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Sichere Existenz ist 14 Natürlich | 6-2005

Sichere Existenz ist - Natuerlich Online · 2015. 9. 1. · pflicht der Holzart und -herkunft. Gemäss einer Studie stammen nämlich acht Prozent des importierten Holzes aus dubio-sen

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Page 1: Sichere Existenz ist - Natuerlich Online · 2015. 9. 1. · pflicht der Holzart und -herkunft. Gemäss einer Studie stammen nämlich acht Prozent des importierten Holzes aus dubio-sen

Sichere Existenz ist

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Reportage NATUR

Wie Adern durchziehen roteLinien den grünen Tep-pich. Immer weiter drin-gen sie vor in den unweg-

samen Dschungel. Es sind die Schneisen,auf denen Edelhölzer aus dem Urwalddes Kongobeckens transportiert werden:Ayus, Sapelli, die rote Doussié und vieleandere Arten. Wie Ameisen bewegen sichdie Lastwagen in Richtung Westen zurkamerunischen Hafenstadt Douala: em-sig, stetig und unaufhaltsam. Sie tragendas hölzerne Gold hinaus und derenChauffeure Geschlechtskrankheiten indie Gegend hinein. Vor allem Aids breitetsich entlang der Holztransportroutenschnell aus.

Wilderer folgen den HolzfällernZu verdienen ist viel Geld. Auf 900 Millio-nen Euro wird alleine in Kamerun der Wertdes ausgeführten Holzes geschätzt. DiesenKuchen teilen internationale Holzbau-firmen unter sich auf. Auch ein schweize-risches Unternehmen ist dabei. Die FirmaCongolaise industrielle des Bois (CIB)gehört zur tt Timber International AG.Allerdings: Sie schlägt ihre Hölzer imKongo und verschifft sie nur in Kamerun.

Den neuen Fahrwegen folgen Siedlerund schlimmer – Wilderer. Die Flächen,wo Waldelefanten, Gorillas und ihre Ge-fährten im Dschungel ungestört lebenkönnen, werden immer kleiner.

Es ist ein Geschäft zum Wegschauen.Etwas das sowohl Holzverarbeiter wieauch Konsumenten jahrzehntelang taten.

Denn sie kauften die Tropenhölzer undförderten damit die Abholzung.

Langsam jedoch ändert sich deren Ein-stellung. Das vom World Wide Fund forNature (WWF) unterstützte Label FSC(Forest Stewardship Council) gewinnt anBedeutung. Das haben die Holzfirmen zuspüren bekommen. Sie standen plötzlichvor der Türe des WWF und fragten: «Wasmüssen wir tun, um das FSC-Label zu er-halten?» Einer von ihnen ist Guy Decol-venaere, Direktor der Société forestière et

der beste WildschutzAuch aus Afrika sind bald Tropenhölzer mit dem FSC-Label

erhältlich. Bevölkerung und Wildtiere profitieren gleichermassen.

Das zeigt ein Beispiel aus Kamerun.

Text und Fotos: Martin Arnold

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Auch die Firma Vasto Legnomöchte längerfristig unter dem

FSC-Label produzieren.

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ReportageNATUR

industrielle de la Lokoundje. Der Mannerweckt nicht den Anschein eines Natur-freundes, aber den eines tüchtigen Ge-schäftsmannes, der weiss, woher der Windweht. Und der hat gedreht. Vorbei sind dieZeiten, wo schwere Baumaschinen wahl-los ganze Wälder umsäbelten und dabei –en passant als Kollateralschaden – Dörferder Baka zerstörten. Die Baka sind einhalbnomadisches Volk, das bis vor kurzemautochthon in den Wäldern des Kongo-Bassins lebte.

Umweltschutz mit ComputertechnologieDie Société forestière et industrielle de laLokoundje steht als erste afrikanischeFirma kurz vor der Anerkennung alsFSC-Produzent. Der HolzkonzessionärDecolvenaere nimmt nun teil am Kampfgegen die Wilderei. Schliesslich öffnendie für den Holztransport in den Urwaldgeschlagenen Pisten den Wilderern denWeg. Es gibt die kommerzielle Jagd, dieWilderei und die Jagd der Einheimischennach Fleisch, dem so genannten «Bush-meat». Um die private Jagd zu verhin-dern, fördert die Firma die Tierhaltung,finanziert Schutzimpfungen auch bei denNutztieren und richtet im Dorf, wo ihreBeschäftigten wohnen, einen Laden undeine Metzgerei ein. Ausserdem stellen dieBelgier der einheimischen Bevölkerung

das Abfallholz zur Verfügung, das sie sel-ber auf dem einheimischen Markt ver-kaufen.

