch größer: Während für einzelne Kinder mit intraute-riner Wachstumsverzögerung und etwa für einzelneMädchen mit Ullrich-Turner-Syndrom die langjährigeBehandlung mit Wachstumshormon sicher einen signi-fikanten und medizinisch wie ethisch und klinisch rele-vanten Wachstumsvorteil auch in bezug auf die Er-wachsenengröße ergibt, so ist eine Verallgemeinerungdieser wissenschaftlichen Erkenntnisse nur mit Vorsichtzu sehen. Folgende Details können für die Wachstums-hormonbehandlung von Kindern und Jugendlichen mitunterschiedlichen Diagnosen gezogen werden: 32 Stu-dien haben die klinische Effektivität in bezug auf Kurz-zeitwachstum und Erwachsenengröße untersucht. Zu-sätzlich wurden Daten zur Körperzusammensetzung(Lean Body Mass und Fettgehalt) untersucht. Die Dauerder Behandlungen in diesen Studien betrug zwischen 6Monaten und 8 Jahren. Die Analyse der klinischen Effi-zienz zeigte, daß Wachstumshormonbehandlungen inbezug auf Kurzzeitwachstum in Abhängigkeit von denuntersuchten Patientengruppen von praktisch keinerleiVerbesserung bis hin zu einer Standardabweichungüber der normalen Wachstumsgeschwindigkeit für Kin-der derselben Altersgruppe reichten. Allerdings erhöhtesich in allen Studien die Erwachsenengröße von ca. 3bis zu 16 cm in Abhängigkeit von der zugrunde liegen-den Erkrankung. In bezug auf die Körperzusammenset-zung zeigte sich, daß Wachstumshormonbehandlungbei Kindern mit Prader-Willi-Syndrom dazu führte, daßdiese Kinder 7 bis 8 % weniger Körperfett und ca. 4 kgmehr Muskelmasse hatten als unbehandelte Kinder.Diese Daten und den möglichen Nebenwirkungen sollder Preis einer solchen Therapie entgegengestellt wer-den: In Abhängigkeit von der Effektivität der Dosis und

15

Ernährungstherapeutische Ansätze in der pädiatrischenGastroenterologie

Hansjosef Böhles

Johann Wolfgang Goethe-Universität, Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Klinik für Kinderheilkunde I,Frankfurt/Main

Der Gedanke, durch Nahrungsmittel präventive undtherapeutische Wirkungen zu erzielen, ist historisch ge-sehen nicht neu, er hat aber unter dem Begriff „func-tional food“ eine neue, systematisierte Betrachtungs-grundlage erhalten. Fünf Nahrungsmittelkategorienkönnen unter diesem Begriff zusammengefaßt werden:diätetische Fasern, Vitamine und Mineralien, bioaktiveSubstanzen, Fettsäuren und Prä- bzw. Probiotika.

Aus der Fülle der Möglichkeiten sollen nachfolgendeinige Gesichtspunkte der Ernährungstherapie bei ent-zündlichen Darmerkrankungen, insbesondere Patien-ten mit M. Crohn, herausgegriffen werden, da hierbeinahezu vollständig alle Aspekte von „functional food“dargestellt werden können. In einer Metaanalyse, dernur randomisierte klinische Studien an Kindern zu-grunde lagen (fünf Studien, 127 Patienten) wurde ge-

der Länge der Behandlung waren sehr unterschiedlicheKosten für eine Wachstumshormontherapie eines Kin-des berechnet worden: Die Wachstumshormonbehand-lung eines Kindes mit Wachstumshormonmangel be-trägt z. B. in England zwischen 43 000 und 53 000 £(englische Pfund) für die Behandlung eines Kindes mitPrader-Willi-Sydrom 55 500 bis 83 000 £. Von den Her-stellern von Wachstumshormonen wird eine Kosten-Nutzen-Analyse bezogen auf Endgrößengewinn in be-zug auf ein Lebensjahr von 5500 bis 9000 £ für ein Kindmit Wachstumshormonmangel, von 10 500 bis 18 000 £für ein Kind mit Ullrich-Turner-Syndrom und ca. 5000bis 11 000 £ für ein Kind mit chronischer Niereninsuffi-zienz berechnet. Kritische Einschätzungen zu diesenZahlen kommen von führenden englischen Kinder-endokrinologen, die betonen, daß solange die Bedeu-tung einer Wachstumshormontherapie für eine rele-vante Lebensqualitätsverbesserung von Kindern mitKleinwuchs nicht demonstriert werden kann, über diefinanzielle Effektivität erst gar nicht gesprochen wer-den sollte.

ZusammenfassungEthische, gesundheitsökonomische, gesellschaftliche,individuelle medizinische sowie klinisch-medizinischeAspekte sind wichtig, wenn man Effektivität, Effizienz,Wirksamkeit und ethisch-moralische Richtigkeit einerHormonersatztherapie im Kindesalter betrachten will.Zu Ende gedacht, sind die meisten der anstehendenDiskussionen noch offen und sollten weiterhin kontro-vers und auf der Grundlage solider klinischer Studienund daraus abgeleiteter Daten geführt werden.

LiteraturBonati, M., Pandolfini, Ch., Clavenna, A., Disclosure of clinicaltrials in children. Science 305, 1401 (2004)

Caldwell, P.H.Y., Murphy, S. B., Butow, P.N. et al., Clinicaltrials in children. Lancet 364, 803 (2004)

Kapellen, Th., Gebauer, C., Labitzke, B. et al., Arzneimittel-Anwendung ohne oder außerhalb der Zulassung. Arzneimittel-therapie 22 (2), 34 (2004)

Shalet, S., Nice and easy does it: paediatric GH therapy. End-ocrinologist 72, 14 (2004)

zeigt, daß eine alleinige Ernährungstherapie für das Er-reichen einer Remission ebenso wirkungsvoll war wiedie Kortikoid-Therapie. Die Ernährungstherapie zieltauf drei Problembereiche: die Energiezufuhr, den Aus-gleich spezifischer Mangelzustände und die Anwen-dung antientzündlicher Ernährungsstrategien.

EnergieKinder mit M. Crohn haben als Folge einer geringerenKörperfettmasse und der mukosalen Inflammation ei-nen angehobenen Ruheenergieverbrauch. Bei einer An-hebung der Energiezufuhr auf ~130 % der empfohlenenZufuhr Gesunder konnte ein Aufholwachstum erzieltwerden.

16

Ausgleich spezifischer MangelzuständeBei Kindern mit aktiver Erkrankung ist der Ganzkörper-proteinumsatz gesteigert und kann durch die Kortikoid-therapie, aber auch durch Elementardiät reduziert wer-den. Dabei ist die Effizienz der N-Verwertung von Pro-teinen mit einem hohen Anteil aromatischer undschwefelhaltiger Aminosäuren, insbesondere Tyrosinund Cystin, abhängig. Wiederauffütterungsuntersu-chungen an unterernährten Kindern mit M. Crohn zei-gen, daß 80 % des Gewichtszuwachses Körpermager-masse ist, wenn die Proteinzufuhr ~3g/kg/Tag und derProtein/Energie-Quotient 1 : 6,25 beträgt. Bei Kindernmit M. Crohn wurde bisher nahezu von allen Vitami-nen, Mineralien und Spurenelementen ein Mangel be-richtet. In aktiven Erkrankungsstadien kann von einer20−50%igen Verminderung der Aufnahme von Eisen,Zink, Kupfer, Folsäure und Vitamin C ausgegangen wer-den. Bei schwerer Entzündung des distalen Ileums kanneine parenterale Vitamin B12-Zulage notwendig werden.Bei entzündlichen Darmerkrankungen muß grundsätz-lich auf eine ausreichende Mineralisation des Knochensgeachtet werden. Von Kindern mit entzündlichenDarmerkrankungen ist das häufige Auftreten einerOsteopenie und einer Osteoporose geläufig. Es ist zubedenken, daß durch die Kortikoid-Therapie die Kalzi-umabsorption vermindert, die Calcitriol-Synthese her-unterreguliert und die Genexpression des Kalziumbin-dungsproteins vermindert wird. Die systemische In-flammation ist zusätzlich Ursache einer Hyperkalziurie.Bei Patienten mit entzündlichen Darmerkrankungenwird häufig ein Zinkmangel festgestellt. Die Serumzink-konzentrationen korrelieren mit der Erkrankungsaktivi-tät. Epidemiologische Untersuchungen zeigen einenklaren Zusammenhang zwischen dem Folsäure-Statusund dem Auftreten eines Kolonkarzinoms. Auch beiKindern mit entzündlichen Darmerkrankungen sindFolsäuremangelzustände bekannt und in einer Hyper-homocysteinämie reflektiert.

Anwendung antientzündlicherErnährungsstrategienLangkettige, polyungesättigte Fettsäuren werden zu-nehmend als Substanzen mit ausgeprägten pharmako-logischen insbesondere immunmodulatorischen Wir-kungen erkannt. Dabei haben Fettsäuren der Omega-6-Familie eine entzündungsfördernde (Leukotrien B4-Synthese) und jene der Omega-3-Familie eine entzün-dungshemmende (Leukotrien B5-Synthese) Wirkung.Eine antientzündliche Ernährungsstrategie besteht so-mit hauptsächlich in einer weitgehenden Absenkungder Omega-6- bei gleichzeitiger Steigerung der Omega-3-Fettsäurezufuhr. Omega-3-Fettsäuren sind vorzugs-weise in Fischölen enthalten. Mehrere Studien zeigen,daß durch den Einsatz von Fischölen bei entzündlichenDarmerkrankungen eine klinische Besserung bei gleich-zeitiger Verminderung des Kortikoid-Bedarfs zu erzie-len war. Weitere Untersuchungen berichten bei Patien-ten mit M. Crohn von einer Absenkung der Rezidivratevon 74 % auf 41 %.

Über eine Modulierung der Immunantwort wirdauch von Probiotika, insbesondere Bifidobakterien, be-richtet. Da als Ursache chronischer, entzündlicherDarmerkrankungen zunehmend eine aggressive, zell-vermittelte Immunreaktion genetisch disponierter Per-sonen gegenüber Darmbakterien diskutiert wird, ist diegedankliche Grundlage einer bewußten Beeinflussungder intestinalen Bakterienzusammensetzung nachvoll-ziehbar. Die gleichzeitige Verwendung schlecht absor-bierbarer diätetischer Oligosaccharide (Präbiotika) un-terstützt das Wachstum von Lactobacillus und Bifido-bacterium-Spezies.

Eine wesentliche, durch die Ernährungstherapie er-zielbare Wirkung bei Patienten mit entzündlichenDarmerkrankungen ist eine Reduktion des Kortikoid-bedarfs. Der ernährungstherapeutische Ansatz hat vorallem im Rahmen der „Remissionseinleitung“ große Be-deutung.

17

Enzymersatztherapie bei lysosomalen Speicherkrankheiten

Michael Beck

Universitäts-Kinderklinik der Johannes-Gutenberg-Universität,Arbeitsgemeinschaft Lysosomale Speicherkrankheiten, Mainz

In der Behandlung lysosomaler Speicherkrankheitenstehen symptomatische Therapiemaßnahmen immernoch ganz im Vordergrund. Als kausaler Therapie-An-satz hat sich bei wenigen Speicherkrankheiten − vor al-lem bei der Mukopolysaccharidose Typ I − die Trans-plantation von allogenem Knochenmark bewährt, ins-besondere wenn der Eingriff in einem sehr frühen Le-bensalter durchgeführt wird. Nachdem große Erfolgebei der Behandlung des M. Gaucher durch Enzym-Sup-plementation erzielt werden konnten, wurde diesesTherapiekonzept in Tierversuchen und auch in klini-schen Studien bei anderen lysosomalen Speicherkrank-heiten verfolgt, insbesondere bei solchen Formen, dieohne zentralnervöse Manifestation einhergehen (wiez. B. M. Fabry, Mukopolysaccharidose Typ I-Scheie, Mu-kopolysaccharidose Typ VI, M. Pompe und andere). Zuder raschen Entwicklung auf dem Gebiet der Enzymer-satztherapie haben vor allem zwei wichtige Umständebeigetragen: Zum einen waren es die Fortschritte derGentechnologie, die es ermöglichen, ein Enzym in Zell-kulturen in beliebigen Mengen herzustellen. Eine we-sentliche Voraussetzung für die Produktion von Enzym-präparaten war jedoch auch die Orphan Drug-Gesetz-gebung: Diese gesetzlichen Rahmenbedingungen, diezunächst in den USA, dann auch in Europa geschaffenwurden, bieten pharmazeutischen Firmen besondere fi-nanzielle Anreize (zum Beispiel verlängerten Patent-schutz), um auch für sehr seltene Erkrankungen (Or-phan Diseases) Medikamente herzustellen. So steht jetzteine Enzymersatztherapie nicht nur für den M. Gau-cher, sondern auch für den M. Fabry und die Mukopo-lysaccharidose Typ I kommerziell zur Verfügung.

Die Enzymersatztherapie stellt seit jetzt über 10 Jah-ren die Standard-Therapie der nicht-neuropathischenForm des M. Gaucher dar; die Wirksamkeit des Enzym-Präparates nicht nur auf die Organvergrößerung unddie hämatologischen Parameter, sondern auch auf dieSkelett-Manifestation ist durch eine Vielzahl von Publi-kation belegt. Einen positiven Einfluß auf den Krank-heitsverlauf hat die Enzymtherapie auch bei der juveni-len neuropathischen Form des M. Gaucher, wobei einevollständige Heilung nicht beobachtet wurde.

Der M. Fabry ist eine X-chromosomal erbliche Spei-cherkrankheit, die durch den Defekt der α-Galaktosi-dase A hervorgerufen wird. Durch die fehlende Enzym-Aktivität kommt es zur Akkumulation eines bestimmten

Glykosphingolipids − Ceramid-Trihexosid − im Endo-thel von Gefäßen, Epithelien vieler Organe (besondersder Nieren) und Zellen der glatten Muskulatur. Das ubi-quitäre Vorkommen der Speichersubstanzen erklärt dieManifestation der Erkrankung in einer Vielzahl von Or-gansystemen wie der Haut (Angiokeratome), periphererNerven (Schmerzen), der Nieren (Niereninsuffizienz),des Herzens (Kardiomyopathie) und des Zentralnerven-systems (Apoplex). Auf Grund der Ergebnisse klinischerStudien zur Enzymersatztherapie des M. Fabry wurdenzwei Handelspräparate in Europa zugelassen: Agalsi-dase beta und Agalsidase alfa. Agalsidase beta wird gen-technisch aus tierischen Zellen gewonnen (ChineseHamster Ovar-Zellen = CHO-Zellen), Agalsidase alfa ausmenschlichen Fibroblasten, die durch Genaktivierungdas Enzym α-Galaktosidase in hohem Maße exprimie-ren. Über beide Enzympräparate liegen inzwischen Un-tersuchungen zur klinischen Wirksamkeit vor; dies be-trifft sowohl die renale als auch die kardiale Manifesta-tion.

In einer klinischen Studie an 45 Patienten mit Muko-polysaccharidose Typ I (M. Hurler / M. Scheie) kam esnach einer halbjährlichen Infusionsbehandlung mit ei-nem Enzym-Präparat (Laronidase) zu einer signifikan-ten Verbesserung der Lungenfunktion und einer Steige-rung der Gehstrecke als Zeichen einer allgemeinen Zu-nahme der körperlichen Leistungsfähigkeit. Die Leber-vergrößerung bildete sich zurück, die Ausscheidung derMukopolysaccharide sank auf fast Normalwerte ab. DasEnzympräparat wurde im Juni 2003 weltweit zugelas-sen.

In einer Phase I/II-Studie an 12 Patienten mit Muko-polysaccharidose Typ II (M. Hunter) war − neben derAbnahme der Urinausscheidung − auch eine klinischeBesserung zu verzeichnen: Eine Zunahme der Gelenk-Beweglichkeit, Verbesserung der Lungenfunktion undVerminderung der Lebergröße. Eine multizentrische,multinationale, Plazebo-kontrollierte Studie (Phase III-Studie) an über 90 Hunter-Patienten wurde im Januar2004 begonnen.

Patienten mit einer Mukopolysaccharidose Typ VI (M.Maroteaux-Lamy) bieten äußerlich ein klinisches Bild,das mit dem M. Hurler vergleichbar ist, die intellektu-elle Entwicklung ist jedoch normal. In einer Phase I/II-Studie mit einem gen-technisch hergestellten Enzym-Präparat wurde bei MPS VI-Patienten eine signifikante

18

Neonatologische Intensivmedizin

Ludwig Gortner

Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin, Allgemeine Pädiatrie und Neonatologie, Homburg/Saar

HintergrundDer dramatische Rückgang der neonatalen Sterblichkeitwährend der vergangenen drei Dekaden ist im wesent-lichen auf strukturelle, technische sowie Fortschritte inder Pharmakotherapie bei Risikofrüh- und Neugebore-nen zurückzuführen. Strukturelle Verbesserungen bein-halten die Etablierung von Perinatalzentren der Maxi-malversorgung und Konzentrierung von Risikoschwan-gerschaften und Kindern in diesen Zentren. TechnischeMaßnahmen beinhalten u. a. die Entwicklung verbes-serter Beatmungsgeräte, differenziertere Möglichkeitender Wärmetherapie und des Patienten-Monitorings.

