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neue Verfassung, die besonders die Menschenrechte des einzelnen schütze und die internatio
nalen Abkommen Vorrang vor nationalen Gesetzen einräume. Die Experten bemängelten,daß im Bericht dem Aspekt der Gleichberechtigung wenig Beachtung geschenkt worden sei.Frauen seien in der polnischen Gesellschaft undauf rechtlicher Ebene zahlreichen Diskriminie
rungen ausgesetzt. Polens strenge Abtreibungsgesetze hätten zu vielen heimlichen Abtreibungen geführt mit den entsprechenden Gefahrenfür die Gesundheit. Auch seien der begrenzteZugang der Frauen zu Verhütungsmitteln unddie Abschaffung des Sexualkundeunterrichts inSchulen falsche Signale. Polen solle Familienplanungsprogramme auflegen und den Sexualkundeunterricht wieder einführen. Weiterhin
müßten Maßnahmen zur Abschaffung der Diskriminierungen von Frauen und für ihre Gleichstellung in Beruf und Gesellschaft ergriffenwerden.
Der Ausschuß bewertete Rumäniens Bemühun
gen, die Bestimmungen des Zivilpakts in die nationale Gesetzgebung zu übernehmen und dieentsprechenden Institutionen zu schaffen, positiv. Zu den gravierendsten Problemen in Rumänien gehöre die Lage der Straßenkinder. Auchdie fortwährende Diskriminierung der Romaund von Frauen seien Grund zur Besorgnis.Frauen seien kaum in die Entscheidungsprozes-se der Gesellschaft einbezogen. Die Unabhängigkeit der Justiz sei angesichts von Eingriffender Regierung nicht vollständig gewährleistet.Der CCPR forderte Rumänien auf, eine klareTrennung zwischen Judikative und Exekutivevorzunehmen. Die Experten waren auch besorgtüber die Zustände in den Gefängnissen des Landes und über das Ausmaß an verhängter Untersuchungshaft. Der Ausschuß empfahl Rumänien unter anderem, alle notwendigen Schrittezum Schutz und zur Rehabilitation von Straßen
kindern zu unternehmen, ihnen beispielsweiseNamen zu geben und ihre Geburten zu registrieren. Die Regierung solle weiterhin sicherstellen, daß die Roma im privaten wie öffentlichenLeben ihre Rechte ausüben können. Gleiches
müsse auch für Frauen getan werden, um einebreitere Repräsentation in Politik und Regierung zu erreichen.
67. Tagung
Der CCPR lobte Norwegens insgesamt guteUmsetzung des Zivilpakts. Positiv zu bewertenseien die Verabschiedung des Gesetzes überMenschenrechte, durch das der Pakt direkt indas Rechtssystem übernommen wurde, die Ernennung eines neuen Ministers für Entwicklungund Menschenrechte sowie Bemühungen zuSchutz und Förderung der Menschenrechte derSamen einschließlich der Stärkung ihres Parlaments. Nicht im Einklang mit den Bestimmungen des Zivilpakts stünden jedoch die zuweilenlangen Untersuchungshaftzeiten und die Bestimmung der norwegischen Verfassung, diefestlegt, daß Mitglieder der evangelisch-lutherischen Kirche ihre Kinder in demselben Glauben
erziehen müssen; hier seien Änderungen erforderlich. Auch solle Norwegen alle Vorbehaltezum Pakt zurücknehmen sowie Vorwürfe der
Rassendiskriminierung durch Polizisten einereingehenden Untersuchung unterziehen.
Vereinte Nationen 6/2000
In Marokko sind mehrere Institutionen zum
Schutz der Menschenrechte geschaffen worden,unter anderem ein Ministerium für Menschen
rechte. Die Experten begrüßten die Umwandlung von Todesstrafen, die seit 1994 verhängtworden waren, in Haftstrafen, forderten aber zugleich die generelle Abschaffung der Todesstrafe. Der CCPR bedauerte die schleppende Vorbereitung des Selbstbestimmungsreferendums inder Westsahara. Aus der hohen Analphabetenrate bei Frauen schloß der Ausschuß, daß Frauen nicht die gleichen Chancen in allen gesellschaftlichen Bereichen hätten. Auch seien Frau
en bei Bildung und Arbeit, im öffentlichen Leben und im Straf- und bürgerlichen Recht (Heirat, Scheidung und Erbrecht) benachteiligt. Marokko solle zusätzliche Maßnahmen ergreifen,um die Alphabetisierung und Bildung der Frauen zu fördern und alle Formen der Diskriminie
rung zu beseitigen.Die Maßnahmen der Republik Korea zur Förderung des Menschenrechtsschutzes, besondersdie Pflichtschulung von Richtern, Rechts- undStaatsanwälten, bewerteten die Ausschußmitglieder positiv. Große Bedenken hatten sie jedoch bei der immer noch fortbestehenden An
wendung des Gesetzes zur nationalen Sicherheit. Entgegen der Begründung seitens der Regierung, daß es der Behandlung rechtlicher Probleme diene, die durch die Teilung Koreas entstanden seien, hatten die Experten den Eindruck, daß es eher Sonderregeln für Haft undVerhöre schaffe, die mit mehreren Artikeln desZivilpakts nicht übereinstimmten. Besorgt waren die Ausschußmitglieder auch über Gesetzeund Praktiken, die diskriminierende Einstellungen gegenüber Frauen fördern und verstärken,über das hohe Ausmaß an häuslicher Gewalt
und über die Auflage, daß Frauen beim Vorwurfder Vergewaltigung als Voraussetzung für einestrafrechtliche Verfolgung nachweisen müssen,daß sie sich gewehrt haben. Das Gesetz über nationale Sicherheit solle Korea auslaufen lassen.
Die Gesetzgebung zur Vorbeugung und Bestrafung von häuslicher Gewalt müsse verbessertwerden; ein unabhängiges Organ sollte geschaffen werden, um Fälle von Folter bei Verhörenzu untersuchen.
