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Mit Wind und Wasserstoff in ein neues Industriezeitalter Es ist Zeit für einen Paradigmenwechsel – Niedersachsen kann und will Vorreiter für den Aufbau einer grünen Wasserstoffwirtschaft sein Wirtschaftsraum Niedersachsen AUS DEM INHALT Mit Wind und Wasserstoff in ein neues Industriezeitalter Von Stephan Weil B 1 Mit den Kunden verändern – nicht gegen sie Von Hermann Kasten B 3 Vielversprechende Digitalisierungsinitiativen Von Harald Smolak B 4 Genossenschaftliche Vielfalt belebt die Region Von Johannes Freundlieb B 2 Vom Tourismus sollen alle profitieren Von Birgit Conix B 3 Mit dem Prinzip Hoffnung gegen das unterschätzte Risiko Von Dr. Michael Pickel B 5 Digitale Transformation schafft Win-win-Situation Von Stefan Imme B 2 Anbinden statt abhängen – Infrastrukturausbau im Fokus Von Thomas Mang B 4 Modern und innovativ Verantwortung übernehmen Von Hendrik Janssen und Dr. Thomas Ledermann B 6 Börsen-Zeitung, 15.6.2019 „Das Wasser ist die Kohle der Zukunft. Die Energie von morgen ist Wasser, das durch elektrischen Strom zerlegt worden ist. Die so zer- legten Elemente des Wassers, Was- serstoff und Sauerstoff, werden auf unabsehbare Zeit hinaus die Energie- versorgung der Erde sichern.“ Diese Zeilen schrieb Jules Verne im Jahr 1874 – ein weitsichtiger Mann! Und Niedersachsen – so möchte man heu- te fast 150 Jahre später ergänzen – als Windenergieland Nr. 1 wird so zum Vorreiter für eine nachhaltige Industriegesellschaft, der es gelingen kann, mit sauberem, „grünen“ Was- serstoff erneuerbare Energien zu speichern und industrielle Prozesse, Wärme und Mobilität zu dekarboni- sieren. In der Tat: Wenn man Strom durch Wasser leitet, wird Wasserstoff als Gas freigesetzt. Für eine solche Elek- trolyse benötigt man jedoch jede Menge Energie. Deswegen kommt der Wind ins Spiel, der in Niedersach- sen fast immer stark weht. Unsere On- und Offshore-Windanlagen pro- duzieren mehr Wind, als das Strom- netz aufnehmen kann. Die großen Stromtrassen in den Süden müssen erst noch gebaut werden. Die Kosten für das Abregeln und Vergüten von überschüssiger Windenergie belau- fen sich auf 1,4 Mrd. Euro jährlich. Die schwankende erneuerbare Ener- gie kann jedoch als Wasserstoff gespeichert und auf unterschiedliche Weisen eingesetzt werden – Power to Gas! Langer Speicherzeitraum Fügt man dem so gewonnenen Wasserstoff CO 2 hinzu, erhält man synthetisches Erdgas, das überall dort zum Einsatz kommen kann, wo bislang fossiles Erdgas verwendet wird. Bringt man in einer Brennstoff- zelle den Wasserstoff mit Sauerstoff in Kontakt und führt Zündenergie hinzu, wird ein Großteil der Energie, die vorher zur Spaltung des Wassers aufgebracht werden musste, wieder abgegeben und in elektrische Ener- gie umgewandelt. Wasserstoff ermöglicht es so, große Energiemen- gen über einen langen Zeitraum hin- weg zu speichern. Norddeutschland ist für eine erfolgreiche Wasserstoffwirtschaft prädestiniert. Die On- und Offshore-Windanla- gen in Niedersachsen haben enorme Ausbau- beziehungsweise Er- tüchtigungspotenziale. Erste Produktionskapa- zitäten für Wasserstoff sind bereits vorhanden. Unterirdische Gasspei- cher können auch Was- serstoff speichern, die vorhandene Erdgasnetz- infrastruktur kann genutzt werden, um Wasserstoff zu transpor- tieren oder zwischenzuspeichern. Es gibt zudem eine Vielzahl niedersäch- sischer Unternehmen und For- schungseinrichtungen, die sich in- tensiv mit Wasserstoff in verschie- densten Facetten beschäftigen. Im Nordwesten Niedersachsens planen TenneT, Gasunie und Thys- sengas eine 100 Megawatt starke Anlage zur Umwandlung von Wind- energie in grünen Wasserstoff. Eine vergleichbare Power-to-Gas-Anlage wollen Amprion und Open Grid Europe (OGE) in der Region Lingen errichten. Dow Chemical in Stade arbeitet intensiv an der Dekarbonisierung industrieller Prozesse mithilfe von Wasserstoff. Und der Ersatz von emissionsreicher Kokskohle durch die Nutzung von Wasserstoff als Reduktionsmittel ist das zentrale Ele- ment von SALCOS – Salzgitter Low CO 2 Steelmaking für die geplante CO 2 -arme Stahlproduktion. Auch bei Raffinerieprozessen wie bei BP in Lingen kann regenerativ erzeugter „grüner Wasserstoff“ zur Dekarboni- sierung der Kraftstoffproduktion ein- gesetzt werden. Beitrag zu sauberem Verkehr Wasserstoff leistet schon heute einen wichtigen Beitrag zu saubere- rem Verkehr. Der von Alstom in Salz- gitter gebaute iLint-Zug wird mit Brennstoffzellen angetrieben, die Wasserstoff und Sauerstoff in Strom umwandeln und so den Schadstoff- ausstoß im täglichen Betrieb auf null reduzieren. Was für ein Potenzial für die Vielzahl der nichtelektrifizierten Bahnstrecken in Deutschland! Mit einem zeitnahen Einsatz von Wasserstoff und Brennstoffzellen ist auch im Schwerlastverkehr und in der Schifffahrt zu rechnen. Aller- dings: Die Energiewende in Deutsch- land war bislang vor allem eine Stromwende. Nicht nur im Stromsek- tor, sondern auch im Wärme- und im Kältesektor, in der Industrie und im Verkehr müssen fossile Energieträ- ger durch erneuerbare Energien ersetzt werden. Wir müssen endlich die politischen und regulatorischen Rahmenbedingungen verbessern, um erneuerbare Energien auch in den anderen Sektoren sehr viel brei- ter einsetzen zu können. Um die zusätzlichen Strombedarfe einer umfassenden Sektorenkopp- lung decken zu können, muss der Ausbau der erneuerbaren Energien – insbesondere aus On- und Off- Von Stephan Weil Ministerpräsident des Landes Niedersachsen „Niedersachsen steht bereit, um das volle Potenzial grünen Wasserstoffs auszuschöpfen. Hier existiert bereits die notwendige Infrastruktur für Speicherung, Transport und Verteilung großer Mengen von Wasserstoff.“ ten für die Herstellung grünen Was- serstoffs deutlich reduziert werden. Notwendig sind auch faire Markt- zutrittschancen für Technologien, die dabei helfen, CO 2 -Emissionen zu reduzieren. Hilfreich wäre zudem eine Experimentierklausel, um bes- sere Rahmenbedingungen in der Sektorenkopplung zu testen. Zudem sollten die Mittel für die geplanten „Reallabore“ deutlich erhöht und verste- tigt werden. Die Jugendlichen der „Fridays for Future“-Bewe- gung mahnen uns allwö- chentlich zu mehr Klima- schutz und zu hohem Enga- gement und größerer Kon- sequenz in der Energie- wende. Sie haben Recht. Wir müssen umsteuern im Bund und auf EU-Ebene hin zu einer echten sektoren- übergreifenden Energie- wende. Es ist Zeit für einen Paradigmenwechsel: Er- neuerbare Energien kön- nen und sollen mithilfe der Wasserstofftechnologie zu- künftig der Grundlastträ- ger der Energieversorgung sein. Niedersachsen kann und will Vorreiter für den Auf- bau einer grünen Wasser- stoffwirtschaft sein. Die Menschen in Nieder- sachsen neigen in der Regel nicht zu Revolutionen, aber für die auf Wasserstoff basierende fünfte industrielle Revolution sind wir bereit. Jules Verne würde sich freuen. shore-Windkraft – deutlich vorangetrieben werden. 2030 muss der Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch bei 65 % liegen. Die vorhande- nen Stromnetzkapazitäten müssen entsprechend schnell ausgebaut werden. Alle Flexibilitätsoptionen müssen zum Einsatz kom- men. Wir benötigen einen konkreten und verlässli- chen Fahrplan, der Pla- nungssicherheit schafft und Investitionen anreizt. Niedersachsen steht bereit, um das volle Poten- zial grünen Wasserstoffs auszuschöpfen. Hier exis- tiert bereits die notwendige Infrastruktur für Speiche- rung, Transport und Vertei- lung großer Mengen von Wasserstoff. Hier können neue Wertschöpfungsket- ten entstehen. Eine grüne Wasserstoffwirtschaft wäre ein enormer industriepoliti- scher Standortvorteil, der eine Erfolgsstory verspricht. Dekarboni- sierte industrielle Prozesse können gleichermaßen zu Wertschöpfung, Sicherung von Arbeitsplätzen, Res- sourcenschonung und Klimaschutz beitragen. Noch Herausforderungen Noch gibt es jedoch einige Heraus- forderungen: Die Produktionskosten von strombasiertem Wasserstoff sind noch zu hoch. Power-to-Gas-Anlagen müssen alle Stromnebenkosten, also Steuern, Umlagen und Abgaben, in vollem Umfang tragen. Damit aber sind Investitionen in die Wasserstoff- produktion noch wenig attraktiv, und die Nachfrage nach Anlagen und Anlagenkomponenten ist gering. Dies wiederum führt zu nach wie vor hohen Stückkosten. Wasserstoff aus erneuerbarem Strom ist bislang im Vergleich zu konventionell herge- stelltem Wasserstoff und zu anderen Energieträgern im Mobilitäts-, Wär- me- und Industriesektor noch nicht wettbewerbsfähig. Die Niedersächsische Landesregie- rung wird zusammen mit den ande- ren norddeutschen Ländern alles daransetzen, diese Hemmnisse zu überwinden. Dazu haben wir bereits Eckpunkte für eine Norddeutsche Wasserstoffstrategie vorgelegt. So muss zukünftig der Einsatz erneuer- barer Energie konsequent belohnt werden, etwa durch Anrechenbar- keit auf bestehende Klima- oder Umweltziele. Die Nutzung erneuer- barer Energien muss im Vergleich zu fossiler Energie deutlich günstiger werden. Dazu müssen vor allem die Steuern, Abgaben und Umlagen reduziert werden und sich am spezi- fischen CO 2 -Gehalt des Energieträ- gers ausrichten. So könnten die Kos- „Eine grüne Wasserstoffwirtschaft wäre ein enormer industriepolitischer Standortvorteil, der eine Erfolgsstory verspricht.“ Foto: Sinuswelle/Adobe Stock Sonnabend, 15. Juni 2019 SONDERBEILAGE Börsen-Zeitung Nr. 113 B1

Sonnabend, 15. Juni 2019 Börsen-Zeitung Nr. 113 ... · Genossenschaftliche Vielfalt belebt die Region Zukunftsmodell mit Tradition – Durch Genossenschaften werden Engagement und

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Mit Wind und Wasserstoff in ein neues IndustriezeitalterEs ist Zeit für einen Paradigmenwechsel – Niedersachsen kann und will Vorreiter für den Aufbau einer grünen Wasserstoffwirtschaft sein

WirtschaftsraumNiedersachsen

AUS DEM INHALTMit Wind und Wasserstoff in ein neues IndustriezeitalterVon Stephan Weil B 1

Mit den Kunden verändern – nicht gegen sieVon Hermann Kasten B 3

Vielversprechende DigitalisierungsinitiativenVon Harald Smolak B 4

Genossenschaftliche Vielfalt belebt die RegionVon Johannes Freundlieb B 2

Vom Tourismus sollen alle profitierenVon Birgit Conix B 3

Mit dem Prinzip Hoffnung gegen das unterschätzte RisikoVon Dr. Michael Pickel B 5

Digitale Transformation schafft Win-win-SituationVon Stefan Imme B 2

Anbinden statt abhängen – Infrastrukturausbau im FokusVon Thomas Mang B 4

Modern und innovativ Verantwortung übernehmenVon Hendrik Janssen und Dr. Thomas Ledermann B 6

Börsen-Zeitung, 15.6.2019„Das Wasser ist die Kohle der Zukunft. Die Energie von morgen ist Wasser, das durch elektrischen Strom zerlegt worden ist. Die so zer-legten Elemente des Wassers, Was-serstoff und Sauerstoff, werden auf unabsehbare Zeit hinaus die Energie-

versorgung der Erde sichern.“ Diese Zeilen schrieb Jules Verne im Jahr 1874 – ein weitsichtiger Mann! Und Niedersachsen – so möchte man heu-te fast 150 Jahre später ergänzen – als Windenergieland Nr. 1 wird so zum Vorreiter für eine nachhaltige Industriegesellschaft, der es gelingen kann, mit sauberem, „grünen“ Was-serstoff erneuerbare Energien zu speichern und industrielle Prozesse, Wärme und Mobilität zu dekarboni-sieren.

