SPACE RECORD Missionen im Luftraum Ramon Stricker Dodici 2013
Institut HyperWerk, HGK FHNW
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Inhaltsverzeichnis
Zu Beginn Seite 9
Weite & Leere Seite 14
Orientierung Seite 17
Antwort Seite 17
Reflexion Seite 18
Höhenflüge Seite 18
Bauchlandungen Seite 19
Danksagung Seite 21
Literaturverzeichnis Seite 22
Kontakt Seite 23
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Ramon Stricker | Space Record – Missionen im Luftraum |
Vorwort
Die zwei unterschiedlichen Titelzusätze Eine Über- schau (in der
Arbeit von Luca Müller) und Missionen im Luftraum (in der
vorliegenden Arbeit) stehen für die verschiedenen Schwerpunkte,
welche wir in den schriftlichen Arbeiten verfolgten. Die
individuellen Titel bilden zusammen den Untertitel der Ausstellung.
In der Konzeption, Vorbereitung und Durchfüh- rung der Ausstellung
ist hingegen eine klare Abgren- zung der persönlichen Beiträge
nicht mehr gegeben. Anstelle der geplanten und mehrmals angepassten
Arbeitspakete hat sich eine Fusion unserer mitge- brachten
Kompetenzen ergeben. Luca konnte seinen kuratorischen
Erfahrungsschatz aus Kunstprojekten einbringen; Ramon steuerte
seine Erfahrungen als Veranstalter bei. Die zusammen abgeschlossene
Erstausbildung zum Möbelschreiner kam in der Planung und Umsetzung
der Ausstellung zur Geltung. Die ergänzende Art der Zusammenarbeit,
die uns frü- here Kollaborationen aufzeigten, widerspiegelt sich in
der Qualität und im Umfang dieser Diplomarbeit. Waghalsige
Missionen, visuelle Höhenflüge und kos- mische Klänge wurden zu
einer Überschau, die uns, wie auch die Besucher mit allen Sinnen in
die Thema- tik eintauchen liess. Um die Art unserer Zusammenarbeit
aber auch die
Gemeinsames
Vorwort
individuellen Beiträge im dokumentarischen Teil zu manifestieren,
entschieden wir uns für getrennte schriftliche Arbeiten, die über
dasselbe, gemeinsam geleistete Projekt reflektieren, jedoch dem
Leser zwei persönliche und differenzierte Sichtweisen bieten. Die
Arbeit von Luca Müller hat den gemeinsamen Pro- jektverlauf, von
der Idee zur Umsetzung als Schwer- punkt und geht dabei vertieft
auf die Konzeption und die Inhalte der Ausstellung ein. Die
thematische Vertiefung, in der vorliegenden Arbeit erzählt die
Geschichte des Luftraumes von der These ausgehend, dass die
Drohnentechnologie das Luftbild revolutioniert.
Space Record steht für die Gruppenarbeit der beiden Diplomprojekte
von Ramon Stricker und Luca Müller. In diesem Projekt untersuchten
wir ge- meinsam die Thematik des Luftraums. Die dazu entstandenen
Vertiefungen haben wir im Juli 2013 in Form einer viertägigen
interdisziplinären Grup- penausstellung in der Grossen Halle Bern
vorgestellt.
Bild links: Aus der Produktion, Flightcase für die Drohne
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Drohne
Recherche
Transport
Dokumentation
Kooperationen
Aussteller
Zu Beginn
Ausgehend von einer gemeinsam angeschafften Drohne, mit der man
Luft- aufnahmen machen kann, haben ich mich mit Luca Müller
entschieden, un- ser Diplomprojekt rund um unser neu erworbenes
Werkzeug zu machen. Die Drohne spielte dabei die Rolle eines noch
unbekannten aber vielver- sprechenden Mediums.
Das interdisziplinäre Unterfangen, uns dieses Medium als technische
Laien anzueignen und daraus etwas Brauchbares und den Ansprüchen
des Dip- loms entsprechend auch unternehmerisch Gedachtes und
Innovatives zu entwickeln, war unser Ziel und unsere
Herausforderung.