Portugal berichtete zum letzten Mal über Ma-cao, dessen Rückgabe an China zum 19. Dezember 1999 unmittelbar bevorstand. Der CCPR
stellte mit Genugtuung fest, daß die chinesischen Behörden die Anwendung der internationalen Abkommen fortführen wollen. Er zeigtesich zufrieden über die Fortschritte, die in denvergangenen Jahren gemacht worden seien, umder Bevölkerung Zugang zu amtlichen Antragsformularen und Gerichtsakten in chinesischer
Sprache zu ermöglichen. Positiv sei auch die Einigung Portugals und Chinas über die Neuordnung des Rechtssystems, die die Unabhängigkeit der Justiz gewährleisten solle. Besorgt waren die Ausschußmitglieder jedoch über denMangel an Richtern, Rechtsanwälten und Dolmetschern, wodurch die Justizverwaltung in ihrer Effizienz beeinträchtigt werden könnte. DerCCPR äußerte Bedenken hinsichtlich des organisierten Verbrechens, besonders des Frauenhandels. Mit China sollte Portugal noch überden Schutz der Menschenrechte der Personen
verhandeln, die die doppelte Staatsbürgerschafthaben.
Zu den positiven Aspekten in Kamerun zählteder Ausschuß die Einrichtung eines Frauenministeriums und eines nationalen Ausschusses
für Menschenrechte und Freiheiten, der befugtsei, alle Behörden zu kontrollieren. ZahlreicheBräuche und Traditionen ständen jedoch mitden Bestimmungen des Zivilpakts im Widerspruch, so die Polygamie, das unterschiedlicheHeiratsalter bei Jungen und Mädchen, die Bestrafung der Abtreibung und die Genitalverstümmelung bei Mädchen. Besorgnis erregtenauch Meldungen über außergerichtliche Hinrichtungen, den Mißbrauch von Schußwaffendurch Polizisten, das Verschwinden von Personen und die fortwährende Anwendung von Foltermethoden durch Strafvollzugsbeamte. DieZustände in den kamerunischen Gefängnissenseien vor allem durch extreme Überbelegungund unzureichende Versorgung mit Nahrungsmitteln und Medikamenten gekennzeichnet.Die Regierung solle auf die Abschaffung derGenitalverstümmelung hinarbeiten und die Abschaffung der Todesstrafe in Erwägung ziehen.Der CCPR legte der Regierung nahe, die Situation in den Gefängnissen mit Vorrang zu behandeln und die Fälle von Folter und Verschwin
denlassen zu untersuchen sowie die Opfer zuentschädigen.Am Bericht Chinas über das 1997 von Großbri
tannien übernommene Hongkong hoben die Experten die Bemühungen im Sonderverwaltungsgebiet hervor, die die Menschenrechtserziehungund die Gleichberechtigung zum Ziel haben.Allerdings gebe es in Hongkong kein unabhängiges Organ zur Untersuchung von Menschenrechtsverletzungen und zur Überwachung derEinhaltung des Paktes. Der unabhängige Poli-zeibeschwerdenrat< etwa habe keine Befugnis,genaue und effiziente Untersuchungen von Beschwerden gegen Polizisten durchzuführen. DieExperten monierten, daß das BildungssystemMädchen beim Zugang zu weiterführendenSchulen benachteilige. China solle diese Diskriminierung aufheben und das Strafmündigkeitsalter von derzeit sieben Jahren anheben.
Die demokratische Vertretung aller Bürger imöffentlichen Leben sei zu gewährleisten. •
Recht aufNahrung, Recht auf Wohnung
Silvi Sterr
Menschenrechtskommission: 56. Tagung —Erstmals Rüge an ein Ständiges Mitglied desSicherheitsrats — Forum für Ureinwohner -
Zusatzprotokolle zur Kinderrechtskonvention — Moderate Strukturreform — Sonder
tagung über Palästinensische Gebiete
(Dieser Beitrag setzt den Bericht von ChristianResch, Die Gegner beim Namen nennen, VN6/1999 S. 21 lff, fort.)
Etwas überfordert wirkte anfänglich der Vorsitzende der 56. Tagung der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen (20.3—28.4.2000 in Genf); Shambhu Ram Simkhada ausNepal erwies sich aber als lernfähig und fand imKonferenzverlaufauch zur Kooperation mit dennichtstaatlichen Organisationen (NGOs). Ne-
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ben UN-Generalsekretär Kofi Annan und Men-
schenrechts-Hochkommissarin Mary Robinsonergriffen vor den Vertretern der 53 Mitgliedstaaten der Kommission (Zusammensetzung:VN 4/2000 S. 160) beispielsweise EU-Kommissar Chris Patten und zahlreiche Außen
minister das Wort. So US-Außenministerin
Madeleine Albright oder Österreichs Außenministerin Benita Ferrero-Waldner, die amtierende Vorsitzende der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa.Bundesaußenminister Fischer erklärte vor dem
Gremium, daß wirtschaftliche oder andere politische Interessen den Schutz der Menschenrech
te nicht außer Kraft treten lassen können, undsetzte sich zugleich für den InternationalenStrafgerichtshof und einen deutschen Sitz imSicherheitsrat ein. Er bezog sich ausdrücklichauf Annans >Globalen Pakt<, als er forderte, dieGlobalisierung menschlich und sozial zu gestalten und die Doktrin der Nichteinmischung inMenschenrechtsfragen nicht mehr zu tolerieren.Leiter der deutschen Delegation war der Ständige Vertreter beim Genfer Büro der VereintenNationen, Walter Lewalter. Auch der Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechteund Humanitäre Hilfe, Gerd Poppe, beteiligtesich aktiv am Konferenzgeschehen; so war er inder Tschetschenien-Frage zunächst als einzigerStaatenvertreter dazu bereit, die tschetschenische Sicht des Konflikts im direkten Gespräch
Brennpunkte 2000iWeltwirtschaft
Fusionen, Ölpreis hoch,Aktien tief, Computervirus„I love you"
EU
Talfahrt des Euro,Reform-Gipfel von Nizza
zu erkunden. Auch die Mitglieder des Menschenrechtsausschusses des Bundestags schauten vorbei und absolvierten ein dichtgedrängteszweitägiges Besuchsprogramm.Die aus vorangegangenen Tagungen wohlbekannten Konflikte blieben im Grunde erhalten,rückten aber in den Hintergrund, nachdem inmühevollen Gesprächen doch noch ein Kompromiß zwischen der sogenannten Gruppe derGleichgesinnten und den westlichen Staatenzur Strukturreform erzielt werden konnte. Zu
den einem Ausbau der Menschenrechte abhol
den >Gleichgesinnten< gehören etwa Chinaund Malaysia; Kuba und Pakistan —das auchfür die Organisation der Islamischen Konferenz(OIC) sprach - hatten 2000 die Rolle der Wortführer inne. So ergab sich für diese Tagung einefragile Balance, die bis zum Schluß vergleichsweise konstruktive Arbeit ermöglichte. Die EU-Länder bemühten sich unter Vorsitz Portugalsmit großem Erfolg um eine einheitliche Haltung. Zugleich zeichnete sich eine Art Anti-NATO-Achse - bestehend aus Rußland, Chinaund Indien — ab, die in Interaktion mit derOIC sehr wirkungsvoll werden kann. Wichtigerdenn je wird damit die Haltung der lateinamerikanischen Staaten, die dementsprechend umworben wurden, wobei sich der Antagonismuszwischen Kuba und den USA im Frühjahr 2000als besonders arbeitshemmend erwies.
