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SKF-Seminar zu Condition Monitoring von W indener gieanlagen (For tsetzung aus EE Heft 6/2003) Stichwort: Zustandsorientierte Instandhaltung 18 Windenergie in Deutschland ERNEUERBARE ENERGIEN 7/2003 Eine „lückenlose Dokumentation“ ist nach den Worten von Gerhard Geerdes (Deutsche WindGuard GmbH, Varel) notwendig, damit Betreiber und War- tungsunternehmen auch nach 15 bis 20 Jahren noch nachvollziehen können, wann welches Rotorblatt und welches Lager ausgetauscht wurden. Bei der Anlagen- und Komponentenerfassung seien so manche Schäden von vornher- ein einschätzbar, allein aufgrund der Betriebsdatenanalyse. „Wenn manche Betreiber derzeit keine Ausschüttung vornehmen können, ist das noch das geringste Problem angesichts von mög- lichen anderen.“ Für einen ungenügen- den Ertrag könne es drei Gründe geben: Die Windbedingungen am Standort im Gegensatz zur Ertragsprognose, die Leistungsfähigkeit der Anlage und die tatsächliche technische Verfügbarkeit des Windparks. Als gute Überprüfungs- methode habe sich der Vergleich mit dem Ertragsindex der Iwet-Betreiber- datenbasis erwiesen, wenn auch „mit geringfügigen Korrekturen“. Die Nach- prüfung der Leistungskurve nach IEC- Richtlinie sei meist schwierig, da erhöh- te Rauhigkeiten in der Umgebung (etwa durch größere Gebäude) hierfür nicht zulässig seien und die „relativ teure Methode“ nur für wenige Anlagen in ei- nem Windpark anwendbar sei. Geerdes empfiehlt hier die Nachmessung mit kalibrierten Gondelanemometern – wo- bei in vielen Kaufverträgen überhaupt nicht definiert sei, was die Verfügbarkeit einer Anlage ausmache. Bei vielen Windparks sieht der ehemalige Dewi- Mitarbeiter noch große Optimierungs- potenziale: „Da sind bestimmt noch fünf Prozent rauszuholen“. Die „Zu- standsorientierte Instandhaltung“ (ZOI) zur Abwendung der „Revisions- klausel der Versicherungen“ werde zu einem Zeitpunkt diskutiert, zu dem die Gewinnmargen für Binnenland-Wind- parks geringer geworden seien. Geerdes benennt drei klassische Instandhal- tungsstrategien: • zeitorientiert: mit zustandsunabhän- gigen, vorgegebenen Instandhaltun- gen und Komponentenwechseln (die Revisionsklausel); • schadensoptimiert: die Anlage wird gefahren, bis ein Teil kaputt geht („jeder, der ein älteres Auto unterhält, kennt dies“) und • als Zwischenlösung „zustandsorien- tiert“: Überwachung der Anlage, bis sich ein Komponentenwechsel ankün- digt bzw. empfiehlt. Ein gemeinsames Konzept von Ver- sicherern unter Federführung der Go- thaer Versicherung und des Bundes- verbandes Windenergie sieht hier An- forderungen an die Wartungen, techni- sche Betriebsführung, wiederkehrende Prüfungen sowie eine Zustandskontrol- le des Antriebstranges und der Rotor- blätter vor. „Die zustandsorientierte In- standhaltung wird ein wichtiger Bau- stein der zukünftigen Windpark-Über- wachung werden“, ist sich Geerdes si- cher. „Bei Neuverträgen werden einige Versicherer darauf bestehen, diese auf- zunehmen.“ Was das „Condition Moni- toring“ angeht, betrachtet es die Deut- sche WindGuard mit Skepsis, wenn die- ses der Anlagenhersteller vornimmt. So berichtet Geerdes von einem Fall, in dem man im Generatorlager eine Woche vor Garantieablauf merkwürdige Ge- räusche feststellte – und der Hersteller, der Monate vorher da war, dies nicht bemerkte oder nicht bemerken wollte. „Zustandsorientierte Instandhaltung ist mehr als nur Condition Monitoring“, meint Matthias Nienhaus von der Go- thaer Versicherung. „Statistische Vor- fälle und Trendanalysen gehören da ebenso mit hinein. ZOI ist im Kraft- werksbereich schon lange üblich, und nur über diesen Weg können wir Druck auf die Anlagenhersteller ausüben.“ „Chancen und Grenzen des Condition Monitoring“ (CMS) sieht Marc Thom- sen für die Geo GmbH, eine der größ- ten Betriebsführungsgesellschaften in Deutschland. Ziel müsse die Früher- kennung von Verschleiß und Schäden am Antriebsstrang sein (Hauptlager, Getriebelager und -verzahnungen, Ge- neratorlager) sowie die Überwachung weiterer Schwingungserscheinungen (Turm, Rotorblätter, sonstige Reso- nanzerscheinungen). Geo erprobt der- zeit sieben unterschiedliche CMS an Anlagen von Vestas (V66/1,65 MW, RCC und VCS) und NEG Micon (NM 64c/1500, NM 65/1.500, NM 600) und HALLE 1 Condition Monitoring System

