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@Spital: Haben Sie auch #veganesEssen? #SocialMediaImSpital Die Social-Media-Welle trifft die Schweizer Spitäler mit voller Wucht. Noch ist die Ungewissheit aber gross, welche Vorteile dieser neue Kommunikationskanal bringen soll. Die Einsatzgebiete sind vielfältig, aber nicht gratis. Autor: Christoph Grau; Illustration: Alexa Deck

@Spital: Haben Sie auch #veganesEssen? #SocialMediaImSpital · Im Schweizer Gesund-heitswesen ist Social Media allerdings nur selten anzutref - ... rungen. Darunter Stefan Lienhard,

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@Spital: Haben Sie auch #veganesEssen?

#SocialMediaImSpitalDie Social-Media-Welle trifft die Schweizer Spitäler mit voller Wucht. Noch ist die

Ungewissheit aber gross, welche Vorteile dieser neue Kommunikationskanal bringen soll.

Die Einsatzgebiete sind vielfältig, aber nicht gratis.

Autor: Christoph Grau; Illustration: Alexa Deck

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Ob Facebook, Twitter oder Xing, soziale Netzwerke sind

für viele aus dem Alltag kaum noch wegzudenken. Sogar

der Bäcker um die Ecke informiert heute schon auf Twitter

über sein aktuelles Brotsortiment. Im Schweizer Gesund-

heitswesen ist Social Media allerdings nur selten anzutref-

fen, obwohl der Kommunikationskanal für Spitäler viele

Möglichkeiten bietet.

Social Media noch am Anfang

Aktuelle Zahlen zur Nutzung von Social Media in Schwei-

zer Spitälern gibt es keine. Für die Jahre 2011 und 2013

erarbeitete das Beratungsunternehmen Intext Commu-

nications einen Report mit dem Titel: «Social Media in

Schweizer Spitälern». Im Untersuchungszeitraum ist die

Zahl der Social Media nutzenden Spitäler von 10 auf rund

25 Prozent deutlich gestiegen. Im Vergleich dazu nutzten

aber 2012 bereits zwei Drittel aller Schweizer Grossunter-

nehmen Social Media, schreibt Intext in seiner Analyse.

Nicht nur unter diesem Gesichtspunkt ist Social Media in

Spitälern eher noch eine Randerscheinung.

Ganz anders in den USA. Dort hatten Ende 2014 94 Pro-

zent der Spitäler einen Facebook-Account und mehr als die

Hälfte war auch auf Twitter aktiv. Dies geht aus der Studie

«Medicine 2.0: Social Media, Open, Participatory, Collabo-

rative Medicine» hervor, die im «Journal of Medicine Inter-

net Research» erschien. Daher sieht Stefan Lienhard, Pro-

jektleiter Social Media der Privatklinikgruppe Hirslanden,

die USA hier auch als Vorreiter. Sie zeigten, was auf den

Portalen alles möglich sei.

Auch wenn die Zahlen in der Zwischenzeit weiter gestiegen

sind dürften, so ist die Bedeutung von Social Media in die-

sem Bereich doch noch sehr klein. Für Maurice Codourey,

Chief Relationship Oficer und Mitgründer des Healthin-

ars, vergeben die Spitäler hier sehr viele Möglichkeiten.

Daher widmete sich das erste Healthinar, das in der Aula

der Erwachsenenbildung Zürich Mitte Juni dieses Jah-

res stattfand, den Möglichkeiten von Social Media in der

Spitalkommunikation. Vier Referenten aus vier Spitälern

berichteten über ihre Social-Media-Aktivitäten und -Erfah-

rungen. Darunter Stefan Lienhard, Andrea Heiniger, Social

Media Manager am Universitätsspital Zürich, Patrick Jola,

Kommunikationsbeauftragter der Forel Klinik, und Renate

Good, Leiterin Unternehmenskommunikation des Spitals

Bülach. Das Spektrum des Einsatzes von Social Media

reicht bei den Spitälern von einem eigenen Social-Media-

Team mit unternehmensweit abgestimmter Kommunika-

tionsstrategie bei Hirslanden und dem Universitätsspital

Zürich über eine Nebenbeschäftigung bei der Forel Klinik

bis zu einer Verweigerung der aktiven Teilnahme in Bülach.

Gründe für Social Media

Ein wichtiges Argument für den Einstieg in Social Media

ist, dass die Spitäler so die Kontrolle über die Web-2.0-Ak-

tivitäten zurückgewinnen können. Denn häuig haben einige Unterbereiche von Spitälern oder sogar Mitarbei-

tende eigene Proile auf Facebook, die zumeist ohne die Kontrolle durch die Institutionen betrieben werden. Die-

ses Problem sprachen sowohl Lienhard als auch Heiniger

an. Bevor sie die eigenen zentralisierten Aktivitäten star-

ten könnten, müssten sie hier zunächst den «Wildwuchs»

beseitigen, sagte Heiniger.