Auch auf der technischen Ebene gibt esNeuerungen. Die zwei Konzessionsgebietein der Grösse von 130 000 Hektaren müs-sen in Planquadrate von je 2300 Hektarenaufgeteilt werden. Jedes Jahr wird in einemsolchen Quadrat Holz geschlagen. DankGPS, der satellitengestützten Positions-berechnung, kann sehr exakt gearbeitetwerden. Bei der Vorsondierung bestimmendie Arbeiter die Position des zu fällendenBaumes genau und die Fällequipe wirdauch noch Monate später den richtigenBaum wiederfinden und sägen.

2 gefällte Bäume pro HektarIsaac Ayche, Verantwortlicher vor Ort,untersucht mit seinem Team jedes Ein-schlaggebiet genau. Gibt es ökologischsensible Zonen wie zum Beispiel Ele-fantenpfade, werden sie ausgeschiedenund nicht tangiert. Bäume mit weissemHolz müssen an der Schnittstelle einenDurchmesser von mindestens einem Me-ter haben, jene mit rotem Holz sind sogarnoch dicker. Es werden demnach nuralte Bäume geschlagen, damit die natürli-che Verjüngung gewährleistet bleibt. Erstnach Ausarbeitung dieses Management-planes kann mit der Jahresarbeit begon-nen werden. Es dürfen pro Hektaren

durchschnittlich 2 Bäume gefällt werden.Früher operierten die Konzessionärenach ihrem Gusto, heute müssen sie Qua-drat um Quadrat bearbeiten.

Auch die Behörden haben vor 4 Jah-ren neue Regeln eingeführt. Konzessio-nen werden heute für einen längerenZeitraum ausgestellt, dafür aber an Bedin-gungen geknüpft. Für die Konzessionund für jeden gefällten Baum zahlt Decol-venaere Steuern. Die Hälfte bleibt beider Zentralregierung in Yaoundé, vierzigProzent bekommt die Region und zehnProzent der Bezirk.

Ein ähnliches System gibt es bei derJagd, denn ein Teil der Holzkonzessions-gebiete dient der Sportjagd. Zehn Prozentdes Erlöses fliessen ebenfalls an den Be-zirk. Zusätzlich haben die Gemeindeneigene Jagdgebiete. Sie nutzen sie selberoder geben sie ebenfalls für die Sportjagdfrei. Diese Einnahmen fliessen zu hundertProzent an die Kommune, wie im DorfMambele unweit der Grenze zu Kongo-Brazzaville.

Tierschutz ist auch MenschenschutzFür die Verwendung aller dieser Gelderwerden Komitees zusammengestellt. Siestellen eine Liste der notwendigen An-schaffungen zusammen. Die Wünschesind vielfältig und bescheiden: ein Brun-nen oder eine Wasserfassung mit Filter,Medikamente für den Gesundheitspos-ten, eine menschenwürdige Unterkunftfür die Lehrer, Unterstützung für eineBaumschule, damit jede Familie ihr eige-nes Palmöl produzieren kann, oder eineInformationsveranstaltung mit Gesund-heitsscouts über die grossen Plagen derGegend: Malaria, Durchfallerkrankungenund Aids.

Weiblicher Gesundheitsscout klärt über die Benutzung von Kondomen auf.

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Der WWF unterstützt diese Aktivi-täten. Olivier van Bogaert, Pressesprechervon WWF international: «Man kannkeine Tiere retten, ohne ihren Lebens-raum zu schützen. Dazu gehören auch dieMenschen, ob Baka oder Neueinwande-rer. Je besser ihre Situation ist, desto we-niger sind sie gezwungen, die natürlichenRessourcen auszubeuten.»

Eine gesicherte Existenz ist der besteWildschutz, denn früher liessen sich vieleBakas dazu hinreissen, für Trophäenjägerzu arbeiten und sich mit Elefantenfleischbezahlen zu lassen. Andere Wilderer hat-ten es nicht nur auf die Stosszähne abge-sehen. Wie früher Desiré Dontego. «Ichwar eine Killermaschine», sagt er. «Mehr-mals wöchentlich machte ich eine Expe-

dition und brachte 2 tote Elefanten mit.Es waren bis zum Schluss Hunderte.»