Bild links: Kalibrierung des Höhensensor mit analogen
Hilfsmitteln
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Ramon Stricker| Space Record – Missionen im Luftraum | Einleitung |
These
vidueller Zugang zu einem bis anhin den Massen vorenthaltenen Raum
geöffnet. Das Potential von solchen Drohnen scheint vielerorts
erkannt worden zu sein. Im Kunst und Gestaltungsbereich gibt es da
einen Nachholbedarf. Hier setzt SPACE RECORD an und sucht nach
Mitteln und Wegen mit denen man das neue Medium zugunsten
kritischer Gestaltung einsetzen kann. Mit dieser Mobilität unseres
Blickfeldes, mit der wir den Vögeln gleich über eine Szene fliegen,
können wir uns von Oben herab eine Übersicht verschaffen. Für mich
als Prozessgestalter scheint die Drohne gleich durch mehrere
Faktoren relevant. Als neu- es und vielversprechendes Medium tragen
Drohnen zur postindustriellen Entwicklung bei. Die Aktualität der
Thematik und die gesellschaftliche Relevanz bie- ten Gelegenheit
durch Kunst aufgegriffen und durch Kuratoren erzählt zu werden. Die
interdisziplinären Anforderungen für das Bauen, Fliegen und Filmen
mit der Drohne eignet sich bestens für eine Gruppen- arbeit und
entspricht meinem patchworkartigen Be- rufsprofil.
Die Revolution des Luftbildes, die durch kamerabe- stückte Drohnen
als Massenprodukt einen Höhepunkt zu erreichen scheint, verändert
die Wahrnehmung unserer Umwelt. Um diese Phänomen zu begreifen ist
nicht nur das Luftbild sondern auch der Raum zu betrachten, der im
Bild gezeigt wird. In der Folgenden Arbeit spreche ich deswegen von
Luftraum und meine damit ein nicht klar abgegrenztes Themenfeld
rund um die Produktion und Bedeutung des Luftbildes. Die
Drohnentechnologie hat dank den jüngsten Fortschritten in der
Sensorik einen Grossen Sprung in eine Richtung gemacht, die man vor
nur einigen Jahren für pure Fantasterei gehalten hätte. Für weni-
ger als 1000 Franken lassen sich Drohnen kaufen, die anhand von
GPS, Höhensensor und Kameratracking so programmiert werden können,
dass sie ein Ziel er- fassen, diesem folgen und danach selbständig
wieder nach hause fliegen können. Eingesetzt werden Droh- nen
dieser Art fast ausschliesslich für das generieren von Luftbildern.
Kartographie, Überwachung, Sucheinsätze, Kriegfüh- rung und
Videoproduktion erleben gegenwärtig eine erhebliche Veränderung.
Mit den Drohnen als Massenprodukt wird ein indi-
These
Im vorliegenden Text begründe ich die gleich im An- schluss
genannte These anhand des durchlaufenen Prozesses und der dabei
freigelegten Zusammenhän- ge. Mit einer Fragestellung und deren
Beantwortung versuche ich das Geschilderte auf seine Verständlich-
keit hin zu überprüfen. In meiner Rolle als Kurator, die ich auch
beim Verfassen der vorliegenden Arbeit einnahm, eröffne ich in das
Thema und verzichte auf den Anspruch es abschliessend zu erklären.
Am Schluss der Arbeit ziehe ich ein Fazit, in dem ich die eigene
Leistung reflektiere und meine Arbeit auf ihr Gelingen hin
einschätze.