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SKF-Seminar zu Condition Monitoring von Windenergieanlagen (Fortsetzung aus EE Heft 6/2003)

Stichwort: Zustandsorientierte Instandhaltung

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Eine „lückenlose Dokumentation“ istnach den Worten von Gerhard Geerdes(Deutsche WindGuard GmbH, Varel)notwendig, damit Betreiber und War-tungsunternehmen auch nach 15 bis 20Jahren noch nachvollziehen können,wann welches Rotorblatt und welchesLager ausgetauscht wurden. Bei derAnlagen- und Komponentenerfassungseien so manche Schäden von vornher-ein einschätzbar, allein aufgrund derBetriebsdatenanalyse. „Wenn mancheBetreiber derzeit keine Ausschüttungvornehmen können, ist das noch dasgeringste Problem angesichts von mög-lichen anderen.“ Für einen ungenügen-den Ertrag könne es drei Gründe geben:Die Windbedingungen am Standort imGegensatz zur Ertragsprognose, dieLeistungsfähigkeit der Anlage und dietatsächliche technische Verfügbarkeitdes Windparks. Als gute Überprüfungs-methode habe sich der Vergleich mitdem Ertragsindex der Iwet-Betreiber-datenbasis erwiesen, wenn auch „mitgeringfügigen Korrekturen“. Die Nach-prüfung der Leistungskurve nach IEC-Richtlinie sei meist schwierig, da erhöh-te Rauhigkeiten in der Umgebung (etwadurch größere Gebäude) hierfür nichtzulässig seien und die „relativ teureMethode“ nur für wenige Anlagen in ei-nem Windpark anwendbar sei. Geerdesempfiehlt hier die Nachmessung mitkalibrierten Gondelanemometern – wo-bei in vielen Kaufverträgen überhauptnicht definiert sei, was die Verfügbarkeiteiner Anlage ausmache. Bei vielen

Windparks sieht der ehemalige Dewi-Mitarbeiter noch große Optimierungs-potenziale: „Da sind bestimmt nochfünf Prozent rauszuholen“. Die „Zu-standsorientierte Instandhaltung“(ZOI) zur Abwendung der „Revisions-klausel der Versicherungen“ werde zueinem Zeitpunkt diskutiert, zu dem dieGewinnmargen für Binnenland-Wind-parks geringer geworden seien. Geerdesbenennt drei klassische Instandhal-tungsstrategien: • zeitorientiert: mit zustandsunabhän-

gigen, vorgegebenen Instandhaltun-gen und Komponentenwechseln (dieRevisionsklausel);

• schadensoptimiert: die Anlage wirdgefahren, bis ein Teil kaputt geht(„jeder, der ein älteres Auto unterhält,kennt dies“) und

• als Zwischenlösung „zustandsorien-tiert“: Überwachung der Anlage, bissich ein Komponentenwechsel ankün-digt bzw. empfiehlt.

