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K räuter verwenden wir zumeist getrocknet als Gewürz oder im Kräutertee. Wer sie in Alkohol einlegt, entdeckt eine besonders raf- finierte Möglichkeit, ihre Aromen und Wirk- stoffe zu nutzen. Tipps von Experten Für Ansatzschnäpse können Sie verschiedene Formen von Alkohol verwenden. Reinen Alko- hol in Form von 96%igem Weingeist bekom- men Sie in der Apotheke oder in Spezialge- schäften. Es eignen sich aber auch Ansatzkorn (36 – 90 %) oder einfach Korn-, Obstbrände und Wodka. „Echter Weingeist ist neutral, verfälscht nicht den Geschmack und ist daher eindeutig die bessere Wahl“, ist Ing. Michael Holzeis überzeugt. Er ist Experte für selbst- gemachte Genüsse. Wer Tipps, Zutaten oder Geräte zum Bierbrauen, Weinkeltern, Schnapsbrennen oder zum Ansetzen von Schnäpsen und Likören braucht, ist bei ihm bestens aufgehoben. Bei seinen Kursen, Semi- naren und Workshops in Altlengbach direkt an der A1 haben schon viele Fertigkeiten er- worben, die ein Steckenpferd zur Profession werden ließen. Über den Gebrauch und die Wirkung von Kräutern kann man sich auch über den „Ver- ein der Freunde der Heilkräuter“ informieren. Seine Mitglieder führen im niederösterreichi- schen Karlstein an der Thaya das Werk von Kräuterpfarrer Hermann-Josef Weidinger fort. Sein Nachfolger ist Kräuterpfarrer Bene- dikt Felsinger O. Praem. Die Frage, ob es sinn- voll sei, Kräuter, Früchte und Wurzeln zu Heil- zwecken in Alkohol anzusetzen, beantwortet Felsinger mit einem: „Ja, aber“. „Der Alkohol zieht die Inhaltsstoffe aus den Kräutern und erleichtert die Einnahme, da ihre Wirkstoffe für den Menschen ‚fix und fertig‘ verfügbar werden. Alkoholische Pflanzenprodukte sind aber nicht immer anwendbar. Bei Leberprob- lemen wird der Alkohol die Beschwerden noch verstärken. Auch Menschen, die unter der Alkohol-Krankheit leiden, dürfen Liköre und alkoholische Ansätze auf keinen Fall ein- nehmen.“ In diesen Fällen sowie beim Lenken eines Kraftfahrzeuges oder beim Bedienen von Maschinen rät Pfarrer Felsinger, auf Kräu- tertees zurückzugreifen. Kräuter selbst ansetzen Zur Herstellung selbst angesetzter Kräuter- Liköre können Sie frische oder getrocknete Wild- und Gartenkräuter verwenden. Frische Selbst angesetzt! Jetzt im Spätsommer sind unsere Früchte und Kräuter voller Aromen. Diese wunderbaren Garten-Geschmäcke in einem geistigen Getränk zu konservieren, ist wirklich keine Hexerei! Probieren Sie sich doch einmal an etwas „Selbstangesetztem“! 40 GARTEN 7–8/2014 +HAUS NUTZGARTEN & ESSEN

Selbst angesetzt!...der Heilkräuter“ in Karlstein/Thaya verwendet werden, sind von Hermann- Josef Weidinger zusammengestellt bzw. hat er diese in seinem Studium aus altem, überliefertem

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  • Kräuter verwenden wir zumeist getrocknet als Gewürz oder im Kräutertee. Wer sie in Alkohol einlegt, entdeckt eine besonders raf-finierte Möglichkeit, ihre Aromen und Wirk-stoffe zu nutzen.

    tipps von expertenFür Ansatzschnäpse können Sie verschiedene Formen von Alkohol verwenden. Reinen Alko-hol in Form von 96%igem Weingeist bekom-men Sie in der Apotheke oder in Spezialge-schäften. Es eignen sich aber auch Ansatzkorn (36 – 90 %) oder einfach Korn-, Obstbrände und Wodka. „Echter Weingeist ist neutral, verfälscht nicht den Geschmack und ist daher

