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Spartathlon – unser Paarlauf auf den Spuren des Pheidippides - 26./27.09.2014 Bericht von Reinhold Straßer Ende 2013: Es war bei meiner Frau Regina schon seit Jahren eine gewisse Sehnsucht da. Die Sehnsucht, das Ende einer langen, erfolgreichen Langstreckenläufer-Karriere mit dem Spartathlon abzuschließen. Mit jenem Klassiker, der auf Ultraläufer eine Magie ausübt wie kaum ein anderer Bewerb. Eine große Rolle dabei spielt dabei der ´historische´ Hintergrund. Im Jahr 490 v. Chr. während der Perserkriege schickten die Athener den Boten Pheidippides nach Sparta, um bei den Spartanern um Hilfe in der bevorstehenden Schlacht bei Marathon zu bitten. Angeblich begab er sich morgens auf die fast 250km lange Strecke und erreichte sein Ziel am Abend des nächsten Tages. Im Oktober 1982 wollte John Foden, ein Kommandeur der britischen Royal Air Force und selber Langstreckenläufer, diese historische Laufleistung rekonstruieren. Er schaffte es zusammen mit zwei Kameraden, von Athen nach Sparta auf der Originalstrecke (soweit rekonstruierbar) um die 36 Stunden zu laufen (Scoltens: 34:30, Foden 37:37, McCarthy: 39:00). Das war die Geburtsstunde des Spartathlon, der seither jedes Jahr am letzten Freitag im September abgehalten wird. Natürlich ist das Teilnehmerfeld seit den Anfangsjahren gewachsen. Dass der Spartathlon aber auch heute keine Massenveranstaltung ist, ist dem Umstand zu verdanken, dass nur Bewerber einen Startplatz erhalten, die gewisse Limits vorweisen können. Zudem gibt es für manche Länder wie etwa Deutschland und Japan eine Beschränkung der Teilnehmerzahl. Die Sieger, aber nicht nur diese, werden in Sparta als Helden gefeiert. Auch dem Österreicher Markus Thalmann wurde im Jahr 2003 die Ehre zuteil, dass sein Name auf dem Sockel der Leonidas-Statue im wahrsten Sinne des Wortes ´in Stein gemeißelt´ wurde. Die Zahl der Österreicher, die in Sparta das Ziel erreicht haben, ist aber nach wie vor überschaubar. Bei den Damen konnte sich nur Karin Sperrer im Jahr 2009 (mit 35h 56min ganz knapp innerhalb des Zeitlimits) in die Ergebnisliste eintragen.

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Spartathlon – unser Paarlauf auf den Spuren des Pheidippides - 26./27.09.2014

Bericht von Reinhold Straßer

Ende 2013: Es war bei meiner Frau Regina schon seit Jahren eine gewisse Sehnsucht da. Die Sehnsucht, das Ende einer langen, erfolgreichen Langstreckenläufer-Karriere mit dem Spartathlon abzuschließen. Mit jenem Klassiker, der auf Ultraläufer eine Magie ausübt wie kaum ein anderer Bewerb. Eine große Rolle dabei spielt dabei der ´historische´ Hintergrund. Im Jahr 490 v. Chr. während der Perserkriege schickten die Athener den Boten Pheidippides nach Sparta, um bei den Spartanern um Hilfe in der bevorstehenden Schlacht bei Marathon zu bitten. Angeblich begab er sich morgens auf die fast 250km lange Strecke und erreichte sein Ziel am Abend des nächsten Tages.

Im Oktober 1982 wollte John Foden, ein Kommandeur der britischen Royal Air Force und selber Langstreckenläufer, diese historische Laufleistung rekonstruieren. Er schaffte es zusammen mit zwei Kameraden, von Athen nach Sparta auf der Originalstrecke (soweit rekonstruierbar) um die 36 Stunden zu laufen (Scoltens: 34:30, Foden 37:37, McCarthy: 39:00). Das war die Geburtsstunde des Spartathlon, der seither jedes Jahr am letzten Freitag im September abgehalten wird. Natürlich ist das Teilnehmerfeld seit den Anfangsjahren gewachsen. Dass der Spartathlon aber auch heute keine Massenveranstaltung ist, ist dem Umstand zu verdanken, dass nur Bewerber einen Startplatz erhalten, die gewisse Limits vorweisen können. Zudem gibt es für manche Länder wie etwa Deutschland und Japan eine Beschränkung der Teilnehmerzahl. Die Sieger, aber nicht nur diese, werden in Sparta als Helden gefeiert. Auch dem Österreicher Markus Thalmann wurde im Jahr 2003 die Ehre zuteil, dass sein Name auf dem Sockel der Leonidas-Statue im wahrsten Sinne des Wortes ´in Stein gemeißelt´ wurde. Die Zahl der Österreicher, die in Sparta das Ziel erreicht haben, ist aber nach wie vor überschaubar. Bei den Damen konnte sich nur Karin Sperrer im Jahr 2009 (mit 35h 56min ganz knapp innerhalb des Zeitlimits) in die Ergebnisliste eintragen.

