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[Springer-Lehrbuch] Betriebswirtschaftslehre für Ingenieure || Einzelinvestitionen, Gemeinschaftsinvestitionen und wertorientierte Steuerung

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Page 1: [Springer-Lehrbuch] Betriebswirtschaftslehre für Ingenieure || Einzelinvestitionen, Gemeinschaftsinvestitionen und wertorientierte Steuerung

Kapitel 7

Einzelinvestitionen,Gemeinschaftsinvestitionen undwertorientierte Steuerung

7.1 Grundlagen der Investitionsrechnung

7.1.1 Begriff und Charakteristika der Investition

Der Begriff der Investition wird in unterschiedlichen Zusammenhängen ver-wendet und mit verschiedenen Inhalten versehen. Für das vorliegende Werkwird festgehalten:1

Eine Investition ist ein Zahlungsstrom, welcher mit einerAuszahlung beginnt und in späteren Zeitpunkten Einzahlungen

bzw. eine Reduktion von Auszahlungen erwarten lässt.

Investitionen können nach unterschiedlichen Kriterien gegliedert werden, vondenen als eines der wichtigsten das Kriterium des Investitionsobjekts gilt.Nach diesem kann zwischen Real- und Finanzinvestition unterschieden wer-den (vgl. Abbildung 7.1). Realinvestitionen lassen sich differenzieren in mate-rielle Realinvestitionen, auch güterwirtschaftliche Investitionen genannt, undin immaterielle Realinvestitionen, auch als Potenzialinvestitionen bezeichnet.Zu den Potenzialinvestitionen zählen Ausgaben für Innovationen (dazu ge-hören Grundlagenforschung, Technologieentwicklung, Vorentwicklung sowieProdukt- und Prozessentwicklung), für Aus- und Weiterbildung und für Wer-bung. Da die Unternehmen sowohl in güterwirtschaftliche Projekte als auch inPotenzialprojekte investieren, ist eine gemeinsame Betrachtung beider Inves-titionsarten erforderlich. Finanzinvestitionen liegen bei einer Kapitalbindungin finanziellen Anlageformen wie Anleihen oder Aktien vor. Das vorliegendeKapitel beschäftigt sich ausschließlich mit güterwirtschaftlichen Investitio-nen.1 Vgl. Götze (2008: 5); Rehkugler (2007: 21).

403

DOI 10.1007/978-3-642-36057-2_7, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013 D. Müller, Betriebswirtschaftslehre für Ingenieure, Springer-Lehrbuch,

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404 7 Einzelinvestitionen, Gemeinschaftsinvestitionen und wertorientierte Steuerung

Abbildung 7.1 Differenzierung der Investitionen nach der Objektart2

Der Lebenszyklus von güterwirtschaftlichen Investitionen umfasst die Pha-sen Auswahl, Bereitstellung, Nutzung (inklusive Instandhaltung und Ratio-nalisierung) und Stilllegung bzw. Liquidation (einschließlich Verwertung undEntsorgung). Bei einer Liquidation wird das Investitionsobjekt endgültig still-gelegt und veräußert oder anderweitig entsorgt. Die Stilllegung kann als Vor-stufe der Liquidation betrachtet werden, welche zum vorübergehenden oderfinalen Einstellen des Leistungserstellungsprozesses führt. Als Desinvestiti-on wird das ablauftheoretische Komplement zur Investition verstanden. Die-ses besteht in der Freisetzung der vorher durch eine Investition gebundenenMittel und ist verbunden mit dem leistungswirtschaftlichen Verzehr von Nut-zungspotenzial und/oder der Desintegration von Investitionsobjekten aus de-ren ursprünglichem Verwendungszweck. Somit ist die Desinvestition untrenn-bar mit dem gesamten Nutzungszeitraum des Investitionsobjektes verbunden,und nicht nur mit der Endphase des Lebenszyklus.

Tabelle 7.1 Entscheidungsorientierte Phasenstruktur3

�����������Führungs-prozess

Lebens-zyklusphasen

Auswahl Objektbe-schaffung bzw.-erstellung

Nutzung undInstandhaltung

Stilllegung undLiquidation

Anregung, Zielsetzung, Pro-blemanalyseAlternativensuche und Pro-gnoseBeurteilung und Entschei-dungRealisationKontrolle

Im gesamten güterwirtschaftlichen Investitionsprozess ist eine Vielzahl vonEntscheidungsplanungen, -realisierungen und -kontrollen notwendig. Zum2 Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an: Götze (2008: 8).3 Quelle: Müller (2005: 48). Vgl. zum Führungsprozess S. 70.

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7.1 Grundlagen der Investitionsrechnung 405

Beispiel wird im Rahmen der Instandhaltungsplanung die Instandhaltungs-strategie (korrektiv oder präventiv) festgelegt.4 Die Instandhaltungskontrollehat die Durchführung der Instandhaltungsmaßnahmen nachträglich zu über-prüfen. Hauptaugenmerk liegt dabei auf den Stillstandszeiten und den In-standhaltungskosten. Festgestellte und für relevant befundene Soll-Ist-Abwei-chungen werden analysiert. Nach der Aufdeckung von Schwachstellen werdenAnpassungsmaßnahmen ergriffen. Auch für die Anlagenausmusterung wirdmittels der Anlagenstilllegungsplanung festgelegt, ob und wann vorhande-ne Betriebsmittel ausgemustert werden sollen. Dies führt zur Bestimmungder optimalen Nutzungsdauer, die regelmäßig durch die Anlagenausmuste-rungskontrolle überprüft und falls nötig, korrigiert wird, so dass letztlich deroptimale Ersatz- oder Stilllegungszeitpunkt gefunden wird.

Entsprechend der Tabelle 7.1 werden mit dem Begriff InvestitionsplanungHandlungen der antizipativen Willensbildung zu investitionsbezogenen Ent-scheidungen in den unterschiedlichen Lebenszyklusphasen einer Investitionbezeichnet. Die Investitionsplanung umfasst:

• Festlegung des Zielzustandes, Identifikation der mit der Zielerreichungverbundenen Probleme,

• Suche nach Alternativen zur Problemlösung, Prognose zukünftiger Ein-flussfaktoren und Bewertung der Alternativen,

• Auswahl der als vorteilhaft identifizierten Alternative und Treffen derEntscheidung.

Die Investitionskontrolle setzt sich aus einem Soll-Ist-Vergleich und einer Ab-weichungsanalyse der investitionsbezogenen Willensbildungs- und Realisie-rungsprozesse im Verlaufe des Investitionslebenszyklus zusammen.

In Abhängigkeit von der vorliegenden Situation und der Lebenszyklusphasesind verschiedene Arten von Investitionsentscheidungen möglich. Typischer-weise lassen sich folgende Entscheidungsprobleme unterscheiden:5

• Entscheidung über die Durchführung oder Unterlassung einer Investiti-on. Dabei ist die Frage zu klären, ob eine einzelne, isoliert betrachteteInvestition durchgeführt werden soll oder nicht.

• Auswahl des optimalen Investitionsobjektes aus einer Menge von alter-nativen Maßnahmen. Alternativen sind in diesem Zusammenhang sichgegenseitig ausschließende Handlungsmöglichkeiten.

• Entscheidung über die ökonomisch optimale Nutzungsdauer eines Inves-titionsobjektes zu Beginn der Nutzungsdauer.

4 Vgl. DIN EN 13306 (2010) sowie DIN 31051 (2012) zur Instandhaltung.5 Vgl. Busse von Colbe/Laßmann (1990: 17-18).

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406 7 Einzelinvestitionen, Gemeinschaftsinvestitionen und wertorientierte Steuerung

• Wenn das Investitionsobjekt schon im Unternehmen genutzt wird, stelltsich die Frage, zu welchem Zeitpunkt der Ersatz des Objektes optimal ist.Die zu Beginn der Nutzung ermittelte optimale Nutzungsdauer wird aufdiese Weise vor dem Hintergrund der veränderten Rahmenbedingungenüberprüft.

Neben der Unterscheidung der betrachteten Alternativen werden Investiti-onsentscheidungen durch folgende Merkmale gekennzeichnet:

• Sicherheit oder Unsicherheit über die zukünftige Entwicklung,• Vorliegen eines oder mehrerer Ziele.

Eine Entscheidung unter Sicherheit liegt vor, wenn dem Akteur bekannt ist,welche Umweltsituation eintreten wird bzw. eingetreten ist. Ist eine Entschei-dung dadurch charakterisiert, dass bei mindestens einer Alternative mehrereUmweltzustände möglich sind, so ist dies eine Entscheidung unter Unsicher-heit.

Mit der Durchführung einer Investition werden unterschiedliche Ziele verfolgt.Dazu gehören u. a.:

• Technische Ziele: Flexibilität, Integrierbarkeit, Standortanforderungen,Kapazität, Qualität, Instandhaltbarkeit etc.

• Wirtschaftliche Ziele: einzusetzende Finanzmittel, zu erzielende Einzah-lungen, Nutzungsdauer etc.

• Soziale Ziele: Gesundheit und Wohlbefinden, Arbeitssicherheit, Mensch-Maschine-Beziehung etc.

• Ökologische Ziele: Energie- und Rohstoffverbrauch, Emissionen, Recy-clingfähigkeit etc.

Für unterschiedliche Träger der Investitionsentscheidungen sind verschiede-ne Zielstellungen relevant. Im Rahmen der Investitionsentscheidung ist dasAusmaß der Zielerreichung durch die einzelnen Alternativen festzustellen.

7.1.2 Wesen und Verfahren der Investitionsrechnung

Rechenverfahren, welche im Rahmen der Planung von Investitionsentschei-dungen eingesetzt werden, werden als Investitionsrechnungen bezeichnet. Ausden Eigenschaften der Investitionsobjekte und dem damit verbundenen Re-chenzweck leiten sich Unterschiede zur Kostenrechnung entsprechend Tabelle7.2 ab.

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7.1 Grundlagen der Investitionsrechnung 407

Damit verschiedene Investitionsalternativen miteinander verglichen werdenkönnen, muss der Vergleich folgende Eigenschaften aufweisen:6

• Verschiedene Alternativen sind unter Verwendung derselben Zieldefinitionund Entscheidungsregel zu vergleichen. Es ist ein identisches Zielsystemzu verwenden.

• Es ist sicherzustellen, dass von identischen Datenkonstellationen in Bezugauf gegenwärtige und zukünftige Zustände ausgegangen wird. Die Rah-mendaten und Objektinformationen über die Alternativen müssen iden-tisch sein.

• Planungszeitraum und Kapitaleinsatz der Alternativen müssen gleich sein.Verschiedene Alternativen können durch unterschiedliche Nutzungsdau-ern und Anschaffungsauszahlungen gekennzeichnet sein. Um einen kon-sistenten Vergleich durchführen zu können, sind die Differenzen von Inves-titionshöhe und Laufzeit in der Form zu berücksichtigen, dass Annahmengetroffen werden, wie Differenzbeträge bzw. bei unterschiedlichen Lauf-zeiten die zum früheren Zeitpunkt freiwerdenden Finanzmittel verwendetwerden. Auf diese Weise werden identische Betrachtungszeiträumeund identische Investitionsauszahlungen miteinander verglichen.

Tabelle 7.2 Abgrenzung von Kosten- und Investitionsrechnung7

Abgrenzungskriterium Kostenrechnung InvestitionsrechnungRegelmäßigkeit Kontinuierlich DiskontinuierlichPlanungshorizont Kurz- bis mittelfristig Mittel- bis langfristigRechnungszweck Planung, Kontrolle und

Steuerung desLeistungsprozesses

Ermittlung der absolutenbzw. relativenVorteilhaftigkeit sowie deroptimalen Nutzungsdauerbzw. des optimalenEinsatzzeitpunktes

Bezugsobjekt Unternehmen bzw.einzelne Bereiche

Einzelne Maschinen,Anlagen, Aggregate bzw.Verbundanlagen

In Abhängigkeit von der Realitätsnähe der Modellierung und den verwende-ten Prämissen sind unterschiedliche Rechenverfahren zu differenzieren (vgl.Abbildung 7.2). Rechenverfahren unter Annahme von Sicherheit sind zwarnicht immer realitätsnah, bilden jedoch die Basis für die Berücksichtigungvon Unsicherheit. In Abhängigkeit von der Anzahl der berücksichtigten Zielesind Investitionsrechenmodelle zu unterscheiden, welche nur eine Zielgröße6 Vgl. Busse von Colbe/Laßmann (1990: 19).7 Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an: Däumler/Grabe (2007: 29).

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408 7 Einzelinvestitionen, Gemeinschaftsinvestitionen und wertorientierte Steuerung

einbeziehen und Modelle, die mehrere Zielgrößen abbilden. Im weiteren Ver-lauf werden ausschließlich Modelle vorgestellt, die lediglich eine Zielgröße,und zwar die finanzwirtschaftliche Zielstellung berücksichtigen.

In einem Unternehmen wird im Verlauf eines Jahres i. d. R. mehr als ein Inves-titionsprojekt durchgeführt, es liegen dann sog. Investitionsprogramme vor,bei deren Planung Art und Anzahl der zu realisierenden Investitionsprojektebestimmt werden. Diese Entscheidungssituation ist nicht Gegenstand der fol-genden Darstellungen. Es werden ausschließlich Modelle vorgestellt, die eineAnalyse von isolierten Investitionsobjekten ermöglichen.

Ist eine Entscheidung über eine Investitionsmaßnahme bei Vorliegen einerZielgröße zu bewerten, so stehen zwei Verfahrensgruppen zur Verfügung:statische und dynamische Modelle. Zu den statischen Verfahren zählen dieKosten-, die Gewinn-, die Rentabilitätsvergleichsrechnung und die Amor-tisationsrechnung. Kapitalwertmethode, Interne-Zinssatz-Methode, dynami-sche Amortisationsrechnung und die Methode der vollständigen Finanzpläne(VOFI) gehören zu den dynamischen Verfahren. Ist die Unsicherheit der Ent-scheidungssituation abbildungsrelevant, so kann diese auf Basis eines stati-schen oder dynamischen Verfahrens und der zusätzlichen Durchführung derSensitivitätsanalyse oder der Risikoanalyse in die Betrachtung integriert wer-den.

Abbildung 7.2 Modelle der Investitionsrechnung8

8 Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an: Götze (2008: 47-48).

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7.2 Einzelentscheidung unter Sicherheit 409

Ziel der Investitionsrechnung ist es, die Vorteilhaftigkeit der Durchführungeiner Investitionsmaßnahme festzustellen. Dazu sind zwei Arten der Vorteil-haftigkeit zu unterscheiden:9

• Absolute Vorteilhaftigkeit: Wenn die Durchführung der Maßnahme vor-teilhafter ist, als deren Unterlassung, liegt eine absolute Vorteilhaftigkeitvor. Mit der Feststellung der absoluten Vorteilhaftigkeit wird die Alterna-tive „Durchführung der Investition“ mit der Alternative „Kein Investitionin eine technische Anlage“ verglichen.10

• Relative Vorteilhaftigkeit: Stehen zwei sich ausschließende Maßnahmenzur Auswahl, wird die vorteilhaftere Variante der beiden als relativ vor-teilhaft bezeichnet. Diese muss zugleich absolut vorteilhaft sein. Wennfestgestellt wurde, dass die Durchführung der Investition besser ist alsderen Unterlassung, wird mit der Untersuchung der relativen Vorteilhaf-tigkeit die beste Alternative identifiziert.

7.2 Einzelentscheidung unter Sicherheit

Im folgenden Abschnitt werden Methoden zur Ermittlung der Vorteilhaf-tigkeit von Investitionsmaßnahmen bei Vorliegen einer Zielgröße betrachtet.Zuerst werden die statischen und im Anschluss daran die dynamischen Ver-fahren vorgestellt.

7.2.1 Statische Verfahren

Charakteristisch für die statischen Verfahren ist, dass diese auf Rechnungs-größen des internen Rechnungswesens basieren und die finanziellen Investi-tionswirkungen einperiodisch betrachtet werden (Ausnahme: Amortisations-rechnung). Deshalb werden die statischen Verfahren auch als kalkulatorischeVerfahren bezeichnet. Mit der Verwendung durchschnittlicher Werte wirdder Ein-Jahres-Zeitraum als repräsentativ für die gesamte Nutzungsdauerder Investitionsmaßnahme verwendet. Zu den in der Praxis weit verbreitetenstatischen Verfahren gehören die:11

9 Vgl. Blohm/Lüder/Schaefer (2012: 41).10 Streng genommen ist damit eine absolut vorteilhafte Variante relativ vorteilhaft inBezug auf die Alternative „Anlegen der finanziellen Mittel in einer alternativen Anlage-form.“11 Vgl. Götze (2008: 50); Eilenberger/Ernst/Toebe (2013: 155).

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410 7 Einzelinvestitionen, Gemeinschaftsinvestitionen und wertorientierte Steuerung

• Gewinnvergleichsrechnung,• Kostenvergleichsrechnung,• Rentabilitätsvergleichsrechnung und• Amortisationsrechnung.

Zur Gruppe der einperiodigen statischen Investitionsrechnungen zählen dieGewinn- , die Kosten- und die Rentabilitätsvergleichsrechnung. Da den Be-trachtungen nicht der gesamte Planungszeitraum zugrunde liegt, sondern nureine Jahresabrechnungsperiode, ist die Verwendung periodisierter Erfolgs-größen erforderlich. Kalkulatorische einperiodige Investitionsrechnungen sindRechnungen, die sich auf eine fiktive Jahresabrechnungsperiode beziehen undmit den periodisierten Erfolgsgrößen Kosten und Erlöse arbeiten.12

7.2.1.1 Kosten- und Gewinnvergleichsrechnung

Kostenvergleichsrechnung

Eine Form der Bewertung von Investitionsalternativen stellt die ausschließ-liche Betrachtung der Kosten dar, welche mit den Maßnahmen verbundensind. Dieses Vorgehen bietet sich bei sog. Muss-Investitionen an, die keineErlöse erzielen, bzw. bei Investitionen mit identischen Erlösgrößen. Es sinddie Kostenkomponenten Betriebskosten KB und Kapitaldienst KD zu be-rücksichtigen. Die Summe der beiden Komponenten ergibt die Kosten derMaßnahme K:13

KGesamt =KBetrieb + AbKalk + Zkalk

Neben den Betriebskosten (Lohnkosten, Kosten für den Verbrauch von Roh-,Hilfs- und Betriebsstoffen, Energiekosten, Kosten für Instandhaltung undWartung, Raumkosten, Werkzeugkosten) sind auch die in einer kurzfristigenBetrachtung als fix geltenden kalkulatorischen Abschreibungen und kalkula-torischen Zinsen in die Rechnung aufzunehmen, welche in der langfristigenInvestitionsrechnung variablen Charakter haben. Die Summe aus kalkulato-rischen Abschreibungen und kalkulatorischen Zinsen wird als Kapitaldienstbezeichnet.14 Kalkulatorische Abschreibungen dienen der Erfassung der tat-sächlichen Wertminderung des Anlagevermögens. Bei Unterstellung eines li-nearisierten Abschreibungsverlaufes ergibt sich der jährliche Abschreibungs-betrag Abkalk aus:

12 Vgl. Perridon/Steiner/Rathgeber (2012: 33-34).13 Vgl. Schäfer (2005: 31-32).14 Vgl. S. 350.

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7.2 Einzelentscheidung unter Sicherheit 411

Abkalk =I−L

N

mit I als Investitionskosten, L als Liquidationserlös und N als Nutzungsdau-er.

Der Unternehmer muss zusätzlich zu dem Werteverzehr des Anlagevermö-gens den Kapitaleinsatz berücksichtigen, wobei er für das in der Investiti-onsmaßnahme gebundene Kapital kalkulatorische Zinsen ermitteln muss. DieExistenz eines Liquidationserlöses ist bei der Ermittlung des durchschnittlichgebundenen Kapitals KB folgendermaßen zu berücksichtigen:15

Durchschnittlich gebundenes Kapital= I−L

2 + L

= I+L

2

Die Bestimmung des Kalkulationszinssatzes ikalk richtet sich nach der Artder Finanzierung.16 Ist die Investition vollständig mit eigenen Mitteln finan-ziert, so ist der Zinssatz zu verwenden, der bei alternativer Verwendung derMittel erzielt worden wäre. Wird die Maßnahme ausschließlich über Kreditfinanziert, ist der Kreditzinssatz anzusetzen. Es ergeben sich die kalkulatori-schen Zinsen mit

Zkalk =I+L

2 · i kalk.Der Kapitaldienst ergibt sich aus der Summe von kalkulatorischen Abschrei-bungen und kalkulatorischen Zinsen: KD =Abkalk+Zkalk. Bei Verwendungder detaillierten Darstellungen resultiert:

KD =(I−L

N

)+(I+L

2

)· ikalk

= (I−L) 1N+(I+L) i kalk2

= (I−L)(1N+ ikalk

2

)+ L ikalk.

Der Ausdruck(1N+ ikalk

2

)wird als Kapitaldienstfaktor bezeichnet.17 Für

die Gesamtkosten einer Anlage ergibt sich dann:

15 Vgl. Götze (2008: 55).16 Zur Ermittlung eines Zinssatzes für Eigen- und Fremdkapitalanteile vgl. S. 488.17 Vgl. Schäfer (2005: 32).

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412 7 Einzelinvestitionen, Gemeinschaftsinvestitionen und wertorientierte Steuerung

KGesamt =KBetrieb + (I−L)(1N+ ikalk

2

)+L ikalk.

Stehen zwei sich ausschließende Maßnahmen zur Auswahl, ist diejenige mitden geringeren Kosten zu wählen.

Absolute Vorteilhaftigkeit: Eine Maßnahme ist durchzuführen, wenn de-ren Kosten geringer sind als die Variante der Unterlassung.

Relative Vorteilhaftigkeit: Es ist die Alternative mit den geringsten Kos-ten zu wählen.

Die Betrachtung der Gesamtkosten ist jedoch nur zulässig, wenn die An-lagen eine identische Leistung erbringen! Wenn die Anlagen jedoch eineunterschiedliche Leistung erbringen, ist eine Betrachtung auf Basis der Kos-ten pro Leistungseinheit (z. B. Stückkosten) durchzuführen!

Relative Vorteilhaftigkeit: Es ist die Alternative mit den geringsten Kos-ten pro Leistungseinheit zu wählen.

Zur Verdeutlichung der Kostenvergleichsrechnung wird folgendes Beispiel be-trachtet:

Tabelle 7.3 Eingangsdaten des Beispiels

Einflussgrößen Anlage A Anlage BNutzungsdauer in Jahren 8 8Absatzmenge pro Jahr 25.000 25.000Absatzpreis pro Produkteinheit[�/Stück]

8 8

Anschaffungspreis [�] 220.000 240.000Einrichtungs- und Frachtkosten [�] 25.000 30.000Liquidationserlös am Laufzeitende [�] 15.000 15.000Fixe Betriebskosten [�/a] 10.000 15.000Variable Stückkosten [�/Stück] 4,60 4,00Kalkulationszinssatz [%/a] 7 7

Für die Vorteilhaftigkeitsbetrachtung sind zu dem Anschaffungspreis dieErrichtungs- und Frachtkosten hinzuzurechnen. Der Kapitaldienst für An-lage A resultiert aus:

KDA = (I−L)(1N+ i kalk

2

)+ L · i kalk

= (245.000 �−15.000 �)(18a +

0,07/a2

)+ 15.000 � · 0,07/a

= 37.850 �/a

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7.2 Einzelentscheidung unter Sicherheit 413

Darin sind kalkulatorische Abschreibungen und kalkulatorische Zinsen in fol-gender Höhe enthalten:

Ab kalk =I−L

N= 245.000 �−15.000 �

8 a= 28.750 �

Z kalk =I+L

2 · i kalk = 245.000 �+15.000 �2 · 0,07/a= 9.100 �/a

Neben diesen Fixkosten sind die Betriebskosten zu berücksichtigen, welcheaus restlichen Fixkosten sowie den variablen Kosten bestehen. Es resultierendie Gesamtkosten von Anlage A mit:

KGesamt A = +K Betrieb A + Kapitaldienst A

=︷ ︸︸ ︷10.000 �/a + 25.000 · 4,60 �/Stück + 37.850 �/a

= 162.850 �/a

Für Anlage B ergeben sich mit den Eingangsdaten aus Tabelle 7.3 folgendeWerte:

KDB = (I−L)(1N+ i kalk

2

)+ L · i kalk

= (270.000 �−15.000 �)(18a +

0,07/a2

)+15.000 � ·0,07/a

= 41.850 �/aKBetrieb B = 15.000 �/a+25.000 · 4,00 �/Stück

= 115.000 �/aKGesamt B = K Betrieb B + KD Anlage B

KGesamt B = 115.000 �/a + 41.850 �/aKGesamt B = 156.850 �/a

Bei dieser Konstellation ist Anlage B der Anlage A vorzuziehen. Der Einsatzdieser Betrachtung erfordert jedoch, dass Sicherheit über die zu erbringendeLeistung der Anlagen besteht. Aber auch wenn diese Forderung erfüllt ist,ist zu beachten, dass die relative Vorteilhaftigkeit der Anlagen häufig von

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414 7 Einzelinvestitionen, Gemeinschaftsinvestitionen und wertorientierte Steuerung

der Leistungsmenge abhängt. Für diese Fälle - Unsicherheit über die Leis-tungsmenge bzw. variierende Leistungsmenge - ist es erforderlich, die Leis-tungsmenge zu ermitteln, bei welcher die Kosten der Anlagen identisch sind.Unterhalb und oberhalb dieser Menge wechselt die relative Vorteilhaftigkeitder Anlagen, weshalb diese Menge auch als kritische Menge bezeichnetwird. Die Vorgehensweise zu Ermittlung der kritischen Menge wird anhandder zwei Anlagen A und B allgemeingültig dargestellt:18

KFix;A + kvar;A x = KFix;B + kvar;B x

kvar;A x − kvar;B x = KFix;B −KFix;A

x (kvar;A−kvar;B) = KFix;B −KFix;A

x = KFix;B −KFix;Akvar;A−kvar;B

Die Fixkosten resultieren dabei als Summe aus dem bereits ermittelten Ka-pitaldienst der Anlagen und den fixen Betriebskosten. Für das betrachteteBeispiel ergibt sich der kritische Wert der Leistung - also in diesem Fall diekritische Stückzahl - aus:

x =KFix;B −KFix;A

kvar;A−kvar;B

x = 56.850 �/a−47.850 �/a4,60 �/Stück−4,00 �/Stück

x = 15.000 Stück/a

Demzufolge ist die Anlage B ab einer Stückzahl von 15.000 Stück vorteil-haft, bei einer geringeren Auslastung hingegen ist die Anlage A vorteilhaft.Die Kostenvergleichsrechnung kann jedoch nicht nur eingesetzt werden, be-vor eine Anlage installiert wird, sondern auch, wenn diese Anlage schoninstalliert ist und eine Entscheidung über die nachfolgende Ersatzanlage zutreffen ist. Das zugrundeliegende Kalkül ist denkbar einfach: Die Altanlageist zu ersetzen, wenn die Kosten dieser höher sind, als diejenigen Kosten derNachfolgeanlage. Die Kosten der Neuanlage werden ermittelt, wie es soebenbeschrieben wurde.