Ein gemeinsames Konzept von Ver-sicherern unter Federführung der Go-thaer Versicherung und des Bundes-verbandes Windenergie sieht hier An-forderungen an die Wartungen, techni-sche Betriebsführung, wiederkehrendePrüfungen sowie eine Zustandskontrol-le des Antriebstranges und der Rotor-blätter vor. „Die zustandsorientierte In-standhaltung wird ein wichtiger Bau-stein der zukünftigen Windpark-Über-wachung werden“, ist sich Geerdes si-cher. „Bei Neuverträgen werden einigeVersicherer darauf bestehen, diese auf-

zunehmen.“ Was das „Condition Moni-toring“ angeht, betrachtet es die Deut-sche WindGuard mit Skepsis, wenn die-ses der Anlagenhersteller vornimmt. Soberichtet Geerdes von einem Fall, indem man im Generatorlager eine Wochevor Garantieablauf merkwürdige Ge-räusche feststellte – und der Hersteller,der Monate vorher da war, dies nichtbemerkte oder nicht bemerken wollte. „Zustandsorientierte Instandhaltung istmehr als nur Condition Monitoring“,meint Matthias Nienhaus von der Go-thaer Versicherung. „Statistische Vor-fälle und Trendanalysen gehören daebenso mit hinein. ZOI ist im Kraft-werksbereich schon lange üblich, undnur über diesen Weg können wir Druckauf die Anlagenhersteller ausüben.“

„Chancen und Grenzen des ConditionMonitoring“ (CMS) sieht Marc Thom-sen für die Geo GmbH, eine der größ-ten Betriebsführungsgesellschaften inDeutschland. Ziel müsse die Früher-kennung von Verschleiß und Schädenam Antriebsstrang sein (Hauptlager,Getriebelager und -verzahnungen, Ge-neratorlager) sowie die Überwachungweiterer Schwingungserscheinungen(Turm, Rotorblätter, sonstige Reso-nanzerscheinungen). Geo erprobt der-zeit sieben unterschiedliche CMS anAnlagen von Vestas (V66/1,65 MW,RCC und VCS) und NEG Micon (NM64c/1500, NM 65/1.500, NM 600) und

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bemüht sich um „Systemoptimierung“mit den Herstellern. Beim CMS-Servicekonzept übernimmt die herstel-lerneutrale technische Betriebsführungneben der kontinuierlichen Verschleiß-und Trendüberwachung die Dokumen-tation, Schadensabwicklung und In-standsetzungsplanung, während derHersteller mehr für „technischen Sup-port und Ersatzteilbeschaffung“ zustän-dig ist. Thomsen: „Derjenige, der dieInstandhaltungsarbeiten an den An-lagen durchführen soll, soll sich nichtselbst die Aufträge zuschanzen“. An-hand eines Lagerschadens (Innenring)an einer V66/1,65 MW-Maschine doku-mentiert der Geo-Mitarbeiter, dass al-lein eine Ölanalyse noch keinen nen-nenswerten Schaden (Verschleißmetalleim Öl) festgestellt habe. Diagnose-sicherheit werde durch das Zusammen-wirken von Schwingungsanalyse (Con-dition Monitoring/CMS-Alarm), Öl-und Filteranalyse sowie durch visuelleKontrolle erreicht. Wobei in der Dis-kussion mit Versicherern, auch bei die-ser Tagung in Hamburg, bei der Scha-densbewertung nicht eindeutig zu klä-ren war und ist, ob der dokumentierteSchaden nun Verschleiß (also ohneBegleichung durch den Versicherer)oder doch „unvorhersehbar“ ist. Bei Ei-nigung auf bestimmte CMS-Anforde-

rungen (etwa auf ein doppeltes Spei-chermedium: „Oben in der Gondel undunten im Turmfuß, dem sicherstenPunkt der Anlage“, so das Allianz Zen-trum für Technik) und Vorgaben beiGrenzwertüberschreitungen siehtThomsen Möglichkeiten zur Kosten-einsparung bei Betreibern und Versiche-rern. Derzeit führt Geo Gespräche zurCMS-Einführung sogar mit einem Flü-gelhersteller, um auch dort vorzeitigenVerschleiß diagnostizieren zu können.

Aber es schüttet noch jemand Wasser inden Wein der aufkommenden Hoff-nungen auf ZOI und CMS: ManfredLührs vom Ingenieurbüro 8Punkt2,öffentlich bestellter und vereidigterSachverständiger für Windenergiean-lagen, der selbst bislang rund 1.400Mühlen besichtigt hat. „Ich höre diesmit Skepsis, wenn man weiß, dass heutenoch Anlagen der 1,5-MW-Klasse ange-boten werden, die noch nicht einmal dieLagertemperatur eines Generators mes-sen.“ Seine Forderung: Bei der Kauf-vertragsunterzeichnung auch gleich denVersicherer aufzunehmen: „Bislang wares doch so: Hersteller und Projektiererschließen einen Vertrag ab, wonach imSchadensfall nach Garantieablauf der