Einleitung
Ramon Stricker | Space Record – Missionen im Luftraum |
Prozess
Die in den letzten Jahren aufkommende Berichter- stattung über die
Entwicklung und den Einsatz von Drohnen liess uns von einer eigenen
beruflichen Zu- kunft als Drohnenunternehmer träumen. Die
ursprüngliche Idee, als Diplomarbeit ein Start-up zu entwickeln,
änderte sich während des Recherche- prozesses. Durch die „Me
too“-Gefahr, welcher unser Start-up im anschwellenden Drohnen-Boom
ausge- setzt wäre, versuchten wir uns von herkömmlichen Anwendungen
und klassischen Anbietern von Luft- bildern abzugrenzen und die
Drohne in dem Umfeld einzusetzen, in dem wir uns auch in Zukunft
bewegen wollen. Unsere im Nachhinein utopisch scheinende Vorstel-
lung, wie präzise und leicht sich die Drohne mit der entsprechenden
Übung steuern liesse, musste zuneh- mend einer entzauberten
Realität weichen, in der un- sere fehlenden technischen
Vorkenntnisse, ungeahnte finanzielle Aufwände und viel nötiges
Training sicht- bar wurden. Der Geschäftsgedanke rückte durch die
genannten Faktoren etwas ins Abseits und machte Platz für eine
forschende, experimentierende und su- chende Haltung gegenüber
unserem Werkzeug.
Erst zu Beginn des Frühjahrssemesters waren wir ge- nügend
vorbereitet, um unsere Drohne für kleinere Testflüge einzusetzen.
Unsere wachsende Lust, eine Diplomarbeit ohne den Druck eines
Start-up zu machen, brachten uns zur
schlussendlich umgesetzten Idee, eine Ausstellung über das neu zu
entdeckende Themenfeld zu reali- sieren. Dieser Richtungswechsel
eröffnete uns einen neuen Zugang zu unserer Drohne und steigerte
un- sere Lust, eine gesellschaftskritische Arbeit zu leisten
Durch das Befassen mit dem Umfeld, in dem wir uns mit unserer
Drohne bewegen, und durch die Chance, eigene Beiträge, Experimente
und Zusammenarbei- ten mit Künstlern für die Ausstellung zu
realisieren, wurde klarer, unter welchen Umständen und in wel- chem
Umfeld wir in Zukunft mit der Drohne arbeiten wollen. Ein solches
Projekt, das wir auch als möglichen Ein- stieg in ein Unternehmen
verstanden, erlaubte uns, ein Netzwerk von Partnern aufzubauen.
Diese Entscheidung machte uns zu Kuratoren und spielte uns in die
Hände, da wir unsere Erfahrungen als Ausstellungsmacher einbringen
konnten. Die Recherche, in der wir im ersten halben Jahr nach
Einsatzmöglichkeiten, Playern, Berichten und techni- schen
Entwicklungen rund um Drohnen suchten und in einem Blog sammelten,
rückte etwas ins Abseits. Von nun an suchten wir nach Antworten auf
unsere Thesis.
Prozess
1312
Ramon Stricker | Space Record – Missionen im Luftraum |
Fragestellung | Vorgehen
Wie wird der Luftraum wahrgenommen? Was sind die Eigenschaften von
Luftbildern und wie wirken sich diese auf unsere Wahrnehmung aus?
Was sind meine eigenen Interessen und Ziele in der zukünftigen
Nutzung unserer Drohne?
Ausgehend von der These, dass sich der Luftraum ge- genwärtig
verändert und wir von dieser Veränderung betroffen sind, machte ich
mich mit Luca auf die Su- che nach Zeichen dieses Wandels. Um am
richtigen Ort zu suchen, war es wichtig die eigenen Interessen zu
definieren. In Diskussionen verdichteten wir, was wir zuvor
Recherchierten und umrissen anhand verschiedener Kreativmethoden
ein erstes grobes Themenfeld. Unser Interesse am Thema gründete in
der eigenen Tätigkeit als Drohnenfilmer und dem kuratorischen
Anspruch, eine interessante und anregende Ausstellung auf die Beine
zu stellen. Durch diese Beschäftigung mit dem eigenen Arbeits-
umfeld versprachen wir uns Wissen, Identifikation und vor allem ein
Netzwerk von Mitstreitern, die sich den selben Raum zum Arbeiten
teilen. Uns interes- siert der Luftraum als Interessensfeld, als
Schauplatz der Geschichte und als Raum für neue Ideen. Der Umstand,
dass wir uns selbst mit der Luftbildtechnik und mit Drohnen
auseinandergesetzt haben und auch in Zukunft damit arbeiten wollen,
hat uns ans Thema herangeführt und blieb bis zum Schluss der Brenn-
punkt unseres Interesses. Mit einer Recherche, Interviews und
Projekten mit potentiellen Partnern, Kunden und Auftraggebern
Vorgehen
Fragestellung
Die Thematik
haben wir uns Wissen angeeignet, welches unsere Ar- beit als
Drohnenfilmer bereichert und zu einer span- nenden Überschau in
Form einer Ausstellung geführt hat. Im folgenden Text möchte ich
meine thematische Auseinandersetzung anhand von diesem Cluster er-
zählen.