Offenbar angestoßen vom Beispiel Südafrikas
und nicht zuletzt auch als Frucht der intensiven
UN-Arbeit auf dem Kontinent zeigten sich dieStaaten Afrikas aufgeschlossen für Menschenrechte und Demokratie. Es gab auch Zusammenarbeit zwischen europäischen und asiatischen Staaten; beispielhaft sei die geglückte Initiative der deutschen Delegation zu den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechten(Resolution 2000/9) oder den Beratenden Diensten genannt. Spezifische Koalitionen unter denMitgliedstaaten der Kommission führen freilichauch dazu, daß manche Staaten trotz zweifelhafter Menschenrechtsbilanz als unangreifbarerscheinen; dies gilt etwa für Mexiko, Saudi-Arabien oder die Türkei.
Die zweifellos gewachsene Bedeutung derKommission bringt auch neue Probleme mitsich. Die rege Beteiligung der NGOs, die dieseweltweit einmalige öffentliche Plattform zurAnprangerung von Menschenrechtsverletzungen verstärkt nutzten, hat —wie die Expansionder Aufgaben und Themen der Kommissionund die ansteigende Zahl von Gastrednern —zurVermehrung der Abend- und Nachtsitzungenbeigetragen. Die 57. Tagung wird sich weitermit dieser Problematik befassen müssen; in Beschluß 2000/112 wird um die Zurverfügungstellung zusätzlicher Konferenzdienstleistungen gebeten, zugleich aber auf eine effiziente Arbeitsorganisation seitens des dann amtierenden Vorsitzenden gedrängt.
Deutschland
Gesetz zur Entschädigungvon NS-Zwangsarbeitern,
Steuerreform beschlossen,Angela Merkel CDU-Vorsitzende,
Expo 2000, Strafe für CDUwegen anonymer Spenden,
BSE auch in Deutschland
Dänemark
Volksabstimmunggegen Euro
ÖsterreichKoalition der ÖVPmit Haiders FPÖJugoslawienMilosevic gestürzt
Israel/Palästina
Friedensgesprächeunterbrochen,neue Unruhen,Anschläge undVergeltungsschläge
Türkei
Militäraktionen gegen Kurdenin Ostanatolien und Irak
Libanon
Israel räumt Sicherheitszone
Syrien Assad t, Sohn NachfolgerRussland
Kämpfe in Tschetschenien,Ratifizierung von START II u. Atomstoppvertrag,Putin gewinnt Präsidentenwahl
Korea
Annäherung zwischen Nord und Süd,Friedensnobelpreis für Kim Dae-jung
USA/Großbritannien
Entschlüsselung des menschlichen Erbguts verkündet' '::::M:S: •
:,; , f» ::
USA
Massendemonstrationfür strengere Waffen
gesetze,Präsidentenwahl mit
Hindernissen (Sieger:George W. Bush)
Kolumbien
Wiederauflebender Guerilla
Ecuador •
US-$ Landeswährung |
• Weltraum
Ausbau der InternationalenWeltraumstation ISS
208
SpanienNeue Anschläge
der ETA
SierraLeone
KämpfezwischenRebellen
' . und UN-Soldaten
NigeriaZusammenstöße
zwischen Muslimenund Christen
Kongo/ZaireAnhaltende
Kämpfe
Somalia
Clansschließen
Frieden
Äthiopien/EritreaNeue Kämpfe
und Friedensvertrag
Simbabwe
Enteignungweißer Farmer
Indonesien
Zusammenstöße zwischenMuslimen und Christen aufden Molukken, Unruhen inAceh und West-Irian
PhilippinenKämpfe mit Muslimrebellenauf Mindanao,Geiselnahme auf Jolo
*
Salomonen
Putsch •
Fidschi
Putsch
Australien
Olympische Spieleund Paralympics
Sri Lanka
Kämpfe mit Tamilen
Indien
Eine Milliarde Einwohner,Anschläge in mehrerenBundesstaaten
Pakistan Anschläge
Indien/Pakistan
Kämpfe und Morde in Kaschmir6752
Vereinte Nationen 6/2000
I. Inhaltliche Fragen wurden auch unter demeigentlich der Arbeitsorganisation gewidmetenTagesordnungspunkt der 56. Tagung angesprochen. In der Beurteilung Kolumbiens herrschteEinigkeit; die vorliegenden Berichte beschrieben die stetige Verschlechterung der Menschenrechtslage seit dem Vorjahr, und noch währendder Tagung trafen neue besorgniserregendeNachrichten ein. Die sehr gut organisierte Arbeit der Menschenrechtsgruppen des Landesbrachte es zuwege, daß die Verhandlungennoch einmal neu aufgerollt wurden. In einer Erklärung, die Vorsitzender Simkhada namens derKommission abgab, wurden die Greueltaten paramilitärisch organisierter Gruppen und das Andauern des Zustands der Straflosigkeit beklagt.Das Büro der Hochkommissarin in Bogota wirdweitergeführt.Auch zu Osttimor gab der Vorsitzende eineErklärung ab, in der er sich nicht zuletzt aufden Bericht der nach der vierten Sondertagungder Kommission entsandten Untersuchungskommission (UN Doc. A/54/726 - S/2000/59v. 31.1.2000) bezog und die Anzeichen von Kooperationsbereitschaft seitens der neuen indonesischen Regierung registrierte.