Basierend auf einem breiten Erkenntniszugewinn inden pathophysiologischen Zusammenhängen, u. a. desrespiratorischen Versagens Frühgeborener und darausresultierend der Surfactant-Therapie, der pharmakolo-gischen Beeinflussung vaskulärer Strukturen, u. a. desDuctus arteriosus sowie des Lungengefäßsystems, derRegulation und Wirkmechanismen verschiedener Wachs-tumsfaktoren wurde dies ermöglicht.

klinische Verbesserung (Zunahme der Gelenkbeweg-lichkeit, Verlängerung der Gehstrecke, Rückgang derMukopolysaccharid-Ausscheidung) beobachtet. DasMedikament wurde gut vertragen, ohne daß gravie-rende Nebenwirkungen auftraten. Derzeit wird diePhase III-Studie (multinational, Plazebo-kontrolliert)durchgeführt.

Das phänotypisches Spektrum der Glykogen-Spei-cherkrankheit Typ II (M. Pompe) reicht von der schwe-ren, letal verlaufenden Form (M. Pompe im engerenSinne) zu juvenilen und adulten Varianten, die vor al-lem als eine Muskeldystrophie imponieren.

Mit zwei Enzympräparationen wurden klinische Stu-dien durchgeführt: In einer Studie erhielten die Patien-ten zweimal pro Woche ein Enzympräparat, das ausCHO-Zellen geworden war. Die Patienten erreichteneine normale Herzfunktion und überlebten das ersteLebensjahr, ein kritischer Zeitpunkt, den die meistenPatienten mit M. Pompe nicht erreichen. In einer weite-

ren Studie wurde das Enzym α-Glukosidase mit Hilfegentechnischer Verfahren aus der Milch von Kaninchengewonnen: Säuglinge erhielten dieses Präparat in einerDosierung zunächst von 15 bzw. 20 mg/kg, danach von40 mg/kg wöchentlich. Die Herzmuskelmasse bildetesich zurück, die Kinder überlebten.

Die Enzymtherapie des M. Pompe ist derzeit nochsehr problematisch: Zum einen blieben einige der be-handelten Kinder trotz Enzymsubstitution beatmungs-pflichtig. Zum anderen sind − vor einer Zulassung −noch weitere klinische Studien erforderlich, die schwie-rig durchzuführen sind, da auf Grund des rasch fort-schreitenden Krankheitsprozesses der Zeitraum zwi-schen Diagnosestellung und Therapiebeginn nur sehrkurz ist. Auf jeden Fall werden von Ärzten und Pharma-firmen alle Anstrengungen unternommen, um auch beidieser lysosomalen Speicherkrankheit die Enzymersatz-therapie zum Erfolg zu führen.

Probleme und PerspektivenAuf die medizin-juristische Seite der Verwendung vonnicht zugelassenen Arzneimitteln wurde bereits einge-gangen. Jenseits dieser medizin-juristischen Problema-tik lassen sich die Probleme der Arzneimitteltherapie inder neonatologischen Intensivmedizin in nachstehendaufgeführte Problemfelder unterteilen:

1. Unkritische Übertragung von Resultaten aus Arznei-mittelstudien, gewonnen an älteren Kindern oder Er-wachsenen. Diese sind derzeit als „historisch“ anzu-sehen, stellen jedoch immer noch eine Bedrohungdar und sollten bei der Einführung neuer Arzneimit-tel in die neonatologische Intensivmedizin präsentsein. Dazu gehören das Gray-Syndrom nach Thera-pie mit Chloramphenicol, eine erhöhte Rate vonKernikterus-Fällen nach Applikation von Sulfonami-den in den 50er und 60er Jahren, besonders nachEinsatz bei Frühgeborenen.

2. Darüber hinaus wurden Ende der 80er Jahre nachApplikation von Vitamin E zur Prävention der Früh-

19

geborenen-Retinopathie schwerwiegende Nieren-und Leberfunktionsstörungen beschrieben, was mithoher Wahrscheinlichkeit auf einen Lösungsvermitt-ler der Substanz zurückzuführen war.

3. Weitaus größere Probleme stellen Fehldosierungenentweder durch eine unkorrekte Berechnung der Do-sis oder bei der Zubereitung von Arzneimitteln dar.Theophyllin, ein Methylxanthin, das zur Präventionund Therapie von Apnoe bei Frühgeborenen verab-folgt wird, sowie Antibiotika nehmen hierbei dieSpitzenplätze in der Liste von iatrogenen Intoxikatio-nen bei Früh- und Neugeborenen ein.

4. Programme zur Kontrolle verschiedener Dosisberei-che auf elektronischer Basis wurden auf dem Hinter-grund während der vergangenen Dekade entwickeltund ermöglichen eine deutlich höhere Arzneimittel-sicherheit [1].

FortschritteDas Atemnotsyndrom ist immer noch eine der führen-den Ursachen der Frühmortalität und Spätmorbiditätunreifer Frühgeborener, deren Mortalität immer nochzu rund 50 % für die gesamte neonatale Mortalität ver-antwortlich ist. Daher waren Forschungsbemühungenwährend der vergangenen Dekaden auf die Präventionund Therapie des Atemnotsyndroms gerichtet, wobeiPrinzipien der pränatalen Therapie hier einen erheb-lichen Stellenwert einnehmen. Die pränatale Applika-tion von plazentagängigen Kortikosteroiden an dieSchwangere reduziert die Häufigkeit des schwerenAtemnotsyndroms sowie der neonatalen Mortalität umrund 50 % [2].

Die postnatale Applikation von natürlichen Surfac-tant-Präparationen, gewonnen aus Rinderlungen, er-höht die Rate von Frühgeborenen, die ohne broncho-pulmonale Dysplasie − einer chronischen Erkrankungder Atemwege und des Lungenparenchyms − überle-ben, in der gleichen Größenordnung [3].

Klinisch kontrollierte Studien gingen neben demWirksamkeitsnachweis den Fragen der optimalen zeit-lichen Abfolge der Surfactant-Therapie sowie Dosisopti-mierungen nach. Der Ausblick auf sog. Zweitgenera-tionspräparationen in der Surfactantentwicklung miteiner geringeren Rate der Inaktivierung z. B. durch Hä-moglobin- oder Plasma-Proteine ist hier angebracht.

Neben der Funktionsverbesserung der pulmonal-pa-renchymatösen Kompartimente ist das pulmonal-vas-kuläre Kompartiment Gegenstand intensiver Studienwährend der vergangenen Dekade gewesen − dieseführten u. a. zur Einführung von inhalativem Stickstoff-monoxyd bei pulmonal-hypertensiven Krisen sowie zuder von Prostaglandin-Derivaten zur pharmakologi-

schen Dilatation des Ductus arteriosus Botalli, beson-ders bei Kindern mit Herzfehlern.

Die Behandlung der Frühgeborenenanämie mittelsrekombinant gewonnener hämatologischer Wachs-tumsfaktoren (r-Epo) wurde Ende der 90er Jahre in kli-nisch kontrollierten Studien untersucht und nachfol-gend in die Therapie bei Frühgeborenen eingeführt.

Die Entwicklung neuerer Antibiotika hat die antimi-krobielle Basistherapie nur unwesentlich beeinflußt, anden meisten Zentren werden Aminopenicillin-Derivateund Aminoglykoside in Kombination primär eingesetzt,nach Keimnachweis oder bei sekundären Infektionenkommt es zur Modifikation entsprechend dem Nach-weis der Keimsensibilität.

Die Prävention der hypoxisch-ischämischen Hirn-schädigung nach perinataler Asphyxie ist wie schonwährend der vergangenen zwei Dekaden weiterhin Ge-genstand klinisch kontrollierter Studien, negative Re-sultate wurden u. a. nach der Applikation von Pheno-barbital, Kalzium-Antagonisten, N-Methyl-D-aspartat(NMDA)-Antagonisten publiziert. Derzeit laufende Stu-dien fokussieren auf eine Hypothermiebehandlung so-wie die Inhibition von Caspasen, die in die Kaskade desprogrammierten Zelltodes eingreifen.

Eine Verbreiterung der pharmakologischen Basis inder Schmerzbehandlung fand während der vergange-nen Jahre durch die Einführung von oral verabfolgtenZuckerlösungen statt, basierend auf Erkenntnissen, daßfrühe neonatale Schmerzerlebnisse prägend für die wei-tere Schmerzperzeption im Kindes- und Erwachsene-nalter sein können, weshalb die analgetische Behand-lung in der neonatologischen Intensivmedizin ein ver-stärktes Interesse erreichte.

Die Perspektiven in der Entwicklung neuer Phar-maka sollten auf die relevanten Ursachen der neonata-len Mortalität − Frühdiagnose von Infektionen, weiterverbesserte Behandlungsmöglichkeiten des Lungenver-sagens − ebenso fokussieren wie auf langfristige Folgenvon kritischen Erkrankungen im Früh- und Neugebore-nenalter, wie z. B. von Hirnblutungen, hypoxisch-isch-ämischen Enzephalopathien, Seh- und Hörstörungensowie eine verbesserte Nachsorge zur Frühdiagnostikvon behandelbaren Spätkomplikationen.

Literatur[1] Lukas, A. J., Improving medication safety in a neonatal in-tensive care unit. Am. J. Health Syst. Pharm. 61, 33 (2004)

[2] Crowley, P., Antenatal corticosteroids − current thinking.Br. J. Obstetr. Gynaecol. 110 (Suppl. 20), 77 (2003)

[3] Ainsworth, S. B., Milligan, D. W., Surfactant therapy forrespiratory distress syndrome in premature neonates: a com-parative review. Am. J. Respir. Med. 1, 417 (2002)

20

Molekularbiologische Probleme einer kausalen Therapieder zystischen Fibrose im Kindesalter

Dietrich Reinhardt

Ludwig-Maximilans-Universität, Kinderklinik und Kinderpoliklinik im Dr. von Haunerschen Kinderspital, München

Monogene Erbkrankheiten spielen als Ursache vonchronischen Erkrankungen im Kindesalter eine großeRolle. Die zunehmenden Erkenntnisse der Molekular-biologie konnten eine Vielzahl dieser Krankheiten nä-her charakterisieren. Eine kausale Therapie ist jedochbisher nur bei wenigen dieser Erkrankungen möglich.

Die zystische Fibrose (CF) ist mit einer Häufigkeitvon 1 auf etwa 2500 Geburten eine der häufigsten Erb-krankheiten. Obwohl der genetische Defekt bereits imJahre 1989 nachgewiesen werden konnte, ist bisher nureine symptomatische Therapie möglich. Die Lebenser-wartung bei dieser chronischen Erkrankung konnte inder Zwischenzeit auf im Mittel über 30 Jahre verlän-gert werden.

Mit der Entdeckung des Gendefekts wurde auch dieHoffnung auf eine gentherapeutische Therapie geweckt.Zum einen konnten in der Zwischenzeit jedoch mehrals 1000 Mutationen nachgewiesen werden, zum ande-ren sind gentherapeutische Ansätze sowohl im Hinblickauf einen viralen als auch auf einen nicht viralen Gen-transfer in ihrer Wirksamkeit begrenzt, da intakte DNAnur in begrenztem Umfang an die Zielzellen gelangt.Eine Therapie am Menschen ist bisher immer noch inweiter Ferne. Möglicherweise bietet die Stammzellthe-rapie einen therapeutischen Ausweg. Ausgangspunktsolcher Therapieverfahren sind Stammzellen, die vomPatienten entnommen werden und ex vivo mit dem in-takten Gen transfiziert werden. Diese Zellen könnennunmehr wiederum dem Patienten reinfundiert wer-den, wodurch sich möglicherweise ein intaktes Atem-wegsepithel ausbilden kann.

Die häufigste in unseren Breiten vorkommende Mu-tation ist die sogenannte ∆F508-Mutante. Bei ihrkommt es zu einer Fehlfaltung des normalerweise vondem intakten Gen kodierten Genprodukts, dem CFTR,im endoplasmatischen Retikulum, so daß das Proteinnicht die Zelloberfläche der Zielzelle erreichen kann. Inden letzten Jahren wurden zahlreiche Substanzen iden-tifiziert, die einerseits die Kanalaktivität von CFTR be-einflussen können, andererseits aber auch den Effektvon CFTR-Mutationen auf den Transport und die Pro-zessierung von mutierten CFTR kompensieren können.Die wichtigsten CFTR-Kanalaktivatoren sind Xanthin-Derivate, wie IBMX, Isoflavonoide wie Genistein, Ben-zoquinolizinium-Verbindungen wie BB-07 und MPB-7bzw. MPB-20 sowie Benzimidazolone wie NS004. Zuden derzeit meist diskutierten Substanzen, die den Ef-fekt von CFTR-Mutationen auf die Proteinfaltung unddie intrazelluläre Prozessierung zur Plasmamembrankompensieren können, gehören Thapsigargin und Bu-tyrat-Verbindungen. Die bisherigen Erkenntnisse gebenAnlaß zu der Hoffnung, daß in Zukunft neue Pharmaka,deren Wirkmechanismus auf einer Kompensation desBasisdefekts der CF beruht, die symptomatische Thera-pie der Mukoviszidose sinnvoll ergänzen, möglicher-weise ganz überflüssig machen können.

21

Rechtliche und regulatorische Vorgaben

Kindgerechte Aufklärung und Einwilligungsfähigkeitbei Kindern im Rahmen klinischer Prüfungen

Michael Kölch

Universitätsklinikum Ulm, Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie, Ulm

AusgangslageKlinische Forschung mit Minderjährigen ist Forschungauf ethisch schwierigem Terrain: Minderjährige sind sogenannte „nichteinwilligungsfähige“ Patienten. Dasheißt, sie können nach dem derzeitigen internationalgültigen ethischen Konsens und den gesetzlichen Vor-gaben nicht selbständig über ihre Teilnahme an klini-schen Studien (und an medizinischer Behandlung) ent-scheiden. Unabhängig aber von den Kompetenzen Min-derjähriger im Sinne des „informed consent“ bestehtein Informationsrecht für die Minderjährigen (Rothär-mel et al. 1999). Neben der Tatsache, daß eine Einbezie-hung Minderjähriger in den Informations- und Ent-scheidungsprozeß die Partizipation Minderjähriger er-höht und die sogenannte Compliance verbessert, for-dern sowohl nationale gesetzliche Regelungen, wie dieeben implementierte 12. Novelle des AMG, als auch in-ternationale Direktiven, wie die UN-Convention of Hu-man Rights, die Deklaration von Helsinki oder die GCP-Guidelines, die Aufklärung Minderjähriger. Internatio-nal gängig ist inzwischen der Begriff und das Konzeptdes „assent“, frei übersetzt als „billigende Zustimmung“(Taupitz 2001). Dieser „assent“ ist von Minderjährigeneinzuholen, bevor er in eine Studie eingeschlossen wer-den kann. Der Minderjährige hat damit das Recht, sichder Teilnahme an einer klinischen Studie zu verweigern,indem er den assent nicht gewährt.

Die Forderungen für den Einschluß Minderjährigerin Studien scheinen also gesetzlich klar geregelt, jedochbleiben die Definitionen oftmals wenig eindeutig unddie Umsetzung der gesetzlichen Forderungen istschwierig (Fegert et al. 2003). Dies liegt daran, daß dieAufklärung bei Minderjährigen nicht auf ein − etwadem erwachsenen Patienten oder Probanden vergleich-bares − homogenes Profil von kognitiven wie emotiona-len Kompetenzen trifft, und von daher die Kriterien(u. a. Einwilligungsfähigkeit, Informationsverständnis,Freiwilligkeit etc.), wie sie im Belmont Report (1979)

niedergelegt sind, nur eingeschränkt gültig sind. EineOrientierung an den von Beauchamp und Childress for-mulierten Kriterien für ärztliches Handeln erscheintdiesbezüglich sinnvoller (Beauchamp, Childress 2001).

Aufklärung und Partizipation in derderzeitigen PraxisDie Informationspraxis sowohl im Rahmen der norma-len Krankenversorgung wie in klinischen Studien ge-genüber Minderjährigen erscheint nach den bisher vor-liegenden Forschungsergebnissen wenig befriedigend.Es zeigten sich eine geringe Involvierung Minderjähri-ger in den Informationsprozeß und große Defizite inder Informationsvermittlung an Minderjährige (u. a. Ta-tes et al. 2002, Abramovitch et al. 1991, Ondrusek etal. 1998). Oftmals werden Kinder und Jugendliche überentscheidende und weitreichende Behandlungen nicht −oder falsch informiert (Fegert u. Wolflast, im Druck;Dippold et al. 2003, Wiethoff et al. 2003). Minderjährigezeigen hohe Fähigkeiten, Wissen über Studienabläufeund einzelne Untersuchungen zu verstehen. BisherigeForschungen zum Informationsverständnis bei Kin-dern, die an klinischen Studien teilnahmen, fanden,daß Kinder durchaus Kompetenzen besitzen, Entschei-dungen zu treffen. Die Unabhängigkeit ihrer Entschei-dung, so ein weiteres Ergebnis dieser Studien, ist abernicht immer gegeben. Diese Unabhängigkeit oder Auto-nomie von Entscheidungen stellt ein Grundkriteriumdes „informed consent“ dar. Damit ist u. a. das Wissenund die Sicherheit darüber gemeint, eine Teilnahme je-derzeit und ohne Nachteile beenden zu können (Voll-mann 2000).