In der Tat: Wenn man Strom durch Wasser leitet, wird Wasserstoff als Gas freigesetzt. Für eine solche Elek­-trolyse benötigt man jedoch jede Menge Energie. Deswegen kommt der Wind ins Spiel, der in Niedersach-sen fast immer stark weht. Unsere On- und Offshore-Windanlagen pro-

duzieren mehr Wind, als das Strom-netz aufnehmen kann. Die großen Stromtrassen in den Süden müssen erst noch gebaut werden. Die Kosten für das Abregeln und Vergüten von überschüssiger Windenergie belau-fen sich auf 1,4 Mrd. Euro jährlich. Die schwankende erneuerbare Ener-gie kann jedoch als Wasserstoff gespeichert und auf unterschiedliche Weisen eingesetzt werden – Power to Gas!

Langer Speicherzeitraum

Fügt man dem so gewonnenen Wasserstoff CO2 hinzu, erhält man synthetisches Erdgas, das überall dort zum Einsatz kommen kann, wo bislang fossiles Erdgas verwendet wird. Bringt man in einer Brennstoff-zelle den Wasserstoff mit Sauerstoff in Kontakt und führt Zündenergie hinzu, wird ein Großteil der Energie, die vorher zur Spaltung des Wassers

aufgebracht werden musste, wieder abgegeben und in elektrische Ener-gie umgewandelt. Wasserstoff ermöglicht es so, große Energiemen-gen über einen langen Zeitraum hin-weg zu speichern.

Norddeutschland ist für eine erfolgreiche Wasserstoffwirtschaft

prädestiniert. Die On- und Offshore-Windanla-gen in Niedersachsen haben enorme Ausbau- beziehungsweise Er­-tüchtigungspotenziale. Erste Produktionskapa-zitäten für Wasserstoff sind bereits vorhanden. Unterirdische Gasspei-cher können auch Was-serstoff speichern, die vorhandene Erdgasnetz-infrastruktur kann genutzt werden, um Wasserstoff zu transpor-

tieren oder zwischenzuspeichern. Es gibt zudem eine Vielzahl niedersäch-sischer Unternehmen und For-schungseinrichtungen, die sich in­-tensiv mit Wasserstoff in verschie-densten Facetten beschäftigen.

Im Nordwesten Niedersachsens planen TenneT, Gasunie und Thys-sengas eine 100 Megawatt starke Anlage zur Umwandlung von Wind-energie in grünen Wasserstoff. Eine vergleichbare Power-to-Gas-Anlage wollen Amprion und Open Grid Europe (OGE) in der Region Lingen errichten.

Dow Chemical in Stade arbeitet intensiv an der Dekarbonisierung industrieller Prozesse mithilfe von Wasserstoff. Und der Ersatz von emissionsreicher Kokskohle durch die Nutzung von Wasserstoff als Reduktionsmittel ist das zentrale Ele-ment von SALCOS – Salzgitter Low CO2 Steelmaking für die geplante CO2-arme Stahlproduktion. Auch bei Raffinerieprozessen wie bei BP in Lingen kann regenerativ erzeugter „grüner Wasserstoff“ zur Dekarboni-sierung der Kraftstoffproduktion ein-gesetzt werden.

Beitrag zu sauberem Verkehr

Wasserstoff leistet schon heute einen wichtigen Beitrag zu saubere-rem Verkehr. Der von Alstom in Salz-gitter gebaute iLint-Zug wird mit Brennstoffzellen angetrieben, die Wasserstoff und Sauerstoff in Strom umwandeln und so den Schadstoff-ausstoß im täglichen Betrieb auf null reduzieren. Was für ein Potenzial für die Vielzahl der nichtelektrifizierten Bahnstrecken in Deutschland!

Mit einem zeitnahen Einsatz von Wasserstoff und Brennstoffzellen ist auch im Schwerlastverkehr und in der Schifffahrt zu rechnen. Aller-dings: Die Energiewende in Deutsch-land war bislang vor allem eine Stromwende. Nicht nur im Stromsek-tor, sondern auch im Wärme- und im Kältesektor, in der Industrie und im Verkehr müssen fossile Energieträ-ger durch erneuerbare Energien ersetzt werden. Wir müssen endlich die politischen und regulatorischen Rahmenbedingungen verbessern, um erneuerbare Energien auch in den anderen Sektoren sehr viel brei-ter einsetzen zu können.

Um die zusätzlichen Strombedarfe einer umfassenden Sektorenkopp-lung decken zu können, muss der Ausbau der erneuerbaren Energien – insbesondere aus On- und Off-

VonStephan Weil

Ministerpräsident des Landes Niedersachsen

„Niedersachsen steht bereit, um das volle Potenzial grünen Wasserstoffs auszuschöpfen. Hier existiert bereits die notwendige Infrastruktur für Speicherung, Transport und Verteilung großer Mengen von Wasserstoff.“

ten für die Herstellung grünen Was-serstoffs deutlich reduziert werden.

Notwendig sind auch faire Markt-zutrittschancen für Technologien, die dabei helfen, CO2-Emissionen zu

reduzieren. Hilfreich wäre zudem eine Experimentierklausel, um bes-sere Rahmenbedingungen in der Sektorenkopplung zu testen. Zudem sollten die Mittel für die

geplanten „Reallabore“ deutlich erhöht und verste-tigt werden.

Die Jugendlichen der „Fridays for Future“-Bewe-gung mahnen uns allwö-chentlich zu mehr Klima-schutz und zu hohem Enga-gement und größerer Kon-sequenz in der Energie-wende. Sie haben Recht. Wir müssen umsteuern im Bund und auf EU-Ebene hin zu einer echten sektoren-übergreifenden Energie-wende. Es ist Zeit für einen Paradigmenwechsel: Er­-neuerbare Energien kön-nen und sollen mithilfe der Wasserstofftechnologie zu­-künftig der Grundlastträ-ger der Energieversorgung sein.

Niedersachsen kann und will Vorreiter für den Auf-bau einer grünen Wasser-stoffwirtschaft sein. Die Menschen in Nieder­-sachsen neigen in der

Regel nicht zu Revolutionen, aber für die auf Wasserstoff basierende fünfte industrielle Revolution sind wir bereit. Jules Verne würde sich freuen.

shore-Windkraft – deutlich vorangetrieben werden. 2030 muss der Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch bei 65 % liegen. Die vorhande-nen Stromnetzkapazitäten müssen entsprechend schnell ausgebaut werden. Alle Flexibilitätsoptionen müssen zum Einsatz kom-men. Wir benötigen einen konkreten und verlässli-chen Fahrplan, der Pla-nungssicherheit schafft und Investitionen anreizt.

Niedersachsen steht bereit, um das volle Poten-zial grünen Wasserstoffs auszuschöpfen. Hier exis-tiert bereits die notwendige Infrastruktur für Speiche-rung, Transport und Vertei-lung großer Mengen von Wasserstoff. Hier können neue Wertschöpfungsket-ten entstehen. Eine grüne Wasserstoffwirtschaft wäre ein enormer industriepoliti-scher Standortvorteil, der eine Erfolgsstory verspricht. Dekarboni-sierte industrielle Prozesse können gleichermaßen zu Wertschöpfung, Sicherung von Arbeitsplätzen, Res-sourcenschonung und Klimaschutz beitragen.

Noch Herausforderungen

Noch gibt es jedoch einige Heraus-forderungen: Die Produktionskosten von strombasiertem Wasserstoff sind noch zu hoch. Power-to-Gas-Anlagen müssen alle Stromnebenkosten, also Steuern, Umlagen und Abgaben, in vollem Umfang tragen. Damit aber sind Investitionen in die Wasserstoff-produktion noch wenig attraktiv, und die Nachfrage nach Anlagen und Anlagenkomponenten ist gering. Dies wiederum führt zu nach wie vor hohen Stückkosten. Wasserstoff aus erneuerbarem Strom ist bislang im Vergleich zu konventionell herge-stelltem Wasserstoff und zu anderen Energieträgern im Mobilitäts-, Wär-me- und Industriesektor noch nicht wettbewerbsfähig.

Die Niedersächsische Landesregie-rung wird zusammen mit den ande-

ren norddeutschen Ländern alles daransetzen, diese Hemmnisse zu überwinden. Dazu haben wir bereits Eckpunkte für eine Norddeutsche Wasserstoffstrategie vorgelegt. So muss zukünftig der Einsatz erneuer-barer Energie konsequent belohnt werden, etwa durch Anrechenbar-keit auf bestehende Klima- oder Umweltziele. Die Nutzung erneuer-barer Energien muss im Vergleich zu fossiler Energie deutlich günstiger werden. Dazu müssen vor allem die Steuern, Abgaben und Umlagen reduziert werden und sich am spezi-fischen CO2-Gehalt des Energieträ-gers ausrichten. So könnten die Kos-

„Eine grüne Wasserstoffwirtschaft wäre ein enormer industriepolitischer Standortvorteil, der eine Erfolgsstory verspricht.“

Foto: Sinuswelle/Adobe Stock

Sonnabend, 15. Juni 2019 SONDERBEILAGE Börsen-Zeitung Nr. 113 B1

Genossenschaftliche Vielfalt belebt die RegionZukunftsmodell mit Tradition – Durch Genossenschaften werden Engagement und gemeinsame Ziele zu erfolgreichen Projekten – Insolvenzsicherste Rechtsform

den sollen. Die große Zahl der Bewer-ber belegt den Bedarf an bezahlba-rem Wohnraum auf der Insel.

Mit dem Wunsch des Betreibers, die seit Generationen als Gemeinde-zentrum und für unzählige Geburts-tage, Taufen und andere Treffen von Freunden und Familien genutzte Dorfkneipe „Zum Schanko“ in Han-dorf-Langenberg aus Altersgründen abzugeben, zeichnete sich ab, dass diese sodann geschlossen werden würde. Dies veranlasste die Initiato-ren der „Dorfgemeinschaftshaus ,Zum Schanko‘ eG“ dazu, für die Zeichnung von Genossenschaftsan-teilen durch Bewohner und Interes-sierte zu werben und so den Kauf und die Renovierung der Gaststätte zu realisieren. Mit viel ehrenamtlicher Arbeit konnte die Gaststätte in einen modernen Standard versetzt wer-den. Sie wird fortan von einem Betreiber aus der Region bewirt-schaftet und bleibt als bedeutender zentraler Begegnungsort im Dorf erhalten.

Innovativer Lehransatz

Nicht zuletzt hat auch die Hoch-schule Bremerhaven die genossen-schaftliche Rechtsform für ihren innovativen Lehransatz entdeckt. Der Studiengang „Gründung, Inno-vation, Führung“ soll das unterneh-merische Denken und Handeln der Studenten fördern und ihnen Fähig-keiten vermitteln, um anspruchsvol-le Vorhaben im Team umzusetzen. Das aus Finnland stammende Stu-dienmodell setzt auf die Qualifizie-rung der Studenten für das Unter-nehmertum. Mithilfe der gegründe-ten Genossenschaften werden die Studenten fortan ihre Geschäfts-ideen umsetzen und gemeinschaft-lich ihre Fähigkeiten in der Führung eines Unternehmens, insbesondere im Hinblick auf ihre künftige berufli-che Tätigkeit, entwickeln.

Tätigkeitsfelder der Genossen-schaften sind unter anderem der Groß- und Einzelhandel, die Ent-wicklung, Produktion und Vermark-tung von Lebensmitteln, der Betrieb

Digitale Transformation schafft Win-win-SituationImmer den Mehrwert für Kunden und Unternehmen gleichermaßen suchen – im Zweifel auch über die Grenzen der einzelnen Firmen hinweg

Welt“ einfach auf digitale Kanäle zu übertragen. Vielmehr geht es im Rah-men der Digitalisierung darum, das Produktangebot sowie dessen Ausge-staltung mit Blick auf neue Technolo-gien zu verbessern. Vor allem passge-naue, personalisierte Dienstleistun-gen sowie eine außerordentlich hohe „Convenience“ spielen die entschei-dende Rolle.

KI und Data Analytics

Um diese zusätzlichen Services anzubieten und als Unternehmen gleichzeitig die Kosten im Griff zu behalten, sind in vielen Fällen der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) und Data Analytics essenziell. Sie haben das Potenzial, interne und externe Prozesse in allen Unterneh-mensbereichen nachhaltig zu verän-dern und ein wirklich innovatives Kundenerlebnis zu erzeugen. KI hat sich als ein zentraler Technologie-trend etabliert, so dass viele dieser Lösungen, wie digitale Assistenten und Chatbots, bereits heute im all-täglichen Einsatz sind. So auch bei den Volkswagen Finanzdienstleis-tungen im Rahmen der Online-Ab-schlussmöglichkeit von Produkten oder im Bereich der Mobility-Apps wie beispielsweise dem „Predictive Parking“, das heißt der Vorhersage von freien Parkplätzen.

Es gibt also gute Gründe, den Umbruch vor allem als Chance und weniger als Risiko zu betrachten, auch wenn Algorithmen, Big Data und Co. ganze Geschäftsmodelle komplett umkrempeln werden. Natürlich stellt dabei der Aufbau ent-sprechender Teams und Kompeten-zen eine Herausforderung dar.

