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Nr. 1 | 34. Jahrgang 2004 | Biol. Unserer Zeit | 61 | RÄTSEL Seit Linné ist die binäre Nomenklatur so etabliert, dass eine Verständigung über Organismen-Arten weltweit möglich ist. Wenn man jedoch die deutschen Bezeichnungen für eine Tierart oder deren Produkte hört, findet man in manchen Gruppen, so bei Fischen, eine merkwürdige Fluk- tuation: Es werden neue Namen eingeführt, in manchen Fällen wird die Tierart sogar kaschiert oder aber durch „Veredelungsnamen“ aufge- wertet. So ist seit einiger Zeit bei uns „Butterfisch“ im Angebot. Der Blick in einen Fischführer lehrt, dass Pholis gunellus diesen deutschen Namen trägt, ein im Flachwasser nördlicher Meere verbreiteter kleiner Winter- laicher, bei dem die Eltern das Ei- gelege zwei Monate lang bewachen. Gemeint ist er jedoch nicht. „Butter- fisch“ in unserem modernen Angebot ist ein Sammelbegriff für fettreiche Fische, die als Beifang der Tiefsee- fischerei gewonnen werden. Ernäh- rungsfachleute weisen darauf hin, dass mit dem Verzehr dieser Fische aus der Verwandtschaft der Scombro- idei (Makrelenartige) erhebliche Pro- bleme verbunden sein können. Die Tiere speichern Wachsester, die nicht oder nur schwer verdaulich sind und Durchfälle, Krämpfe, Erbrechen und Kopfschmerzen hervorrufen können. Haie, von den meisten Menschen in unserem Kulturkreis nicht gerade als Delikatesse angesehen und wegen ihres hohen Harnstoffgehaltes auch problembehaftet, kommen als „Kar- bonadenfisch“ oder „Seestör“ in den Handel (Heringshai) oder auch als „Seeaal“ (dorsale Teile vom gehäute- ten Dornhai). Kaviar, eine als edel an- gesehene und teure Delikatesse, ist in seiner „Urform“, also als Eier von Stören, für die meisten nicht er- schwinglich. Günstiger ist der „Deut- sche Kaviar“, woanders „Perles du Nord“ genannt, der aus den gefärbten FÜR UNSERE RÄTSELFREUNDE | Seemannsgarn auf dem Fischmarkt Eiern des Seehasen (Cyclopterus lumpus) hergestellt wird. Wenn Fische ein besonders furcht- einflößendes Äußeres haben, wird ihnen oft der Kopf abgeschnitten, be- vor sie in den Handel kommen: der mit seinem heterodonten Gebiss so gefährlich wirkende Kattfisch oder Seewolf (Anarhichas lupus) wird dann als kopfloser „Steinbeißer“ ver- kauft, der riesenmäulige, bis 1,7 Me- ter lange Angler oder Seeteufel (Lo- phius piscatorius) als „Forellenstör“. Nicht selten gaukeln die Namen auch etwas Besseres vor. Aus einem verbreiteten Dorschartigen (Polla- chius virens, Köhler) wird „See- lachs“, und wenn man die rot gefärb- ten und in Öl eingelegten Scheibchen sieht, möchte man sogar an Lachs glauben. Der Hering mutiert nach be- stimmter Zubereitung zum Bismarck- hering, Schuppen von Weißfischen werden – zerkleinert – zu Fischsilber, und ein verbreiteter Plattfisch un- serer Meere wird wegen der vielen roten Flecken auf seiner Haut zum „Goldbutt“, Bauchlappen eines schon oben genannten Fisches mutieren geräuchert zur „Schillerlocke“. Vom Goldbutt sehen sie auf Abb. a den Ausschnitt einer Leptoidschuppe, vom Schillerlocken-Produzenten auf Abb. b mehrere Plakoidschuppen. Wie lauten die wissenschaftlichen Namen des Goldbutts und des Schillerlocken-Produzenten? Volker Storch, Heidelberg Schicken Sie bitte Ihre Lösung bis zum 27. Februar 2004 an die Redaktion „Biologie in unserer Zeit“, Föhrenweg 6 , D-68305 Mannheim. Verlost wird dreimal... In Heft 6/2003 suchten wir: 1. Mangifera indica 2. Anacardiaceae (Sumachgewächse) Gewonnen haben Ursula Gleisberg, Stelle-Ashausen Hans-Werner Lang, Köln Dr. Kurt Summer, Wien Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

Seemannsgarn auf dem Fischmarkt

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Page 1: Seemannsgarn auf dem Fischmarkt

Nr. 1 | 34. Jahrgang 2004 | Biol. Unserer Zeit | 61

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Seit Linné ist die binäre Nomenklaturso etabliert, dass eine Verständigungüber Organismen-Arten weltweitmöglich ist. Wenn man jedoch diedeutschen Bezeichnungen für eineTierart oder deren Produkte hört, findet man in manchen Gruppen, sobei Fischen, eine merkwürdige Fluk-tuation: Es werden neue Namen eingeführt, in manchen Fällen wirddie Tierart sogar kaschiert oder aberdurch „Veredelungsnamen“ aufge-wertet.