Die Kosten der Altanlage sind vom Grundsatz her identisch strukturiert,wie die Kosten der Neuanlage. Die Ermittlung der Betriebskosten gestaltetsich bei beiden Anlagen identisch, lediglich in Bezug auf den Kapitaldienstsind folgende Unterschiede darzustellen.

18 Vgl. Zantow/Dinauer (2011: 439).

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7.2 Einzelentscheidung unter Sicherheit 415

• Für die restliche Laufzeit der Anlage - die sog. Restnutzungsdauer - istder jährliche Werteverzehr der Altanlage zu ermitteln.

• Zusätzlich ist - wie im Fall der Neuanlage auch - zu berücksichtigen, dassnoch Kapital in der Altanlage gebunden ist. Auf dieses Kapital sind kal-kulatorische Zinsen zu berechnen.

Die Kosten der Altanlage werden wie folgt ermittelt:19

K Gesamt Alt = K Betrieb Alt + KD Alt︷ ︸︸ ︷(LBeginn−LEnde)

(1

RND+ i kalk

2

)+LEnde · i kalk

worin neben der bisherigen Notation gilt:

L Beginn = Liquidations−/Restwert zu Beginn der Restnutzungsdauer

L Ende = Liquidations−/Restwert am Ende der Restnutzungsdauer

RND = Restnutzungsdauer

In den bisherigen Betrachtungen wurden die Erlöse nicht berücksichtigt. Dieserfolgt im nächsten Kapitel.

Gewinnvergleichsrechnung

Werden die Erlöse der Investitionsmaßnahme mit berücksichtigt, resultiertdie Gewinnvergleichsrechnung.20 Die Differenz aus Erlösen und Kosten ergibtden Gewinn. Eine Maßnahme ist nur dann durchzuführen, wenn diese einenGewinn erwirtschaftet. Stehen mehrere sich ausschließende Maßnahmen zurAuswahl, ist die Variante mit dem höchsten Gewinn zu wählen.

Gewinn = Erlöse - Betriebskosten - Abschreibungen - kalkulatorische Zinsen

Gkalk = E−KB−Abkalk−Zkalk

Absolute Vorteilhaftigkeit: Die Maßnahme muss mindestens einen posi-tiven Beitrag zum Betriebsergebnis erwirtschaften, also Gkalk ≥ 0.

19 Vgl. Schäfer (2005: 46-47).20 Da kalkulatorische Werte des internen Rechnungswesens verwendet werden, ist dieBezeichnung „Gewinnvergleichsrechnung“ nicht exakt. Genau genommen wird der Bei-trag der Investitionsmaßnahme zum Betriebsergebnis ermittelt, die Betrachtung müsste„Betriebsergebnisvergleichsrechnung“ heißen. Aufgrund der weiten Verbreitung der Be-zeichnung „Gewinnvergleichsrechnung“ wird der Begriff hier dennoch übernommen.

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416 7 Einzelinvestitionen, Gemeinschaftsinvestitionen und wertorientierte Steuerung

Relative Vorteilhaftigkeit: Diejenige Maßnahme J ist auszuwählen, wel-che aus der Menge der absolut vorteilhaften Objekte den höchsten Beitragzum Betriebsergebnis leistet, d. h. Gkalk;J =max

j

{Gkalk;j ;Gkalk;j ≥ 0

}.

Mit den Daten aus Tabelle 7.3 ergeben sich Erlöse von 200.000 �/a für je-de Alternative. Demzufolge sind beide Anlagen absolut vorteilhaft und dieAnlage B ist die relativ vorteilhafte Anlage, da diese bei identischen Erlösengeringere Kosten verursacht.

7.2.1.2 Rentabilitätsvergleichsrechnung

Im Gegensatz zur Gewinn- und Kostenvergleichsrechnung berücksichtigt dieRentabilitätsvergleichsrechnung, dass Investitionen unterschiedlich viel Ka-pital binden können, indem die Gewinne der Investitionsobjekte zu dem er-forderlichen Kapitalbedarf ins Verhältnis gesetzt werden. Die Kriterien derVorteilhaftigkeit lassen sich aus dem bisher verwendeten Kriterium der Ge-winnvergleichsrechnung wie folgt ableiten:21

G kalk ≥ 0E−KB−Abkalk−Zkalk ≥ 0

E−KB−Abkalk ≥ Zkalk

E−KB−Abkalk ≥ I+L

2 i kalk

E−KB−AbkalkI+L2

≥ i kalk

Gkalk + ZkalkI+L2

≥ i kalk

Gewinn vor Zinsendurchschnittlicher Kapitaleinsatz ≥ i kalk

Rentabilität≥ i kalk

Die Durchführung einer Maßnahme ist dann gerechtfertigt, wenn deren Ren-tabilität mindestens den vom Unternehmer geforderten Mindestwert erreicht.Diese Mindestrendite kann von Unternehmen zu Unternehmen variieren undist von den noch im Unternehmen verfügbaren Investitionsalternativen ab-hängig. Stehen für die Durchführung der Maßnahme mehrere sich ausschlie-ßende Alternativen zur Verfügung, so ist diejenige mit der größten Rentabi-lität zu wählen.

21 Vgl. Däumler/Grabe (2007: 186).

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7.2 Einzelentscheidung unter Sicherheit 417

Absolute Vorteilhaftigkeit: Die Maßnahme muss mindestens eine vorge-gebene Mindestrentabilität erzielen, d. h. r ≥ rmin.

Relative Vorteilhaftigkeit: Diejenige Maßnahme J ist auszuwählen, wel-che aus der Menge der absolut vorteilhaften Objekte die höchste Rentabilitäterzielt, also rJ =max

j{rj ;rj ≥ rmin}.

Zur Veranschaulichung wird das Beispiel aus Tabelle 7.3 aufgegriffen und dieRentabilitäten der Objekte werden wie folgt ermittelt:

rA =Gkalk+Zkalk

I+L

2

= 37.150 �+9.100 �130.000 � = 35,58 %

rB =Gkalk+Zkalk

I+L

2

= 43.150 �+9.975 �142.500 � = 37,28 %

Da dieser Wert größer ist als der Kalkulationszinssatz von 7%, sind beideAnlagen absolut vorteilhaft. Die Anlage B ist die relativ vorteilhafte Anlage.

7.2.1.3 Statische Amortisationsrechnung

Die bisher vorgestellten Methoden basieren auf kalkulatorischen Größen undbetrachten einen Durchschnittszeitraum von einem Jahr. Die Amortisations-rechnung ermöglicht einen Wechsel des Betrachtungszeitraums, indem dieseuntersucht, nach welcher Zeit das investierte Kapital durch die Umsatzer-löse zurückgewonnen werden wird. Hierfür werden nicht Kosten und Erlösebetrachtet, sondern die mit dem Investitionsobjekt verbundenen Ein- undAuszahlungen. Die Länge des Zeitraums, welcher zur Erwirtschaftung derInvestitionsauszahlung erforderlich ist, wird von den Unternehmen als Maß-stab des Investitionsrisikos verwendet.22 Je länger die Amortisation dauert,desto größer ist das Risiko der Investition.

Die Amortisationsrechnung ist in zwei Varianten durchführbar:23

• Kumulationsmethode und• Durchschnittsrechnung.

Bei dem kumulativen Verfahren werden die jährlichen Rückflüsse aufsum-miert. In dem Jahr, in dem die Summe der Rückflüsse größer ist als die22 In diesem Zusammenhang wird der materielle Risikobegriff verwendet. Vgl. zu denunterschiedlichen Risikobegriffen Abbildung 2.2, S. 79.23 Vgl. Perridon/Steiner/Rathgeber (2012: 43-46).

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418 7 Einzelinvestitionen, Gemeinschaftsinvestitionen und wertorientierte Steuerung

Investitionsauszahlung (abzüglich einer möglichen Liquidationseinzahlung),hat sich die Investition amortisiert bzw. befindet sich der Amortisationszeit-punkt ta. Es gilt

I−L=ta∑t=1

Rt.

Bei Investitionen, deren Rückflüsse jährlich in gleicher Höhe anfallen, ist dieDurchschnittsmethode anwendbar. Der Zeitpunkt ta, zu dem die Investiti-onsauszahlung über die Umsatzerlöse zurückgeflossen ist, ergibt sich aus

ta =I−L

Rt,

wobei Rt die jährlichen Rückflüsse beschreibt. Der durchschnittliche Rück-fluss ist nicht mit dem durchschnittlichen Gewinn identisch. Beim Rückflusshandelt es sich um die Differenz zwischen laufenden Ein- und Auszahlun-gen, während der Gewinn die Differenz zwischen durchschnittlichen Erlösenund Kosten darstellt. Bei der Ermittlung der Rückflüsse bleiben die Inves-titionsauszahlungen und die Liquidationseinzahlungen unberücksichtigt. DieRückflüsse lassen sich wie folgt auch aus dem kalkulatorischen Gewinn er-mitteln:

R= Gkalk+Abkalk+Zkalk

= Gkalk+KD

Für die Eingangsdaten aus der Tabelle 7.3 auf S. 412 ergeben sich folgendeRückflüsse:

RAnlage A = 37.150 �/a+ 37.850 �/a = 75.000 �/aRAnlage B = 43.150 �/a+ 41.850 �/a = 85.000 �/a

Es resultieren damit die folgenden statischen Amortisationsdauern:

ta;Anlage A =230.000 �75.000 �/a = 3,07 a

ta;Anlage B =255.000 �85.000 �/a = 3,00 a

Die Berücksichtigung der kalkulatorischen Zinsen ist davon abhängig, ob dieseschon als Auszahlung bei der Gewinnermittlung einbezogen wurden (wie imFall der Fremdkapitalzinsen). Ist das der Fall, bedarf es keiner eigenständigen

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7.2 Einzelentscheidung unter Sicherheit 419

Berücksichtigung im Rahmen der Rückflussermittlung. Aus der Darstellunglässt sich die Grenzamortisationsdauer ta;Grenz folgendermaßen ermitteln:

Gkalk+Abkalk+Zkalk = R

R−Abkalk−Zkalk ≥ 0

R−[(I−L)

(1N+ ikalk

2

)+L · ikalk

]≥ 0

R ≥ (I−L)(1N+ ikalk

2

)+L · ikalk

I−L

R≤ 1

1N+ ikalk

2 + L · ikalkI−L

ta ≤ ta;Grenz

Die ermittelte Amortisationsdauer ta muss unter der Grenzamortisationsdau-er ta;Grenz liegen. Je größer die geplante Nutzungsdauer und je geringer derKalkulationszinssatz, desto länger ist auch die Grenzamortisationsdauer.

Für die bisher betrachtete Anlage A ergibt sich die Grenzamortisationsdaueraus:

ta;Grenz;A =1

1N+ ikalk

2 + L · ikalkI−L

= 118a +

0,07/a2 + 15.000 � ·0,07/a

230.000 �= 6,08a

Die ermittelte Amortisationsdauer von 3,06a ist kleiner, als die Grenzamor-tisationsdauer. Für Anlage B resultiert eine Grenzamortisationsdauer vonta;Grenz;B = 6,09a.

Wenn die jährlichen Rückflüsse nicht dieselbe Höhe aufweisen, lässt sich dieAmortisationsdauer kumulativ ermitteln. Dazu werden die jährlichen Rück-flüsse aufaddiert, bis deren Summe den Investitionsauszahlungen entspricht.

Unabhängig von der Ermittlungsmethode kann die relative und die absoluteVorteilhaftigkeit einer Investitionsmaßnahme auf Basis der Amortisations-dauer beurteilt werden.

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420 7 Einzelinvestitionen, Gemeinschaftsinvestitionen und wertorientierte Steuerung

Absolute Vorteilhaftigkeit: Die Maßnahme muss sich innerhalb eines Zeit-raumes amortisiert haben, der die Grenzamortisationsdauer nicht übersteigt,d. h. ta ≤ ta;Grenz.

Relative Vorteilhaftigkeit: Diejenige Maßnahme J ist auszuwählen, wel-che aus der Menge der absolut vorteilhaften Objekte die geringste Amortisa-tionsdauer aufweist, also ta;J =min

j{ta,j ; ta,j ≤ ta,j;Grenz}.

Eine Entscheidung allein auf Basis der Amortisationsdauer zu fällen, emp-fiehlt sich nicht, da ausschließlich der Zeitraum bis zur Rückgewinnung desKapitaleinsatzes berücksichtigt wird. Entwicklungen nach diesem Zeitraum,die für die Ermittlung des Beitrags der Investition zum Betriebsergebnis eben-falls von Bedeutung sind, werden vernachlässigt. Deshalb kann die Amorti-sationsdauerberechnung zusätzlich zu einem weiteren Vorteilhaftigkeitskri-terium, z. B. der Rentabilität, durchgeführt werden. Auf diese Weise er-hält der Unternehmer eine umfassendere Entscheidungsgrundlage, die sowohlRentabilitäts- als auch Risikogesichtspunkte umfasst.

7.2.1.4 Zusammenfassende Kritik

Investitionsrechnungen sind Entscheidungsmodelle, an die zwei Grundanfor-derungen zu stellen sind:

• Das vorliegende Entscheidungsproblem soll möglichst realitätsnah abge-bildet werden, was mit der Problemadäquanz beschrieben wird.

• Der Entscheidungsträger im Unternehmen muss das Modell nutzen undverstehen können und die Kosten des Modelleinsatzes sollten angemessensein, womit die Nutzeradäquanz beschrieben ist.

Einfache Sachverhalte, also Entscheidungsprobleme mit wenigen Einfluss-größen, geringen Laufzeiten und geringen Investitionssummen erfordern eben-so einfache Modelle.24 Mit zunehmender Komplexität der Entscheidungssi-tuation wächst auch die Komplexität der diese Situation abbildenden Model-le.

Aus diesen Gründen wird im Folgenden nicht von Vor- und Nachteilen gespro-chen, da eine Einteilung in diese Kategorien von der Entscheidungssituation,dem Entscheidungsproblem und den Akteurseigenschaften abhängt. Statt-dessen werden die Eigenschaften der Verfahren wie folgt zusammengefasst:25

• Die zeitliche Struktur der Einflussgrössen bleibt unberücksichtigt. Ge-winnmaximierungen, Kostenminimierung und Renditestreben erfahren

24 Vgl. Müller (2009: 484).25 Vgl. Zantow/Dinauer (2011: 449).

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7.2 Einzelentscheidung unter Sicherheit 421

keine zeitliche Präzisierung. Im Zeitablauf steigende oder sinkende Gewin-ne einer Investitionsalternative führen zu keiner Änderung der Bewertung,solange die Durchschnittsgewinne identisch bleiben.

• Einmalig auftretende Einflussgrößen wie z.B. die Investitionsauszahlungoder die Liquidationseinzahlung werden gleichmäßig als Durchschnitts-größen über die Laufzeit verteilt.

• Es werden keine vollständigen Investitionsalternativen verglichen. Nichtin dem Investitionsobjekt investierte Beträge, sog. Differenzinvestitionen,können anderweitig verwendet werden, stehen dem Unternehmer also wei-terhin zur Verfügung und sind in einer Vorteilhaftigkeitsbetrachtung zuberücksichtigen.

• Die Nutzungskosten der Verfahren sind gering. Da die einperiodigen Ver-fahren auf Daten des internen Rechnungswesens zurückgreifen, bestehtnur ein geringer Aufwand zur Informationsbeschaffung und -verarbeitung.

• Die Methoden sind leicht nachvollziehbar.

Zusammenfassend wird festgestellt, dass einfache Investitionsprobleme mitgeringen zeitlichen Differenzen zwischen den Ein- und Auszahlungen undgeringen Investitionsvolumina mit diesen Methoden relativ gut abgebildetwerden können.

7.2.2 Dynamische Verfahren

7.2.2.1 Berücksichtigung der Zeit

Ein wesentlicher Mangel der statischen Verfahren, die Nichtbeachtung derzeitlichen Unterschiede zwischen Ein- und Auszahlungen, wird mit der dyna-mischen Betrachtungsweise behoben.26 Das Auf- oder Abzinsen der jeweili-gen Zahlungen trägt dem zeitversetzten Anfall der Zahlungen Rechnung. DerZinssatz, der zur Bewertung von Zahlungen herangezogen wird, welche zuunterschiedlichen Zeitpunkten anfallen, ergibt sich als Zeitpräferenzrate amKapitalmarkt. Die unterschiedlichen Vorstellungen von Kapitalgebern undKapitalnehmern über die Verwendung von Finanzmitteln werden mit demKapitalmarktzins in Übereinstimmung gebracht. Die Höhe des Zinssatzes gibtan, um wie viel wertvoller ein heute verfügbarer Geldbetrag im Vergleich zu

26 Die als dynamisch bezeichneten Verfahren sind nicht dynamisch in dem Sinne, dassVariablen einer Periode von der Entwicklung dieser Variablen in der Vorperiode ab-hängen. Die korrekte Bezeichnung müßte demzufolge „finanzmathematische Methoden“lauten. Vgl. Busse von Colbe/Laßmann (1990: 20). Aufgrund der weiten Verbreitungwird die Bezeichnung „dynamische Verfahren“ im weiteren Verlauf jedoch beibehalten.

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422 7 Einzelinvestitionen, Gemeinschaftsinvestitionen und wertorientierte Steuerung

einem gleich hohen Betrag ist, über welchen jedoch erst später verfügt wer-den kann. Hohe Kapitalmarktzinsen zeigen, dass die Marktteilnehmer überFinanzmittel lieber in der Gegenwart als in der Zukunft zu verfügen wün-schen. In Zeiten, in denen die Wirtschaftssubjekte die Finanzmittel sofortbenötigen, wie z. B. während und kurz nach der deutschen Wiedervereini-gung, steigt der Zinssatz.

Für die folgenden Ausführungen wird der Zinssatz, welchen ein Investor beiAnlage von Finanzmitteln erhält, als Habenzinssatz bezeichnet. Nimmt einMarktteilnehmer Finanzmittel auf, hat er einen Sollzinssatz zu entrichten.Der Zinssatz wird i. d. R. in Prozent per annum angegeben. Der Zinsbetragergibt sich unter Berücksichtigung des Zinssatzes, der Verzinsungsdauer, deszu verzinsenden Betrags und der Verzinsungsform. Werden bei der Zinsbe-rechnung die in den Vorperioden angefallenen Zinsen mit verzinst, handelt essich um Zinseszinsen. Zur finanzmathematischen Berücksichtigung von Zinsund Zinseszins werden folgende Annahmen getroffen:

• Investitionen lassen sich auf Zahlungsreihen reduzieren, welche aus Ein-und Auszahlungen bestehen.

• Zeit wird in identische äquidistante Abschnitte unterteilt. Jede Periodewird von einem Anfangs- und Endzeitpunkt begrenzt, wobei der Anfangs-zeitpunkt einer Periode gleichzeitig den Endzeitpunkt der Vorperiode bil-det.

• Jede Zahlung erhält ein Datum, der Index kennzeichnet den Zeitpunktder Zahlung.

Der sich nach N Jahren aus der Anlage des Betrags B0 unter Berücksichti-gung von Zins und Zinseszins ergebende Wert wird als Endwert EWN be-zeichnet. Bei nachschüssiger Verzinsung, d. h. wenn die Zinsen am Ende jedenJahres gutgeschrieben werden, resultiert der Endwert aus

EWN =B0(1+ i)N

wobei i den Zinssatz darstellt. Mit q = 1+ i wird der Aufzinsungsfaktor qNformuliert. Der Kehrwert des Aufzinsungsfaktors q−N wird zur Abzinsungeines in der Zukunft verfügbaren Betrags verwendet und als Abzinsungsfaktorbzw. Diskontierungsfaktor bezeichnet. Der durch Abzinsung ermittelte Werteines in Zukunft verfügbaren Betrags nennt sich Barwert (Gegenwartswert):

B0 = EWN (1+ i)−N

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7.2 Einzelentscheidung unter Sicherheit 423

Je größer der Kalkulationszinssatz, desto größer fällt die Differenz zwischenEndwert und Gegenwartswert aus. Der Gegenwartswert zukünftiger Zahlun-gen sinkt mit steigendem Zinssatz und umgekehrt. Im Rahmen von Investiti-onsmaßnahmen resultieren aus einer Investitionsauszahlung i. d. R.. Einzah-lungen über mehrere Jahre. Deshalb ist der Barwert einer Zahlungsreihe zubetrachten. Der Barwert B0 der auf den Betrachtungszeitpunkt t = 0 abge-zinsten Zahlungen Z einer nachschüssigen Zahlungsreihe ergibt sich aus:

B0 =N∑t=1

Ztq−t

Handelt es sich um jährlich gleich hohe Zahlungsbeträge, kann der Barwertder Zahlungsreihe mittels des Rentenbarwertfaktors wie folgt berechnet wer-den:

B0 = Zt

N∑t=1

q−t, bzw.

B0 = ZtqN −1

qN (q−1) ,mitqN −1

qN (q− 1)als Rentenbarwertfaktor.

Der Rentenbarwertfaktor diskontiert die einzelnen Glieder der Zahlungsreiheunter Berücksichtigung von Zins und Zinseszins und addiert die Gegenwarts-werte. Für unbegrenzt lange Zahlungsreihen ergibt sich der Barwert folgen-dermaßen:

B0 = limN→∞

ZtqN −1

qN (q−1)

B0 = limN→∞

Zt

1− 1qN

q−1B0 =

Ztq−1

Ein zum heutigen Zeitpunkt verfügbarer Betrag B0 kann unter Berücksich-tigung des Zinssatzes i auch gleichmäßig auf N Jahre verteilt werden. Diedabei entstehende betragliche Gleichheit der jährlichen Zahlungen begrün-det die Verwendung der Begriffe Annuität oder auch Rente.

Zt =B0qN (q− 1)qN −1

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424 7 Einzelinvestitionen, Gemeinschaftsinvestitionen und wertorientierte Steuerung

Der Kehrwert des Rentenbarwertfaktors qN (q−1)qN −1 wird als Annuitätenfak-

tor (Kapitalwiedergewinnungsfaktor) bezeichnet. Der Annuitätenfaktor istder Kapitaldienstfaktor, welcher die Wirkung von Zins und Zinseszins be-rücksichtigt. Wie auch der Rentenbarwertfaktor kann der Annuitätenfaktorfür unendliche Reihen ermittelt werden. Liegt eine Zahlungsreihe von jährlichwiederkehrenden gleich hohen Zahlungen Zt vor, die jährlich verzinst werdenund deren Zinsen wiederum mitverzinst werden, lässt sich der Endwert dieserZahlungsreihe EWN wie folgt ermitteln:

EWN =N∑t=1

ZtqN−t = Zt

qN − 1q−1

Der Term qN − 1q−1 wird auch als Endwertfaktor bzw. Rentenendwertfaktor be-

zeichnet. In Tabelle 7.4 sind die wesentlichen finanzmathematischen Faktorenzusammengefasst.

Tabelle 7.4 Übersicht finanzmathematischer Faktoren27

Bezeichnung Faktor FunktionAufzinsungsfaktor qN Zinst einen heute verfügbaren Betrag auf einen

nach N Perioden verfügbaren Betrag aufAbzinsungsfaktor q−N Zinst einen nach N Perioden verfügbaren

Betrag auf einen heute verfügbaren Betrag ab

Rentenbarwertfaktorfür unendliche Reihen

1q−1

Ermittlung des Barwertes von jährlich gleichgroßen Beträgen, welche in einer unbegrenztenAnzahl von Jahren anfallen

Rentenbarwertfaktorfür endliche Reihen

qN −1qN (q−1)

Ermittlung des Barwertes einer endlichen Reihevon gleich großen Jahresbeträgen

Annuitätenfaktor fürunendliche Reihen

q−1 Umwandlung eines heute verfügbaren Betragesin gleich große jährliche Zahlungen fürunbegrenzte Zeit

Annuitätenfaktor fürendliche Reihen

qN (q−1)qN −1

Verteilung eines heute verfügbaren Betrages aufgleich hohe Beträge für N Jahre

Endwertfaktor fürendliche Reihen

qN −1q−1

Zinst die Glieder einer Zahlungsreihe auf denZeitpunkt N auf und summiert deren Endwerte

27 Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an: Schäfer (2005: 112); Däumler/Grabe(2007: 81).

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7.2 Einzelentscheidung unter Sicherheit 425

7.2.2.2 Kapitalwert

Der Kapitalwert (Nettobarwert, Net Present Value, Discounted Cash-flow)ist ein außerordentlich häufig verwendetes Entscheidungskriterium. Der Ka-pitalwert stellt die Summe aller auf einen Zeitpunkt ab- bzw. aufgezinstenEin- und Auszahlungen dar.28 Auf diese Weise repräsentiert der Kapitalwertalle Zahlungen einer Investition in einem Betrag. Verschiedene Investitions-objekte lassen sich über die Kapitalwerte vergleichen.