II. Den Tagesordnungspunkt 8 zu den Menschenrechtsverletzungen in den besetzten arabischen Gebieten einschließlich Palästinashätten die Vereinigten Staaten am liebsten ganzabgeschafft; ein eigener Punkt zu Israel seidurch nichts zu rechtfertigen. Allerdings hatteder Sonderberichterstatter zu den israelisch be
setzten palästinensischen Gebieten, der frühereUNRWA-Generalbeauftragte, Giorgio Giaco-melli aus Italien, wenig Erfreuliches zu berichten. Von Israel war er immer wieder auf den im
Gang befindlichen Friedensprozeß verwiesenworden und erhielt meist weder Gesprächstermine noch Auskunft; Verbesserungen der Menschenrechtslage konnte er nicht feststellen.Zwar beschwor auch die EU den Friedensprozeß, zeigte sich aber hinsichtlich der Menschenrechtssituation sowohl über die israelischen wie
auch die palästinensischen Behörden besorgt.Israels Botschafter warf dem UN-Berichterstat
ter »Anschuldigungen ohne Substanz« vor undforderte die zeitliche Beschränkung des Auftrags. Gegen letzteres hatte Giacomelli keineEinwände, bat aber darum, das Mandat des Berichterstatters zu respektieren.Die EU befürwortete die Entschließung 2000/4zum Selbstbestimmungsrecht der Palästinenser(die einzige Gegenstimme kam von den USA)und brachte die Resolution 2000/8 zu den israe
lischen Siedlungen in den besetzten Gebietenselbst ein.
III. Der Weltkonferenz gegen Rassismus, Fremdenhaß und Diskriminierung, die im September2001 in Südafrika stattfinden wird, widmete dieKommission eine eigene Sitzung, in der klarwurde, daß Rassismus und insbesondere negative Haltungen gegenüber Einwanderern alarmierende Ausmaße angenommen haben. Vorgeschlagen wurde, daß jedes Land einen nationalen Aktionsplan zur Integration von Minderheiten - unter Einschluß der Migranten —ausarbeitet. Überdie vonNigeria namens der afrikanischen Gruppe auf den Tisch gebrachte Resolution 2000/14 gab es Konsens. Die im Vorjahr
Vereinte Nationen 6/2000
neu bestimmte Sonderberichterstatterin über
die Menschenrechte der Migranten, GabrielaRodriguez Pizzaro aus Costa Rica, betonte denZusammenhang zwischen Migration und Rassismus und hob die Feminisierung der Migration und damit einhergehende Menschenrechtsverletzungen wie Frauenhandel und mangelnden Opferschutz hervor; Resolution 2000/54lenkt die Aufmerksamkeit der Staaten auf die
ses Problem. Mehrfach erinnerte die Kommis
sion daran, daß die Menschenrechte auch fürMenschen ohne Papiere, Flüchtlinge und Migranten gelten; sie gab zu überlegen, ob der 18.Dezember zum internationalen Tag der Migranten proklamiert werden könnte (Resolution 2000/48).Die islamischen Staaten beklagten unter demTagesordnungspunkt Rassismus ein weiteresMal die Diffamierung des Islam in der Weltöffentlichkeit —ein nach Diskussionen entlangSamuel P. Huntingtons »Kampf der Kulturen«nachvollziehbares Anliegen, dem die Diplomaten westlicher Länder nicht eben mit Verständ
nis begegneten. Der in der Entschließung 2000/84 schließlich gefundene Kompromiß wendetsich gegen die Diffamierung aller Religionen.
IV. Viele Staaten gaben der Hoffnung Ausdruck, daß die Tätigkeit der Arbeitsgruppe unter dem im Februar 2000 zum Vorsitzenden gewählten Algerier Mohamed-Salah Dembri erfolgreicher verläuft als die bisherigen Bemühungen um das Recht auf Entwicklung. DieVorschläge des unabhängigen Experten ArjunSengupta aus Indien wurden als hilfreich bewertet (Resolution 2000/5). China merkte aberausdrücklich das Recht auf einen eigenen Wegder Entwicklung an und definierte das RechtaufEntwicklung als ein Kollektivrecht, währendPakistan sich vehement gegen das Konzept(Recht auf Nahrung, Basisgesundheitsversorgung und Grundbildung) stellte. Indien bezogeine mittlere Position zwischen dem Westen
und Pakistan; Guatemala setzte sich im Namender lateinamerikanischen Gruppe von ChilesPosition einer »selbsttragenden Entwicklungals automatischer Folge des freien Marktes« ab,während es Senguptas Vorschläge lobte. DieNGOs rügten, daß seit Wien (Weltmenschen-rechtskonferenz 1993) und Kopenhagen (Weltsozialgipfel 1995) kaum Fortschritte erzieltworden sind.
