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Seminar 18 sacheinlagen - iurastudent.de · Forderungen nach einer Absen-kung dieses Betrags, um im internationalen Vergleich wettbewerbsfähiger zu sein, wurde mit der Schaffung

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INHALTSÜBERSICHT

A. Einführung....................................................................................................................................... 1

B. Die Finanzierung des Konzerns nach altem und neuen GmbH-Recht ............................................ 1

I. Die Finanzierung der Gesellschaft mit beschränkter Haftung ...................................................... 1

1. Grundsätzliches unter bes. Berücksichtigung des MoMiG ...................................................... 1

2. Kapitalaufbringung durch Sacheinlagen .................................................................................. 2

II. Der Cash Pool .............................................................................................................................. 3

1. Das Cash Pooling als Mittel der Konzernfinanzierung ............................................................ 3

2. Funktionsweise von Cash Pools ............................................................................................... 3

3. Vor- und Nachteile von Cash Pooling-Systemen .................................................................... 4

a) Vorteile ................................................................................................................................ 4

b) Nachteile .............................................................................................................................. 5

III. Rechtliche Problematik des Cash Pooling ................................................................................. 6

1. Rechtslage vor Inkrafttreten der Reform ................................................................................. 6

a) Verdeckte Sacheinlage ......................................................................................................... 6

b) Hin- und Herzahlen.............................................................................................................. 7

c) Bewertung des Cash Pooling durch die Rechtsprechung .................................................... 7

2. Rechtslage seit Inkrafttreten der Reform ................................................................................. 8

a) Verdeckte Sacheinlage ......................................................................................................... 8

b) Hin- und Herzahlen.............................................................................................................. 9

c) Rückwirkung der Neuregelungen ........................................................................................ 9

d) Heilung .............................................................................................................................. 10

3. Rechtsprechung im Lichte der Reform / „Cash Pool II“ ....................................................... 10

4. Weitere Entwicklung.............................................................................................................. 11

IV. Kritische Würdigung der neuen Rechtlage .............................................................................. 12

1. Praxistauglichkeit der Lösungen von Gesetzgeber und Rechtsprechung .............................. 13

2. Anrechnungslösung im Fokus der Untersuchung .................................................................. 13

3. Offenlegungspflicht in der Kritik ........................................................................................... 13

V. Der Cash Pool in der Praxis – Lösungsmöglichkeiten .............................................................. 14

1. Externes Einlagenkonto ......................................................................................................... 14

2. Externe Cash Pool-Verwaltung .............................................................................................. 15

3. Virtuelles Cash Pooling ......................................................................................................... 16

4. Entsprechung der Voraussetzungen von § 19 Abs. 4 und 5 GmbHG .................................... 16

C. Schlussbetrachtung ........................................................................................................................ 17

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A. Einführung

Das GmbH-Recht wurde in der jüngsten Vergangenheit in wichtigen Punk-

ten grundlegend erneuert. Die Modernisierung und Deregulierung des

Rechts der Gesellschaft mit beschränkter Haftung und die Vereinfachung

formaler Erfordernisse sollte die GmbH attraktiver, billiger und internatio-

nal wettbewerbsfähiger machen. So sah es jedenfalls der Regierungsentwurf

für das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung

von Missbräuchen (MoMiG) vor1.

Im Hinblick auf diese Zielvorgabe soll im Folgenden die Problematik der

Liquiditätsversorgung von Unternehmen, die in sog. Cash Pool-Systeme

eingebunden sind, eingehender untersucht werden. Der Fokus soll dabei auf

den Instituten der verdeckten Sacheinlage und des unerlaubten Hin- und

Herzahlens von Einlageleistungen der Gesellschafter liegen.

B. Die Unternehmensfinanzierung im Lichte von altem und neuen GmbH-Recht

I. Die Finanzierung der Gesellschaft mit beschränkter Haftung 1. Grundsätzliches unter bes. Berücksichtigung des MoMiG Im Rahmen der Reformierung des GmbH-Rechts durch das MoMiG wurden

im Besonderen die Bestimmungen zur Finanzierung, speziell zur Kapital-

aufbringung und -erhaltung, der Gesellschaft mit beschränkter Haftung

grundlegend reformiert. Noch immer beträgt das aufzubringende Mindest-

stammkapital 25.000 Euro (§ 5 I GmbHG). Forderungen nach einer Absen-

kung dieses Betrags, um im internationalen Vergleich wettbewerbsfähiger

zu sein, wurde mit der Schaffung der Sonderform der Unternehmergesell-

schaft (haftungsbeschränkt) begegnet, deren Gründung bereits mit einem

Stammkapitaleinsatz von einem Euro möglich ist (§ 5a GmbHG)2. Die von

den Gesellschaftern einzubringenden Bareinlagen müssen, anders als vor

der Reform, darüber hinaus nach § 5 II GmbHG nur noch Nennbeträge auf-

weisen, die auf volle Euro lauten. Dadurch und durch die Möglichkeit der

Übernahme mehrerer Stammeinlagen durch einen einzelnen Gesellschafter

wurde den Teilhabern eine größere Gestaltungsfreiheit in Bezug auf ihre

1 RegE BT-Drucks. 16/6140. 2 Zirngibl, § 2, Rn. 1 ff.

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Geschäftsanteile eingeräumt3. Die Geschäftsanteile müssen in ihrer Summe

wie gehabt die Stammkapitalziffer erreichen (§ 5 III S. 2 GmbHG)4.

2. Kapitalaufbringung durch Sacheinlagen Die Erfüllung der Einlagepflicht jedes Gesellschafters muss nicht zwingend

durch Barmittel erfolgen. Sie kann gem. § 5 IV GmbHG vielmehr auch in

Form einer Sachleistung an die Gesellschaft geschehen. Eine Sacheinlage

kann im Grunde jeder Vermögensgegenstand sein; so eignen sich neben

Sachen und Immaterialrechtsgüter auch sonstige vermögenswerte Positio-

nen, sofern sie geeignet sind, der Gesellschaft eine Kapitalgrundlage zu ver-

schaffen5. Nicht sacheinlagefähig sind hingegen Forderungen der Gesell-

schaft gegen den „einlegenden“ Gesellschafter (Inferent) selbst, da derartige

Verbindlichkeiten schuldrechtlicher Natur und damit weit weniger abgesi-

chert sind als die Einlageverpflichtungen wie sie das Gesellschaftsrecht

normiert. Unzureichend gesicherte Einlagen würden sonst das Postulat der

realen Kapitalaufbringung umgehen6. Im umgekehrten Fall sind Forderun-

gen des Gesellschafters gegen die Gesellschaft als Einlageleistung grund-

sätzlich möglich7. Dienstleistungen können im Übrigen nach ausdrücklicher

Beurteilung durch den BGH nicht Gegenstand von Sacheinlagen sein8.