Die Wahl des Bezugszeitpunktes ist für den Vergleich unerheblich, wichtigist lediglich, dass für alle Alternativen derselbe Zeitpunkt verwendet wird.Üblicherweise wird der Zeitpunkt t= 0 gewählt, der den heutigen Wert ver-körpert. Der Investor möchte mit dem Investitionsobjekt Einzahlungen erzie-len, die größer sind als die Auszahlungen. Zur Vergleichbarkeit der Zahlungenwerden diese auf den Zeitpunkt t = 0 transformiert, also barwertig betrach-tet. Demzufolge muss der Barwert der Einzahlungen E0 höher liegen, als derBarwert der Auszahlungen A0, die Differenz aus den beiden Werten mussgrößer bzw. gleich Null sein. Es gilt E0−A0 ≥ 0 und mit der Bezeichnungdes Kapitalwertes C0 folgt C0 ≥ 0.Der Kapitalwert einer Investition ist die Summe der Barwerte aller mit dieserMaßnahme verbundenen Ein- und Auszahlungen, also die Differenz zwischenbarwertigen Ein- und Auszahlungen. Zur Formulierung der Kapitalwertfunk-tion wird angenommen, dass ein vollkommener Kapitalmarkt vorliegt, dessenKennzeichen sind:29

• Es existiert ein einheitlicher Zinssatz für Geldanlage und Kreditaufnahme.• Zu diesem Zinssatz können Finanzmittel in unbeschränkter Höhe angelegtund aufgenommen werden.

• Steuern und Abgaben existieren nicht.30

Bei Annahme dieser Voraussetzungen ist der Kapitalwert zum Zeitpunkt t=0wie folgt definiert:31

C0 =−I0+N∑t=1

Rtq−t+LNq−N

worin:

28 Vgl. VDI 6025 (2012: 28).29 Vgl. Hering (2008: 33-34).30 Diese Annahme wird später aufgehoben und es werden ausgewählte Steuern berück-sichtigt. Vgl. Kapitel 7.2.6 auf S. 452.31 Vgl. Schäfer (2005: 120).

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426 7 Einzelinvestitionen, Gemeinschaftsinvestitionen und wertorientierte Steuerung

I0 = Anschaffungsauszahlung zum Zeitpunkt t= 0

Rt = Jährlicher Rückfluss als Einzahlungsüberschuss32

LN = Liquidationseinzahlung zum Zeitpunkt t=N

q = (1+ i) mit i als Kalkulationszinssatz

N = Nutzungsdauer des Investitionsobjektes

Für konstante EinzahlungsüberschüsseR1=R2= · · ·=RN =R reduziert sichder Ausdruck zu

C0 =−I0+RqN −1

qN (q−1) +LNq−N .

Der Kapitalwert stellt die Vermögensmehrung zum Zeitpunkt des Investiti-onsbeginns über die gesamte Nutzungsdauer dar. Deshalb wird er auch alsfinanzwirtschaftlicher Gewinn bezeichnet. Aus den bisherigen Ausführungenergibt sich, dass ein Investitionsobjekt dann durchgeführt werden sollte, wenndie barwertigen Einzahlungen größer sind, als die barwertigen Auszahlungen.Selbst bei einer exakten Übereinstimmung dieser Summen ist die Investitions-maßnahme genauso vorteilhaft wie die Anlage der Finanzmittel zum Kalku-lationszinssatz. Als Beispiel wird eine Investition mit folgender Zahlungsreihebetrachtet:

V 1 : {−1.0000;3301;3302;3303;3304}Der Kapitalwert resultiert bei einem Zinssatz von 8% p. a. mit:

C0 =−1.000 �+4∑t=1

330 � ·1,08−t+0.

Da die jährlichen Rückflüsse dieselbe Höhe aufweisen, kann formuliert wer-den:

C0 = −1.000 �+330 � 1,084−11.084 ·0,08

= 93,− �

Absolute Vorteilhaftigkeit: Die Durchführung einer Investition ist vorteil-haft, wenn der Kapitalwert nicht negativ ist. Es gilt C0 ≥ 0.Relative Vorteilhaftigkeit: Diejenige Maßnahme J ist auszuwählen, wel-che aus der Menge der absolut vorteilhaften Objekte den höchsten Kapital-wert aufweist. Es gilt C0;J =max

j{C0;j ;C0;j ≥ 0}.

32 Dieser Einzahlungsüberschuss wird auch als Cash-flow bezeichnet. Vgl. S. 303.

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7.2 Einzelentscheidung unter Sicherheit 427

Die wesentliche Voraussetzung für den relativen Vorteilhaftigkeitsver-gleich bildet die Betrachtung identischer Investitionsauszahlungen und iden-tischer Laufzeiten.33 Um Alternativen mit unterschiedlichen Investitionsaus-zahlungen und Laufzeiten vergleichbar zu machen, werden fiktive Ergän-zungsinvestitionen betrachtet. Sind die Anschaffungsauszahlungen von zweizu vergleichenden Alternativen unterschiedlich groß, verfügt der Investor beider Variante mit dem geringeren Kapitaleinsatz über die Möglichkeit, diefreien Differenzmittel anzulegen. Wenn diese Mittel zum Kalkulationszins-satz angelegt werden können, ist der Kapitalwert dieser Ergänzungsinvestiti-on Null und der unterschiedliche Kapitaleinsatz entscheidungsirrelevant. Umdies zu zeigen, werden zwei Investitionsalternativen V 1 und V 2 betrachtet,wobei gilt

I01 > I02 und

ΔI0 = I01− I02

Der Kapitalwert C0ΔI0 dieser Differenzinvestition ergibt sich aus:

C0ΔI0 =−ΔI0+N∑t=1

Rt · q−t+ΔI0 · q−N .

Da Rt =ΔI0 · i, ergibt sichN∑t=1

Rt · q−t =ΔI0 · i qN −1qN(q−1).

Es folgt

C0ΔI0 = ΔI0

(−1+ i

qN −1qN(q−1) + q−N

)= ΔI0

(−1+1− q−N+ q−N

)= 0.

Sind andere Anlagemöglichkeiten verfügbar, so ist der mit dieser Ergänzungs-investition erzielbare Kapitalwert zu ermitteln und zu dem Kapitalwert derBasisinvestition hinzuzurechnen.

Weisen die Alternativen unterschiedliche Laufzeiten auf, ist festzustellen, obes sich um Einmalinvestitionen handelt oder ob die Investitionsobjekte nachAblauf der Nutzungsdauer durch identische Objekte ersetzt werden. Im Fallder Einmalinvestition ist bei der Variante mit der kürzeren Nutzungsdauernach Ablauf der Nutzungszeit die Anlage der dann frei werdenden Mittelmöglich. Um einen identischen Betrachtungszeitraum herzustellen, wird an-

33 Vgl. S. 407.

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428 7 Einzelinvestitionen, Gemeinschaftsinvestitionen und wertorientierte Steuerung

genommen, dass diese Mittel für die restliche Zeit bis zum Ablauf der Nut-zungsdauer der längerlaufenden Variante zum Kalkulationszinssatz angelegtwerden. Der Kapitalwert der so beschriebenen Ergänzungsinvestition ist Null.Als Beispiel werden zwei Investitionen betrachtet, von denen eine Varianteeine Nutzungsdauer von vier Jahren, die andere Variante eine Nutzungsdauervon zwei Jahren aufweist:

V 1 : −I0V 1+R1V 1+R2V 1+R3V 1+R4V 1

V 2 : −I0V 2+R1V 2+R2V 2

Wenn die Einzahlungsüberschüsse der Variante 2 zum Kalkulationszinssatzangelegt werden können, ergibt sich der Kapitalwert dieser Ergänzungsinves-tition C0E aus

C0E =−R1V 2q−1−R2V 2q

−2+R1V 2q3q−4+R2V 2q

2q−4 = 0.

Für jedes konkrete Problem ist zu prüfen, ob die Annahme der Anlage derfrei werdenden Mittel zum Kalkulationszinssatz realistisch ist.

Ein anderes Ergebnis entsteht bei der mehrmaligen identischen Wiederholungder Investitionsmaßnahme, d. h. bei einer Investitionskette. Die Vergleich-barkeit von Alternativen mit unterschiedlichen Nutzungsdauern kann danndadurch erreicht werden, dass jedes Investitionsobjekt so lange wiederholtwird, bis die Investitionsketten dieselben Laufzeiten aufweisen und dement-sprechend identische Planungszeiträume vorliegen. Der Kapitalwert C0K mitm-maliger identischer Installation ergibt sich aus:34

C0;K = C0+C0 q−N + · · ·+C0 q−(m−2)N +C0 q

−(m−1)N

C0;KqN = C0 qN +C0+C0 q−N +C0 q

−2N + · · ·+C0 q−(m−2)N

C0;KqN −C0K = C0 qN −C0 q−(m−1)N

C0;K

(qN − 1

)= C0 qN −C0 q−(m−1)N

Der Kapitalwert einer endlichen Investitionskette bei m-maliger Installationeiner Anlage resultiert daraus mit:

C0;K = C0qN − q−(m−1) N

qN −1

Wird davon ausgegangen, dass die Anlage unendlich oft installiert wird, sogilt m → ∞ und es resultiert:

34 Vgl. Busse von Colbe/Laßmann (1990: 60).

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7.2 Einzelentscheidung unter Sicherheit 429

limm→∞ C0

qN − q−(m−1)N

qN −1 = C0qN

qN −1Dies liefert den Kapitalwert einer unendlichen Investitionskette C0;K;∞:

C0;K;∞ = C0qN

qN −1

Zur Veranschaulichung werden folgende Investitionsmaßnahmen betrachtet:

V 1 : {−1.0000;3301;3302;3303;3304}V 2 : {−1.0000;6001;6002}

Bei einmaliger Durchführung ergeben sich mit i = 0,08 die KapitalwerteC0V 1 = 93 und C0V 2 = 70. Zur Herstellung eines identischen Betrachtungs-zeitraumes kann Variante 2 im zweiten Jahr einmalig wiederholt werden, esresultiert folgende Zahlungsreihe:

V 2K : {−1.0000;6001;6002;−1.0002;6003;6004}

Der Kapitalwert der erstmalig installierten Anlage und gleichzeitig des ers-ten Kettenglieds beträgt C0V 2 = 70. Für das zweite Kettenglied, also dieeinmalig wiederholt installierte identische Anlage ergibt sich im zweiten Jahrderselbe Kapitalwert. Der Kapitalwert der gesamten Kette resultiert aus:C0V 2K = 70+70q−2 = 130. Ist von einer einmaligen Wiederholung der Vari-ante 2 auszugehen, ist diese Variante im Vergleich zu Variante 1 relativ vor-teilhaft. Wird die unendliche Investitionskette als identischer Betrachtungs-zeitraum gewählt, ergeben sich folgende Resultate:

C0V 1;K;∞ = 93[1,084

1,084−1]= 351 und C0V 2;K;∞ = 70

[1,082

1,082−1]= 491

Welche der Vorgehensweisen zur Herstellung eines identischen Betrachtungs-zeitraumes gewählt wird, ist von den Eigenschaften des Investitionsobjektesabhängig. Im Fall von Maschinen und Anlagen, die nur geringen technologi-schen Entwicklungen unterliegen, kann von einem unendlichen Betrachtungs-zeitraum ausgegangen werden.

Entscheidende Bedeutung für die Verwendung der Kapitalwertmethode be-sitzt die Höhe des Kalkulationszinssatzes.35 Bei Annahme eines vollkomme-nen Kapitalmarktes ist dieser Zinssatz dem Investor vorgegeben. Da dieseAnnahme jedoch nicht der Realität entspricht, ist zu klären, auf welcherGrundlage der Kalkulationszinssatz effektiv bestimmt werden kann. Wirdder Kalkulationszinssatz als die vom Investor geforderte Mindestverzinsung

35 Vgl. S. 411.

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430 7 Einzelinvestitionen, Gemeinschaftsinvestitionen und wertorientierte Steuerung

interpretiert, leitet sich der Kalkulationszins aus den alternativen internenund externen Anlagemöglichkeiten im Sinne eines Opportunitätskostensat-zes ab.

Eine andere Möglichkeit zur Bestimmung des Zinssatzes besteht in der Orien-tierung an den Finanzierungskosten. Bei Fremdfinanzierung wird der Fremd-kapitalzinssatz verwendet und bei Eigenfinanzierung der bei einer Geldanlagealternativ erzielbare Zinssatz. Bei Finanzierungen mit Fremd- und Eigen-kapital können die gewichteten Kapitalkosten als Kalkulationszinssatz zumEinsatz kommen.

Wird der Kapitalwert mit dem Kapitalwiedergewinnungsfaktor (Annuitäten-faktor) multipliziert und somit gleichmäßig auf die Investitionsdauer verteilt,ergibt sich die Annuität An einer Investition:36

An= C0(q−1)qNqN −1

Die Annuität gibt an, welcher Betrag in jeder Periode während der Nut-zungsdauer eines Objektes dem Investor zur Verfügung steht. Sie stellt denjährlichen Zahlungsüberschuss dar.37

Absolute Vorteilhaftigkeit: Die Durchführung einer Investition ist vorteil-haft, wenn die Annuität nicht negativ ist. Es gilt An≥ 0.Relative Vorteilhaftigkeit: Diejenige Maßnahme J ist auszuwählen, wel-che aus der Menge der absolut vorteilhaften Objekte die höchste Annuitätaufweist, AnJ =max

j{Anj ;Anj ≥ 0}.

Werden zwei Anlagen mit unterschiedlicher Nutzungsdauer mit Hilfe der An-nuitätenmethode in einer Weise verglichen, dass keine identischen Betrach-tungszeiträume gebildet werden können, da keine Ersatzinvestitionen geplantsind, ist der Annuitätenfaktor auf Basis der Anlage mit der längeren Laufzeitzu verwenden!38 Nur dann ist die Beurteilung der Vorteilhaftigkeit mit Ka-pitalwertmethode und Annuität identisch, da der Kapitalwiedergewinnungs-faktor derselbe ist.

36 Vgl. Franke/Hax (2009: 174).37 Vgl. VDI 6025 (2012: 40-42).38 Vgl. Schäfer (2005: 132).

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7.2 Einzelentscheidung unter Sicherheit 431

7.2.2.3 Interner Zins

Der interne Zinssatz iint wird häufig als Zielgröße zur Vorteilhaftigkeitsbe-trachtung von Investitionen herangezogen. Er stellt denjenigen Zinssatz dar,bei dessen Verwendung der Kapitalwert einer Investition gleich Null ist:39

C0 =−I0+N∑t=0

Rt(1+ iint)−t+LN(1+ iint)−N = 0

Der Zinssatz, bei dessen Verwendung der Barwert der Auszahlung genausogroß ist wie der Barwert der Einzahlungen, wird als interner Zinssatz bezeich-net. Die Ermittlung des internen Zinses kann über das Newton-Verfahren, dieRegula-falsi oder mittels Standardtabellenkalkulationsprogrammen erfolgen.In Abhängigkeit von der Struktur der Zahlungsreihen liefert das Verfahreneine eindeutige Lösung (einen Zinssatz), mehrdeutige Lösungen (mehrere in-terne Zinssätze) oder das Ergebnis, dass kein interner Zinssatz existiert. Diesresultiert aus der Bestimmungsgleichung des internen Zinssatzes, welche füreine Nutzungsdauer von N Jahren eine Polynomgleichung N-ten Grades dar-stellt und N Lösungen aufweisen kann.40 Die Ermittlung einer ökonomischsinnvoll interpretierbaren Lösung ist nur möglich, wenn Investitionen vorlie-gen, deren Zahlungsreihen folgende Eigenschaften aufweisen:41

• Die Zahlungsreihe beginnt mit einer oder mehreren Auszahlungen, nachdenen ausschließlich Einzahlungen erfolgen.

• Die Summe der Einzahlungen ist größer als die Summe der Auszahlungen.

Investitionen, die derartig charakterisierte Zahlungsreihen aufweisen, werdenals Normalinvestitionen bezeichnet, da diese in der Praxis am häufigstenvorkommen.

Absolute Vorteilhaftigkeit: Die Durchführung einer Investition ist vor-teilhaft, wenn der interne Zinssatz der Maßnahme über der geforderten Min-destverzinsung liegt. Es gilt iint ≥ imin.

Zur Verdeutlichung werden die zwei bekannten Zahlungsreihen betrachtet:

V 1 : {−1.0000;3301;3302;3303;3304}V 2 : {−1.0000;6001;6002}

Bei einmaliger Durchführung ergeben sich mit i = 0,08 die KapitalwerteC0V 1=93 und C0V 2=70, woraus nach dem Kapitalwertkriterium die relative39 Vgl. Blohm/Lüder/Schaefer (2012: 81).40 Vgl. Rehkugler (2007: 47); Hering (2008: 99).41 Vgl. Busse von Colbe/Laßmann (1990: 110-112).

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432 7 Einzelinvestitionen, Gemeinschaftsinvestitionen und wertorientierte Steuerung

Vorteilhaftigkeit der Variante 1 geschlussfolgert wird. Die internen Zinssätzeergeben sich mit

iintV 1 = 12,11% und iintV 2 = 13,06%.

Demnach ist die Variante 2 relativ vorteilhaft. Dieses Ergebnis widersprichtdem Resultat des Vorteilhaftigkeitsvergleiches auf Basis des Kapitalwertkri-teriums. Es stellt sich nun die Frage, wie diese Ergebnisse zu interpretierensind. In der Abbildung 7.3 finden sich die Kapitalwertfunktionen der zweiVarianten in Abhängigkeit vom Zinssatz, woraus der kritische Zinssatz unddie internen Zinssätze der Alternativen ablesbar sind. Der kritische Zins-satz i∗ ist der Zinssatz, bei dessen Verwendung die Kapitalwerte der beidenVarianten identisch sind.42 In dem Beispiel beträgt der kritische Zinssatz10,55% pro Jahr. Da sich die zwei Kapitalwertfunktionen im betrachtetenQuadranten schneiden und der Kalkulationszinssatz geringer ist als der kriti-sche Zinssatz, ergibt sich ein Widerspruch aus dem Alternativenvergleich mitKapitalwertkriterium und dem Kriterium des internen Zinssatzes. Beide Me-thoden führen dann zur gleichen Reihenfolge der relativen Vorteilhaftigkeitauf Basis des internen Zinssatz-Kriteriums, wenn der Zinssatz ikalk, der zurBestimmung des Kapitalwertes verwendet wird, größer ist als der kritischeZinssatz.

Als Zwischenergebnis kann festgehalten werden:43

Kapitalwert-Methode, Annuitäten-Methode und interneZinssatz-Methode führen bei konsistenter Anwendung zu identischen

Urteilen in Bezug auf die relative Vorteilhaftigkeit vonInvestitionsmaßnahmen!

42 Vgl. Breuer (2012: 135-137).43 In der VDI 6025 wird zwar auf die möglichen, unterschiedlichen Ergebnisse vonKapitalwert-Methode, Annuitäten-Methode und interner Zinssatz-Methode hingewie-sen, ohne jedoch eine Lösung bzw. Erklärung anzubieten. Vgl. VDI 6025 (2012: 49).

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7.2 Einzelentscheidung unter Sicherheit 433

Abbildung 7.3 Kapitalwertfunktionen des Beispiels in Abhängigkeit vom Zinssatz44

Während die Kapitalwertmethode in dem ihr zugewiesenen Definitionsbereichunumstritten ist,45 ist die Methode des internen Zinssatzes im Schrifttumsehr heftig - vielleicht sogar etwas ungewöhnlich heftig - diskutiert worden.46Die Diskussionen versuchen, folgenden Aspekt zu klären: Wie beim Kapital-wertkalkül wird auch bei der Verwendung des internen Zinssatzes implizitangenommen, Differenzen in Bezug auf die Nutzungsdauer bzw. die Kapi-talbindung können zum internen Zinssatz angelegt werden.47 Dieser interneZinssatz ergibt sich jedoch aus dem Investitionsobjekt und ist die gesuchteGröße! Diese Annahme ist der wichtigste Kritikpunkt, welcher - nebender mathematischen Problematik, welche durch die Annahme von Normalin-vestitionen „wegdefiniert“ wird - gegen die Methodik des internen Zinssatzesvorgebracht wird.

Die Annahme, dass die Rückflüsse während der Laufzeit zum internen Zins-satz angelegt werden können, ist realitätsfremd und widerspricht außerdemden Annahmen der Methodik!

Ein Ansatz, mit welchem die Wiederanlageprämisse aufgegeben wird, bestehtin der modifizierten internen Zinssatzmethode. Gedankliche Basis ist dieAuf-spaltung des Kalkulationszinssatzes in 2 unterschiedliche Zinssätze (vgl.Abbildung 7.4): Ein Zinssatz dient dabei zur Anlage der Rückflüsse über dieLaufzeit. Bei diesem Anlagezinssatz iAnl handelt es sich um den vom Unter-nehmen üblicherweise verwendeten Zins. Bei Verwendung dieses Zinses ergibt

44 Quelle: Eigene Darstellung auf Basis der Eingangsdaten aus dem Text.45 Immer unter der Beachtung der Modellprämissen des vollkommenen Kapitalmarktes!46 Vgl. Busse von Colbe/Laßmann (1990: 126-127); Kruschwitz (2011: 92); Cope-land/Weston/Shastri (2008: 65-69); Hering (2008: 121); Hahn/Hungenberg (2001: 175-176); Blohm/Lüder/Schaefer (2012: 90-92).47 Vgl. Götze (2008: 99).

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434 7 Einzelinvestitionen, Gemeinschaftsinvestitionen und wertorientierte Steuerung

sich die Summe aller Endwerte aus:

EWN =N∑t=1

RtqN−t.

EW 1

R 1

R 2R 3

R 4R 5

R 6

EW 2

EW 3

EW 4

EW 5

EW 6

R1 · (1 + iAnl)5

R2 · (1 + iAnl)4

R3 · (1 + iAnl)3

R4 · (1 + iAnl)2

R5 · (1 + iAnl)1

R6 · (1 + iAnl)0

t

N

t

NtNAnlt IiiR

10

!

modint11

Ni

SEW

modint1

�����������������

���������������

tN

tAnlt iRSEW ∑

6

1

1

Abbildung 7.4 Ermittlung des modifizierten internen Zinssatzes48

Diese Summe wird nun mit dem zweiten Zinssatz, dem modifizierten internenZinssatz iintmod auf den Zeitpunkt t=0 abgezinst. Gesucht ist derjenige Zins,bei dessen Verwendung der Barwert der Endwerte dieselbe Höhe aufweist, wiedie Investitionsauszahlung. Das heißt:

Der modifizierte interne Zinssatz iintmod ist der Zinssatz, bei dessenVerwendung der Barwert der Summe der Rückflussendwerte genauso

hoch ist wie die Investitionsauszahlung.

Es muss also gelten:49

[N∑t=1

RtqN−t

](1+ iintmod)−N = I0.

Daraus resultiert der modifizierte interne Zinssatz:

48 Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an: Hahn/Hungenberg (2001: 403).49 Vgl. Rehkugler (2007: 60).

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7.2 Einzelentscheidung unter Sicherheit 435

iintmod =

N

√√√√√√N∑t=1

RtqN−t

I0−1.

Auch dieser Zins ist jedoch zu kritisieren, da die Aufspaltung sehr willkürlicherscheint und immer noch die Frage offen bleibt, welcher denn der Unterneh-menszins zur Ermittlung der Endwerte ist.

7.2.2.4 Dynamische Amortisationsrechnung

Mit der dynamischen Amortisationsrechnung wird der Zeitraum ermittelt,nach dem die Investitionsauszahlungen über die Rückflüsse wieder im Un-ternehmen verfügbar sein werden. Im Gegensatz zur statischen Amortisati-onsrechnung wird bei der dynamischen Variante die Verzinsung mit berück-sichtigt. Somit stellt der dynamische Amortisationszeitpunkt tadyn den Zeit-punkt dar, bis zu welchem die Investitionsauszahlung bei Berücksichtigungdes Zinseszinseffektes durch die Rückflüsse - unter Berücksichtigung einermöglichen Liquidationseinzahlung - wiedergewonnen wird. Das ist demzufol-ge der Punkt, in dem der Kapitalwert als Funktion der Zeit den Wert Nullaufweist. Die Amortisationsdauer tadyn ist definiert durch:50

tadyn−1∑t=1

Rtq−t < I0 ≤

tadyn∑t=1

Rtq−t

Die Entscheidungskriterien in Bezug auf die absolute und die relative Vor-teilhaftigkeit gleichen denen bei der statischen Amortisationsrechnung. Fürdie Feststellung der absoluten Vorteilhaftigkeit ist die ermittelte dynamischeAmortisationsdauer mit der Grenzamortisationsdauer zu vergleichen. Dieseist vom Entscheidungsträger vorzugeben bzw. aus den technischen Rahmen-daten abzuleiten.

Absolute Vorteilhaftigkeit: Die Investitionsauszahlung einer Maßnahmemuss innerhalb eines Zeitraumes durch die Rückflüsse zurückgewonnen wer-den, der die Grenzamortisationsdauer nicht übersteigt. Es gilt: tadyn≤ tGrenzadyn .

Relative Vorteilhaftigkeit: Diejenige Maßnahme J ist auszuwählen, wel-che aus der Menge der absolut vorteilhaften Objekte die geringste dynamischeAmortisationsdauer aufweist.

Es gilt: tadyn;J =minj

{tadyn;j ;tadyn;j ≤ tGrenzadyn

}.

50 Vgl. Franke/Hax (2009: 182).

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436 7 Einzelinvestitionen, Gemeinschaftsinvestitionen und wertorientierte Steuerung

Zur Ermittlung des dynamischen Amortisationszeitpunktes empfiehlt sich dieKumulierung der Barwerte der jährlichen Rückflüsse und deren Addition zuden Investitionsauszahlungen.51 Als Beispiel wird eine Zahlungsreihe betrach-tet, die nach der Auszahlung von 5.000,- � über einen Zeitraum von 10 Jah-ren jährlich 800,- � Rückflüsse erzielt, I : {−5.0000;8001;8002; · · · ;80010}.Die statische Amortisationsdauer liegt bei 6,25 Jahren (vgl. Abbildung 7.5),d. h. im ersten Quartal des siebten Jahres der Nutzungsdauer ist die Inves-titionsauszahlung ohne Berücksichtigung der Zinsen durch die Rückflüsse er-wirtschaftet worden. Wird ein Zinssatz von i=0,05 in die Betrachtung einbe-zogen, ergibt sich ein Amortisationszeitpunkt im achten Nutzungsjahr (vgl.Tabelle 7.5).