Eigene Untersuchungen erbrachten ähnliche Ergeb-nisse: die untersuchten Minderjährigen verstandenzwar sehr gut, welche Auswirkungen etwa eine Studien-teilnahme auf ihr tägliches Leben hätte. Fragen des Stu-dien-Designs, wie die Wahrscheinlichkeit, der Placebo-

22

Gruppe zugeordnet zu werden oder das Verständnis desprimären Studienziels, bereiteten den meisten der un-tersuchten Minderjährigen große Schwierigkeiten(Kölch et al. 2004).

Besonderheiten von Aufklärungmit MinderjährigenDer kardinale Unterschied zu erwachsenen Patientenist, daß bei Minderjährigen die Aufklärung immer in ei-nem Dreieck zwischen Arzt, dem unmittelbar Betroffe-nen (dem Kind) und den mittelbar Betroffenen (denSorgeberechtigten), also in einer sehr komplexen Bezie-hung stattfindet. Die Sorgeberechtigten entscheidenüber etwas, was sie nicht unmittelbar tangiert; da essich bei ihrer Entscheidung um eine Entscheidung überihr Kind handelt, stehen sie unter einer noch größerenemotionalen Belastung, als wenn es sich um ihre eigeneGesundheit handelte. Das Kind, obwohl selbst unmit-telbar tangiert, wird in seiner Entscheidung neben eige-nen Wünschen − vor allem wenn es sich um ein jünge-res Kind handelt − auch die Wünsche der Sorgeberech-tigten in seine Entscheidungsfindung mit einbeziehen.Es bestehen also verschiedene komplizierte Abhängig-keiten, derer sich der Studienarzt zumindest bewußtsein sollte. Er ist die Vertrauensperson für Kind und El-tern. Dies kompliziert den Aufklärungsprozeß sowohlhinsichtlich des Ablaufs, als auch unter ethischenAspekten, da Dependenzen und Interessenskonflikteentstehen.

Kinder und Jugendliche sind äußerst inhomogen,was ihre Entwicklung und Fähigkeiten betrifft. Ein Acht-jähriger mit einer chronischen Erkrankung und vielKrankheitsvorerfahrung hat u. U. mehr „Expertenwis-sen“ als ein entsprechender Vierzehnjähriger, der akutund erstmalig an einer Erkrankung leidet. Eine Sieb-zehnjährige kann zwar allein weitreichende Entschei-dungen über ihren Ausbildungs- und Berufsweg treffen,sie darf aber nicht allein über eine Studienteilnahmeentscheiden. Dies zeigt, daß man im Fall von Minder-jährigen mit höchst differenzierten und individuellenEntscheidungssituationen konfrontiert ist.

Die Aufklärung zu klinischer Forschung bei Minder-jährigen muß die entwicklungspsychologische Erfah-rungen und Ergebnisse bisheriger Forschung berück-sichtigen. Dem Minderjährigen sollte ein Konzept sei-ner Krankheit vermittelt werden, da zwar oftmals überdie Erkrankung des Minderjährigen und über techni-sche Abläufe gesprochen wird, die auch sehr jungen Pa-tienten sehr schnell vertraut sind. Dies muß aber nochnicht bedeuten, daß das Kind auch verstanden hat, wasseine Erkrankung ist, und welche Bedeutung sie für seinLeben und seinen Körper hat.

Aufklärung für Minderjährige sollte weniger „juri-stisch“ einwandfrei als kindgerecht sein. Dazu gehörtauch, daß sie sich auf wesentliche Aspekte beschränktund nicht komplette aber unverständliche Nebenwir-

kungslisten aufführt. Die Verknüpfung der Aufklärungs-inhalte mit der Erfahrungswelt von Kindern und Ju-gendlichen ist essentiell für das Verständnis und dieMöglichkeit Minderjähriger, abwägen zu können. Diesbedeutet, daß in der Aufklärung Bezug genommen wirdauf besondere Lebenssituationen Minderjähriger unddie Auswirkungen auf den Alltag (Sport, Schule, Sexual-leben etc.) beschrieben oder angesprochen werden. DaFähigkeiten auch mit Wissen verbunden sind, sollte dieMöglichkeit, Minderjährige zu einer altersgemäßenEntscheidung kompetent zu machen, genutzt werden.Das geschieht u. a. dadurch, daß Information struktu-riert vermittelt wird und auf sogenannte FAQs (fre-quently asked questions) zurückgegriffen wird, damitEltern und Minderjährige überhaupt Fragen zu den be-treffenden Studien und ihren Auswirkungen generierenkönnen. Eine Überprüfung und Dokumentation derKernpunkte der Aufklärung ist obligat.

LiteraturAbramovitch, R., Freedman, J. L., Thoden, K. et al, Children’sCapacity to Consent to Participation in Psychological Research:Empirical Findings. Child Dev. 62, 1100 (1991)

Arzneimittelgesetz, 12. Gesetz zur Änderung des Arzneimit-telgesetzes vom 30. 7. 2004

Beauchamp/Childress, Principles of Biomedical Ethics, 5.Aufl., Oxford University Press, Oxford (2001)

Council of Europe, Convention of human rights and biome-dicine (1997)

Dippold, I., Wiethoff, K., Rothärmel, S. et al., „Dass ich ver-bessert werde mit Therapie“ − Kenntnisse und Unkenntnisseminderjähriger Patienten bei Behandlungsbeginn. In: U. Lehm-kuhl (Hrsg.), Ethische Grundlagen in der Kinder- und Jugend-psychiatrie und Psychotherapie, S. 105−122, Vandenhoeck &Ruprecht, Göttingen (2003)

Europäische Union, Direktive 2001/20/EC, Richtlinie vom 4.April 2001, ABl. L 121 S. 34

Fegert, J. M., Wolfslast, G., Wissenschaftlicher Ergebnisbe-richt des Projektes Patientenaufklärung, Informationsbedürfnisund Informationspraxis in der Kinder- und Jugendpsychiatrieund Psychotherapie, Volkswagenstiftung, Wolfsburg (im Druck)

Fegert, J. M., Kölch, M., Lippert, H.-D., Sichere und wirk-same Arzneimittel auch für Kinder − eine Herausforderung fürdie 12. Novelle zum Arzneimittelgesetz. Z. Rechtspol. 36, 446(2003)

Kirby, M.D., Informed consent: what does it mean? J. Med.Ethics 9, 69 (1983)

Kölch, M., Aufklärung bei klinischen Studien mit Kindern.In: Wiesemann, Dörries, Wolfslast (Hrsg.), Das Kind als Pa-tient − Ethische Konflikte zwischen Kindeswohl und Kindes-wille, S. 59−71, Campus, Frankfurt/Main (2003)

Kölch, M., Burkert, J., Fegert, J. M., Information and Assentof Minors in Clinical Trials − the Mac Arthur Competence As-sessment Tool for Clinical Research. Vortrag, 26th InternationalCongress of Child and Adolescent Psychiatry and Psychothe-rapy and Allied Professions, Berlin, 22.−26. 8. 2004 (Abstract)

Ondrusek, N., Abramovitch, R., Pencharz, P. et al., Empiricalexamination of the ability of children to consent to clinical re-search. J. Med. Ethics 24, 158 (1998)

23

Rothärmel, S., Wolfslast, G., Fegert, J. M., Informed Con-sent − ein kinderfeindliches Konzept? Med. R. 7, 293 (1999)

Tates, K., Meeuwesen, L., Bensing, J. et al., Joking or Deci-sion-Making? Affective and instrumental behaviour in doctor-parent-child communication. Psychol. Health 17, 281 (2002)

Taupitz, J., Die neue Deklaration von Helsinki. Vergleich mitder bisherigen Fassung, Deutsches Ärzteblatt 998, 2413 (2001)

The Belmont Report, Ethical Principles and Guidelines forthe Protection of Human Subjects of Research, hrsg. von TheNational Commission for the Protection of Human Subjects ofBiomedical and Behavioral Research, Washington, DC (1979)

UN Convention on the Rights of the Child, United Nations,New York (1989)

The Best Pharmaceuticals for Children Actand Pediatric Research Equity Act

Food and Drug Administration initiatives directed at providing informationfor evidence based use of medicinal products for children

Steven Hirschfeld

Food and Drug Administration, Center for Biologics Evaluation and Research, Rockville, MD (USA)

Although public health crises involving children havebeen contributing factors to the development of thelaws governing the sale of pharmaceuticals, childrenhave been for most of the 20th century systematicallyexcluded from the commercial development process.While the reasons may be complex and difficult todocument, the reality is that most medicinal productsdid not include in the approved product informationpediatric usage or pediatric dosing, most commonly be-cause there were no relevant pediatric studies.

Despite efforts by professional organizations such asthe American Academy of Pediatrics and others to callattention to the imbalance between pediatric needs andproduct labeling, it was not until the last quarter of the20th century that the United States Federal governmentdevoted attention to the subject of pediatric research.The initial efforts were directed at establishing adequateprotections for participants in research, which beganwith the establishment of a National Commission in the1970’s and resulted in the publication of regulationsthat established categories of risk and limitations onfederally funded research based on risk in the early

Vollmann, J., Aufklärung und Einwilligung in der Psychia-trie. Ein Beitrag zur Ethik in der Medizin, Steinkopff, Darm-stadt (2000)

Wiethoff, K., Dippold, I., Rothärmel, S. et al., „Ich durfte janichts sagen, ich musste hier rein“ − Bedingungen und Folgender stationären Aufnahme aus der Sicht minderjähriger Patien-ten. In: U. Lehmkuhl (Hrsg.), Ethische Grundlagen in der Kin-der- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, S. 89−104,Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen (2003)

World Medical Association, Declaration of Helsinki. EthicalPrinciples for Medical Research Involving Human Subjects,Edinburgh (2000); Note of Clarification on Paragraph 29 addedby the WMA General Assembly, Washington, DC (2002)

1980’s. More or less concurrently, the Food and DrugAdministration instituted a new section of the approvedpackage insert or product label devoted to pediatric usethat was listed under the precautions section.

The next Federal activity specifically addressingproduct development for pediatric use was the publica-tion in 1994 of a regulation requesting voluntary com-pliance with an initiative to produce pediatric productlabeling through the use of data extrapolation. Theprinciple was to allow in cases where an adult andpediatric disease were sufficiently similar the use ofpharmacokinetic and safety information to extend thelabeled use to the pediatric population. The responseto the initiative did not meet expectations, so new ini-tiatives were designed that had a different approach.These were a pediatric incentive and a pediatric man-date.

To understand the subsequent development it is use-ful to recall that the United States of America has athree part government with a legislative, an executive,and a judicial branch. The legislative branch passes

24

laws, also known as statutes or acts and the executivebranch interprets laws by writing regulations, alsoknown as rules, and enforces both the laws and the re-gulations. All regulations are based in law, and lawscarry greater authority than regulations.

The initial pediatric incentive program began as partof the Food and Drug Administration ModernizationAct (FDAMA) in 1997 as a 5 year experiment. Thepediatric incentive was based on the precedent of theorphan drug incentive by extending the period of mar-keting exclusivity for a product in exchange forpediatric information. Marketing exclusivity is the timegranted by the Federal government when a product canbe sold in interstate commerce for a specific use with-out competition. The orphan drug incentive is basedon the combination of the product and its use in anorphan population and consists of two years additionalmarketing exclusivity for a new approved use. This ex-tends the exclusivity from 5 to 7 years for a use claimfor a new product. The pediatric incentive differed inthree aspects- the length of time, the scope, and thenature of the information. The time extension was 6months. The scope was all products that used the activemoiety that was studied in the pediatric population. Forexample, if a product was studied in the pediatric popu-lation as an intravenous formulation and the activemoiety of the product was also marketed as a capsule,a liquid, and a topical preparation, then satisfactorycompletion of the pediatric studies would extend themarketing exclusivity to all the available forms of theproduct. The nature of the information is different frommost regulatory contexts in that pediatric exclusivitycan be granted for studies that fail to demonstrate effi-cacy. The goal of the program is to provide pediatricinformation, even if it is negative, and provide a rewardfor that information.

The success of the program resulted in a renewal ofthe general approach with modifications based on thefirst 5 year experience. The renewal is contained in theBest Pharmaceuticals for Children Act of 2002 (PublicLaw 107−109).

A second initiative was a mandate initially publishedas a regulation in 1998 and known as the Pediatric Rule.The Pediatric Rule stated that the Food and Drug Ad-ministration (FDA) could require pediatric studies if aproduct was developed for an adult use that also existedin the pediatric population. There was no incentive inthe Pediatric Rule, but it was possible for a manufac-turer to address the mandate of the Pediatric Rule andalso qualify for a pediatric incentive under FDAMA. ThePediatric Rule was replaced in 2003 by the Pediatric Re-search Equity Act, which gave it greater authority.

The overriding principle of the Best Pharmaceuticalsfor Children Act (BPCA) is the dissemination ofpediatric information. One of the perceived weaknessesof the FDAMA incentive program was lack of a definedmechanism to disclose the results of pediatric studiessubmitted to the FDA. The BPCA addresses the issue

through several mechanisms and provides for two pro-grams to generate new pediatric data. These will be dis-cussed in some detail.

The BPCA renews the incentive program fromFDAMA. While the fundamental process remains thesame, some details have changed. The overall processis that the FDA sends a Written Request to the sponsoror manufacturer of a product asking for pediatric datathat addresses a public health need. Qualifying prod-ucts are most small molecule drugs, but not particularantibiotics or biologics, that have current patent ormarketing exclusivity. In many, but not all cases, theWritten Request may ask for new studies. Almost alwaysdosing and safety information is requested for variousage groups and sometimes a new formulation is re-quested. The disease or condition to be studied neednot have any relationship to the approved uses of theproduct, and may be for a pediatric specific condition.

After receipt of the Written Request, the sponsor has180 days to make a commitment to provide the re-quested information. To clarify the mechanism, thepediatric data are not due in 180 days, but a writtencommitment to provide the data is expected. If thesponsor agrees to provide the requested pediatric in-formation, a letter stating the intent must be sent to theFDA. If no letter is received by the FDA and the 180 daydeadline passes, the automatic default understanding isthat the sponsor does not have interest to provide thedata. If the sponsor declines to provide the requestedpediatric data, the Written Request is referred to a non-profit foundation called the Foundation for the NationalInstitutes of Health. The foundation receives private do-nations from non-governmental sources including thepharmaceutical industry. It can then provide studygrants to perform the FDA requested studies. Applica-tions for such grants are made through the foundation,which is located in Bethesda, Maryland, USA. The FDAalso has the authority to publicize that the sponsor hasdeclined to provide requested pediatric information.

All Written Requests have a due date for submissionto the FDA of the pediatric data. The due date dependsupon the scope of the information requested. If newstudies are required and the disease or condition is rela-tively rare, the due date can be several years from whenthe Written Request was issued. Typically it is not lessthan two years. A sponsor may submit the data anytimeuntil the due date. Sponsors often have their own dead-lines based on patent and existing exclusivity expira-tions. Once existing patent or exclusivity has expired, apediatric incentive cannot be used.

Written Requests are generated by two mechanisms.One is the FDA internally determines a public healthneed and develops a Written Request. The second isthat a sponsor or other party, with the permission ofthe sponsor, sends a proposal to the FDA for a WrittenRequest. The majority of Written Requests are gener-ated by proposals. Once a proposal is received, it is as-sessed by the relevant review division within the Center

25

for Drug Evaluation and Research (CDER) at the FDAand then referred to a multidisciplinary committee forcomment. The committee ensures that all Written Re-quests are as consistent as possible and provides scient-ific and regulatory input. Following the committeemeeting, the Written Request is issued by the relevantoffice within CDER. Listings of approved products forwhich Written Requests have been issued as well assample templates for Written Requests are on the FDAweb site under Pediatrics.

The result of a Written Request is a study report sentto the FDA by the sponsor. The study report is assessedby the relevant review division in CDER and then re-ferred with a recommendation to a review board tomake the determination whether the conditions of theWritten Request were fairly responded to. The reviewboard is a multidisciplinary body with scientific andlegal representation. If the determination is made thatthe information in the Written Request was provided,then the sponsor is notified by telephone and formalnotification posted on the FDA web site. If a determina-tion is made that the study report was inadequate, thesponsor is notified by telephone and no internet post-ing is made.

If a new formulation was requested and a good faitheffort was made and carefully documented to producea pediatric formulation, then the pediatric exclusivitycould still be granted even if the effort was not success-ful. It should also be emphasized that the results fromclinical studies do not require a demonstration of effi-cacy. A negative study result is considered as informat-ive as a positive one provided the data are of sufficientquality and quantity to yield a conclusion. Uninformat-ive studies are not considered adequate to address thepublic health need and indeed can be considered un-ethical because children will have been placed at riskwithout any meaningful result.