Richtige Partner sind gefragt

Die Volkswagen Finanzdienstleis-tungen haben sich frühzeitig strate-gisch positioniert und definiert, wel-che Kundenkontaktpunkte einge-nommen und wie die digitale Agenda umgesetzt werden sollen. Dabei spie-len Unternehmertum sowie Koopera-tionsfähigkeit eine ganz entschei-dende Rolle: Kleine, leistungsfähige

bereits vor Jahren Systeme entwi-ckelt, die es den Bürgern erlauben, Behördengänge, Bankgeschäfte und E-Commerce-Aktivitäten nicht nur sicher, sondern in hohem Maße komfortabel online abzuwickeln. Aufwendige und teure Identifizie-rungsprozesse entfallen damit gänz-lich, Prozess- und Medienbrüche werden vermieden.

Gemeinsame Plattform

Um diese Vorteile zu nutzen, haben sich bereits 13 Partner in Deutschland, unter anderem die Alli-anz, Axel Springer, Deutsche Bank, Deutsche Telekom, Deutsche Bahn, Daimler, Lufthansa, Samsung und Volkswagen Financial Services, zusammengeschlossen und mit Veri­-mi eine europäische Identitätsplatt-form gegründet, die einfache Regis­-trierungsprozesse, bequemes Login und digitale Unterschriften einer-seits und maximale Datensicherheit, Kontrolle und Transparenz anderer-seits gewährleistet. Nutzern wird es damit ermöglicht, unternehmens-übergreifend mit einer einzigen digi-talen Identität zu agieren, sich bei Partnern leicht zu identifizieren, Ver-träge rechtskräftig zu schließen und dabei volle Kontrolle über ihre Daten zu erhalten.

Verimi verknüpft damit unter-schiedlichste Dienste aus verschiede-nen Industrien zu einem großen Öko-system – mit enormen Vorteilen für Kunden und Unternehmen gleicher-maßen. Dies hat auch die öffentliche Verwaltung erkannt, und so hat sich mit dem Freistaat Thüringen das ers-te Bundesland bereits für Verimi als Identitätsprovider entschieden.

Diese Beispiele zeigen, wie wichtig es ist, bei digitalen Angeboten immer den Mehrwert für Kunden und Unter-nehmen gleichermaßen zu suchen – im Zweifel auch weit über die Gren-zen des einzelnen Unternehmens hinweg. Nur so wird Akzeptanz beim Kunden geschaffen, Nachfrage erzeugt, die Kontaktfrequenz erhöht und letztlich zusätzliches Geschäft generiert – eine Win-win-Situation für Kunden und Unternehmen.

Umsetzung des gemeinsamen Pro-jekts.

Die Mitglieder bringen entspre-chend ihrer persönlichen Leistungs-fähigkeit Kapital ein, das aus der Region in der Region zur Realisie-rung des gemeinsamen Ziels inves-tiert wird. Dabei können sowohl

natürliche als auch juristische Perso-nen sowie Personen des öffentlichen Rechts beitreten. Dadurch sowie durch die Tatsache, dass in der Genossenschaft jedes Mitglied nur mit seiner gezeichneten Einlage haf-tet und somit ein überschaubares Risiko eingeht, ist die Genossen-schaft eine ideale Rechtsform zur Kooperation.

Mitgliederförderung im Fokus

„Was einer allein nicht schafft, das schaffen viele“, dieser Leitgedanke ist Dreh- und Angelpunkt der genos-senschaftlichen Idee. Im zumeist lokalen oder regionalen Umfeld fin-den Genossenschaften ihren Kern und haben stets die Förderung ihrer Mitglieder im Fokus. So haben diese die Möglichkeit, in der Gruppe selbst für ihre eigenen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Belange aktiv zu werden, konkrete Lösungen für konkrete Probleme zu finden und die Identifikation mit örtlichen Pro-jekten zu stärken. Somit vereint die Genossenschaft partnerschaftlich und kooperativ einen wirtschaftli-chen Geschäftsbetrieb mit sozialer Verantwortung.

Das politische Bekenntnis zur Bedeutung von Genossenschaften unterstreicht die niedersächsische Landesregierung zum einen durch die Gründungsförderung des Sozial-ministeriums, das Sozialgenossen-schaften mit einem Betrag von bis zu 6 000 Euro fördert. Förderberech-

tigt sind hierbei bei-spielsweise genossen-schaftliche Wohnpro-jekte, Dorfläden, Kinos, Gaststätten, Senioren- und Nachbarschaftshil-fen sowie Stadtteilge-nossenschaften.

Ferner lobt das nie-dersächsische Wirt-schaftsministerium jähr-lich den Wettbewerb „Gemeinsam aktiv – Handel(n) vor Ort“ aus. Bei dem Wettbewerb werden Konzepte ausge-

zeichnet, die Innenstädte und Orts-kerne beleben, den stationären Ein-zelhandel stärken oder die Versor-gung im ländlichen Raum sichern. Genossenschaftliche Initiativen sind hierbei ebenfalls explizit angespro-chen.

Unterstützt durch diese Rahmen-bedingungen und begleitet durch unseren Verband werden zuneh-mend Genossenschaften zum Bei-spiel im Bereich der Unternehmens-nachfolge, der bezahlbaren Wohn-raumversorgung oder der sozialen Gemeinschaften gegründet.

„Besser – zu Hause genießen“

So haben sich in der Besser eG, gegründet in Hilter am Teutoburger Wald, zum Zweck der geordneten Nachfolgeregelung selbständige Handelsvertreter der Heimdienst-branche mit wichtigen Lieferanten und Mitarbeitern in Schlüsselpositio-nen zusammengeschlossen, um künftig unter der Marke „Besser – zu Hause genießen“ bundesweit Tief-kühlprodukte zu vertreiben. Die Genossenschaft übernimmt hierzu diese operative Geschäftssparte eines bestehenden Großhandels-

VonJohannes Freundlieb

Verbandsdirektor des Genossenschafts-verbandes Weser-Ems

Börsen-Zeitung, 15.6.2019Zurückblickend auf das Jahr 2018, das 200. Geburtsjahr von Friedrich Wilhelm Raiffeisen, wurde die genossenschaftliche Rechtsform über Generationen hinweg immer weiterentwickelt und hat inzwi-schen eine stolze Geschichte vorzu-weisen. Insbesondere aktuelle Grün-dungsinitiativen zeigen aber auch, dass die Genossenschaft nichts von ihrem Innovationscharakter einge-büßt hat.

Eine Stimme für jeden

Überall dort, wo Menschen etwas selbst in die Hand nehmen wollen, bietet die Genossenschaft einen möglichen Rahmen. Sie gibt Men-schen mit gemeinsamen Interessen die Möglichkeit, dieses rechtlich eigenständig zu verwirklichen – eine demokratische Entscheidungsfin-dung, bei der jedes Mitglied unab-hängig von seiner Kapitalbeteiligung eine Stimme hat. Gleichberechti-gung und Nachhaltigkeit sind hier-

bei Grundpfeiler der Genossen-schaft. In ihr haben die Mitglieder die Möglichkeit, sich selbst zu orga-nisieren und die Bedingungen der Zusammenarbeit individuell zu ver-einbaren. Beginnend bei der Ent-scheidung, wer zu welchen Bedin-gungen Mitglied werden darf, über die Rechte und Pflichten der Mit-gliedschaft, bis hin zum Ausscheiden aus der Genossenschaft – gemein-sam vereinbarte Spielregeln bieten sichere Voraussetzungen für die

„Insbesondere aktuelle Gründungsinitiativen zeigen, dass die Genossenschaft nichts von ihrem Innovationscharakter eingebüßt hat.“

von Aquakulturen und Vermarktung ihrer Produkte, die Herstellung und Vermarktung von handwerklichen Erzeugnissen sowie die Erbringung von Dienstleistungen. So wird der genossenschaftliche Gedanke von Grund auf an eine nachwachsende Generation von Führungskräften herangetragen.

Unser Verband steht in diesen und zahlreichen weiteren Feldern Grün-dungsinitiativen als Partner und

Impulsgeber unterstützend zur Seite. Darüber hinaus stärken wir unsere Mitgliedsunternehmen nachhaltig durch kompetente Dienstleistungen in den Bereichen Prüfung, Beratung, Bildung und Interessenvertretung. Durch ein Miteinander auf Augenhö-he, die Begleitung durch unseren Verband sowie die interne Kontrolle durch die Mitglieder ist die Genos-senschaft die insolvenzsicherste Rechtsform in Deutschland. Die Mit-gliedernähe sowie die Vernetzung auf Landes- und Bundesebene machen unseren Verband für Politik, Wirtschaft und die Menschen vor Ort zu einem wichtigen Partner in der Region. Wie auch unsere Mitglieds-unternehmen leben wir den genos-senschaftlichen Grundsatz, Verant-wortung zu übernehmen und nach-haltiges Wirtschaften nicht zuguns-ten von kurzfristigen Erfolgen aus den Augen zu verlieren.

„Überall dort, wo Menschen etwas selbst in die Hand nehmen wollen, bietet die Genossenschaft einen möglichen Rahmen. Sie gibt Menschen mit gemeinsamen Interessen die Möglichkeit, dieses rechtlich eigenständig zu verwirklichen.“

unternehmens und vertreibt seine Produkte künftig neben dem direk-ten Weg über die Tiefkühlfachbera-ter auch über Online-Bestellmöglich-keiten.

Dauerwohnraum auf Juist

Die „Juist – Infrastruktur und Wohnen eG“ hat es sich hingegen zum Ziel gesetzt, sich auf dem Immo-bilienmarkt der Nordseeinsel Juist zu engagieren und ihre Mitglieder durch eine gute, sichere und verant-wortbare Wohnraumversorgung so­-wie den Erhalt der Infrastruktur auf Juist zu fördern. Es soll vorrangig Dauerwohnraum geschaffen und so

zu einer Entspannung des Woh-nungsmarktes beigetragen werden. Als mögliche Mieter profitieren Mit-glieder von einer bezahlbaren Immo-bilie zu einem realistischen Preis. Die langfristige und nachhaltige Vermie-tung wird hierbei ebenso beabsich-tigt wie die Erhöhung der Wohn-raumqualität für auf der Insel tätige qualifizierte Arbeitskräfte, die auf diesem Wege stärker gebunden wer-

„Die Mitgliedernähe sowie die Vernetzung auf Landes- und Bundes-ebene machen unseren Verband für Politik, Wirtschaft und die Menschen vor Ort zu einem wichtigen Partner in der Region. Wie auch unsere Mitglieds-unternehmen leben wir den genossenschaft-lichen Grundsatz, Verantwortung zu übernehmen.“

Börsen-Zeitung, 15.6.2019Die Digitalisierung von Produkten, Geschäftsmodellen und Arbeitspro-zessen sorgt über alle Branchen hin-weg für erhöhte Betriebsamkeit. Ins-besondere im Finanzsektor stehen traditionelle Geschäftsmodelle zu­-nehmend unter Druck, und Fintechs drängen verstärkt in die Märkte – als potenzielle Geschäfts- und Outsour-cing-Partner, aber auch als Wettbe-

werber. Um in diesem Umfeld lang-fristig erfolgreich zu sein, müssen sich Unternehmen stetig hinterfra-gen, neue Geschäftsfelder entwi-ckeln und neue Technologien effizi-ent einführen.

Vor diesem Hintergrund haben es sich die Volkswagen Finanzdienst-leistungen zum Ziel gesetzt, alle wesentlichen Produkte weltweit online anzubieten. Künftig sollen erhebliche Teile des Neugeschäfts über digitale Kanäle abgeschlossen und Anliegen von Endkunden digital erledigt werden. Gleichzeitig wurde das Leistungsspektrum der eher kon-taktfrequenzarmen Finanzdienst-leistungen konsequent um hochfre-quentierte Geschäftsmodelle „rund ums Auto“ ergänzt – insbesondere in den Bereichen Payment, Parken, Laden, Tanken und Mieten.

Schließlich ist es nicht ausrei-chend, das Angebot aus der „Offline-

„Es ist nicht ausreichend, das Angebot aus der ,Offline-Welt‘ einfach auf digitale Kanäle zu übertragen. Vielmehr geht es im Rahmen der Digitalisierung darum, das Produktangebot sowie dessen Ausgestaltung mit Blick auf neue Technologien zu verbessern.“

Einheiten können schnell und eigen-ständig Entscheidungen treffen, gleichzeitig ermöglicht die Vertriebs-stärke des Mutterkonzerns die erfor-derliche Nutzung von Skaleneffek-ten. Bereits vor einigen Jahren wurde deshalb mit der Digital Unit eine Organisationseinheit gegründet, die

mit größtmöglicher Fokussierung und hohen Freiheitsgraden unter anderem für die Entwicklung und Implementierung der digitalen Dienstleistungen und Services ver-antwortlich ist.