Für Lienhard ist Social Media ein wichtiges Instrument

im Wettbewerb um Patienten. Diese würden sich immer

stärker über diese Kanäle informieren und die Angebote

der Spitäler vergleichen. Ähnlich sieht es auch Codourey.

Im Gesundheitswesen habe seit der Einführung der Fall-

pauschale für die stationäre Abrechnung im Januar 2012

ein Verdrängungswettbewerb eingesetzt. Gerade mit So-

cial Media könnten neue Zielgruppen angesprochen und

bestehende Verbindungen geplegt werden, zeigte sich Codourey überzeugt. Das Thema Social Media brenne

den Schweizer Spitälern unter den Nägeln. Für rund 300

Spitäler bedeute dies zusätzliche Kommunikationskanäle

und -chancen im Wettbewerb, betonte Codourey.

Ressourcen spielen eine entscheidende Rolle

Die zentrale Erkenntnis des Healthinars war, dass die

Ressourcen beim Einsatz von Social Media der Knack-

punkt seien. Gerade kleineren Spitälern fehle es häuig an qualiizierten Mitarbeitenden, um die Portale sinn-

voll zu bespielen. Die Erfahrung zeige, dass auf Social-

Media-Portalen eine möglichst hohe Frequenz an Posts

abgesetzt werden müssten, sagte Lienhard. Seiner Ein-

schätzung nach sind dies 10 bis 15 Tweets und 4 bis 5

Facebook-Posts in der Woche. Lienhard ist auch der Mei-

nung, dass Social Media nicht einfach so nebenher ge-

macht werden kann, denn die Plege der Portale sei sehr anspruchsvoll.

Bei Hirslanden sind daher zwei Personen im Umfang von

insgesamt 160 Stellenprozenten nur mit Social Media be-

schäftigt – Lienhard selbst zu 100 Prozent und eine

Texterin zu 60 Prozent. Am Universitätsspital Zürich sind

es auch zwei Personen, die je zu 60 und 40 Prozent die

Social-Media- Portale bewirtschaften. Die meisten kleine-

ren Spitäler können diese Personalkapazitäten jedoch

nicht aufbringen, war auf dem Healthinar zu hören.

Einen anderen Weg geht die Forel Klinik. Deren Kom-

munikationsbeauftragter, Jola, kümmert sich im Rah-

men seiner 100-Prozent-Anstellung allein um die Social-

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> Gestaltbarer Bewohnerstamm

> Pflegetarife mit Ansätzen gemäss

Einstufung BESA, RAI

> Erfassung von Pflegeleistungen,

Spesen, Absenzen auch über

Smartphones und Tablets

> Barcode-Scanning für Pflege-

leistungen, Material- und

Medikamentenbezüge

> Mehrstufige Gruppierung der

Kostenarten, Kosten stellen und

Kostenträger nach KVG, BSV

und kantonalen Anforderungen

> Somed-Statistik

> Schnittstelle zu Pflege -

doku mentation

> Nahtlose Integration in Lohn-

buchhaltung, PPS, Material-

wirtschaft, Fakturierung,

Kostenrechnung ohne Daten-

redundanzen

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Führen mit Zahlen –

Erfüllen von AnforderungenAbaProject – Software für Soziale Institutionen

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Media-Auftritte der Klinik, insbesondere um den Facebook-

Account. Ursprünglich war auch ein Blog geplant, der in-

tensiv durch die Ärzte hätte gefüttert werden sollen. Aus

Kapazitätsgründen wurde dies jedoch sistiert. Die Fokus-

sierung auf Facebook sei die passendste Lösung für die

Umsetzung der Social-Media-Ziele der Klinik gewesen,

sagte Jola. Dies liege aber auch darin begründet, dass die

Forel Klinik, die Suchtkranke behandelt, eine sehr spezii-

sche Patientengruppe habe und aufgrund des sensiblen

Themas nicht nur die Patienten, sondern auch Fachleute

wie Ärzte, Therapeuten und bewusst auch die Öffentlich-

keit, Angehörige sowie Arbeitgeber ansprechen wolle.

Auch wenn Spitäler Social Media nicht aktiv einsetzten,

könnten diese Kanäle nicht einfach ignoriert werde. Rena-

te Good vom Spital in Bülach hat mit ihrem Kommunikati-

onsteam daher immer ein Auge auf die Erwähnungen des

Spitals auf Twitter und Facebook, ohne jedoch selbst aktiv

zu werden. Nur so könne auf eventuelle Probleme und Kri-

tik reagiert werden, sagte sie am Healthinar.