Dissemination of the study results is through severalmechanisms. One is that the information is anticipatedto be included in the approved product label, even ifthe data are negative. If the sponsor resists having theinformation in the product label, then an advisorypanel is convened to hear the case. Advisory committeemeetings are open to the public and the proceedingsare posted on the internet, so the information will enterthe public domain through the dispute resolution pro-cess. If the advisory committee recommends a labelchange and the sponsor does not comply, then the FDAhas the authority to consider the product misbrandedor falsely labeled and could withdraw the product fromthe market until the label is corrected. This has not oc-curred and is anticipated will not occur, but the legalauthority is in the BPCA to assist with motivation anddecision making.

In addition to providing the information in the prod-uct label, summaries of the clinical and pharmacologyreviews of the study report by the FDA are posted onthe internet and published in the Federal Register.

For products that do not have patent protection ormarketing exclusivity, the BPCA provides a new mech-anism to generate pediatric data that addresses publichealth needs. The off patent component of the BPCA iscoordinated by the FDA and the National Institute ofChild Health and Human Development (NICHD) at theNational Institutes of Health.

The NICHD, in consultation with the FDA, preparesa list of eligible products that have a public health needfor pediatric information and prioritizes them based oninput from a variety of sources. The list is published inthe Federal Register.

Using the published list, the FDA will issue a WrittenRequest using the same criteria as described for the onpatent process and send it to the current manufacturersof the product. Because the product is off patent, theremay be several manufacturers that receive the letter.The manufacturers have 30 days, compared to the 180days for products with patent or exclusivity protection,to respond. It is anticipated, and has been the case todate, that because there is no incentive attached to theoff patent Written Request and because providing therequested information, which is likely to include per-forming new studies, can be resource intensive, manu-facturers of off patent products will decline. If there isno reply to the Written Request or the Written Requestis explicitly declined, the Written Request is referred tothe NICHD. The NICHD then prepares a Request forProposals to provide the data under a contract mechan-ism. Once the Request for Proposals is published andproposals are received, NICHD reviews the submissionsand selects a recipient for the contract.

Following completion of the terms of the contract, astudy report is submitted through the NICHD to theFDA for evaluation and, as for the on patent products,the information is intended for the product label.

Additional provisions of the BPCA to the generationof pediatric data include scheduled systematic reviewof adverse event data, a discussion of a pediatric planto be included as part of the development program fornew investigational drugs, and three reports to Con-gress. One report is for the Institute of Medicine to sum-marize pediatric study practices and make recom-mendations; one report is for the General AccountingOffice to assess the enrollment of minority children inpediatric studies and the inclusion of the health needsof minority children in the pediatric exclusivity process,and the last report is for the FDA to provide informationon pediatric patient access to new cancer therapies.The cancer report was completed and submitted toCongress in 2004.

The BPCA also contains a section devoted topediatric oncology that describes a pediatric oncologyadvisory committee and mandates the National CancerInstitute to develop a preclinical testing program.

In December 2003 the Pediatric Research Equity Act(PREA) was signed into law. PREA is a companion andcomplementary initiative to the BPCA that codifies the

26

Pediatric Rule of 1998. PREA gives the FDA authority tomandate pediatric studies under particular circum-stances. If a product is approved for adult use or is un-der review for an adult use where a relevant conditionexists in children and one of two additional conditionsare met, then the FDA can mandate pediatric studieswithout a requirement for providing an incentive. Thetwo additional conditions are that either there is or an-ticipated to be widespread pediatric use or the productis considered a therapeutic advance for the disease orcondition. Widespread pediatric use is defined as usedby more than 50 000 children per year. The number wasderived from the definition of an orphan disease, whichis a prevalence of less than 200 000 people in the UnitedStates. Because the pediatric population is estimated tobe about 25 % of the population, 50 000 children be-came the threshold number. Therapeutic advance is de-fined relative to available FDA approved and labeledtherapy for the disease or condition. Waivers from com-pliance can be granted for some or all age groups. Thesubmission of pediatric studies is not tied to the sub-mission of data for adult populations so that no productwill be delayed in coming to market. Submission ofpediatric data can be deferred, but in granting a deferralthe FDA usually includes a due date and expects peri-odic updates on progress. Orphan products are ex-cluded from compliance with the PREA, but biologicsare included. A major difference between the exclusivityprovision in the BPCA and the mandate in PREA is thatthe incentive is limited to once for the general productand once more for a pediatric exclusive use in BPCAwhile the mandate in PREA can be applied as often asnecessary. The two programs are compared in theTable 1.

Together BPCA and PREA provide a comprehensiveapproach to addressing the public health needs ofproper study and product labeling for the pediatricpopulation. The BPCA programs are time limited, end-ing in 2007 and will be reassessed prior to either re-newal or modification.

Table 1: Comparison of FDA Pediatric Initiatives.

Pediatric Incentive ProgramPediatric Mandate

(Best Pharmaceuticals for(Pediatric Research Equity Act)

Children Act)

� Applies to all drugs and � Biologics and some drugsbiologics except Orphan excluded but includesDesignation Orphan Designation

� Only applies to the drug � Applies to all products withproduct and indication under same active moietyreview � Eligible indications for study

� Only applies if an approved or must occur in pediatricpending indication occurs in populationsadults and children � Only applies when there is

� Only applies if there is a underlying patent or exclusiv-therapeutic advance or ity protectionwidespread use � Limited use in a product

� May be used as often as lifetimepublic health need arises � Voluntary − no compliance

� Mandatory − compliance requiredexpected � Program expires in 2007

� No expiration stated inlegislation

27

Bei der Förderung der Entwicklung von Arzneimittelngegen seltene Krankheiten waren die USA weltweit Vor-reiter, als sie im Jahr 1983 ihren Orphan Drug Act inKraft setzten. Die EU folgte diesem positiven Beispielerst 17 Jahre später: Die Verordnung zu Orphan Medici-nal Products trat Anfang 2000 in Kraft und hat bereitszu über 200 Zuerkennungen des „Orphan“ Status undzu 15 Zulassungen für solche Medikamente geführt.

Eine ähnliche Verzögerung zeichnet sich bedauer-licherweise bei Arzneimitteln für Kinder ab: Geleitetvon der Erkenntnis, daß die Orphan Drug Regulationzwar auch − aber nur zu einem kleinen Teil − zur Ent-wicklung von Arzneimitteln für Kinder beiträgt, hattendie USA 1997 mit dem „FDA Modernization Act“ An-reize in diesem Bereich eingeführt, die auf Grund ihresguten Erfolgs 2002 im „Best Pharmaceuticals for Chil-dren Act“ bestätigt wurden. In Verbindung mit der Pae-diatric Rule, die 2003 gesetzlich abgesichert wurde, gibtes zur Förderung der Entwicklung von Arzneimitteln fürKinder insbesondere folgende Maßnahmen:

� Die FDA kann von Firmen die Durchführung vonKinderstudien verlangen.

� 6 Monate Verlängerung des Patentschutzes, wenneine Firma in Absprache mit der FDA Kinderstudiendurchführt.

� Einrichtung eines Fonds, gespeist mit jährlich 200Mio Dollar aus öffentlichen Mitteln zur Durchfüh-rung von Studien.

In der EU hatte sich Ende 1997 erstmals ein Experten-Workshop der Europäischen Kommission und der euro-päischen Zulassungsagentur EMEA (European Medici-nes Agency) mit Defiziten bei der Entwicklung von Arz-neimitteln für Kinder befaßt.

Es hatte dann allerdings 3 Jahre gedauert, bis dieEuropäischen Gesundheitsminister der EuropäischenKommission den Auftrag erteilten, Vorschläge für dieFörderung pädiatrischer Forschung und Entwicklungzu erarbeiten.

Aktuelle Entwicklungen in der EU

Siegfried Throm

Verband Forschender Arzneimittelhersteller e.V., Berlin

Im September 2001 kam die bei der EMEA in Londoneingerichtete „Paediatric Expert Group“ (PEG) zu ihrerersten Sitzung zusammen. Sie hat den Auftrag, dieEMEA und ihre wissenschaftlichen Gremien bei allenFragen bezüglich der Entwicklung und Anwendung vonKinderarzneimitteln zu beraten. Unter Leitung ihresVorsitzenden, des belgischen Kinderarztes Dr. DanielBrasseur, der auch den Vorsitz des Ausschusses für Hu-manarzneimittel CHMP innehat, befaßte sich die PEGbisher insbesondere mit folgenden Themen:

� Ermittlung des Bedarfs für Kinderarzneimittel in ver-schiedenen Indikationsgebieten,

� Entwicklung von kindergerechten Darreichungsfor-men sowie

� Spezifika bei der präklinischen und klinischen Ent-wicklung von Kinderarzneimitteln sowie der Pharma-kovigilanz.

Im Februar 2002 legte die Europäische Kommission dasKonsultationspapier „Better Pharmaceuticals for Chil-dren“ vor, das u. a. Anreize für die Entwicklung von Kin-derindikationen bei neuen und bekannten Arzneimit-teln sowie ein Netzwerk für pädiatrische Studien vor-sieht. Im Mai 2002 rief die hochrangige europäischeArzneimttel-Expertengruppe G 10 die Kommission unddie EU-Mitgliedstaaten dazu auf, effektive Regelungenfür Anreize für die Erforschung, Entwicklung und Ver-marktung von Kinderarzneimitteln einzuführen. Im Mai2003 gab die Europäische Kommission eine Studie zurAbschätzung der Auswirklungen der geplanten Verord-nung „Better Medicines for Children“ in Auftrag; da-durch kam es zu einer weiteren Verzögerung des Ver-fahrens von mindestens einem Jahr. Schließlich legtedie Europäische Kommission im März 2004 den langerwarteten Diskussionsentwurf und nach erneuterÜberarbeitung am 29. September 2004 den offiziellenEntwurf einer Verordnung zu Kinderarzneimitteln vor.Dieser soll Ende 2004 dem Ministerrat und dem Euro-päischen Parlament zugeleitet werden. Mit dem Ab-schluß des europäischen Gesetzgebungsverfahrens istnicht vor Herbst 2006 zu rechnen.

28

Verbesserung der Arzneimittelsituation bei Kindern

Bessere Arzneimittel für Kinder −Haltung des Europäischen Parlamentes

Peter Liese, MdEP

Europäisches Parlament, Brüssel (Belgien)

Das ProblemKinder erhalten in der Europäischen Union nicht diebestmögliche medizinische Behandlung.

Bis zu 80 % der Medikamente, die bei Kindern ange-wendet werden, besitzen hierfür keine Zulassung, d. h.sie sind nicht hinsichtlich ihrer Dosierung und Neben-wirkungen gezielt im Hinblick auf die Anwendung aufKinder untersucht worden und haben deshalb für dieAnwendung bei Kindern keine behördliche Überprü-fung und Zulassung erhalten. Dies führt dazu, daß etwa40 % der nach Angaben der Weltgesundheitsorganisa-tion unverzichtbaren Arzneimittel in Deutschland inden Herstellerangaben ein Anwendungsverbot bei Kin-dern tragen. Praktische Konsequenz für Ärzte und Kin-der ist, daß Kinder diese Medikamente entweder garnicht erhalten und damit Behandlungsmöglichkeitenentfallen oder daß sie trotz der nicht vorhandenen Zu-lassung angewandt werden, wodurch eine erhöhte An-zahl von Nebenwirkungen und die Bildung von Resi-stenzen und anderer medizinischer Probleme zu ver-zeichnen sind. Oft wird einfach geschätzt, wie viel dieKinder von einem Erwachsenenmedikament erhaltensollen (z. B. ein Drittel), ohne daß es dafür irgendwelchewissenschaftlichen Anhaltspunkte gibt. Kinder sindkeine kleinen Erwachsenen, sondern verfügen über ei-nen völlig anderen Stoffwechsel und es gibt noch vieleandere Unterschiede, so daß eigentlich von Medika-ment zu Medikament eine angepaßte Dosierung erfor-derlich wäre.

Konkrete Einzelbeispiele, bei denen sichder Mißstand auswirktBeispiel 1

In meiner Zeit als Stationsarzt in der Kinderklinik Pa-derborn habe ich selbst einen Fall erlebt, bei dem dieNicht-Zulassung eines Medikaments für Kinder prak-tisch schwerwiegende Konsequenzen hatte. Ein Kindlitt an sich ständig wiederholenden Infektionen derAtemwege. Die für Kinder zugelassenen üblichen Medi-

kamente, die als Saft zur Verfügung standen, wirktenaufgrund der Resistenz der Keime nicht mehr. Jedesmalwenn eine Infektion auftrat, war eine intravenöse Be-handlung erforderlich (Behandlung durch „Tropf“). Diedamit verbundenen Einschränkungen und Belastungenfür das Kind waren erheblich. Aus der Erwachsenenme-dizin kannte ich das Medikament mit dem Wirkstoff Ci-profloxacin1), welches in solchen Fällen bei Erwachse-nen sehr gut wirkt und als Tabletten, d. h. nicht überdie Venen ’gegeben’ werden kann. Da dieses Medika-ment aber für die Anwendung bei Kindern nicht zuge-lassen war, war es bisher nicht verordnet worden.Meine Nachfrage bei dem Hersteller ergab, daß es keineAnhaltspunkte dafür gibt, daß das Medikament bei Kin-dern unzumutbare Nebenwirkungen verursacht odereventuell nicht wirkt. Im Prinzip spreche nichts gegeneine Anwendung bei Kindern, außer die nicht vorhan-denen klinischen Prüfungen und die deshalb nicht vor-handene Zulassung. Nach Rücksprache mit meinemChefarzt setzte ich das Medikament dann auf eigeneVerantwortung ein, und die Infektion konnte erfolgreichbekämpft werden. Nebenwirkungen waren nicht zu ver-zeichnen.

Beispiel 2:Todesfall wegen Nicht-Zulassung von Aciclovir

Im Deutschen Ärzteblatt vom 7. Juni 2000 wurde einsehr dramatischer Fall berichtet. Ein Kind wurde wegeneiner durch ein Virus bedingten Entzündung des Ge-

1) Ciprofloxacin ist heute bei Kindern bis zu 5 Jahren mit zysti-scher Fibrose (Mukoviszidose) zugelassen, nicht jedoch fürandere Infektionen, wie z. B. chronische Harnwegsinfektio-nen. Weiterhin bestanden prinzipielle Bedenken für denbreiten Einsatz von Ciprofloxacin in der Pädiatrie wegen derbeobachteten Gelenkschäden bei Hundewelpen unter derBehandlung mit Ciprofloxacin. Außer vorübergehendenArthralgien wurden jedoch bei Kindern keine nennenswer-ten Nebenwirkungen von Ciprofloxacin beobachtet.

29

hirns (Encephalitis) behandelt. Das Medikament Aciclo-vir wäre grundsätzlich für die Behandlung dieser Er-krankung infrage gekommen. Der behandelnde Arztsetzte es jedoch nicht ein, da keine Zulassung für Kin-der vorhanden war. Anschließend verstarb das Kind.Der Arzt wurde anschließend vom OberlandesgerichtKöln wegen eines „groben ärztlichen Behandlungsfeh-lers“ verurteilt 2), da er das Medikament nicht eingesetzthatte. Dieses Beispiel zeigt, daß die jetzige Situation fürÄrzte absolut unbefriedigend und für die kleinen Pa-tienten zum Teil tödlich ist.

Weitere Beispiele sind Ganciclovir für die Behand-lung von Cytomegalie-Virusinfektion, z. B. nach Nieren-transplantation bei Kindern, oder Interferon-alpha-2bbei Hepatitis B. Beide Substanzen sind nicht für Kinderund Jugendliche unter 18 Jahren zugelassen, obwohlihre therapeutische Bedeutung auch für diese Alters-gruppen unumstritten ist.

Wo liegen die Ursachen für dieseProblematik?1. Es gibt eine ethische Diskussion über die Zulässigkeitvon klinischen Prüfungen von Arzneimitteln an Kindern.

Medikamente müssen, wenn ausreichend Daten ausLabortests und Tierversuchen vorliegen, auch am Pa-tienten geprüft werden. Viele dieser Prüfungen könnenan Erwachsenen stattfinden, und man kann dabeigrundsätzlich auch Erkenntnisse über die Anwendungan Kindern gewinnen. Teilweise ist es aber doch in ei-nem späteren Stadium erforderlich, die Arzneimittel anKindern unter wissenschaftlichen Bedingungen zu te-sten. Dies ist verständlicherweise kontrovers, da grund-sätzlich die Gefahr besteht, daß Kinder als „Versuchska-ninchen“ mißbraucht werden. Die europäischen Insti-tutionen haben sich mit der Frage intensiv beschäftigtund in der Richtlinie über klinische Prüfungen, die imJahr 2000 vom Europäischen Parlament und 2001 vomRat angenommen wurde, eine damals von beiden Insti-tutionen einstimmig unterstützte Lösung gefunden. Kli-nische Prüfungen bei Kindern sollen nur dann stattfin-den, wenn sie wirklich notwendig sind und der Gruppeder Kinder nützen. In der Anlage finden Sie Artikel 4der angenommenen Regelung. Problematisch ist, daßviele Mitgliedstaaten diese Regelung noch gar nicht odererst verspätet in nationales Recht umgesetzt haben.