Um im Bereich Data Science schnell wachsen zu können und die

notwendige Expertise aufzubauen, wurde mit der Universität Hildes-heim eine mehrjährige Kooperation vereinbart: Neben der fachlichen Qualifikation der Studenten im Bachelor- und Master-Programm ist

insbesondere der hohe Anteil inter-nationaler Studenten aus mehr als 25 Ländern für ein weltweit tätiges Unternehmen enorm relevant. Ziel der Kooperation ist es, den Wissens-transfer zwischen Hochschule und Wirtschaft in den Studiengängen Data Analytics, Angewandte Infor-

matik und Wirtschafts-informatik zu fördern. Darüber hinaus werden gemeinsame For-schungsprojekte im Bereich „Big Data Analy-tics“ initiiert, und die Kontaktaufnahme zwi-schen Unternehmen und Studierenden der Uni-versität wird erleichtert.

Predictive Parking

Um Autofahrern einen zusätzlichen Ser-

vice zu bieten und neue Kundenkon-taktpunkte zu schaffen, forschen Stu-denten, Doktoranden und Unterneh-mensmitarbeiter beim Thema Pre-dictive Parking gemeinsam. Hier geht es um die Suche von freien öffentlichen Parkplätzen. Mit Hilfe von Daten und ohne Einsatz von Sen-soren wird prognostiziert, wo ein Parkplatz verfügbar sein wird, wenn ein Fahrer am Ziel ankommt. Dies wird das Parkerlebnis noch reibungs-loser und einfacher gestalten – also einen klaren Mehrwert für Kunden bieten.

Dienstleistungen rund ums Parken sind ohnehin bereits eines der strate-gischen Geschäftsfelder der Volks-wagen Finanzdienstleistungen. Unter der Marke PayByPhone ermöglichen Apps in vielen Ländern weltweit das Online-Bezahlen von Parkplätzen. Neben der komfortab-len Zahlungsabwicklung gewinnt für Autofahrer mit zunehmender Urba-nisierung jedoch die Parkplatzsuche an Bedeutung und ist ein Zeit- und Komfortfaktor. Und genau hier soll die App mit Hilfe von KI an­setzen.

Aktuell wird das Modell in ausge-wählten Städten getestet. So können Kunden nicht nur bezahlen, sondern bekommen auch angezeigt, wo die

VonStefan Imme

Chief Digital Officer (CDO) der Volkswagen Financial Services AG

„Es gibt also gute Gründe, den Umbruch vor allem als Chance und weniger als Risiko zu betrachten, auch wenn Algorithmen, Big Data und Co. ganze Geschäftsmodelle komplett umkrempeln werden.“

Chance auf einen freien Parkplatz am höchsten ist. Schon in der zwei-ten Jahreshälfte 2019 soll die Daten-basis substanziell erweitert und ver-bessert werden. Nach erfolgreichem Pilot erfolgt ein Roll-out auf weltweit bis zu 450 Städte, die derzeit durch die Parking-Apps der Marke PayBy-Phone bedient werden. Dieses Bei-spiel zeigt, wie einfach und schnell

Nutzer von Künstlicher Intelligenz profitieren können. Allerdings ist in Deutschland das Vertrauen von Unternehmen und Konsumenten in digitale Dienste und Innovationen oft deutlich geringer ausgeprägt als im Ausland.

Mangelndes Vertrauen

Dieses mangelnde Vertrauen zeigt sich insbesondere bei digitalen Identitäten von Kunden – die einen ganz wesentlichen, aber auch unter-schätzten Baustein einer digitalen Roadmap darstellen. Länder wie Schweden und Estland haben

„Verimi verknüpft unter-schiedlichste Dienste aus verschiedenen Industrien zu einem großen Ökosystem – mit enormen Vorteilen für Kunden und Unter-nehmen gleichermaßen. Dies hat auch die öffentliche Verwaltung erkannt, und so hat sich mit dem Freistaat Thüringen das erste Bundesland bereits für Verimi als Identitätsprovider entschieden.“

B2 Börsen-Zeitung Nr. 113 SONDERBEILAGE Sonnabend, 15. Juni 2019

Mit den Kunden verändern – nicht gegen sieZwischen Wandel und Disruption entscheidet das richtige Innovationsmaß über den Erfolg eines Regionalversicherers

Börsen-Zeitung, 15.6.2019 In der 269-jährigen Geschichte der VGH Versicherungen gab es immer wieder Zeiten starken Veränderungs-drucks. Hätte sich das Unternehmen nicht vorausschauend angepasst, wäre es heute nicht der größte öffent-lich-rechtliche Versicherer und regionale Marktführer in Nieder-sachsen. Aktuell befinden wir uns wieder in einer solchen Phase des Umbruchs, denn Innovationsbedarf besteht für die Assekuranz in vielerlei Hinsicht.

Schutz für jede Lebenslage

Im Zentrum steht die Digitalisie-rung, sie durchdringt das gesamte Geschäft. Digitalisierung verändert und beschleunigt die Kommunika-tion, öffnet neue Wege, miteinander in Kontakt zu treten. Gleichzeitig muss sie alle Kanäle und Schnittstel-len sinnvoll zusammenführen. Auch jenseits der Kommunikation bedür-fen technische Grundlagen mit ihren gewachsenen, oft in „Silos“ nebenei-nander existierenden EDV-Lösun-gen einer tiefgreifenden Modernisie-rung und Integration. Über lange Zeit eingespielte Prozesse und Arbeitsabläufe werden neu gedacht, effizienter vernetzt. Ob es um Pro-duktgestaltung, Information und Beratung, Abschluss und Vertrags-betreuung oder die verlässliche Begleitung im Schaden- und Leis-tungsfall geht: Die Zukunft gehört einem Versicherungsservice, der Schutz und Vorsorge für jede Lebenslage bietet – aus einer Hand, schnell, übersichtlich und verständ-lich, modular kombinierbar sowie spartenübergreifend jederzeit und auch mobil abrufbar.

Anpassungsdruck übt nicht nur der digitale Wandel mit seinen Protago-nisten aus – den Insurtechs, Start-ups und Big-Data-Konzernen wie Google und Amazon. Weitere Entwicklun-gen, die nachhaltig und teils global wirken, treiben den Veränderungs-bedarf. Sie bergen Herausforderun-

tion statt Konfrontation zielführen-der ist bei dem Versuch, Wandel zu gestalten und zentrale Herausforde-rungen zu bewältigen. Auch die VGH bringt sich verstärkt in Netzwerke zur Innovationsförderung ein. Exemplarisch sei die Mitarbeit im „InsurLab Germany“ genannt, das seit 2017 Versicherer mit Start-ups zusammenbringt. Die im selben Jahr gegründete VGH-Tochter „Futur X“ trägt ebenfalls innerbetrieblich, unternehmens- und branchenüber-greifend zur Entwicklung von Zukunftsthemen bei: von der Elek­­-tromobilität über den Einsatz Künst-licher Intelligenz bis hin zu zukunfts-weisenden Ansätzen in Projektma-nagement und Wissensvermittlung.

Über den Erfolg von Innovationen und verbesserten Angeboten, über die Akzeptanz von Veränderungen in der Kommunikation, in Abläufen und Prozessen eines Unternehmens ent-scheiden letztendlich weder das Management noch die Mitarbeiter oder Träger – sondern die Kunden. Das gilt insbesondere für einen öffentlich-rechtlichen Regionalversi-cherer wie die VGH. Anders als neue Marktteilnehmer, die ihren Kunden-stamm erst aufbauen müssen und sich dabei auf die Ansprüche der Digital Natives konzentrieren kön-nen, fängt ein 1750 gegründeter, alt-eingesessener Serviceversicherer nicht bei null an. Keine Frage: Es ist unerlässlich, einen zeitgemäßen Zugang zu jüngeren Zielgruppen zu finden und sie auch digital ins Boot zu holen – aber nicht so, dass dabei 1,9 Millionen Bestandskunden mit anderen Erwartungen und Gewohn-heiten, mit teils über Generationen gewachsenen Geschäftsbeziehungen über Bord gehen.

Die VGH ist kein Insurtech und will es auch nicht sein. Der Vorstand steht disruptiven (bestehende Geschäfts-modelle ersetzenden) Veränderun-gen skeptisch gegenüber. Der persön-liche Kontakt zu Versicherten, regel-mäßige Kundenumfragen und unab-hängige Studien legen ein anderes Vorgehen nahe. Bei allen Innovations-maßnahmen liegt unser Augenmerk unverändert auf der Nähe zwischen Versicherten und ihren vertrauten Ansprechpartnern in hunderten VGH-Vertretungen und Sparkassenfilialen.

Versicherte sind „hybrid“

Digitalisierungsvorhaben sollen die vor Ort gelebten Vertrauensver-hältnisse nicht ersetzen, sondern fes-tigen, indem sie dem Informations-bedürfnis und der Serviceerwartung der Kunden auch, aber eben nicht nur digital gerecht werden. Der typische VGH-Versicherte ist „hybrid“, er schätzt das Vieraugengespräch oder ein Telefonat genauso wie den Aus-tausch über Mail, soziale Medien oder das ePostfach der VGH. Er spricht mit seinem Vertreter bei einem Kaffee in der Agentur – oder lässt sich künftig vielleicht via Skype von ihm fernberaten.

Die eigentliche Herausforderung ist also, das richtige Maß an Innova-tion zu finden und dabei alte wie neue Kunden mitzunehmen. Das bewährte Geschäftsmodell der VGH wird des-halb stetig optimiert, aber nicht aktio-nistisch gegen ein neues ausge-tauscht. Kernwerte wie Regionalität, Dezentralität, Kundennähe, Fairness und Gemeinwohlorientierung stehen nicht zur Disposition. Kurz gesagt: Die VGH muss sich mit den Kunden verändern, nicht gegen sie.

Vom Tourismus sollen alle profitieren

Volkswirtschaftliche Aspekte nicht unterschätzen

Börsen-Zeitung, 15.6.2019Die Freude am Reisen ist ungebro-chen. 2018 verreisten 1,4 Milliarden Menschen. Bis 2030 wächst die Zahl nach Schätzungen der UN-Touris-musorganisation UNWTO auf rund 1,8 Milliarden. Damit ist und bleibt der Tourismus eine der am stärksten

wachsenden Branchen weltweit. Im neunten Jahr in Folge übertrifft die Reisebranche das Weltwirtschafts-wachstum – 2018 sogar um 50 %. Für die Niedersachsen gehören übrigens Spanien, die Türkei und Griechen-land zu den beliebtesten Reisezielen in diesem Sommer.

Die volkswirtschaftlichen Effekte für die einzelnen Reisegebiete sind erheblich – und werden oftmals unterschätzt. Wer weiß schon, dass in Deutschland rund 10 % der Arbeitsplätze vom Tourismus ab-hängen und die Branche insgesamt etwa 7 % zur Bruttowertschöpfung beiträgt? Noch höhere Werte finden sich in den südlichen EU-Staaten. In Portugal, Spanien, Italien und Grie-chenland liegen die Beschäftigungs-effekte der Reisewirtschaft zwischen 15 und 25 % aller Arbeitsplätze. Ähn-liches gilt auch für den Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt (BIP).

Herausfordernder Markt

Doch wirtschaftlicher Erfolg ist für Reiseunternehmen kein Selbst-läufer. Der Markt ist herausfor-dernd – gerade für klassische Veran-stalter und Airlines. Dafür gibt es im Wesentlichen zwei Gründe. Ers-

tens ist und bleibt die Tourismus-branche ein zyklisches Geschäft. So führt ein heißer mitteleuropäischer Sommer dazu, dass weniger Men-schen in den Süden reisen. Zweitens drängen neue Wettbewerber wie Online-Buchungsplattformen oder globale Tech-Giganten auf den

Markt und stellen eta­-blierte Geschäftsmodel-le infrage.

Der neue Wettbewerb macht es Veranstaltern alter Schule – die als Händler auf dem Rei­-semarkt auftreten – schwer, auskömmliche Margen zu erzielen. Die TUI Group hat frühzeitig begonnen, ihr Ge­-schäftsmodell zu trans-formieren. Mit der strate-gischen Neuausrichtung seit Ende 2014 bauen wir

das Hotel-, Kreuzfahrt- und Zielge-bietsgeschäft systematisch aus. Wir entwickeln, investieren und betrei-ben. Heute sind wir der größte Anbie-ter von Urlaubserlebnissen entlang der kompletten Wertschöpfungsket-te: 27 Millionen Kunden vertrauen der Marke TUI von der Beratung über den Flug und Transfers bis zu unseren Hotels und Kreuzfahrtschiffen. Auch bei Ausflügen vor Ort buchen unsere Gäste unsere Qualität. Bereits 70 % unseres Geschäftsergebnisses stam-men aus solchen Urlaubserlebnissen – auf das eingangs erwähnte klassi-sche Veranstalter- und Airline-Ge-schäft entfallen nur noch 30 %.