>Der Traum vom Fliegen >Überwachung/Bedrohung/Sicherheit
>Gravitation und Schwerelosigkeit >Orientierung >Weite
& Leere
Das Cluster dient dabei als Gefäss zur Strukturierung, nennt dem
Luftbild eigene Merkmale und hilft dabei zu verstehen, was
extraterrestrisches Leben mit unse- rer Wahrnehmung und diese
wiederum mit dem The- ma Luftraum zu tun hat. Im folgenden
Abschnitt erzähle ich, was ich zum The- ma Luftraum erlebt und
gelernt habe. Zum Schluss der jeweiligen, durch die Clustertitel
beschriebenen Absätze, beziehe ich das Erlebte auf die
Eigenschaften von Luftbildern.
Bild links: Gemeinsames Fliegen mit dem Drohnenkünstler Ulrich
Bruppacher
1514
Ramon Stricker| Space Record – Missionen im Luftraum | Der Traum
vom Fliegen | Weite und Leere
Der Traum vom Fliegen
Als Tor in die Unendlichkeit des Weltalls ist der Luft- raum der
Wohnsitz vieler Mythen und Geschichten. Man könnte ihn als Raum der
Gedanken bezeichnen. Träume und Utopien scheinen beflügelt durch
das Unvermögen des Menschen, den Luftraum zu bege- hen. Das Streben
des Menschen nach oben hat zwar den sauren Beigeschmack des
Flüchtenden, der unter den Bedingungen des profanen Lebens leidet
und sich vor seiner Verantwortung zu drücken scheint, es beinhaltet
aber auch einen tiefen Wunsch nach Frei- heit. Tollkühn und
unschuldig scheinen die unzähligen Versuche des Menschen, aus
eigener Kraft zu fliegen. Der Traum zu fliegen wird heute nicht
weniger ge- träumt als in den Kinderjahren der Menschheit. All die
technischen Errungenschaften, welche die Ge- schichte der Luftfahrt
vorantrieben, haben uns dem
Traum vom Fliegen kaum näher gebracht. Der Traum vom Fliegen ist
der Traum der totalen Be- wegungsfreiheit.
„Wenn Sie in einem Flugzeug jemanden fragen, ob der Wunsch des
Menschen nach Bewegungsfreiheit durch das Fliegen erfüllt worden
ist, so wird er ihnen antworten, dass er sich vor allem etwas mehr
Beinfrei- heit bei den Sitzen wünscht.“ Zitat aus unserem Inter-
view mit Beni Meier, Luftfahrthistoriker aus Bern.
Diese Bewegungsfreiheit ist es, die Luftbilder so faszi- nierend
machen. Ein Foto, von einer Aussichtsplatt- form hat auch bei
gleicher Höhe nicht die Wirkung eines Luftbildes. Ein Luftbild
vermittelt das Gefühl vom Fliegen.
Weite & Leere
Unsere Mobilität und die Verschiebung unseres Ho- rizontes sind
prägend für unsere Wahrnehmung. Nirgends wird das so deutlich wie
in der Raumfahrt. Satellitenbilder und Bilder aus der Raumfahrt
bestim- men zunehmend unser Weltverständnis und setz- ten die Erde
in ein neues Grössenverhältnis. Unsere Überzeugung, dass wir die am
höchsten entwickelte Spezies auf dem einzig belebten Planeten
unserer Ga- laxie sind, beeinflusst unser Selbstvertrauen.