2. Es ist für die pharmazeutische Industrie nicht attrak-tiv, Arzneimittel im Hinblick auf ihre Wirkung auf Kin-der zu untersuchen, da die Fallzahlen sehr klein sind.Glücklicherweise erkranken Kinder weniger häufigschwer, z. B. an Herzinsuffizienz oder Diabetes, als Er-wachsene. Daher ist die Entwicklung von Arzneimittelnfür Kinder grundsätzlich ein schlechtes Geschäft, da derMarkt relativ klein ist.

2) Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom 30. Mai 1990, Präze-denzfall.

Warum muß sich die EU derProblematik annehmen?In den Vereinigten Staaten gibt es bereits seit Jahrenspezielle Regelungen zur Verbesserung der Arzneimit-telsicherheit bei Kindern. Die Präsidenten Bill Clintonund George W. Bush haben diese Frage jeweils zu einerpersönlichen Priorität gemacht. Einzelne Mitgliedstaa-ten der Europäischen Union können das Beispiel derUSA so nicht übernehmen, da die Länder alleine zu kleinsind. Wie oben erwähnt, sind die Fallzahlen relativ ge-ring. Nur wenn man den europäischen Markt insgesamtbetrachtet, lohnt sich auch bei einer gesetzlichen Initia-tive das Engagement der pharmazeutischen Industrie.Daher hat das Europäische Parlament schon im Jahr2000 in einem Antrag die Notwendigkeit von klinischenStudien bei Kindern unterstrichen (siehe angenomme-ner Änderungsantrag des Europäischen Parlamentes zuErwägungsgrund 3, Richtlinie Klinische Prüfungen, An-lage 2). Während der Diskussion und Beratung über dieRevision des europäischen Arzneimittelrechts habenviele Abgeordnete mit Änderungsanträgen auch aufeine rasche Lösung des Problems bei Kindern gedrängt.Die Kommission und der Rat haben die Änderungsan-träge seinerzeit nicht angenommen, da sie darauf ver-wiesen, daß eine eigene Verordnung notwendig sei unddiese schneller (!) verabschiedet werden könnte. Die Re-vision ist mittlerweile verabschiedet. Leider haben wirlange auf den Vorschlag der Europäischen Kommissionzum Thema Kinderarzneimittel warten müssen. Im De-zember 2000 hat auch der Ministerrat in einem Memo-randum die Notwendigkeit von Aktionen zur Verbesse-rung der Arzneimittelsicherheit bei Kindern anerkannt.Der Vorschlag der Europäischen Kommission ist trotz-dem erst am 29.9.04 vorgelegt worden. Der Grund fürdie lange Verzögerung ist neben den üblichen Proble-men (Personalmangel) vor allem die relativ spät im Ge-setzgebungsverfahren hinzugekommene Notwendigkeiteines extended impact assessment.

Wie soll die Lösung aussehen?Die Europäische Kommission plant eine Mischung aus„Zuckerbrot“ und „Peitsche“. Die pharmazeutische In-dustrie soll bei der Entwicklung neuer Medikamenteverpflichtet werden, Arzneimittel, die von Nutzen fürKinder sein können, auch im Hinblick auf die Wirkungbei Kindern zu untersuchen. Grundsätzlich muß jedesneue Medikament also auch für Kinder zugelassen wer-den. Ausnahmen sind möglich, wenn diese Untersu-chungen nicht sinnvoll erscheinen (z. B. ein Medika-ment, das für Alzheimer entwickelt wird, muß sicherlichnicht im Hinblick auf die Wirkung auf Kinder getestetwerden). Über die Ausnahmen entscheidet ein eigenerAusschuß, der bei der Europäischen Arzneimittelagen-tur in London (EMEA) eingerichtet wird.

Für Medikamente, die bereits auf dem Markt sind,schlägt die Kommission ein Anreizsystem vor. Die Fir-

30

men, die diese Medikamente auch im Hinblick auf ihreAnwendung an Kindern prüfen und dann die Zulassungbeantragen, sollen für das Medikament eine zusätzlicheMarktexklusivität erhalten (wie in den USA sechs Mo-nate). Hierdurch soll ein finanzieller Anreiz geschaffenwerden, auch Medikamente, die schon auf dem Marktsind, besser zu untersuchen.

Probleme und potentielle Konflikte

Immer wenn es darum geht, die Marktexklusivität vonneuen Medikamenten zu verlängern, gibt es einen Kon-flikt mit den Anbietern von Generika (Nachahmerpro-dukten). Generika können entsprechend später auf denMarkt kommen, und deren Hersteller haben deshalbkein Interesse an einer zusätzlichen Marktexklusivität.Im Arzneimittelrecht gibt es deshalb stets den Streitzwischen Generikaherstellern und forschenden Arznei-mittelherstellern. Die forschenden Arzneimittelherstellerkönnten den „Peitschenteil“ des Kommissionsvor-schlags kritisieren, da er ihnen zusätzliche Verpflichtun-gen auferlegt. Es wird sicherlich im Einzelfall eine Dis-kussion darüber geben müssen, ob diese Verpflichtun-gen notwendig und gerechtfertigt sind, aber generellscheint die Bereitschaft in den europäischen Institutio-nen sehr groß zu sein, die Industrie diesbezüglich zuverpflichten.

Das größte Problem besteht darin, daß viele lebens-notwendige Medikamente schon aus dem Patentschutzherausgewachsen sind, d. h. eine Verlängerung der Ex-klusivvermarktung um ein halbes Jahr ist nicht möglich,da die Medikamente schon frei sind, d. h. schon vieleGenerika auf dem Markt sind. Hier ist es besondersschwierig, eine adäquate Lösung zu finden. Voraus-sichtlich wird eine Verbesserung in diesem Bereich nurmöglich sein, wenn man erhebliche finanzielle Mittelmobilisiert. Die Europäische Kommission als Ganzeswar dazu in den letzten Jahren nicht bereit.

Anträge, die Bekämpfung von Kinderkrankheiten zueiner Priorität im sechsten Forschungsrahmenpro-gramm zu machen, wurden von Kommission und Mini-sterrat lange abgelehnt und erst in letzter Minute aufge-nommen. An diesem Thema muß weiter gearbeitet wer-den. Denkbar ist auch, daß die Arzneimittelherstellersich an der Finanzierung auch der Präparate beteiligen,bei denen der Patentschutz schon abgelaufen ist.

Weiteres VorgehenDer Vorschlag der Europäischen Kommission ist am 29.September 2004 vorgelegt worden; zuständig ist die Ge-neraldirektion Unternehmen. Er wird anschließendvom Europäischen Parlament (federführend ist wahr-scheinlich der Ausschuß für Umwelt, Gesundheit undLebensmittelsicherheit) und vom Ministerrat (federfüh-rend wahrscheinlich Gesundheitsminister) beraten. AlleBeteiligten sind an einem schnellen Abschluß des Ver-

fahrens interessiert, jedoch ist das Parlament nicht be-reit, den Kommissionsvorschlag einfach durchzuwin-ken, da die Kommission selbst vier Jahre gebraucht hat,um einen entsprechenden Vorschlag auszuarbeiten.

Anlage 1

Art 4 aus der Richtlinie zu Klinischen Prüfungen 2001/20/EG

Artikel 4

Minderjährige als Prüfungsteilnehmer

Zusätzlich zu allen relevanten Einschränkungen darf eine klini-sche Prüfung an Minderjährigen nur durchgeführt werden,wenn

a) die nach Aufklärung erteilte Einwilligung der Eltern oderdes gesetzlichen Vertreters vorliegt. Die Einwilligung mußdem mutmaßlichen Willen des Minderjährigen entsprechenund kann jederzeit widerrufen werden, ohne daß dem Min-derjährigen dadurch Nachteile entstehen:

b) der Minderjährige von pädagogisch erfahrenem Personaleine seiner Fähigkeit, dies zu begreifen, entsprechende Auf-klärung über die Prüfung, die Risiken und den Nutzen er-halten hat;

c) der von einem Minderjährigen, der sich eine eigene Mei-nung bilden kann und die erhaltenen Informationen zu be-urteilen weiß, ausdrücklich geäußerte Wunsch, nicht an derklinischen Prüfung teilzunehmen oder sie zu irgendeinemZeitpunkt zu beenden, vom Prüfer und gegebenenfalls vomHauptprüfer berücksichtigt wird;

d) keine Anreize oder finanzielle Vergünstigungen mit Aus-nahme einer Entschädigung gewährt werden;

e) die klinische Prüfung für die Patientengruppe mit einem di-rekten Nutzen verbunden ist und nur dann, wenn derartigeForschungen für die Validierung von Daten, die bei klini-schen Prüfungen an zur Einwilligung nach Aufklärung fähi-gen Personen oder mittels anderer Forschungsmethodengewonnen wurden, unbedingt erforderlich sind. Außerdemmüssen sich derartige Forschungen unmittelbar auf einenklinischen Zustand beziehen, unter dem der betroffeneMinderjährige leidet, oder ihrem Wesen nach nur an Min-derjährigen durchgeführt werden können;

f ) die einschlägigen wissenschaftlichen Leitlinien der Agenturbefolgt wurden;

g) die klinischen Prüfungen so geplant sind, daß sie unter Be-rücksichtigung der Erkrankung und des Entwicklungssta-diums mit möglichst wenig Schmerzen, Beschwerden, Angstund anderen vorhersehbaren Risiken verbunden sind; so-wohl die Risikoschwelle als auch der Belastungsgrad müs-sen eigens definiert und ständig überprüft werden;

h) der Prüfplan von einer Ethik-Kommission, die über Kennt-nisse auf dem Gebiet der Kinderheilkunde verfügt oder diesich in klinischen, ethischen und psychosozialen Fragen aufdem Gebiet der Kinderheilkunde beraten ließ, befürwortetwurde; und

i) die Interessen des Patienten stets über den Interessen derWissenschaft und der Gesellschaft stehen.

31

Nach Einschätzung von Experten sind etwa 80 Prozentder Arzneimittel, die in der Kinderheilkunde eingesetztwerden, für diesen Indikationsbereich nicht zugelassen.Überwiegend muß in der Pädiatrie auf „Erwachsenen-medikamente“ zurückgegriffen werden, die nicht syste-matisch an Kindern und Jugendlichen auf Dosierung,Wirksamkeit und Sicherheit getestet wurden. Die Rah-menbedingungen für die Arzneimittelforschung so zugestalten, daß dieser riskante Off-Label-Use einge-dämmt werden kann, ist ein wichtiges Anliegen der rot-grünen Bundesregierung.

Dieses Anliegen hat im Jahr 2002 fraktionsübergrei-fend Unterstützung gefunden. Die parlamentarischeDebatte zum Antrag „Medizinische Versorgung von Kin-dern und Jugendlichen sichern und verbessern“ hateine breite Öffentlichkeit für die Thematik sensibilisiert.Damit wurde der nötige Druck auf alle Akteure erzeugt,um an der Lösung des Problems mitzuwirken und da-mit dem medizinisch bedenklichen und sozial diskrimi-nierenden Mangel an für Kinder geprüften Arzneimit-teln Abhilfe zu schaffen.

Vieles hat sich getan seitdem, Wichtiges bleibt nochzu tun. Ein wichtiges Ergebnis der Initiative war derAufbau des Pädiatrischen Netzwerks zur Arzneimittel-

Die Arzneimitteltherapie bei Kindern und Jugendlichensicherer machen

Marlies Volkmer, MdB

Deutscher Bundestag, Ausschuß für Gesundheit und Soziale Sicherung

Anlage 2

Erwägungsgrund 3 aus dem vom Parlament am 12.12.2000 an-genommenen Bericht zu klinischen Prüfungen (zweite Lesung)

(3) Personen, die nicht rechtskräftig in eine klinische Prü-fung einwilligen können, müssen besonders geschützt werden.Es ist Aufgabe der Mitgliedstaaten, entsprechende Bestimmun-gen zu erlassen. Diese Personen dürfen nicht in klinische Stu-dien einbezogen werden, wenn dieselben Erkenntnisse auchdurch klinische Prüfungen mit einwilligungsfähigen Personengewonnen werden können. Diese Personen sollten in der Regelnur dann in klinische Studien einbezogen werden, wenn diebegründete Annahme besteht, daß die Verabreichung des Arz-neimittels einen unmittelbaren Nutzen für den betroffenen Pa-tienten hat, der die Risiken überwiegt. Aber gerade bei Kindern

ist es notwendig, klinische Studien durchzuführen, um die Be-handlung dieser Bevölkerungsgruppe zu verbessern. Kinderbilden eine besonders schutzbedürftige Bevölkerungsgruppe.Sie unterscheiden sich in ihrer Entwicklung sowie physiolo-gisch und psychologisch von Erwachsenen, so daß zum Wohledieser Bevölkerungsgruppe Forschungen wichtig sind, die Alterund Entwicklungsstand berücksichtigen. Arzneimittel ein-schließlich Impfstoffe für Kinder müssen vor einer allgemeinenAnwendung wissenschaftlich getestet werden. Dies kann nurdadurch erreicht werden, daß Arzneimittel, die bei Kindern vonerheblichem klinischen Wert sein können, eingehend geprüftwerden. Die dafür erforderlichen klinischen Studien solltenunter optimalem Schutz der Versuchspersonen stattfinden. Da-her ist es notwendig, Kriterien zum Schutz von Kindern beiklinischen Prüfungen festzulegen.

entwicklung und -prüfung bei Kindern und Jugendli-chen (PAED-Net), das durch Mittel des Bundesministe-riums für Bildung und Forschung gefördert wird. Aninsgesamt sechs Koordinierungszentren für KlinischeStudien (KKS) wurden pädiatrische Module zur Durch-führung klinischer Studien an Kindern und zum Aufbauvon Programmen zur Aus-, Fort- und Weiterbildung vonStudienpersonal für pädiatrische Studien eingerichtet.Gefördert wird zudem die Einrichtung einer Koordinie-rungszentrale für das PAED-Net am KKS Mainz, dasu. a. für die Öffentlichkeitsarbeit und als zentraler An-sprechpartner für Auftraggeber von Studien zur Verfü-gung steht.

Besonders wichtig für die Verbesserung der Arznei-mittelsituation bei Kindern und Jugendlichen war je-doch die Umsetzung der europäischen Richtlinie 2001/20/EG. Anliegen der SPD-Gesundheitspolitiker war esdabei, Forschungserleichterungen gesetzlich zu veran-kern, ohne die hohen nationalen Schutzvorkehrungenfür die minderjährigen und nicht einwilligungsfähigenProbanden zu verringern.

Ein Grund für den Mangel an geprüften Arzneimit-teln für Kinder und Jugendliche ist, daß klinische Prü-fungen in diesem Bereich bisher nur zum Erkennen

32

und Verhüten von Krankheiten des betroffenen Minder-jährigen und im Rahmen von therapeutischen Heilver-suchen zulässig waren. Ein individueller Vorteil war alsobislang zwingende Voraussetzung für die Studienteil-nahme.

Dieses Hindernis bei der Entwicklung spezifischerKinder- und Jugendarzneimittel wird nun mit der Ein-führung des Kriteriums der „Gruppennützigkeit“ besei-tigt. Danach ist es im Gegensatz zu einem rein indivi-duellen Nutzen ausreichend, wenn die Anwendung deszu prüfenden Arzneimittels für die Gruppe der Patien-ten, die an der gleichen Krankheit leidet wie die Ver-suchsperson, mit einem direkten Nutzen verbunden ist.

Die Richtlinie 2001/20/EG schreibt lediglich Min-destvoraussetzungen fest, die in jedem Fall bei derDurchführung von klinischen Prüfungen zu beachtensind. Bei der Umsetzung war der Gesetzgeber dahernicht gehindert, höhere Anforderungen an das Schutz-niveau festzuschreiben oder bereits bestehende höhereAnforderungen beizubehalten. Über die Einführung derGruppennützigkeit wurde deshalb in den parlamentari-schen Beratungen und in der Enquete-Kommission„Ethik und Recht in der modernen Medizin“ intensivund kontrovers debattiert. Denn einerseits ist es un-ethisch, minderjährige Patienten unsicheren, da nichtgeprüften Therapien auszusetzen oder ihnen Therapienvorzuenthalten. Andererseits muß verhindert werden,daß nicht unbedingt erforderliche Studien mit Kindernstattfinden oder Kinder belastenden und risikoreichenUntersuchungen ausgesetzt werden.

Der mit der Einführung des Gruppennutzens ver-bundenen Absenkung des Schutzniveaus wurde begeg-net, indem besondere Anforderungen an diese For-schung verankert wurden. Vor allem die Regelungen zurinformierten Einwilligung gehen wesentlich über dasbisherige Schutzniveau des Arzneimittelgesetzes hin-aus. Zudem wurde klargestellt, was unter minimalen Ri-siken und minimalen Belastungen, die den Kindern zu-gemutet werden können, zu verstehen ist.