V. Hochkommissarin Mary Robinson begrüßte, daß die Kommission nun die Verletzungenwirtschaftlicher, sozialer undkulturellerRechteuntersucht. Neu geschaffen wurden die Positionen zweier Sonderberichterstatter: zum Recht
auf Nahrung (Resolution 2000/10, von Kubavorbereitet) und zum Recht auf angemesseneWohnung (Resolution 2000/9, von Deutschlandinitiiert). Die USA stellten sich hier mit ihrerHaltung, es sei völlig ausreichend, allgemeinauf einen besseren Lebensstandard hinzuarbei
ten, spezifische Rechte seien deshalb überflüssig, demonstrativ ins Abseits. Auch der Berichtzum Recht aufBildung fand Anklang. Der Sonderberichterstatter über die Auswirkungen derAuslandsverschuldungund der unabhängige Experte in Sachen Strukturanpassungsprogrammeschlugen in ihrem gemeinsamen Bericht eineAusweitung der bisherigen Initiativen zum Er
laß von Schulden vor und eine Koppelung desSchuldenerlasses mit der Bekämpfung der Kinderarbeit. Die beiden Mandate wurden zusam
mengelegt (Resolution 2000/82).Schwierig gestaltete sich die Arbeit an einemFakultativprotokoll zum Internationalen Paktüber wirtschaftliche, soziale und kulturelleRechte, das den Weg zur konkreten Überprüfung dieser Rechte auch über individuelle oderSammelklagen eröffnen könnte. Außer Finnland und Deutschland hat kein Staat Bereit
schaft gezeigt, dieses Vorhaben voranzutreiben.Die Wichtigkeit eines solchen Mechanismuszeigte freilich der Sonderdialog zur extremenArmut auf: ein Fünftel der Weltbevölkerung,vor allem Frauen, lebt in absoluter Armut, unddas Pro-Kopf-Einkommen liegt in über 80 Ländern niedriger als noch vor zehn Jahren. Armutstellt überdies dadurch, daß sie Hunderten vonMillionen Menschen die gleichberechtigte Teilhabe am sozialen und politischen Leben verwehrt, auch eine Herausforderung an das Demokratieverständnis dar. In der Resolution
2000/12 wurden partizipative Ansätze zur Armutsbekämpfung - also solche, die es den Armen erlauben, selbst Lösungen zu entwickeln —als die wirkungsvollsten beurteilt.Mit der Anfertigung einer Studie über die Auswirkungen der Globalisierung auf die Menschenrechte wurden Joseph Oloka-Onyangoaus Uganda und Frau Deepika Udagama aus SriLanka beauftragt (Beschluß 2000/102). Bei derResolution 2000/72 über die schädlichen Aus
wirkungen des Giftmüllexports fiel wieder einmal die extreme Zurückhaltung des Westens auf:Die größten Verschmutzer (darunter Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Japan und dieVereinigten Staaten) stimmten geschlossen gegen die Resolution, die sie aus formalen Gründen ablehnten, ohne Alternativen zu bieten.
VI. In der Debatte über Menschenrechtsver
letzungen in allen Teilen der Welt (Tagesordnungspunkt 9) beurteilten die Staaten vor allemdie Lage in Afghanistan, China, Myanmar undRußland (Tschetschenien) als kritisch. Die besondere Aufmerksamkeit der NGOs galt denLändersituationen China, Indonesien, Kolumbien, Kongo (Demokratische Republik), Mexiko, Sierra Leone und Rußland (Tschetschenien).Obwohl eine Vielzahl von Berichten über
getötete Zivilisten, Folter und Massaker inTschetschenien vorlag, war lange nicht klar,ob die Kommission hierzu Stellung beziehenwürde. Rußland betrieb hektische Öffentlichkeitsarbeit mit dem Ziel, die Tschetschenen alsTerroristen darzustellen, und verbat sich —darinunterstützt von China und Indien - in dieser
>internen Angelegenheit jegliche Einmischungvon außen. Der mündliche Bericht der Hoch
kommissarin über ihre Reise in die Krisenregion sowie nach Moskau, in dem sie den unverhältnismäßigen Gebrauch von Gewalt durch dierussische Seite, aber auch von Tschetschenenbegangene Menschenrechtsverletzungen verurteilte, verdeutlichte die Binsenwahrheit, daßnicht ein ganzes Volk nur aus Terroristen bestehen kann, und brachte die Dinge schließlich inBewegung. Nach langen ergebnislosen Verhandlungen rang sich die EU schließlich dazudurch, der Konferenz einen Resolutionsentwurf
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vorzulegen, der dann klarer als erwartet angenommen wurde: mit 25 Ja gegen 7 Nein (China,Indien, Kongo (Republik), Kuba, Madagaskar,Rußland und Sri Lanka) bei 19 Enthaltungen.Damit wurde erstmals ein Ständiges Mitglieddes Sicherheitsrats ob seiner Menschenrechts
politik gerügt, ein Schritt, der sicher zur Glaubwürdigkeit der Kommission beiträgt (Resolution 2000/58).Der gegenwärtige Sonderberichterstatter zumehemaligen Jugoslawien, Jiri Dienstbier ausTschechien, forderte die schnelle Klärung desvölkerrechtlichen Status des Kosovo und nahm
noch einmal kritisch zum Eingreifen der NATOStellung: Die Bomben hätten keines der humanitären Probleme gelöst, stattdessen die bereitsexistierenden vervielfacht und unermeßlichen
Schaden in der ganzen Region angerichtet, daallen Betroffenen ihre wirtschaftliche Basis für
lange Zeit entzogen werde. Eine Diskussionüber das Kosovo, im Vorjahr brisantestes Thema, fiel diesmal aus. Die Kommission beschloßdie Verlängerung des Mandats des Sonderberichterstatters um ein Jahr (Resolution 2000/26); die Wahl einer »reformorientierten neuenRegierung in Kroatien« wurde ausdrücklich begrüßt.Der Resolutionsentwurf zu China wurde auch
auf dieser Tagung von den Vereinigten Staateneingebracht, aber allseits bloß alsrituelle Übungbetrieben. Trotz verbaler Attacken ließen es
