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Seite 236 · Nummer 11 · Holz-Zentralblatt Freitag, 15. März 2019 Messen und Tagungen „Wir müssen mit weniger Material für mehr Menschen bauen und dürfen da- bei keine Energie auf fossiler Basis verwenden“, so lässt sich der Vortrag von Prof. Dr. Werner Sobek auf dem „Internationalen Holzbau-Forum“ in Garmisch am 6. Dezember 2018 zu- spitzen. Er verdichtete eine Problema- tik, die sich durch mehrere Vorträge auf dieser Veranstaltung zog, ob es nun um Stadtentwicklung oder mate- rialeffizienten Flachdachbau ging: Vielen Referenten waren Klimaschutz und Ressourcenschonung ein Anlie- gen, für das sie technische Lösungen zu präsentieren suchten. Was Sobek implizit im Zusammenhang mit der Verknappung von Ressourcen an- sprach ist allerdings keine technische Frage: Was dürfen wir noch verbrau- chen oder wieviel steht uns zu? Internationale Fachveranstaltung zum Bauen mit Holz bleibt notwendig auf technische Lösungen begrenzt Verbrauch und Emissionen zu hoch: ein Weckruf Materialeinsparung war das übergeord- nete Thema von Sobek, der am Institut für Leichtbau, Entwerfen und Konstru- ieren (Ilek) in Stuttgart lehrt. Sein Vor- trag dürfte bei vielen Zuhörern für Nachdenklichkeit und Gesprächsstoff für den sich anschließenden Gesell- schaftsabend gesorgt haben. Schließlich schickt sich die Branche mit schweren Holzbaustoffen an, der Bauwirtschaft verstärkt Alternativen zu mineralischen Bauweisen im vielgeschossigen Bauen anzubieten. Neben deutlicher Gesell- schafts- und Branchenkritik lieferte So- bek Hinweise, wohin sich die Bauwirt- schaft aus seiner Sicht wenden müsse. Eigentlich sei eine radikale Analyse des Ist-Zustands erforderlich, ehe man sich im Bau auf den „richtigen Weg“ begebe. Mehr Klarheit in der Analyse, aber auch in der Beschreibung von Zu- sammenhängen sei notwendig – nicht zuletzt auch deshalb, um Populisten den Wind aus den Segeln zu nehmen. Ohne Darstellung der Zusammenhänge sei keine Demokratie möglich. Die Entwicklung im Bauwesen sei aber eher ein „dummes Hinüberstol- pern“ in die Zukunft. In Ermangelung gründlicher Analyse scheitere man viel zu oft und komme nicht weiter in der Frage, wie wir künftig bauen müssen. Insbesondere sei infrage zu stellen, ob Verdichtung in urbanen Räumen richtig sei: 55 % der Energie im Hausbau falle vor dem Bezug des Gebäudes an, je hö- her das Gebäude, umso höher die ver- brauchte Energie. Hochhäuser in den Städten seien durch den hohen Materi- albedarf zum Ausgleich der Windlasten zu schwer. Zwischen der Urbanistik und der Mobilitätsforschung gebe es aber keine Zusammenarbeit, mithin keine Analyse, keine Antworten. Hauptproblem, so Sobek weiter, sei die hohe Weltbevölkerung (aktuell 7,6 Mrd. Menschen) und ihr Netto-Zu- wachs: Jede Sekunde kommen rechne- risch 2,6 Menschen dazu. Jeder deut- sche Bürger vereine an gebauter Infra- struktur und Gebäuden auf sich insge- samt 490 t Baumaterial. Wenn man je- dem Weltbürger dieselbe Menge Bau- stoffe wie einem Deutschen zugestehe, reichten die Ressourcen hierfür bei wei- tem nicht. Nicht einmal, wenn man je- dem Weltbürger den durchschnittlichen Standard der Industrieländer (335 t) oder auch nur den weltweiten Durch- schnitt (115 t) an gebauter Umwelt „gönnen“ würde. Selbst in letzterem Falle müssten zur bestehenden, bereits gebauten Welt noch „zwei neue Wel- ten“ hinzugebaut werden. Das sei sehr vielen Menschen überhaupt nicht klar. Und dafür reichten die Vorkommen nicht: Sand sei bereits heute knapp, bei Zinn und Zink beginne 2025 der Eng- pass, bei Kupfer 2028 – Holz erwähnte Sobek in diesem Zusammenhang nicht. Weitere Kritikpunkte Sobeks betra- fen den Materialmix, der in modernen Einfamilienhäusern Einsatz findet: Die- ser sei schwer trennbar und letztlich oft Sondermüll. Ebenso die öffentliche Dis- kussion um Energieversorgungsproble- me: Die Welt habe gar kein Energiepro- blem, so Sobek mit Blick auf die Son- nenenergie. „Energie gibt es in Hülle und Fülle.