Vorreiter bei Digitalisierung

Auch beim Thema Digitalisierung zählen wir zu den Vorreitern: Block-chain-Technologie kommt bei uns bereits standardmäßig zum Einsatz, um Hotelbettenkontingente effizient dort zu vermarkten, wo die größte Nachfrage ist und bessere Margen erzielt werden können. Big Data und Künstliche Intelligenz (KI) erleich-tern es uns, die Wünsche unserer Gäste noch besser zu antizipieren und schon bei der Urlaubsplanung

Fortsetzung Seite B5

VonBirgit Conix

Chief Financial Officer der TUI Group

gen durch wachsende oder neue Risi-ken, eröffnen aber auch Chancen durch zusätzliche Geschäftsfelder und die Entwicklung innovativer Pro-dukte. Einige Beispiele:

Der Klimawandel steigert mit Wet-terextremen wie Stürmen, Starkre-gen, Hagel, Überschwemmungen

und Dürren perspektivisch den Auf-wand für Unwetterschäden – auch in Niedersachsen. Mit dem Einschluss des Elementarrisikos Starkregen in die Grunddeckung der Gebäude- und Hausratversicherung (2010) oder mit der Erweiterung der reinen Hagelversicherung für Landwirte auf Sturmschäden (2018) hat die VGH in ihrem Geschäftsgebiet darauf reagiert.

Versprechen halten können

Die Finanzierbarkeit der Altersvor-sorge ist durch eine Kombination aus anhaltendem Niedrigzinsumfeld und demografischem Wandel, also der Überalterung unserer Gesellschaft, stark herausgefordert. Anbieter, die private Lebens- und Rentenversiche-rungen in der Vergangenheit zuver-lässig organisiert haben, müssen frühzeitig auf diese Faktoren reagie-ren, um ihre Versprechen den Versi-cherten gegenüber auch künftig hal-ten zu können. Dies ist der VGH mit Einführung einer neuen, kapital-marktnäheren Produktlinie seit 2014 erfolgreich gelungen.

Produkte, für die eine marktrele-vante Nachfrage erst aus innovativen Technologien erwächst, sind zum Beispiel Policen gegen Cyberrisiken. Die VGH bietet den Rundumschutz für Eigen- und Fremdschäden durch Internetaktivitäten seit 2018 als einer der ersten Versicherer sowohl für

Gewerbe- als auch Pri-vatkunden an. Neue oder veränderte Ge­-schäftsfelder im Kielwas-ser der Digitalisierung dürften zudem mit dem Aufkommen autonomer Fahrzeuge, dem Smart Home und Smart-City-Konzepten entstehen.

Selbst gesellschaftli-cher Kulturwandel kann ökonomische Verände-rungen fordern und för-dern. Derzeit gewinnt das Thema Nachhaltig-

keit an Bedeutung, also der Stellen-wert von Umwelt- und Ressourcen-schutz, Arbeitnehmer- und Men-schenrechten, gesellschaftlichem Engagement oder der Einhaltung ethischer Richtlinien im unterneh-merischen Handeln. Kunden bezie-hen diesen Aspekt zunehmend in ihre Kaufentscheidung ein. Auch deutsche und europäische Gesetz-geber formulieren verbindliche Vor-gaben und verlangen Transparenz. Die VGH – als öffentlicher Versiche-rer ohnehin nachhaltig ausgerichtet – hat 2018 Ausschlusskriterien in der Kapitalanlage eingeführt. Sie sollen verhindern, dass bei der Neu-anlage von Kundengeldern Investi-tionen erfolgen, die gegen Prinzipi-en der Nachhaltigkeit verstoßen.

Einige Innovationen lassen sich nicht im Alleingang stemmen. Die

VonHermann Kasten

Vorstandsvorsitzender der VGH VersicherungenFo

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Furcht etwa, dass sich ein Dürrejahr wie 2018 wiederholen könnte – es führte auch in Niedersachsen zu mas-siven Ertragsausfällen in der Land-wirtschaft – hat die Diskussion um einen in Deutschland weitgehend fehlenden Versicherungsschutz vor den Folgen anhaltender Trockenheit 2019 neu belebt. Aufgrund des hohen Schadenpotenzials sind Poli-tik, Versicherungswirtschaft und Agrarsektor gemeinsam gefragt. Orientiert am Beispiel anderer Staa-ten, hat die bayerische Landesregie-rung Ende April einen ersten innova-

tiven Vorschlag gemacht. Die paritä-tische Finanzierung durch Asseku-ranz und öffentliche Hand, so der Gedanke, würde es den Versicherern erst ermöglichen, ins Risiko zu gehen und den Schutz gegen Dürreschäden für Landwirte bezahlbar zu machen.

Es zeichnet sich ab, dass auch im Verhältnis zwischen Insurtechs und etablierten Versicherern Koopera-

„Das bewährte Geschäftsmodell der VGH wird stetig optimiert, aber nicht aktionistisch gegen ein neues ausge-tauscht. Kernwerte wie Regionalität, Dezentra-lität, Kundennähe, Fairness und Gemein-wohlorientierung stehen nicht zur Disposition.“

Bis zu 95 Prozent weniger CO2 in der Stahlerzeugung?Wir sind bereit.Das Produkt wäre identisch: qualitativ höchstwertiger Stahl. Doch der Unterschied ist immens. Dennmit SALCOS® haben wir als weltweit erster Stahlkonzern ein direkt umsetzbares Produktionsverfahrenentwickelt, mit dem die CO2-Emissionen bei der Stahlerzeugung um bis zu 95 Prozent gesenkt werdenkönnen. SALCOS® ist unser konkretes Angebot, schon ab 2025 CO2-armen Stahl auf der Basis vonWasserstoff herzustellen. Allerdings erfordert die kurzfristige industrielle Realisierung dieser innovativenTechnologie einen passenden politisch-ökonomischen Rahmen. Wir sind bereit. Sie auch?

Alles zum Projekt SALCOS® finden Sie unter salcos.salzgitter-ag.com

Hier sehen Sie einenriesigen Unterschied.Und zwar für die Umwelt.

2019 2050

Steelmaking. Reinvented.

Sonnabend, 15. Juni 2019 SONDERBEILAGE Börsen-Zeitung Nr. 113 B3

Anbinden statt abhängen – Infrastrukturausbau im FokusBei Sparkassen sammeln sich Erfahrungen des Mittelstandes – Filialen werden zu einem Ort der Informationsweitergabe, Berater zu Wissensvermittlern

anbieten zu können. Hinter der For-derung für einen zügigen Breit-bandausbau steht also nicht nur der Wunsch nach einer schnellen Datenleitung. Eine vernünftige Internetversorgung in der Stadt und auf dem Land ermöglicht es vielen Unternehmen, digitaler und besser zu werden und auch über eine weite Entfernung Nähe zum Kunden her-zustellen.

Sparkassen übernehmen in ihrer Form als Anstalten öffentlichen Rechts einen Teil der kommunalen Daseinsvorsorge. Diesem Auftrag in Zeiten der Digitalisierung vollstän-dig nachzukommen, wird ohne ein leistungsfähiges Internet schwierig, denn gerade Kunden in ländlichen Regionen wird der digitale Zugang zu ihrer Sparkasse dadurch er­-schwert. Chatbots, Whatsapp und Co. bieten Sparkassen, Banken und anderen Unternehmen heute die Chance einer wichtigen positiven Differenzierung im Wettbewerb. Die-se ist mit langsamen Internetleitun-gen allerdings nur schwer oder gar nicht möglich.

Können in die Welt tragen

Vernetzt und interdisziplinär in einem digitalen Ökosystem arbeiten – das ist nicht nur eine wissenschaftli-che Beschreibung für eine Mode-erscheinung des 21. Jahrhunderts. Der Austausch von Unternehmen untereinander, auf nationaler und internationaler Ebene, beflügelt deren kreatives Potenzial und eröff-net die Chance, niedersächsisches Können und Wissen hinaus in die Welt zu tragen.

Wir haben in Niedersachsen viele mittelständische Unternehmen, die europaweit sehr erfolgreich sind. Diese zu fördern und zu unterstüt-zen, ist nicht nur unser öffentlicher Auftrag, sondern ist uns auch ein ausdrücklicher Wunsch. Menschen mit guten Ideen müssen unterstützt und gefördert werden; auch die gro-ßen Mobil-, Technologie- oder Lebensmittelkonzerne haben ein-mal klein angefangen. Vielfach wäre das ohne die Unterstützung durch eine Sparkasse sicher nicht möglich gewesen. Und wenn es dem Mittelstand gut geht, dann geht es

Impressum

Börsen-ZeitungSonderbeilage

Wirtschaftsraum NiedersachsenAm 15. Juni 2019

Redaktion: Claudia Weippert-StemmerAnzeigen: Bernd Bernhardt (verantwortlich)

Technik: Tom Maier Typografische Umsetzung: Daniela Störkel

Verlag der Börsen-Zeitung in der Herausgebergemeinschaft WERTPAPIER-MITTEILUNGEN Keppler, Lehmann GmbH & Co. KG

Düsseldorfer Straße 16 · 60329 Frankfurt am Main · Tel.: 069/2732-0(Anzeigen) Tel.: 069/2732-115 · Fax: 069/233702 · (Vertrieb) 069/234173

Geschäftsführung: Axel Harms, Torsten Ulrich, Dr. Jens ZinkeDruck: Westdeutsche Verlags- und Druckerei GmbH · Kurhessenstraße 4–6 · 64546 Mörfelden-Walldorf

Börsen-Zeitung, 15.6.201947 710 Quadratkilometer – bedeckt mit saftig grünen Wiesen, Heideland-schaften und Mischwäldern, mit his-torischen Altstädten und modernen Neubauten. Im Norden gesäumt vom Nationalpark Wattenmeer und im Süden vom Harz, im Westen von der

Ems und im Osten von der Elbe. Das ist Niedersachsen, das flächenmäßig zweitgrößte Land in Deutschland. Mit der Volkswagen AG haben wir in Niedersachsen einen der größten Automobilhersteller der Welt sitzen, und Niedersachsen erzeugt fast die Hälfte der gesamten deutschen Kar-toffelernte. Der Jade Weser Port in Wilhelmshaven ist Deutschlands ein-ziger Tiefwasser-Terminal für Groß-containerschiffe der kommenden Generationen und spielt damit eine bedeutende Rolle im internationalen Überseecontainerumschlag.

Führender Mobilitätsstandort

Und durch seine zentrale Lage in Europa führt auf der Landroute von Skandinavien bis Italien und von Paris bis nach Moskau kein Weg an Nieder-sachsen vorbei. Mit dem Wirtschafts-raum Wolfsburg-Braun-schweig-Han-nover hat sich Niedersachsen zum europaweit führenden Mobilitäts-standort entwickelt, und als tradi-tionsreiches Agrarland stellt Nieder-sachsens Land- und Ernährungswirt-schaft nach der Automobilindustrie die wichtigste Branche im Land dar. Die niedersächsischen Landmaschi-nenbauer zählen zu den Weltmarkt-führern in ihren Produktsparten.

Niedersachsen ist lebenswert, leis-tungsfähig und lebendig. Damit das

auch so bleibt, müssen sich alle Akteure gemeinsam – ganz vorne sehe ich hier das Land und die Kom-munen – dafür einsetzen.

Die fortschreitende Digitalisie-rung nimmt Einfluss auf alle Berei-che unseres Lebens. Viel diskutiert und sicherlich noch lange nicht aus-

diskutiert ist zum Bei-spiel die Frage, ob die Digitalisierung nun mehr Arbeitsplätze schafft oder mehr Ar­-beitsplätze vernichtet. Auch die Frage, ob die Arbeit im Homeoffice mit weniger persönli-chen Kontakten einen positiven Effekt auf die Arbeitsausführung hat, gewinnt mehr und mehr an Bedeutung und lässt sich ebenfalls nicht leicht beantworten. Klar

ist aber: An diesem Thema kommt niemand vorbei. Und die Attraktivi-tät eines Standortes wird heute ent-scheidend von der Verfügbarkeit schneller oder überhaupt vorhande-ner Internetanschlüsse mitbestimmt.

In Niedersachsen sind aktuell rund 70 % aller Gebäude mit schnel-lem Internet versorgt. Das heißt im Umkehrschluss: Auf 30 % der Land-karte gibt es weiße Flecken, Gebäu-

de, die gar keine Internetleitung haben oder eine mit weniger als 30 Megabit. Um einer digitalen Spal-tung Niedersachsens vorzubeugen und das Land national sowie interna-tional wettbewerbsfähig zu halten, müssen Wirtschaft und Politik in

VonThomas Mang

Präsident des Sparkassenverbandes Niedersachsen und erster Vizepräsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes

„Niedersachsen ist lebenswert, leistungs-fähig und lebendig. Damit das auch so bleibt, müssen sich alle Akteure gemeinsam – ganz vorne sehe ich hier das Land und die Kommunen – dafür einsetzen.“

auch den Sparkassen gut, und das kommt am Ende der Region, der Gemeinschaft und dem Leben vor Ort zugute.

Vernetzung ist unserer Meinung nach aber nicht nur eine grenzüber-schreitende Zusammenarbeit. Ver-netzung sollte und muss auch vor Ort stattfinden, nämlich besonders dort, wo Unternehmen einen unter-schiedlichen Wissens- und Entwick-lungsstand in puncto Digitalisie-rung haben. Sie können voneinan-der lernen und Synergien schaffen. Digitalisierung ist keine Wissen-

schaft, sie ist ein Prozess, der sich nach und nach weiterentwickelt und bei dem jedes Unternehmen und jede Person eigene Erfahrungen macht.