Dontego verwertete die Tiere kom-plett und zahlte seinen Helfern einenMinimallohn. Er verdiente monatlich500 Euro – das Zehnfache eines durch-schnittlichen Einkommens.

Vom Saulus zum PaulusEin amerikanischer Biologe und eine in-nere, von seinem Glauben geleiteteStimme sagten ihm irgendwann: «Auchein Elefant hat ein Recht zu leben.» Erkonnte sich nicht mehr im Spiegel an-schauen, hörte mit seinem blutigenHandwerk auf, hatte einen Rückfall undwurde dabei von einem Tier fast getötet.Heute arbeitet er für den WWF im CampCombo. Von hier aus werden die Akti-vitäten der Wildhüter im NationalparkLobéké koordiniert. Der WWF hat dabeidie Funktion einer Parkbehörde. Zusam-men mit den Nationalpärken DzangaSangha (Zentralafrikanische Republik)und Nouabale Ndoki (Kongo-Brazza-ville) bildet der Lobéké-Nationalpark denso genannten Tri-National de la Sangha(TNS). Die Kernzone hat eine Grösse von7500 Quadratkilometern. Er wird seiteiniger Zeit von siebzig Parkwächternbewacht. Alleine ihre Präsenz habe Wil-derer bereits abgeschreckt. Das behauptetzumindest Alfred Voumia, der mit vierKollegen auf dem Grenzfluss Sanghapatrouilliert. «Wir sind schlecht ausge-rüstet», klagt er. «Zumindest sollten wireinen 2. Motor und richtige Waffen ha-ben. Schliesslich sind alle Wilderer be-waffnet.»

Am Vortag haben die 4 ein Antilopen-fell und heute ein lebendes Krokodil kon-

Petition gegen illegale HolzeinfuhrDer World Wide Fund for Nature (WWF) wareine treibende Kraft bei der Organisation desYaoundé-Gipfeltreffens vor fünf Jahren. Da-mals wurde in der Hauptstadt von Kamerunerstmals auf höchster Ebene über den Schutzdes Kongo-Beckens debattiert. Auf demFolgetreffen in Kongo-Brazzaville im Februardieses Jahres waren erstmals auch UNO-Generalsekretär Kofi Annan und der französi-sche Staatspräsident Jacques Chirac dabei.Die beiden unterstreichen damit die Bedeu-tung eines nachhaltigen Schutzes des zweit-grössten Regenwaldes auf der Erde. Betroffensind die Länder Kamerun, Äquatorialguinea,Gabun, die Republik Kongo (Kongo-Brazza-ville), die Demokratische Republik Kongo unddie Zentralafrikanische Republik. Ein grossesProblem in allen Ländern ist neben der Wilde-rei der illegale Holzschlag. Mit der Petition«Keine Chance dem Raubbau-Holz!» will nun

der WWF gegen die Einfuhr und Verwendungvon illegal gefälltem Holz in der Schweiz vor-gehen. Dabei fordert er eine Deklarations-pflicht der Holzart und -herkunft. Gemäss einer Studie stammen nämlich achtProzent des importierten Holzes aus dubio-sen undeklarierten Quellen. Neben demKongobecken ist der illegale Holzschlag auchin verschiedenen anderen afrikanischenLändern ein Problem. In Nigeria erreicht er90 Prozent. Nach dem nun Asien fast kahlgeschlagen ist, deckt China seinen enormenHolzhunger vermehrt in Afrika. Das Reich derMitte schert sich dabei wenig um korrektabgebautes Holz. Auch in Lateinamerika istund bleibt die Vernichtung des Regenwaldesein Problem. Dort geht es allerdings nicht nurum den Export von Edelhölzern, sondern umKahlschlag für Rinderweiden oder den Soja-anbau. ma

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WWF-Parkwächter in Lobeke: Wenig Personalund bescheiden ausgerüstet. Aber die Aussichtauf Gefängnisstrafe schreckt Wilderer ab

Kleine Einkommensmöglichkeit für die Frauen von Mambele: Mit Fangsieben und Macheten auf Crevettensuche.

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fisziert. Wer in Kamerun beim Wildern er-wischt wird, muss in einem schweren Fallmit mehreren Monaten Gefängnis rechnen.