“ Stattdessen gebe es aber ein Emissionsproblem aufgrund der Nut- zung der falschen Energieträger. „Gas- förmige Abfälle“ seien in Wirklichkeit das Problem. Im Anschluss an seine Gesellschafts- kritik umriss Sobek die Inhalte seiner Forschung: Extreme Leichtbaustruktu- ren (aus Beton, Glas und Holz, aber auch Recycling-Materialien), die zur Gewichts-, Material- und Emissionsein- sparung so konstruiert werden, dass sie im Fall hoher Belastung (temporäre sta- tische und dynamische Lasten) z.B. mit- tels Hydraulik und Energieeinsatz vor Überlastung (Wind, Schwingungen) ge- schützt werden. Die großen Chancen des Bauens lie- gen laut Sobek im Modulbau. „Machen wir es doch wie der Schiffbau: garan- tierte Lieferzeiten, vorgetestete Einhei- ten, einzugsfertig und in hoher Quali- tät.“ Und mit dem Blick auf Holz fügte er hinzu: „Und weil wir leicht sind, kön- nen wir nachträglich aufstocken“. Die Vision Sobeks ist eine „elektri- sche Stadt“: leise, sauber, verdichtet und grün, basierend auf Elektromobili- tät, Emissionsfreiheit und Rezyklierung, und das schon innerhalb der nächsten 20 Jahre. Leonhard Pirson » Du musst emissions- effizient sein. « Prof. Dr. Werner Sobek Das viergeschossige „R 128“ in Stuttgart wurde als im Betrieb emissionsfreies Nullheizenergie-Gebäude entworfen. Das voll- kommen verglaste Gebäude besitzt eine hochwertige Dreifachverglasung mit einem k-Wert von 0,4. Es ist modular aufge- baut und aufgrund der Verwendung von Steck- und Schraubverbindungen nicht nur leicht auf- und abbaubar, sondern auch vollkommen rezyklierbar. Die Innentemperatur wird durch ein neuentwickeltes Klimakonzept geregelt. Das offenliegende Tragwerk aus Stahl ist wesentliches Gestaltungs- und Gliederungselement; es trägt darüber hinaus wesentlich zur kurzen Bauzeit und zur völligen Wiederverwertbarkeit des verwendeten Materials bei. Dieses von Sobek in seinem Vortrag präsen- tierte Projekt machte ein weiteres Problem deutlich: Technischer Fortschritt und Effizienzsteigerung – auch bei Leichtbau- Konstruktionen – entfalten nur geringe Wirkung hinsichtlich Klimaschutz und Ressourcenschonung, da die Ansprüche des Einzelnen z.B. an die Größe des Wohnraums pro Person, immer weiter steigen. Fotos: Zooey Braun/Roland Halbe Zwei Schritte hin zu einer Bioökonomie auf Ausgangsbasis Holz Mit neuen chemischen Produkten ist es möglich, die stoffliche Nutzung von Bu- chenholz zu intensivieren und aus die- sem reichlich vorhandenen Holz höhe- re Wertschöpfung zu erzielen, als dies bislang geschieht. Die Zellstoff- und Pa- pierindustrie im Holzcluster ist dabei ein wichtiger Partner. Allerdings ist noch viel Produkt- und Prozessent- wicklung und auch Kapital notwendig, um hochwertige Produkte herzustellen, vor allem solche, die nicht mit beste- henden Erzeugnissen konkurrierten. Neues Technologie-Transfer- zentrum im bayerischen Chemiedreieck beschlossen Dazu werde im März an der Hoch- schule Rosenheim ein Zentrum für bio- basierte Materialien (ZBM) eingerich- tet, sagte Zscheile. Die bayerische Lan- desregierung hatte bereits in ihrer Kabi- nettsitzung am 17. Juli 2018 die Einrich- tung eines Technologie-Tranferzen- trums für biobasierte Materialien be- schlossen und dafür den Standort Waldkraiburg vorgesehen. Das Land Bayern wird dafür 10 Mio. Euro als Anschubfinanzierung bereitstellen, das Die Chancen für einen großen Schritt