    eindeutig die bessere Wahl“, ist Ing. Michael Holzeis überzeugt. Er ist Experte für selbst-gemachte Genüsse. Wer Tipps, Zutaten oder Geräte zum Bierbrauen, Weinkeltern, Schnapsbrennen oder zum Ansetzen von Schnäpsen und Likören braucht, ist bei ihm bestens aufgehoben. Bei seinen Kursen, Semi-naren und Workshops in Altlengbach direkt an der A1 haben schon viele Fertigkeiten er-worben, die ein Steckenpferd zur Profession werden ließen. Über den Gebrauch und die Wirkung von Kräutern kann man sich auch über den „Ver-ein der Freunde der Heilkräuter“ informieren. Seine Mitglieder führen im niederösterreichi-

    schen Karlstein an der Thaya das Werk von Kräuterpfarrer Hermann-Josef Weidinger fort. Sein Nachfolger ist Kräuterpfarrer Bene-dikt Felsinger O. Praem. Die Frage, ob es sinn-voll sei, Kräuter, Früchte und Wurzeln zu Heil-zwecken in Alkohol anzusetzen, beantwortet Felsinger mit einem: „Ja, aber“. „Der Alkohol zieht die Inhaltsstoffe aus den Kräutern und erleichtert die Einnahme, da ihre Wirkstoffe für den Menschen ‚fix und fertig‘ verfügbar werden. Alkoholische Pflanzenprodukte sind aber nicht immer anwendbar. Bei Leberprob-lemen wird der Alkohol die Beschwerden noch verstärken. Auch Menschen, die unter der Alkohol-Krankheit leiden, dürfen Liköre und alkoholische Ansätze auf keinen Fall ein-nehmen.“ In diesen Fällen sowie beim Lenken eines Kraftfahrzeuges oder beim Bedienen von Maschinen rät Pfarrer Felsinger, auf Kräu-tertees zurückzugreifen.

    Kräuter selbst ansetzenZur Herstellung selbst angesetzter Kräuter -Liköre können Sie frische oder getrocknete Wild- und Gartenkräuter verwenden. Frische

    Selbst angesetzt!Jetzt im Spätsommer sind unsere Früchte und Kräuter voller Aromen. Diese wunderbaren Garten-Geschmäcke in einem geistigen Getränk zu konservieren, ist wirklich keine Hexerei! Probieren Sie sich doch einmal an etwas „Selbstangesetztem“!

    40 Garten7–8/2014 +Haus

    nutZgArten & essen

  • Kräuter sollten Sie jedenfalls waschen und danach in einem Tuch trockenschütteln. Ob der Ansatz zum Ziehen hell oder dunkel stehen soll, hängt von seinen Zutaten ab. Kräuter-Ansätze sollten Sie stets in fest ver-schließbare Gläser mit Schraubdeckel oder Gummidichtung füllen. Sie stehen am liebsten hell, gerne auch sonnenbestrahlt. Einige schwören auch auf Ton- oder Steingutgefäße, welche ebenfalls dicht verschlossen sein müs-sen, da sich sonst der Alkohol verflüchtigt. Im Gegensatz zu Kräuter-Ansätzen sollten Sie solche mit Früchten dunkel und kürzer lagern, da diese ihre fruchtig grüne, rote oder orange Farbe behalten sollen. Nach einer bestimmten Lagerzeit seihen Sie den Alkohol ab. Die Einwirkzeit liegt zwischen 2 und 10 Wochen und ist von den eingelegten Ingredienzien abhängig. Natürlich können Sie zwischendurch immer wieder mal kosten.

