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Sozgg05/03/01 Sozgg05/03/01 Modul 05/03 Modul 05/03 Fragestellungen und Erkennt- Fragestellungen und Erkennt- nisse der verhaltenswissen- nisse der verhaltenswissen- haftlichen Sozialgeographie haftlichen Sozialgeographie Sozialgeographie: Räumliche Strukturen der Gesellschaft © © Peter Weichhart Peter Weichhart 290118 VO 290118 VO WS 2013/14 WS 2013/14 3 Std., 4 ECTS-Punkte 3 Std., 4 ECTS-Punkte Dienstag, 17:00 –18:00 HS 4C und Mittwoch, 12:00 – 14:00; Dienstag, 17:00 –18:00 HS 4C und Mittwoch, 12:00 – 14:00; Hs. 5A, Hs. 5A, Kapitel 29.01; 29.02; 29.05; (B11-3.2) (B07-3.2) (L2-b2, Kapitel 29.01; 29.02; 29.05; (B11-3.2) (B07-3.2) (L2-b2, L2-b3, L2-b-zLV) L2-b3, L2-b-zLV)

Sozgg05/03/01 Modul 05/03 Fragestellungen und Erkennt- nisse der verhaltenswissen- schaftlichen Sozialgeographie II Sozialgeographie: Räumliche Strukturen

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Sozgg05/03/01Sozgg05/03/01

Modul 05/03Modul 05/03Fragestellungen und Erkennt-Fragestellungen und Erkennt-nisse der verhaltenswissen-nisse der verhaltenswissen-

schaftlichen Sozialgeographie IIschaftlichen Sozialgeographie II

Sozialgeographie: Räumliche Strukturen der Gesellschaft

© © Peter WeichhartPeter Weichhart290118 VO290118 VO

WS 2013/14WS 2013/14

3 Std., 4 ECTS-Punkte 3 Std., 4 ECTS-Punkte Dienstag, 17:00 –18:00 HS 4C und Mittwoch, 12:00 – 14:00; Hs. 5A, Dienstag, 17:00 –18:00 HS 4C und Mittwoch, 12:00 – 14:00; Hs. 5A,

Kapitel 29.01; 29.02; 29.05;  (B11-3.2) (B07-3.2) (L2-b2, L2-b3, L2-b-zLV)Kapitel 29.01; 29.02; 29.05;  (B11-3.2) (B07-3.2) (L2-b2, L2-b3, L2-b-zLV)

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Hypothesen der Mental-Map-Hypothesen der Mental-Map-Forschung IForschung I

Sozgg05/03/02Sozgg05/03/02

• Menschliche Vorstellungsbilder über die Realität sind subjektiv gefärbt, verzerrt, schematisiert, mit Zusätzen versehen und unvollständig.

• Sie entstehen im Zuge des Sozialisationsprozes- ses und der Enkulturation und werden im Rahmen einer aktiven Interaktion mit der Umwelt erworben.

• Sie sind nach subjektiven und kulturspezifischen Dimensionen der Welterfahrung strukturiert.

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Sozgg05/03/03Sozgg05/03/03

Hypothesen der Mental-Map-Forschung II

• Mental Maps sind auf die lebensweltlichen Sinnzu- sammenhänge alltagspraktischer Erfahrung bezogen.

• Sie besitzen immer auch „räumliche“ oder auf „Räumlichkeit“ bezogene Elemente (Orientierungs- informationen, Hinweise auf Lagerelationen in der Ding- und Körperwelt).

Entstehungsprozess: UmweltkognitionEntstehungsprozess: Umweltkognition(environmental cognition).(environmental cognition).

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Cognitive Kartierung (Cognitive Cognitive Kartierung (Cognitive Mapping/Spatial Cognition)Mapping/Spatial Cognition)

Sozgg05/03/04Sozgg05/03/04

Vorstellungsinhalte, die sich auf Lage- und Stand-Vorstellungsinhalte, die sich auf Lage- und Stand-ortattribute von lebensweltlichen Phänomenen be-ortattribute von lebensweltlichen Phänomenen be-ziehen. ziehen.