Dem Schutz minderjähriger Probanden dient aucheine Maßnahme, die neu im Gesetz verankert wordenist. Wenn eine Ethikkommission eine Prüfung bewertensoll, dann kann sie von der zuständigen Bundesoberbe-hörde alle relevanten Daten erhalten, die für die Bewer-tung nötig und wichtig sind. Denn die Bundesoberbe-hörde hat − im Gegensatz zu den Ethikkommissionen −Zugriff auf die europäische Datenbank, in der Informa-tionen über den Inhalt, den Beginn, aber auch über dieBeendigung und den Abbruch von klinischen Prüfun-gen registriert werden. Mit dieser Unterrichtungspflichtkönnen unnötige klinische Prüfungen vermieden wer-den.

Sehr zu begrüßen ist die Einrichtung einer Kommis-sion für Arzneimittel für Kinder und Jugendliche beimBundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte(BfArM). Bei der Entscheidung über einen Antrag aufZulassung eines Arzneimittels, das auch zur Anwen-dung bei Kindern oder Jugendlichen bestimmt ist, wird

diese Kommission beteiligt. Die Kommission kann auchzu nicht für Kinder zugelassenen Arzneimitteln den an-erkannten Stand der Wissenschaft dafür feststellen,unter welchen Voraussetzungen diese Arzneimittel beiKindern angewendet werden können. VordringlicheAufgabe ist nun, daß die Kommission rasch und kom-petent besetzt wird.

In den Diskussionen um die 12. AMG-Novelle wurdevielfach kritisiert, daß die neuen Regelungen nichtkommerzielle klinische Prüfungen erschweren, wennnicht unmöglich machen würden. Für die gefordertenAusnahmeregelungen standen dem Gesetzgeber freilichnur begrenzte Möglichkeiten zur Verfügung, da dieRichtlinie 2001/20/EG an dieser Stelle eindeutig ist:Therapieoptimierungsstudien müssen denselben Qua-litätsstandards entsprechen wie andere klinische Stu-dien auch.

Die bestehenden Möglichkeiten wurden im Rahmender Rechtsverordnung über die Anwendung der GutenKlinischen Praxis bei der Durchführung von klinischenPrüfungen mit Arzneimitteln zur Anwendung am Men-schen (GCP-Verordnung) genutzt. Hier wurden Erleich-terungen in den Bereichen von Kennzeichnung undDossiers der Prüfpräparate verankert. Es ist davon aus-zugehen, daß bei entsprechender Flexibilität der Ver-antwortlichen Therapieoptimierungsstudien auch inZukunft durchgeführt werden können.

In diesem Zusammenhang war es den Koalitionsfrak-tionen wichtig, daß Versicherte auch dann Anspruchauf Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherunghaben, wenn die medizinische Versorgung im Rahmeneiner Erprobung durchgeführt wird. Der GemeinsameBundesausschuß wurde aufgefordert, im Interesse derbetroffenen Patientinnen und Patienten eine entspre-chende Anpassung der Arzneimittelrichtlinien vorzu-nehmen.

Nach einem Zeitraum von fünf Jahren wird die Bun-desregierung einen Bericht vorlegen, wie sich die Geset-zesänderungen zur Erprobung von Arzneimitteln anMinderjährigen auswirken. Erst dann wird sich sicherbeurteilen lassen, ob die vorgenommenen Gesetzesän-derungen zu einer Verbesserung der Situation im Be-reich der Kinder- und Jugendarzneimittel führen konn-ten.

Bei allen Diskussionen um die Novellierung des Arz-neimittelrechts darf nicht vergessen werden, daß fürden Mangel an geprüften Arzneimitteln für Kinder undJugendliche auch ungenügende Anreize für die pharma-zeutische Industrie ursächlich sind. Die Gruppen er-krankter Kinder mit ihren altersspezifisch unterschied-lichen Reaktionseigenschaften stellen in vielen Fälleneinen so kleinen Absatzmarkt dar, daß die hohen Ent-wicklungs- und Zulassungskosten ein hohes wirtschaft-liches Risiko für die Unternehmen sind.

Auf europäischer Ebene wird daher schon längerüber Anreizsysteme für die pharmazeutische Industriediskutiert. Am 29. September 2004 hat nun die Euro-päische Kommission einen ehrgeizigen Vorschlag für

33

eine Verordnung über Kinderarzneimittel verabschie-det. Mit einem System von Anreizen, Auflagen und Ver-günstigungen, darunter eine sechsmonatige Patentver-längerung und eine zehnjährige Datenschutzfrist fürneue Studien, setzt der Vorschlag der Kommission neueMaßstäbe, um die Entwicklung und Zulassung von Arz-neimitteln für die pädiatrische Anwendung im gesam-ten europäischen Raum einheitlich zu fördern. Gleich-zeitig soll u. a. durch stärkere Sicherheitsprüfungen von

Jährlich werden Kindern etwa 1 Milliarde TagesdosenMedikamente verschrieben. Ein erheblicher Anteil derangewendeten Arzneimittel hat kein spezielles Zulas-sungsverfahren für die Anwendung beim juvenilen Pa-tienten durchlaufen. Der so genannte „off label use“ istbeim Kind eher der Regelfall als die Ausnahme. Denspeziellen Bedingungen des kindlichen Stoffwechselskann jedoch nicht allein durch auf das Körpergewichtbezogene Dosisreduktion Rechnung getragen werden,so daß beim „off label use“ verstärkt unerwünschte Wir-kungen auftreten.

Der Deutsche Bundestag hat sich mit diesem Pro-blem zuletzt im Rahmen der Beratung der 12. Novelledes Arzneimittelgesetzes und in der Enquete-Kommis-sion „Recht und Ethik der modernen Medizin“ befaßt.Im Mittelpunkt der Diskussion stand die Frage nach derZulässigkeit gruppennütziger Forschung an Kindernund nichteinwilligungsfähigen Erwachsenen.

Wie auch bei anderen Themen, die ethische Grund-fragen berühren, ist die politische Bewertung dieserFrage weder vom Bundestag insgesamt, noch innerhalbvon Partei- und Fraktionsgrenzen einheitlich beantwor-tet worden. Daher hat auch die Enquete-Kommissionin dieser Frage keine einheitliche Stellungnahme abge-geben.

Als ursächlich hierfür können folgende Zielkonfliktebeschrieben werden:

Die politische Diskussion zur Arzneimittelversorgungund -sicherheit bei Kindern

Helge Braun, MdB

Deutscher Bundestag, Ausschuß für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung, Berlin

Arzneimitteln für Kinder sichergestellt werden, daß dieForschung bei Arzneimitteln für Kinder hohen Quali-tätsanforderungen entspricht.

Das Europäische Parlament sowie die Mitgliedsstaa-ten im Rat müssen dem Kommissionsvorschlag noch

zustimmen. Die SPD-Gesundheitspolitiker auf allenEbenen werden den Kommissionsvorschlag genau prü-

fen, inwieweit er die gesteckten Ziele erreichen kann.

1. Um dem besonderen Schutzbedürfnis von Kindernzu entsprechen, die selber die Tragweite der Teil-nahme an einer klinischen Prüfung nicht ermessenkönnen, ist bisher die Forschung an nicht einwilli-gungsfähigen Patienten nur dann erlaubt, wenn vonder Teilnahme an der Untersuchung ein individuellerVorteil zu erwarten ist. Der Nachweis eines Gruppen-nutzens allein genügt nicht.

2. Auf der anderen Seite gelten kontrollierte klinischePrüfungen als einziger akzeptierter Beweis einertherapeutischen Wirksamkeit und Unbedenklichkeit.Daher ist es ethisch gleichfalls abzulehnen, Kindernunzureichend geprüfte Arzneimittel zu verabreichenoder − im Umkehrschluß − ihnen ein möglicherweiseheilsames Arzneimittel vorzuenthalten.

3. Verbindet man die Zulässigkeit gruppennütziger For-schung an Kindern mit nicht praktizierbaren, hohenAuflagen, wird der formelle Aufwand für die Realisie-rung von klinischen Prüfungen bei Kindern so hoch,daß die Fähigkeit zur Durchführung solcher Studienweiter sinkt. Insbesondere Universitäten und nicht-kommerzielle Forschungseinrichtungen sind dannnicht mehr in der Lage, Studien bei Kindern durch-zuführen. Diesen Einrichtungen kommt aber als un-abhängige Instanzen und im Bereich der Erfor-schung seltener Krankheiten eine hohe Bedeutungzu.

34

Die Politik ist gefordert, zwischen diesen Zielkonflikteneinen gangbaren Kompromiß zu finden. In den letztenJahren vollzieht sich hierbei eine schleichende Wendein der Einschätzung. Denn während seit Jahrzehntender Gesetzgeber mit der allgemeinen Nachzulassungvon Arzneimitteln beschäftigt war und ist, standen Dif-ferenzierungen zwischen Altersstufen und Dosisextra-polationen im Hintergrund. Nicht zuletzt mit Berufungauf die im Jahr 1964 vom Weltärztebund formulierteDeklaration von Helsinki wurde jede Form der klini-schen Prüfung mit nicht einwilligungsfähigen Personenstrikt abgelehnt.

Während die evidenzbasierte Medizin klinischer Prü-fungen als Beweis einer therapeutischen Unbedenklich-keit und Wirksamkeit bedarf, hat die Politik der vergan-genen Jahrzehnte eine Werteentscheidung getroffen,die klinische Prüfungen mit Minderjährigen nur dannzuließ, wenn ein individueller Nutzen zu erwarten war.Der Gesetzgeber hatte somit die Rahmenbedingungenfür klinische Prüfung anhand ethischer Kriterien fest-legt, wohingegen die Wissenschaft häufig Anforderun-gen an die Politik anhand von wissenschaftlichen Krite-rien stellte.

Mit der Harmonisierung des Arzneimittelrechts inder Europäischen Union wurde die politische Diskus-sion um Sicherheit und Forschung mit Minderjährigenneu entfacht.

Das Ergebnis langjähriger Beratungen ist die EU-Richtlinie 2001/20/EG. Zum einen erreicht der Schutzder Patienten ein neues Niveau. Zum anderen aber wirdnun festgestellt: „Aber gerade bei Kindern ist es not-wendig, klinische Studien durchzuführen, um die Be-handlung dieser Bevölkerungsgruppe zu verbessern.Kinder bilden eine besonders schutzbedürftige Bevöl-kerungsgruppe ... Arzneimittel für Kinder, einschließ-lich Impfstoffe, müssen vor einer allgemeinen Anwen-dung wissenschaftlich getestet werden.“ Die Politik aufEU-Ebene hatte im Jahr 2001 dem nationalen Gesetzge-ber vorwegnehmend eine neue Gewichtung der ethi-

schen Frage von Forschung mit Minderjährigen getrof-fen. Mit der 12. Novelle des Arzneimittelgesetzes wurdedie EU-Richtlinie in deutsches Recht implementiert.Dabei wurde die klinische Forschung mit Minderjähri-gen gemäß der neuen Werteentscheidung der EU aufeine neue Grundlage gestellt.

Der Deutsche Bundestag verkennt bei der Gesetzge-bung zur klinischen Forschung keineswegs die Bedeu-tung von klinischen Prüfungsverfahren für den Pharma-standort Deutschland. Mit Ausnahme kinderonkologi-scher Studien werden die meisten der validen klini-schen Forschungsprojekte im Kindesalter in den USAdurchgeführt. Doch auch in den USA werden klinischePrüfungen zu pädiatrischen Erkrankungen nur dannvon der Wirtschaft betrieben, wenn für das zu prüfendeMedikament mindestens 50 000 Verschreibungen proJahr erwartet werden.

Nach der Erkenntnis des Bedarfs geprüfter Arznei-mittel für Kinder durch die Politik ist diese nun gefor-dert, für eine allumfassende Durchführung der StudienRechnung zu tragen. Daher müssen solche Rahmenbe-dingungen geschaffen werden, daß klinische Prüfungenfür Arzneimittel für Kinder auch außerhalb wirtschaft-licher Rentabilitätserwartungen erfolgen.

Der weitere Entscheidungsprozeß in der Politik zurDurchführung von Studien bei Kindern könnte dahingehen, daß eine gestufte Risikobewertung zu Grundegelegt wird.

Minimalinvasive Maßnahmen oder die Erprobungvon Diagnostika sind dabei mit geringeren Hürden zuversehen, ebenso Dosisfindungsstudien beim Kind mitWirkstoffen, die beim Erwachsenen schon im klini-schen Routineeinsatz sind und sich als nebenwirkungs-arm erwiesen haben.

Es scheint jedoch letztlich nicht möglich, einengrundsätzlichen Ausgleich zwischen den beschriebenenZielkonflikten in gänzlich zufriedenstellender Ausge-staltung zu erlangen.

35

Möglichkeiten und Realität staatlicher Forschungsförderung

Robert Hauer

Bundesministerium für Bildung und Forschung, Referat 612, Berlin

Die Einführung von Innovationen im Gesundheitssy-stem wird, abhängig von der Art des Verfahrens, sehrunterschiedlich geregelt und finanziert. Lediglich inden Bereichen der Medikamentenentwicklung sowieder Medizintechnik ist die Einführung über klare ge-setzliche Regelungen festgelegt, und die Finanzierungvon Entwicklungskosten über den Produktpreis gesi-chert.

Die Finanzierung von Forschung und Entwicklungbei neuen pharmazeutischen Produkten ist Aufgabe derpharmazeutischen Unternehmen. Der staatliche Ein-fluß wird im wesentlichen vermittelt über Regeln zurZulassung innovativer Produkte, ökonomische und re-gulatorische Rahmenbedingungen des Gesundheitssy-stems sowie die Rahmenbedingungen für Forschungund Entwicklung.

Staatliche Forschungsförderung in der Bundesrepu-blik Deutschland ist zunächst grundsätzlich Aufgabeder Länder, die pro Jahr Aufwendungen der Hochschu-len für Forschung und Lehre in Höhe von 2,15 Milliar-den A pro Jahr finanzieren. Darüber wird vorrangig dieInfrastruktur abgesichert, während die eigentlichenForschungsprojekte im Rahmen der Mischfinanzierungvon Bund und Ländern über die Deutsche Forschungs-gemeinschaft (0,75 Milliarden A/Jahr) oder über Pro-gramme des BMBF gefördert werden. Daneben werdendie Wissenschaftsorganisationen wie z. B. Max-Planck-Gesellschaft (MPG), Fraunhofer-Gesellschaft (FHG)oder die Helmholtz-Gemeinschaft (HGF) nach unter-schiedlichen Schlüsseln von Bund und Ländern unter-stützt. Im Rahmen der Projektförderung des BMBF trägtder Bund das gesamte Fördervolumen. Im Bereich derMedizin ist hier neben dem Biotechnologieprogramminsbesondere das Gesundheitsforschungsprogramm zunennen. Die Aufwendungen für die Gesundheitsfor-

schung im Bereich der Projektförderung liegen dabeiinsgesamt bei etwa 150 Mio. A/Jahr. Die Förderung desBundes ist komplementär zur Förderung der Länderbzw. der Wissenschaftsorganisationen und kompensa-torisch auf die Behebung von Defiziten in der For-schungslandschaft beschränkt. Einschlägig für diepharmazeutische Forschung sind dabei neben dem na-tionalen Genomforschungsprogramm insbesondere dieFördermaßnahmen des Gesundheitsforschungspro-grammes im Bereich der klinischen Forschung zu nen-nen:

� Koordinierungszentren für klinische Studien (KKS)werden seit 1999 an 12 medizinischen Fakultäten ge-fördert. An 6 dieser Standorte sind zusätzlich pädia-trische Einheiten eingerichtet worden, die sichschwerpunktmäßig mit der Arzneimittelforschungbei Kindern befassen sollen („pädiatrische Module“).

� In bislang insgesamt 17 „Kompetenznetzen für dieMedizin" werden seit 1999 indikationsbezogene, bun-desweit agierende Kooperationen zwischen Klinikernund Grundlagenforschern gefördert. Die Durchfüh-rung klinischer Studien im Bereich der Arzneimittel-therapie ist eine der Schwerpunktsetzungen dieserAktivitäten.

Im Jahre 2003 wurde ein gemeinsames Förderprogrammvon BMBF und DFG zur Förderung klinischer Studienausgeschrieben. Gegenstand der Förderung sind wis-senschaftsinitiierte Studien, wobei alle relevanten Fra-gestellungen ohne Einschränkungen bezüglich desKrankheitsbildes oder des Studientyps zugelassen sind.Damit wird erstmals für Deutschland ein dem Normal-verfahren der DFG vergleichbares Instrument zur För-derung klinischer Studien eingeführt, in dem ohne me-thodische oder inhaltliche Vorgaben grundsätzlich rele-vante Fragestellungen jeglicher Art zugelassen sind.

36

Die Sicht der pharmazeutischen Industrie

Hans-Joachim Weber

Lilly Deutschland GmbH, Bad Homburg

Klinische Prüfungen bei Kindern sind selten, und nochseltener ist die Umsetzung der Ergebnisse in angemes-sene und allgemein zugängliche Informationen wieFach- oder Gebrauchsinformationen („Label“). Diesewenig aktuelle Erkenntnis wirft v.a. zwei Fragen auf:Welches sind die Hindernisse, um Arzneimittel bei Kin-dern unter regulatorischen Voraussetzungen zu testen?Und angesichts einer gewissen Resignation: Was kön-nen wir tun, um mit diesen Aufgaben voranzukommen?