Die Vorgaben des Gesetzgebers zur Einbringung von Sacheinlagen zur Er-

füllung der Einlagepflicht sind auch nach der Reform weiterhin streng. Um

die Gleichwertigkeit von Bar- und Sacheinlage in jeder Hinsicht zu gewähr-

leisten, sind im Gesetz drei Prinzipien statuiert, die fest an die Kapitalauf-

bringung durch Sachleistungen geknüpft sind. Diese sind die Offenlegung

der Sacheinlagen an sich, die Prüfung der Werthaltigkeit der Einlagen und

die Haftung des Inferenten für negative Wertdifferenzen zwischen Einlage-

gegenstand und Nominalbetrag der individuellen Stammeinlage9. Konkret

muss im Gesellschaftervertrag festgeschrieben sein, wenn das Stammkapital

(zum Teil) durch Sacheinlagen erbracht werden soll und auf welchen Nenn-

betrag des Geschäftsanteils diese dann erfolgen. Die Angemessenheit des

sehr exakt zu bestimmenden Wertes der Sachleistung haben die Gesellschaf-

3 Bartl, in: Bartl/ Fichtelmann, § 5 Rn. 1; Casper, in: Ulmer (Ergänzungsband), § 5, Rn. 2. 4 Roth, in: Roth/ Altmeppen, § 5 Rn. 23. 5 Wirsch, S. 117; Fastrich, in: Baumbach, § 5, Rn. 23. 6 BGHZ 180, 38 (41); Pfisterer, in: HK Saenger, § 5, Rn. 24; zur Einlagefähig von Rück-gewähransprüchen beim Hin- und Herzahlen nach neuem GmbH-Recht sogleich. 7 Vgl. BGHZ 15, 52. 8 BGHZ 180, 38; dagegen: Märtens, in: MüKo, § 5, Rn. 122 f. 9 Priester, in: Aktuelle Tendenzen, 106 (110).

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ter in einem Sachgründungsbericht darzulegen (vgl. § 5 IV GmbH). Ent-

sprechende Belege sind darüber hinaus dem Registergericht in nachvoll-

ziehbarer Weise bei Anmeldung zum Handelsregister vorzulegen i.S.v. § 8 I

Nr. 5 GmbHG.

II. Der Cash Pool 1. Das Cash Pooling als Mittel der Konzernfinanzierung Das Cash Pooling ist ein Instrument des sog. Cash Managements und hat

seinen Ursprung, wie der Name nahe legt, im angelsächsischen Wirt-

schaftsraum. Optimierte Cash- bzw. Finanzmanagementsysteme sind fester

Bestandteil moderner Unternehmens- und Konzernverbände und ermögli-

chen i.R. eines strukturierten Finanzplans, dass das Unternehmen oder der

Unternehmensverbund einerseits stets zahlungsfähig bleibt und anfallende

Liquiditätsüberschüsse andererseits gewinnbringend angelegt werden10. Un-

ter anderem durch die Globalisierung der Märkte, die Entwicklung moder-

ner EDV-Programme zur technischen Abwicklung und besonders durch die

Einführung des Euro als Gemeinschaftswährung hat das Cash Pooling als

Instrument effizienten Finanzmanagements in den vergangenen Jahrzehnten

nicht zuletzt auch auf dem europäischen Festland erheblich an Attraktivität

gewonnen11. Die Etablierung von Cash Pools ist aufgrund der komplexen

wirtschaftlichen Verflechtungen und Abhängigkeiten zwischen verschiede-

nen Gesellschaften vor allem innerhalb von Konzernen, wie sie im Wesent-

lichen § 18 AktG definiert, praktikabel und sinnvoll12.

2. Funktionsweise von Cash Pools Beim Cash Pooling werden die Salden aller Gesellschaften innerhalb eines

Konzerns, üblicher Weise auf fortlaufender täglicher Basis, auf einem Zent-

ralkonto zusammengeführt, das von der Muttergesellschaft des Konzerns

oder einer extra dafür eingerichteten Finanzierungsgesellschaft geführt und

verwaltet wird13. Das Zentralkonto hat den Zweck, die Unterkonten der ein-

zelnen Gesellschaften am Ende eines jeden Tages gegenseitig zu konsolidie-

ren, indem Überschüsse an die Mutter- oder Finanzierungsgesellschaft14

abgeführt, debitorische Salden umgekehrt von dieser ausgeglichen werden.

10 Hangebrauck, S. 29; Vetter/ Stadler, Rn. 2 ff. 11 Hangebrauck, S. 31 f. 12 Wirsch, S. 29. 13 Vetter/ Stadler, Rn. 5;

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Bei den Unterkonten handelt es sich um (manchmal nur virtuelle) Durch-

laufkonten, die zu Beginn eines jeden Tages i.R. des sog. Zero Balancing

auf null gesetzt werden15. In der Praxis wird den Gesellschaften zur De-

ckung ihres täglichen Liquiditätsbedarfs intern ein Kontokorrentkredit ge-

währt, den sie bis zu einer festgesetzten Höhe durch Belastung ihrer Konten

in Anspruch nehmen können16. Ergibt sich am Tagesende ein Saldenüber-

schuss, wird dieser dem Zentralkonto gutgeschrieben. Je nachdem, ob sich

am Ende eines Verrechnungsintervalls ein positives oder ein negatives Sal-

do ergibt, bestehen gegenüber der Betreibergesellschaft Ansprüche oder

Verbindlichkeiten17. Der Liquiditätsüberschuss, der auf diese Weise bei er-

folgreichem Wirtschaften bei der Konzernmutter anfällt, bildet den „Cash

Pool“ des Konzerns, der für Kapitalanlagen oder Investitionen zur Verfü-

gung steht.

3. Vor- und Nachteile von Cash Pooling-Systemen Der Einsatz solcher Cash Pooling-Systemen hat im Besonderen aus be-

triebswirtschaftlicher Sicht eine Reihe erheblicher Vorteile, wodurch sich

die Popularität dieses Finanzinstruments vor allem erklärt. Dem gegenüber

stehen jedoch einige nicht zu vernachlässigende Risiken, die mit einer derar-

tigen Zentralisierung der Finanzverwaltung im Konzern verbunden sind.