Tabelle 7.5 Ermittlung der dynamischen Amortisationsdauer

t 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10Ohne Berücksichtigung von Liquidationseinzahlungen

Rt -5.000 800 800 800 800 800 800 800 800 800 800B0 -5.000 762 726 691 658 627 597 569 541 516 491C0 -5.000 -4.238 -3.512 -2.821 -2.163 -1.536 -939 -371 171 686 1.177

Mit Berücksichtigung von LiquidationseinzahlungenLt 4.000 3.500 3.000 2.500 2.000 1.500 1.000 500 0 0R′t 4.800 100 125 150 175 200 225 250 275 800

C0(N)-5.000 -429 -338 -230 -106 31 180 340 509 686 1.177

Wird das Jahr, in dem der Kapitalwert erstmals einen positiven Wert auf-weist, mit tadyn bezeichnet, kann mit folgender Beziehung ein Näherungswerttadyn für den Amortisationszeitpunkt ermittelt werden:52

tadyn = (tadyn−1)−C0(tadyn−1)

C0(tadyn)−C0(tadyn−1)

Für das angegebene Beispiel ergibt sich ein Wert von tadyn=7,68. Somit flie-ßen im dritten Quartal des achten Nutzungsjahres die Investitionsauszahlungund die Zinsen durch die Rückflüsse in das Unternehmen zurück.

51 Vgl. Däumler/Grabe (2007: 225-228).52 Vgl. Schäfer (2005: 147).

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7.2 Einzelentscheidung unter Sicherheit 437

Abbildung 7.5 Vergleich statischer und dynamischer Amortisationsdauer53

Nun wird zusätzlich angenommen, das Projekt kann jährlich liquidiert werdenund erzielt Liquidationseinzahlungen Lt im ersten Jahr in Höhe von 4.000� ,welche in jedem Jahr um 500,- � bis auf einen Restwert von Null sinken. Derdynamische Amortisationszeitpunkt wird als der Zeitpunkt ermittelt, zu demder Kapitalwert erstmals einen positiven Wert aufweist, wobei letzterer wiefolgt ermittelt wird:

C0(N) = C0(N −1)+R′Nq

−t

mit R′N als Grenzrückfluss des Jahres N der Form R′

N =RN +LN −LN−1q.

Die Ergebnisse in Tabelle 7.5 zeigen, dass sich die Amortisationsdauer auf fünfJahre verkürzt hat. Die dynamische Amortisationsrechnung ist, wie auch diestatische Variante, als ergänzendes Bewertungsverfahren zu verwenden. DieFeststellung des dynamischen Amortisationszeitpunktes vernachlässigt dieEntwicklung der Zahlungsreihen nach diesem Zeitpunkt. Als Risikogradmes-ser ist der dynamische Amortisationszeitpunkt unter Beachtung der Schwä-chen bedingt geeignet.

Die dynamische Amortisationsrechnung führt nicht in jedem Fall zu densel-ben Resultaten hinsichtlich der Vorteilhaftigkeit wie die Kapitalwertmethode.Das gilt sowohl für die absolute als auch die relative Vorteilhaftigkeit und istauf mögliche Differenzen in der Zahlungsstruktur bzw. auf den vorzugeben-den Grenzwert zurückzuführen.

53 Quelle: Eigene Darstellung mit den Eingangsdaten aus der Tabelle 7.5.

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438 7 Einzelinvestitionen, Gemeinschaftsinvestitionen und wertorientierte Steuerung

7.2.3 Nutzungsdauer und Ersatzzeitpunkt

In den bisherigen Analysen von Investitionsobjekten wurde davon ausgegan-gen, dass die Nutzungsdauer des Investitionsobjektes vorgegeben ist.54 Beider Unterscheidung in eine technische und eine wirtschaftliche Nutzungsdau-er ist festzuhalten, dass die technisch maximale Nutzungsdauer i. d. R. nichtder wirtschaftlich optimalen Nutzungsdauer entspricht. Die wirtschaftlicheNutzungsdauer, die sog. optimale Nutzungsdauer, ist vom Entscheidungsträ-ger vor Beginn der Beschaffung und Installation eines Investitionsobjektesfestzulegen.

Die Bestimmung dieser optimalen Nutzungsdauer zu Beginn des Lebens-zyklus der Investition fußt auf der Annahme bestimmter zukünftiger Entwick-lungen. Nach der Inbetriebnahme der Anlage kann sich durch nicht geplanteVeränderungen im rechtlichen oder auch wirtschaftlichen Umfeld des Unter-nehmens bzw. durch technische Erneuerungen die bisher als optimal festge-legte Nutzungsdauer als nicht mehr aktuell herausstellen. In diesem Fall istder optimale Ersatzzeitpunkt festzulegen. In beiden Fällen ist über die wirt-schaftlich optimale Aussonderung der Anlage aus dem Produktionsprozess zuentscheiden. Der Unterschied besteht in dem Zeitpunkt der Betrachtung: dieoptimale Nutzungsdauer wird vor Inbetriebnahme und der optimale Ersatz-zeitpunkt nach Inbetriebnahme der Anlage ermittelt.

Zunächst wird die optimale Nutzungsdauer einer Anlage betrachtet, welcheam Ende ihrer Nutzungsdauer nicht durch eine identische Anlage ersetzt wird.Bei Verwendung des Kapitalwertkalküls ist diejenige Nutzungsdauer optimal,bei welcher der Kapitalwert als Funktion der Nutzungsdauer den maximalenWert aufweist. Als zeitabhängige Einflussgrößen des Kapitalwertes sind dieAus- und die Einzahlungen während des Anlagenbetriebs sowie die Liquidati-onseinzahlungen betrachtungsrelevant. Die Rückflüsse als Differenz zwischenEin- und Auszahlungen sinken im Zeitablauf. Das ist auf steigende Auszah-lungen bzw. sinkende Einzahlungen zurückzuführen. Betriebs- und Instand-haltungsauszahlungen einer Anlage steigen oftmals im Zeitverlauf, wobei je-doch die Abhängigkeit von der gewählten Instandhaltungsstrategie zu beach-ten ist. Zu erzielende Liquidationseinzahlungen einer Anlage sinken ebenfallsim Zeitablauf. Sind am Ende der Nutzungsdauer noch Abbruchmaßnahmenerforderlich, so entstehen keine Einzahlungen, sondern Auszahlungen.

Aus der Maximierung des Kapitalwertes lässt sich bei Annahme strengmonoton sinkender Einzahlungsüberschüsse die optimale Nutzungsdauerdurch Betrachtung des Grenzrückflusses ermitteln. Als Grundlage dient dieErkenntnis, dass die Nutzungsdauer der Anlage dann optimal ist, wenn derKapitalwert ein Maximum aufweist, es muss gelten:55

54 Vgl. S. 296.55 Vgl. Busse von Colbe/Laßmann (1990: 134-137); Götze (2008: 240).

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7.2 Einzelentscheidung unter Sicherheit 439

C0(N)≥ C0(N −1)

C0(N) =−I0+N∑t=1

Rtq−t+LNq−N

=−I0+N−1∑t=1

Rtq−t+RNq−N +LNq−N

C0(N −1) =−I0+N−1∑t=1

Rtq−t+L(N−1)q−(N−1)

C0(N) = C0(N −1)+RNq−N +LNq−N −L(N−1)q−(N−1)

= C0(N −1)+RNq−N +LNq−N −L(N−1)q−N (1+ i)

= C0(N −1)+RNq−N +(LN −L(N−1))q−N −L(N−1)q−N i

Da für ein weiteres Jahr die Nutzungsdauer nur optimal ist, wenn gilt:

0≤ C0(N)−C0(N −1)

muss gelten:

0≤RN q−N +(LN −L(N−1))q−N −L(N−1)q−N i

Multiplikation mit qN ergibt:

0≤ RN +LN −L(N−1)−L(N−1)i︸ ︷︷ ︸Grenzeinzahlungsuberschuss R′

N

Es muss für R′N gelten:

0≤ R′N

Das kann auch formuliert werden durch:

0≤ RN − (L(N−1)−LN

)− L(N−1) i

RN ≥ (L(N−1)−LN

)+ L(N−1) i

Der Grenzrückfluss bzw. Grenzeinzahlungsüberschuss R′N einer Anlage kann

als derjenige Überschuss interpretiert werden, welcher über den Wertverlustder Anlage und die entgehenden Zinsen auf den Liquidationserlös hinauserwirtschaftet wird. Der Rückfluss des zusätzlichen Betriebsjahres RN mussdemzufolge größer sein als die beiden folgenden Wertkomponenten:

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440 7 Einzelinvestitionen, Gemeinschaftsinvestitionen und wertorientierte Steuerung

RN ≥ (L(N−1)−LN

)︸ ︷︷ ︸Wertverlust der Anlage

+ L(N−1) i︸ ︷︷ ︸Entgehende Zinsen auf Liqu.−erlos

Diese Beziehung kann umformuliert werden zu:

i ≤ RN +LN −L(N−1)L(N−1)

Damit ist das Verhältnis von Grenzrendite und Kalkulationszinssatz im Ka-pitalwertmaximum beschrieben.

Als Beispiel wird eine Anlage mit einer Investitionsauszahlung von 2.000,- �betrachtet. Die folgende Tabelle führt weitere Eingangsdaten, die Grenzrück-flüsse sowie die Kapitalwerte bei einmaliger Durchführung der Investition beieinem Kalkulationszinssatz von i= 0,05 auf. Im Jahr t= 5 ist die BedingungC0(N)≥ C0(N − 1) bzw. R′

N ≥ 0 letztmalig erfüllt, in den darauf folgendenJahren nicht mehr. Eine Nutzungsdauer von 5 Jahren erweist sich demzufolgeals optimal.

Tabelle 7.6 Optimale Nutzungsdauer ohne Wiederholung

t 0 1 2 3 4 5 6Rt 900 800 700 500 300 200LN 1.600 1.350 1.100 850 600 350 0R′N 570 483 395 208 20 -168

C0 143 581 922 1.092 1.108 983

Nun wird die optimale Nutzungsdauer einer Anlage ermittelt, welche ein-mal durch eine identische Anlage ersetzt wird. Identisch bedeutet in diesemZusammenhang:56

• keine physische Identität der Objekte, sondern• gleiche Ertragsfähigkeit, d. h. gleicher Kapitalwert bei gleicher Nutzungs-dauer, was

• gleiche Investitionsauszahlungen, aber ungleiche Zahlungsströme zulässt.

Das Ende der Nutzung der ersten Anlage fällt auf den Zeitpunkt, an dem dieNachfolgeanlage installiert wird, es resultiert eine Investitionskette.57 Das

56 Vgl. Kruschwitz (2011: 185).57 Vgl. S. 428.

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7.2 Einzelentscheidung unter Sicherheit 441

Bestimmungskriterium für die optimale Nutzungsdauer bildet nun die Ma-ximierung des Kapitalwertes nicht nur für eine Anlage, sondern für die In-vestitionskette. Der Kapitalwert der Investitionskette errechnet sich aus demKapitalwert der Anlage A und dem Kapitalwert der identischen Nachfolgean-lage B, welche nach Ablauf der Nutzungsdauer NA installiert wird. Es giltC0K = C0;A+C0;Bq

−NA. Für die Ermittlung der optimalen Nutzungsdauerder Anlage A ergibt sich dieselbe Maximierungsbedingung wie im Fall einereinzigen Anlage. Ein Weiterbetrieb ist vorteilhaft, solange gilt

C0;K(NA)≥ C0K(NA−1).

Während bei der einmaligen Durchführung einer Investition die optimale Nut-zungsdauer erreicht ist, wenn die Investition der bei Liquidation zu erzielen-den Einzahlungen vorteilhafter ist als der Weiterbetrieb, verfügt der Akteurbei der einmaligen Wiederholung der Investition über die Gelegenheit, einenKapitalwertzuwachs durch die rechtzeitige Installation der Folgeanlage zu er-zielen. Der Grenzrückfluss der Anlage A während einer weiteren Nutzungspe-riode muss größer sein als die in demselben Zeitraum zu erzielende Verzinsungdes Kapitalwertes der Anlage B. Für den Grenzrückfluss muss gelten

RNA− (L(NA−1)−LNA

)− L(NA−1) i≥ C0B · i.

Der Grenzrückfluss eines weiteren Jahres Nutzungsdauer besteht aus denRückflüssen des zusätzlichen Jahres RNA, der Minderung der Liquidations-einzahlung

(L(NA−1)−LNA

)in der zusätzlichen Nutzungsperiode sowie den

entgangenen Zinsen auf die Liquidationseinzahlung des Vorjahres L(NA−1) i.Diese Betrachtungsweise ist wiederum nur bei streng monoton sinkendenRückflüssen gültig. Das vorstehende Beispiel aufgreifend wird angenommen,dass die betrachtete Anlage einmalig wiederholt werden kann und als AnlageB bezeichnet wird. Diese Anlage ist eine Investition ohne Ersatz, weshalb dieoptimale Nutzungsdauer der Anlage aus der obigen Diskussion übernommenwerden kann. Diese beträgt fünf Jahre, der Kapitalwert der Anlage B liegtbei 1.108,- � (vgl. Tabelle 7.7).

Tabelle 7.7 Optimale Nutzungsdauer bei einmaliger Wiederholung

t 0 1 2 3 4 5 6Rt 900 800 700 500 300 200LNA 1.600 1.350 1.100 850 600 350 0R′NA 570 483 395 208 20 -168

C0;B i 55C0;B q−NA 1.055 1.005 957 912 868 827C0(NA) 143 581 922 1.092 1.108 983C0;K(NA) 1.198 1.585 1.879 2.004 1.976 1.810

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442 7 Einzelinvestitionen, Gemeinschaftsinvestitionen und wertorientierte Steuerung

Aus den vorgestellten Entscheidungskriterien resultiert eine optimale Nut-zungsdauer von t = 4 Jahren. In dieser Periode ist die Bedingung R′

NA ≥CB i letztmalig erfüllt. Außerdem zeigt sich, dass in dieser Periode der Kapi-talwert der zweigliedrigen Investitionskette den maximalen Wert von 2.004�aufweist. An diesem Beispiel wird außerdem der sog. „Ketteneffekt“ bzw. das„Gesetz der Ersatzinvestition“ deutlich.58 Mit diesen Begriffen wird die Tat-sache beschrieben, dass die Nutzungsdauer von Objekten in einer endlichenInvestitionskette mit zunehmender Anzahl an Objekten abnimmt. In einerendlichen Investitionskette ist die optimale Nutzungsdauer eines Objektestendenziell kürzer als die des Vorgängerobjektes.

Sieht sich der Akteur außerstande vorherzusehen, ob die Anlage einmal odermehrmals ersetzt wird, bietet es sich an, von einer identischen unendlichenWiederholung der Investition auszugehen.59 Diese Annahme ist hinreichendgerechtfertigt, wenn angenommen wird, dass ein Investor sein Unternehmenauf langfristige Sicht betreibt und zur Aufrechterhaltung der Produktion eineentsprechende Anlage installieren muss. In diesem Fall kann eine unendlicheInvestitionskette betrachtet werden. Der Kapitalwert einer solchen Kette er-gibt sich mit:60

C0;K;∞ = C0(N)qN

qN −1

Mit Darstellung des zur Annuität umgeformten Kapitalwertes:

An(N) = C0(N)qN (q−1)qN −1

folgt:

C0;K;∞ = An(N)i

Die Umformung zu C0;K;∞i=An(N) zeigt, dass die Annuität mit den Zin-sen auf den Kapitalwert der Kette übereinstimmt. Der Barwert C0;K;∞ derunendlichen Kette ist dann maximal, wenn die Annuität An(N) den maxima-len Wert erreicht. Damit wird die Ermittlung der optimalen Nutzungsdauerüber ein Annuitätenkalkül möglich. Wird das bisher diskutierte Beispiel mo-difiziert und eine unendliche Investitionskette unterstellt, ergeben sich die inTabelle 7.8 enthaltenen Resultate.

58 Vgl. Rehkugler (2007: 71).59 Vgl. Breuer (2012: 173-175).60 Vgl. zur Herleitung S. 428.

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7.2 Einzelentscheidung unter Sicherheit 443

Die optimale Nutzungsdauer beträgt drei Jahre. In dieser Periode weisen so-wohl die zeitabhängige Annuität als auch der zeitabhängige Kapitalwert derunendlichen Kette ein Maximum auf. Gleichzeitig ist in dem Jahr der opti-malen Nutzungsdauer der Grenzeinzahlungsüberschuss letztmalig größer alsdie Annuität. Die optimale Nutzungsdauer einer Anlage in einer unendlichenInvestitionskette währt demzufolge ein Jahr kürzer als die Nutzungsdauereiner Anlage mit einmaligem Ersatz. Für die Auswahl des Entscheidungs-kriteriums ist zu prüfen, ob eine Anlage durch identische Nachfolgeobjekteersetzt werden kann und wie viele Wiederholungen möglich sind. Tabelle 7.9fasst noch einmal die Entscheidungskriterien der unterschiedlichen Situati-onen zusammen.

Tabelle 7.8 Optimale Nutzungsdauer bei unendlicher Wiederholung

t 0 1 2 3 4 5 6Rt 900 800 700 500 300 200LN 1.600 1.350 1.100 850 600 350 0R′N 570 483 395 208 20 -168

C0((N) 143 581 922 1.092 1.108 983C0;K;∞ 3.000 6.249 6.760 6.160 5.120 3.880Annuitätenfaktor 1,0500 0,5378 0,3672 0,2820 0,2310 0,1970C0;K;∞ ·i=An(N) 150 312 338 308 256 194

Tabelle 7.9 Entscheidungskriterien zur Ermittlung der optimalen Nutzungsdauer

Situation Kapitalwertkalkül Kalkül desGrenzrückflusses

Anlage ohne ErsatzC0(N) → max R′

N ≥ 0

Anlage A miteinmaligem Ersatzdurch Anlage B C0;K = C0;A+C0;B q−NA → max R′

NA ≥ C0;B · i

Anlage mit unendlichhäufigem Ersatz

C0;K;∞ = C0(N) qN

qN −1→ max

R′N ≥ C0;K;∞ · i

Nach der Inbetriebname einer Anlage sind die in der Investitionsplanungverwendeten Eingangsdaten und Annahmen zu überprüfen. Eine Reihe von

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444 7 Einzelinvestitionen, Gemeinschaftsinvestitionen und wertorientierte Steuerung

finanziellen Bestimmungsgrößen wird sich nicht in dem in der Planung vor-gesehenen Maße entwickeln. Deshalb ist während des Betriebs der Anlagefestzustellen, ob die ursprünglich als optimal ermittelte Nutzungsdauer nochgilt. Aktuelle technische, rechtliche und finanzielle Informationen werden imInvestitionslebenszyklus berücksichtigt. Auf dieser Basis wird der optimaleErsatzzeitpunkt der Anlage bestimmt.

Wird die vorhandene Anlage nicht ersetzt, liegt kein Ersatzproblem vor. DieAnlage ist so lange zu betreiben, wie die Grenzeinzahlungsüberschüsse posi-tiv sind. Wird von einem langfristig existierenden Unternehmen ausgegangen,kann die Annahme von unendlich vielen identischen Nachfolgeobjekten ver-wendet werden. Der optimale Ersatzzeitpunkt ist derjenige Zeitpunkt, beiwelchem der ersatzzeitpunktabhängige Kapitalwert der Investitionskette ma-ximal ist. Für den Kapitalwert der Investitionskette gilt

C0(N) =N∑t=1

R′t,Altq

−t+ AnNeu(NOpt)i

q−N ,

wobeiAnNeu(NOpt)

iq−N den Barwert der Ersatzkette beschreibt, wenn die

alte Anlage zum Zeitpunkt N ersetzt wird. Das Maximum einer unendlichenInvestitionskette ist dann erreicht, wenn die Annuität am höchsten ist. Fürdie Beziehung von Annuität und Kapitalwert der unendlichen Kette gilt

C0;K;∞ = An(N)i

.

Bei monoton sinkenden Grenzeinzahlungsüberschüssen reicht die Betrach-tung von Annuität und Grenzeinzahlungsüberschüssen aus. Die alte Anlageist so lange zu betreiben, wie deren Grenzeinzahlungsüberschüsse größer sindals die Annuität (der Durchschnittsgewinn) der neuen Anlage.

7.2.4 Methode der vollständigen Finanzpläne

In den bisherigen Darstellungen wurde von einem vollkommenen Kapital-markt ohne die Existenz von Steuern und von identischen Haben- und Soll-Zinsen ausgegangen. Da diese Annahmen in der Realität nicht erfüllt sind,wird die Methode der vollständigen Finanzpläne (VOFI) vorgestellt, welchedie Eigenschaften von unterschiedlichen Kreditkonditionen und Steuersätzenintegriert. Mit dem VOFI kann berücksichtigt werden, dass:61

61 Vgl. Rehkugler (2007: 35-41); Kruschwitz (2011: 34-40).

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7.2 Einzelentscheidung unter Sicherheit 445

• verschiedene Kreditarten mit unterschiedlichen Zinssätzen und Tilgungs-modalitäten existieren,

• aufgenommene Kredite zuzüglich der Zinsen aus den jährlichen Rückflüs-sen getilgt werden und darüber hinausgehende Überschüsse als Guthabenangelegt werden,

• die Finanzierung des Investitionsobjektes mit Fremd- und Eigenkapitalerfolgen kann.

Zielgröße im VOFI ist der Endwert der Maßnahme, der sich als Überschussder liquiden Mittel am Ende der Nutzungsdauer definiert. Dieser Endwertwird mit dem Endwert der Alternativverwendung der eigenen Finanzmittelverglichen.

Absolute Vorteilhaftigkeit: Ein Investitionsobjekt ist dann absolut vor-teilhaft, wenn dessen Endwert größer ist als der Endwert der Opportunität,EWM ≥ EWO.

Relative Vorteilhaftigkeit: Diejenige Maßnahme ist auszuwählen, welcheaus der Menge der absolut vorteilhaften Objekte den höchsten Endwert auf-weist, EWJ ;M =max

j{EWj;M ;EWM ≥ EWO}.

Die Ermittlung des Endwertes erfolgt unter Berücksichtigung der Nebenbe-dingung „Liquidität“ in Gestalt des Finanzierungssaldos. Bei Unterdeckungder jährlichen Zahlungsströme aus dem Investitionsobjekt ist die Liquiditätdurch Kreditaufnahme sicherzustellen. Überschüsse aus den Zahlungsströmenwerden zum Habenzinssatz angelegt. Der Finanzsaldo zum Jahresende mussden Wert Null aufweisen.

Als Beispiel wird ein Investitionsobjekt mit einer Nutzungsdauer von 5 Jah-ren betrachtet, welches Investitionsauszahlungen in Höhe von 95.000� erfor-dert. Davon können 35.000� aus Eigenmitteln des Unternehmens finanziertwerden, die Differenz ist durch Kreditaufnahme zu finanzieren. Hierfür wirdein Kredit mit Ratentilgung in Höhe von 30.000� sowie ein endfälliger Kre-dit in Höhe von 15.000� aufgenommen. Zusätzlich muss im ersten Jahr einKontokorrentkredit in Höhe von 15.000� aufgenommen werden. Der Zins-satz für den Ratenkredit und für den endfälligen Kredit beträgt 8% p. a.,der Zinssatz für den Kontokorrentkredit beläuft sich auf 13% p. a. und derHabenzinssatz beträgt 6% p. a. Aus der Investitionsmaßnahme resultierenRückflüsse in den ersten drei Jahren von jeweils 27.000� p. a. und in dendarauf folgenden Jahren von jeweils 30.000� p. a. Der für diese Maßnahmezu erstellende VOFI ist in der Tabelle 7.10 abgebildet. Aus dem zum Endeder Nutzungsdauer geplanten, nicht-negativen Endwert lässt sich außerdemdie VOFI-Eigenkapitalrentabilität folgendermaßen ermitteln:62

62 Vgl. Varnholt/Lebefromm/Hoberg (2012: 529-531).

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446 7 Einzelinvestitionen, Gemeinschaftsinvestitionen und wertorientierte Steuerung

rEK;V OFI =N

√EWM

EM−1

Diese Rentabilitätsgröße lässt sich als konstante jährliche Verzinsung der zuBeginn der Investitionsmaßnahme investierten Eigenmittel interpretieren. Indem vorliegenden Beispiel beträgt der Endwert der Maßnahme 72.963�, wor-aus eine VOFI-Eigenkapitalrentabilität von 15,83% resultiert. Wird ein Zins-satz für die alternative Verwendung der Eigenmittel von 7% p. a. angenom-men, ergibt sich ein Endwert der Opportunität aus EWOp =EMqN in Höhevon 49.089�. Dieser Wert liegt niedriger als der Endwert der Maßnahme,weshalb die Durchführung der Maßnahme absolut vorteilhaft ist.

Tabelle 7.10 Beispiel eines VOFIZeitraum in Jahren t = 0 t = 1 t = 2 t = 3 t = 4 t = 5Zahlungsgrößen -95.000 27.000 27.000 27.000 30.000 30.000Eigenkapital

- Entnahme+ Einlage 35.000

Kredit mit Ratentilgung+ Aufnahme 30.000

- Tilgung -6.000 -6.000 -6.000 -6.000 -6.000- Sollzinsen -2.400 -1.920 -1.440 -960 -480

Endfälliges Darlehen+ Aufnahme 15.000

- Tilgung -15.000- Sollzinsen -1.200 -1.200 -1.200 -1.200 -1.200

Kontokorrentkredit+ Aufnahme 15.000

- Tilgung -15.000- Sollzinsen -1.950

Geldanlage- Anlage -450 -17.907 -19.461 -24.109 -11.036

+ Auflösung+ Habenzins 27 1.101 2.269 3.716

Finanzierungssaldo 0 0 0 0 0 0BestandsgrößenKreditstand

Ratentilgung 30.000 24.000 18.000 12.000 6.000 0Endtilgung 15.000 15.000 15.000 15.000 15.000 0

Kontokorrent 15.000 0 0 0 0 0Guthabenbestand 450 18.357 37.818 61.928 72.963Bestandssaldo -60.000 -38.550 -14.643 10.818 40.928 72.963

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7.2 Einzelentscheidung unter Sicherheit 447

7.2.5 Relation unterschiedlicher Gewinnbegriffe

Schon im einführende Kapitel ist auf die verschiedenen Arten von Gewinnenhingewiesen worden.63 An dieser Stelle soll die Beziehung zwischen diesenGrößen am Beispiel des Residualgewinns und des Kapitalwertes vertiefenddargestellt werden.