in Richtung einer Bioökonomie auf Holzbasis in Deutschland erläuterte auf dem „Internationalen Holzbaufo- rum“ am 6. Dezember in Garmisch Dr. Matthias Zscheile, Professor an der Technischen Hochchule Rosenheim und Geschäftsführer der BSM Bioeco- nomy Cluster Management GmbH in Halle (Sachsen-Anhalt). Aktuell sind zwei Projekte in Vorbereitung, die für die auf Holz basierende Produktent- wicklung und Produktion in Deutsch- land bedeutsam werden. Bayerische Landesregierung und Technische Hochschule Rosenheim streben bis 2021 ein Zentrum für biobasierte Materialien an geht aus der Antwort des Bayerischen Landtags vom Oktober 2018 auf eine Anfrage des SPD-Abgeordneten Knob- lauch hervor. Eine Kostenübernahme für die Bau- und Grundstückskosten durch die Stadt Waldkraiburg ist aller- sings noch nicht bestätigt. Die Hoch- schule Rosenheim hatte dafür in der Konzeption für das ZBM rund 13,3 Mio. Euro angesetzt. Die Aufnahme des Gebäudebetriebs ist für 2021 geplant. In Rosenheim sieht man die vorteil- hafteste Konstellation in einer engen Zusammenarbeit des Standorts Rosen- heim mit dem ZBM am Standort Burg- hausen, an dem eine Erweiterung der Hochschule in den Bereichen ange- wandte Chemie, Plattformchemie, che- mische Verfahrenstechnik, Material- wissenschaft und Polymerformulierung fest eingeplant ist. Sowohl Waldkrai- burg als auch Burghausen liegen im so- genannten bayerischen Chemiedreieck. UPM plant Bioraffinerie an deutschem Standort Laut Zscheile steht der finnische Holz- und Papierindustriekonzern UPM kurz vor der Bekanntgabe einer Investitionsentscheidung für eine Bio- raffinerie in Deutschland. Mehrere Standortalternativen für ein Werk mit einem Investitionsvolumen von rund 700 Mio. Euro in der Größenordnung von 500 000 t (atro) Buchenholz in der Endausbaustufe würden derzeit von UPM geprüft. Der Konzern hatte in ei- ner Pressemeldung im Oktober 2017 als möglichen Standort Frankfurt-Höchst genannt, in der Nähe zu chemischen In- dustrien als Weiterverarbeiter der Vor- produkte aus der Bioraffinerie. „Klar ist, dass man in der Konkurrenz um Holz jemandem den Rohstoff weg- nehmen muss“, sagte Zscheile am Schluss seines Vortrags. Das größte Po- tenzial bestehe in den Sortimenten, die momentan in die Bioenergie gingen. Direkt im Anschluss äußerte Hugo Wirthensohn, Vorstand des Holzfo- rums Allgäu, deutliche Kritik an Zschei- les letzter Aussage. Natürlich begrüße auch er es, wenn mit der Bioökonomie auf Holzbasis ein neuer Markt entstehe. In der gegenwärtigen Situation, in der die Forstwirtschaft aber nicht wisse wo- hin mit dem vielen Kalamitätsholz, sei es für ihn furchtbar, die Bioenergie über den Preis gegen die Bioökonomie aus- zuspielen, einen Markt, den es momen- tan ja noch gar nicht gebe. In der Erwiderung äußerte Zscheile Verständnis für die aktuellen Sorgen der Forstwirtschaft. Die Holzenergie werde sicher nicht komplett wegfallen, sie ersetze ja auch fossile Energie. Wenn aber die chemische Industrie oder die Zellstoffindustrie stärker in die Holz- Bioökonomie einstiegen, werde der Markt entscheiden und es werde zu ei- nem Ausgleich zwischen den Sortimen- ten kommen. Auszug aus einer Machbarkeitsstudie von UPM für einen Chemiestandort auf Basis des Rohstoffs Holz in Deutschland Grafik: UPM Biochemicals Die Anwendungsmöglichkeiten auf Basis von Holzfasern und chemischen Holz- bestandteilen sind vielfältig: Das künftige bayerische Zentrum für biobasierte Ma- terialen (ZBM) soll in diesem Bereich die Möglichkeiten der TH Rosenheim erwei- tern. Als Standort hat die Landesregierung Waldkraiburg vorgesehen (Kartenaus- schnitt rechts). Grafik: TH Rosenheim nach Harrington (1996) und Meier (2006)