    Klären und süßen: das Finale Um auch die feinen Schwebstoffe aus dem An-satz zu entfernen, sollten Sie ihn durch ein Baumwolltuch filtern. Papierfilter – wie Kaf-feefilter – eignen sich nur bedingt, da diese rasch verlegt sind und sich die Flüssigkeit im Filter sammelt. Wer den Alkoholgehalt seines Likörs genau bestimmen möchte, kann dies mittels eigener Messgeräte wie Refraktometer oder Alkoholmeter machen. Je nach Stärke fügt man chlorfreies Wasser oder Alkohol zum Gemisch. Bei diesem Vorgang berücksichtigt man, welchen Gehalt der zum Ansetzen ver-wendete Alkohol hatte. Zum Beispiel: 80 %iger Alkohol ergibt bei einem Mischungsverhältnis von 1:1 mit chlorfreiem Wasser einen 40 %igen Ansatz. Ein mit 96 % Weingeist angesetzter Kräuter-Schnaps wird nach Verdünnung mit drei Teilen Wasser letztlich etwa 32 % Alkohol enthalten. Berücksichtigen Sie bei der Berech-nung auch jene Wassermenge, die Sie später zum Auflösen des Süßungsmittels verwenden. Als Süßungsmittel eignen sich Haushaltszu-cker, Kandiszucker, Süßstoff, Invertzucker oder Honig. Haushaltszucker hat im Gegensatz zu Honig keinen Eigengeschmack. Je nach Re-zept oder Vorliebe erhitzen Sie das gewählte Süßungsmittel in chlorfreiem Wasser, bis es aufgelöst ist. Lassen Sie es dann erkalten und fügen Sie es dem Sirup als Ansatz bei. Einfache Richtlinie: Im Handel erhältlicher Likör enthält zumindest 15 % Alkohol und 100 g Zucker pro Liter. Nach dem Süßen sollten Sie den Ansatz wie-der in verschlossenen Gläsern – diesmal im Dunkeln – einige Zeit ruhen lassen. Kippen bzw. schütten Sie den Ansatz dabei gelegent-lich. In dieser Zeit können sich wieder feine Schwebeteile absetzen, die ein neuerliches Filtern erforderlich machen.

    Manfred Kowatschek

    Fragen an Kräuterpfarrer Felsinger

    Seit wann werden denn Kräuter schon mit Alkohol angesetzt? Liköre waren lange Zeit die Domäne der Klöster mit ihren Kräutergärten und Apotheken. Liköre dienten in erster Linie als Heilmittel. Aufgrund des hohen Zucker-preises blieb der Genuss von Likören bis etwa 1700 lediglich der wohlhabenden Bevölkerungsschicht vorbehalten. Im 20. Jh. änderte sich dies allerdings. Mittels synthetischer Aromastoffe, Zuckerwasser und Alkohol konnte jeder seinen eigenen Likör preisgünstig und rasch zubereiten. Der Geschmack und Geruch eines über mehrere Wochen angesetzten Kräuter- oder Frucht -Likörs konnte aber bei weitem nicht erreicht werden. Deshalb bekamen Liköre generell ein schlechtes Image, was teilweise nochbis heute nachwirkt.

    Woher stammen die Kräuter-Mischungen, die Sie mit Alkohol ansetzen? Die Rezepturen, die beim Verein „Freunde der Heilkräuter“ in Karlstein/Thaya verwendet werden, sind von Hermann- Josef Weidinger zusammengestellt bzw. hat er diese in seinem Studium aus altem, überliefertem Kräuterwissen zusammen-getragen. Eine ganze Reihe von den von Kräuterpfarrer Weidinger gesammelten Rezepten hat er auch in seinen Büchern veröffentlicht. Es finden sich darunter eben-falls viele Rezepte für Liköre aus Kräutern und Wildfrüchten. Selbstverständlich kann man auch einzelne Kräuter ansetzen.

    Empfehlen Sie für Kräuter-Liköre besondere Zeitpunkte für deren Einnahme?Als „Genussmittel“ ist der Verwendungs-zeitpunkt höchstwahrscheinlich nachrangig. Wenn ich hingegen eine Linderung eines bestimmten Leidens erfahren will, ist es sicher sinnvoll, gewisse Einnahmezeiten einzuhalten. Kräuter-Ansätze, die das Ein-schlafen fördern, werden nur abends ein-genommen. Kräuter-Schnäpse zur besseren Verdauung genießt man nach dem Essen.

    Garten 41 +Haus 7–8/2014

    nutZgArten & essen

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  • Zutaten•120 g gelbe Blütenblätter vom Löwenzahn•1 Bio-Zitrone•1 Bio-Orange•500 ml Weingeist (96 %)•300 g Blütenhonig•2 l chlorfreies Wasser

    ZubereitungVerlesen Sie die Löwenzahnblüten und schüt-teln Sie eventuell aufsitzende Inseken ab. Zup-fen Sie die gelben Blütenblätter von den Blü-tenkörben. Waschen Sie die Zitrone und die Orange heiß ab, reiben Sie sie trocken und schneiden Sie beide in Scheiben. Geben Sie nun Blüten und Früchte gemeinsam in ein dicht verschließbares Glas und übergie-ßen Sie diese mit dem Weingeist. Lassen Sie den Ansatz rund 2 Wochen an einem sonni-gen Platz stehen.Seihen Sie den Ansatz ab. Kochen Sie Honig und Wasser auf, lassen Sie diesen Sirup abküh-len und mischen Sie ihn anschließend mit dem Ansatz. Lassen Sie den Likör dicht verschlossen noch weitere vier Wochen lang lagern und füllen Sie ihn danach in Flaschen.