abwesende Dritte – der Ver-sicherer – zu zahlen hat. Undder Hersteller hat in der Zwi-schenzeit so viele Lieferver-pflichtungen, dass er gar kei-ne Zeit hat, ein Ersatzteil-lager einzurichten und daherdie Lieferung eines Ersatzge-triebes durchaus mal dreiMonate dauern kann.“ In einem Wartungsheft be-deutete in einem Fall derEintrag eines Monteurs „Up-date“, dass nicht etwa einProgramm neu eingerichtetwurde – sondern gleich einekomplette Gondel ausge-tauscht wurde. „Ich kann lei-der nicht erkennen, ob dieTurmflansche wie vorge-schrieben nachgezogen wur-den.“ Dies gehört angesichtsverstaubter Schrauben eben-so zu den regelmäßigen Kla-gen des Prüfers wie die Fest-stellung, dass Dokumenta-tion und Wartungsheft ver-nachlässigt werden. Immer-hin hätten 84,5 % der Anla-gen (Stand Januar 2002) lautIwet-Betreiberdaten einetechnische Verfügbarkeit von97 % und mehr, wobei es für

weitere 10 % zwischen 90 und 97 %Verfügbarkeit finanziell schon knappwird. In der Megawattklasse wiesen bei8Punkt2 6,5 % „relevante Mängel“ und1,5 % „gravierende Mängel“ auf. Dortmüssten zudem 3 % der Rotorblätternoch während der ersten beiden Be-triebsjahre umfassend instandgesetztwerden, gleiches trifft auf jedes neunteGetriebe und jeden sechsten Generatorzu. Auch das Blitzschutzsystem offen-bart oft Mängel („Häufig wurde nurzugespachtelt, ein Drittel der Flügel hatkeine Verbindung mehr zu den Rezep-toren“). Die alte dänische Konstruk-tionsleitlinie „Vor einen Generator mit100 kW Leistung setze ich ein doppeltso großes Getriebe“ sei schon lange ver-lassen worden – und ist angesichts voneiner Generatorleistung von 2.000 kWund mehr auch kaum zu verwirklichen.Zum Jahresende soll eine neue Richt-linie (Agma 6006) der amerikanischenGetriebevereinigung in Kraft treten underhöhte Anforderungen stellen. Sietrifft jeden WKA-Hersteller, der in dieUSA liefern will. Die Perspektiven fürLührs: „Bevor wir über CMS reden, unddie dortige Datenflut auswerten undGrenzwerte beherrschen, müssen wirdie Zuverlässigkeit der WEA steigern,die Schwachstellen beseitigen, die Do-kumentation verbessern, die Schadens-fälle aufarbeiten – und daraus lernen!“ Die Diagnosemöglichkeiten bei denSchwingungsanalysen reichen vonZahnrad- und Wälzlagerschäden, überAuswuchtung bis hin zu Turm- undBlattschwingungen, berichtet Dr.-Ing.Jianfeng Shan, der für die SKF GmbHderen Online-System „SKF WindCon“vorstellt. Die automatische Alarmierungerfolgt bei Überschreiten der voreinge-stellten Grenzwerte entweder an denKontrollraum der Windfarm oder optio-nal auch per SMS oder E-Mail weltweit.Neben der Früherkennung von Schädenkönnten Reparaturen gezielt in wind-schwache Zeiten verlegt werden, nebender Lebensdauerverlängerung also aucheine Ertragsoptimierung. Kürzlich hatSKF den Auftrag erhalten, 128 WEAvon Enertrag mit dem neuen WindCon-System auszustatten. „Magic Roller“nennt sich ein SKF-System der Kraft-messung für große Wälzlager mit Hilfevon einzelnen oder mehreren mit Sen-soren bestückten Rollen. Die Fehler-quote läge hier bei maximal 5 %. DasFazit der Schweinfurther: „Die mit Sen-soren bestückten Wälzlager könnenneue Informationen zur Bewertung vondynamischen Lasten und Entwurfs-kriterien von Windturbinen und derenGebrauchsdauer liefern.“

Björn Johnsen

Lloyd Fonds ist als Emissionshaus für Schiffsbeteiligungen und Windparks am Kapitalmarkt tätig.

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