Seite 236 · Nummer 11 · Holz-Zentralblatt Messen und ...€¦ · Sobek in diesem Z usammenhang nicht. Weitere Kritikpunkte Sobeks betra-fen den Materialmix, der in modernen Einfamilienhäusern

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Page 1: Seite 236 · Nummer 11 · Holz-Zentralblatt Messen und ...€¦ · Sobek in diesem Z usammenhang nicht. Weitere Kritikpunkte Sobeks betra-fen den Materialmix, der in modernen Einfamilienhäusern

Seite 236 · Nummer 11 · Holz-Zentralblatt Freitag, 15. März 2019Messen und Tagungen

„Wir müssen mit weniger Material fürmehr Menschen bauen und dürfen da-bei keine Energie auf fossiler Basisverwenden“, so lässt sich der Vortragvon Prof. Dr. Werner Sobek auf dem„Internationalen Holzbau-Forum“ inGarmisch am 6. Dezember 2018 zu-spitzen. Er verdichtete eine Problema-tik, die sich durch mehrere Vorträgeauf dieser Veranstaltung zog, ob esnun um Stadtentwicklung oder mate-rialeffizienten Flachdachbau ging:Vielen Referenten waren Klimaschutzund Ressourcenschonung ein Anlie-gen, für das sie technische Lösungenzu präsentieren suchten. Was Sobekimplizit im Zusammenhang mit derVerknappung von Ressourcen an-sprach ist allerdings keine technischeFrage: Was dürfen wir noch verbrau-chen oder wieviel steht uns zu?

Internationale Fachveranstaltung zum Bauen mit Holz bleibt notwendig auf technische Lösungen begrenzt

Verbrauch und Emissionen zu hoch: ein Weckruf

Materialeinsparung war das übergeord-nete Thema von Sobek, der am Institutfür Leichtbau, Entwerfen und Konstru-ieren (Ilek) in Stuttgart lehrt. Sein Vor-trag dürfte bei vielen Zuhörern fürNachdenklichkeit und Gesprächsstofffür den sich anschließenden Gesell-schaftsabend gesorgt haben. Schließlichschickt sich die Branche mit schwerenHolzbaustoffen an, der Bauwirtschaftverstärkt Alternativen zu mineralischenBauweisen im vielgeschossigen Bauenanzubieten. Neben deutlicher Gesell-schafts- und Branchenkritik lieferte So-bek Hinweise, wohin sich die Bauwirt-schaft aus seiner Sicht wenden müsse.