Das „Produkt“ des kognitiven Das „Produkt“ des kognitiven Kartierens wird als „Mental Map“ Kartierens wird als „Mental Map“

bezeichnet.bezeichnet.

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Cognitive Mapping

Sozgg05/03/05

A process „...composed of a series of psycho-logical transformations by which an individual acquires, codes, stores, recalls, and decodesinformation about the relative locations and attributes of phenomena in his everyday spatial environment...“

R. M. DOWNS und D. STEA, 1973, S. 9(Hervorhebung P. W.)

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Kognitives KartierenKognitives Kartieren

Sozgg05/03/06Sozgg05/03/06

„„Kognitives KartierenKognitives Kartieren ist ein abstrakter Begriff, ist ein abstrakter Begriff,welcher jene kognitiven oder geistigen Fähig-welcher jene kognitiven oder geistigen Fähig-keiten umfasst, die es uns ermöglichen, In-keiten umfasst, die es uns ermöglichen, In-formationen über die räumliche Umwelt zu formationen über die räumliche Umwelt zu sammeln, zu ordnen, zu speichern, abzuru-sammeln, zu ordnen, zu speichern, abzuru-fen und zu verarbeiten. Diese Fähigkeiten än-fen und zu verarbeiten. Diese Fähigkeiten än-dern sich mit dem Alter (oder der Entwicklung)dern sich mit dem Alter (oder der Entwicklung)und dem Gebrauch (oder Wissen).“und dem Gebrauch (oder Wissen).“

R. M. DOWNS und D. STEA, 1982, S. 23.R. M. DOWNS und D. STEA, 1982, S. 23.

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Ursachen für die „Verzerrungen“ von Mental Maps

Sozgg05/03/07Sozgg05/03/07

• unzureichende Information;

• Fehleinschätzung von Distanzen und Wegzeiten;

• Vorurteile, emotionale Bindung oder Ablehnung von Gebieten und Orten;

• Zweckbezug und Handlungskontext;• etc.

Mental Map: „...the mental image or construct, thatpeople use to remember or anticipate activity in geographical space.“ (JAKLE, BRUNN & ROSEMAN, 1977, S. 305

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Die Welt in den Vorstellung von Ronald Reagan

Sozgg05/03/08

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Die Entwicklung raumbezogener Kognition bei Kindern

Sozgg05/03/09Sozgg05/03/09

J. PIAGET, 1929, The Child‘s Conception of the World;

J. PIAGET und B. INHELDER, 1956, TheChild‘s Conception of Space;

G. T. MOORE und R. G. GOLLEDGE, Hrsg., 1976, Environmental Knowing.

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Sozgg05/03/10Sozgg05/03/10

Die Entwicklung raumbezogener Die Entwicklung raumbezogener Kognition bei KindernKognition bei Kindern

• Raumbezogene Kognition entwickelt sich Hand Raumbezogene Kognition entwickelt sich Hand in Hand mit der generellen kognitiv-intellektuellenin Hand mit der generellen kognitiv-intellektuellen Entwicklung des Kindes;Entwicklung des Kindes;

• Erarbeitung kognitiver „Schemata“, die als ModelleErarbeitung kognitiver „Schemata“, die als Modelle der räumlichen Struktur von Umwelt dienen; der räumlichen Struktur von Umwelt dienen;

• einfache Schemata in der frühen Kindheit werdeneinfache Schemata in der frühen Kindheit werden im Entwicklungsverlauf durch komplexere ersetzt.im Entwicklungsverlauf durch komplexere ersetzt.

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Die kognitive Entwicklung des Menschen I

Sozgg05/03/11Sozgg05/03/11

• Sensomotorische Phase: Geburt bis Ende des 2. Lebensjahres; Welterfah-rung über konkretes Handeln; Nahumgebung; egozentrischer Raumbegriff; Mutter als Bezugs-größe für Richtung und Distanz.