„Es würde unserem egozentrischen Weltbild gut tun, zu wissen, dass
wir nicht die Einzigen sind.“
Zitat von Katrin Altwegg, Astrophysikerin und Lei- terin der
Raumfahrtmission Rosetta am Institut der Exakten Wissenschaften der
Universität Bern.
Für die Grundlagenforschung und für unser Weltver ständnis ist das
Erforschen des Weltraums eine auf- schlussreiche Quelle. Der Blick
ins Weltall und der Blick aus dem All auf die Erde verdeutlichen
eine Wirkung, die alle Luftbilder auf uns haben. Die grosse Distanz
zum Objekt stellt ein Grössenverhältnis her, verortet das Geschehen
und erweitert so unser Verständnis.
Ramon Stricker | Space Record – Missionen im Luftraum |
Überwachung, Bedrohung, Sicherheit
Um die Schwerkraft zu überwinden, sind eine Menge Technologie und
Energie nötig. Beides sind Ressour- cen der wirtschaftlich starken
Kräfte. Am Himmel gipfelt das Kräftemessen der Nationen in Krieg
und Überwachung. „Der Luftraum ist wie ein Hochsitz. Wer oben ist,
hat einen strategischen Vorteil gegenüber dem, der un- ten ist.“
Zitat von Oberst Flückiger, Kommandant des Schweizer
Drohnenkommandos. Im Interview sprachen wir über die Schweiz und
ih- ren Umgang mit Drohnen. Die Schweizer Armee verfügt mit 15
Stück nur über eine kleine Anzahl aufklärender Drohnen. Das ist im
Vergleich mit grösseren militärischen Mächten wenig und verglichen
mit bewaffneten Drohnen noch eine harmlose Ausrüstung. Für die
Überwachung gibt es in der Schweiz mittler- weile einen
umfangreichen Datenschutz. Es ist aber bezeichnend, dass die
Schweiz ihre Drohnen nur zur Überwachung des eigenen Landes
einsetzt und trotz dem immer vom Feind spricht, wenn man bei der
Luftwaffe nachfragt, wer das Ziel im Suchfenster der Infrarotkamera
der Drohne sein soll. Im Gespräch mit dem Oberst wurde mir bewusst,
wie nahe unser Sicherheitsempfinden dem empfinden ei- ner Bedrohung
ist. Fühlen wir uns durch den Um
stand bedroht, dass man uns von oben beobachten kann oder fühlen
wir uns sicher, weil wir wissen, dass
wir den Feind überwachen können. Diesen Umstand hat auch der
Litauische Künstler Deimantas Narkevi- cius in seinem in unserer
Ausstellung gezeigten Werk The Dud Effect zum Thema gemacht. In
seinem 15 Minuten dauernden Film zeigt er einen hohen Man des
sowjetischen Militärs, dessen Aufgabe darin be- steht, bei einem
möglichen Atomangriff durch die USA im kalten Krieg die
Raketenabwehr zu aktivie- ren. Um im Ernstfall gut vorbereitet zu
sein, arbeitet er das Protokoll nach dem er zu handeln hätte, jeden
Tag ab. Sein Dienst endet im hohen Alter ohne das Eintreffen des
drohenden Angriffs. Sein Leben war trotzdem ein trister
Alptraum.
Luftbilder greifen diese Spannung auf. Durch die strategisch
überlegene Position, aus der ein Luftbild die Dinge zeigt, kann
Sicherheit oder auch Bedrohung vermittelt werden. Ob Höhenangst
oder Hochgefühl, ein Luftbild strahlt immer Macht aus. Es wundert
daher nicht, dass Luftbilder sehr häufig in Imagefilmen eingesetzt
werden.