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Januar 2014: Ich hatte mich entschlossen, den Spartathlon gemeinsam mit Regina zu laufen. Aber bis dahin war es noch sehr weit. Zuerst mussten wir einmal auf die Teilnehmerliste kommen. Durch unsere bisherigen Leistungen bei 24-Stundenläufen sahen wir aber gute Chancen. Als das Anmeldeportal im Internet geöffnet wurde, füllten wir die Formulare brav aus und schickten diese per Mausklick ab. Nachzureichen waren Fotos, ärztliche Atteste und diverse Bestätigungen. In den nächsten Tagen war Warten angesagt. Da ich von unserem Vorhaben nicht restlos überzeugt war, wäre ich mit einer Absage einverstanden gewesen. Für Regina wäre es eine große Enttäuschung gewesen. Die E-Mail traf ein – wir waren auf der vorläufigen Teilnehmerliste. Regina war happy und ich tat so. Der nächste Schritt war mein Ansuchen um Dienstfreistellung für die Dauer des notwendigen Griechenland-Aufenthalts. Auch hierbei wäre ich über eine Absage nicht sonderlich traurig gewesen. Aber wieder lief alles für Regina und ich hatte die Genehmigung. Die Startgebühren bezahlt, Flüge gebucht und ab jetzt gab es kein Zurück mehr. Mein innerer Schweinehund hatte die erste Runde sang- und klanglos verloren.

Februar bis Mitte September 2014: Regina und ich wussten natürlich, dass eine 246,8km lange und zudem sehr wellige Strecke nur mit einer ordentlichen Vorbereitung zu meistern sei. Und bei mir galt es zudem, im mentalen Bereich zu arbeiten. Denn vom „ich schaff es sowieso nicht“ bis zum „nichts kann mich auf dem Weg nach Sparta aufhalten“ ist es ein weiter Weg. Auf diesem Weg lagen diverse Vorbereitungs-Wettkämpfe. Mal lief es dabei ganz gut, mal nicht so. Erst im Juli und im August (Sommerferien!) wurde an der Kilometer-Schraube gedreht und so trugen wir in unsere Lauftagebücher Wochenumfänge von bis zu 150km ein. Da waren dann auch schon viele gemeinsame, längere Laufausflüge dabei. Geplantes Spartathlon-Tempo und Trinkintervalle galt es dabei zu testen. Es funktionierte bestens und die Zuversicht stieg. Körperlich gab es nur kleine Wehwehchen zu beklagen und daher sehnten wir den 26. September herbei. Eine Erkältung von Regina genau zwei Wochen vor unserer großen Herausforderung brachte noch einmal etwas Verunsicherung. Doch bis zum Abflug war auch das abgehakt. Mittwoch, 24. September 2014: Am Vormittag ging´s von Wien nach Athen. Am Schwechater Flughafen trafen wir zwei der weiteren vier Österreicher. Jedoch waren beide angeschlagen. Maximilian Kobler machte seit längerer Zeit die Achillessehne zu schaffen und ein damit verbundener Trainingsrückstand gab ihm wenig Anlass zur Hoffnung. Er musste bereits 2012 bei damals großer Hitze die Segel vorzeitig streichen. Bei Ulli Striednig, die wir als Anwärterin auf einen Top-3-Rang im Damenfeld eingeschätzt hatten, war´s ein Bandscheibenvorfall, den sie sich unmittelbar vor dem Flug von Klagenfurt nach Wien zugezogen hatte. Sie überlegte sogar, auf den Start zu verzichten. Im Palace Hotel angekommen, trafen wir Pauline Moshammer und Markus Thalmann den Rest des rot-weiß-roten Teams. Markus konnte im Gegensatz zu uns „Rookies“ ein Dutzend Teilnahmen vorweisen. Jedes mal hat er das Ziel erreicht, dabei einmal gewonnen und fünfmal aufs Podest gelaufen. Eine beeindruckende Bilanz des Wiener Herz- und Gefäßchirurgs, der wie im Sport auch in seinem Beruf etwas für unmöglich Gehaltenes geleistet hat. Stichwort: Das Wunder von Kärnten (Film). Er nahm sich viel Zeit für uns und beantwortete all unsere Fragen. Und es waren deren viele. Sogar bei der Schuhwahl verhalf er mir zu einer Entscheidung, die sich später als die richtige herausstellen sollte.