• Präoperationale Phase:

Ende des 2. bis Ende des 7. Lebensjahres, Ent-wicklung eines topologischen Raumverständnis-ses.

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Sozgg05/03/12

Die kognitive Entwicklung des Menschen II

• Konkret operationale Phase:

7. – 11. Lebensjahr; Erfassung von Raumvor-stellungen unabhängig vom eigenen Handeln;

• Formal operationale Phase:

Kognitive Bewältigung von Raumabstraktionen,Koordinatensystem, relative Lage, etc.

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Der Weg nach HauseSozgg05/03/13Sozgg05/03/13

Quelle: J. A. JAKLE, S. BRUNNUnd C. C. ROSEMAN, 1976, S. 77

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Die Entwicklung der räumlichen Kognition

Sozgg05/03/14

Ontogenese, Phylogenese, Mikrogenese

KONKRET ABSTRAKT

EGOZEN-TRISMUS

PERSPEK-TIVISMUS

Kleinkind VorschulalterMittlereKindheit Adoleszenz

Sensomotori-sche Phase

PräoperationalePhase

Konkret opera-tionale Phase

Formal operatio-nale Phase

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en (Mutter-Kind-Dyade)

Topologischer RaumProjektiver Raum

Euklidischer/metrischer RaumQuelle: J. R. GOLD, 1980, Fig. 5.3., S. 69, verändert

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Mikrogenese I

Sozgg05/03/15

• Formale Ähnlichkeiten mit den Entwicklungsstufen raumbezogener Kognition bei Kindern;

• selektives, egozentrisches Bild mit Betonung der Standorte eigener Aktivitäten;

• Entwicklung eines einfachen kognitiven „Raumge- rüstes“ aus Knoten, Kanten und Attributen;• Orientierung über symbolische Repräsentationen von Ortsbeziehungen (Viertelsnamen, Gebäude- bezeichnungen;

• Navigation erfolgt primär nach topologischen Kriterien.

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Sozgg05/03/16

Mikrogenese II• Wiedererkennen von Routen und baulichen Struk- turen nach mehrmaliger Wahrnehmung, Erinne- rung an Richtungsänderungen und Lagerelationen, „Gefühl“ für Entfernungen;

• „Landmarken“ können immer besser als räumliche Bezugspunkte eingesetzt werden, die zum „Ein- klinken“ oder Vernetzen neuer räumlicher Informa- tionen nutzbar gemacht werden;• zunehmende Verknüpfung der primär „linearen“ Informationen zu flächenhaften Strukturen.

• Bedeutung der „Legibility“ (Lesbarkeit)

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„Navigation“, Richtungs- und Distanzwahrnehmung

Sozgg05/03/17

• Menschliche Orientierungssysteme sind (vor allem am Beginn von Lernprozessen) durch ein egozentrisches Referenzmodell gekennzeichnet;

• euklidische oder kompassähnliche Orientierungs- systeme sind keine notwendige Voraussetzung für eine korrekte Navigation;

• räumliche Distanzen sind kognitiv besser zu fas- sen als zeitliche Erstreckungen (Wegzeiten).

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Das Raumsystem der Alfuren

SozggI/05/03/18Quelle: D. Reichert, 1996, S. 22-24

lowau (dem Meer zu)

lodaja

lodi lokai

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Sozgg05/03/19Quelle: D. Reichert, 1996, S. 22-24; E. HÖLZL, Österr. Mittelschulatlas

Das Raumsystem der Alfuren

lowau lowau

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Empirische Befunde zur Distanzwahrnehmung I

Sozgg05/03/20

• Die Distanzwahrnehmung ist durch die Lage der Schätzstrecke zu zentralen Bezugspunkten der Aktionsräume beeinflusst (Wohnstandort – Stadt- zentrum);

• USA: Distanzen in Richtung CBD werden über- schätzt, stadtauswärts unterschätzt;

• Westeuropa: Distanzen in Richtung CBD werden unterschätzt, stadtauswärts überschätzt: „BRENNAN‘s Law“.