Elefanten bestimmen die AbholzpläneEinige Kilometer weiter südlich liegtDjembe, eine weitere Basis des WWF.Hier arbeitet Theodor Milong. Er nenntdiesen Ort Elefanten-Metropolis, weilsich in der näheren Umgebung fünfzigder selten gewordenen Waldelefantenaufhalten. Abends nach Einbruch derDämmerung kommen einige der Dick-häuter nach Djembe, um sich am Bam-bus, der hier wächst, gütlich zu tun. 7von ihnen sind mit einem Funkhalsbandausgerüstet. Diese geben Auskunft überden Lebensradius der Dickhäuter. Ein

Tier hält sich jeweils in einer Gruppe mitetwa 8 Artgenossen auf.

Eine dieser Gruppen streift dauerhaftin einem Umkreis von nur 5 Kilometernumher. Eine andere Gruppe hat innerhalbweniger Tage 130 Kilometer zurückgelegtund bewegt sich auf einer Fläche vonmehreren hundert Quadratkilometern.

Die Informationen über die Bewegun-gen der Elefanten haben bereits Konse-quenzen für die Holzfirmen, denn es wur-den zusätzliche Elefantenpfade mit ihrerUmgebung aus den Abholzplänen ver-bannt. Dass damit unter Umständen nochweniger geschlagen werden darf, störtLeute wie Decolvenaere kaum. Sie sindohnehin nur am allerbesten Holz interes-siert, das sie dank FSC möglicherweisebald auch teurer verkaufen können, wasdie Wertschöpfung erhöht.

Wilderer verlierenUnterstützung im VolkDie Unkosten sind enorm. Die 120 EuroMonatslohn, welche ein Arbeiter kassiert,sind dabei noch zu vernachlässigen. Auchdie Sägerei, die jeder Holzhändler auf-bauen muss, ist kein sehr belastenderKostenfaktor. Teuer ist der Strassenbau,um die geschlagenen Hölzer aus demWald zu transportieren. Ein Kilometerkostet fast 10 000 Euro. Und teuer ist auchder Transport des Rohstoffes nach Douala.Er schlägt mit 100 Euro pro Kubikmeterzu Buche.

Die Aufklärung der Bevölkerung überdie Bedeutung der Wildtiere auch fürihren Lebensraum und eine kleine finan-zielle Anerkennung für gute Tipps habenEinheimische, darunter auch Bakas,schon veranlasst, die Wilderer anzuzei-gen. Denn die Wilderei bleibt ein Prob-lem, das zur Verarmung der Artenvielfaltführt. Mit den Programmen, die der Be-völkerung zugute kommen, wird vielenWilderern das Wasser abgegraben, diebisher auf die Hilfe der Einheimischenzählen konnten.

Nicht alle sind jedoch begeistert vonden neuen Regeln. Sie treffen die ganzeGesellschaft und komplizieren das Leben.Andererseits haben sie zu ersten Erfolgengeführt. Das bestätigt Therese Mbandjani,die mit anderen Frauen unweit von Mam-bele mit neuen Macheten und FangsiebenCrevetten vom Flussgrund sammelt. DieAusrüstung wurde vom WWF und vomKomitee, das die Einnahmen aus der Jagdverwaltet, finanziert. «Crevetten sindeine gute Nahrung. Einen Teil essen wirselber und einen Teil verkaufen wir, umSchulbücher, Hefte und Bleistifte für un-sere Kinder zu finanzieren.» ■

Gewichtige Tiere Afrikanischen Elefanten sind die grössten Landtiere. Es gibt Wald-elefanten und solche, die in der Savanne zu Hause sind. Elefanten habeneine Lebenserwartung bis zu 60 Jahren. Bullen erreichen eine Höhe von3 bis 4 Meter und ein Gewicht von über 5 Tonnen. Je älter die Tiere,desto grösser die Stosszähne. Bei 60-Jährigen Elefantenkühen kann einStosszahn bis 10 Kilogramm, bei Männchen über 60 Kilogramm wiegen.Das macht sie zu begehrten Trophäen. Eine Elefantenhaut kann bis zu3 Zentimeter dick werden. Trotzdem ist sie sehr flexibel und empfindsam.Ihre bevorzugte Nahrung sind Gräser, Blätter, Früchte Gemüse undMineralsalze, die sie im Boden finden. Sie essen täglich 4 bis 6 Prozentihres Körpergewichtes und trinken bis über 200 Liter Wasser.

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