Die positive Differenz zwischen Ein- und Auszahlungen einer Totalperiodeentspricht dem finanzwirtschaftlichen Gewinn, der als Einzahlungsüberschussbzw. Kapitalwert bezeichnet wird.64 Dieser Wert kann in jährlich gleich ho-he Beträge - die Annuität - umgewandelt werden, so dass eine entsprechendeJahresgewinngröße entsteht. Diese Gewinngrößen werden primär zur Bewer-tung der Vorteilhaftigkeit einzelner Projekte herangezogen.65

Erfolgt eine periodisierte Rechnung, tritt das Problem von periodenübergrei-fenden Ein- und Auszahlungen auf, welches durch eine zeitliche Abgrenzunggelöst wird. In diesem Zusammenhang werden aus den Einzahlungen Erträgeund aus den Auszahlungen werden Aufwendungen abgeleitet. Die, bei de-ren Verwendung resultierende, positive Differenz stellt den bilanziellen bzw.buchhalterischen Gewinn, den Jahresüberschuss bzw. Reinvermögenszuwachsdar.66 Werden an Stelle von Aufwendungen und Erträgen die betrieblichenLeistungen und Kosten als Rechengrößen verwendet, resultiert der kosten-rechnerische bzw. kalkulatorische Gewinn.67

Der ökonomische Gewinn bzw. Residualgewinn entspricht der Erhöhung desErfolgskapitals der Betrachtungsperiode zuzüglich der an die Kapitalgebergeleisteten Auszahlungen und abzüglich der von diesen erhaltenen Einzah-lungen.68

Werden lediglich die Werte der Einzelperioden miteinander verglichen, tretenstarke Differenzen zwischen den Gewinngrößen auf. Wird für einen Vergleichjedoch die Totalperiode verwendet, entsprechen sich die Werte der unter-schiedlichen Gewinngrößen.69 Bei Annahme von Sicherheit und der Exis-tenz eines vollkommenen und vollständigen Kapitalmarktes kann gezeigtwerden, dass bei Durchführung von Korrekturrechnungen, welche die unter-

63 Vgl. S. 43.64 Vgl. S. 425.65 Vgl. S. 430.66 Vgl. S. 285.67 Vgl. S. 415.68 Vgl. Baetge/Hömberg (1981: 658); Schneider (1963: 466); Koch (1968: 414-426). DerBegriff „ökonomischer Gewinn“ impliziert, dass die anderen Gewinnbegriffe keine ökono-mische Dimension beinhalten. Schneider bezeichnet den ökonomischen Gewinn deshalbals kapitaltheoretischen Gewinn. Vgl. Schneider (1997: 264). Aufgrund der weiten Ver-breitung wird der Begriff des ökonomischen Gewinns hier jedoch übernommen.69 Vgl. Küting (2006: 1441).

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448 7 Einzelinvestitionen, Gemeinschaftsinvestitionen und wertorientierte Steuerung

schiedlichen Betrachtungsweisen der Rechnungssysteme kompensieren, jedeReihe aus periodisierten Erfolgsgrößen (z. B. Kosten- und Leistungsgrößen,Aufwands- und Ertragsgrößen) unter Berücksichtigung von kalkulatorischenZinsen in eine Reihe von Periodengewinnen (Residualgewinnen) transformiertwerden kann, deren Kapitalwert dem Kapitalwert der Zahlungsgrößen ent-spricht.70 Dieser Zusammenhang wird als Lücke-Theorem bzw. Preinreich-Lücke-Theorem bezeichnet. Es wird dabei vorausgesetzt, dass:71

1. die Summe der Zahlungsüberschüsse R aller Perioden denselben Wertaufweist, wie die Summe aller handelsbilanziell ermittelten Periodenge-winne HG,

2. nachschüssige Zahlungen vorliegen,

3. die Zahlungsreihe mit Auszahlungen beginnt,

4. im Zeitpunkt t = 0 kein Gewinn resultiert und

5. der handelsbilanzielle Periodengewinn HG als Differenz von Kosten undErlösen bzw. Erträgen und Aufwendungen um kalkulatorische ZinsenZkalk auf den Kapitalbestand der Vorperiode verringert wird.

Die Voraussetzungen 1 bis 4 werden in der Literatur unter dem Begriff „Kon-gruenzprinzip“ zusammengefasst und wie folgt dargestellt:

N∑t=0

HGt =N∑t=0

Rt

Der Residualgewinn einer Periode GRES ergibt sich aus dem handelsrechtli-chen Gewinn HG, welcher um kalkulatorische Zinsen zu vermindern ist. Diekalkulatorischen Zinsen werden auf das Kapital verrechnet, welches in derVorperiode gebunden war. Der Residualgewinn ergibt sich aus:

GRES; t =HGt−Zkalk; t

GRES; t =HGt−KBt−1 · iDie Kapitalbindung ist definiert als Differenz zwischen den bis dato kumulier-ten Zahlungen und den kumulierten Gewinnen und wird wie folgt ermittelt:72

70 Vgl. Drukarczyk/Schüler (2009: 423-425).71 Vgl. Preinreich (1937: 224); Lücke (1955: 313-316); Lücke (1960: 371-375); Schweit-zer/Küpper (2011: 233-237). Zu einer kritischen Diskussion dieser Voraussetzungen vgl.Schneider (2001b: 2510-2511); Schneider (1997: 57-58).72 Vgl. Kruschwitz (2011: 163-164); Küpper (2008: 166-171).

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7.2 Einzelentscheidung unter Sicherheit 449

KBt =t∑

s=0HGs −

t∑s=0

Rs

Dabei wird angenommen, dass:

KBN =KB−1 = 0

Dann kann für die Kapitalbindung der Vorperiode auch formuliert werden:

KBt−1 =t−1∑s=0

HGs −t−1∑s=0

Rs

Für die Differenz zwischen den Beträgen der Kapitalbindung resultiert:

KBt−KBt−1 =t∑

s=0(HGs − Rs)−

t−1∑s=0

(HGs − Rs)

KBt−KBt−1 =HGt−Rt

Dann kann der Gewinn der Periode auch formuliert werden als:

HGt =Rt+KBt−KBt−1

Für die Ermittlung des Residualgewinns GRES; t kann deshalb auch formu-liert werden:

GRES; t =HGt−KBt−1 · i=Rt+KBt−KBt−1−KBt−1 · i=Rt+KBt−KBt−1 · (1+ i)

Nun wird die Gesamtsumme aller derartigen Periodengewinne betrachtet undes wird formuliert:

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450 7 Einzelinvestitionen, Gemeinschaftsinvestitionen und wertorientierte Steuerung

N∑t=0

GRES; t qt =

N∑t=0

[Rt+KBt−KBt−1 · (1+ i)]q)t

=N∑t=0

Rt+N∑t=0[KBt−KBt−1 · (1+ i)]qt

=N∑t=0

Rt+N∑t=0

KBt qt −

N∑t=0

KBt−1 q qt

︸ ︷︷ ︸= KBN q−N−KB−1 q

Da annahmegemäß gilt: KBN = 0 und KB−1 = 0, verbleibt:

N∑t=0

GRES; t qt =

N∑t=0

Rt qt

Die Summe der diskontierten Residualgewinne ist gleich der Summe der dis-kontierten Rückflüsse mittels Kapitalwertmethode, oder anders formuliert:73

Der Barwert aller Rückflüsse einer Investition ist ebenso groß wie derBarwert der Residualgewinne dieser Investition. D. h.: der Kapitalwerteiner Investition ist genauso groß wie die Summe der diskontierten

Gewinne, wenn diese um kalkulatorische Zinsen auf die Mittelbindungder Vorperiode reduziert werden!

Deshalb wird das Theorem bzw. der zugrundeliegende Sachverhalt als Bar-wertidentität oder auch Barwertkompatibilität bezeichnet.74 Zur Veran-schaulichung sei folgendes Beispiel betrachtet: Eine Investition erfordert eineAuszahlung von I0=200 Einheiten und erwirtschaftet über den Zeitraum von4 Jahren jährlich Rückflüsse von Rt =80. Die Abschreibung erfolgt linear, derZinssatz beträgt i= 0,1. Es resultieren folgende Ergebnisse:

73 Vgl. Breuer (2012: 106-107).74 Vgl. Laux (2006: 462-466); Copeland/Weston/Shastri (2008: 641-642); Fischer/Möl-ler/Schultze (2012: 360-361).

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7.2 Einzelentscheidung unter Sicherheit 451

Tabelle 7.11 Beispiel zur Barwertidentität75

t 0 1 2 3 4Rt - 200 80 80 80 80Rt · q−t - 200,00 72,73 66,12 60,10 54,64

C0 =4∑t=0

Rt · q−t 53,59

Abt 50 50 50 50HGt =Rt−Abt 30 30 30 30KBt 200 150 100 50 0Zkalk; t =KBt−1 · i 20 15 10 5GRES; t =HGt−Zkalk; t 10 15 20 25GRES; t · q−t 9,09 12,40 15,03 17,084∑t=0

GRES;t · q−t 53,59

Zusammenfassend ist darauf hinzuweisen, dass die mittels dieses Theoremsgewonnenen Aussagen durch Deduktion aus anderen Aussagen - den Grund-annahmen sowie den zugrundeliegenden Definitionen von Rechengrößen -gewonnen werden und lediglich einen logischen, jedoch keinen empirischenWahrheitsgehalt aufweisen.76 Da es für das Verständnis des Zusammenhangszwischen den Rechensystemen jedoch hilfreich erscheint und im weiteren Ver-lauf noch relevant sein wird,77 wurde das Theorem an dieser Stelle kurzpräsentiert. Dieses Aussagensystem beinhaltet demzufolge die Definitionen,Rechenregeln und Axiome, welche zur Überführung von Aussagen aus ei-nem System - dem System der Zahlungsgrößen - in ein anderes System– das System von Kosten- und Leistungsgrößen - notwendig sind.78 Es zeigtalso die logischen Verknüpfungen zwischen zwei axiomatisierten Aussa-gensystemen auf. Der Vorwurf, bei dem Theorem handelt es sich um einetautologische Transformation,79 ist zum einen der Natur von Theoremen ge-schuldet. Zum anderen kann er dahingehend abgeschwächt werden, dass dasauf diese Weise gewonnene Ergebnis Informationen enthält, welche aus denzugrundeliegenden Aussagesystemen nicht unmittelbar ersichtlich sind. Es istdies die Information, dass bei Existenz der zitierten Bedingungen, die Kapi-talwertmaximierung der Residualgewinnmaximierung äquivalent ist.75 Quelle: Eigene Darstellung.76 Vgl. Ewert/Wagenhofer (2008: 69-71). Schneider formuliert: „Die Lücke, die einVerzicht auf das Lücke-Theorem hinterlässt, ersetzt es vollkommen.“ Schneider (1997:58).77 Vgl. S. 488.78 Vgl. Schweitzer (1981: 101-102); Schweitzer (1972: 65-67).79 Vgl. Schweitzer/Küpper (2011: 239).

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452 7 Einzelinvestitionen, Gemeinschaftsinvestitionen und wertorientierte Steuerung

Ebenfalls lässt sich zeigen, dass der ökonomische Gewinn der Verzinsungdes Erfolgskapitals zu Beginn der Betrachtungsperiode entspricht und dassder ökonomische Gewinn einer Totalperiode äquivalent zum buchhalterischenGesamtgewinn der Totalperiode, zum Kapitalwert der Residualgewinne derTotalperiode in dem Sinn ist, dass jede dieser Zielgrößen zu demselben opti-malen Investitions- und Finanzierungsprogramm führt.80

7.2.6 Berücksichtigung von Steuern imKapitalwertmodell

Die bisherigen Ausführungen haben von einem wichtigen Umstand abstra-hiert: den Steuern. Steuern sind auf Ebene des Unternehmens relevant, aberauch auf der Ebene der Eigentümer des Unternehmens. An dieser Stelle wer-den lediglich die Steuern auf Unternehmensebene dargestellt. Die Berück-sichtigung von Eigentümersteuern erfolgt in einem späteren Abschnitt.81 Vonden zahlreichen Steuerarten werden hier lediglich die zwei wichtigsten vorge-stellt: die Körperschaftssteuer und die Gewerbesteuer. Für die Ermitt-lung einer Steuer sind für das weitere Vorgehen die folgenden zwei Kompo-nenten bestimmend: die Bemessungsgrundlage und der Steuersatz. Die Be-messungsgrundlage definiert, „worauf“ Steuern zu zahlen sind. Der Steuersatzlegt dann fest, wie groß der Anteil der Steuern bezogen auf diese Bemessungs-grundlage ist. Die Körperschaftssteuer (KST) ist quasi die Einkommenssteuervon juristischen Personen, wie z. B. Kapitalgesellschaften.82 Als Bemessungs-grundlage wird für das weitere Vorgehen vereinfachend der Jahresüberschussbetrachtet. Der Steuersatz beträgt einheitlich 15%. Ergänzend sei erwähnt,dass Unternehmen - wie auch natürliche Personen - einen Solidaritätszuschlagzu entrichten haben. Diese Abgabe beträgt 5,5% der Einkommenssteuer. Des-halb kann der Körperschaftssteuersatz formuliert werden: sKST = 0,15825.

Die Gewerbesteuer ist die zweite wichtige Komponente, welche zu berücksich-tigen ist. Diese Steuer dient der Finanzierung der Gemeinden, weshalb diesein die Bestimmung der Erhebung eingebunden sind. Die Gemeinden legenden sog. Hebesatz H fest. Mit diesem Hebesatz bestimmen die Gemeindeneigenverantwortlich über die Steuerlast der Unternehmen.83 Ausgangspunktder Berechnung ist hier - wiederum vereinfachend dargestellt - eine Form des

80 Vgl. Bitz (1976: 497).81 Vgl. S. 495.82 Vgl. S. 22.83 Diese Eigenverantwortlichkeit ist durch den gesetzlich vorgeschriebenen Definitions-bereich des Hebesatzes eingeschränkt. Vgl. § 16 GewStG Abs. 4 Satz 2. Dementsprechendgilt: H ≥ 0,2.

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7.2 Einzelentscheidung unter Sicherheit 453

Jahresüberschusses, der als Gewerbeertrag ermittelt und bezeichnet wird.84Auf diesen Ertrag wird ein einheitlicher Umrechnungsfaktor angewendet, diesog. Steuermesszahl. Diese beträgt deutschlandweit 3,5%. Der Gewerbe-steuersatz SGewST resultiert demnach mit: sGewST =H · 0,035. Legt eineGemeinde den Hebesatz mit H =4 fest, resultiert der Gewerbesteuersatz mit:sGewST = 4 · 0,035 = 0,14.Aus diesen Komponenten ergibt sich der Steuersatz auf Unternehmensebenesu bei dieser groben Betrachtung mit:85

sU = sKST + sGewST .

Für das Beispiel gilt:

sU = 0,15825 + 0,14= 0,29825

Nun muss noch kurz dargestellt werden, wie die Steuern in die Kapitalwerter-mittlung einfließen. Dieser Einfluss erfolgt auf 2 Wegen: Veränderung derZahlungsströme und Veränderung des Kalkulationszinssatzes. Zuerstwird die Veränderung der Zahlungsströme dargestellt. Wird vereinfachenddavon ausgegangen, dass alle Aufwendungen und Erträge zahlungswirksamsind und auch steuerlich anerkannt werden, so lässt sich der Zusammenhangwie folgt darstellen:86

Rückfluss vor Steuern Rt

- Abschreibung − Abt= steuerpflichtiger Gewinn Rt−Abtdaraus resultierende Steuerschuld beieinem Unternehmenssteuersatz sU : −sU (Rt−Abt)Resultierender Gewinn nach Steuern Rt−Abt− sU(Rt−Abt)+ Abschreibung + Abt= Rückfluss nach Steuern Rt− sU(Rt−Abt)

Der Term Rt−Abt verdient besondere Aufmerksamkeit. Wird von anderenErlösen und Aufwendungen im Unternehmen abstrahiert, so stellt diese Grö-ße den steuerpflichtigen Gewinn vor Steuern oder Jahresüberschuss vorSteuern dar. Diese Größe wird auch als EBIT bezeichnet (Earnings beforeInterest and Taxes).87

84 Bei Personenunternehmen - also Einzelunternehmen und Personengesellschaften -wird zur Ermittlung des Gewerbeertrags vom - hier vereinfacht dargestellt - ermitteltenJahresüberschuss ein Freibetrag von aktuell 24.500 � abgezogen. Im Folgenden wirddavon abstrahiert und es werden lediglich Kapitalgesellschaften betrachtet.85 Für eine detaillierte Betrachtung vgl. S. 496.86 Vgl. Busse von Colbe/Laßmann (1990: 67); Kruschwitz (2011: 129).87 Vgl. S. 307.

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454 7 Einzelinvestitionen, Gemeinschaftsinvestitionen und wertorientierte Steuerung

Neben der Zahlungshöhe wird auch der Kalkulationszinssatz durch die Exis-tenz von Steuern beeinflusst. Dies resultiert aus der Grundnatur des Kapi-talwertes, welche in dem Vergleich einer Anlage der finanziellen Mittel ineinem Investitionsobjekt mit der Geldanlage besteht. Die Rückflüsse aus derGeldanlage unterliegen ebenfalls der Einkommenssteuer, weshalb der Zins-satz nach Steuern iS wie folgt formuliert wird:88 iS = i · (1− sU ). Darausfolgt der Kalkulationszinssatz qS = 1+ iS . Damit kann für den Kapitalwertnach Steuern C0;NST formuliert werden:89

C0;NST =−I0+N∑t=1[Rt− sU(Rt−Abt)]q−tS

Als Beispiel wird die Betrachtung der Investition wieder aufgenommen, wel-che zur Einführung des Kapitalwertes diente:90 Es galt I0 = 1.000�, i= 0,08sowie R1 =R2 =R3 = R4 = 330�, womit ein C0 = 93,00� ermittelt wurde.

Es wird angenommen, dass die Investition in den 4 Jahren komplett linearabgeschrieben wird, woraus Abschreibungen in Höhe von Abt = 250� resul-tieren. Weiterhin wird davon ausgegangen, dass es sich um eine Kapitalgesell-schaft handelt und dass die zuständige Gemeinde einen Hebesatz von H = 4festgelegt hat. Daraus ergibt sich der Steuersatz sU mit:

sU = sKST + sGeWST = 0,15825 + 4 · 0,035sU = 0,29825

Daraus folgt der Zinssatz nach Steuern:

iS = 0,08 · (1−0,29825)= 0,05614

Der Kapitalwert nach Steuern folgt mit:

C0;NST =−1.000 �+4∑t=1

[330�− 0,29825 (330�−250�)] · 1,05614−t

=−1.000�+306,14� 1,056144−11,056144 · 0,05614

= 70,25�

88 Vgl. Hering (2008: 85).89 Bei dieser Darstellung wird der Liquidationserlös in die laufenden Rückflüsse inte-griert. Gleichzeitig wird davon ausgegangen, dass Liquidationserlös und Restbuchwertdieselben Werte aufweisen. Vgl. Blohm/Lüder/Schaefer (2012: 104).90 Vgl. S. 426.

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7.3 Einzelentscheidung unter Unsicherheit 455

Mit diesen Darstellungen wird die Betrachtung steuerlicher Wirkungen vor-erst abgeschlossen. Gleichzeitig wird jedoch darauf hingewiesen, dass es sichlediglich um prinzipielle Darstellungen handelt. Für eine detaillierte Betrach-tung ist die konkrete Analyse und Beachtung der vielfältigen steuerlichenVorschriften und Besonderheiten in jedem Fall erforderlich. Die Diskussionsteuerlicher Aspekte wird im Rahmen der wertorientierten Unternehmens-steuerung wieder aufgenommen.91

7.3 Einzelentscheidung unter Unsicherheit

Nachdem die bisher diskutierten Verfahren bei der Annahme sicherer zukünf-tiger Entwicklungen zum Einsatz kommen, werden im Folgenden Verfahrenzur Berücksichtigung von Unsicherheit vorgestellt. Alle Verfahren zur Inte-gration der Unsicherheit basieren auf den in den vorangegangenen Kapitelndiskutierten Methoden. Unterschiede bestehen jedoch in der Art und Weiseder Integration von Unsicherheit in die Betrachtung.

7.3.1 Korrekturverfahren

Als Korrekturverfahren werden Methoden bezeichnet, bei denen durch dieKorrektur eines oder mehrerer Berechnungsparameter die Unsicherheit be-rücksichtigt wird. Dabei werden sog. Risikozuschläge oder Risikoabschläge92in die Eingangsdaten des Basisverfahrens eingerechnet. Bei Verwendung desKapitalwertkriteriums können

• der Kalkulationszinssatz,• die Zahlungsgrößen und/oder• die Nutzungsdauer

entprechend korrigiert werden. Rückflüsse werden in diesem Verständnis aneine steigende Unsicherheit angepasst, indem deren Werte reduziert werden.Wenn der Kapitalwert nach der Anpassung der Rückflüsse immer noch po-sitiv ist, so scheint die Investitionsmaßnahme selbst bei der auf diese Weiseberücksichtigten Unsicherheit vorteilhaft zu sein.

91 Vgl. S. 495.92 Schon die Bezeichnung Risikozuschlag weist darauf hin, dass ausschließlich negativeÄnderungen der verwendeten Eingangsdaten erwartet werden.

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456 7 Einzelinvestitionen, Gemeinschaftsinvestitionen und wertorientierte Steuerung

In der Erhöhung des Kalkulationszinssatzes aus Vorsichtsgründen um einenRisikozuschlag besteht eine andere Möglichkeit, die Unsicherheit zu berück-sichtigen. In der einfachsten, aber zugleich am wenigsten aussagekräftigenVariante geschieht die Adjustierung durch einen pauschalen Zinsfuß für Pla-nungsunsicherheit. Offen bleibt dabei, aufgrund welcher inhaltlichen Annah-men und in welcher Höhe diese Zinserhöhung erfolgt. Eine so berücksich-tigte Unsicherheit führt tendenziell zu sinkenden Kapitalwerten. Dahintersteht dasselbe Entscheidungskalkül wie bei der Reduktion der Rückflüsse: ei-ne Investition, welche trotz Erhöhung des Kalkulationszinssatzes noch einenpositiven Kapitalwert aufweist, scheint absolut vorteilhaft zu sein. Die Erhö-hung des Kalkulationszinssatzes führt aufgrund des Zinseszinseffektes jedochzu einer überproportionalen Belastung weiter in der Zukunft liegender Zah-lungsgrößen.

Eine Reduktion der geplanten Nutzungsdauer soll ebenfalls einer gestiegenenUnsicherheit Rechnung tragen. Auch damit lässt sich eine Verringerung desKapitalwertes in Abhängigkeit von der Unsicherheit abbilden.

Korrekturverfahren sind in keiner Weise geeignet, Unsicherheiten von Inves-titionsmaßnahmen zu berücksichtigen. Das gründet in der pauschalen Vorge-hensweise und der mangelnden Transparenz bei der Behandlung der Unsicher-heit und deren Ursachen. Mit den vorgestellten Verfahren werden ausschließ-lich negative Abweichungen, also Risiken im materiellen Sinn, und nicht diedafür die Grundlage bildende Unsicherheit berücksichtigt. Möglicherweise mitunsicheren Zukunftsszenarien verbundene Chancen werden nicht abgebildet,es besteht deshalb die Gefahr, Projekte ungerechtfertigterweise als nicht vor-teilhaft abzulehnen.

7.3.2 Sensitivitätsanalyse

Im Rahmen der Sensitivitätsanalyse werden Zusammenhänge zwischen denangenommenen Parametern der Investition (z. B. Durchsätze, Preise, Nut-zungsdauer) und den ermittelten Wirtschaftlichkeitskriterien aufgezeigt. Da-bei wird die Sensitivität der Bewertungsergebnisse in Bezug auf die ange-nommenen Werte der Parameter ermittelt. Sensitivitätsanalysen sind unterzwei Gesichtspunkten durchführbar:

• Verfahren der kritischen Werte: In welchem Maße dürfen die Parametervon den Planwerten abweichen, ohne dass der Wert des ermittelten Wirt-schaftlichkeitskriteriums einen kritischen Wert über- oder unterschreitet?

• Wie ändert sich der Wert des ermittelten Wirtschaftlichkeitskriteriums(z. B. Kapitalwert), wenn die angenommenen Parameter von den Plan-werten abweichen?

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7.3 Einzelentscheidung unter Unsicherheit 457

Im Rahmen des Verfahrens der kritischen Werte wird analysiert, wie weitdie Werte der als unsicher betrachteten Eingangsgrößen von den zur Bewer-tung verwendeten Werten abweichen dürfen, ohne die Vorteilhaftigkeit derInvestitionsmaßnahme zu gefährden. Die Vorgehensweise ist folgende:

1. Bestimmung des Vorteilhaftigkeitskriteriums und der als unsicher zu be-trachtenden Eingangsgröße.

2. Formulierung der Vorteilhaftigkeitsbestimmungsgleichung unter Berück-sichtigung der unsicheren Determinanten einzelner Einflussgrößen.