So ist seit einiger Zeit bei uns„Butterfisch“ im Angebot. Der Blickin einen Fischführer lehrt, dass Pholisgunellus diesen deutschen Namenträgt, ein im Flachwasser nördlicherMeere verbreiteter kleiner Winter-laicher, bei dem die Eltern das Ei-gelege zwei Monate lang bewachen.Gemeint ist er jedoch nicht. „Butter-fisch“ in unserem modernen Angebotist ein Sammelbegriff für fettreiche Fische, die als Beifang der Tiefsee-fischerei gewonnen werden. Ernäh-rungsfachleute weisen darauf hin,dass mit dem Verzehr dieser Fischeaus der Verwandtschaft der Scombro-idei (Makrelenartige) erhebliche Pro-bleme verbunden sein können. DieTiere speichern Wachsester, die nichtoder nur schwer verdaulich sind undDurchfälle, Krämpfe, Erbrechen undKopfschmerzen hervorrufen können.

Haie, von den meisten Menschenin unserem Kulturkreis nicht geradeals Delikatesse angesehen und wegenihres hohen Harnstoffgehaltes auchproblembehaftet, kommen als „Kar-bonadenfisch“ oder „Seestör“ in denHandel (Heringshai) oder auch als„Seeaal“ (dorsale Teile vom gehäute-ten Dornhai). Kaviar, eine als edel an-gesehene und teure Delikatesse, ist in seiner „Urform“, also als Eier vonStören, für die meisten nicht er-schwinglich. Günstiger ist der „Deut-sche Kaviar“, woanders „Perles duNord“ genannt, der aus den gefärbten

F Ü R U N S E R E R ÄT S E L F R EU N D E |Seemannsgarn auf dem Fischmarkt

Eiern des Seehasen (Cyclopteruslumpus) hergestellt wird.

Wenn Fische ein besonders furcht-einflößendes Äußeres haben, wird ihnen oft der Kopf abgeschnitten, be-vor sie in den Handel kommen: dermit seinem heterodonten Gebiss sogefährlich wirkende Kattfisch oderSeewolf (Anarhichas lupus) wirddann als kopfloser „Steinbeißer“ ver-kauft, der riesenmäulige, bis 1,7 Me-ter lange Angler oder Seeteufel (Lo-phius piscatorius) als „Forellenstör“.

Nicht selten gaukeln die Namenauch etwas Besseres vor. Aus einemverbreiteten Dorschartigen (Polla-chius virens, Köhler) wird „See-lachs“, und wenn man die rot gefärb-ten und in Öl eingelegten Scheibchensieht, möchte man sogar an Lachsglauben. Der Hering mutiert nach be-stimmter Zubereitung zum Bismarck-hering, Schuppen von Weißfischenwerden – zerkleinert – zu Fischsilber,und ein verbreiteter Plattfisch un-serer Meere wird wegen der vielenroten Flecken auf seiner Haut zum„Goldbutt“, Bauchlappen eines schonoben genannten Fisches mutierengeräuchert zur „Schillerlocke“. VomGoldbutt sehen sie auf Abb. a den

Ausschnitt einer Leptoidschuppe,vom Schillerlocken-Produzenten aufAbb. b mehrere Plakoidschuppen.

Wie lauten die wissenschaftlichen Namen des Goldbutts und des Schillerlocken-Produzenten?

Volker Storch, Heidelberg

Schicken Sie bitte Ihre Lösung bis zum 27. Februar2004 an die Redaktion „Biologie in unserer Zeit“,Föhrenweg 6 , D-68305 Mannheim. Verlost wirddreimal...

In Heft 6/2003 suchten wir:1.Mangifera indica2.Anacardiaceae (Sumachgewächse)

Gewonnen haben• Ursula Gleisberg, Stelle-Ashausen• Hans-Werner Lang, Köln• Dr. Kurt Summer, Wien

Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.