Weder können alle potentiellen Vorteile eines Cash Pools immer in vollem

Umfang ausgeschöpft werden, noch lassen sich negative Auswirkungen

vollständig auf null reduzieren18. Aufgabe eines guten Cash Managements

kann es daher nur sein, die positiven Effekte auf die Finanzverfassung des

Konzerns möglichst zu maximieren und Risiken so gut es geht zu reduzie-

ren19.

a) Vorteile Die Vorteile sind mannigfaltig: zum Schutz vor Illiquidität sind Unterneh-

men angehalten, stets Liquiditätsreserven vorzuhalten – gebundenes Kapital,

das den Gesellschaften bzw. dem Konzern nicht zur flexiblen Verwendung

zur Verfügung steht und nicht zinsbringend angelegt ist. Durch die Zentrali-

14 Im Folgenden als Betreibergesellschaft bezeichnet. 15 Jäger, DStR 2000, 1653; Schneider, ZGR 1984, 497 (499). 16 Vgl. Jäger, DStR 2000, 1653. 17 Wirsch, S. 37. 18 Vgl. Burgard, VGR 6, 45 (50); Hangebrauck, S. 40 f. 19 Vgl. Wirsch, S. 44.

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sierung der Finanzreserven bei der Betreibergesellschaft kann die Höhe die-

ser Liquiditätsreserve niedriger angesetzt werden als die Summe der Liqui-

ditätsreserven der einzelnen Tochterunternehmen bei individueller Finanzie-

rung, da sich Schwankungen in der Liquiditätsversorgung bei den einzelnen

Gesellschaften im Cash Pool gegenseitig ausgleichen20. Des Weiteren fällt

die Liquiditätsbeschaffung der Konzerngesellschaften günstiger aus, da die

Versorgung durch die Betreibergesellschaft erfolgt und so die Notwendig-

keit der Einschaltung externer (zinsteurer) Geldinstitute entfällt21. Umge-

kehrt werden einzelne Liquiditätsüberschüsse der Gesellschaften von der

Betreibergesellschaft mit in aller Regel höheren Haben-Zinsen am Kapital-

markt angelegt22. Im Allgemeinen bewirkt der Volumeneffekt, der sich

durch das Auftreten als Konzern einstellt, in vielerlei Hinsicht eine Besser-

stellung am Markt und bei den Gläubigern23. Darüber hinaus bewirken die

Automatisierung und Zentralisierung von Vorgängen sowie einige steuerli-

che Vorteile teilweise erhebliche Kosteneinsparungen24. Die Straffung des

konzernweiten Finanzmanagements und dessen Konzentrierung in der Be-

treibergesellschaft erlaubt mithin auch ein effizienteres und kompetenteres

Cash Management25.

b) Nachteile Die Schattenseiten des Cash Pooling zeigen sich in Form verlorener Selb-

ständigkeit der Tochtergesellschaften26 und besonders in einem erhöhten

Insolvenzrisiko des Gesamtkonzerns, wenn eine oder mehrere abhängige

Gesellschaften in wirtschaftliche Schieflage geraten und die anderen auf-

grund der mittelbaren Abhängigkeit über die Konzernmutter mitreißen27.

Ferner bedarf ein zentraler Cash Pool eines vergleichsweise hohen bürokra-

tischen Aufwands, was sich in einer verminderten Flexibilität und Fähigkeit

zur schnellen Anpassung an Marktveränderungen widerspiegelt28.

20 Hormuth, S. 58; Cahn, ZHR 166, 278 (279 f.). 21 Fleischer, NJW 2004, 2867 (2869). 22 Vetter/ Stadler, Rn. 8; Hangebrauck, S. 41 f. 23 Vgl. Cahn, ZHR 166, 278 (280); Hormuth, S. 86; Hangebrauck, S. 42. 24 Vgl. Hangebrauck, S. 44. 25 Hormuth, S. 89; Theisen, S. 447; Wirsch, S. 49 f. 26 Vetter/ Stadler, Rn. 9; Hangebrauck, S. 47. 27 Vgl. Wirsch, S. 52 ff. 28 Hangebrauck, S. 45.

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III. Rechtliche Problematik des Cash Pooling Erklärtes Ziel des Gesetzgebers i.R. der Ausarbeitung des MoMiG war es

u.a., die Praxis des Cash Pooling auf eine sichere Rechtsgrundlage zu stel-

len29. Dementsprechend soll die rechtliche Situation der Vorgänge im Cash

Pool vor und nach der Reform eingehender beleuchtet werden.

1. Rechtslage vor Inkrafttreten der Reform In Bezug auf die Vorschriften des Gesellschaftsrechts bewegten sich kom-

plexe Cash-Management-Systeme bis zur Modernisierung des GmbH-

Rechts stets auf mehr oder weniger unsicherem Terrain, was nicht unerheb-

liche haftungsrechtliche Risiken mit sich brachte. Darlehen, die i.R. der

Kontokorrentvereinbarungen den Tochtergesellschaften zur Liquiditätsver-

schaffung gewährt wurden und dabei dem Cash Pool entstammten, konnten

im Einzelfall als verdeckte Sacheinlage oder verbotenes Hin- und Herzahlen

gewertet werden, so dass die Einlagepflicht als nicht erfüllt angesehen wur-

de und fortbestand.

a) Verdeckte Sacheinlage Eine verdeckte Sacheinlage wird immer dann angenommen, wenn die recht-

lichen Formvorschriften bzgl. Sacheinlagen dadurch umgangen werden,

dass formell eine Bareinlage vereinbart ist, nach wirtschaftlicher Betrach-

tung die Gesellschaft i.R. eines im Zusammenhang mit der Einlage verabre-

deten Gegengeschäfts jedoch einen Sachwert vom Inferenten erhält30. Bis

zur Reform hatte das Vorliegen einer verdeckten Sacheinlage im Schadens-

fall schwerwiegende Konsequenzen. Neben dem Fortbestehen der Einlage-

pflicht war der Kaufvertrag sowie das sich anschließende Verfügungsge-

schäft zwischen dem Inferenten und der GmbH gem. § 27 III S. 1 AktG ana-

log nichtig31. Darüber hinaus können sich die Beteiligten im Ernstfall (noch

immer) mit Schadensersatzforderungen nach § 9a GmbHG und sogar straf-

rechtlichen Konsequenzen gem. § 82 GmbHG konfrontiert sehen.