Vorteile überwiegen langfristig

Ob sich der Schritt in die sozialen Netzwerke für ein Spi-

tal lohnt, ist ein langwieriger Abwägungsprozess. Beson-

ders die Ressourcenfrage ist dabei entscheidend. Häuig können sich nur grössere Einrichtungen wie die Hirslan-

den Kliniken oder das Universitätsspital Zürich ein eige-

nes Team dafür leisten. Das Beispiel der Forel Klinik zeigt,

dass es auch mit Aktivitäten auf Sparlamme geht. Dies liegt jedoch in der vergleichsweise kleinen Zielgruppe der

Suchtklinik begründet. Mit der Social-Media-Erfahrung von

nunmehr zwei Jahren ist Lienhard immer noch Feuer und

Flamme für das Projekt. Seiner Meinung nach zahlte sich

das Engagement für Hirslanden aus. Auf dem Podium am

Healthinar waren sich alle Beteiligten einig, dass Social

Media in der Kommunikationsarbeit eine immer wichtige-

re Rolle einnehmen wird.

Auch andere Branchen hätten sich schon vor vielen Jah-

ren mit Social Media auseinandergesetzt. Banken und

Versicherungen etwa stünden vor ähnlichen Heraus-

forderungen wie die Spitäler, zeigte sich Lienhard über-

zeugt. Auch wenn es nicht so einfach sei, sollten Spitä-

ler die Potenziale erkennen und nach ihren individuellen

Gegebenheiten Kommunikationsstrategien entwickeln.

Lienhard sähe es gerne, wenn in der Schweiz mehr in die-

sem Bereich geschähe. In den nächsten Jahren erwartet

er hier viel Bewegung.

Artikel online: www.netzwoche.ch Webcode 3935

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«Unser tun wird nicht mehr hinterfragt»

Seit April 2013 betreibt die Privatklinikgruppe Hirslanden gleich mehrere Auftritte in sozialen

Netzwerken. Dies sind ausser Facebook und Twitter auch Kanäle wie Youtube, Linkedin, Xing und Blogs.

Von Beginn an leitete Stefan Lienhard die Social-Media-Aktivitäten.

Interview: Christoph Grau

Sie haben vor rund zweieinhalb Jahren mit Social

Media begonnen. Wo stehen Sie heute?

Stefan Lienhard: Ich würde sagen, dass wir immer noch in

den Kinderschuhen stecken. Aber wir haben schon gros-

se Fortschritte gemacht. Immer mehr Abteilungen lernen,

welche Möglichkeiten ihnen die Social-Media-Kanäle bie-

ten. Besonders die Personalabteilung macht sehr grossen

Gebrauch von Social Media. Vor zwei Jahren wurden wir

noch belächelt. Jetzt sehen aber viele Mitarbeitende und

auch Entscheidungsträger ein, dass wir eine wichtige Ar-

beit machen. Unser Tun wird auch nicht mehr hinterfragt.

Welche Punkte waren für Sie bei der Implementierung

von Social Media am wichtigsten?

Bei uns stand und steht der Mehrwert für die Patienten

im Mittelpunkt. Sie sollten mehr Informationen bekommen

und es sollten weitere Kommunikationskanäle aufgebaut

werden. Wir wollten den Patienten befähigen, selbst ak-

tiv werden zu können – ob nun durch den Bezug von In-

formationen oder durch die Teilnahme an Diskussionen.

Auch sollte jede Stimme im Netz ernst genommen werden.

Gerade der offene Austausch und die Transparenz sind

uns wichtig. Die Patienten fordern dies aktiv ein. An erster

Stelle steht für uns dabei die Sicherheit und dass der Da-

tenschutz gewährleistet ist. Für eine sensible Branche wie

das Gesundheitswesen ist Vertrauen zentral.

Welche Art von Anfragen erhalten Sie am häuigsten? Können Sie uns einen kurzen Überblick geben?

Die meisten Anfragen sind eher banal. Häuig werden etwa Telefonnummern und Adressen angefragt. Auch kommen

häuig Fragen zur Ausstattung der Spitäler und der Kantine oder auch zum Bewerbungsprozess im Feld HR. Ich schät-

ze, dass drei Viertel der Anfragen zum Bereich Service

und Support zählen. Die Auskünfte hole ich zumeist tele-

fonisch ein und beantworte sie. Dadurch bin ich im Unter-

nehmen inzwischen ausgezeichnet vernetzt. Medizinische

Anfragen leite ich an unser Fachpersonal weiter.

Das hört sich alles nach sehr viel Arbeit an. Wie gehen

Sie mit der Belastung um?

Ich bin persönlich natürlich sehr stark in unsere Social-

Media-Aktivitäten involviert. Eigentlich sehe ich es aber

auch nicht als richtige Arbeit an, wenn ich am Wochenende

auf dem Sofa kurz einen Tweet beantworte. Das sind nur

ein paar Minuten. Auf lange Sicht muss ich aber vorsichtig

sein. Ich sehe schon, dass ich zu einem Personenkreis

gehöre, der Burn-out-gefährdet ist. Um das zu verhindern,

treibe ich viel Sport, wandere gerne oder bin viel mit Freun-

den unterwegs. Wichtig ist vor allem auch die bewusste

Oflinezeit.

Stefan Lienhard, Projektleiter Digital Media & Content Manager Hirslanden.

Artikel online: www.netzwoche.ch Webcode 3936