Überwachung/Bedrohung/Sicherheit
Bild rechts unten: Ausschnitt aus dem Film The Dud Effect
1716
Gravitation und Schwerelosigkeit
Den Luftraum als Spielplatz, so sehen ihn die unzäh- ligen
Sportler, die sich an Gleitschirme hängen, aus dem Flugzeug und von
Felsen springen. So wie Simon Wandeler, der mit Hilfe eines
Wingsuit dem Gleitflug eines Vogels verblüffend nahe kommt und in
zenti- metergenauer Präzision durch Felsschluchten und über
Baumwipfel fliegt, bevor er im letzten Moment seinen Fallschirm
auslöst. Im Interview erzählte Simon von seinen Flugerfahrungen und
von der optischen Wir- kung des freien Falles. „Es ist wie ein Zoom
in die Landkarte“. Der freie Fall bedeutet aber auch
Schwerelosigkeit. „Ein unglaublich befreiendes Gefühl, dass
einem,
wenn es zu ende ist, augenblicklich und Tonen schwer zu spüren
gibt, unter was für einem Druck wir zu leben haben“ Zitat Simon
Wandeler.
Luftbilder können dieses Gefühl der Schwerelosigkeit aufnehmen in
dem sie das Objekt sehr nahe zeigen und die Bewegungen dynamisch
mit machen. Wenn die Kamera mit der Bewegung des Objektes mitgeht,
vermittelt man dem Betrachter das Gefühl, die Dinge so war zu
nehmen, wie es das bewegende Objekt tut.
Ramon Stricker | Space Record – Missionen im Luftraum |Orientierung
| Antwort
Orientierung
In einem Pilotprojekt mit dem Agronomie-For- schungszentrum
Reckenholz in Zürich machten wir praktische Erfahrungen mit einem
möglichen Auf- traggeber in einem für uns völlig neuen,
naturwissen- schaftlich forschenden Umfeld. Mit Luftbildern, die
wir mit unserer Drohne machten, erstellten wir eine Karte eines
Versuchsackers, auf dem der Einfluss von Bodenverdichtung auf den
Ernteertrag untersucht wird. Nach dem Ermitteln der
aussagekräftigsten Flughö- hen und eines darauf angepassten
Flugbahnrasters konnten wir den Aufwand einer Befliegung abschät-
zen. Durch die Wiederholung des Versuchs konnten wir feststellen,
wie präzise solche Aufnahmen zu ei- nem späteren Zeitpunkt nochmals
gemacht werden können, um dann Schlüsse aus einem Vergleich über
eine Zeitspanne hinweg ziehen zu können. Aus den verschiedenen
Flughöhen konnte bestimmt werden, was für Informationen bei welcher
Auflösung ersicht- lich sind und wie sich die Objektiv- und
Perspektiven- verzerrung gegenüber der Höhe verhält.
Der eben beschriebene Versuch zeigt, dass die Über- sicht von oben
eine ganz zentrale Rolle in unserer Orientierung spielt. Unsere
Orientierung über die Sicht von oben gibt es nicht erst seit der
klassischen Landkarte. Die Sicht von oben entspricht unserer
Vorstellungskraft, mit der wir Daten verorten und in einen
grösseren Zusammenhang stellen. Wie die klas- sische Landkarte
zeigt, wohin die Wege führen, deren Verlauf uns von unten verborgen
bleiben, so können Karten oder Luftbilder alles Mögliche zeigen. Im
Fall des gemachten Versuches sollte das Luftbild auf einen Blick
die Entwicklung des Kornes über einen Ernte- zyklus zeigen. Eine
Datenmenge, die schriftlich kaum zu fassen ist. Der Begriff
Orientierung meint also mehr als das räumliche zurechtfinden von
sich selbst. Orientie- rung bedeutet Verständnis für Zusammenhänge.
Diese, orientierungsstiftende Eigenschaft von Luft- bildern bilden
ein grosses, noch nicht ausgeschöpftes Potential.