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Donnerstag, 25. September 2014: Wir bereiteten unsere Dropbags vor. An 27 der insgesamt 74 Checkpoints ließen wir unsere Eigenverpflegung deponieren. Iso-Pulver, Energy-Gels und Riegel. Dazu noch Stirnlampen für die lange Nacht und Jacken, da wir ja auch eine Höhenlage von fast 1.200 Metern erreichten. Diese beschrifteten Beutel gaben wir im Hotel Fenix ab, wo am Nachmittag auch eine Läuferbesprechung stattfand. Dabei wurde aber vor allem über die Art und Weise der Betreuung durch Begleiter im Pkw gesprochen. Das betraf uns aber nicht, da wir es ganz alleine schaffen wollten. Die „Henkersmahlzeit“ schmeckte gut und danach ging es ab ins Bett.

Freitag, 26. September 2014: Es war endlich so weit. Um 4:45h saßen wir beim Frühstück. Leicht verdauliches und nicht zu viel. Es war recht ruhig. In unserem Hotel waren auch die deutschen Teilnehmer untergebracht. Unter ihnen Stu Thoms, Sieger 2012 und Florian Reus, Zweiter des Vorjahres. Zudem mit Antje Krause, Heike Bergmann und Marika Heinlein die besten 24-Stundenläuferinnen des Landes und allesamt mit Spartathon-Erfahrungen ausgestattet. ---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Nachdem uns der Bus vom Hotel zum Fuße der Akropolis gebracht hat, begeben wir uns zum Start. Es regnet. Ein Regenponcho wäre jetzt nicht schlecht. Daran haben wir aber nicht gedacht. Auch egal. Wir wünschen uns alle viel Erfolg und erwarten den Startschuss. 7:00h: Pünktlich auf die Sekunde setzt sich das 370-köpfige Starterfeld in Bewegung. Die ersten Meter heißt es aufpassen, denn das Pflaster ist vom Regen recht rutschig. Die Strecke führt zu Beginn bergab und da lassen es einige ganz schön laufen. Regina und ich halten uns zurück und ziehen unseren Tempoplan von Beginn an durch. 6:00min bis 6:10min wollen wir für den Kilometer benötigen. Und dies zumindest bis zur Marathonmarke. Es gelingt auch ganz gut. 9:00h: Der Autoverkehr in der Innenstadt hält sich in erträglichen Grenzen und Polizisten geben zusätzliche Sicherheit. Wir haben fast 20km ohne merkbare Anstrengung zurückgelegt. Maximilian Kobler läuft wie angekündigt unser Tempo mit und wirkt auch recht locker.