29 RegE BT-Drucks. 16/6140, S. 41. 30 BGHZ 173, 145; Hueck/ Fastrich, in: Baumbach, § 19, Rn. 45.

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b) Hin- und Herzahlen Als Umgehung der Kapitalerhaltungsvorschriften wurde auch das verbotene

Hin- und Herzahlen einer Bareinlage gewertet, wodurch sich die gleichen

Rechtfolgen wie bei der verdeckten Sacheinlage ergaben. Beim Hin- und

Herzahlen leistet der Gesellschafter zwar seine Geldeinlage, diese wird ihm

infolge einer vorangegangenen Abrede aber z.B. in Form einer Darlehens-

vereinbarung zurückgezahlt. So wird die Einlageverpflichtung faktisch

durch einen rein schuldrechtlichen Anspruch ersetzt. Da die darlehensweise

Liquiditätsausstattung der Gesellschaften im Cash Pool zur täglichen Praxis

gehört, erwies sich das Verbot des Hin- und Herzahlens hier als besonders

problematisch32.

c) Bewertung des Cash Pooling durch die Rechtsprechung Die allgemeine Stimmung war besonders nach dem „November-Urteil“ des

BGH vom 24.11.200333 durch ein hohes Maß an Rechtsunsicherheit ge-

kennzeichnet34. Das Urteil konstatierte ganz allgemein, dass Kreditgewäh-

rungen an Gesellschafter, sofern sie zu Lasten des gebundenen Vermögens

der GmbH erfolgten, auch dann als verbotene Auszahlung von Gesell-

schaftsvermögen zu bewerten seien, wenn ein vollwertiger Rückzahlungs-

anspruch gegen den Gesellschafter besteht. Im Jahr 2006 musste sich der

BGH dann zum ersten Mal konkret mit der Problematik der Kapitalaufbrin-

gung im Cash Pool auseinander setzen35 und stellte klar, dass auch hier ent-

gegen einiger Versuche zur Konstruktion von Cash Pool-spezifischen Aus-

nahmetatbeständen36 die allgemeinen Kapitalschutzerfordernisse bzgl. AG

und GmbH gelten. Dem BGH zufolge stellte eine einer beschlossenen Kapi-

talerhöhung entsprechende Geldeinlage in ein an einen Cash Pool ange-

schlossenes Gesellschaftskonto keine Erfüllung der Einlageschuld dar, wenn

die Einlage i.R. des Zero Balancing gleich wieder auf das Zentralkonto der

Betreibergesellschaft zurück gebucht würde. Vielmehr war hier der Tatbe-

stand einer verdeckten Sacheinlage bzw. eines unerlaubten Hin- und Her-

zahlens verwirklicht mit der Konsequenz, dass die Einlageschuld des oder

der Inferenten weiter bestand.

31 BGHZ 155, 329. 32 Komo, BB 2011, 2307 (2308). 33 BGHZ 157, 72. 34 Lieder, GmbHR 2009, 1177. 35 BGHZ 166, 8, „Cash Pool I“. 36 So z.B. Schäfer, GmbHR, 2005, 133 ff.; Ulmer, ZHR 169, 1 (3 ff.).

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Ob es sich um eine verdeckte Sacheinlage oder ein Hin- und Herzahlen

handelt, richtet sich im Wesentlichen danach, ob das interne Verrechnungs-

konto einen positiven oder negativen Saldo ausweist37. Da bei einem Nega-

tivsaldo die Gesellschaft von einer Verbindlichkeit gegenüber dem Gesell-

schafter befreit wird, handelte es sich in solch einem Fall um eine verdeckte

Sacheinlage, weil derartige Befreiungen grundsätzlich sacheinlagefähig

sind. Ein positiver oder ausgeglichener Saldo begründet einen schuldrechtli-

chen Rückzahlungsanspruch gegen den Inferenten. Dieser ist nach herr-

schender Meinung38 nicht ohne weiteres sacheinlagefähig. Ein derartiger

Anspruch entspricht (lediglich)39 nicht einer Leistung zur freien Verfügung

der Gesellschaft gleich einer Bareinlage, weshalb es sich in diesem Fall um

ein reines Hin- und Herzahlen handelt40.

Im Ergebnis machte diese Differenzierung vor der Reform jedoch keinen

Unterschied, da die Rechtsfolgen dieselben waren. Die Rechtsprechung vor

Inkrafttreten des MoMiG traf aufgrund der schlechten Vereinbarkeit mit

etablierten Cash Management-Systemen teilweise auf starke Kritik im Be-

sonderen aus dem Bereich der Rechtspraxis41, der sich der Gesetzgeber

nicht länger verschließen konnte.

2. Rechtslage seit Inkrafttreten der Reform Im Rahmen der Modernisierung des GmbH-Rechts, die mit dem Inkrafttre-

ten des MoMiG im Oktober 2008 ihren Abschluss fand, hat sich der Gesetz-

geber dieser Problematik angenommen und in § 19 Abs. 4 und 5 GmbHG

die verdeckte Sacheinlage und das Hin- und Herzahlen gesellschafterfreund-

licher gestaltet. Durch die Neuregelung wurden beide Elemente deutlicher

als zuvor voneinander abgegrenzt, was sich vor allem in den jeweiligen

Rechtsfolgen bemerkbar macht und für das Cash Pooling von besonderer

Relevanz ist42.

a) Verdeckte Sacheinlage § 19 IV GmbHG hat die verdeckte Sacheinlage erstmals legaldefiniert. Der

Gesellschafter muss zwar weiterhin seiner Einlageverpflichtung nachkom-

37 So schon vor der „Cash Pool II“-Entscheidung des BGH: Wirsch, S. 90. 38 Roth, in: Roth/ Altmeppen, § 5, Rn. 44; Hueck/ Fastrich, in: Baumbach, § 5, Rn. 24. 39 An einer Leistung zur freien Verfügung fehlt es zusätzlich auch bei der verdeckten Sach-einlage. 40 Wirsch, S. 90 41 Helmreich, GmbHR 2004, 457 ff.; Vetter, BB 2004, 1509 ff.

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men (§ 19 IV S. 1 GmbHG), im Unterschied zur alten Regelung sind der

schuldrechtliche Vertrag über die Sacheinlage und das sich anschließende

Verfügungsgeschäft jedoch nicht nichtig (§ 19 IV S. 2 GmbHG). Satz 3

bestimmt darüber hinaus, dass auf die fortbestehende Einlageverpflichtung

der Wert des bereits eingebrachten Vermögensgegenstandes im Zeitpunkt

der Anmeldung zum Handelsregister angerechnet wird. Der Inferent haftet

somit nur noch für die Wertdifferenz zwischen tatsächlich erbrachter Sach-

einlage und der angemeldeten Einlagesumme, wobei er die Beweislast für

die Werthaltigkeit des Vermögensgegenstands trägt (§ 19 IV S. 5 GmbHG).

b) Hin- und Herzahlen In § 19 V GmbHG ist nun geregelt, dass eine Einlageschuld durchaus durch

einen rein schuldrechtlichen Rückgewähranspruch erfüllt werden kann,

wenn das vor der Einlage der Leistung vereinbart wurde. Dies gilt unter der

Bedingung, dass der Anspruch vollwertig und fällig ist oder durch fristlose

Kündigung durch die Gesellschaft jederzeit fällig gestellt werden kann. Eine

derartige Abrede muss zudem bei der Anmeldung zum Handelsregister gem.

