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Selbst-Tötungs-Risiko: wie beurteilen im Bezug auf FU? Med. pract. G. Treviranus FMH Psychiatrie Psychotherapie 3012 BERN www.trevipsy.ch .::. :..: www.biposuisse.ch September 2013

Selbst-T ö tungs-Risiko : wie beurteilen im Bezug auf FU ?

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Selbst-T ö tungs-Risiko : wie beurteilen im Bezug auf FU ?. Med. pract. G . Treviranus FMH Psychiatrie Psychotherapie 3012 BERN www.trevipsy.ch .::. :..: www.biposuisse.ch September 2013. Testlogik und Grenzen der raschen Suizidalitäts-Beurteilung. - PowerPoint PPT Presentation

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Page 1: Selbst-T ö tungs-Risiko : wie  beurteilen im Bezug auf FU ?

Selbst-Tötungs-Risiko: wie beurteilen im Bezug auf FU?

Med. pract. G. TreviranusFMH Psychiatrie Psychotherapie 3012 BERNwww.trevipsy.ch .::. :..: www.biposuisse.ch

September 2013

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Testlogik und Grenzen der raschen Suizidalitäts-Beurteilung

• Auch psychiatrische Beurteilungen unterliegen der Gegebenheit bei allen Tests:

• Ein Testergebnis verschiebt die Verteilung der «echten» Grundwahrscheinlichkeiten lediglich ein wenig weiter nach „wahr“ oder „unwahr“.

• Es gibt keine verlässlichen Merkmale der «unmittelbar bevorstehenden» Suizidalität (R.I. Simon, 2006) – evtl. Muster

• “Wenn Suizid-Risikofaktoren im Verhalten erkannt werden, wird es beim in Obhut Genommenen leichter, die Suizidalität rechtzeitig zu erkennen: somit kann man vermeiden, sich völlig auf des Patienten Bericht verlassen zu müssen.” (R.I. Simon, 2008)

Simon RI. Suicide Life Threat Behav. 2006 Jun;36(3):296-301.Imminent suicide: the illusion of short-term prediction.

Simon RI. Suicide Life Threat Behav. 2008 Oct;38(5):517-22 Behavioral risk assessment of the guarded suicidal patient.

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Risikofaktoren-Muster z.B.:Betroffener

+++??++++-3= very high

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Suizide und Versuche …

• Vollendete Suizide sind die Haupt-Todesursache Jugendlicher (und affektiver, Gemütskranker)

• Über 1000 offensichtliche Suizide pro Jahr in der Schweiz (ohne Risikosport, «VU», 300 EXIT- etc.)

• Männer sind 4-mal häufiger betroffen• 25 mal häufiger als Suizide sind Suizid-Versuche,

bei Bipolaren jedoch nur 3-5-mal häufiger!• beide Ereignisse gehen zu 90% auf, oft inadäquat

behandelte, psychiatrische Störungen zurück

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$uizid-Versuche: meist Störung• 90% Psychiatrische Störung (Psych-Autopsien): je mehr

Diagnosen, um so suizidgefährdeter.• Davon Ca. 80% Gemütsleidende, nicht gut gestimmt• Hiervon gegen 80%% akute Depressive• Hiervon gegen 20%% übelgelaunte Dysphorische • Wahn, Psychose, selten andere Zustände oder reine

Persönlichkeitsstörungen• <10% psychisch Gesunde: Scham, Erniedrigung• Psychopharmaka sind deutlich wirksam:Antiepileptika und/ oder Lithium: auf $+ < 1/4• Aber: die meisten Depressiven machen keinen $V

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Auslöser von Suizidalität

• Verluste: Beziehung, Fähigkeit, Vermögen, Ruf• Zwangslagen aller Art, Lebens-Negativbilanz• entsprechende Gesellschaftliche Umschwünge• NICHT: «umgeleitete» Aggression an sich• SUBJEKTIVE BEWERTUNGEN und konkrete UMSTÄNDE

(Mobbing, Hexenjagden, Rufmorde, Beziehungskonflikte, Leistungsknicks und Zurlast-fallen) werden oft durch Gemütsleiden der Opfer (mit-)ausgelöst: z.B. bei Alkohol-/Drogenkonsum

• Entzündungen, Infekte, Hirnfunktionsstörungen

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Suizid nach Suizidversuch

• $V Lebenszeit: 4% der Bevölkerung• $V <90% psychische Störung; davon 50%%

Gemütsleiden Roy 2000 $V fast 50%% Alkoholmissb. (häufig beides)

• $+ Europa: 3 – 22 (BE) - 42 / 100.000 / Jahr• $+ nach $Versuch: (Alter < 35 J.) Nordstrom 1995:

innert 5 J. 9,7% Männer; 2,5% Frauen• Höchstes Risiko innert 3 Monaten

Nordstrom P, Asberg M, Aberg-Wistedt A, Nordin C. Attemptedsuicide predicts suicide risk in mood disorders. Acta Psychiatr Scand. 1995;92(5):345-50.

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Suizid bei Stimmungsschwankungen

• Depressionen bei Stimmungsschwankungen umfassen mit abnehmender Suizidrate Bipolare Störungen Typ 2 (3,5% der Bevölk.) und BS Typ 1 (mit Manie; ca. 1% der Bevölk.)