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11:17h: Wir passieren den Checkpoint nach 42,2km und 4h 17min. Voll im Plan. Nur sind wir bereits sehr durchnässt, denn bei Km 39 hat es stark zu regnen begonnen. Der Regen wird aber bereits leichter und hört zu aller Erleichterung auch wieder auf. Die Schuhe sind aber natürlich sehr nass geworden und die Wahrscheinlichkeit auf Blasen an den Füßen steigt dadurch stark an. 13:00h: Das vom Streckenprofil her leichteste Stück liegt hinter uns. 6 Stunden oder 59km sind wir jetzt bereits durchgelaufen. Nur bei den Checkpoints bleiben wir immer kurz stehen. Dort, wo wir Eigenverpflegung deponiert haben, dauert es immer etwas länger, da wir unser Getränk mischen müssen. Wir haben diese Checkpoints so gewählt, dass dazwischen ungefähr 10 Kilometer liegen. 15:21h: Wir haben vor wenigen Minuten den Kanal von Korith überquert. Beindruckend! Jetzt haben wir aber den Checkpoint bei exakt 80km erreicht und machen eine WC-Pause. Wir waschen uns. Etwas geschwitzt haben wir ja auch schon. Auch hier ziehen wir uns ein Ennergy-Gel rein, essen einen halben Riegel und zur Abwechslung mal ein griechisches Joghurt. Nach kaum mehr als fünf Minuten geht´s weiter und es ist alles im grünen Bereich. 18:55h: Fast ein halber Tag liegt hinter uns. Genau 11h 55min sind es und somit sind wir genau im Plan. Denn beim Checkpoint 109,8km haben wir unsere Stirnlampen deponiert. Und da es schon ein wenig dämmert, schalten wir gleich mal auf „Glühwürmchen-Stufe“. Später benötigen wir sicher mehr Leuchtkraft, aber jetzt sparen wir noch Energie. Apropos Energie. Da schaut es bei uns auch noch ganz gut aus. Regina hatte zwar bereits einen Blasensprung (keine Angst, nur an der kleinen Zehe), aber wir wissen ja, dass wir ab jetzt wegen humanerer Zeitlimits öfter mal gehen können. Und das machen wir auch, denn es gibt unzählige Bergaufstücke, die es ganz schön in sich haben. 20:56h: Nach knapp 14 Stunden haben wir Nemea erreicht und mit 123,3km schon die Hälfte der Gesamtdistanz geschafft. Natürlich wissen wir, dass die zweite Hälfte um vieles schwieriger wird. Aber wir sind guter Dinge, weil unser Zeitguthaben bereits mehr als zwei Stunden beträgt. Durch die stockdunkle Nacht denken wir jetzt stets nur noch von Checkpoint zu Checkpoint. Samstag, 27. September 2014 2:44h: Schon die letzten 10 Kilometer hatten es in sich. Steile Anstiege haben uns von 300 auf nunmehr 650 m Seehöhe geführt. Wir sind am berüchtigten Checkpoint 47. Jetzt kommt die größte Herausforderung der gesamten Strecke. Auf den nächsten 2 Kilometern gilt es, eine Seehöhe von über 1.150m zu erreichen. Ja, der Sangas-Pass - das Herzstück des Spartathlons. Und gerade jetzt nach 159,5km hat Regina so sehr mit Blasen an beiden Füßen zu kämpfen. Blasenpflaster haben wir dabei und ein freundlicher Helfer (wir haben bisher noch keinen einzigen unfreundlichen gesehen) versorgt die Wunden mehr schlecht als recht. Ein weiterer Helfer hat ein Tape dabei und damit sollte der Aufstieg jetzt machbar sein. Ich habe diese viertelstündige Zwangspause unter anderem für eine gründliche Darmentleerung genützt und hoffe, dass es bei Regina weiter geht. 3:30h: Der Aufstieg auf den höchsten Punkt der Strecke war vom Untergrund sehr schwierig. Fast so steil ging es auf der anderen Seite runter und wir sind jetzt nur froh, dass wir das Ganze ohne Sturz überstanden haben. Die Sache ist sicher auch bei Tageslicht nicht leicht, aber nachts mit Stirnlampe ist es speziell für Neulinge, die keinerlei Streckenkenntnis haben, ein „Abenteuer“.

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5:10h: Die lange Dunkelheit kommt uns schon wie eine halbe Ewigkeit vor. 171,5km stehen nach 22 Stunden und 10 Minuten zu Buche. Die vielen Höhenmeter und die Nacht haben Körper und Geist hart beansprucht. Schmerzen sind jetzt ständiger Begleiter. Aber mit jedem Schritt kommen wir dem Ziel näher. 7:30h: Mit Sonnenaufgang haben wir Stirnlampen und Jacken wieder abgegeben. Zu früh! Mir ist so kalt. Die Rettung kommt aber wieder in Form eines Helfers bei einem Checkpoint. Als ich diesen um eine wärmende Folie frage, gibt er mir stattdessen seine eigene, sicher nicht billige (Salewa) Jacke. Der junge Grieche meint, ich soll diese einfach an einem der nächsten Checkpoints abgeben, sobald ich mich aufgewärmt hätte. 9:05h: Jetzt sind wir bereits mehr als 26 Stunden unterwegs. Unsere längsten Bewerbe waren stets nach 24 Stunden vorbei. 197km. Also noch ziemlich genau 50km (die nächsten 20 davon fast stetig bergauf). Dafür haben wir noch fast 10 Stunden Zeit. Das schaut gut aus, auch wenn jetzt auf der Autobahn - auf dem Pannenstreifen natürlich - viele giftige, lange Anstiege zu bewältigen sind. Jetzt ist es auch wichtig, die Trinkmenge nicht zu stark zu reduzieren. Ein Fehler, den man gerne macht, wenn man nur mehr ganz langsam läuft oder längere Abschnitte gehend zurücklegt. Wir nehmen da lieber häufige Pinkelpausen in Kauf. Ein Dehydrieren wäre bei den Temperaturen, die schön langsam wieder steigen, sehr gefährlich. 13:47h: Ans Aufgeben denken wir auch jetzt nicht, auch wenn die Schmerzen groß sind. Fast 31 Stunden laufen wir schon quer durch Griechenland. 226,7km bedeuten, dass es nur noch 20km bis Sparta sind. Wir wissen, dass wir es schaffen werden. Es ist uns aber auch bewusst, dass die Strapazen noch einige Zeit anhalten werden. Regina hat jetzt auch starke Knieschmerzen und bei mir sind die Füße, an denen ich seit mehreren Stunden Blasen spüre, angeschwollen. Das macht auch das Gehen sehr mühsam. 17:00h: Wir sind bereits auf dem letzten der 246,8 Kilometer. Wir warten darauf, dass sich die große Freude über das Erreichte einstellt. Aber wir warten vergeblich auf Adrenalin, Endorphin , … 17:07h: Jetzt ist es doch da. Auf dieses Gefühl haben wir uns seit Stunden so sehr gefreut. Hunderte Zuseher auf beiden Straßenseiten. Kinder reichen die Hände zum Abklatschen. Wir werden gefeiert wie antike Helden. Noch fünf Stufen, dann ist es so weit! Wir berühren den Fuß der Leonidas-Statue und sind somit Finisher des 32. Spartathlons. 34h 07min. In diesen Sekunden sind die Schmerzen weg. Ein Kranz aus Olivenzweigen wird auf unsere gezeichneten Häupter gesetzt und dann wird uns noch eine Schale mit Wasser aus dem Fluss Evrotas gereicht. Medaille, eine Tasche mit kleinen Geschenken und ab geht´s zum ärztlichen Check. Der ist anscheinend Pflicht.