§ 8 GmbHG angegeben werden. Das Gesetz legalisiert damit den Vorgang

des Hin- und Herzahlens im Cash Pool und erfüllt so eine wichtige Forde-

rung der Cash Manager.

c) Rückwirkung der Neuregelungen Gem. § 3 IV EGGmbHG wirken die neuen Bestimmungen in § 19 Abs. 4

und 5 GmbHG auch auf Altfälle zurück, sofern nicht bereits die Unwirk-

samkeit der Einlageleistung gerichtlich festgestellt oder ein rechtswirksamer

Vergleich erzielt wurde. Damit fällt die Behandlung von Einlageleistungen

die vor Inkrafttreten des MoMiG am 01.11.2008 erfolgt sind unter das neue

Recht. Diese Bestimmung ist verfassungsrechtlich nicht unumstritten43 und

könnte im Einzelfall unwägbare Konsequenzen haben44. Der BGH bewertet

die Verfassungsmäßigkeit des § 3 IV EGGmbHG in seiner „Adcocom“-

Entscheidung vom 22.03.2010 jedoch positiv45. Er sieht in der Vorschrift

42 Komo, BB 2011, 2307 (2308 f.). 43 Fuchs, BB 2009, 170 (173 ff.); Pentz, GmbHR 2009, 505 (506 f.). 44 Vgl. Blasche, GmbHR 2010, 288 (295). 45 BGHZ 185, 44.

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lediglich eine sog. „unechte Rückwirkung“, durch die in den Schutzbereich

des Art. 14 I GG nicht unzulässig eingegriffen werde46.

d) Heilung Wurde der Tatbestand der verdeckten Sacheinlage erfüllt, kann diese unter

bestimmten Voraussetzungen nachträglich geheilt werden. Diese Möglich-

keit, die der Gesellschafter schon nach altem Recht hatte, blieb auch nach

der Reform bestehen. Auch die Mittel zur Heilung einer verdeckten Sach-

einlage sind die gleichen geblieben. Die Heilung wird verwirklicht durch die

spätere Leistung der Bareinlage, durch Verrechnung mit einer vollwertigen

Neuforderung oder indem nachträglich die Vorschriften zur Einbringung

von Sacheinlagen erfüllt werden. Nach neuem GmbH-Recht ist bei der

Überprüfung der Werthaltigkeit der Sacheinlage im Zuge der Heilung auf

den Zeitpunkt der Handelsregisteranmeldung der Bargründung bzw. der

Kapitalerhöhung abzustellen47. Die Heilung ist auch durch eine Umwid-

mung der Bar- in eine Sacheinlage in der Satzung der Gesellschaft mög-

lich48. Allerdings wird dann ein vollständiges Sachgründungsverfahren not-

wendig, einschließlich Werthaltigkeitsprüfung durch das Registergericht

und Eintragung im Handelsregister49. Nach Eintritt der Insolvenz ist eine

Heilung jedoch nicht mehr möglich, da die Verfügungsgewalt über den Ein-

lageanspruch dann auf den Insolvenzverwalter übergeht50.

3. Rechtsprechung im Lichte der Reform / „Cash Pool II“ Die gesetzlichen Neuerungen griff der BGH sogleich im MPS-Urteil vom

01.12.2012 auf51. Dort formulierte der II. Zivilsenat aufgrund der veränder-

ten Gesetzeslage eine deutliche Abkehr von der November-Entscheidung

aus 200352 und stellte im Hinblick auf die Kapitalerhaltung bei Aktienge-

sellschaft und GmbH klar, dass Rückzahlungen an Gesellschafter zulässig

sind, soweit der Rückgewähranspruch der Gesellschaft vollwertig und fällig

ist, wobei er von den Geschäftsführern der Cash Pools ein erhöhtes Maß an

ständiger Sorgfalt bei der Solvenzkontrolle ihrer Gesellschafter forderte53.

46 Kritisch dazu Haas/ Vogel, NZG 2010, 1081. 47 Wicke, GmbHG, § 19, Rn. 29. 48 BGHZ 132, 141 (150 ff.). 49 Fastrich, in: Baumbach, § 19, Rn. 66. 50 Wicke, GmbHG, § 19, Rn. 29. 51 BGHZ 179, 71. 52 BGHZ 157, 72. 53 Mülbert/ Leuschner, NZG 2009, 281; vgl. Lieder, GmbHR 2009, 1177 (1178).

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Bereits hierdurch wurde ein gehöriges Maß an Rechtssicherheit im Cash

Pool geschaffen. Ein halbes Jahr später folgte die „Cash Pool II“-

Entscheidung des BGH54. Diesem Urteil lag ein Sachverhalt zugrunde, in

welchem zwei Gesellschafterinnen im zweijährigen Wechsel die Verwal-

tung eines Cash Pools i.R. eines Cash-Management-Vertrags übernommen

hatten. Nachdem die Gesellschafterinnen in Insolvenz verfallen waren, ver-

langte der Insolvenzverwalter von deren Rechtsnachfolgerinnen die erneute

Zahlung der Einlagen i.H.v. insgesamt über 2.000.000 Euro mit der Begrün-

dung, diese seien nicht wirksam erbracht worden.

Der BGH würdigte in seiner Entscheidung zum einen die Tatsache, dass

Einlagen, die in den Cash Pool fließen nicht automatisch zur Umgehung der

Kapitalaufbringungsvorschriften führen, indem er differenzierte und der den

Cash Pool zum Zeitpunkt der Weiterleitung nicht verwaltenden Gesellschaf-

terin eine wirksame Einlageleistung bescheinigte, der anderen, dann ge-

schäftsführenden Gesellschafterin, hingegen nicht. Zum anderen arbeitete

auch der BGH den Unterschied zwischen verdeckter Sacheinlage und dem

u.U. unerlaubten Hin- und Herzahlen heraus55: insoweit der Saldo im Cash

Pool zu Lasten der GmbH negativ ist, läge also durch die Einlageleistung

eine verdeckte Sacheinlage des Inferenten in Form der Befreiung von der

Rückzahlungspflicht vor, wobei die nach § 19 IV S. 1 GmbHG erforderliche

Abrede im Cash-Management-Vertrag zu sehen sei. Bei ausgeglichenem

oder positivem Saldo handele es sich um ein reines Hin- und Herzahlen, da

die Gesellschaft i.R. des Zero Balancing den Einlagebetrag absprachegemäß

gleich wieder an den Inferenten zurück fließen lässt und ihm somit ein Dar-

lehen gewährt. Sofern dies nicht durch eine die Einlagepflicht substituieren-

de Vereinbarung mit den Qualitäten i.S.v. § 19 V GmbHG besichert ist, sei

dieses Hin- und Herzahlen nicht erlaubt56.

4. Weitere Entwicklung In der weiteren Entwicklung wurden diese Prinzipien auf das Aktienrecht

übertragen. Durch das Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrichtlinien (A-

RUG) vom 30.07.2009 wurden die Institute der verdeckten Sacheinlage und

des Hin- und Herzahlens entsprechend in das Aktiengesetz übernommen57,

54 BGHZ 182, 103. 55 Vgl. Wirsch, S. 90, siehe oben II.3.a)cc). 56 Vgl. Komo, BB 2011, 2307 (2309 f.). 57 § 27 Abs. 3 und Abs. 4 AktG.