3. Auflösung der Gleichung nach der bzw. den ausgewählten Determinanten.

Ein grundlegendes Beispiel zur Bedeutung und Bestimmung kritischer Wertewurde schon bei der Vorstellung der Kostenvergleichsrechnung diskutiert.93Ein weiteres Beispiel für die Bestimmung eines kritischen Wertes ist die schonvorgestellte Ermittlung der dynamischen Amortisationsdauer.94 Die dyna-mische Amortisationsdauer stellt die kritische Nutzungsdauer eines Objektesdar und ergibt sich aus der Umstellung und Auflösung der Kapitalwertglei-chung nach der Nutzungsdauer.

Die andere Variante der Sensitivitätsanalyse variiert einen oder mehrere Ein-gangswerte um einen bestimmten Prozentsatz und stellt fest, um wie vielProzent sich die Zielgröße ändert. Als Beispiel für diese Variante wird eineAnlage mit den folgenden Eingangsdaten betrachtet:

I0 = 400.000 �;Rt = 100.000 �;LN = 50.000 �; i= 10% p.a.;N = 5.

Der Kapitalwert beträgt C0 = 10.124,74 �. Da der kritische Wert der Rück-flüsse 97.329 � beträgt, möchte der Entscheidungsträger klären, wie der Ka-pitalwert auf Änderungen der Eingangsgrößen reagiert. Das Ergebnis der da-zu durchgeführten Sensitivitätsanalyse gibt Abbildung 7.6 wieder. Den größ-ten Einfluss auf den Kapitalwert üben in dem Beispiel die Investitionsauszah-lung, die Rückflüsse und die Nutzungsdauer aus. Einen geringeren Einflussdagegen besitzen der Kalkulationszinssatz und die Liquidationseinzahlung.

93 Vgl. S. 414.94 Vgl. Darstellung auf S. 435.

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458 7 Einzelinvestitionen, Gemeinschaftsinvestitionen und wertorientierte Steuerung

Abbildung 7.6 Ergebnisse der Sensitivitätsanalyse95

Die Sensitivitätsanalyse liefert mit relativ geringem Rechenaufwand wertvolleInformationen über die Struktur der Investition und zeigt mögliche Schwach-stellen auf. Mit diesem Verfahren lassen sich die für das jeweilige Entschei-dungskriterium besonders relevanten Einflussparameter und möglichen Zu-sammenhänge zwischen diesen aufdecken und analysieren. Wechselwirkungenzwischen den Einflussgrößen können jedoch nicht dargestellt werden.

95 Quelle: Eigene Darstellung mit den Eingangsdaten aus dem Text.

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7.3 Einzelentscheidung unter Unsicherheit 459

7.3.3 Risikoanalyse

Die zur Gewinnung von Wahrscheinlichkeitsverteilungen für ein Entschei-dungskriterium eingesetzten Verfahren (analytische oder simulative Metho-den) werden unter dem Begriff Risikoanalyse subsumiert. Auf der Basis vonWahrscheinlichkeitsverteilungen für die Bewertungsparameter wird eine voll-ständige Wahrscheinlichkeitsverteilung für die Ergebnisgröße ermittelt. Dabeiwerden folgende Schritte durchlaufen:

• In der Voruntersuchung müssen ein geeignetes Modell (Investitionsrechen-verfahren) gewählt und die als unsicher betrachteten Parameter definiertwerden.

• Im Anschluss daran werden die notwendigen Wahrscheinlichkeiten ermit-telt und mögliche stochastische Abhängigkeiten zwischen den unsicherenInputparametern abgebildet.

• Als nächstes werden die Eingabedaten entsprechend dem Modell verar-beitet und eine Wahrscheinlichkeitsverteilung für die Zielgröße ermitteltsowie die Ergebnisse interpretiert.

Die Auswahl des Modells erfolgt in der Regel unter Rückgriff auf ein dyna-misches Verfahren, weshalb darauf nicht näher eingegangen wird. Die Verar-beitung der Eingangsdaten ist auf analytischem oder simulativem Weg mög-lich. Die analytischen Ansätze sind aufgrund der restriktiven Annahmen nurbeschränkt verwendbar. Im Rahmen der simulativen Ermittlung wird fürmehrere unterschiedliche, zufallsverteilte Datensätze die Zielgröße ermittelt.Nach einer hinreichend großen Anzahl von Simulationsläufen ergibt sich eineVerteilungsfunktion der Zielfunktionswerte, aus welchem sich das Risikoprofilder Investition ableitet. Zur Durchführung einer Risikoanalyse ist es i. d. R.unerlässlich, auf eine standardisierte Software zurückzugreifen. Die Lage undForm der Verteilungsfunktion ermöglicht Schlussfolgerungen in Bezug auf dieVerteilung und Höhe des Zielfunktionswertes. Zusätzlich sind Aussagen überdie Verlustwahrscheinlichkeit möglich.

Im Folgenden wird das Beispiel aus Abschnitt 7.3.2 wieder aufgegriffen. Diedort verwendeten Eingangsdaten werden nun mit folgenden Zufallsvertei-lungen belegt:

Eingangsparameter VerteilungRt Normalverteilung (100.000; 40.000)LN Dreiecksverteilung (30.000; 50.000; 70.000)N Dreiecksverteilung (4; 5; 6)i Normalverteilung (0,10; 0,03)

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460 7 Einzelinvestitionen, Gemeinschaftsinvestitionen und wertorientierte Steuerung

Das Ergebnis der Risikoanalyse auf Simulationsbasis ist in Abbildung 7.7 dar-gestellt. In dem Beispiel ergibt die Risikoanalyse eine Verlustwahrscheinlich-keit von ca. 48%, einen Mittelwert des Kapitalwertes in Höhe von 11.742,- �sowie eine Standardabweichung von 158.426,- �. Der Graph bildet das ausder unsicheren, zukünftigen Entwicklung der wichtigsten Eingangswerte re-sultierende Risiko ab. Verschiedene Investitionsalternativen können durch dieGegenüberstellung der kumulierten Wahrscheinlichkeiten verglichen werden.

Abbildung 7.7 Ergebnisgraph der Risikoanalyse96

Die Ergebnisse der Risikoanalyse sind dahingehend zu interpretieren, dass auseiner Investitionsalternative, die auf keinen Fall einen negativen Kapitalwertzur Folge hat, kein Risiko resultiert. Diese Alternative ist durchzuführen unddemzufolge absolut vorteilhaft.

Absolute Vorteilhaftigkeit: Beträgt bei einer Investitionsalternative dieWahrscheinlichkeit eines negativen Kapitalwertes Null, ist diese absolut vor-teilhaft.

Um Aussagen über die relative Vorteilhaftigkeit treffen zu können, sindKenntnisse bzw. Annahmen in Bezug auf die Risikoeinstellung des Entschei-dungsträgers erforderlich. Der Vorteil der Risikoanalyse liegt in der simulta-

96 Quelle: Eigene Darstellung mit den Eingangsdaten aus dem Text und bei Verwendungdes Simulationsprogramms @RISK.

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7.3 Einzelentscheidung unter Unsicherheit 461

nen Berücksichtigung unterschiedlicher Wahrscheinlichkeitsverteilungen undderen Aggregation in dem Endergebnis. Damit wird die Bandbreite der zu-künftigen Entwicklungen der Zielgröße abgebildet. Nachteilig bei der Risiko-analyse ist, dass auch die verwendeten Wahrscheinlichkeitsverteilungen derEingangsdaten beschafft bzw. gewonnen werden müssen. Für die Gewinnungdieser Daten auf Basis von Analysen historischer Entwicklungen sind die Da-tenverfügbarkeit und der Auswertungsaufwand zu überprüfen. Darüber hin-aus ist ein entsprechendes Simulationsprogramm erforderlich, was in Großun-ternehmen jedoch häufig zur Verfügung steht.

7.3.4 Entscheidungsbaumverfahren

Ein Verfahren zur Berücksichtigung von endlichen vielen, möglichen Ent-scheidungsalternativen und Handlungsfolgen stellt das Entscheidungs-baumverfahren dar. Das Verfahren besteht aus zwei Hauptbestandteilen: dergrafischen Abbildung der Situation und der Ermittlung der optimalenHandlungsfolge. Eine Grundlage des Verfahrens ist die detaillierte Pro-gnose der zukünftigen Alternativen und der Wahrscheinlichkeiten für denEintritt der Handlungsergebnisse. Mit dem Verfahren wird abgebildet, dassder Akteur zu bestimmten Zeitpunkten eine Entscheidung treffen kann undmuss. Im Anschluss an diese Entscheidung sind prinzipiell mehrere Umwelt-zustände möglich, welche der Akteur nicht beeinflussen kann.97 Der Akteurkann jedoch die Eintrittswahrscheinlichkeiten der Ereignisse angeben.Nach dem Eintritt des jeweiligen Zustands kann der Akteur wiederum eineEntscheidung treffen. Dies erfolgt wiederum vor dem Hintergrund von sichdaran anschließenden Zufallsereignissen. Wird dieser Zusammenhang grafischabgebildet, entsteht ein Diagramm, welches einem Baum ähnelt, woraus dieBezeichnung „Entscheidungsbaumverfahren“ resultiert.98 Die wesentlichenBestandteile des Entscheidungsbaumes sind:99

E - Entscheidungsknoten: Zeitpunkt, zu dem eine Entscheidung getroffenwerden kann/muss

e - Entscheidungskante: eine Kante, welche die zur Verfügung stehenden Ent-scheidungsalternativen repräsentiert

Z - Zufallsknoten: Eintritt des Zufallsereignisses

z - Zufallskante: eine Kante, welche eine Folge des Zufallsereignisses und de-ren Wahrscheinlichkeit repräsentiert

97 Vgl. Laux/Gillenkirch/Schenk-Mathes (2012: 275-276); Bitz (1981: 334-337).98 Vgl. Klein/Scholl (2011: 448).99 Vgl. Götze (2008: 383); Eisenführ/Weber/Langer (2010: 48-49).

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462 7 Einzelinvestitionen, Gemeinschaftsinvestitionen und wertorientierte Steuerung

R - Resultatsknoten: bildet das Resultat des Zufallsereignisses ab

R/E - Resultats-Entscheidungsknoten: kombinierter Knoten aus dem Resul-tat eines Zufallsereignisses und der sich anschließenden Entscheidung

Werden diese Bestandteile zusammengefügt, entsteht der Entscheidungsbaum(vgl. 7.8). Auf diesem basiert der zweite Hauptbestandteil des Verfahrens,die Ermittlung der optimalen Handlungsreihenfolge. Dazu werden in einemersten Schritt alle möglichen Alternativen und Ergebnisse (z. B. Kos-ten, Umsätze, Kapitalwerte oder EVA) ermittelt. Es resultiert eine großeAnzahl an möglichen Ergebnissen. Diese Ergebnisse sind Erwartungswertefür die gewählte Zielgröße unter Berücksichtigung der Zufallsereignisse.

E

R/E R/E R/E R/E

R

Z Z

Z Z Z Z

R R R R R R R

t =

0t

= 1

e e

z z z z

e e e e

z z z z z z z z

t =

2P

erio

de 1

Per

iode

2

Abbildung 7.8 Formalstruktur eines Entscheidungsbaumes100

In einem zweiten Schritt wird - beginnend mit den zeitlich letzten Ent-scheidungsmöglichkeiten - die in der Zukunft relativ vorteilhafte Entschei-dungsalternative ermittelt. Der Entscheidungsträger stellt sich also vor, erbefindet sich in einem zukünftigen Zeitpunkt, z.B. in t = 3, und muss ausden verfügbaren Alternativen die beste auswählen. Ausschließlich diese beste- die relativ vorteilhafte - Alternative wird im weiteren Vorgehen berücksich-tigt.101 Nun stellt sich der Akteur vor, er befindet sich ein Jahr früher in derZukunft, also in t= 2. Aus der Menge der dann noch verbleibenden - in t= 3relativ vorteilhaften - Alternativen wählt er wiederum die relativ vorteilhafteAlternative aus. Dabei wird vorausgesetzt, dass der Akteur risikoneutral sei.Es resultiert die in t = 2 relativ vorteilhafte Alternative. Dieses Verfahrenwird solange fortgesetzt, bis sich der Akteur im Zeitpunkt t= 0 befindet undnur noch eine Alternative verbleibt. Dieses Vorgehen wird auch als roll-back-Verfahren oder rekursives Verfahren bezeichnet und führt schlussendlich100 Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an: Blohm/Lüder/Schaefer (2012: 262);Götze (2008: 384).101 Vgl. Blohm/Lüder/Schaefer (2012: 263).

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7.3 Einzelentscheidung unter Unsicherheit 463

zur besten Alternative und zur optimalen Handlungsreihenfolge.102 Die ge-nerelle Vorgehensweise bei Anwendung des Entscheidungsbaumverfahrens istFolgende:103

1. Bestimmung der Grundstruktur (Alternativen, Zeitpunkte, Handlungs-folgen, Eintrittswahrscheinlichkeiten, Resultate)

2. Festlegung der Zielgröße,

3. Bestimmung der erforderlichen Eingangsdaten,

4. Ermittlung der Erwartungswerte aller Resultatsknoten,

5. Rekursive Bestimmung der optimalen Handlungsfolge.

Im Bereich der Investitionsrechnung wird i. d. R. das Kapitalwertverfahrenals Grundlage des Entscheidungsbaumverfahrens verwendet. Ziel ist es dann,den Erwartungswert der Kapitalwerte zu maximieren.104 Als Beispiel wirddie Installation einer Maschine und ein zweijähriger Planungshorizont be-trachtet. Der Entscheidungsträger verfügt dabei im Zeitpunkt t = 0 überdie Möglichkeit, eine große Anlage (G) oder eine kleine Anlage (K) zu in-stallieren. Die große Anlage erfordert Investitionsauszahlungen in Höhe von50 Tsd. �, die kleine Anlage lediglich 30 Tsd. �. Zum Zeitpunkt t= 1 kannder Akteur die große Anlage verkleinern (GK), die kleine Anlage vergrößern(KG) oder seine in t = 0 getroffene Entscheidung auch für die zweite Pe-riode beibehalten und keine Aktion einleiten (NT ). Die Vergrößerung derkleinen Anlage in t= 1 erfordert nochmals Investitionsauszahlungen in Höhevon 25 Tsd. �. Wird jedoch die große Anlage verkleinert, wird in t= 1 eineLiquidationseinzahlung von 20 Tsd. � erzielt. Gesucht ist die optimale Inves-titionsentscheidung auf Basis des Kapitalwertkriteriums im Zeitpunkt t= 0.Die Höhe der Rückflüsse ist abhängig von der Investitionsentscheidung selbstund von der unsicheren Nachfrageentwicklung. Die Entwicklung der Nachfra-ge wird unterteilt in zwei Kategorien: hohe Nachfrage und geringe Nachfrage.Die kleine Anlage erzielt in jeder dieser Kategorien Rückflüsse von 50 Tsd. �pro Jahr. Die große Anlage erzielt im Fall der geringen Nachfrage ebenfalls50 Tsd. � pro Jahr, im Fall der hohen Nachfrage hingegen werden Rückflüssevon 100 Tsd. � pro Jahr erzielt. Die Wahrscheinlichkeiten, dass eine hoheoder geringe Nachfrage eintritt, sind der Tabelle 7.12 zu entnehmen.

102 Vgl. Bamberg/Coenenberg/Krapp (2012: 239).103 Vgl. Rosenkranz/Missler-Behr (2005: 87-89).104 Vgl. Götze (2008: 385).

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464 7 Einzelinvestitionen, Gemeinschaftsinvestitionen und wertorientierte Steuerung

Tabelle 7.12 Wahrscheinlichkeiten des Beispieles

In der 1. Periode In der 2. Periodeniedrig �(N) = 0,6 niedrig �(N,N) = 0,5

hoch �(N,H) = 0,5hoch �(H) = 0,4 niedrig �(H,N) = 0,2

hoch �(H,H) = 0,8

Die Wahrscheinlichkeiten der 2. Periode sind als bedingte Wahrscheinlichkei-ten zu verstehen. Diese resultieren, wenn in der 1. Periode eine entsprechendeEntwicklung stattgefunden hat. In der Abbildung 7.9 ist die Entscheidungs-situation abgebildet.

E5

50 50 100 50 50 50 100 50 100 50 50 50 100 50 50 50

t = 1t = 2

Periode 1

Periode 2

t = 0

Z Z Z Z Z Z Z Z

R/E1 R/E2 R/E3 R/E4

Z Z

G K

H 0,4 N 0,6 H 0,4 N 0,6

GK NT GK NT KG NT KG NT

H 0,8 N 0,2

H 0,8 N 0,2

H 0,5 N 0,5

H 0,5 N 0,5

H 0,8 N 0,2

H 0,8 N 0,2

H 0,5 N 0,5

H 0,5 N 0,5

Abbildung 7.9 Struktur des Entscheidungsbaum-Beispieles

Im nächsten Schritt werden für den letzten Zeitpunkt zu dem eine Entschei-dung möglich ist - Zeitpunkt t = 1 - die Erwartungswerte der KapitalwerteE[C1] ermittelt. Von den 4 Knoten wird der Resultats- und Entscheidungs-knoten R/E1 detailliert betrachtet. In diesem Knoten muss sich der Akteurzum Zeitpunkt t=1 entscheiden, ob er die große Anlage verkleinert GK oderob er nichts tut NT . Er muss also zwischen den zwei Erwartungswerten derKapitalwerte E1 und E2 entscheiden.

E1[C1;GK ] = 20 + [(0,8 ·50)+(0,2 ·50)] ·1,1−1= 65,46E2[C1;NT ] = [(0,8 ·100)+(0,2 ·50)] ·1,1−1= 81,82

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7.3 Einzelentscheidung unter Unsicherheit 465

Es zeigt sich, dass der Erwartungswert der Alternative „Nichts tun“ im Ent-scheidungsknoten R/E1 größer ist als der Erwartungswert der Alternative„Anlage verkleinern“. Diese Betrachtung wird für die anderen 3 Resultats-und Entscheidungsknoten verwendet, was zu den folgenden Ergebnissenführt:

Knoten R/E2 :E3[C1;GK ] = 20 + [(0,8 ·50)+(0,2 ·50)] ·1,1−1= 65,46E4[C1;NT ] = [(0,5 ·100)+(0,5 ·50)] ·1,1−1= 68,18 ∗

Knoten R/E3 :E5[C1;KG] =− 25 + [(0,8 ·100)+(0,2 ·50)] ·1,1−1= 56,82∗E6[C1;NT ] = [(0,5 ·50)+(0,5 ·50)] ·1,1−1= 45,46

Knoten R/E4 :E7[C1;KG] =− 25 + [(0,5 ·100)+(0,5 ·50)] ·1,1−1= 43,19E8[C1;NT ] = [(0,5 ·50)+(0,5 ·50)] ·1,1−1= 45,46∗

Die mit dem *-Zeichen versehenenWerte stellen die relativ vorteilhaften Wer-te des jeweiligen Knotens dar. Für diese Handlungsalternativen wird sich derrational handelnde Entscheidungsträger in t = 1 entscheiden. In der Aus-gangsdarstellung aus Abbildung 7.9 werden nun die ermittelten Erwartungs-werte der Kapitalwerte eingetragen und die jeweils relativ nicht-vorteilhafteAlternative wird durch Streichung des Entscheidungskantens aus der wei-teren Betrachtung eliminiert (vgl. 7.10). Es verbleibt noch die Frage nachder optimalen Handlungsalternative in t = 0 zu beantworten. Dazu werdendie Erwartungswerte der Kapitalwerte im Knoten E5 unter Verwendung dersoeben ermittelten vorteilhaften Handlungsalternativen wie folgt ermittelt:

E9[C0;G] =−50 + [(0,4 ·100)+(0,6 ·50)] ·1,1−1+[(0,4 ·81,82)+(0,6 ·68,18)] ·1,1−1= 80,58

E10[C0;K ] =−30 + [(0,5 ·50)+(0,5 ·50)] ·1,1−1+[(0,4 ·56,82)+(0,6 ·45,46)] ·1,1−1= 60,65

Der Erwartungswert der großen Anlage E9 ist der größere der beiden undstellt die optimale Investitionsalternative dar. Der Investor sollte also in t=0die große Anlage installieren, um den Erwartungswert des Kapitalwertes zumaximieren. Die unterlegene Alternative wird wiederum durch Streichungder Entscheidungskante eliminiert (vgl. 7.10). Mit diesem Verfahren könnendie Handlungssequenzen detailliert abgebildet werden und eine Entscheidungunter Berücksichtigung von Zufallsereignissen getroffen werden.

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466 7 Einzelinvestitionen, Gemeinschaftsinvestitionen und wertorientierte Steuerung

E

50 50 100 50 50 50 100 50 100 50 50 50 100 50 50 50

t = 1t = 2

Periode 1

Periode 2

t = 0

�1 = 65,46

�2 = 81,82

�3 = 65,64

�4 = 68,18

�5 = 56,82

�6 = 45,46

�7 = 43,19

�8 = 45,46

81,82 68,18 56,82 45,46

�9 = 80,58

�10 = 60,65

G K

H 0,4 N 0,6 H 0,4 N 0,6

GK NT GK NT KG NT KG NT

H 0,8 N 0,2

H 0,8 N 0,2

H 0,5 N 0,5

H 0,5 N 0,5

H 0,8 N 0,2

H 0,8 N 0,2

H 0,5 N 0,5

H 0,5 N 0,5

Abbildung 7.10 Ergebnisse des Entscheidungsbaum-Beispieles

Die Kritik an dem Verfahren kann in den folgenden Punkten zusammenge-fasst werden:105

• die Eintrittswahrscheinlichkeiten müssen bekannt sein,• die Ergebnisse der Handlungsalternativen müssen bekannt sein,• das roll-back Verfahren liefert nur für einen risikoneutralen Akteur undfür den Erwartungswert die optimale Alternative und Vorgehensweise,

• der Abbildungs- und Berechnungsaufwand steigt mit zunehmender Alter-nativenanzahl und mit steigendem Betrachtungszeitraum enorm an, sodass

• die Übersichtlichkeit nur bei wenig komplexen Situationen gewährleistetist.

Die steigende Rechnerleistung und die verbesserten Grafikfähigkeiten derSoft- und Hardware kann diese Nachteile zu einem gewissen Teil jedochreduzieren. Damit lässt sich das Verfahren bei Projekten einsetzen, welchedurch eine lange Dauer, mehrere Entscheidungsstufen und Unsicherheit ge-kennzeichnet sind.

105 Vgl. Blohm/Lüder/Schaefer (2012: 267-268); Bamberg/Coenenberg/Krapp (2012:251).

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7.4 Analyse und Beurteilung von Gemeinschaftsinvestitionen 467

7.4 Analyse und Beurteilung vonGemeinschaftsinvestitionen

7.4.1 Grundlagen von Gemeinschaftsinvestitionen

Eine ganze Reihe von Investitionen werden nicht durch ein einzelnes Unter-nehmen, sondern durch mehrere Unternehmen realisiert. Es resultieren Un-ternehmenskooperationen. Diese Kooperationen können in unterschiedlichenFunktionsbereichen angesiedelt sein (z. B. im Forschungs- und Entwicklungs-bereich, in der Produktion, im Absatz) und in verschiedensten Formen auf-treten, so z. B. strategische Allianzen, Joint-Ventures, Konsortien alsauch strategische Wertschöpfungspartnerschaften. Ein anderes Beispiel sindInfrastrukturprojekte, die durch mehrere kommunale oder private Investorengemeinschaftlich realisiert und genutzt werden (so z. B. Wasser- und Elektri-zitätsversorgung, Straßen, Schienenwege)106. Je größer das Investitionsvolu-men und je langfristiger die Kapitalbindung, umso größer ist tendenziell auchdas Bestreben, eine kooperative Lösung anzustreben.

Kooperationen können allgemein beschrieben werden als freiwillige, vertrag-lich vereinbarte und definierte, längerfristige Zusammenarbeit, welche dieeinmalige Transaktion übersteigt, zwischen rechtlich und ökonomisch selb-ständigen Wirtschaftseinheiten. Umfang und Intensität der Zusammenarbeitist für die weitere Betrachtung von nachrangigem Interesse. Dabei kann essich um vertikale, horizontale oder auch konglomerate Wertschöpfungsstufenhandeln.

Das Fundamentalziel der Erzielung eines Synergiegewinns wird durch die be-teiligten Unternehmen mittels Ableitung und Umsetzung formaler und/odersachlicher Instrumentalziele untersetzt. Zu den am häufigsten angeführtenInstrumentalzielen zählen:107

• Kostenreduktionen,• Erhöhung von Flexibilität,• Qualität und Innovationsfähigkeit,• reduzierte Durchlaufzeiten,• Risikoreduktion,• Marktvorteile.

Diese Ziele werden in einer Kooperation ursächlich mittels Skalen- und/oderVerbundeffekten erreicht. Neben den angestrebten und beabsichtigten Zielen

106 Vgl. Zelewski (2009: 25-28).107 Vgl. Fleischer (1997: 120-121); Rupprecht-Däullary (1994: 32-40).

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468 7 Einzelinvestitionen, Gemeinschaftsinvestitionen und wertorientierte Steuerung

bzw. Effekten müssen die Akteure jedoch auch mit eher unbeabsichtigtenNebenwirkungen und Effekten rechnen, diesen begegnen und ggfs. Abhilfeschaffen. Dazu zählen negative Effekte, wie z. B. Kosten-, Abhängigkeits- oderSchnittstellennachteile.