Eigentlich sei eine radikale Analysedes Ist-Zustands erforderlich, ehe mansich im Bau auf den „richtigen Weg“begebe. Mehr Klarheit in der Analyse,aber auch in der Beschreibung von Zu-sammenhängen sei notwendig – nichtzuletzt auch deshalb, um Populistenden Wind aus den Segeln zu nehmen.Ohne Darstellung der Zusammenhängesei keine Demokratie möglich.

Die Entwicklung im Bauwesen seiaber eher ein „dummes Hinüberstol-

pern“ in die Zukunft. In Ermangelunggründlicher Analyse scheitere man vielzu oft und komme nicht weiter in derFrage, wie wir künftig bauen müssen.Insbesondere sei infrage zu stellen, obVerdichtung in urbanen Räumen richtigsei: 55 % der Energie im Hausbau fallevor dem Bezug des Gebäudes an, je hö-her das Gebäude, umso höher die ver-brauchte Energie. Hochhäuser in denStädten seien durch den hohen Materi-albedarf zum Ausgleich der Windlastenzu schwer. Zwischen der Urbanistikund der Mobilitätsforschung gebe esaber keine Zusammenarbeit, mithinkeine Analyse, keine Antworten.

Hauptproblem, so Sobek weiter, seidie hohe Weltbevölkerung (aktuell 7,6Mrd. Menschen) und ihr Netto-Zu-wachs: Jede Sekunde kommen rechne-risch 2,6 Menschen dazu. Jeder deut-sche Bürger vereine an gebauter Infra-struktur und Gebäuden auf sich insge-samt 490 t Baumaterial. Wenn man je-dem Weltbürger dieselbe Menge Bau-stoffe wie einem Deutschen zugestehe,reichten die Ressourcen hierfür bei wei-tem nicht. Nicht einmal, wenn man je-

dem Weltbürger den durchschnittlichenStandard der Industrieländer (335 t)oder auch nur den weltweiten Durch-schnitt (115 t) an gebauter Umwelt„gönnen“ würde. Selbst in letzteremFalle müssten zur bestehenden, bereitsgebauten Welt noch „zwei neue Wel-ten“ hinzugebaut werden. Das sei sehrvielen Menschen überhaupt nicht klar.Und dafür reichten die Vorkommennicht: Sand sei bereits heute knapp, beiZinn und Zink beginne 2025 der Eng-pass, bei Kupfer 2028 – Holz erwähnteSobek in diesem Zusammenhang nicht.

Weitere Kritikpunkte Sobeks betra-fen den Materialmix, der in modernenEinfamilienhäusern Einsatz findet: Die-ser sei schwer trennbar und letztlich oft

Sondermüll. Ebenso die öffentliche Dis-kussion um Energieversorgungsproble-me: Die Welt habe gar kein Energiepro-blem, so Sobek mit Blick auf die Son-nenenergie. „Energie gibt es in Hülleund Fülle.“ Stattdessen gebe es aber einEmissionsproblem aufgrund der Nut-zung der falschen Energieträger. „Gas-förmige Abfälle“ seien in Wirklichkeitdas Problem.

Im Anschluss an seine Gesellschafts-kritik umriss Sobek die Inhalte seinerForschung: Extreme Leichtbaustruktu-ren (aus Beton, Glas und Holz, aberauch Recycling-Materialien), die zurGewichts-, Material- und Emissionsein-sparung so konstruiert werden, dass sieim Fall hoher Belastung (temporäre sta-

tische und dynamische Lasten) z.B. mit-tels Hydraulik und Energieeinsatz vorÜberlastung (Wind, Schwingungen) ge-schützt werden.