Zweifellos spielen wirtschaftliche Überlegungen auchim Gesundheitssektor und bei Entscheidungen der Pro-duktentwicklung für den pharmazeutischen Unterneh-mer eine wichtige Rolle. Solche Überlegungen sind umso gravierender, wenn das Ausmaß der erforderlichenInvestitionen und der mögliche Vorteil unklar sind undkeine Planungssicherheit erlauben. Für Kinder trifftdies insbesondere zu, weil die für eine Zulassung aus-reichenden Daten nach den üblichen für Erwachsenegeltenden Kriterien nur selten erbracht werden könnenund eindeutige Vorgaben für den Umfang der notwen-digen Untersuchungen fehlen. Und weiterhin erweist essich als schwierig, die notwendigen klinischen Prüfun-gen überhaupt durchzuführen. Im Vordergrund müssendaher Überlegungen zu den Infrastrukturen für pädia-trische Studien, zur Akzeptanz in der Öffentlichkeit undzu den regulatorischen Rahmenbedingungen stehen,um eine sinnvolle Balance von Ressourcen − Zeit, Geldsowie Arbeitskräfte − und Nutzen − für Kinder relevanteErgebnisse − zu erreichen.

Natürlich versteht sich die pharmazeutische Indu-strie als Partner im Gesundheitssektor und bei entspre-chenden humanitären Aufgaben. Aber es ist kurzsichtig,die Belange einer Verbesserung der Arzneimittelsitua-tion bei Kindern nur dort zu sehen. Vielmehr geht esum komplexe Abwägungen von besonderem Schutz ei-ner vulnerablen Patientengruppe und der Notwendig-keit klinischer Prüfungen für den medizinischen Fort-schritt.

Mit der Umsetzung der EU-Direktive zu klinischenPrüfungen in das Arzneimittelgesetz im Rahmen der12. AMG-Novelle wurden Fortschritte gemacht. So istjetzt geklärt, daß als sog. gruppennützige Forschungauch Placebo-kontrollierte Studien erlaubt sind, die alsGoldstandard für Nutzen und Risiken in der Arzneimit-telforschung gelten, wenn keine etablierte Therapie zurVerfügung steht. Weiterhin ist die Bildung einer Kom-mission für Kinder und Jugendliche im Gesetz veran-

kert, und in der amtlichen Begründung findet sich eineeingehende Beschreibung, was unter minimalen Risi-ken und Belastungen für klinische Prüfungen mit Min-derjährigen zu verstehen ist. Damit zeichnen sich Kon-turen für die pädiatrische Forschung ab.

Jetzt sollte es auch mit den EU-Regularien weiter ge-hen. Die „Better Medicines for Children“-Verordnungder Europäischen Kommission benötigt für die Imple-mentierung mehr Zeit als erwartet wurde. Sicher ist dasThema nicht einfach, andererseits kann man sich anumfangreichen Erfahrungen in den USA orientierenund muß das Rad nicht neu erfinden. Dabei gehen diebisher vorliegenden Entwürfe in die richtige Richtung.Bei der Komplexität pädiatrischer Entwicklungspro-gramme ist eine wichtige Erwartung der Industrie, daßdiese Programme nicht zu Verzögerungen der Markt-einführung bei Erwachsenen führen. Das wäre schondeshalb abwegig, weil die Erkenntnisse bei Erwachse-nen oft erst die Vorraussetzung für die klinischen Prü-fungen bei Kindern sind. Einen besonderen Stellenwerthat die Beratung des Entwicklungsprogramms durchdas Paediatric Board mit entsprechender Kompetenzaber auch der notwendigen Flexibilität, wünschens-werte regulatorische Aspekte, die Machbarkeit von Stu-dienprojekten und die Vermeidung unnötiger Studienin Einklang zu bringen. Weitere Kriterien sollten dierasche Zulassung, z. B. auch im Änderungsverfahrenoder mit Möglichkeiten des erweiterten Erkenntnisge-winns nach Zulassung, sowie Incentive-Regelungensein.

Incentive-Regelungen greifen v.a., wenn sie eine Ver-längerung der Schutzzertifikate (SPC) bewirken undsind weniger relevant für „off-patent“-Produkte. Incen-tives würden einen Forschungsdirektor in einem phar-mazeutischen Unternehmen unterstützen, die pädiatri-schen Investitionen gegenüber anderen Investitionendurchzusetzen. Und dies würde insbesondere dann ge-lingen, wenn die Beratung des Paediatric Board und dieInfrastrukturen für pädiatrische Studien eine verläß-liche Planung erlauben. Bei Erwachsenen haben sichdiese Infrastrukturen für klinische Prüfungen über Jahr-zehnte entwickelt. Hingegen werden die Schwierigkei-ten unterschätzt, solche Studien GCP-konform, unterBerücksichtigung der Biometrie, multizentrisch und ineinem vertretbaren Zeitrahmen auch bei Kindern zubewältigen. Bei „off-patent“-Produkten ist neben demUnterlagenschutz auch eine Förderung unabhängiger

37

Verbesserung der Arzneimittelsituation bei Kindern −Die Sicht der Krankenkassen

Wolfgang Kaesbach

Bundesverband der Betriebskrankenkassen, Essen

„Kinder sind keine kleinen Erwachsenen“, diese Fest-stellung ist ebenso abgedroschen wie zutreffend, undzwar für alle Lebenssituationen. In ihrer Funktion nochunreife Rezeptor- und Transportsysteme erfordern ge-rade bei Minderjährigen je nach Altersgruppe und indi-vidueller Konstitution eine differenzierte Arzneimittel-therapie. Obwohl für einen gesicherten Arzneimittel-einsatz klinische Studien bei den Gruppen von Indivi-duen, bei denen die geprüften Arzneimittel später auchangewendet werden sollen, eine unverzichtbare Voraus-setzung sind, galt noch vor kurzem aus ethischen undrechtlichen, aber auch aus rein praktischen Überlegun-gen der Grundsatz, daß Minderjährige nur an klini-schen Studien beteiligt werden dürfen, wenn für dieTestpersonen ein therapeutischer Nutzen als wahr-scheinlich anzunehmen war. Kinder sind also nochheute ähnlichen Risiken ausgesetzt wie vor 30 Jahren,als sich Arzneimittelkatastrophen gerade in der Kinder-

Studien durch öffentliche Mittel in Erwägung zu ziehen.Es sei daran erinnert, daß nach der EU-Direktive„nicht-kommerzielle“ Studien (IITs) „einen hohen Nut-zen für die betroffenen Patienten haben können“ unddieses Prinzip natürlich auch bei pädiatrischen Studienanwendbar ist.

Studienaktionismus ist nicht hilfreich. Es gibt bereitszahlreiche Studien bei Kindern, die nie regulatorischnutzbar gemacht wurden. Die Durchführung pädiatri-scher Studien sollte primär in der Absicht erfolgen, denErkenntnisgewinn zugänglich zu machen und einen„label change“ zu erreichen. Dabei können die neuenErkenntnisse eine Erweiterung der Indikation oder pä-diatrischen Population bedeuten oder können auch In-formationen zu Dosierung oder Nebenwirkungen seinoder Warnungen, das Produkt in der pädiatrischen Po-pulation nicht oder nur unter besonderen Vorsichts-

maßnahmen zu nehmen. Alle diese Erkenntnisse sindfür die Kinder relevant und rechtfertigen daher Hin-weise in den Produktinformationen, an denen sich derbehandelnde Arzt orientieren kann.

Die Kinder warten darauf, am therapeutischen Fort-schritt oder sonstigen Erkenntnissen beteiligt zu wer-den. Die pharmazeutische Industrie ist dafür aufge-schlossen und hat in den letzten 2 Jahren 36 Medika-mente und Applikationshilfen zur Zulassung gebracht.

Sicher liegt die klinische Forschung bei Kindern inEuropa hinter den Aktivitäten in den USA zurück. Wirkommen weiter, wenn wir die dortigen Erfahrungenauch bei uns implementieren und pädiatrische For-schungsprogramme als gemeinsame Aufgabe mit ge-eigneten regulatorischen Rahmenbedingungen sowieNetzwerken und Infrastrukturen für pädiatrische Stu-dien verstehen.

population manifestierten. Endlich besteht internatio-nal sowohl auf gesundheitspolitischer als auch gesell-schaftlicher Ebene Konsens, legislatorisch Rahmenbe-dingungen zu schaffen, die die Entwicklung von Kin-derarzneimitteln fördern und zugleich den Besonder-heiten klinischer Studien bei Minderjährigen Rechnungtragen. Schließlich leben in der Europäischen Unionrund 80 Millionen Kinder und Jugendliche.

Die in der ambulanten Kinderheilkunde üblicheArzneimitteltherapie umfaßt überwiegend Maßnahmender Prophylaxe und bei interkurrenten Störungen.Neben angeborenen Stoffwechselstörungen sind chro-nische und für Erwachsene typische Erkrankungen, dieeiner medikamentösen Dauertherapie bedürfen, beiKindern eher die Ausnahme. Nach Expertenschätzun-gen sind aber über die Hälfte der häufig und auch not-wendigerweise bei Kindern eingesetzten Arzneimittelfür diese Altersgruppe nicht zugelassen. Im stationären

38

Sektor, insbesondere in der Neonatologie, soll der Anteilsogar 90 Prozent betragen. Auch die in der EssentialDrugs List der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ge-nannten Arzneimittel verfügen nur zu etwa einem Drit-tel über eine Kinderzulassung. Und noch im Jahre 2000hatten 15 von 50 durch die European Medicines Evalua-tion Agency (EMEA) europaweit zugelassene Arzneimit-tel keinen Hinweis auf die Anwendung bei Kindern, ob-wohl sie auch bei Kinderkrankheiten eingesetzt werden.

Bei Arzneimitteln, die zum Zwecke der Zulassungausschließlich an Erwachsenen getestet wurden, kön-nen die ÄrztInnen für Kinder- und Jugendmedizin Ant-worten auf die Fragen zur sicheren Arzneimittelwir-kung, zur geeigneten Dosierung, zu Verträglichkeit undNebenwirkungen nur im Wege des „learning by doing“finden. Eine im wesentlichen empirisch gestützte Arz-neimitteltherapie ist mit dem Ziel unvereinbar, Kinderndie sicherste medizinische Behandlung zukommen zulassen. Darüber hinaus sind die TherapeutInnen recht-lich weitgehend allein gelassen, wenn sie Arzneimittelaußerhalb der Zulassung, im so genannten „off-labeluse“ einsetzen.

Das Bundessozialgericht (BSG) hat mit Urteil vom19. März 2002 dem „off-label use“ enge Grenzen gesetztund die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversi-cherung (GKV) nur im begründeten Einzelfall und unterbestimmten Voraussetzungen bejaht. Der Fortschritt inder Arzneimitteltherapie − so das BSG − definiere sichüber die arzneigesetzliche Zulassung, allerdings werdedas Arzneimittelgesetz (AMG) dem Bedürfnis nach ei-nem zulassungsüberschreitenden Arzneimitteleinsatznicht gerecht und insofern bestehe dort dringender Re-gelungsbedarf. Auf diese Aufforderung reagierte dasBundesministerium für Gesundheit und Soziale Siche-rung (BMGS) unmittelbar mit dem Erlaß vom 16. April2002 über die Errichtung eines ExpertengremiumsArzneimittel für Kinder und Jugendliche (EAKJ), dasmit dem 12. AMG-Änderungsgesetz rechtlich verankertwurde.

An das EAKJ hat die GKV hohe Erwartungen ge-knüpft. Dieses soll das vorhandene Wissen über die the-rapeutische Anwendung nicht speziell für Kinder undJugendliche zugelassener Arzneimittel zusammenfas-send bewerten und Standards für entsprechende Zulas-sungserweiterungen definieren. Nach über zweijährigerTätigkeit sind dessen Arbeitsergebnisse jedoch mehr alsenttäuschend. Bisher wurde zu keinem einzigen Wirk-stoff oder Arzneimittel aufbereitetes Erkenntnismaterialveröffentlicht. Offensichtlich trägt das EAKJ zur Pro-blemlösung nicht bei und beschäftigt sich außerhalbseines eigentlichen Arbeitsauftrages, nämlich der phar-mazeutischen Industrie Impulse zu geben, arzneimit-telgesetzliche Zulassungen für die Anwendung bei Kin-dern nachzuholen.

Aber nicht nur die nationalen, auch die Mühlen inBrüssel mahlen langsam. Nachdem 1997 erstmals aufVeranlassung der EMEA die Defizite bei der Entwick-lung von Arzneimitteln für Kinder analysiert wurden,

hat die Europäische Kommission sieben Jahre ge-braucht, um endlich am 3. September 2004 den Entwurfeiner Gesetzgebung zu Kinderarzneimitteln fertig zustellen, dem nun noch das Europäische Parlament undder Europäische Rat zustimmen müssen. Zwischenzeit-lich wurden 2001 im Rahmen der EU-Richtlinie zurGood Clinical Practice (GCP) klinische Untersuchungenvon Arzneimitteln an Kindern für zulässig erklärt, wennüber die Studienteilnehmer hinaus auch für die ge-samte an der gleichen Krankheit leidende Patienten-gruppe ein therapeutischer Nutzen zu erwarten ist.Diese Richtlinienerweiterung ist inzwischen mit dem12. AMG-Änderungsgesetz in deutsches Recht umge-setzt worden.

Die von der EU-Kommission beabsichtigten Zielesind die Forschung in Kinderarzneimittel zu intensivie-ren, die Verfügbarkeit von Kinderzulassungen zu erhö-hen, die Informations- und Datenbasis zu verbreitern,die Maßnahmen zur Pharmakovigilanz zu verbessernsowie unnötige Studien zu vermeiden. Um die Industriezur Durchführung adäquater Studien zu motivieren,lockt der Kommissionsvorschlag unter anderem mit ei-ner Verlängerung des Patentschutzes, bei patentfreienWirkstoffen mit einer Verlängerung des Datenverwer-tungsschutzes, einem speziellen Gütesiegel für Kinder-arzneimittel sowie einem Fonds zur Forschungsförde-rung.

Das Beispiel USA zeigt, daß eine Kombination ausgesetzlicher Verpflichtung einerseits, neue Arzneimittelan Kindern testen zu müssen, wenn die Indikation auchfür Kinder relevant ist, und finanzieller Anreize für ent-sprechende Studien andererseits, die Entwicklung vonKinderarzneimitteln befördert. Als Folge der US-Gesetz-gebung wurden zwischen Mitte 1998 und Anfang 2004die Zulassungen bei über 60 Arzneimitteln um Kinder-anwendungen erweitert. Doch trotz der Globalisierungvon Forschung, Entwicklung und Vermarktung pharma-zeutischer Produkte scheinen internationale Pharmafir-men nicht bereit, die in den USA mit öffentlicher Förde-rung gewonnenen Erkenntnisse auf freiwilliger Basisauch in den europäischen Zulassungsprozeß einzubrin-gen. Offensichtlich handelt die Pharmaindustrie nachdem Grundsatz „Monetik geht vor Ethik“.

Dabei kommt die Europäische Union mit ihrer am31. März 2004 verabschiedeten Gesetzgebung zu Hu-manarzneimitteln den pharmazeutischen Unterneh-mern zulassungstechnisch bereits sehr entgegen. Sowerden jetzt − orientiert an deutschen und US-amerika-nischen Regelungen − Zulassungen unter Auflagen(conditional approval), beschleunigte Beurteilungs-und Entscheidungsverfahren (fast track) sowie unterbestimmten Bedingungen auch ein Inverkehrbringenvor der Zulassung (compassionate use) ermöglicht.Darüber hinaus kann − und wird auch bereits − dieschon länger geltende orphan drug-Regelung für Kin-derindikationen in Anspruch genommen. Vor diesemHintergrund erweisen sich Behauptungen der Pharma-industrie, strukturierte klinische Prüfungen für be-

39

stimmte Altersklassen oder Indikationen würden sichnicht lohnen, dauerten zu lange, die Fallzahlen wärenzu klein oder Studien wären ethisch nicht vertretbar,als vordergründig.

Eine wissenschaftsorientierte Gesellschaft kann unddarf es sich nicht erlauben, für Kinder und Jugendlicheniedrigere Schutzbestimmungen zu akzeptieren und indiesen Altersgruppen breit angelegte Humanexperi-mente zu tolerieren. Patienten und deren Ärzte, aberauch die Kostenträger haben Anspruch auf eine siche-re Arzneimittelversorgung. Nach dem europäischenRechtssystem liegt das Antragsrecht auf Zulassung unddementsprechend das Vermarktungsrecht nach Zulas-

sung allein bei den pharmazeutischen Unternehmern.Die nun anstehende europäische Gesetzgebung wirdhoffentlich zu substantiellen Fortschritten in der Arz-neimitteltherapie bei Kindern und Jugendlichen führen.Daß es dazu unter anderem eines Anreizsystems bedarf,muß wohl der marktwirtschaftlichen Philosophie ge-schuldet billigend in Kauf genommen werden. Wem al-lerdings wie in Deutschland das Recht auf freie Preisbil-dung auch im Markt der GKV eingeräumt ist, kannnicht noch zusätzlich deren Finanzierungsbeteiligungan Arzneimittelstudien einfordern. Diesem Ansinnenhat unlängst das BSG mit Urteil vom 22. Juli 2004 denBoden entzogen.