• Suizidgedanken bei Depressiven nehmen mit jedem hypomanen Symptom (Haltlosigkeit bzw. Angetriebenheit) um 4,3 % zu.1

• Depressive: 1/3 sind suizidgefährdeter «agitiert» durch Bei-Mischung hypomaner Symptome (meist leichtere bipolare Mischzustände.)

1 Cassano GB et al. The mood spectrum in unipolar and bipolar disorder: arguments for a unitary approach. Am J Psychiatry 2004;161: 1264-1269.

Rihmer Z, Benazzi F, Gonda X. Suicidal behavior in unipolar depression: focus on mixed states. In: Tatrelli R, Pompili M et al.: Suicide in Psychiatric disorders. New York: Nova 2007

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Ultraschnelle Stimmungswechsel

• Jeder 3.-6. mit Bipolarer Störung ist «rasch»• $V Lebenszeit 41% = 1,5 x $V bei Bipolarer St.• Anhaltende Stimmungswechsel ohne Bipolare

Störung sind sehr oft ein Vorstadium davon.• Borderline-Patienten sind zu 100% auch

schwer depressiv und eher bipolar als unipolar• «Akut Gestresste» haben z.B: auf Koronar-Station zu ca. 10%

rasche SchwankungenGao K et al. Correlates of historical suicide attempt in rapid-cycling bipolar disorder: a cross-sectional assessment. J Clin Psychiatry. 2009 Jul;70(7):1032-40.Smith, A. et al. (2008) “Revisiting Impulsivity in Suicide” Behavioral Science Law 26(6) 779-797

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Verschärfungs-Faktoren• Depressionen: erstes Jahr der Störung, erstmalige Suizidalität, Bipolarität• Kombination von unüberlegter Impulsivität1 (mit Serotonin-Mangel) und

Feindseligkeit bzw. Aggression• Hoffnungslosigkeit (mit Noradrenalin-Mangel), Entscheidungsschwächen• Männer (ausser bei Bipolaren Störungen); suizidale Verwandte 1° • Essstörung, Psychose, Borderline-Störung nur bei Frauen• aggressive männliche Jugendliche, psychotische Symptome, Anzahl vorgängiger

Suizid-Handlungen, Feuerwaffen • Stress-Ereignisse: vor allem Beziehungsverluste, traumatisierende frühe Umgebung.• Kürzliche Zunahme von Alkohol, Depression, Angst, Agitation• Fehlen adäquater Medikation, mässiger Alk.-Konsum, Rauchen• Klinikentlassung nach Suizidalität, Klinikaufenthalte, Behandlungs-jahre, (Rolle der

Psychotherapie ist (noch) nicht gesichert) Ruengorn C et al. . A risk-scoring scheme for suicide attempts among patients with bipolar disorder in a Thai patient cohort. Psychol Res Behav Manag. 2012;5:37-45.

Swann AC, et al. Increased Impulsivity Associated With Severity of Suicide Attempt History in Patients With Bipolar Disorder. Am J Psychiatry 2005; 162:1680–1687.

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Schutz-Faktoren

• Soziale Einbettung und sozialer Selbstwert:Familie, Lebensaufgaben, Katholizismus (TI, UR..)• Lithium: $V & $+ auf < ¼ erniedrigt• Angst! (gleichzeitig auch suizidfördernd)

Im «Suizidklub» der Novelle von R.L. Stephenson (Dr. Jekyll and Dr.Hyde) wurde Selbsttötungsangst überwunden.

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Suizid bei Bipolarität

• Hauptodesursache bei BP: 10-19% $+, 29-56% $V• Grundwahrscheinlichkeit eine Suizids $+ ist bei

Menschen mit einer bipolaren Störung (Typ 1 oder Typ 2) 25-60-fach erhöht («suizidalste Dg.»)

• Versuche: 0,4 bis 0,9% pro Jahr bzw. Suizid lebenszeitlich 6-15% (Ruengorn 2012)

• sie ist für den leichteren Typ 2 nicht geringer, sondern etwas höher. Ruengorn C, Sanichwankul K, Niwatananun W, Mahatnirunkul S, Pumpaisalchai W, Patumanond J. A risk-scoring scheme for suicide attempts among patients with bipolar disorder in a Thai patient cohort. Psychol Res Behav Manag. 2012;5:37-45. Baldessarini RJ, Pompili M, Tondo L. Suicide in bipolar disorder: Risks and management. CNS Spectr. 2006 Jun;11(6):465-71

Abreu LN et al. Suicidal ideation and suicide attempts in bipolar disorder type I: an update for the clinician. Rev Bras Psiquiatr. 2009;31:271-80.

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Depressiv & Hypoman (BP): suizidaler!

• $V Bipolare BP1&2 1,26%/Jahr = 2.6 x Gewalthafte $V BP1&2 0,32 %/Jahr (1:313)= 5,3 x• $V Nicht-hypomane Unip. Depr. 0,48 %/Jahr Gewalthafte $V UP 0,06 %/Jahrd.h. Gewalth. $V Hypomane/Nicht-hm.• $uizide:• $+ BP-Depression 150/Jahr/100.000 = 3 x• $+ UP-Depression 50/Jahr/100.000

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Fazit

• Bipolare und Zyklothyme bilden eine auch bezüglich der Suizidalität tragisch unterver-sorgte und missverstandene 40%-grosse Untergruppe der Depressiven zu denen wohl die meisten jungen Suizidalen und «Burnouter» gehören.

• Wegen des ohne Stimmungsfestiger fraglichen Nutzens der Antidepressiva machen sie leider oft Stimmung gegen Psychopharmaka.