Die großen Chancen des Bauens lie-gen laut Sobek im Modulbau. „Machenwir es doch wie der Schiffbau: garan-tierte Lieferzeiten, vorgetestete Einhei-ten, einzugsfertig und in hoher Quali-tät.“ Und mit dem Blick auf Holz fügteer hinzu: „Und weil wir leicht sind, kön-nen wir nachträglich aufstocken“.

Die Vision Sobeks ist eine „elektri-sche Stadt“: leise, sauber, verdichtetund grün, basierend auf Elektromobili-tät, Emissionsfreiheit und Rezyklierung,und das schon innerhalb der nächsten20 Jahre. Leonhard Pirson

»Du musst emissions-effizient sein.«Prof. Dr. Werner Sobek

Das viergeschossige „R 128“ in Stuttgart wurde als im Betrieb emissionsfreies Nullheizenergie-Gebäude entworfen. Das voll-kommen verglaste Gebäude besitzt eine hochwertige Dreifachverglasung mit einem k-Wert von 0,4. Es ist modular aufge-baut und aufgrund der Verwendung von Steck- und Schraubverbindungen nicht nur leicht auf- und abbaubar, sondern auchvollkommen rezyklierbar. Die Innentemperatur wird durch ein neuentwickeltes Klimakonzept geregelt. Das offenliegendeTragwerk aus Stahl ist wesentliches Gestaltungs- und Gliederungselement; es trägt darüber hinaus wesentlich zur kurzenBauzeit und zur völligen Wiederverwertbarkeit des verwendeten Materials bei. Dieses von Sobek in seinem Vortrag präsen-tierte Projekt machte ein weiteres Problem deutlich: Technischer Fortschritt und Effizienzsteigerung – auch bei Leichtbau-Konstruktionen – entfalten nur geringe Wirkung hinsichtlich Klimaschutz und Ressourcenschonung, da die Ansprüche desEinzelnen z.B. an die Größe des Wohnraums pro Person, immer weiter steigen. Fotos: Zooey Braun/Roland Halbe

Zwei Schritte hin zu einer Bioökonomie auf Ausgangsbasis Holz

Mit neuen chemischen Produkten ist esmöglich, die stoffliche Nutzung von Bu-chenholz zu intensivieren und aus die-sem reichlich vorhandenen Holz höhe-re Wertschöpfung zu erzielen, als diesbislang geschieht. Die Zellstoff- und Pa-pierindustrie im Holzcluster ist dabeiein wichtiger Partner. Allerdings istnoch viel Produkt- und Prozessent-wicklung und auch Kapital notwendig,um hochwertige Produkte herzustellen,vor allem solche, die nicht mit beste-henden Erzeugnissen konkurrierten.

Neues Technologie-Transfer-zentrum im bayerischenChemiedreieck beschlossen

Dazu werde im März an der Hoch-schule Rosenheim ein Zentrum für bio-basierte Materialien (ZBM) eingerich-tet, sagte Zscheile. Die bayerische Lan-desregierung hatte bereits in ihrer Kabi-nettsitzung am 17. Juli 2018 die Einrich-tung eines Technologie-Tranferzen-trums für biobasierte Materialien be-schlossen und dafür den StandortWaldkraiburg vorgesehen. Das LandBayern wird dafür 10 Mio. Euro alsAnschubfinanzierung bereitstellen, das

Die Chancen für einen großen Schrittin Richtung einer Bioökonomie aufHolzbasis in Deutschland erläuterteauf dem „Internationalen Holzbaufo-rum“ am 6. Dezember in Garmisch Dr.Matthias Zscheile, Professor an derTechnischen Hochchule Rosenheimund Geschäftsführer der BSM Bioeco-nomy Cluster Management GmbH inHalle (Sachsen-Anhalt). Aktuell sindzwei Projekte in Vorbereitung, die fürdie auf Holz basierende Produktent-wicklung und Produktion in Deutsch-land bedeutsam werden.