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so dass es auch dort zur Liberalisierung der Kapitalaufbringungsregeln ge-

kommen ist. Die Rechtfolgen entsprechen denen des GmbH-Rechts mit der

Einschränkung, dass die Vorschriften über die Nachgründung der Aktienge-

sellschaft die Vorschriften über die verdeckte Sacheinlage nach § 27 III

AktG überlagern, wenn das Einlagengeschäft in den Anwendungsbereich

des § 52 AktG fällt58.

Infolge der Neuregelungen des ARUG übertrug der BGH im Frühjahr 2010

dann die im „Quivive“-Urteil für die GmbH entwickelten Grundsätze zur

Bestimmung der Sacheinlagefähigkeit auf das AG-Recht. Der II. Zivilsenat

des BGH stellte klar, dass Gegenstand einer verdeckten Sacheinlage nur

sacheinlagefähige Leistungen sein können. Dienstleistungen können dem-

nach infolge von § 27 II Hs. 2 AktG auch im Aktienrecht nicht Gegenstand

verdeckter Sacheinlagen sein. Nicht von § 27 II AktG erfasst sind laut BGH

allerdings Dienstleistungsverträge zwischen Aktionären und Gesellschaft59.

IV. Kritische Würdigung der neuen Rechtlage Der Gesetzgeber hat die Zeichen der Zeit erkannt und mit dem Gesetz zur

Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen

einen auf vielen Feldern gelungen Versuch unternommen, der finanzwirt-

schaftlichen Realität mit einem angepassten GmbH-Recht zu entsprechen60.

Dem i.R. der EU-weiten Niederlassungsfreiheit entstandenen Wettbewerb

zwischen den verschiedenen europäischen Gesellschaftsformen wurde mit

einem flexibleren und beschleunigten Verfahren zur Unternehmensgrün-

dung begegnet. Speziell der englischen Limited wurde mit der Schaffung

der haftungsbeschränkten Unternehmergesellschaft ein taugliches Äquiva-

lent entgegen gestellt.

Im Hinblick auf die Vorgaben zur Konzernfinanzierung erscheinen die Neu-

erungen ebenfalls dogmatisch schlüssig und an der wirtschaftlichen Realität

orientiert, indem auf die vorangegangene Rechtsprechung reagiert und das

Cash Pooling in Form des § 19 Abs. 4 und 5 GmbHG ausdrücklich erlaubt

wurde. Anlass zur Kritik gibt es in der Literatur dennoch.

58 Herrler/ Reymann, DNotZ 2009, 914 (920). 59 BGHZ 184, 158; Priester, DNotZ 2010, 462. 60 Entsprechend Lieder, GmbHR 2009, 1177 (1179); Komo, BB 2011, 2307 (2312).

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1. Praxistauglichkeit der Lösungen von Gesetzgeber und Rechtspre-chung So sei es den Beteiligten in der Wirtschaftspraxis i.d.R. nicht möglich abzu-

schätzen, ob es sich bei der gewählten Form der Kapitalaufbringung im Ein-

zelfall um eine Sacheinlage oder ein Hin- und Herzahlen nach der vom

BGH im „Cash Pool II“-Urteil vorgenommenen Abgrenzung mit den ent-

sprechenden Rechtfolgen handele. Ob sich das Zentralkonto eines Cash

Pools zu einem bestimmten Zeitpunkt im Soll oder im Haben befindet, hän-

ge oft von Zufällen ab und sei deshalb bei der Anmeldung nicht vorherseh-

bar61. Damit könnten sich die Beteiligten überhaupt nicht rechtmäßig ver-

halten und würden sich zivilrechtlichen Haftungsansprüchen und schlimms-

ten Falls strafrechtlicher Verfolgung nach § 82 GmbHG ausgesetzt sehen62.

2. Anrechnungslösung im Fokus der Untersuchung In Hinsicht auf den neuen § 19 IV S. 3 GmbHG ist sowohl über die dogma-

tische Herleitung der Norm63 als auch über die Frage des Anrechnungsge-

genstands eine lebhafte Diskussion entstanden64. Im Allgemeinen wird dis-

kutiert, ob die Wertanrechnung der verdeckten Sacheinlage eine Leistung an

Erfüllungs Statt ist oder einen Unterfall der Vorteilsausgleichung nach §

326 II S. 2 BGB darstellt65. Der BGH hat sich zu diesen Fragen nicht geäu-

ßert. Die Auseinandersetzung damit bleibt mangels praktischer Relevanz

wohl eher theoretischer Natur.

3. Offenlegungspflicht in der Kritik Auf verbreitete Kritik trifft auch die Auffassung des BGH, eine zulässige

Einlagenrückgewähr bedürfe einer Offenlegung in der Anmeldung beim

Handelsregister i.S.v. § 19 V S. 2 i.V.m. § 8 GmbHG. Vorgebracht wird,

dass sowohl Wortlaut als auch Gesetzessystematik sowie die Teleologie der

Norm dagegen sprächen. Die Aufteilung der Vorschrift in zwei Sätze bele-

ge, dass die Angabe der Rückzahlung nach § 8 GmbHG keine Tatbestands-

voraussetzung und damit nicht konstitutiv sei66. Herausgehoben wird ferner,

dass die Offenlegung für den Gläubigerschutz keine relevante Bedeutung

61 Komo, BB 2011, 2307 (2312); sehr kritisch dazu Altmeppen, NZG 2010, 441 (443). 62 Altmeppen, NZG 2010, 441 (443 f.). 63 Vgl. hierzu Maier-Reimer/ Wenzel, ZIP 2009, 1185 ff.. 64 Anm. Hangebrauck, DZWIR 2009, 476 (477). 65 Ulmer, ZIP 2009, 293 ff. 66 Lieder, GmbHR 2009, 1177 (1179).

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habe67. Die Einlageschuld sei nur dann beglichen, wenn alle Voraussetzun-

gen vorlägen, unabhängig davon, ob dies in der Anmeldung offengelegt

wurde oder nicht. Des Weiteren sei die Offenlegung einer verdeckt einge-

brachten Sacheinlage für die Wirksamkeit einer anteiligen Anrechnung nach

§ 19 IV S. 3 GmbHG keine materielle Voraussetzung. Es sei nicht ersicht-

lich, warum im Fall von § 19 V GmbHG von diesem Grundsatz abgewichen

werde68. Kritisiert wird ferner, dass es dem Gesetzgeber durch den neuen §

19 V GmbHG nicht gelungen sei, die Regelung eindeutig und unmissver-

ständlich zu gestalten. Eine Offenlegung des Hin- und Herzahlens in der

Form wie sie der BGH verlangt, sei, jedenfalls im Hinblick auf die sich er-

gebenden Rechtsfolgen bei mangelhafter Aufdeckung, vom Gesetzgeber

nicht intendiert gewesen69.