selbst die Initiatoren an Engagement fehlen.Am deutlichsten hoben die NGOs hervor, daßdie im Berichtszeitraum in China verübten
Menschenrechtsverletzungen einen Rückfall inlängst vergangen geglaubte Zeiten darstellten.Die EU beschränkte sich darauf, den erwarteten, von China dann auch gestellten Antrag aufNichtbefassung abzulehnen, während ihn dieMehrheit akzeptierte (22 Ja, 18 Nein, 12 Enthaltungen).Tschechien brachte die bis 1998 stets von den
Vereinigten Staaten unterbreitete Vorlage zuKuba ein, die als Entschließung 2000/25 mitmehr Stimmen als 1999 angenommen wurde(21 Ja, darunter die EU-Mitglieder; 18 Nein;14 Enthaltungen). Kuba reagierte sehr ungehalten auf den Bericht über eine Mission der Son
derberichterstatterin zu den Frauenrechten, dieMenschenrechtsverletzungen kritisierte (sichaber auch für die Aufhebung des von den USAverhängten Embargos aussprach), und warf derallgemein anerkannten Expertin Radhika Coo-maraswamy aus Sri Lanka Voreingenommenheit und Überschreitung ihrer Kompetenzenvor. Kubanische Aktionen sorgten auch während der Abstimmung zu den Menschenrechtsverteidigern oder zum Ständigen Forum für in-digene Völker für Verärgerung. Andererseitsinitiierte Kuba die Vorlage, die zur Installation eines Sonderberichterstatters zum Recht
auf Nahrung führte und präsentierte sich mitanderen Entwürfen, die dann jeweils mitgroßer Mehrheit angenommen wurden, so zumumstrittenen Recht auf eine gerechte Weltordnung (Resolution 2000/62) oder gegen den Einsatz von Söldnern (Resolution 2000/3). Gegenletztere Resolution stimmten viele westliche
Staaten (darunter Deutschland), ohne dies überzeugend zu begründen.Die Mandate der Sonderberichterstatter zu Bu
rundi (Resolution 2000/20), Kongo (Demokra
210
tische Republik) (Resolution 2000/15), Sudan(Resolution 2000/27) und Äquatorialguinea(Resolution 2000/19) sowie des Sonderabgesandten für Rwanda (Resolution 2000/21) wurden verlängert. Ebenso wurde die Fortführungder Menschenrechtskomponente der UNAMSILin Sierra Leone bestätigt (Resolution 2000/24).Die Sanktionen gegen Irakund ihre Auswirkungen wurden wie jedes Jahr heftig diskutiert undvon Großbritannien und den USA strikt vertei
digt; der Auftrag des Sonderberichterstatterswurde erneuert (Resolution 2000/17). Um dieResolution 2000/28 zu Iran entspann sich einheftiges Tauziehen zwischen den islamischenStaaten, die nach der Parlamentswahl vom Februar 2000 eine Resolution nicht mehr für gerechtfertigt hielten, und der westlichen Gruppe,deren Ansicht sich schließlich mit einer knappen Mehrheit durchsetzte. Die Lage in Myanmar führte zu der sehr deutlichen Resolution
2000/23; ähnlich verhielt es sich mit Afghanistan (Resolution 2000/18).Im nicht-öffentlichen sogenannten 1503-Verfahren wurden Chile, Jemen, Kenia, Kongo(Republik), Lettland, Simbabwe, Uganda, dieVereinigten Arabischen Emirate sowie Vietnam behandelt und alle Verfahren außer dem zu
Uganda abgeschlossen.
VII. Bei den bürgerlichen und politischenRechten gab es einen herausragenden Erfolgdes von Norwegen initiierten und von Marokkovorgestellten Entwurfs zum Schutz der Menschenrechtsverteidiger, der mit 50 Stimmen alsResolution 2000/61 angenommen wurde; nurChina, Kuba und Rwanda enthielten sich derStimme. In der Entschließung wurde der Generalsekretär um die Einsetzung eines Sonderabgesandten gebeten.Die Resolutionen über bürgerliche und politische Rechte wurden meist in großer Einigkeitverabschiedet. Zur Todesstrafe allerdings gabes eine besorgniserregende Debatte, die sichdurch hohe Emotionalität vor allem auf Seiten
der Befürworter dieser Strafe auszeichnete. Ei
ne mündliche Erklärung Indonesiens im Namenvon 51 Staaten läßt Böses für die Zukunft ah
nen, zumal die Vereinigten Staaten die Todesstrafe verteidigten und auch Japan deren Befürworter unterstützte; in Resolution 2000/65 werden die Staaten, die sie anwenden, gebeten,möglichst zurückhaltend mit diesem Instrumentumzugehen.Eine wirkliche Niederlage für die Menschenrechte und ihre Verteidiger stellt die auf Pakistan zurückgehende Resolution 2000/63 zu denMenschenpflichten dar, mit der sich Übergriffedes Staates gegen seine Bürger quasi völkerrechtlich untermauern lassen. Sie wurde von der
westlichen Gruppe völlig unterschätzt und mitden Stimmen asiatischer und afrikanischer Län
der angenommen.Ebensowenig wie Pakistan zur Zurücknahmeseines Entwurfs bewogen werden konnte, gelang dies bei der von der Türkei portierten Entschließung 2000/30 zum Terrorismus. Die Resolution 2000/47 zur Förderung des Rechts aufDemokratie erfreute sich großer Zustimmung,zog aber Vorbehalte beispielsweise Chinas undKubas auf sich. Chile positionierte sich mit derResolution 2000/64 über gute Regierungsführung. Hervorzuheben sind noch die Resolu
tion 2000/41 zur Entschädigung der Opfer vonMenschenrechtsverletzungen, die leider nichtauf die hervorragende Vorarbeit Theo vanBovens verwies, und der Bericht der Arbeitsgruppe zu den Verschwundenen, der einer derschockierendsten der ganzen Konferenz war,denn von fast 50 000 Fällen blieben mehr als
neun Zehntel ungeklärt, und 33 Staaten verweigern die Zusammenarbeit.ÜberdasRecht derFreiheit zur religiösen Konversion wird, da keine Lösung gefunden werden konnte, 2001 weiterverhandelt werden. DieDiskussion über grundlegende Standards derMenschlichkeit könnte neue Perspektiven eröffnen (Resolution 2000/69).