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Sozgg05/03/21

Empirische Befunde zur Distanzwahrnehmung II

• Die Distanzwahrnehmung wird von der Attrakti- vität eines Stimulus beeinflusst;• Hohe Attraktivität (bzw. Präferenz) führt zur Unter- schätzung der Distanz, niedrige Attraktivität zur Überschätzung;• Die Genauigkeit der Distanzschätzung ist abhängig von der Vertrautheit mit der räumlichen Situation;

• Kognitive Distanzen ändern sich mit der Direktheit der Route; je größer die Zahl der Richtungsände- rungen und Knoten, desto eher wird sie überschätzt.

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„Systematic Distortions in Urban Cognitive Maps“ (LLOYD/HEIVLY, 1987)

Sozgg05/03/22

Fragestellung: Wird die Raumvorstellung von Stadt-bewohnern von der Lage ihres Wohnstandortes imGefüge des Siedlungskörpers beeinflusst?

These: Bewohner unterschiedlicher Stadtviertel (mit vergleichbaren soziodemographischen Attri-buten) entwickeln signifikant unterschiedliche kog-nitive Karten ihrer Stadt, weil sie ihre Raumvor-stellungen aus unterschiedlichen Perspektiven kartieren.

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Systematic Distortions...

Sozgg05/03/23

„... occure on aggregate cognitive maps when in-dividual mappers, who are using a normal processand complete information, consistently producethe same error.“

R. LLOYD und C. HEIVLY, 1987, S. 192

Ursachen systematischer Verzerrungen:

• coding heuristics

• rotation heuristic

• reference points

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Coding Heuristics

Sozgg05/03/24

Bei der Aufnahme und Verarbeitung von Informationüber die Umwelt werden sehr einfache Verfahren(Heuristiken) eingesetzt, die mit Notwendigkeit zusystematischen Verzerrungen führen.

Beispiel: Die Winkel von Straßeneinmündungenwerden in der Regel nicht „gespeichert“. Die Ko-dierung erfolgt vielmehr nach einem binären System von „rechts“ und „links“.

Mögliche Folge (im Sinne einer systematischen Ver-zerrung): in der Mental Map wird ein rechtwinkeligesStraßensystem reproduziert.

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Rotation Heuristic

Sozgg05/03/25

„Näherungsverfahren“, die generell bei der Speiche-rung, Verarbeitung und Repräsentation visueller In-formationen eingesetzt werden.

Neue visuelle Informationen werden in einen be-stehenden Bezugsrahmen (frame of reference) ein-gepasst und erforderlichenfalls durch Rotation an die Achsenstruktur des Bezugsrahmens angegli-chen.

Wird vor allem dann eingesetzt, wenn eine Figuroder „Szene“ eine „natürliche Orientierung“ oderAchse aufweist.

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Sozgg05/03/26

Rotation Heuristic„When a figure has a natural orientation that doesnot quite correspond to that of its frame of reference,conditions are ideal for invoking the rotation heu-ristic, that is, of convergence of the coordinates in-duced by the figure to the coordinates of the frameof reference.”

B. TVERSKI, 1981, S. 415

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Reference Points

Sozgg05/03/27

„Geographers have been aware ... that distancesto near places tend to be overestimated and distan-ces to far places tend to be underestimated. Theeffect can be described as an expansion of spacenear a reference point so that distances to nearplaces are exaggerated and distances to places far from the reference point are contracted.“

R. LLOYD und C. HEIVLY, 1987, S. 196, Hervorhebung P. W.

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Untersuchungsgebiete und „Landmarks“Untersuchungsgebiete und „Landmarks“

SozggI/05/03/28SozggI/05/03/28

Quelle: R. LLOYD undQuelle: R. LLOYD undC. HEIVLY, 1987C. HEIVLY, 1987

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Erhebungsmethodik

Sozgg05/03/29

A B (Referenzdistanz)

C D

E F

Landmarken

G H.......