Mit einer Kooperation wird die Erreichung eines Zieles in einem Maße ange-strebt, welches das der Zielerreichung im Alleingang übersteigt, was auch alsSynergie oder Superadditivität bezeichnet wird. In diesem Zusammen-hang entsteht die Frage nach der Verteilung des erzielten Gemeinschaftsge-winns. Diese Verteilung soll fair in dem Sinne sein, dass eine möglichst sta-bile und langfristige Zusammenarbeit möglich ist. Dieses Verteilungsproblem– auf welches schon seit Langem hingewiesen wurde108 - ist das zentraleProblem einer Kooperation: „Ohne die Lösung dieses Verteilungsproblemsist Kooperation nicht möglich.“109

Zur Lösung dieses Problems bietet sich u. a. die Spieltheorie an. Die Spiel-theorie kann in zwei grundlegende Gebiete unterteilt werden: die nicht ko-operative Spieltheorie - welche auch als strategische Spieltheorie bezeichnetwird - und die kooperative Spieltheorie. Der zweifellos bekanntere Bereich -aus welchem z.B. das Gefangenen-Dilemma stammt - ist die strategischeSpieltheorie, in deren Vordergrund die Frage steht, welche Aktion (Stra-tegie) ein Unternehmen (Spieler) unter Berücksichtigung der möglichen unddem Unternehmen (teilweise) bekannten Handlungsalternativen (Strategie-menge) anderer Unternehmen wählen soll. Dazu ist es erforderlich, einen odermehrere Gegenspieler sowie deren mögliche, zukünftige Handlungsoptionen -teilweise - zu kennen und explizit zu modellieren. Erkenntnisse aus diesemTeil der Spieltheorie haben mittlerweile vielfältige Berücksichtigung in derBetriebswirtschaftslehre gefunden.110

Der andere Teilbereich der Spieltheorie, welcher in der Betriebswirtschafts-lehre eine geringere Aufmerksamkeit erfuhr und erfährt, ist die kooperativeSpieltheorie. Diese beschäftigt sich mit der Frage, wie die in einer Koopera-tion erzielten Ergebnisse aufzuteilen sind. Dazu wird nicht von Unternehmenals einem oder mehreren Gegenspielern ausgegangen, sondern von Unterneh-men als potentiellen Kooperationspartnern. Damit erübrigen sich Annahmenüber die Art der Gegenspieler sowie über deren mögliche Handlungsstrate-gien. Für die hier betrachtete Problematik von Gemeinschaftsinvestitionenist dieser Bereich von besonderem Interesse, weshalb er im Folgenden kurzvorgestellt wird.

108 Vgl. Barnard (1938: 58-61).109 Plaßmann (1974: 124).110 Vgl. Jost (2001); Meyer (2009); Ehrhart/Güth/Berninghaus (2010: 1-8).

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7.4 Analyse und Beurteilung von Gemeinschaftsinvestitionen 469

7.4.2 Eigenschaften kooperativer Spiele

Bei der Modellierung eines kooperativen Spiels wird davon ausgegangen, dassfeste, bindende Abmachungen zwischen den Koalitionären getroffen werdenkönnen und die Koalitionäre ihre Aktionen aufeinander abstimmen können.Die Unternehmen werden als Spieler oder Koalitionäre bezeichnet, welcheKooperationen bilden können, die in diesem Zusammenhang als Koalitio-nen bezeichnet werden.111 Eine Koalition ist ein Zusammenschluss vonUnternehmen, die in diesem Zusammenhang als Koalitionäre bezeichnetwerden, welche ihre Handlungen aufeinander abstimmen, um ein Ergebnisgemeinsam zu erzielen. Die Koalitionäre verhalten sich eigennutzenmaximie-rend, emotionale Komponenten wie Schadenfreude oder Mitleid werden nichtberücksichtigt. Weitere Annahmen über die Charakteristika der Koalitionäre,deren Handlungsmöglichkeiten und Entscheidungsalternativen werden nichtgetroffen. Es ist lediglich zu ermitteln, welche Koalition – also welcher Zu-sammenschluss aus welchen Unternehmen – welches Ergebnis erzielt.

Charakteristisch für die weitere Betrachtung ist die Tatsache, dass der von ei-ner Koalition erwirtschafteteGewinn vollständig transferierbar ist. D. h.der Gewinn kann vollständig an die Mitglieder der Koalition aufgeteilt wer-den, welche zur Erwirtschaftung dieses Gewinns beigetragen haben. Auf dieseWeise werden Transferzahlungen zwischen den Koalitionären möglich, welchein der Spieltheorie als Seitenzahlungen bezeichnet werden.112 Das heißt,der gemeinsam erwirtschaftete Gewinn kann an die Koalitionäre verteilt wer-den.

Definition 1:113 Ein kooperatives n-Personen-Spiel Γ ist das Tupel (N,v),wobei N = {1,2,3...,n} die Menge der Spieler und v die Koalitionsfunktionist.

Wichtig ist dabei nicht nur die Menge aller Spieler N , sondern daneben sindauch alle Teilmengen von N bedeutsam. Eine derartige Teilmenge S ⊆ Nwird als Koalition S bezeichnet, wobei N selbst als große Koalition bezeichnetwird.

Jede Koalition S erwirtschaftet ein bestimmtes Ergebnis und ist demzufolgedurch eine Wertfunktion v(S) gekennzeichnet. Die Funktion v ordnet jederTeilmenge S einen Wert zu, welcher die ökonomische Leistungsfähigkeit dieserKoalition darstellt. Diese Funktion ist die Koalitionsfunktion des Spieles,auch als charakteristische Funktion bezeichnet.

111 Vgl. von Neumann/Morgenstern (1947: 221).112 Vgl. Hiller (2011: 8-9).113 Vgl. von Neumann/Morgenstern (1947: 238); Casajus/Hiller/Wiese (2009: 935).

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470 7 Einzelinvestitionen, Gemeinschaftsinvestitionen und wertorientierte Steuerung

Definition 2:114 Die Koalitionsfunktion v eines kooperativen Spieles Γ (N,v)ordnet jeder Koalition einen Wert zu, so dass gilt: v : S → R ∀ S ∈ 2N undv(∅) = 0.Bei dieser Funktion kann es sich um unterschiedliche Größen handeln, wiez. B. Kostenreduktion, Kapitalwert, EVA. Mit einer Kooperation werden un-terschiedliche Ziele und Zwecke verfolgt. Es gibt also Eigenschaften von Ko-operationen, welche von den Unternehmen angestrebt werden. Diese werdenals wünschenswerte Eigenschaften beschrieben, da diese das Ziel jeder Ko-operation darstellen. Als erste wünschenswerte Eigenschaft ist festzuhalten,dass die Kooperation keine negativen Resultate erzielt.115

Eigenschaft 1 (Nicht-Negativität): Keine Koalition erwirtschaftet ein negati-ves Ergebnis: v(s)≥ 0 ∀ S ⊆N .

Mit einer Kooperation wird angestrebt, dass der Gewinn der Kooperationmindestens genauso groß, wenn nicht noch größer ist, als die Einzelgewinneder teilnehmenden Unternehmen. Diesem Umstand wird mit der Charakterei-genschaft der Superadditivität (Synergie) Rechnung getragen.

Eigenschaft 2 (Superadditivität:)116 Ein Spiel Γ (N,v) ist superadditiv, wenngilt:

v(R∪S)≥ v(R)+ v(S) ∀ R,S ⊆N mit R∩S = ∅

Für die weitere Betrachtung wird von superadditiven Spielen ausgegangen,da dies ja ein wesentlicher Grund für die Bildung von Kooperationen ist.Demzufolge kann v(R∪S)−(v(R)+ v(S))≥ 0 als Synergiegewinn bezeichnetwerden. Die Superadditivität eines kooperativen Spieles ist einleuchtend fürden Fall, dass die zugrundeliegenden Werte positive Erfolgsgrößen wie z. B.Gewinne darstellen. Darüber hinaus ist es jedoch denkbar, dass ausschließ-lich aufwandseitige Größen wie z.B. Kosten betrachtet werden. In diesem Fallführt die Eigenschaft der Subadditivität der Kostenfunktion zu einer Super-additivität der damit verbundenen Kostenreduktionsfunktion, die wiederumals Gewinnfunktion bezeichnet werden kann. Somit ist wiederum ein super-additives Spiel gegeben.117 Voraussetzung ist jedoch, dass die ursprünglichenKostenwerte in die charakteristische Funktion überführt werden, welche dieKostenreduktionen der Kooperationslösung widerspiegelt.

114 Vgl. Zelewski (2009: 80).115 In der charakteristischen Funktion wird die Gesamtklasse der reellen Zahlen als Gel-tungsbereich angegeben, da es u. U. möglich ist, dass Koalitionen ein negatives Ergebniserzielen. Die Eigenschaft der Nicht-Negativität ist deshalb nicht verbindlich, sondernlediglich wünschenswert.116 Vgl. Wiese (2005: 103).117 Vgl. Holler/Illing (2006: 283).

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7.4 Analyse und Beurteilung von Gemeinschaftsinvestitionen 471

Darüber hinaus ist zu fordern, dass der Beitritt eines neuen Spielers derKoalition nicht schadet. Ist diese Forderung erfüllt, liegt ein monotonesSpiel vor.

Eigenschaft 3 (Monotonie):118 Ein Spiel Γ (N,v) ist monoton, wenn:

v(S)≤ v(R) ∀ R,S ⊆N mit S ⊆R.

Weiterhin wünschenswert ist der Umstand, dass die große Koalition ein besse-res Ergebnis erzielt, als jeder Spieler in seiner Einer-Koalition erzielen würde.Ist diese Bedingung erfüllt, liegt ein wesentliches Spiel vor.

Eigenschaft 4 (Wesentlichkeit):119 Ein Spiel Γ (N,v) ist wesentlich, wenn:

v(N)>∑i∈N

v({i})

Als letzte Eigenschaft ist festzuhalten, dass eine zahlenmäßig größere Ko-alition auch ein ökonomisch besseres Ergebnis erzielt. Dies wird durch dieKonvexität ausgedrückt.

Eigenschaft 5 (Konvexität):120 Ein Spiel ist konvex, wenn eine der folgendenBedingungen erfüllt ist:

Für alle Koalitionen R,S ⊆N mit S ⊆R und für alle Spieler i∈N , die wederin S noch in R enthalten sind, gilt:

v(S ∪{i})− v(S)≤ v(R∪{i})− v(R) oder

v(S ∪R)+ v(S∩R)≥ v(R)+ v(S) ∀ R,S ⊆N

7.4.3 Faire Aufteilung von Synergieeffekten

7.4.3.1 Allgemeine Anforderungen an eine Lösung

Die bisher beschriebenen Eigenschaften können aber nicht die wesentlicheFrage beantworten, welche Auszahlung - also welchen Anteil an dem ge-meinsam erwirtschafteten Ergebnis - die einzelnen Spieler erhalten. DieseFrage wird mit dem zweiten wesentlichen Bestandteil der kooperativen Spiel-theorie beantwortet, mit dem Lösungskonzept. Ein Lösungskonzept wird

118 Vgl. Wiese (2005: 105).119 Vgl. Fromen (2004: 86).120 Vgl. Wiese (2005: 106-108); Holler/Illing (2006: 272).

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472 7 Einzelinvestitionen, Gemeinschaftsinvestitionen und wertorientierte Steuerung

auf die Koalitionsfunktion angewandt und definiert die Auszahlungen für dieeinzelnen Unternehmen. Aus diesem Grund ist einer Koalitionsfunktion einAuszahlungsvektor zuzuordnen, welcher die Auszahlungen definiert. Für einund dieselbe Koalitionsfunktion existieren mehrere, unterschiedliche Möglich-keiten der Ergebnisverteilung.Grundlegendes Ziel dieser Lösungskonzepteist die Identifizierung einer fairen Aufteilung. Um eine Lösung zu erhalten,welche von vielen Spielern als fair empfunden wird, werden im Folgendeneinige allgemeingültige Anforderungen formuliert.

Es gibt eine Reihe von Lösungskonzepten für kooperative Spiele mit Seiten-zahlungen, auf welche hier nicht im Detail eingegangen wird. Stattdessenwerden kurz diejenigen Anforderungen rekapituliert, welche prinzipiell an ei-ne Lösung zu stellen sind, damit diese als fair bezeichnet werden und vonden teilnehmenden Unternehmen akzeptiert werden kann.121 Generell wirddavon ausgegangen, dass lediglich diejenigen Lösungskonzepte von den Spie-lern akzeptiert werden und demzufolge durchsetzbar sind, welche den sozialenNormen dieser Spieler entsprechen.122 Schon frühzeitig ist festgestellt wor-den, dass dabei diskriminierende Verteilungen zu vermeiden sind, da diesekeine Basis für langfristige Kooperationen bieten können.123

Eine wesentliche Grundanforderung an eine Lösung des Koalitionsspieles istdie Erfüllung individueller Rationalität. Eine Lösung ist dann individuell ra-tional, wenn mittels dieser nur der Synergiegewinn verteilt wird, welcher aucherwirtschaftet wurde und wenn zusätzlich sichergestellt ist, dass keine denk-bare Koalition durch eine Ein-Unternehmen-Koalition blockiert werden kann.

Anforderung 1 (Individuelle Rationalität):124

a) Es kann nur das verteilt werden, was auch erwirtschaftet wird. Für denAuszahlungsvektor x = (x1,x2,x3, ...,xn) einer Koalition muss deshalb gel-ten:125 ∑

i∈Nxi ≤ v(N)

b) Jeder Spieler erhält mindestens den Wert seiner stand-alone-Koalition. Esmuss gelten: xi ≤ v ({i}) ∀ i ∈N.

Neben der individuellen Rationalität ist kollektive Rationalität (Pareto-Effizienz) zu fordern, d. h. es werden nur Auszahlungen betrachtet, bei denen

121 Vgl. Holler/Illing (2006: 270-276); Krabs (2005: 65-67).122 Vgl. Wild (1967: 708); Wißler (1997: 38). „In this connection we emphasize againthat any game is a model of a possible social or economic organization and any solutionis a possible stable standard of behavior in it.“ von Neumann/Morgenstern (1947: 436).123 Vgl. Plaßmann (1974: 130).124 Vgl. Schichtel (1981: 7-8).125 Zu einer weiterführenden Diskussion individueller Rationalität, welche sich auf dieEigenschaften der einzelnen Akteure bezieht, vgl. Zelewski (2009: 95-100).

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7.4 Analyse und Beurteilung von Gemeinschaftsinvestitionen 473

es nicht möglich ist, einen Spieler besser zu stellen, ohne einen anderen Spielerschlechter zu stellen.

Anforderung 2 (Kollektive Rationalität):126

a) Es kann nur das verteilt werden, was auch erwirtschaftet wird:∑i∈N

xi ≤ v(N)

b) Die große Koalition hat kein Veto-Recht gegenüber kleineren Koalitionen.Es muss deshalb gelten: ∑

i∈Nxi ≥ v(N)

Als Schlussfolgerung wird die kollektive Rationalität ausgedrückt durch:∑i∈N

xi = v(N)

Eine Zuteilung, welche sowohl die Anforderung der individuellen als auch derkollektiven Rationalität erfüllt, wird als Imputation bezeichnet.

Definition 3:127 In einem Spiel Γ = (N,v) wird der Vektor x= (x1,x2, ...,xn)als Imputation bezeichnet, wenn gilt:

a) xi ≤ v ({i})b)∑i∈N

xi = v(N)

Eine Imputation - auch als Zuteilung bezeichnet - regelt die Aufteilung deserzielten Gewinns an die Spieler.128 Bedingung a) fordert, dass der Gesamt-gewinn aufgeteilt wird und stellt die Gruppenrationalität sicher. Bedingungb) besagt, dass jeder Spieler in der Koalition mindestens genau so viel erhält,als wenn er keiner Koalition angehört.

Definition 4: Die Menge aller Imputationen eines kooperativen Spieles Γ =(N,v) wird bezeichnet mit I(N,v).

Als weitere Anforderung ist festzuhalten, dass ein Unternehmen, welches kei-nen Beitrag zu einer Koalition leistet, auch keinen Anteil am Koalitionsge-winn erhält, da die Koalition ohne dieses Unternehmen denselben Gewinn

126 Vgl. Wiese (2005: 144).127 Vgl. Fromen (2004: 93).128 Vgl. von Neumann/Morgenstern (1947: 34).

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474 7 Einzelinvestitionen, Gemeinschaftsinvestitionen und wertorientierte Steuerung

erzielen kann.129 Das Unternehmen trägt nur so viel zum Netzwerkergebnisbei, wie es in einer Einer-Koalition erzielen würde.

Anforderung 3:130 Ein Unternehmen i ∈ N ist dann ein unwesentliches Un-ternehmen, wenn für jede Koalition S ⊆ N mit i �∈ S gilt: v (S ∪{i}) =v(S)+ v ({i}). Für die Auszahlung an dieses Unternehmen gilt: xi = v ({i}) .Die Kooperation mit einem solchen Unternehmen bietet keiner Koalitioneinen Netzwerkgewinn. Weiterhin ist zu fordern, dass zwei Unternehmen,welche einen identischen Beitrag zu dem Netzwerkgewinn leisten, gleich be-handelt werden. Die Auszahlungen an die Spieler hängen demzufolge aus-schließlich von ihren Beiträgen zur Koalition und nicht von anderen Faktoren(z. B. Herkunft oder Name) ab.131

Anforderung 4 (Gleichbehandlung): Für die Auszahlungen xi und xj an diezwei Unternehmen i und j, für welche gilt: v (S∪{i}) = v (S ∪{j})∀ S ⊆ Nmit i,j �∈ S muss gelten: xi = xj .

Nun wird versucht, diejenigen Auszahlungen zu finden, welche keinen Anreizbieten, die Koalition zu verlassen. Das heißt, es gibt keine andere Zuteilung,welche besser ist. Dies wird als Dominanz bezeichnet.

Definition 5:132 Die Zuteilung x dominiert die Zuteilung y bezüglich der Ko-alition S, wenn es eine nicht-leere Koalition gibt, für die gilt:

a) xi ≥ yi ∀ i ∈ S und für mindestens ein i ∈ S gilt: xi > yi

sowie

b)∑i∈S

xi ≤ v(S)

Die Menge der Imputationen, welche nicht dominiert werden, wird als Kerneines Spiels C(N,v) bezeichnet. Diese Imputationen werden durch keine an-deren Auszahlungsvektoren dominiert.133

Definition 6:134

Der Kern des Spiels C(N,v) besteht aus der Menge der Imputationen

x, für welche gilt: C(N,v) ={x :∑i∈S

xi ≥ v(S) ∀ S ⊆N

}

Der Kern besteht aus Auszahlungsvektoren, die:

129 Vgl. Branzei/Dimitrov/Tijs (2005: 9).130 Vgl. Wiese (2005: 201).131 Vgl. Fiestras-Janeiro/García-Jurado/Mosquera (2011: 4); Wiese (2005: 206-207).132 Vgl. Holler/Illing (2006: 275).133 Vgl. Murnighan (1985: 7).134 Vgl. Fromen (2004: 98-99); Bamberg/Coenenberg/Krapp (2012: 202-203).

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7.4 Analyse und Beurteilung von Gemeinschaftsinvestitionen 475

• individuell rational,• kollektiv rational und• durch keine - nicht-große - Koalition blockierbar

sind. Der Kern eines Spiels gibt eine Menge an Auszahlungen an, liefert jedochkeinen exakten Aufteilungsvorschlag. Diese Menge kann:

• sehr groß, aber auch• leer

sein.

Der Kern einer bestimmten Art von Spielen - der konvexen Spiele - ist niemalsleer.135

Ausgehend von der beschriebenen grundsätzlichen Vermutung über die Sta-bilität einer Lösung und diesen Anforderungen ist eine Reihe von Konzeptenzu einer derartig als fair zu bezeichnenden Aufteilung von Synergiegewinnenentstanden.136 Im folgenden Abschnitt werden drei Lösungskonzepte vorge-stellt.

7.4.3.2 Shapley-Wert

Dieses Lösungskonzept ist das älteste der hier vorgestellten Konzepte undwurde 1953 von Lloyd S. Shapley entwickelt.137 Der Grundgedanke ist:Jeder Spieler erhält einen Gewinnanteil, der von seinen Beiträgen zu den prin-zipiell möglichen - also allen denkbaren - Koalitionen abhängt. Der Beitragdes Unternehmens besteht in der Wertsteigerung, die es durch die Teilnahmean der Koalition bewirkt. Dies wird als marginaler Beitrag bezeichnet.

Definition 7:138 Der marginale Beitrag mbi;S des Spielers i für die KoalitionS wird ermittelt durch:

mbi;S = v(S)− v (S\{i})

Dieser marginale Beitrag wird für unterschiedliche Koalitionen einen unter-schiedlichen Wert aufweisen. Zur Ermittlung des Gewinnanteils werden alle135 Vgl. Holler/Illing (2006: 280-284).136 Vgl. Fromen (2004: 95-138); Curiel (1997: 2-15); Güth (1999: 222-245).137 Vgl. Shapley (1953). Im Jahr 2012 erhielt Lloyd S. Shapley zusammen mit Al-vin E. Roth den Preis für Wirtschaftswissenschaften der schwedischen Reichsbank imGedenken an Alfred Nobel, der umgangssprachlich auch als „Wirtschaftsnobelpreis“bezeichnet wird.138 Vgl. Strangmeier/Fiedler (2011: 36).

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476 7 Einzelinvestitionen, Gemeinschaftsinvestitionen und wertorientierte Steuerung

möglichen Reihenfolgen, mittels derer die Koalitionen unter Teilnahmedes Unternehmens i gebildet werden, festgestellt und für jede dieser Reihen-folgen der marginale Beitrag des Unternehmens i ermittelt. Es existieren n!Reihenfolgen, in denen die einzelnen Spieler der Koalition beitreten können.

Weiterhin wird angenommen, dass alle Reihenfolgen gleich wahrscheinlichsind. Der so gebildete gewichtete marginale Beitrag des UnternehmensWi(v) wird als Shapley-Wert bezeichnet.139

Definition 8: Für ein kooperatives Spiel Γ (N,v) lässt sich der Shapley-WertWi(v) für alle i ∈N wie folgt bestimmen:140

Wi(v) =∑

i∈S;S⊆N

(|S|−1)! (n−|S|)!n! [v(S)− v(S\{i})]

Für jedes konvexe Spiel befindet sich der Shapley-Wert im nicht leerenKern.141 Zur Veranschaulichung sei folgendes Beispiel betrachtet: 3 Unter-nehmen können ein Investitionsprojekt allein, in 2-er-Koalitionen oder zudritt realisieren. Die jeweiligen Kapitalwerte ergeben sich aus der Tabelle7.13.

Tabelle 7.13 Charakteristische Funktion des (Bei)Spieles (Angaben in Tsd.�)142

S {∅} {A} {B} {C} {A,B} {A,C} {B,C} {A,B,C}v (S) 0 200 200 200 700 500 500 1200

Es stellt sich die Frage, wie der Wert der großen Koalition aufzuteilen ist.Eine einfache Lösung wäre eine Gleichverteilung, so dass jedes Unterneh-men 400 Tsd. � erhält. Für diesen Fall werden sich die Unternehmen Aund B fragen, warum sie dem Unternehmen C zu einem derart hohen An-teil verhelfen sollten. Das Unternehmen C erhält in der stand-alone-Koalition200 Tsd. � und in jeder 2-er-Koalition 250 Tsd. �. Das betrachtete Spielist konvex, da die Eigenschaft 5 für alle Koalitionen erfüllt ist.

Der Shapley-Wert für das Unternehmen A resultiert aus Definition 8 mit:

WA(v) =13 200+

16 500+

16 300+

13 700

WA(v) =13003

139 Vgl. Shapley (1953: 311).140 Vgl. Fiestras-Janeiro/García-Jurado/Mosquera (2011: 5); Schichtel (1981: 18).141 Vgl. Moulin (1988: 112-113).142 Quelle: Eigene Darstellung.

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7.4 Analyse und Beurteilung von Gemeinschaftsinvestitionen 477

Der Shapley-Wert von Unternehmen B ist gemäß Definition 8 identisch mitdem Anteil des Unternehmens A, weshalb folgt:

WB(v) =13003

Der Shapley-Wert für das Unternehmen C resultiert aus Definition 8 mit:

WC(v) =13 200+

16 300+

16 300+

13 700

WC(v) =10003

„Der Shapley-Wert kann auch als Richtschnur für „schiedsgerichtliche Ent-scheidungen“ benützt werden.“143 Es ist das bekannteste Lösungskonzept undwurde schon mehrfach zur Verteilung von Kosten144 oder Gewinnen145 vonUnternehmenskooperationen herangezogen.146 Zu kritisieren ist:

• die Annahme der gleich wahrscheinlichen Bildung der Koalitionen sowie• der Fakt, dass jede der prinzipiell möglichen Koalitionen berücksichtigtwird.

7.4.3.3 Nucleolus

Der Nucleolus wurde 1969 von Schmeidler entwickelt. Die Argumenta-tion des Nucleolus basiert auf folgendem Gedankenspiel: Zum Zweck dergerechten Aufteilung soll ein unabhängiger „Schlichter“ entsprechende Vor-schläge unterbreiten. Ziel ist es, den Gewinn der großen Koalition so zuverteilen, dass kein Spieler benachteiligt wird. Wenn ein Spieler durchdie Aufteilung benachteiligt würde, hätte er die Möglichkeit, die große Koali-tion zu verlassen. Dann würde der Spieler eine Außenseiterkoalition bilden,in welcher er zwar weniger erwirtschaften würde als in der großen Koaliti-on, diesen Gewinn jedoch auch mit weniger Koalitionären teilen müsste bzw.im Fall der stand-alone-Lösung gar nicht teilen müsste. Genau das soll der„Schlichter“ verhindern. Um über das Maß der Benachteiligung der Spieler

143 Reichardt (1969: 286), Hervorhebungen im Original.144 Vgl. Elsenbast (2000); Littlechild/Owen (1973); Hamlen/Hamlen/Tschirhart (1980);Petrosjan/Zaccour (2003); Stamtsis/Erlich (2004).145 Vgl. Bartholdi/Kemahhoglu-Ziya (2005); Chen/Zhang/Wang (2007); Fischer (2008:170-174).146 Zu einer umfassenden Diskussion vgl. Zelewski (2009: 43-53).