VIII. Als einen Erfolg mit Fragezeichen mußman die lang geforderte und nun endlich mit Resolution 2000/87 befürwortete Einrichtung eines Ständigen Forums für indigene Angelegenheiten bezeichnen, die sich der Wirtschafts- undSozialrat der Vereinten Nationen mittlerweile
zu eigen gemacht hat. Daß in diesem 16-köpfigen Gremium die Hälfte der Vertreter von denRegierungen nominiert wird (die andere Hälftewird vom Ratspräsidenten nach Konsultationenmit Organisationen der Ureinwohner berufen),schmälert den Wert dieser Einrichtung, und esmuß sich auch erst zeigen, ob es gelingen kann,einen unproblematischen Zugang für NGOs aufrechtzuerhalten.
Unerwartet schnell kamen die beiden Zusatz
protokolle zur Kinderrechtskonvention voran;Resolution 2000/59 mit den beiden Texten wur
de am 26. April ohne förmliche Abstimmungangenommen. Die Generalversammlung machte sie sich schon einen Monat später zu eigenund verabschiedete sie (Text: VN 4/2000 S.146ff).
IX. Zwar ist der Kommission zugute zu halten,daß sie insbesondere seit 1998, als Frauenrechte das Thema ihres Sonderdialogs waren, aufdiesem Gebiet Fortschritte gemacht hat, woranauch die Hochkommissarin einen nicht unwe
sentlichen Anteil haben dürfte. So wurde auch
auf der 56. Tagung der Menschenrechtskommission die Umsetzung der Frauenrechte imUN-System thematisiert (Entschließung 2000/46). Aber gerade europäische Diplomaten werteten anerkannte Grundsätze der Kommission
für die Rechtsstellung der Frau oder Verweiseauf die Frauenrechtskonvention zunächst als für
die Menschenrechtskommission nicht relevant,was erst auf energisches Lobbying hin revidiertwurde. Einzelne engagierte Frauen bewahrtendas Arbeitsfeld vor dem völligen Stillstand;dank der beherzten Stellungnahmen der Sonderberichterstatterinnen zu den außergerichtlichen Hinrichtungen beziehungsweise zur Gewalt gegen Frauen, Asma Jahangir aus Pakistanund Radhika Coomaraswamy, wurden die sogenannten Ehrenmorde ein wichtiges Thema derKonferenz. Pakistan sträubte sich lange gegenden Terminus >Ehrenmorde<, schließlich einigteman sich auf »Verbrechen im Namen der Ehre
und der Leidenschaft« in der Resolution 2000/
45 zur Gewalt gegen Frauen. Ein weiteres zentrales Thema der Diskussion war der in der Re
gel mit Phänomenen wie Prostitution, Zwangsarbeit und Zwangsheirat verbundene Frauenhandel (Resolution 2000/44). Erfreulich ist die
Vereinte Nationen 6/2000
Der achte Geschäftsführende Direktor in der Geschichte des IMF (und zugleich der achte Europäerin diesem Amt) ist seit dem 1. Mai 2000 der DeutscheHorst Köhler. Der an der Universität Tübingenpromovierte Volkswirt Köhler hatte zahlreiche verantwortliche Positionen im Wirtschafts- und im Finanzministerium inne; von 1990 bis 1993 war er Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen. Verdienste hat er sich insbesondere im Prozeß der deutschenEinigung und bei der Ausarbeitung des Vertragsüberdie europäische Wirtschafts- und Währungsunion erworben. Vom Herbst 1998 bis zur ÜbernahmederAufgabein Washington war erPräsident der Osteuropa-Bank in London. Seine Vorgängerbeim IMFwaren Camille Gutt aus Belgien (1946-51), IvarRooth und Per Jacobsson aus Schweden (1951-56bzw. 1956-63), Pierre-Paul Schweitzer aus Frankreich (1963-73), Johannes Witteveen aus den Niederlanden (1973-78) sowie Jacques de Larosiere undMichel Camdessus aus Frankreich (1978-87 bzw.1987-2000). - Horst Köhler, der am 22. Februar1943 impolnischen Skierbieszöw geboren wurde, istverheiratet und hat zwei Kinder.
Hinwendung der Kommission zu den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Frauenrechten; auf mexikanisches Betreiben geht dieEntschließung 2000/13 zu den Rechtender FrauaufLand, Eigentum und Wohnung zurück.
X. Im Blick aufdie Rationalisierung der Arbeitder Kommission war es nur der Geduld und dem
Geschick der Vorsitzenden der einschlägigenArbeitsgruppe, Anne Anderson aus Irland (die1999 der Kommission vorsaß), zu verdanken,daß die für die Kommission äußerst kritische
Phase der Strukturreform mit einem Kompromiß beendet werden konnte. Als alle Verständi
gungsversuche in der zwischen den Tagungenzusammengetretenen Arbeitsgruppe gescheiterterschienen, wartete Anderson mit einer Beschlußvorlage auf, die allen Seiten Zugeständnisse abverlangte, aber auch alle das Gesichtwahren ließ. Dieser Vorschlag wurde dann alsPaketlösung einvernehmlich angenommen;dem Beschluß 2000/109 ist der Bericht der Ar
beitsgruppe als Anlage beigegeben.Das 1503-Verfahren wird damit vereinfacht;auch künftig soll nach Abschluß der Prüfungder Beschwerden öffentlich bekanntgegebenwerden, um welche Länder es sich gehandelthat. Die Amtszeiten der Mandatsträger in Arbeitsgruppen und der Sonderberichterstatterwerden auf zwei Perioden zu je drei Jahren beschränkt. Staaten, die mit der Kommission nicht
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zusammenarbeiten, sollen künftig die Gründedafür erläutern.
Problematisch ist, daß der Kompromiß zu Lasten der Unterkommission zur Förderung undzum Schutz der Menschenrechte geht. Die Möglichkeit, schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen in Ländern, die in der Kommissionselbst auf Grund politischer Konstellationennicht behandelt werden, in eigenen Resolutionen aufzugreifen, ist der Unterkommission hinfort verwehrt, so wie auch ihre Arbeitsmittelinsgesamt eingeschränkt wurden. ÜberRichtlinien, die die Unabhängigkeit ihrer Mitgliedergarantieren sollte, konnte dabei keine Einigkeiterzielt werden. Viele Kritiker sehen in der Ab
wertung der Unterkommission einen gravierenden Rückschritt.