X ? M

M

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Sozgg05/03/30

Mittlere Schätzfehler nach Unter-suchungs-gebieten

Quelle: R. LLOYD undQuelle: R. LLOYD undC. HEIVLY, 1987, Fig. 2C. HEIVLY, 1987, Fig. 2

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Kognitive und aktuelle Position der Landmarken aus der Sicht des Eastside-Samples

Sozgg05/03/31

Quelle: R. LLOYD undC. HEIVLY, 1987, Fig. 5

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Kognitive und aktuelle Position der Landmarken aus der Sicht des Westside-Samples

Sozgg05/03/32

Quelle: R. LLOYD undC. HEIVLY, 1987, Fig. 6

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Kognitive und aktuelle Position der Landmarken aus der Sicht des Downtown-Samples

Sozgg05/03/33

Quelle: R. LLOYD undC. HEIVLY, 1987, Fig. 4

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Schlussfolgerungen I

Sozgg05/03/34

• Die aggregierten Mental Maps der Bewohner eines Stadtviertels werden signifikant durch die Position des Wohnstandortes im Gesamtgefüge des Sied- lungskörpers beeinflusst.

• Es existieren systematische Verzerrungen kollek- tiver Mental Maps, die für die Bewohner bestimmter Stadtteile erstaunlich homogen ausfallen.

• Die kognitiven Karten sind so strukturiert, dass die Hauptverkehrsverbindungen zwischen Wohnquartier und Zentrum an zentrale Bezugsgrößen der räum- lichen Orientierung angepasst werden.

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Sozgg05/03/35

Schlussfolgerungen II

• Kurze Distanzen werden generell überschätzt. Dies gilt vor allem für jene Bereiche, die im Zen- trum der jeweiligen Aktionsräume stehen.

• Zentral gelegene Stadtteile werden mit geringe- ren Verzerrungen wahrgenommen als periphere Gebiete.

• Mittelpunkt für die „Rotationsheuristik“ der Ver- einfachung von städtischen Mental Maps ist das Stadtzentrum.

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„The Image of the City“K. LYNCH, 1960

Sozgg05/03/36

• Konzentration auf die visuellen Komponenten kog- nitiver Schemata der Stadt; • Zentrales Konzept „Legibility“: Die „Leichtigkeit“, mit der Individuen die verschiedenen Elemente der Stadtgestalt zu einer kohärenten mentalen Repräsentation verschmelzen können.

• Untersuchungsgebiete: Boston, Los Angeles und Jersey City; Probanden waren Mittelschichtbewoh- ner, die über ihre Wahrnehmung des Stadtzen- trums befragt wurden.

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Typologie visueller Elemente kognitiver Schemata der Stadt

Sozgg05/03/37

• Paths (Pfade oder Kanäle, entlang derer sich Menschen bewegen)

• Edges (Kanten oder Grenzen)

• Districts (Gebiete)

• Landmarks (Landmarken)

• Nodes (Knoten, strategische Orte der Stadt)

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Mental Map von Boston

Sozgg05/03/38Quelle: P. L. KNOX und S. MARSTON, 2001, S. 288

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Mental Map von Los Angeles

Sozgg05/03/39Quelle: K. LYNCH, 1968, S. 172

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Sozgg05/03/40

„Middle West“ als „vernacular region“

Der Begriff „vernacular region“ kennzeichnet eine alltagsweltliche („volkstümliche“) Wahr-nehmungsregion.

Beispiele: Innviertel, Salzkammergut, Wald-viertel, Allgäu, Ruhrgebiet, ...

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The Middle West

Sozgg05/03/41

OOKK

Quelle: J. R. SHORTRIDGE, 1985, Fig. 1

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Sozgg05/03/42Sozgg05/03/42

Composite view of the Middle West

Quelle: J. R. SHORTRIDGE, 1985, Fig. 1

Based on cognitive maps drawn by college students from 32 states. Isolines indicate percentage of respondents who marked an area as part of the Middle West region.