Die Wahrnehmung des Luftraums hängt stark von den Interessen des
Wahrnehmenden ab. Es sind diese individuellen Interessen, welche
den Luftraum definieren. Die Beeinflussung unserer Wahrnehmung
durch den Luftraum und der damit verbundenen Sicht auf die Welt
prägt unser Umweltempfinden. Der Traum vom Fliegen spielt eine
zentrale Rolle in unserem kartografischen Denken. Unsere
Orientierung, also das Zurechtfinden in einer immer komplexer
werdenden Welt, hängt von unserem Vorstellungsvermögen ab. Das
Luftbild verstehe ich als Übersetzungshilfe für die Ab-
straktionsarbeit, mit der wir aus der Vogelperspektive Schlüsse für
unsere Orientierung ziehen. Mein eigenes Potential ist die
explorative Möglichkeit, mit Hilfe der Drohne Unsichtbares sichtbar
zu machen. Die neue Möglichkeit selber Luftbilder machen zu können
bietet mir eine Erweiterung meiner Gestaltungsmöglichkeiten. Die
sehr spezifische Ästhetik der Luftbilder entfaltet sich vor allem
in der Kombination mit gewöhnlichen Aufnahmen. Mittlerweile ver-
stehe ich die Drohne als ein Werkzeug und Medium, das ich in meiner
zukünftigen projektbe- zogenen beruflichen Laufbahn einsetzen
kann.
Antwort
1918
Reflexion
Die der bewusste Verzicht auf Hierarchie unter Ar- beitspartnern
setzt viel Diskussion voraus. Diese Dis- kussionen zwingen uns zur
Reflexion und verlangen eine stetige Verteidigung, Hinterfragung
und Erwei- terung der eigenen Haltung. Ich denke, dass gerade in
den offenen Strukturen von HyperWerk dieser ergän- zende und
motivierende Effekt einer Gruppenarbeit sehr förderlich ist. Ich
bin froh, dass wir auf eine gelungene Ausstellung zurückblicken
können. Dank einem super Team und einer guten Vernetzung ist es uns
gelungen, in weni- ger als einem halben Jahr eine umfangreiche
Ausstel- lung auf die Beine zu stellen. >Durch den öffentlichen
Wert unseres Projektes, den wir mit einem Konzept beschrieben,
haben wir uns bei der Bewerbung für die Grosse Halle Bern gegen
etablierte Veranstalter durchsetzen können.
>Wir konnten in kurzen Zeit viele Leute zusammen bringen. Unsere
Ausschreibung an der Hochschule der Künste Bern und am Institut für
Kunstgeschich- te hat eine positive Resonanz erhalten, die in ver-
schiedene Kooperationen und Beiträge mündete.
>Durch Sponsorings konnten wir der 1500 Quad- ratmeter grossen
Halle entsprechend grosszügige Ausstellungsmöbel bauen.
Höhenflüge
>Trotz der, für Veranstalter ungünstigen Sommer- pause zählten
wir rund 500 Besucher.
>Die Berner Zeitung Der Bund ehrte uns mit einem Titelbild und
einem eine Seite füllenden Bericht. Auch in der Online-Ausgabe der
Basler Zeitung er- schien ein ausführlicher Artikel.
>In beinahe allen Veranstaltungskalendern und über fast eine
Woche erschien eine Serie von Beiträ- gen im Online-Magazin Ron
Orp.
In den Berichten griffen die Journalisten unsere These auf, setzten
sie in einen Historischen Kontext und be- stätigten ihre
Aktualität. Besonders gefreut hat uns das in der Presse erhal- tene
Lob für unsere Interviews und die zwei Werke Philosophy:Who needs
it und WTF I bei denen wir als Filmteam operierten.
Ramon Stricker | Space Record – Missionen im Luftraum
|Bauchlandungen
Bauchlandungen Sehr praktisch, schon fast banal und eigentlich na-
heliegend erscheint der wohl essentiellste Lerneffekt, den ich im
Diplomjahr erfahren habe. Durch eine technische Panne mit
unbekannter Ursa- che ist unsere Drohne während der Dreharbeiten
der Velokurier-Europameisterschaft abgestürzt. Abgese- hen vom
Materialschaden können wir uns glücklich schätzen, dass niemand bei
dem Absturz verletzt wur-
de. Nach dieser Erfahrung war für uns klar, dass wir nicht mehr
über Leute fliegen. Nicht gut gelungen ist es uns, eine Produktform
für das Resultat unserer Diplomarbeit zu wählen, die den
Beurteilungskriterien des Diplomadendum in die Hände spielt. Wir
haben der drohenden Gefahr, dass niemand aus der Juri unsere
Ausstellung sieht, zuwe- nig Beachtung geschenkt.