Wir sehen unsere Sparkassen an dieser Stelle als Schmelztiegel, in dem sich das Wissen und die Erfah-rungen unserer mittelständischen Kunden sammeln. Unsere Filialen werden auf diese Weise zu einem Ort der Informationsweitergabe, unsere Berater zu Wissensvermittlern. Ger-ne möchten wir dies als Blaupause nutzen, um Unternehmen zusam-menzubringen, und auf diese Weise die digitale Entwicklung in Nieder-sachsen unterstützen.

„Das Land Nieder-sachsen will bis 2022 über 1 Mrd. Euro in den Ausbau der digitalen Infrastruktur und die Digitalisierung von Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft investieren. Bis spätestens 2025 sollen im gesamten Landes-gebiet Übertragungs-geschwindigkeiten von mehr als 1 Gigabit pro Sekunde möglich sein.“

steht dort die innovative Datenanalyse unter Einbeziehung von Künstlicher Intelligenz (KI). Dabei sind erste digi-tale Anwendungen bereits ausgerollt worden: Bei der Suche nach Personal setzt der Versicherer seit Jahresbeginn auf KI. Potenzielle Neuzugänge stellen sich einem digitalen Eignungstest, der in etwa einer halben Stunde durch Sprachanalyse die Bewerberpersön-lichkeit analysiert. Der Vorteil: Das zeit- und kostenaufwendige Assess-ment Center entfällt komplett, und die Human-Resources(HR)-Verantwortli-chen werden von Routineaufgaben befreit.

Ein kluger Schritt

Ähnlich digital geht es etwa 50 Kilometer südöstlich zu, bei der bör-sennotierten Salzgitter AG. Der Stahlkonzern bereitet seine Mit-arbeiter seit diesem Frühjahr auf die digitale Arbeitswelt vor, per „Smart Lab“. Allen Unternehmensmitarbei-tern steht es frei, sich in diesem intel-ligenten Labor umzuschauen, digita-le Anwendungen auszutesten und

Weiterentwicklung, Anpassung und der Ausbau der Geschäftsmodelle im Rahmen des Wandels sind dabei ein wichtiger Schritt, ebenso wie die Ent-wicklung und das Aufsetzen einer Innovationskultur und deren nach-haltige Verankerung in der Organisa-tion.

Nicht als Bedrohung begreifen

Was die Unternehmen miteinan-der gemein haben, ist, dass sie bran-chenübergreifend viel mehr Anstren-gungen in Kauf nehmen müssen, um die immer größere Lücke von Exper-ten zu füllen. Es bedarf kreativer Ideen, damit Unternehmen hoch-qualifizierte Talente nicht nur gewin-nen, sondern auch nachhaltig binden können. Digitale Fachkräfte, die anfallende Transformationsaufga-ben aktiv und mit Begeisterung umsetzen. Denn zukünftig werden jene Unternehmen erfolgreich sein, die künstliche Intelligenz und digita-le Transformationsprozesse als Chance und nicht als Bedrohung begreifen.

Börsen-Zeitung, 15.6.2019Die wirtschaftliche Lage in Nieder-sachsen ist traditionell sehr abhängig von der Automobilindustrie. Geht es Volkswagen & Co. gut, profitiert auch das gesamte Bundesland. Schwä-chelt VW, so wie zuletzt im April, als der Konzern weltweit 6,6 % weniger Autos verkaufte als im Vorjahreszeit-raum, bremst es auch Niedersach-sens Konjunktur. Wie groß der Anteil von Volkswagen und den Zulieferern – zu nennen wäre da allen voran Continental – an der Wirtschaftsleis-tung letztendlich ist, lässt sich auf-grund fehlender bundeslandbezoge-ner Wertschöpfungsangaben auf Unternehmensseite nicht genau beziffern.

Die letztjährigen Untersuchungen der Norddeutschen Landesbank haben aber ergeben, dass Volkswa-gen allein für 60 % der Wertschöp-fung der 50 größten Firmen steht.

Continental, Tui, Talanx und der Stahlkonzern Salzgitter folgen auf den weiteren Plätzen. Konzerne, die ebenfalls ein ganz besonders ent-scheidender Wirtschaftsfaktor in Nie-dersachsen sind und die das Bundes-land nachhaltig prägen – auch in digi-

„Vor gewaltigen Heraus-forderungen steht die Automobilindustrie. Der Systemwechsel zur Elektromobilität muss vollzogen und gleich-zeitig die Digitalisierung der Autos gemeistert werden. Volkswagen will etwa 3,5 Mrd. Euro in seine ,Digitalisierungs-offensive‘ stecken.“

sich damit vertraut zu machen. Auf diese Weise sollen Unsicherheiten oder gar Ängste genommen werden. Ein kluger Schritt. Denn bei einem Transformationsprozess handelt es

sich nicht nur um eine technolo­-gische Organisationsverbesserung, sondern immer auch um eine unter-nehmenskulturelle Umwälzung, die Verunsicherungen auf Mitarbeiter-ebene hervorrufen kann.

In digitaler Hinsicht befinden sich die niedersächsischen Großunter-nehmen auf einem guten Weg. Die

„Es bedarf kreativer Ideen, damit Unternehmen hoch-qualifizierte Talente nicht nur gewinnen, sondern auch nachhaltig binden können.“

Vielversprechende Digitalisierungsinitiativen

taler Hinsicht. Während viele Unter-nehmen aus Mittelstand und Hand-werk die Potenziale von datengetrie-benen Geschäftsmodellen zwar erkannt haben, sind die Anwender bisher meist die Großunternehmen.

Branchenübergreifende Suche

Vor gewaltigen Herausforderun-gen steht die Automobilindustrie. Der Systemwechsel zur Elektromobi-lität muss vollzogen und gleichzeitig die Digitalisierung der Autos gemeis-tert werden. Volkswagen will etwa 3,5 Mrd. Euro in seine „Digitalisie-rungsoffensive“ stecken. Dabei hat der größte Automobilhersteller der Welt weiter mit den Nachwehen des Dieselskandals zu kämpfen. Die Kos-ten liegen mittlerweile bei in etwa 30 Mrd. Euro. Die Arbeitgebermarke hat darunter natürlich deutlich gelit-ten, und digitale Talente dürften es sich im Moment ganz genau überle-gen, ob sie den Schritt nach Wolfs-burg wagen. Zumal sich auch die Unternehmenskultur im Wandel befindet.

Indes ist der Bedarf groß: Bei VW ist man händeringend auf der Suche nach Digitalisierungsexperten. Kürz-lich wurde bekannt, dass angesichts der Trends zu E-Mobilität, Vernet-zung und autonomem Fahren allein bei der Marke VW Pkw mindestens 2 000 neue IT-Jobs rund um Soft-ware und Elektronikarchitektur ent-

stehen sollen. Doch die Konkurrenz in puncto Digitalisierungsexper­-tise ist hoch – bran­-chenübergreifend: Laut MINT-Frühjahrsreport des Instituts der Deut-schen Wirtschaft ist die Lücke zwischen Ange-bot und Nachfrage im Laufe von nur vier Jah-ren auf fast 60 000 Fach-kräfte und somit auf mehr als das Dreifache gestiegen.

In Hannover, wo der weltweit füh-rende Touristikkonzern, die Tui AG, die Digitalisierung seiner Prozesse vorantreibt, schickt man sich derweil an, die Reiseindustrie zu revolutio-nieren. Geplant ist dort ein einheitli-ches System auf Blockchain-Basis, das den Kunden Vorteile bei der Buchung von Hotelzimmern sowie passgenaue Ausflüge garantieren soll – alles nach Wunsch natürlich. Über eine App, an der momentan rund 50 Software-Experten arbeiten und deren Anzahl noch verdoppelt werden soll.

Gefragte Tätigkeiten

Dass es der Touristikbranche in Niedersachsen ohnehin an Fachkräf-tepersonal mangelt, macht dieses Unterfangen nur ungleich leichter. Gefragt sind vor allem System Engi-neers und Business Development Manager. Wobei interne Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen gerade im Bereich IT wichtige Treiber blei-ben. Ohnehin muss es Aufgabe der Unternehmen sein, in die digitale Transformation der Mitarbeiter zu investieren.

Auch die Versicherungsbranche ist in Niedersachsen prominent vertre-ten. Der hinter der Allianz und Munich Re drittgrößte deutsche Versicherer Talanx hat ebenfalls in Hannover sei-nen Stammsitz – und befindet sich mitten im digitalen Wandel. Im Fokus

VonHarald Smolak

Leiter der Functional Solution Group Human Resources bei der Atreus GmbH

Der Mittelstand hat die Potenziale erkannt – Umsetzung aber auf Seiten der Großkonzerne – KI und digitale Transformationsprozesse als Chance

eine leistungsfähige Infrastruktur investieren. Ob die Landmaschinen- und Agrarindustrie, die Hafenwirt-schaft oder auch die Automobilwirt-schaft weiterhin so produktiv sind, hängt neben anderen Faktoren auch davon ab, ob schnelles Internet vor-handen ist.

Ausgewogene Struktur

Das Land Niedersachsen will bis 2022 über 1 Mrd. Euro in den Aus-bau der digitalen Infrastruktur und die Digitalisierung von Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft inves-tieren. Bis spätestens 2025 sollen im gesamten Landesgebiet Übertra-gungsgeschwindigkeiten von mehr als 1 Gigabit pro Sekunde möglich sein. Als Finanzpartner des Mittel-standes sehen wir als Sparkassenver-band Niedersachsen und damit stell-vertretend für alle niedersächsi-schen Sparkassen einen großen Bedarf zum Ausbau der Breitband-versorgung.

Niedersachsen bezieht seine wirt-schaftliche Kraft aus einer ausgewo-genen, dezentralen Struktur. Viele Hidden Champions haben bei uns ihren Sitz in der Fläche des Landes, abseits der Zentren, und gerade die

ländlichen Gebiete, in denen Nie-dersachsen sehr erfolgreichen Ackerbau betreibt, dürfen bei der Breitbandversorgung nicht durch das Raster fallen. Eine schnelle und verlässliche digitale Infrastruktur ist für die kleinen und mittelständi-schen Unternehmen, längst aber auch für die Agrarbranche, essen-ziell. Mit dem Onlinezugangsgesetz, dem Digitalisierungsgesetz, dem Masterplan Digitalisierung und dem Handlungsplan für Digitale Verwal-tung und Justiz ist schon viel Papier beschrieben worden – jetzt müssen auf all diese Gesetze und Maß­-nahmenpapiere zeitnah auch Taten folgen.

Heute normal, morgen veraltet

Den Kundenwünschen und -be-dürfnissen gerecht zu werden, wird im Dienstleistungsbereich und auch in vielen anderen Branchen immer wichtiger. Die Entwicklung von Pro-dukten und Angeboten geht sehr schnell voran: Das, was gestern noch revolutionär war und heute normal ist, gilt morgen als veraltet. Unternehmen müssen heutzutage fähig sein, ihren Kunden immer wie-der neue und innovative Produkte

Um die Leistungsfähigkeit des Flächenlandes Niedersachsen zu erhalten und zu stärken, ist die Infrastrukturförderung von maßgeblicher Bedeutung. Foto: SVN

B4 Börsen-Zeitung Nr. 113 SONDERBEILAGE Sonnabend, 15. Juni 2019

Mit dem Prinzip Hoffnung gegen das unterschätzte RisikoVielen Mittelständlern fehlt die Sensibilisierung für die Gefahren von Cyberangriffen – Als Partner der Erstversicherer legt die E + S Rück Wert auf Prävention

Dienstleister und auch unser Fokus als Partner der Erstversicherer darauf, die Belegschaften in Klein-unternehmen für den verantwor-tungsvollen Umgang mit Cyberrisi-ken zu sensibilisieren. Laut der GDV-Umfrage erfolgte mit fast 60 % der größte Teil der erfolgreichen Cyber-angriffe über das E-Mail-Postfach eines Mitarbeiters. Nur bei einem Viertel der Attacken verschafften sich Hacker gezielt Zugriff auf die IT-Sys-teme. Das trägt dazu bei, dass Cyber-angriffe sowohl für die versicherten Unternehmen als auch die Erstversi-cherer oft nebulös bleiben, was eine risikoadäquate Versicherung er­-schwert.

Umfangreiche Unterstützung

Tritt der Cyberschaden doch ein, so bietet die E+S Rück ihren Kunden über ein Netzwerk an Dienstleistern umfangreiche Unterstützung an. Ob Notfall-Hotline, IT-Forensik, Krisen-kommunikation oder Rechtsbera-tung, zahlreiche Services stehen den versicherten Kleinunternehmen zur Verfügung. Für Versicherer besteht der große Vorteil darin, dass sie auf dieses Netzwerk zurückgreifen kön-nen. Der zeit- und kostenintensive Prozess der eigenen Auswahl entfällt.