Middle West,Symbol für das „länd-liche Amerika“

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Anpassung von Image und RealitätDer Ostteil der ursprünglich gemeinten Re-gion entspricht in seinen aktuellen sozio-ökonomischen Gegebenheiten nicht mehr den traditionellen Imagezuschreibungen deskleinstädtisch-ländlichen Amerika.

Deshalb wird die Wahrnehmungsregionin Richtung auf jene Gebiete verlagert,wo noch eine gewisse Entsprechung zwischen Image und Realität besteht.

Sozgg05/03/43

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SozggI/05/03/44SozggI/05/03/44

Untersuchungsgebiete in Salzburg

Nonntal

Aigen

Parsch

Lehen

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Sozgg05/03/45

Lehen - ein stigmatisierter

Stadtteil von Salzburg

Wie nehmen die Wie nehmen die Bewohner das Bewohner das

eigene Quartier eigene Quartier wahr, wie grenzenwahr, wie grenzen

sie es ab?sie es ab?

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Sozgg05/03/46

Operationalisierung und Erhebungsdesign

• „Gebundene graphische Erhebungstechnik“

• Prüfung, ob die Probanden mit einem Stadtplan umgehen können

• Die Probanden werden gebeten, die ihrer Meinung nach gegebenen Grenzen des Stadtteils „Lehen“ in den Plan einzuzeichnen.

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Sozgg05/03/47

Analyseverfahren und Auswertung der Ergebnisse

• Digitalisierung der individuellen Grenzlinien;

• Darstellung in einer Gesamtkarte;

• Auszählung der von den subjektiven Grenz- linien umschlossenen Rasterfelder.

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Sozgg05/03/48Sozgg05/03/48

Das „offizielle“ Lehen und die Sicht

der Bewohner

„„Mentale Okkupation“ Mentale Okkupation“ von Teilen Lieferings von Teilen Lieferings

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Sozgg05/03/49

in Prozent dermöglichen Nen-nungen

Ignaz-Harrer-Ignaz-Harrer-StraßeStraße

Nennungen pro Zählraster

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Sozgg05/03/50Quelle: P. WEICHHART, 1992

Der Einfluss der Wohndauer auf das kognitive Raumkonzept „Lehen“

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Urteilsstereotype über Lehen Salzburger Schüler:

Quellen: R. OTAVNIK, 1987, T. BERNHARD, 1976

„Proletenviertel“, „Dreck“, „verrufen“, „brutal“, „unsicher“, „hohe Kriminalität“, „zu viele Leute“

Thomas BERNHARD: Lehen ist ...

„... der tagtägliche fürchterliche Schönheits-fehler Salzburgs ... ein Schmutz- und Schand-fleck, dessen sich die ganze Stadt schämt...“

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Ursprünge der Urteilsstereotype• Gezielte Ansiedlungspolitik für die Unter- schicht;

• hohe Bebauungsdichte, hohe Wohndichte, soziale Segregation;

• hohe Verkehrsbelastung, Stadion.

• Massenwohnbauten, „Wohnsilos“;

Lehen, ein „stigmatisierter Stadtteil“

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Index der sozialen Ranglage

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Hypothese:

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Die „Ausstülpung“ des kognitiven Raum-konzepts von Lehen ist – wie das „West-wärtswandern“ des Mittelwestens – auf eine Anpassung an den zeit-räumlichen Wandel der sozialen Gegebenheiten zu-rückzuführen.

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Sozgg05/03/55Sozgg05/03/55

Unterschichtquartier mit einem hohenUnterschichtquartier mit einem hohenAnteil der sozialen Grundschicht, Anteil der sozialen Grundschicht,

schlechte Bausubstanzschlechte Bausubstanz

Das Raumkonzept von Lehen wird aufDas Raumkonzept von Lehen wird aufjenes Nachbargebiet ausgeweitet, in jenes Nachbargebiet ausgeweitet, in dem das Attribut der sozialen Minder-dem das Attribut der sozialen Minder-wertigkeit heute tatsächlich zutrifft.wertigkeit heute tatsächlich zutrifft.Medium der Medium der DissonanzbewältigungDissonanzbewältigung für für

kollektive Raumwahrnehmungkollektive Raumwahrnehmung

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Kognitive Dissonanzbewältigung durch „Grenzverschiebung“

Dieses Modell erklärt auch den Einfluss der Wohndauer auf das kognitive Raumkonzept von Lehen.