Bayerische Landesregierung und Technische Hochschule Rosenheim streben bis 2021 ein Zentrum für biobasierte Materialien an

geht aus der Antwort des BayerischenLandtags vom Oktober 2018 auf eineAnfrage des SPD-Abgeordneten Knob-lauch hervor. Eine Kostenübernahmefür die Bau- und Grundstückskostendurch die Stadt Waldkraiburg ist aller-sings noch nicht bestätigt. Die Hoch-schule Rosenheim hatte dafür in derKonzeption für das ZBM rund 13,3Mio. Euro angesetzt. Die Aufnahme desGebäudebetriebs ist für 2021 geplant.

In Rosenheim sieht man die vorteil-hafteste Konstellation in einer engenZusammenarbeit des Standorts Rosen-heim mit dem ZBM am Standort Burg-hausen, an dem eine Erweiterung der

Hochschule in den Bereichen ange-wandte Chemie, Plattformchemie, che-mische Verfahrenstechnik, Material-wissenschaft und Polymerformulierungfest eingeplant ist. Sowohl Waldkrai-burg als auch Burghausen liegen im so-genannten bayerischen Chemiedreieck.

UPM plant Bioraffineriean deutschem Standort

Laut Zscheile steht der finnischeHolz- und PapierindustriekonzernUPM kurz vor der Bekanntgabe einerInvestitionsentscheidung für eine Bio-raffinerie in Deutschland. Mehrere

Standortalternativen für ein Werk miteinem Investitionsvolumen von rund700 Mio. Euro in der Größenordnungvon 500 000 t (atro) Buchenholz in derEndausbaustufe würden derzeit vonUPM geprüft. Der Konzern hatte in ei-ner Pressemeldung im Oktober 2017 alsmöglichen Standort Frankfurt-Höchstgenannt, in der Nähe zu chemischen In-dustrien als Weiterverarbeiter der Vor-produkte aus der Bioraffinerie.

„Klar ist, dass man in der Konkurrenzum Holz jemandem den Rohstoff weg-nehmen muss“, sagte Zscheile am

Schluss seines Vortrags. Das größte Po-tenzial bestehe in den Sortimenten, diemomentan in die Bioenergie gingen.

Direkt im Anschluss äußerte HugoWirthensohn, Vorstand des Holzfo-rums Allgäu, deutliche Kritik an Zschei-les letzter Aussage. Natürlich begrüßeauch er es, wenn mit der Bioökonomieauf Holzbasis ein neuer Markt entstehe.In der gegenwärtigen Situation, in derdie Forstwirtschaft aber nicht wisse wo-hin mit dem vielen Kalamitätsholz, seies für ihn furchtbar, die Bioenergie überden Preis gegen die Bioökonomie aus-zuspielen, einen Markt, den es momen-tan ja noch gar nicht gebe.

In der Erwiderung äußerte ZscheileVerständnis für die aktuellen Sorgender Forstwirtschaft. Die Holzenergiewerde sicher nicht komplett wegfallen,sie ersetze ja auch fossile Energie. Wennaber die chemische Industrie oder dieZellstoffindustrie stärker in die Holz-Bioökonomie einstiegen, werde derMarkt entscheiden und es werde zu ei-nem Ausgleich zwischen den Sortimen-ten kommen.

Auszug aus einer Machbarkeitsstudie von UPM für einen Chemiestandort aufBasis des Rohstoffs Holz in Deutschland Grafik: UPM Biochemicals

Die Anwendungsmöglichkeiten auf Basis von Holzfasern und chemischen Holz-bestandteilen sind vielfältig: Das künftige bayerische Zentrum für biobasierte Ma-terialen (ZBM) soll in diesem Bereich die Möglichkeiten der TH Rosenheim erwei-tern. Als Standort hat die Landesregierung Waldkraiburg vorgesehen (Kartenaus-schnitt rechts). Grafik: TH Rosenheim nach Harrington (1996) und Meier (2006)