Das Cyberrisiko in kleinen und mittleren Unternehmen ist eine unterschätzte Gefahr. Aber für die Versicherungsbranche ist es ebenso ein noch wenig bekanntes Risiko, was Kalkulation und Tarifierung schwierig macht. Beiden Seiten, Ver-sicherern und Versicherten, können wir als Rückversicherer helfen, sei es bei der Entwicklung von Policen oder beim Zugang zu Dienstleistern für Prävention und Assistance-Leistun-gen. Das kann dabei helfen, dass bei der nächsten GDV-Umfrage die Zahl der Mittelständler, die, statt auf das Prinzip Hoffnung zu setzen, eine aktive Cyberstrategie formuliert haben, deutlich zunimmt.

Börsen-Zeitung, 15.6.2019Der Mittelstand ist der Wachstums-motor Nummer 1 in Niedersachsen. Laut dem Mittelstandsbericht 2012 bis 2016 des niedersächsischen Wirt-schaftsministeriums ist die heimi-sche Wirtschaft überwiegend von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) geprägt. Dem Bericht nach waren 99,4 % der niedersächsischen Firmen kleine oder mittlere Unter-nehmen. Bei ihnen arbeiteten knapp 70 % der Beschäftigten, und sie ermöglichten mehr als 100 000 Aus-

zubildenden den Start ins Berufsle-ben. Diese wirtschaftliche Bedeu-tung des Mittelstands haben mittler-weile auch professionelle, internatio-nal operierende Cyberkriminelle erkannt.

Laut einer bundesweiten Umfrage des Versichererverbandes GDV im Frühjahr 2018 war fast jeder dritte Mittelständler bereits Opfer von Cyberangriffen. Insgesamt meinen aber 73 % der Befragten, ihr Unter-nehmen sei ausreichend gegen Cyberkriminalität geschützt. Kein Wunder, dass die Durchdringung für Cyberversicherungen im KMU-Seg-ment da nicht sonderlich hoch ist. Bei

Mittelständlern, die noch nie von Cyberattacken betroffen waren, beträgt die Quote derer, die sich mit Cyberversicherung beschäftigen, lediglich 4 %. Oft trifft es aber ausge-rechnet Kleinst- und Kleinunterneh-mer, die zuvor glaubten, ihr Unter-nehmen sei doch viel zu klein, um Opfer von Cyberattacken zu werden.

Das Bild ändert sich, sobald diese Kleinunternehmer wie Restaurant-betreiber, Ärzte oder Apotheker Opfer von Cyberangriffen werden. Statt 4 % in der Gruppe der nicht Angegriffenen beschäftigen sich plötzlich 46 % mit Cyberversiche-rung oder schließen gar eine Police ab. Für Niedersachsen dürfte der Trend ähnlich aussehen, dennoch ist es schon überraschend, dass deutschlandweit so viele Kleinunter-nehmer nicht für Cybergefahren sen-sibilisiert sind.

Neuer Wachstumsmarkt

Es spricht alles dafür, dass sich hier eine neue Deckungslücke der digita-lisierten Wirtschaft und damit ein neuer Wachstumsmarkt für die Versi-cherungsbranche aufgetan hat. Des-halb legt die E+S Rückversicherung AG beim Thema Cyberversicherung den Schwerpunkt gerade auf die Ent-wicklung des Geschäfts mit kleinen und mittleren Unternehmen. Als Unternehmen mit Sitz in der nieder-sächsischen Landeshauptstadt Han-nover fühlen wir uns nicht zuletzt auch der Unterstützung des heimi-schen Mittelstands verpflichtet. Wir als E+S Rück verkaufen zwar keine Cyberversicherungen, aber durch unsere Serviceleistungen und inter-nationale Erfahrung können wir unseren Kunden, den Erstversiche-rern, beratend zur Seite stehen.

Der Umgang mit Cybersecurity unterscheidet sich signifikant zwi-schen großen Unternehmen und dem Mittelstand. Große Unternehmen verfügen über mehr Ressourcen für

Schadenprävention, Erkennung von Risiken und die Reaktion im Ernstfall als die meisten kleinen und mittleren Unternehmen. Deshalb muss hier klar bei der Prävention angesetzt werden, damit die Eintrittswahr-scheinlichkeit für einen Cyberscha-den so gering wie möglich wird.

Entsprechend der Attraktivität des Marktes arbeiten viele Erstversiche-rer an Cyberdeckungen. Nicht immer sind es eigenständige Cyberpolicen, sondern Erweiterungen in anderen Produkten. Erschwerend kommt hin-zu, dass sich Cyberrisiken von tradi-tionellen Risiken unterscheiden und für die Branche oft noch schwer zu kalkulieren sind. Cyberbedingungen gab es anfangs nur für die Industrie-versicherung, erst seit 2017 gibt es auch Musterbedingungen für eine Cyberversicherung für Mittelständ-ler. Das ist gut, denn die Nachfrage aus diesem Segment nimmt zu.

Präventiver Ansatz

Der Vertriebserfolg der deutschen Versicherer hängt dabei insbesonde-re von guten Service- und Assistance-Leistungen ab. Entsprechend ist auch bei der E+S Rück nicht nur die Zah-lung der Versicherungsleistung eine entscheidende Komponente. Sie ist lediglich einer von drei Aspekten eines wirksamen Schutzes gegen

Cyberrisiken. Um einen umfassen-den Mehrwert im Schadenfall zu bie-ten, gilt es, den Fokus auf die Scha-denminderung durch effektive Scha-denbearbeitung zu legen sowie auf die Erhöhung der IT-Sicherheit, damit es gar nicht erst zum Cyber-schaden kommt.

Ein Blick in die GDV-Umfrage zeigt, dass die-ser präventive Ansatz gut ist. Denn auch wenn rund drei Viertel der vom GDV befragten Klein-unternehmer meinen, sie seien ausreichend geschützt gegen Cyber-kriminalität, so fällt bei genauerem Hinsehen auf, dass es bei der Prä-vention nach der Nut-zung von Virenscannern, Firewalls und Sicher-heitsupdates eher dünn

wird. Nur zwei von drei Unterneh-men im KMU-Segment vergeben für jeden Mitarbeiter eigene passwortge-schützte Zugänge. Nur in etwa jedem zweiten Unternehmen werden sen-sible Daten verschlüsselt und in sechs von zehn Unternehmen dürfen Mit-arbeiter private Geräte in der Unter-nehmens-IT nutzen. Weiter ist ein Großteil der Cyberattacken auf man-gelnde Sicherheitskenntnisse der eigenen Mitarbeiter zurückzuführen. Sie für den Umgang mit Cyberrisiken zu sensibilisieren, ist daher ein effek-tiver Weg, die Einfallstore für Cyber-angriffe zu verkleinern.

Die E+S Rück hat hierfür bei-spielsweise ein Produkt entwickelt, das Erstversicherern mit Tarifie-rungshilfe, Know-how und Assis­-tance-Leistungen unterstützt. Denn insbesondere kleinere Versicherer tun sich aktuell noch schwer, die richtigen Partner für Cyberpräven-tion, Risikobewertung und Schaden-management zu finden.

Ihren Kunden bietet die E+S Rück in allen Bereichen rund um eine

VonMichael Pickel

Vorstandsmitglied der Hannover Rück SE und Vorstandsvorsitzender der E+S Rückversiche-rung AG, Hannover

„Um einen umfassenden Mehrwert im Schadenfall zu bieten, gilt es, den Fokus auf die Schaden-minderung durch effektive Schaden-bearbeitung zu legen sowie auf die Erhöhung der IT-Sicherheit, damit es gar nicht erst zum Cyberschaden kommt.“

Cyberpolice daher umfangreiche Unterstützung an. Gemeinsam mit der aktuariellen Beratungsgesell-schaft MSK haben wir einen Cyber-tarifrechner für KMU-Policen ent­-wickelt sowie einen Cyberdatenpool für Versicherer zur Gewinnung von Erkenntnissen über Schadenent­-wicklungen aufgebaut. Darüber hinaus unterstützen wir Erstversi-cherer im Bedarfsfall bei der Erstel-lung der Versicherungsbedingun-gen sowie der Einschätzung von Sonderrisiken.

Über Kooperationspartner unter-stützen wir unsere Kunden bei der Auswahl von Assistance-Dienstleis-tern rund um Cyberprodukte. Hier kommt zum Beispiel Perseus, ein Unternehmen für Cybersicherheit, ins Spiel, mit dem wir wie auch mit anderen Dienstleistern zusammen-arbeiten. Perseus stellt die in der

Industrie herrschenden Zusammen-hänge zwischen Gefährdungspoten-zial, Risikobewusstsein und Präven-tionsmechanismen in den Vorder-grund und bietet eine einfache, aber umfassende, auf den Menschen abge-stimmte Lösung für Mittelständler.

Da viele Cyberattacken durch Mit-arbeiter unwissentlich erleichtert werden, liegt der Schwerpunkt vieler

„Das Cyberrisiko in kleinen und mittleren Unternehmen ist eine unterschätzte Gefahr. Aber für die Versiche-rungsbranche ist es ebenso ein noch wenig bekanntes Risiko, was Kalkulation und Tarifie-rung schwierig macht.“

Vom Tourismus sollen alle profitierenam heimischen iPad personalisierte Vorschläge zu unterbreiten.

Auch bei unseren Zukäufen sind wir auf Digitalisierung ausgerichtet. So steigt die TUI Group mit der Über-nahme des italienischen Technolo-gie-Start-ups Musement zu einem der größten Anbieter im Wachstums-markt der Urlaubsaktivitäten auf. Im Stile der Plattformökonomie arbei-ten wir auch mit qualitätsgeprüften Drittanbietern vor Ort zusammen, die Urlaubsgästen online Ausflüge und Aktivitäten anbieten. Unsere Plattform ist der Marktplatz für Kun-den und Anbieter.

Unser Kerngeschäft mit eigenen Hotels, eigenen Kreuzfahrtschiffen und Aktivitäten am Urlaubsort ist hochprofitabel und auf Wachstum ausgerichtet. Die Bilanz ist stark, der ROIC (Return on Invested Capital) lag zuletzt bei 23 % und damit weit über den Kapitalkosten. Wir sind strategisch und wirtschaftlich her-vorragend aufgestellt und investie-ren weiter: Allein in dieser Sommer-saison eröffnen in elf Ländern 20 neue Hotels unserer internationalen Marken. In den Destinationen arbei-tet natürlich auch der Großteil unse-rer rund 70 000 Mitarbeiter, da wir vor Ort „produzieren“.

Gut für die Bevölkerung

Damit gehen Chancen einher, die weit über das eigene Unternehmen hinausreichen. Wo Reisekonzerne wie die TUI Group investieren, wer-den zugleich Einkommen, Bildung, Infrastruktur, medizinische Versor-gung und vieles mehr angestoßen. Davon profitiert die Bevölkerung vor Ort. Gerade in Schwellen- und Ent-wicklungsländern erlebe ich immer wieder, welche Perspektiven der Tourismus den Menschen vor Ort eröffnet. Siehe Afrika: Der Touris-mus bietet dort heute bereits 10 Mil-lionen direkte Arbeitsplätze. Inklusi-ve aller Effekte auf andere Branchen wie Bauindustrie, Landwirtschaft, Telekommunikation und vieles mehr sind es gar 25 Millionen Jobs, die den Menschen Perspektiven auf sicheres Einkommen und bescheidenen Wohlstand bieten.

Die 67 Millionen Urlauber, die den Kontinent 2018 besucht haben, gaben dort rund 40 Mrd. Dollar aus – das entspricht fast der gesamten Entwick-

Fortsetzung von Seite B3 lungshilfe der Staatengemeinschaft für Afrika. Tourismus birgt damit auch eine entwicklungs- und außen-politische Dimension. Das wird mehr denn je wahrgenommen, wie auch die jüngst von der Bundesregierung vor-gelegten Eckpunkte für eine Touris-musstrategie zeigen: Eines von drei Kernzielen lautet, durch die Touris-muswirtschaft zur internationalen Stabilität beizutragen.

Die Wachstumsperspektiven für den Tourismus freuen also nicht nur uns als Konzern, sondern bergen erhebliche Chancen für die Reisere-gionen in aller Welt. Zwingende Voraussetzung ist allerdings, dass das Wachstum nachhaltig erfolgt,

denn: Unsere Kunden wollen eine unversehrte Natur erleben, an saube-ren Stränden baden und in den Reise-zielen als Gäste willkommen sein. Wie sind wir hier aufgestellt?

Es zahlt sich aus

Für den Schutz von Umwelt und Klima investieren wir viele Millionen Euro in neueste Technologien. Das zahlt sich aus. Vier Beispiele: Unsere britische und unsere deutsche Flug-gesellschaft stehen im renommier-ten atmosfair Airline Index weltweit auf Platz 1 und 4 – von insgesamt 125 Airlines. Im Hotelbereich zählen wir bei erneuerbaren Energien zu den Vorreitern. So produziert die Solaranlage des süditalienischen Robinson Clubs Apulia seit Sommer 2018 rund 1 400 Megawattstunden Strom pro Jahr – und ist damit eine der größten Hotelsolaranlagen euro-paweit.