„Neubürger“ orientieren sich stärker am öffent-lichen Image von Lehen. Für sie besteht daher ein dringender Bedarf für eine Dissonanzbe-wältigung.

Sozgg05/03/56Sozgg05/03/56

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Zwischenresümee I

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• Das zentrale Konzept der „Mental Maps“ wird uneinheitlich und widersprüchlich verwendet:

• Fragen der raumbezogenen Kognition und Mental Maps stellen ein ertragreiches Thema der Sozial- geographie dar.

• wertneutrales designatives Wissen über räumliche Strukturen; • Algorithmen zur Lösung von Navigationsproblemen;

• Darstellung evaluativer Attribute räumlicher Strukturen.

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Zwischenresümee II

• Mental Maps beziehen sich sowohl auf die singu- lären Raumkonzepte einzelner Individuen als auch auf kollektive Raumvorstellungen.

• Kollektive Mental Maps: Gruppenspezifische Welt- bilder oder methodische Artefakte?

• Assoziative Kraft der Kartenmetapher: Entspricht die kognitive Struktur der menschlichen Raum- wahrnehmung tatsächlich den Ordnungsrelationen und Strukturprinzipien einer Karte (Symmetrie, Konnektivität, ...)?

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Karten im Karten im Kopf?Kopf?

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Quelle: R. M. DOWNS und D. STEA,1982, Abb. 8.1, S. 347.

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„Kognitive Mapping?“

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Quelle: D. STEA und R. M. DOWNS, 1970, S. 5.

„Terms like image, pictures in the head, and mentalmap have tended to become vague entities that do not correspond to psychological reality. Metaphorshave heuristic value if they are not taken literally. Itcannot be assumed that people walk about with pic-tureres in the head, or that people‘s spatial behavioris guided by picture-like images and mental maps that are like real maps...“ Y.-F. TUAN, 1975, S. 210

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Wichtige Kritikpunkte

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• Die Raumvorstellungen sind nicht in einem einzigen kognitiven Konstrukt („Einheitskarte“ integriert, sondern auf handlungsspezifische Teilkonstrukte verteilt.

• Raumbezogene Vorstellungsinhalte können eine ausgeprägte Asymmetrie aufweisen (BRENNAN‘s Law).

• Die Isolierung „räumlicher“ Aspekte der Umwelt- wahrnehmung entspricht nicht der lebensweltlichen Realität von Vorstellungsinhalten.

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Ergebnisse der Hirnphysiologie

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• „Physiologischer Ort“ der Raumwahrnehmung ist ein spezifisches neuronales System im Hippo- campus (Wulst im Seitenventrikel des Gehirns).

• Patienten mit KORSAKOFF-Syndrom (zeitliche und räumliche Orientierungsprobleme) weisen neu- ronale Degradierungserscheinungen im Bereich des Hippocampus auf.

• Im Hippocampus werden kognitive Karten als neu- ronal fixierte Repräsentationen der räumlichen Um- welt gespeichert.

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Drei Theorien der Raumwahrnehmung

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• „Radical Image Theory“: Raumbezogene Information wird generalisiert und vereinfacht; sie ist im Gedächt- nis als bildhafte Struktur verfügbar.• Conceptual-Propositional Theory: Visuelle und räum- liche Informationen sind als Propositionen (Sätze, Behauptungen) gespeichert.

• Dual-Coding-Theory (A. PAIVIO): verbale und bild- hafte Informationen werden in einem verknüpften Gedächtnissystem parallel verarbeitet.

• Die DuaI-Coding-Theory ist gut kompatibel mit der Hippocampus-Theorie.