XI. Fast ein halbes Jahr nach dem Abschluß ih
rer 56. Sitzungsrunde trat die Kommission erneut zusammen, und zwar zu ihrer fünften Sondertagung (17.-19.10.2000). Es war die erstezur Lage in den Palästinensischen Gebieten; dievorherigen Sondertagungen hatten sich mit demehemaligen Jugoslawien (1992 und 1993),Rwanda (1994) und Osttimor (1999) befaßt.In Resolution S-5/1 wurde mit 19 Stimmen
gegen 16 (vornehmlich westlicher Staaten) bei17 Enthaltungen das Vorgehen der israelischenSicherheitskräfte gegen die Palästinenser beiden Unruhen verurteilt, die nach dem als Provokation angelegten Besuch des israelischen Politikers Ariel Scharon auf dem Tempelberg in Jerusalem Ende September ausgebrochen waren.Beschlossen wurde die Einrichtung einer Untersuchungskommission der Vereinten Nationen,was vom Wirtschafts- und Sozialrat einen Mo
nat später bestätigt wurde. •
Zurückgestutztes Expertengrem iumNorman Weiss
Menschenrechts-Unterkommission: 52. Ta
gung - Auflagen der Menschenrechtskommission - Arbeitsplan - Befürwortung der positiven Diskriminierung-Geistiges Eigentum—Verpflichtung gegenüber Asylsuchenden
(Dieser Beitrag setzt den Bericht von NormanWeiß, Ideenwerkstatt für Menschenrechte, VN1/2000 S. 24ff, fort.)
Das aus 26 Sachverständigen bestehende Unterorgan des politischen Gremiums Menschenrechtskommission, ihre Unterkommission zurFörderung und zum Schutz der Menschenrechte, hatte 1999 diesen neuen Namen bekommen. Im Jahr daraufgab es weitere Neuerungen,die nach verbreiteter Ansicht freilich wenigGutes bedeuten. Das Expertengremium tratvom 31. Juli bis zum 18. August 2000 in Genfzu seiner 52. Tagung zusammen. Es traf sichzum ersten Mal unter den neuen Bedingungen(siehe vorstehenden Beitrag); die Menschenrechtskommission hatte die Dauer der Sitzungsperiode von vier auf drei Wochen verkürzt.Außerdem untersagte sie ihrem Unterorgan dieVerabschiedung von Entschließungen zu einzelnen, mit Namen genannten Ländern.Die Unterkommission beriet deshalb ausführ
lich, wie sie die Frage der >Menschenrechtsver-letzungen in aller Welt< künftig behandeln solle. Der Vorsitz entschied schließlich, die Menschenrechtskommission um eine Hilfestellunghierzu zu bitten. Letztlich wurde eine einzigeResolution zu diesem Tagesordnungspunkt verabschiedet, mit der die Unterkommission anregte, die Menschenrechtskommission möge demSicherheitsrat empfehlen, in Anbetracht der Erfahrungen mit den Sanktionsregimen deren negative Auswirkungen auf die Zivilbevölkerungkünftig zu vermeiden; der Import ziviler Güter,insbesondere von Nahrungsmitteln und Medikamenten, solle erlaubt werden.
Appelle und Vorhaben
Diese Resolution der Unterkommission zu den
»nachteiligen Folgen wirtschaftlicher Sanktionen« beruhte auf einer Studie ihres früheren
Mitglieds und jetzigen CERD-Angehörigen MarcBossuyt. Die Unterkommission forderte dieStaaten auf, solche Sanktionen zu überdenken,wenn nach einer vernünftigen Frist die Zwangsmaßnahmen nicht den erstrebten Politikwechsel
herbeigeführt hätten. Dies solle selbst dann gelten, wenn legitime Ziele nicht erreicht wordenseien. Die Unterkommission appellierte außerdem an die Staaten, eine rasche Beendigung allderjenigen Maßnahmen herbeizuführen, die sichnachteilig auf die Lage der Menschenrechte auswirken oder dem Völkerrecht zuwiderlaufen.
Die Unterkommission empfahl den Regierungen, untereinander zusammenzuarbeiten, umden Justizbehörden bei von Opfern von Menschenrechtsverletzungen angestrengten VerfahrenHilfestellung zu leisten; siegabihrer Überzeugung Ausdruck, daß im Rahmen einer solchen Kooperation rechtlichen Verfahren höchste Priorität eingeräumt werden sollte - ohneRücksicht auf die Umstände, unter denen solcheGewalttaten oder Menschenrechtsverletzungenbegangen wurden. Hierbei sollten ehemaligeStaats- und Regierungschefs ausdrücklich eingeschlossen sein, auch wenn sie- sich im Exilbefänden.
Darüber hinaus regte die Unterkommission an,daß die Menschenrechtskommission mehrere
Experten aus ihren Reihen als Sonderberichterstatter zur Erstellung verschiedener Studien berufen möge: über die Rechte von Ausländern,über ein Recht auf Trinkwasser und sanitäre
Anlagen, über die Menschenrechtssituation derRoma und über Vorbehalte zu Menschenrechts
verträgen. Sie forderte eines ihrer Mitgliederdazu auf, ein Arbeitspapier über die Diskriminierung aus Gründen der Arbeit oder Abstammung zu erstellen und ein anderes über Menschenrechte und Menschenpflichten. Außerdemforderte sie die Kommission dazu auf, die Bestellung eines Sonderberichterstatters über Probleme der Ureinwohner zu erwägen.
Bekämpfungder Rassendiskriminierung
Beim Kampf gegen die rassische Diskriminierung verdienen einige Akzentsetzungen Beachtung. So will sie mit einer umfassenden Studie zum Verhältnis von Menschenrechten und
Staatsangehörigkeit die Aufmerksamkeit aufdieses Thema lenken.
Vielfältig sind die Initiativen zur Weltkonferenz gegen den Rassismus im Jahre 2001: DieUnterkommission schlägt vor, den Arbeitsmi-
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