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Eine halbe Stunde später sind wir noch immer in den Fängen der Ärzte. Das Service ist grandios. Zuerst werden und Schuhe und Socken ausgezogen, die Füße gewaschen und Blasen aufgestochen. Danach desinfiziert (nur die Blasen natürlich) und warm eingepackt. Mit dem Taxi, das wir gar nicht bestellt hatten, geht´s ab ins nahe gelegene Hotel. Auf unserem Zimmer warten schon die nachtransportierten Rucksäcke. Ausziehen, Duschen und Anziehen. Alles sehr mühsam. Die ersten Glückwünsche aus der Heimat treffen ein. Wir erfahren auch, dass Maximilian Kobler und Ulli Striednig, wie befürchtet, aufgeben mussten. Markus Thalmann (29h 48min) und Pauline Moshammer (35h 20min) haben es wie wir bis nach Sparta geschafft. Vier von sechs – eine gute Quote. Insgesamt 207 Finisher. Rekord! Mehr als 50% - das gab es auch noch nie. Wir beschließen, das offizielle Abendessen zu schwänzen. Stattdessen hole ich von einem Schnellimbiss eine Kleinigkeit. Nach dem Essen schlafen wir hundemüde ein. Sonntag, 28. September 2014 Nach dem Frühstück treffen wir Pauline und Markus, die in einem anderen Hotel genächtigt hatten. Bei der Leonidas-Statue machen wir gemeinsame Fotos. Stolz tragen wir das neongelbe Finisher-T-Shirt durch die Stadt und genießen gegen Mittag ein kühles Bier. Danach geht´s mit dem Bus zum Mittagessen. Wir treffen Ulli und Maximilian, die sich sehr mit uns freuen. Ulli will es wieder versuchen. Maximilian meint, dass er das Kapitel Spartathlon ad acta legen wird. Anschließend weiter nach Athen. Auf der Rückfahrt sehen wir einige Passagen, die Teil der Laufstrecke sind. Beim Blick auf den Sangas-Pass kommen gemischte Gefühle auf. Bei gemeinsamem Abendessen und anschließendem Schlummertrunk herrscht beste Stimmung im rot-weiß-roten Lager.

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Montag, 29. September Wir sind wieder zu Hause. Viele schöne Erinnerungen bleiben. Wir empfinden große Erleichterung, dass alles so gut verlaufen ist. Ein wenig stolz sind wir auch, weil wir wissen, dass wir eines von ganz wenigen Ehepaaren sind, vielleicht sogar das einzige, das seit Bestehen des Spartathlons die gesamte Distanz über gemeinsam gelaufen ist und auch gefinisht hat. Ein wenig beschleicht uns auch das Gefühl wie am Ende einer langen Reise. Eine Reise, die uns nach mehr als 400 Laufteilnahmen in den vergangenen 19 Jahren nach Griechenland geführt hat. Auf die Spuren des Pheidippides.