Auf hoher See betreiben wir eine der modernsten Flotten und konnten beispielsweise die CO2-Emissionen pro Kreuzfahrtpassagier und Über-nachtung von 2015 bis 2018 um rund 12 % verringern. Und die TUI-Toch-ter Hapag-Lloyd Cruises nutzt für ihren jüngsten Neubau Hanseatic nature in besonders schützenswer-ten Gebieten schadstoffarmes Mari-ne-Gasöl als Treibstoff – ab Juli 2020 wird dies auf allen Routen der Expe-ditionsflotte gelten.

Menschen vor Ort einbinden

Unsere Bemühungen für mehr Nachhaltigkeit sind aber nur dann erfolgreich, wenn es uns gelingt, unsere Kunden dafür zu begeistern und die Menschen vor Ort einzubin-den. Die TUI Care Foundation for-ciert die positive Gestaltungskraft des Tourismus in über 30 Projekten weltweit in besonderer Weise. Zwei Beispiele, die mich begeistern: Im vietnamesischen Hue hat die TUI Care Foundation 2018 ein Bildungs-projekt ins Leben gerufen, das 350 benachteiligten jungen Menschen eine Berufsausbildung und Praktika bietet. Zugleich werden ihre Fami-lien bei ihrer Finanzplanung unter-stützt und ermutigt, jüngere Kinder weiterhin zur Schule zu schicken.

Und auf Kreta unterstützt die Stif-tung rund 200 Kleinbauern dabei, den Übergang zu einem nachhaltigen Anbau von Weintrauben und Oliven zu meistern. Zudem vernetzt die Stif-tung die Bauern direkt mit dem Tou-rismussektor – damit Hotelküchen lokales Olivenöl verwenden, Restau-rants lokale Weine servieren, Geschäfte diese lokalen Produkte ver-treiben und Ausflugsprogramme die-se Angebote Besuchern präsentieren.

Die Gestaltungskraft des Touris-mus reicht also viel weiter, als Men-schen die schönste Zeit des Jahres zu ermöglichen. Unser Ziel ist es, dass alle vom Tourismus profitieren – die Urlauber ebenso wie die Mit-arbeiter von Hotels, Einzelhändler, Gaststättenbetreiber und Landwirte in den Reisegebieten und damit brei-te Bevölkerungsschichten. Je besser uns das gemeinsam mit den Behör-den und der Politik vor Ort gelingt, desto besser sind unsere Angebote und desto mehr Urlauber verreisen mit uns – was wiederum gut für unse-re Anteilseigner und Hannover als Sitz unseres Unternehmens ist.

„Tourismus birgt auch eine entwicklungs- und außenpolitische Dimension. Das wird mehr denn je wahrge-nommen, wie auch die jüngst von der Bundes-regierung vorgelegten Eckpunkte für eine Tourismusstrategie zeigen.“

EIN ZUHAUSE FÜRIHR VERMÖGEN IN HANNOVERIn unruhigen Zeiten ist ein verlässlicher, vertrauensvoller Partner entscheidend.Seit Jahrzehnten sind wir für unsere Kunden in Hannover und Niedersachsen daund kümmern uns um ihr Vermögen. Über die Jahre haben wir viele Trends kom-men und gehen sehen. In unserer Arbeit konzentrieren wir uns jedoch auf Wertewie Beständigkeit und Vertrauen. Sie bilden das Fundament für eine individuelleBeratung. Nur so werden wir unserem Anspruch gerecht, dem uns anvertrautenVermögen ein sicheres Zuhause zu bieten.

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Sonnabend, 15. Juni 2019 SONDERBEILAGE Börsen-Zeitung Nr. 113 B5

Modern und innovativ Verantwortung übernehmenDie Börse Hannover als Teil der BÖAG Börsen AG wird 20 – Die Nähe zum Anleger steht für das bewährte Börsenmodell an oberster Stelle

Börsen-Zeitung, 15.6.2019In diesem Jahr feiert die BÖAG Bör-sen AG, Trägergesellschaft der Wert-papierbörsen Düsseldorf, Hamburg und Hannover sowie der elektroni-schen Handelssysteme Quotrix und LS Exchange, ihr 20-jähriges Jubilä-

um. Zeit also, um einen Blick zurück zu werfen und gleichzeitig nach vor-ne zu schauen.

Mit dem Ziel, Kräfte zu bündeln und Synergien zu heben, wurde 1999 die BÖAG Börsen AG als Dach der beiden norddeutschen Börsen Ham-burg und Hannover gegründet. Damit

wurde die Basis für einen modernen und effizienten Wertpapierhandel geschaffen, der neben dem klassi-schen Handel mit Aktien, Anleihen, Investmentfonds und Zertifikaten auch die Entwicklung innovativer Anlageprodukte und Handelsmög-lichkeiten im Fokus hat. In Zeiten eines immer stärker diversifizierten (Finanz-)Marktes sind Börsen mehr denn je darauf angewiesen, neue Angebote zu entwickeln und Geschäftsfelder auch außerhalb des

klassischen Wertpapierhandels zu besetzen. Die erfolgreiche Zusam-menarbeit der beiden Börsen in den Folgejahren brachte neue Ideen und Produkte hervor, die heute nicht mehr wegzudenken sind. Hier einige wich-tige Stationen der letzten 20 Jahre:

Mit dem Fondshandel Hamburg führte die Bör-se Hamburg im Jahr 2002 die erste börsliche Handelsplattform für Investmentfonds ein. Anleger haben seitdem die Möglichkeit, Invest-mentfonds so einfach und kostengünstig zu handeln wie Aktien. Bör-sentäglich können mitt-lerweile rund 3 700 Aktien-, Renten- und Immobilienfonds ohne Ausgabeaufschlag zu

aktuellen Preisen ge­handelt werden. Die erfolgreiche Etablierung des

Fondshandels in Hamburg führte im Jahr 2011 zu einer Erweiterung des Kaufangebots für Investmentfonds: die Einführung des Fondsservice Hannover. Dieser bietet Anlegern die Möglichkeit, Fondsanteile über

die Börse Hannover zum jeweils offiziellen Rücknahmepreis der Fondsgesellschaft ohne Ausgabeaufschlag zu kaufen.

Im Zuge des globalen Klimawandels hat die Bedeutung von Nach-haltigkeit und Verant-wortung in allen Le­-bensbereichen zuge-nommen – auch in der Geldanlage. Die Initiie-rung des Global Challen-ges Index (GCX) im Jahr

2007 war damit für die Börse Hanno-ver ein konsequenter Schritt in die Zukunft. Der Index umfasst 50 Aktien internationaler Unterneh-men, die in ihrem Kerngeschäft sub­-stanzielle und richtungsweisende Beiträge zur Bewältigung der sieben globalen Herausforderungen dieses Jahrtausends leisten, denen sich Politik, Gesellschaft und Wirtschaft stellen müssen.

Dazu gehören unter anderem die Bekämpfung der Armut, der Erhalt

VonHendrik Janssen . . .

Vorstand der BÖAG Börsen AG

. . . undThomas Ledermann

Vorstand der BÖAG Börsen AG

kostengünstigen Zugang zum Kapi-talmarkt, der sich durch große Trans-parenz auszeichnet. Für die notwen-dige Sicherheit sorgt dabei die Han-delsüberwachungsstelle als unab-hängiges Börsenorgan.

Regelmäßige Seminare

Die Nähe zum Anleger steht für die Börse Hannover immer an oberster Stelle. So kann sie Anlegerbedürfnis-se unmittelbar identifizieren und in entsprechenden Angeboten und Pro-dukten umsetzen. Mit direkten Ansprechpartnern für Fragen rund um den Wertpapierhandel versteht sie sich als serviceorientierte Infor-mationsplattform, die auf individuel-le Betreuung und eine hohe Qualität

der angebotenen Dienstleistungen setzt. Regelmäßig stattfindende Seminare wie „Der Börsenführer-schein“ und Anlegerforen in Zusam-menarbeit mit der Deutschen Schutz-vereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) und der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) bieten Inte-ressierten zudem die Möglichkeit, sich ausführlich vor Ort über ver-schiedene Formen der Geldanlage zu informieren.

Auch in den nächsten Jahren möchte sich die Börse Hannover als moderne und innovative Börse aktu-ellen sozialen wie ökologischen The-men widmen und damit gesellschaft-liche Verantwortung übernehmen. Die Performance des Global Challen-ges Index der letzten zwölf Jahre zeigt, dass der nachhaltige Weg der erfolgreiche Weg ist. Diesen möchte die Börse Hannover in Zukunft wei-tergehen und ihren Handelsplatz als Platz für nachhaltige Geldanlagen ausbauen.

„Die Performance des Global Challenges Index der letzten zwölf Jahre zeigt, dass der nachhaltige Weg der erfolgreiche Weg ist.“

der Artenvielfalt oder die Bekämpfung der Ursa-chen und Folgen des Kli-mawandels. Die Aus-wahl der Aktien, die Auf-nahme in den Index fin-den, erfolgt auf Basis eines mehrstufigen Pro-zesses in Zusammen-arbeit mit der Nachhal-tigkeits-Ratingagentur ISS-oekom und einem unabhängigen Beirat. Seit seiner Auflage konn-te der GCX insgesamt ein Plus von 175 % verbu-chen. Damit übertrifft die Performance des Nachhaltigkeitsindex Vergleichsindizes wie den Dax oder MSCI World deutlich. Der Erfolg des GCX zeigt, dass sich Nachhaltigkeit und Rendite nicht aus-schließen.

In Vorstandsetagen und Führungsgremien deutscher börsennotier-ter Unternehmen sind Frauen noch immer deutlich unterrepräsen-tiert. So zeigt nicht zuletzt die Einführung der gesetzlichen Frauen-quote: Gender Diversi-tät und die Förderung einer Geschlechterpari-tät gehören zu den wich-tigen Themen unserer Zeit. Die Börse Hannover hat im April 2015 mit dem German Gender Index den bundes-weit ersten investierbaren Index zum Thema Gender Diversity eingeführt. Sie bildet darin die Performance der 50 deutschen börsennotierten Un­-ternehmen ab, die sich durch ein möglichst ausgewogenes Verhältnis zwischen weiblichen und männli-chen Führungskräften in Vorstand und Aufsichtsrat auszeichnen.

Aus zwei werden drei

Von Beginn an als offene Struktur konzipiert, um weitere Marktteil-nehmer aufnehmen zu können, erreichte die BÖAG Börsen AG 2017 einen weiteren Meilenstein: den Zusammenschluss mit der Börse

Düsseldorf. Mit attraktiven Handels-bedingungen und Leistungsgaran-tien konnte ein weiterer speziell für Privatanleger interessanter Börsen-platz gewonnen werden. Zudem bie-tet die Börse Düsseldorf besondere Listing-Möglichkeiten für kleinere und mittlere Unternehmen im Quali-tätssegment Primärmarkt. Neben dem maklergestützten Handel ermöglicht das elektronische Han-delssystem Quotrix den schnellen, neutral überwachten Handel mit Marketmakern ohne börsliche Kos-ten. Quotrix belegt nach Umsatz in den Dax-Werten aktuell Rang 4 der deutschen Handelsplätze.

Trotz ihres Verbunds unter der Trägergesellschaft BÖAG Börsen AG haben sich die drei Handelsplätze Düsseldorf, Hamburg und Hannover

ihren regionalen Bezug sowie ihre individuellen Stärken bewahrt. Nun gilt es, diese auch in Zukunft weiter auszubauen. Wo steht die Börse Hannover und wie möchte sie sich in den nächsten Jahren wei-terentwickeln?

Die Börse Hannover blickt auf eine mehr als 230 Jahre alte Geschichte zu­-rück. Seit 1787 bietet sie dem Handel einen transpa-renten Marktplatz für den Austausch von Angebot und Nachfrage und ist damit eine der ältesten und tradi-tionsreichsten Institutionen in Hannover.

Der regionale Bezug zur niedersächsischen Wirt-schaft ist der Börse Hanno-ver ein wichtiges Anliegen. So begleitet sie mit der Norddeutschen Landesbank seit dem Jahr 2002 einen Index, der die Entwicklung von 20 Unternehmen in Nie-dersachsen widerspiegelt: den Nisax 20. In ihm finden sich die wichtigsten börsen-notierten Unternehmen Niedersachsens mit sowohl großen, international täti-gen Unternehmen als auch kleineren Werten mit eher regionaler Ausrichtung. Anleger haben damit die

Möglichkeit, zugleich regional inves-tiert wie auch am globalen Markt beteiligt zu sein.

Wichtiges Bindeglied

In ihrer Funktion als regionaler Handelsplatz stellt die Börse Hanno-ver ein wichtiges Bindeglied zwi-schen Anlegern und Unternehmen in der Wirtschaftsregion Niedersachsen dar. Im Jahr 2011 wurde mit der Mittelstandsbörse Deutschland ein Handelssegment eröffnet, das mittel-ständischen Unternehmen einen Zugang zum Kapitalmarkt ermög-licht und besonders auf ihre Bedürf-nisse zugeschnitten ist. Sowohl pri-vate wie institutionelle Anleger erhalten über die Börse Hannover einen unmittelbaren, einfachen und

Die Börse Hannover – An der Börse 2 direkt neben dem Opernplatz Foto: Börse Hannover

B6 Börsen-Zeitung Nr. 113 SONDERBEILAGE Sonnabend, 15. Juni 2019