V. Der Cash Pool in der Praxis – Lösungsmöglichkeiten Die Betrachtung der aktuellen Situation nach der GmbH-Reform zeigt, dass

sich die Lage für Cash Pool-Systeme durch mehr Rechtssicherheit im All-

gemeinen verbessert hat. Die rechtlichen Unwägbarkeiten solcher Systeme

im Rahmen der Kapitalaufbringung und -erhaltung sind aber keineswegs

vollständig ausgeräumt. Um Haftungsansprüchen oder schlimmerem auf-

grund unvorteilhaft gepoolter Kapitalströme vorzubeugen, können Konzerne

im Vorfeld Maßnahmen ergreifen, die den Erfordernissen eines modernen

Cash Managements entsprechen und sich mit der Rechtslage arrangieren

lassen.

1. Externes Einlagenkonto Eine solche Maßnahme besteht in der Einrichtung eines vom Cash Pool se-

parierten Einlagensonderkontos. Die Inferenten leisten ihre Einlagen auf

dieses Konto. Durch die fehlende Einbindung in den Cash Pool wird ge-

währleistet, dass die Einlagemittel von den im Cash Pool zirkulierenden

Geldern getrennt gehalten werden und ein problematischer Rückfluss unter

dem Aspekt der verdeckten Sacheinlage oder des Hin- und Herzahlens ver-

mieden wird. Trotzdem steht die Liquidität des Sonderkontos dem Konzern

zur operativen Verwendung weiter zur Verfügung70.

67 Altmeppen, ZIP 2009, 1545 (1548). 68 Lieder, GmbHR 2009, 1177 (1180); Zabel, DZWIR 2010, 359 (360 ff.). 69 Vgl. Altmeppen, ZIP 2009, 1545 (1548). 70 Theusinger, NZG 2009, 1017 (1018).

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Im Anschluss an und in Hinblick auf das „Rheinmöve“-Urteil des BGH71

wurde diese Lösung allerdings kritisch beäugt. In der Entscheidung wurde

festgestellt, dass es für das Vorliegen einer verdeckten Sacheinlage unerheb-

lich sei, ob die Einlageleistung mit den zurückfließenden Mitteln identisch

ist. Die Kritiker argumentieren in diesem Zusammenhang, dass die Gefahr

bestünde, die Liquiditätsversorgung des Inferenten aus dem Cash Pool kön-

ne aus diesem Grund als verdeckte Sacheinlage gewertet werden, wobei die

Abrede, die Kapitalaufbringungsvorschriften zu umgehen aufgrund der

Cash Pool-Vereinbarung vermutet werde. Dies zu widerlegen sei nur mög-

lich, indem nachweislich belegt würde, dass mit Zahlungen aus dem Pool an

den Inferenten nicht zu rechnen gewesen sei. Einen solchen Nachweis zu

erbringen sei in der Praxis allerdings kaum möglich72. Gegen diese Auffas-

sung wird vorgebracht, dass die Anforderungen an die Umgehungs-Abrede

zu stark herabgesetzt würden73. Dieser Ansicht ist zuzustimmen. Die Inten-

tion hinter den Instituten der verdeckten Sacheinlage und des verbotenen

Hin- und Herzahlens ist es, eine Umgehung der Kapitalaufbringungsvor-

schriften zu vermeiden und zu sanktionieren; jedoch nicht, jeden Leistungs-

austausch zwischen Gesellschaft und Inferent im Zusammenhang mit der

Einlageleistung grundsätzlich zu untersagen. Die Vorgaben des BGH bzgl.

der Umgehungs-Abrede lassen sich mithin nicht auf die bloße Nutzung ei-

nes Cash Pools reduzieren, sondern verlangen nach einem Gegengeschäft,

das auf den Mittelrückfluss abzielt. Folglich ist es möglich, der besonderen

Cash Pool-Problematik zu entgehen, indem die Gesellschafter-Einlagen auf

einem Sonderkonto ausgelagert werden.

2. Externe Cash Pool-Verwaltung Eine weitere Möglichkeit der Problematik zu entgehen besteht darin, im

Hinblick auf die Urteilsbegründung von „Cash Pool II“ zu beachten, dass

die Gesellschafter keine Verfügungsgewalt über das Zentralkonto des Cash

Pools haben. Die Einlageleistungen der nicht verfügungsbefugten Inferenten

werden somit weder als verdeckte Sacheinlage noch als verbotenes Hin- und

Herzahlen qualifiziert74.

71 BGHZ 175, 265. 72 Bormann, DStR 2009, 641 (644). 73 Theusinger, NZG 2009, 1017 (1019); Märtens, in: MüKo GmbHG, § 19, Rn. 194; Komo, BB 2011, 2307 (2313).

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3. Virtuelles Cash Pooling Eine Alternative zum faktischen Cash Pooling, wo durch das Zero Balan-

cing ein täglicher Saldenausgleich der Gesellschaftskonten auf Basis von

realen Liquiditätszu- und -abflüssen stattfindet, ist das rein virtuelle Cash

Pooling. Hierbei erfolgt keine Darlehensgewährung der Gesellschaft an ihre

Gesellschafter, sondern die Salden der am Cash Pool teilnehmenden GmbHs

werden durch die Bank nur rechnerisch zusammengefasst. Die sich so erge-

bende Summe wird bei positivem Gesamtsaldo verzinst. Bei negativem Ge-

samtsaldo stellt die Bank Zinsen in Rechnung. Sofern die am Cash Pool

beteiligten Tochtergesellschaften einen Liquiditätsbedarf anmelden, wird

dieser durch die Bank befriedigt. In der Praxis werden derartige Kredite

üblicher Weise nur gewährt, wenn die Unternehmen im Gegenzug entspre-

chende Sicherheiten bieten können. Da eine tatsächliche Zirkulation von

Barmitteln nicht erfolgt, ergeben sich die Probleme der verdeckten Sachein-

lage und des Hin- und Herzahlens hier typischer Weise nicht75.

4. Einhaltung der Vorschriften des § 19 Abs. 4 und Abs. 5 GmbHG Stehen die benannten Optionen nicht zur Disposition, bleibt nur, sich mit

den Vorschriften des § 19 Abs. 4 und 5 GmbHG auseinanderzusetzen und

sich entsprechend einzustellen.