40

After Dinner Lecture

Der Kinder- und Jugend-Gesundheitssurvey −Wem nutzt er?

Bärbel-Maria Kurth

Robert Koch-Institut, Abteilung für Epidemiologie und Gesundheitsberichterstattung, Berlin

In Anbetracht der vielfältigen relevanten Datenquellenzu Kindern und Jugendlichen (Perinatalerhebungen,Krankheitsfrüherkennungsuntersuchungen für Kinder,Mikrozensuszusatzerhebungen, Statistik der Straßen-verkehrsunfälle, Krankenhausdiagnosestatistik, Schul-eingangs- und Schulabgangsuntersuchungen, Kinder-krebsregister Mainz, ESPED [Erhebungseinheit für sel-tene pädiatrische Erkrankungen in Deutschland], mel-depflichtige Infektionskrankheiten nach IfSG [Gesetzzur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrank-heiten], Todesursachenstatistik) benötigt die Konzipie-rung einer zusätzlichen bundesweiten Gesundheitsstu-die mit ca. 18 000 Kindern und Jugendlichen eine stich-haltige Begründung. Die tatsächliche Durchführung ei-ner solchen Studie bedarf angesichts der damit verbun-denen Kosten schon fast eines gesundheitspolitischenund wissenschaftlichen „Notstands“.

Meldungen aus der Presse wie „Dick, lahm, falsch er-nährt: Kinder und Jugendliche in Deutschland“, „Jederdritte Jugendliche ist übergewichtig“, „Jeder zweite Schü-ler hat Dauerkopfweh“, „Jedes dritte Kind hat eine Aller-gie“ alarmieren die Öffentlichkeit. Vorschläge für Inter-ventionen und Prävention werden gleich mit angebo-ten. Tatsache ist jedoch, daß sich derzeit beispielsweiseFragen, wie

� Haben unsere Kinder eine ausreichende Jodversor-gung?

� Wie verbreitet ist das Aufmerksamkeitsdefizit-Hyper-aktivitätssyndrom (ADHS)?

� Wieviel Sport treiben unsere Kinder?� Wie steht es um deren Fitness?� Wie oft gehen sie in welchem Lebensalter zum Arzt?� Wie ernähren sie sich?� Wie gut geht es Kindern aus Migrantenfamilien?� Wie geborgen fühlen sich Kinder und Jugendliche in

ihrem sozialen Umfeld?� Welche Medikamente nehmen die Kinder und Ju-

gendlichen in welchem Alter (verordnet oder nichtverordnet) ein?

� Werden unsere Kinder wirklich immer dicker?

wenn überhaupt, lediglich für bestimmte Altersgruppenoder für einzelne Regionen, in denen zusätzliche Erhe-bungen stattgefunden haben, beantworten lassen.

Es fehlen bundesweit repräsentative valide Informa-tionen zu wesentlichen Bereichen der Kinder- undJugendgesundheit, wie beispielsweise:

� Körperliche Beschwerden und Befindlichkeit� Psychische Gesundheit und Verhaltensauffälligkeiten� Chronische Krankheiten (u. a. Allergien, Asthma,

Hautkrankheiten)� Subjektive Gesundheit (Lebensqualität)� Soziale Kontakte, soziales Netz, Unterstützungssy-

steme� Personelle Ressourcen (Schutzfaktoren für eine ge-

sunde psychische Entwicklung)� Ernährung, Eßstörungen, Adipositas� Gesundheitsverhalten und Freizeitaktivitäten� Medikamentenkonsum� Inanspruchnahme medizinischer Leistungen.

Diese Situation und die am Robert Koch-Institut vor-handenen Erfahrungen mit Gesundheitssurveys bei dererwachsenen deutschen Bevölkerung bildeten den Aus-gangspunkt für die sich über mehrere Jahre erstrek-kende Entwicklung eines Forschungsprojekts „Kinder-und Jugend-Gesundheitssurvey“. Dabei wurden alle inder Bundesrepublik Deutschland existierenden Daten-quellen erfaßt und hinsichtlich ihrer Nutzbarkeit für re-präsentative Aussagen zur Gesundheit von Kindern undJugendlichen überprüft, es wurden die Möglichkeitender Angleichung der Erhebungsinstrumente und derVerknüpfung unterschiedlicher Daten geprüft. Umfang-reiche Literaturrecherchen, Kooperationsbeziehungen,Expertengespräche und internationale Projekte wurdengenutzt, um die geplante Gesundheitserhebung auf denletzten Stand der internationalen epidemiologischenEntwicklung zu bringen. Das mit dieser Zielsetzung ent-wickelte Projekt für eine bundesweite Gesundheitsstu-

41

die mit Kindern und Jugendlichen wurde mehrfach be-gutachtet und einer einjährigen Testung unterzogen.Das Gesamtkonzept der Studie ist publiziert in Gesund-heitswesen (2002) 64 Sonderheft 1: Schwerpunktheft:Kinder- und Jugendgesundheitssurvey. Konzept, Ziele,Inhalte, Instrumente, Pretest.

Seit Mai 2003 läuft diese Studie nunmehr unter demNamen KiGGS bundesweit (siehe dazu auch www.kiggs.de), gemeinsam finanziert von den Bundesministerienfür Gesundheit und Soziale Sicherung bzw. Bildung undForschung sowie vom Robert Koch-Institut. Über dreiJahre lang werden an mindestens 150 Orten ca. 18 000repräsentativ ausgewählte Kinder und Jugendliche zwi-schen 0 und 18 Jahren untersucht und gemeinsam mitihren Eltern befragt. Bis Mitte November 2004 (demZeitpunkt des Martini-Symposiums also) werden diedrei Feldteams des Robert Koch-Instituts ca. 8000 Kin-der an insgesamt 75 Orten untersucht haben. So kannin diesem Beitrag über bis dahin vorliegende Erfahrun-gen in der Feldarbeit und in der Zusammenarbeit mitden Akteuren des Gesundheitswesens vor Ort berichtetwerden, darüber hinaus aber auch über Tendenzen, diesich in den bis dahin erhobenen Daten abzeichnen so-wie über geplante Projekte, die das Ziel haben, gemein-sam mit Kooperationspartnern handlungsorientierteAuswertungen vorzunehmen.

Mit dem nach Beendigung des ersten Kinder- undJugend-Gesundheitssurvey im Jahr 2006 erreichten Wis-sensstand werden eingangs genannte Fragen beant-wortbar sein, es werden zudem neue oder sogar erstma-lige Normwerte für die Altersverläufe gesundheitlicherParameter bei Kindern und Jugendlichen zwischen 0und 18 Jahren erstellt werden können. Darüber hinauswird eine Vielzahl epidemiologischer Fragestellungenzum multifaktoriellen Zusammenwirken von Risikofak-toren, zu Risikogruppen in der Population von Kindernund Jugendlichen und zu möglichen auf diese Gruppenfokussierte Präventions- und Interventionsansätze ei-ner Antwort näher gebracht. Um all dies zeitnah und

unter Nutzung aller in Deutschland vorhandenen Res-sourcen zu bearbeiten, wird der Datensatz des Kinder-und Jugend-Gesundheitssurveys der wissenschaftlichenÖffentlichkeit als Public Use File zur wissenschaftlichenAuswertung und Bearbeitung zur Verfügung gestelltwerden. Schon jetzt häufen sich die ungeduldigen An-fragen beim Robert Koch-Institut, wann denn die Datennun endlich fertig erhoben seien. Das ändert nichts andem geplanten Zeitpunkt: Ende 2006.

Mit dem dann erreichten Wissensstand zur Gesund-heit von Kindern und Jugendlichen werden sich unwei-gerlich Fragen nach der zeitlichen Entwicklung erge-ben. Was wird besser, wo haben Interventionen eineWirkung, was verschlechtert sich? Die einfachste Ant-wort in Form einer Wiederholung einer solchen Quer-schnittsstudie nach fünf, sieben oder zehn Jahren wirdwiederum wegen der damit verbundenen Kostenschwer realisierbar sein.

Eine Fortführung dieser Querschnittsstudie alsLängsschnitt (Kohorte), die sich unmittelbar aus epide-miologischen Fragestellungen zum Zusammenwirkenvon Risikofaktoren, nach kausalen Zusammenhängenund zeitlichen Abläufen, zur Evaluation von Präven-tionsansätzen, aber auch aus Belangen einer modernenGesundheitsplanung ableiten, wäre noch teurer. Dies istaber kein Grund, das Ziel gar nicht erst anzustreben.

Das Konzept, durch die Schaffung von Schnittstellenmit anderen Erhebungen, wie beispielsweise mit denFrüherkennungsuntersuchungen, oder die Nutzungvergleichbarer Instrumente in den Schuleingangsunter-suchungen wie im Survey, wird derzeit am Robert Koch-Institut entwickelt. Auf diese Weise könnte es möglichwerden, ein Gesundheitsmonitoringsystem für Kinderund Jugendliche zu schaffen, das Existierendes nutzt,Informationslücken schließt und Bestehendes mitein-ander vernetzt. Noch vor Beendigung der Datenerhe-bung des ersten bundesweiten Kinder- und Jugend-Ge-sundheitssurvey arbeiten wir an diesem Ziel und su-chen dafür Bündnispartner.

42

Anschriften der Referenten

Prof. Dr. Michael BeckUniversitäts-Kinderklinik derJohannes Gutenberg-Universität MainzArbeitsgemeinschaft Lysosomale SpeicherkrankheitenLangenbeckstraße 155101 MainzTel. +49 6131 17-2398Fax +49 6131 17-6693E-mail: [email protected]

Prof. Dr. med. Hansjosef BöhlesZentrum für Kinder- und JugendmedizinKlinik für Kinderheilkunde IJohann Wolfgang Geothe-UniversitätTheodor-Stern-Kai 760590 Frankfurt/MainTel. +49 69 6301-5751Fax +49 69 6301-6652E-mail: [email protected]

Prof. Dr. med. Joachim BoosUniversitätsklinikum MünsterKlinik u. Poliklinik für KinderheilkundePädiatrische Hämatologie/OnkologieAlbert-Schweitzer-Straße 3348149 MünsterTel. +49 251 83-47865Fax +49 251 83-55740E-mail: [email protected]

Helge Braun, MdBDeutscher BundestagMitglied des Ausschusses für Bildung,Forschung und TechnikfolgenabschätzungPlatz der Republik 111011 BerlinTel. +49 30 227-71982Fax +49 30 227-76707E-mail: [email protected]

Prof. Dr. med. Ludwig GortnerUniversitätsklinik für Kinder- und JugendmedizinNeonatologische Intensivmedizin66421 Homburg/SaarTel. +49 6841 16-28301Fax +49 6841 16-28310E-mail: [email protected]

Dr. Dr. Robert HauerBundesministerium für Bildung u. ForschungReferat 612Hannoversche Str. 28 − 3010115 BerlinTel. +49 1888 57-5059Fax +49 30 28540-5517E-mail: [email protected]

Dr. Dr. Steven HirschfeldCenter for Biologics Evaluation and ResearchOffice of Cellular, Tissue & Gene TherapiesOncologyFood and Drug AdministrationWOC-I, HFN-7551401 Rockville PikeRockville, MD 20852USATel. +1 301 827-5351Fax +1 301 827-9796E-mail: [email protected]

Dr. med. Martin Hulpke-WetteGeorg-August-Universität GöttingenPädiatrische Kardiologie und IntensivmedizinRobert-Koch-Str. 4037075 GöttingenTel. +49 551 39-2550Fax +49 551 39-2560E-mail: [email protected]

Wolfgang KaesbachBundesverband der BetriebskrankenkassenGeschäftsbereich VertragspolitikAbteilung Arzneimittel und MedizinprodukteKronprinzenstr. 645128 EssenTel. +49 201 179-1280Fax +49 201 179-1022E-mail: [email protected]

Prof. Dr. med. Wieland KiessPräsident der Deutschen Diabetes GesellschaftUniversitätsklinik und Poliklinik fürKinder und JugendlicheOststr. 21−2504317 LeipzigTel. +49 341 97-26007Fax +49 341 97-26008E-mail: [email protected]

Dr. med. Michael KölchUniversitätsklinikum UlmKlinik für Kinder- u. Jugend-psychiatrie/PsychotherapieSteinhövelstr. 589075 UlmTel. +49 731 500-33519Fax +49 731 500-33546E-mail: [email protected]

Dr. Bärbel-Maria KurthRobert Koch-InstitutLeiterin der Abteilung für Epidemiologie u.GesundheitsberichterstattungSeestraße 1013353 BerlinTel. +49 1888 754-3103Fax +49 1888 754-3181E-mail: [email protected]

43

Dr. Peter Liese, MdEPEuropäisches ParlamentRue Wiertz1047 BrüsselBelgienTel. +32 2 284-5981Fax +32 2 284-9981E-mail: [email protected]

Prof. Dr. Dietrich ReinhardtLudwig-Maximilians-Universität MünchenKinderklinik und Kinderpoliklinik imDr. von Haunerschen KinderspitalLindwurmstraße 480337 MünchenTel. +49 89 5160-7701Fax +49 89 5160-7702E-mail: [email protected]

Prof. Dr. med. Dr. phil. Helmut RemschmidtPhillips-Universität MarburgDirektor der Klinik für Kinder- undJugendpsychiatrie und -psychotherapieHans-Sachs-Straße 635039 MarburgTel. +49 6421 28-66260Fax +49 6421 28-68975E-mail: [email protected]

Dr. med. Klaus RoseNovartis Pharma AGClinical Development & Medical Affairs4002 BaselSchweizTel. +41 61 324-2707Fax +41 61 324-2813E-mail: [email protected]

Prof. Dr. med. Dr. med. h. c. Peter C. ScribaLudwig-Maximilians-Universität MünchenKlinikum InnenstadtZiemssenstraße 180336 MünchenTel. +49 89 5160-4400Fax +49 89 5160-4422E-mail: [email protected]

Redaktion: Prof. Dr. Hans-Georg Classen, Viktor Schramm. Sekretariat: Christine Schäffer. Verlag: ECV · Editio Cantor Verlag für Medizin und Naturwissenschaften GmbH,Postfach 12 55, 88322 Aulendorf (Germany), Tel. +49 (0) 7525-9400, Fax +49 (0) 7525-940 180; e-mail: [email protected]; http://www.ecv.de. Druck: VeBu Druck + MedienGmbH, Am Reutele 18, 88427 Bad Schussenried (Germany). Alle Rechte vorbehalten.Bezugsbedingungen: Die Zeitschrift erscheint monatlich und kann vom Verlag oder durch eine Buchhandlung bezogen werden. Preise für das Jahresabonnement als Printausgabeeinschließlich Online-Zugang (inkl. MwSt., mindestens 12 Hefte): Inland: 325,− A plus 15,− A Versand. Ausland (Europa mit VAT Ident. Nr.): 343,93 A plus 30,17 A Versand(Luftpost: 68,96 A). Ausland (Europa ohne VAT Ident. Nr. und weiteres Ausland): 368,− A plus 35,− A Versand (Luftpost: 80,− A). Preis für das Einzelheft: 35,− A plus Versand.Netzwerk-Erweiterungslizenzen auf Anfrage. Das Abonnement ist weiter rechtsverbindlich, wenn es nicht mindestens 3 Monate vor Ende des Berechnungszeitraums gekündigtwird. Kostenlose Probehefte liefert der Verlag auf Anforderung.Printed in Germany · ISSN 0004-4172

Prof. Dr. Hannsjörg W. SeyberthPhilipps-Universität MarburgGeschäftsführender DirektorZentrum für Kinder- und JugendmedizinDeutschhausstraße 1235033 MarburgTel. +49 6421 28-66226Fax +49 6421 28-68956E-mail: [email protected]

Dr. Siegfried ThromVerband Forschender Arzneimittelhersteller e. V.Geschäftsführer Forschung, Entwicklung, InnovationHausvogteiplatz 1310117 BerlinTel. +49 30 20604-300Fax +49 30 20604-308E-mail: [email protected]

Dr. Marlies Volkmer, MdBDeutscher BundestagMitglied des Ausschusses für Gesundheitund Soziale SicherungPlatz der Republik 111011 BerlinTel. +49 30 227-71166Fax +49 30 227-76222E-mail: [email protected]

Dr. Hans-Joachim WeberLilly Deutschland GmbHMedical DirectorSaalburgstr. 15361350 Bad HomburgTel. +49 6172 273-2001Fax +49 6172 273-2727E-mail: Weber−Hans−[email protected]

Prof. Dr. med. Fred ZeppDirektor der Kinderklinik und Kinderpoliklinikund Sprecher des BMBF-geförderten PAED-NetJohannes Gutenberg-Universität MainzLangenbeckstraße 155131 MainzTel. +49 6131 17-7326Fax +49 6131 17-3918E-mail: [email protected]

44