Bild rechts: Diskussionsrunde beim Aufbau der Ausstellung
2120
Ramon Stricker| Space Record – Missionen im Luftraum |Ein Satz nach
vorne
Unsere Strategie, ein Projekt als Einstieg in eine Selb-
ständigkeit zu machen, erlaubte es uns, provokativ aufzutreten und
den Businessgedanken eines Start-up in den Hintergrund zu stellen.
Durch das entstande- ne Netzwerk und durch die Aufmerksamkeit, die
uns durch die Ausstellung zuteil wurde, haben wir schon weitere
Anfragen für Videoproduktionen mit der Drohne erhalten. Auch von
der Grossen Halle haben wir ein Feedback erhalten, wonach eine
weitere Zu- sammenarbeit möglich ist. Unsere Rollen als Kuratoren,
Projektleiter, Drohnen- filmer und Gestalter entsprechen wohl
keinem Pflich- tenheft eines ausgeschriebenen Jobs. Für eine
berufli- che Selbständigkeit auf Projektbasis, in der das eigene
Erlebnis, der Spass, und die Herausforderung wichtig ist, war die
Diplomarbeit aber sehr bereichernd. Ob die zukünftigen Projekte mit
der Drohne tatsächlich in eine Selbständigkeit münden, in der die
Dohne im Zentrum steht, bleibt ungewiss. Auf jeden Fall bleibt sie
aber ein Joker in unserer Werkzeugkiste.
Ein Satz nach vorne
Bild rechts: Zeigt die Ausstellung SPACE RECORD in der Grossen
Halle Bern
2322
Max Spielmann
fürs externe Coaching an
Rebekka Schärer, David Pestalozzi
Für die Grafische Unterstützung
Ina Mertens
Levin Ramseier
Anliker AG, OLWO, Planzer, Holzlabor, Grosse Halle
Bern, Kulturpool Reitschule
berg | Nicola Dauwalder | Fink & Star
Simon Burkhalter | Maria Trenkel | Niklaus Mettler
Li Tavor | Ulrich Bruppacher | flymotions | Luzia Rink
Brian Mast | Daniel vom Keller | Rebecca Kunz
Heidi Köpfer | Kommando Trash| Rebekka Schaerer
ETH - Flying Machine Arena | Jonas Bechstein
Nathanael Russell | Sam Buchli | Simon Wandeler
Malin Baumann | Aaron Derungs | Christian Frei
Für die Beiträge zur Ausstellung an
Mein Dank geht an
Ramon Stricker | Space Record – Missionen im Luftraum |
Literatur
Helmuth Tischler, Kai-Uwe Schrogl unter Mitarbeit von Andrea Kuhn
(2007): Ein Jahrhundert im Flug – Luft und Raumfahrtforschung in
Deutschland 1907– 2007, Campus Verlag Frankfurt/New York
Friedrich von Borries, Christian Hiller, Wilma Ren- fordt (2011):
Klimakunstforschung, Merve Verlag Berlin
Jennifer Gabris (2004): Airdrop, Bookworks, England Thomas
Hauschild, Britta N. Heinrich, Jörg Potthast, Viktoria Tkaczyk
(2011): Von Vogelmenschen, Pilo- ten und Schamanen –
Kulturgeschichte und Techno- logien des Fliegens, edition AZUR,
Dresden
Jörg Döring, Tristan Thielmann (2009): Mediengeo- graphie. Theorie
– Analyse – Diskussion, transcript Verlag, Bielefeld
weiter Weblinks zu Onlineberichten und –quellen auf dem Blog
http://www.fliegdroneflieg.wordpress.com
Literatur
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Fachhochschule Nordwestschweiz Hochschule für Gestaltung und Kunst
Institut HyperWerk Totentanz 17/18 CH-4051 Basel
T +41 (0)61 269 92 30 F +41 (0)61 269 92 26
[email protected] www.HyperWerk.ch
www.fhnw.ch/hgk/ihw
Internetseiten http://fliegdroneflieg.wordpress.com