    Löwenzahn-Likör

    ZutatenJeweils 2 Tassen•Minze•Salbei•Rosmarin•Thymian•Basilikum•Majoran•1 Bio-Zitrone•1 l Weingeist (96 %)•500 g Zucker oder Honig•2 l chlorfreies Wasser

    ZubereitungWaschen Sie die Kräuter nur falls notwendig und schleudern Sie sie in einem Tuch trocken. Spülen Sie die Bio-Zitrone heiß ab, reiben Sie sie trocken und schneiden Sie sie in Scheiben. Geben Sie nun sämtliche Kräuter mit den Zit-

    ronenscheiben in ein dicht verschließbares Glas. Übergießen Sie alles mit dem Weingeist und lassen Sie diesen Ansatz an einem sonni-gen Platz 2 Wochen lang ziehen. Kippen Sie das Glas gelegentlich.Nach dieser Zeit seihen Sie den Kräuteransatz ab. Lösen Sie 500 g Zucker oder Honig in 2 l heißem Wasser auf und lassen Sie diesen Si-rup erkalten. Mischen Sie den Sirup nun mit dem Kräuteransatz, verschließen Sie das Glas wieder und lassen Sie den Likör noch einmal 2 Monate lang ruhen. Werden während dieser Zeit Trübstoffe sicht-bar, gießen Sie den Likör nochmals durch einen Stoff- oder Papierfilter. Verkosten Sie den Likör und verdünnen Sie ihn mit Wasser, wenn er Ihnen zu stark ist. Zu schwache Liköre können Sie mit etwas Alkohol aufsprit-ten.

    Kräuter-Likör

    Blütenhonig und Löwenzahn: eine blumige Mischung für einen bekömmlichen Likör

    nutZgArten & essen

    42 Garten7–8/2014 +Haus

  • Zutaten•20 grüne Walnüsse (innen noch weich)•1 Bio-Zitrone•1 Bio-Orange •einige Gewürznelken•etwas Sternanis•2 Zimtstangen•1 Vanilleschote•etwas Muskatnuss•1 l Weingeist (96%)•500 g Honig, Rohrzucker

    oder Kandiszucker•2,5 l Wasser•250 ml Inländerrum

    ZubereitungWaschen, trocknen und vierteln Sie die Nüsse. Waschen Sie die Zitrone und die Orange heiß

    Nuss-Schnaps ab, reiben Sie sie trocken und schneiden Sie beide in Scheiben. Füllen Sie Nüsse und Zitrus-früchte gemeinsam mit Gewürznelken, Stern-anis, Zimtstangen, Vanilleschote und Muskat-nuss in ein Gefäß, übergießen Sie alles mit dem Weingeist und verschließen Sie das Glas. Lassen Sie die Gefäße für 3 bis 4 Wochen an einem sonnigen, jedenfalls aber warmen Platz stehen. Gelegentlich wenden. Seihen Sie die Zutaten vorerst mit einem Kü-chensieb, dann mit einem Baumwolltuch, Kaf-feefilter oder Nylonstrumpf fein ab. Lösen Sie das gewählte Süßungsmittel im Wasser auf und mischen Sie es gemeinsam mit dem Rum zum Ansatzschnaps. Verschließen Sie das Glas wieder und lagern Sie den Schnaps noch 2 Monate an einem dunklen Ort, bevor Sie ihn in Flaschen füllen. Durch die Zugabe von Wasser oder Alkohol können Sie die Stärke anpassen.

    Dank seiner verdauungs-fördernden Wirkung eignet sich nuss-schnaps hervor-ragend als Digestif

    Die nüsse sollten sehr jung und außen noch grün sein

    Innen sind die nüsse weich und glasig

    Der fertige ansatz mit den Gewürzen

    nach 4 Wochen Ziehzeit

    nutZgArten & essen

    Garten 43 +Haus 7–8/2014

    GH07-08_2014-Seite40GH07-08_2014-Seite41GH07-08_2014-Seite42GH07-08_2014-Seite43