Maßgeblich für den rechtssicheren Betrieb eines klassischen Cash Pools ist

dabei der Saldo der Gesellschaft im Pool zum Zeitpunkt der Weiterleitung

des Einlagebetrags auf das Zentralkonto. Wie von der Rechtsprechung dar-

gelegt76, sind bei einem negativen Saldo der GmbH die Vorschriften des §

19 IV GmbHG einschlägig. Bei ausgeglichenem oder positivem Saldo gilt §

19 V GmbHG.

Bei debitorischem Saldo ist fraglich, in welcher Höhe der Wert der Einlage-

leistung auf die bestehende Forderung der Gesellschaft angerechnet werden

kann. Das bestimmt sich danach, ob die Verbindlichkeit der GmbH gegen-

über dem Zentralkonto, welche durch die Weiterleitung der Einlageleistung

getilgt werden soll, vollwertig ist. Voraussetzung für diese Vollwertigkeit ist

die Solvenz der Gesellschaft im Zeitpunkt der Einlageleistung.

Eben hier muss die Handhabung des Cash Pools ansetzen, indem sicherge-

stellt wird, dass die GmbH zur rechten Zeit solvent ist. Nur so befreit sich

74 Komo, BB 2011, 2307 (2313). 75 Grothaus/ Haberkamp, GmbHR 2005, 1317 (1322 f.); Arens, GmbHR 2010, 905 (909).

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die Gesellschaft von der vollwertigen Verbindlichkeit gegenüber dem Zent-

ralkonto und der volle Nominalbetrag der Verbindlichkeit der Gesellschaft

wird auf die Einlagepflicht des Inferenten angerechnet.

Weist das Konto der GmbH einen positiven Saldo auf, ist § 19 V GmbHG

einschlägig und es sind die entsprechenden formellen Bedingungen zu erfül-

len: die Weiterleitung der Einlageleistung auf das Zentralkontos des Cash

Pools muss im Vorfeld zwischen Inferent und GmbH vereinbart werden; die

Weiterleitung muss i.S.v. § 19 V S. 1 GmbHG durch einen vollwertigen,

jederzeit fälligen oder durch Kündigung jederzeit fällig stellbaren Rückge-

währanspruch vertraglich besichert sein; die Vereinbarung muss gem. § 19

V S. 2 i.V.m. § 8 GmbHG im Handelsregister eingetragen und die entspre-

chenden Nachweise über Liquidität und Vollwertigkeit des Rückgewähran-

spruchs müssen auf Verlangen des Registergerichts erbracht werden77.

C. Schlussbetrachtung

Die Zielvorgabe des Gesetzgebers war klar: „Das Gesetz betreffend die Ge-

sellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) soll grundlegend moderni-

siert und zugleich dereguliert werden. Existenzgründungen sollen erleichtert

und die Registereintragung von GmbHs beschleunigt werden. Die GmbH

soll international wettbewerbsfähig sein. Missbrauchsfälle am Ende des Le-

bens der GmbH sollen bekämpft werden.“78 So kurz und schnörkellos

brachte es der Regierungsentwurf zum MoMiG auf den Punkt. Das herge-

brachte GmbH-Recht konnte den Anforderungen der betriebswirtschaftli-

chen Realität im 21. Jahrhundert nicht mehr entsprechen. In Zeiten von

„Konzernclearing“, „Upstream Loans“ und „Cash Pools“ im globalen

Spektrum stellte es sich zu oft als unflexibel und im internationalen Ver-

gleich als zu wenig konkurrenzfähig dar. Daneben herrschte durch die

schwerwiegenden Rechtsfolgen bei Fehlern im Zuge der Kapitalaufbringung

bei Gesellschaftsgründungen ein hohes Maß an Rechtsunsicherheit. Einlage-

leistungen, die sich in rechtlicher Hinsicht als Sacheinlagen darstellten und

dabei nicht vollständig den diesbezüglichen strengen Anforderungen ent-

sprachen, führten im Insolvenzfall regelmäßig dazu, dass die Gesellschafter

ihre Einlagen erneut in voller Höhe zu leisten hatten. Dieselben Konsequen-

76 BGHZ 182, 103. 77 Komo, BB 2011, 2307 (2314).

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zen hatten jene zu fürchten, die sich Geld von ihren Gesellschaften im Rah-

men einer Darlehens- oder Treuhandvereinbarung o.ä. zurückholten. Mit

diesem Totalverbot des Hin- und Herzahlens hat das MoMiG aufgeräumt.

Für Konzerne mit unternehmensübergreifenden Cash Pool-Systemen war

die Situation vor der Reform wegen des täglichen Saldenausgleichs beson-

ders prekär. In seinem ersten Cash-Pool-Urteil zeigte der BGH nur wenig

Verständnis für die „ökonomisch sinnvollen“79 Belange des Cash Manage-

ments, wobei er aber in seiner Rechtsauslegungskompetenz durch die Ge-

setzeslage entsprechend begrenzt war. Die neuen Vorschriften in § 19 Abs.

4 und Abs. 5 GmbHG schaffen Klarheit und erleichtern das Cash Pooling in

rechtlicher Hinsicht zweifelsohne. Dennoch ist die Kritik an den unverän-

dert strengen formalen Voraussetzungen nicht unbegründet. Bei unablässig

zirkulierenden Kapitalströmen in immer globaler und komplexer arbeiten-

den Konzerngebilden ist es kaum möglich, stets mit Sicherheit die Salden

der Gesellschaften zu einem bestimmten Zeitpunkt korrekt zu antizipieren.

Die registergerichtliche Offenlegung beim Hin- und Herzahlen hat für den

Gläubigerschutz keinen materiellen Mehrwert und erhöht in erster Linie den

Verwaltungsaufwand. Die positiven Effekte der neuen Kapitalaufbrin-

gungsvorschriften beschränken sich damit weitgehend auf die Rechtsfolgen

bei Verstößen. Unternehmen oder Unternehmensverbünde, die ihr Finanz-

management über Cash Pools abwickeln, sind deshalb auch nach Inkrafttre-

ten des MoMiG keinesfalls freigestellt, ihre Liquiditätsüberschüsse nach

Belieben von A nach B (und zurück zu C) zu verschieben.

Was bleibt, ist, sich mit der Rechtslage zu arrangieren und das eigene Cash

Management entsprechend anzupassen. Die Praktikabilität der aufgezeigten

Alternativen ist dabei allerdings nicht immer gewährleistet. Der bürokrati-

sche Aufwand, in etwa durch eine Auslagerung der Cash Pool-Verwaltung,

kann besonders in kleineren Unternehmen den Nutzen des Cash Pools

schnell übersteigen.

Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit des § 3 IV EGGmbHG bleibt indes-

sen offen. Zwar ist der Beschluss des BGH bzgl. des Umgangs mit Altfällen

eindeutig, eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht in naher Zukunft

könnte jedoch Klarheit schaffen und wäre daher begrüßenswert.

78 RegE BT-Drucks. 16/6140, S. 1. 79 RegE BT-Drucks. 16/6140, S. 91.