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478 7 Einzelinvestitionen, Gemeinschaftsinvestitionen und wertorientierte Steuerung

zu entscheiden, wird der sog. Koalitionsüberschuss herangezogen. Der Begriffdes Koalitionsüberschusses spielt in diesem Konzept die zentrale Rolle.147

Definition 9:148 In einem kooperativen Spiel Γ (N,v) wird der Überschusseiner Koalition S ⊆ N in Bezug auf einen Auszahlungsvektor x ∈ I(N,v)definiert durch:

e(S,x) = v(S)−∑i∈S

xi

Der Überschuss e(S,x) stellt demnach die Differenz zwischen dem Koalitions-wert und der Auszahlung an diese Koalition dar. Eine Koalition ist bezüglicheines Auszahlungsvektors x umso schlechter gestellt, je größer der Koalitions-überschuss e(S,x) ist. Deshalb wird der Koalitionsüberschuss auch als „Maßder Unzufriedenheit“ der Koalition S bezüglich des Auszahlungsvektors xinterpretiert.149

Die Vorgehensweise besteht nun darin, dass der „Schlichter“ einen Auszah-lungsvorschlag unterbreitet, für den im Anschluss das Maß der Unzufrieden-heit aller Koalitionen ermittelt wird, ausgedrückt durch den Vektor der Ko-alitionsüberschüsse.150 Im nächsten Schritt wird der „Schlichter“ versuchen,diese Unzufriedenheit zu reduzieren, indem er einen neuen Vorschlag unter-breitet. Dieses Vorgehen wird so lange fortgesetzt, bis es keinen „besseren“Vorschlag mehr gibt. Es wird versucht, den Vektor der Überschüsse zu mini-mieren. Dazu wird der Vektor der Überschüsse geordnet, beginnend mit demhöchsten Wert - also der größten Unzufriedenheit. Für den Überschuss einerKoalitionspartei Si in Bezug auf den Auszahlungsvektor x wird formuliert:e(Si,x) = θi(x).

Definition 10:151 Der Vektor der - in absteigender Reihenfolge - geordnetenKoalitionsüberschüsse Θ(x) ist definiert durch:

Θ(x) = (θ1(x);θ2(x);θ3(x); ....;θ2n (x))

mitθi(x)≥ θj(x) wobei 1≤ i≤ j ≤ 2n

147 Der Begriff der Überschusses scheint auf einen positiven Umstand hinzudeuten, wieandere Begriffe in der Betriebswirtschaftslehre vermuten lassen, so z. B. Jahresüber-schuss, Einzahlungsüberschuss. An dieser Stelle ist jedoch genau das Gegenteil gemeint.Im Prinzip wird ein Defizit ermittelt, welches durch die Differenz zwischen Koalitions-wert und Koalitionsauszahlung bestimmt wird.148 Vgl. Schmeidler (1969: 1163).149 Vgl. Schichtel (1981: 14).150 Vgl. Fischer (2008: 68).151 Vgl. Driessen (1988: 38); Schichtel (1981: 15).

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7.4 Analyse und Beurteilung von Gemeinschaftsinvestitionen 479

Ziel ist die Minimierung aller Koalitionsüberschüsse. Der Überschuss dergroßen Koalition nimmt den Wert von 0, da:

e(N,x) = v(N)−∑i∈N

xi = v(N)− v(N) = 0

Dasselbe gilt für die Nullkoalition ∅. Der Vektor der Überschüsse der Spie-lermenge N = {1,2,3...,n} besteht für die übrigen Koalitionen deshalb aus2n−2 Komponenten.152 Der „Schlichter“ schlägt mehrere Vektoren vor, wel-che miteinander zu vergleichen sind. Für diesen Vergleich wird das Konzeptder lexikografischen Ordnung herangezogen.

Definition 11:153 Ein Vektor Θ(y) ist lexikografisch kleiner als der VektorΘ(x), falls es eine Indexzahl m gibt, so dass gilt:

a) θi(x) = θi(y) ∀ 1≤ i < m

sowieb) θm(x)< θm(y)

In diesem Fall gilt: Θ(x) <L Θ(y)

Das Schlichter-Verfahren wird solange fortgesetzt, bis es keine Auszahlungmehr gibt, welche den Vektor der geordneten Überschüsse weiter minimiert.Die dann gefundene Lösung ist der Nucleolus.

Definition 12:154

Der Nucleolus nuc(N,v) eines Spieles ist die Menge allerImputationen x, die Θ(x) lexikografisch minimieren. Es gilt:

nuc(N,v) = {x ∈ I(N,v)|Θ(x) ≤L Θ(y) ∀y ∈ I(N,v)}

Zur Veranschaulichung wird das Beispiel aus Tabelle 7.13 aufgegriffen. Eswird angenommen, der Schlichter beginnt mit dem Lösungsvorschlag derGleichverteilung. Demzufolge ist x1(400;400;400). Die weiteren Schritte, Zwi-schenergebnisse und das Endergebnis sind in der Tabelle 7.14 zu sehen.

152 Vgl. Fromen (2004: 123).153 Vgl. Holler/Illing (2006: 301).154 Vgl. Fiestras-Janeiro/García-Jurado/Mosquera (2011: 6); Driessen (1988: 38).

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480 7 Einzelinvestitionen, Gemeinschaftsinvestitionen und wertorientierte Steuerung

Tabelle7.14

Erm

ittlung

desNucleolus

fürdas(B

ei)Spiel

S{A

}{B

}{C

}{A

,B}

{A,C

}{B

,C}

v(S)

200

200

200

700

500

500

e(S,x)

200−

xA

200−

xB

200−

xC

700−

(xA+xB)

500−

(xA+xC)

500−

(xB+xC)

1.Schritt:V

orschlag:x

1(400;400;400)

e(S,x

1)=θ(x

1)−2

00−2

00−2

00−1

00−3

00−3

00Resultat:Ve

ktor

dergeordn

eten

Überschüsse:Θ

(x1)

=(−

100;

−200;−

200;

−200;−

300;

−300).

Fazit:Koalition

{A,B

}ist

amun

zufriedensten.

Schlussfolgerung:A

nteild

erKoalition

{A,B

}im

2.Schritt

erhöhen.

2.Schritt:V

orschlag:x

2(450;450;300)

e(S,x

2)=θ(x

2)−2

50−2

50−1

00−2

00−2

50−2

50Resultat:Ve

ktor

dergeordn

eten

Überschüsse:Θ

(x2)

=(−

100;

−200;−

250;

−250;−

250;

−250).

Vergleichderbeiden

Vektoren:V

ektorΘ(x

2)istlexikografischkleineralsVe

ktor

Θ(x

1).E

skann

form

uliert

werden:

Θ(x

2)<LΘ(x

1).

Fazit:Der

2.Schritt

ging

indieric

htigeRichtun

g,jedo

chistjetztKoalitionär

{C}a

mun

zufriedensten.

Schlussfolgerung:A

nteild

esKoalitionärs

{C}i

m3.

Schritt

erhöhen.

3.Schritt:V

orschlag:x

3(420;420;360)

e(S,x

3)=θ(x

3)−2

20−2

20−1

60−1

40−2

80−2

80Resultat:Ve

ktor

dergeordn

eten

Überschüsse:Θ

(x3)

=(−

140;

−160;−

220;

−220;−

280;

−280).

Vergleichderbeiden

Vektoren:V

ektorΘ(x

3)istlexikografischkleineralsVe

ktor

Θ(x

2).E

skann

form

uliert

werden:

Θ(x

3)<LΘ(x

2).

Fazit:Der

3.Schritt

ging

indieric

htigeRichtun

g,jedo

chistjetztKoalition

{A,B

}wiederam

unzufriedensten.

Schlussfolgerung:A

nteild

erKoalition

{A,B

}im

4.Schritt

erhöhen.

4.Schritt:V

orschlag:x

4(425;425;350)

e(S,x

4)=θ(x

4)−2

25−2

25−1

50−1

50−2

75−2

75Resultat:Ve

ktor

dergeordn

eten

Überschüsse:Θ

(x4)

=(−

150;

−150;−

225;

−225;−

275;

−275).

Vergleichderbeiden

Vektoren:V

ektorΘ(x

4)istlexikografischkleineralsVe

ktor

Θ(x

3).E

skann

form

uliert

werden:

Θ(x

4)<LΘ(x

3).

Fazit:Der

4.Schritt

stelltfürdieses

Beispield

enletztenSchritt

dar.Eineweitere

Verbesserung

imSinn

edesNucleolus

istnichtmöglich.

Schlussfolgerung:N

ucleolus:(425;425;350)

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7.4 Analyse und Beurteilung von Gemeinschaftsinvestitionen 481

Der Nucleolus ergibt sich aus dieser Tabelle mit:

nuc(N,v) = (425;425;350)

Dieser Wert kann durch keine alternative Zuteilung verbessert werden. DieseZuteilung bietet also den lexikografisch kleinsten Vektor der geordneten Über-schüsse. Zum Vergleich wird der Vektor der geordneten Überschüsse herange-zogen, der bei Verwendung der zuvor ermittelten Shapley-Werte resultierenwürde. Dies ist xShapley = (433 13 ;433

13 ;333

13 ). Der Vektor der geordneten

Überschüsse resultiert mit:

Θ(xShapley) = (−133 13 ;−166 23 ;−233 13 ;−233 13 ;−266 23 ;−266 23 ).Im Vergleich mit Θ(x4) muss geschlussfolgert werden:

Θ(xShapley)>L Θ(x4).

Somit stellen die Shapley-Werte keine Verbesserung im Vergleich zu x4 imSinne des Nucleolus dar.

Der Nucleolus wurde ebenfalls schon mehrfach zur Analyse von Gemein-schaftsinvestitionen herangezogen,155 oder zur Kostenaufteilung von gemein-sam genutzten Ressourcen.156 Aufgrund der relativ komplizierten Vorgehens-weise ist er jedoch nicht so verbreitet, wie der Shapley-Wert.

7.4.3.4 Tijs-Wert

Ansetzend an der Kritik des Shapley-Wertes157 wurde schon vor längererZeit das Konzept des Tijs-Wertes entwickelt, welcher alternativ häufiger alsτ -Wert bezeichnet wird.158 Dieses Konzept zeichnet sich dadurch aus, dasses auf Basis der sachlogischen Verhandlungssituation entwickelt wird, welchesich den Kooperationsunternehmen darstellt. Bei diesem Konzept werden ineinem ersten Schritt eine Ober- und eine Untergrenze festgelegt.

Als obere Grenze wird der Vektor der Grenzbeiträge der einzelnen Unterneh-men zu der großen Koalition ermittelt. Der Grenzbeitrag eines Unternehmensi ist die Differenz zwischen dem Wert, welchen die große Koalition erreichenkann; und dem Wert, welchen diese Koalition ohne das Unternehmen i er-zielen kann. Diese Differenz stellt die obere Grenze für die Auszahlung andas Unternehmen i dar. Dem Unternehmen wird keine höhere Auszahlung

155 Vgl. Stamtsis/Erlich (2004); Bhakar et al. (2010); Songhuai et al. (2006); Tsukamo-to/Iyoda (1996); Massol/Tchung-Ming (2010).156 Vgl. Littlechild/Thompson (1977); Fischer (2008: 70).157 Vgl. S. 477.158 Vgl. Tijs (1981); Driessen/Tijs (1982).

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482 7 Einzelinvestitionen, Gemeinschaftsinvestitionen und wertorientierte Steuerung

gewährt als der Wert, welchen es durch seine Teilnahme zu der großen Ko-alition beiträgt.159

Definition 13:160 In einem kooperativen Spiel Γ (N,v) wird der Obervektor bwie folgt definiert:

bi = v(N)− v (N\{i})∀ i ∈N.

Die i-te Koordinate bi dieses Obervektors ist der marginale Beitrag des Un-ternehmens i in Bezug auf die große Koalition. Dieser Vektor wird auch alsUtopia-Vektor bezeichnet.161

Zur Ermittlung der unteren Grenze wird folgende Überlegung verwendet: imFall, dass sich das Unternehmen i nicht an der großen Koalition beteiligt,besteht die Möglichkeit, dass i sich an einer anderen Koalition – der sog. Au-ßenseiterkoalition S – beteiligt bzw. diese bildet. Das Unternehmen i erhält indieser Konstellation mindestens denjenigen Betrag, mit dem es durch Grün-dung wenigstens einer Außenseiterkoalition glaubhaft zu drohen vermag. Umjedoch andere Unternehmen für die Außenseiterkoalition zu gewinnen, mussdas Unternehmen i diesen Mitgliedern jeweils mindestens denjenigen Betragbieten, den diese in der großen Koalition bestenfalls erzielen könnten. Dernach diesen Seitenzahlungen resultierende Betrag verbleibt dem Unterneh-men i und stellt die Untergrenze – auch als Drohpunkt oder Konzessions-grenze bezeichnet – dar. Das Unternehmen i strebt nun rationalerweise dieKoalition an, bei welcher diese Differenz maximal ist.

Definition 14:162 In einem n-Personen-Spiel Γ (N,v) wird der Unter-Vektor awie folgt definiert:

ai = maxS⊆N :i∈S

⎧⎨⎩v(S)−

∑j∈S\{i}

bj

⎫⎬⎭∀i ∈N.

Eine Anforderung an eine Imputation resultiert aus dem Umstand, dass füralle Unternehmen die Komponenten ai nicht größer sein dürfen als die Kom-ponenten bi. Wenn eine Imputation zwischen diesen beiden Vektoren liegensoll, muss als weitere Bedingung gelten, dass die Summe der ai den Syner-giegewinn nicht überschreiten, während die Summe der bi diesen Wert nichtunterschreiten darf. Spiele, welche diese beiden Forderungen erfüllen, werdenals quasi-balanciert bezeichnet.163

159 Vgl. Fischer (2008: 74-75).160 Vgl. Tijs (1981: 1); Driessen (1988: 57).161 Vgl. Strangmeier/Fiedler (2011: 39).162 Vgl. Fromen (2004: 130); Driessen/Tijs (1982: 3).163 Vgl. Branzei/Dimitrov/Tijs (2005: 29); Bilbao (2000: 6).

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7.4 Analyse und Beurteilung von Gemeinschaftsinvestitionen 483

Eigenschaft 6:164 Ein n-Personen-Spiel Γ (N,v) ist quasi-balanciert, wenn:

ai ≤ bi ∀ i ∈N sowie∑i∈N

ai ≤ v(N)≤∑i∈N

bi.

Für quasi-balancierte Spiele existiert eine eindeutig bestimmte Imputation,welche zwischen dem oberen und dem unteren Vektor liegt und als τ -Wertbezeichnet wird.165

Definition 15:166 Der τ -Wert eines quasi-balancierten Spieles Γ (N,v) ist de-finiert durch

τ = a+λ(b−a), wobei :λ= 0, wenn a= b, ansonsten :

λ=

v(N)−∑i∈N

ai∑i∈N

bi−∑i∈N

ai

Dieser Wert ordnet jedem Unternehmen seinen Gewinnbeitrag entsprechendder dargestellten Argumentation zu.

Zum Abschluss soll wiederum das Eingangsbeispiel aus Tabelle 7.13 auf S.476 betrachtet werden.

Der Obervektor b resultiert aus Definition 13 mit:

b =

⎛⎝bAbBbC

⎞⎠=

⎛⎝v (A,B,C)− v (B,C)v (A,B,C)− v (A,C)v (A,B,C)− v (A,B)

⎞⎠=

⎛⎝700700500

⎞⎠

Der Untervektor a resultiert aus Definition 14 mit:

a =

⎛⎝max(v(A);v(A,B)− bB ;v(A,C)− bC);v(A,B,C)− (bB + bC))max(v(B);v(A,B)− bA;v(B,C)− bC);v(A,B,C)− (bA+ bC))max(v(C);v(A,C)− bA;v(B,C)− bB);v(A,B,C)− (bA+ bB))

⎞⎠

a =

⎛⎝aAaBaC

⎞⎠=

⎛⎝200200200

⎞⎠

164 Vgl. Curiel (1997: 13).165 Vgl. Tijs (1986: 4) sowie zu einem Beweis der Existenz des τ -Wertes vgl. Tijs (1981:5-8); Tijs (1986: 5-7).166 Vgl. Tijs (1981: 1); Zelewski (2009: 147-150).

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484 7 Einzelinvestitionen, Gemeinschaftsinvestitionen und wertorientierte Steuerung

Definition 15 liefert den Wert für λ mit:

λ= 1.200−6001.900−600 =613

Mit diesem Wert und den ermittelten Werten für die Vektoren a und b sowiemit Definition 15 resultiert der τ -Vektor mit:

τ =

⎛⎝200200200

⎞⎠+ 6

13

⎛⎝500500300

⎞⎠=

⎛⎜⎜⎜⎜⎜⎜⎜⎜⎜⎜⎝

560013

560013

440013

⎞⎟⎟⎟⎟⎟⎟⎟⎟⎟⎟⎠

Auch für den τ -Wert lässt sich die Effizienz der Zuteilung im Vergleich zumNucleolus prüfen. Dazu wird der Vektor der geordneten Überschüsse ermit-telt, der bei Verwendung der Zuteilung entsprechend dem τ -Wert resultiert.Es folgt:167

Θ(xτ ) = (−138 613;−1602013;−230

1013;−230

1013;−268

1613;−268

1613)

Der zuvor ermittelte Vektor168 der geordneten Überschüsse des Nucleolusresultierte mit:

Θ(x4) = (−150;−150;−225;−225;−275;−275).

Durch den Vergleich der beiden Vektoren kann festgestellt werden:

Θ(x4)<L Θ(xτ ).

Demzufolge ist auch die Zuteilung nach dem τ -Wert keine Verbesserung imSinne des Nucleolus. Zusammenfassend sind die Anteile für die Unterneh-men in Abhängigkeit von dem Lösungskonzept in der Tabelle 7.15 dargestellt.

167 Vgl. Definition 10 auf S. 478.168 Vgl. Tabelle 7.14 auf S. 480.

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7.4 Analyse und Beurteilung von Gemeinschaftsinvestitionen 485

Tabelle 7.15 Zusammenfassende Darstellung der Ergebnisse (Angaben in Tsd.�)169

������������Lösungs-konzept

Zuteilung fürUnternehmen A B C

Shapley-Wert 13003 = 43313

13003 = 43313

10003 = 33313

Nucleolus 425 425 350

τ -Wert 560013 = 4301013

560013 = 4301013

440013 = 338 6

13

7.4.4 Kritische Würdigung

Mittels der vorstehend beschriebenen Konzepte kann für gemeinschaftlich ge-tätigte Investitionen darüber entschieden werden, wie die gemeinsam erzieltenEffekte fair aufgeteilt werden können. Die Ableitung des prinzipiellen Lö-sungskonzeptes der kooperativen Spieltheorie verdeutlichte, dass diesem dieForderungen nach individueller und nach kollektiver Rationalität zugrundeliegen. Diese Forderungen werden durch die unterschiedlichen Lösungskon-zepte derart spezifiziert, dass eine faire Gewinnaufteilung resultiert. Mit demZiel der Erfüllung des Fairnesskriteriums wird für die Stabilität der Koope-ration gesorgt. Die Lösungskonzepte der kooperativen Spieltheorie könnenzur Beurteilung der Vorteilhaftigkeit von Kooperationen verwendet werden.Die Bildung einer Kooperation ist nur dann vorteilhaft, wenn der Wert desAnteils des Unternehmens an dem Synergiegewinn den Grundsätzen der Lö-sungskonzepte bzw. dem Wert eines der Lösungskonzepte kooperativer Spieleentspricht.

Die kooperative Spieltheorie lenkt den Blick weg von einer durch Gegenspielergekennzeichneten Situation. Zu kritisieren sind die verwendeten Annahmen.Die Annahme, dass die Unternehmen die Kooperationsgewinne der jeweili-gen Koalitionsvarianten zu Beginn der Kooperation kennen, setzt vollständi-ges Wissen über die Zukunft und Sicherheit über die entsprechenden Datenvoraus.

Des Weiteren ist die Annahme zu kritisieren, dass die beteiligten Unterneh-men verbindliche Abmachungen treffen, welche auch eingehalten werden, so-wie die Annahme der Möglichkeit von Seitenzahlungen zwischen den betei-ligten Unternehmen. Die erste dieser Annahmen kann durch die Interpretati-169 Quelle: Eigene Darstellung. Es sei hier angemerkt, dass alle 3 Lösungen im Kernliegen.

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486 7 Einzelinvestitionen, Gemeinschaftsinvestitionen und wertorientierte Steuerung

on dieser Abmachungen als Kooperationsvereinbarung gerechtfertigt werden,welche durchaus als realistisch angesehen werden kann. Problematischer er-scheint die Annahme bzw. Umsetzung von Seitenzahlungen der Kooperati-onspartner. Es muss sichergestellt werden, dass die gesamten Synergiegewinneoffengelegt werden, d. h. jeder Koalitionär muss diese kennen und preisgeben.Zusätzlich ist zu gewährleisten, dass dieser Gewinn auch eingezogen und ent-sprechend des jeweiligen Lösungskonzeptes verteilt wird.

7.5 Wertorientierte Steuerung

7.5.1 Grundlagen wertorientierterUnternehmensführung

Wertorientierte Steuerungskonzepte (value based management) haben sichin den letzten drei Dekaden in der betriebswirtschaftlichen Praxis verbreitetund sind heutzutage in vielen Unternehmen auch in Deutschland Standardgeworden.170 Es muss an dieser Stelle erwähnt werden, dass diese Konzeptenicht unumstritten sind. Auf diese Diskussion wird hier nicht eingegangen,sondern stattdessen auf die Literatur verwiesen.171 Das folgende Kapitel dientzwei Zwecken: Einerseits werden die Ausführungen zur erfolgswirtschaftli-chen Analyse vervollständigt.172 Andererseits wird mit den wertorientier-ten Konzepten der Bezug zur Unternehmenspraxis vertieft und es wird deut-lich gemacht, wie wichtig ein Grundverständnis der investitionstheoretischenZusammenhänge ist.

Die Grundidee wertorientierter Unternehmensführung ist Folgende: Sinn undoberstes Formalziel unternehmerischer Tätigkeit ist die Erzielung eines Ein-kommens für den/die Eigentümer des Unternehmens.173 Da der Eigentümerder Eigenkapitalgeber ist, bedeutet dies:

Primäres Ziel unternehmerischer Tätigkeit ist die Erwirtschaf-tung eines Gewinns für den Eigenkapitalgeber, welcher über die

Kapitalkosten hinausgeht!

170 Vgl. Baum/Coenenberg/Günther (2007: 273-277); Schweickart/Töpfer (2006).171 Vgl. Ballwieser (2011: 194-198); Schneider (1998); Schneider (2001b).172 Vgl. Kapitel 5.4.2 auf S. 306.173 Vgl. dazu die Diskussion des Gewinnbegriffes auf S. 39.

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7.5 Wertorientierte Steuerung 487

Der Gewinn, welcher in diesem Zusammenhang betrachtet wird, ist jedochnicht der handelsrechtliche Gewinn. 174 Vielmehr ist zu berücksichtigen, dassauch die Bereitstellung des Eigenkapitals zu entlohnen ist, weshalb das Ei-genkapital auch zu verzinsen ist. Der Wert, welcher nach Abzug sämt-licher Kosten - also auch der Eigenkapitalkosten - verbleibt, ist derGewinn für den Eigenkapitalgeber und wird als Residualgewinn bezeich-net. Allein dieser Wert - und nicht der handelsrechtliche Gewinn - trägt zueiner Erhöhung des Unternehmenswertes bei.175

Diese Erkenntnis ist in der Betriebswirtschaftslehre nicht neu,176 geriet je-doch mit der steigenden Berücksichtigung weiterer Anspruchsgruppen zu-nehmend in den Hintergrund. Erst mit der Entstehung und Verbreitung desshareholder-value-Konzeptes Anfang der 1990-er Jahre rückte diese Ziel-bzw. Feststellung wieder in den Mittelpunkt der Betrachtung.177

Wertorientierte Führung zielt auf die Berücksichtigung, Gestaltung und Stei-gerung eines derart verstandenen Unternehmenswertes. Begründet und mo-tiviert werden die wertorientierten Konzepte mit der Kritik traditioneller Er-folgsmessung. Traditionelle Erfolgsmaße geben deshalb nur ein unzutreffendesBild der realen Verhältnisse, welches darüber hinaus auch noch vergangen-heitsorientiert ist.178 Die „Unzulänglichkeiten“ traditioneller Kennzahlen179werden im wesentlichen durch die Anwendung von Verfahren der Investiti-onsrechnung und der Unternehmensbewertung „behoben“. Aus der vergan-genheitsorientierten Betrachtung wird eine zukunftsorientierte Betrachtung.Grundlage der wertorientierten Steuerung bilden die wertorientierten Kenn-zahlen. Aus der Vielzahl der verfügbaren Konzepte und Methoden werdenim Folgenden lediglich drei Vertreter vorgestellt: der Economic Value Added(EVA), der Cash-Flow Return on Investment (CFROI) und der Shareholder-Value-Ansatz (SVA).

174 Der handelsrechtliche Gewinn wurde als Zuwachs des Reinvermögens beschrieben.Vgl. S. 285.175 Vgl. Drukarczyk (2008: 135-141).176 Vgl. Rieger (1928: 44-50 und 60-67).177 Vgl. Bühner (1990); Rappaport (1995); Lingnau (2008: 10-12).178 Vgl. S. 310.179 Zu einer kritischen Diskussion dieser „Unzulänglichkeiten“ vgl. Raab (2001: 149-155).

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488 7 Einzelinvestitionen, Gemeinschaftsinvestitionen und wertorientierte Steuerung

7.5.2 Ausgewählte Steuerungsgrößen

7.5.2.1 Economic Value Added

Der Economic Value Added180 ist ein periodenspezifischer Residualgewinnund resultiert demzufolge durch die Erhöhung der Gewinnschwelle um dieAnsprüche der Eigenkapitalgeber.181 Grundlage dieses Konzeptes ist der Re-sidualgewinnbegriff sowie die Barwertidentität.182 Ausgangspunkt der Er-mittlung ist der Jahresüberschuss nach Steuern und vor Kapitalkosten,der Net Operating Profit After Taxes (NOPAT).183 Von diesem werden dieKapitalkosten abgezogen. Es resultiert:184

EV A=NOPAT −Kapitalkosten

Ein positiver EVA indiziert Wertschaffung, ein negativer EVA bedeutet Wert-vernichtung. Die Summe aller zukünftigen, auf den heutigen Tag diskon-tierten Wertbeiträge ergibt den Market Value Added (MVA).185 Der dabeiverwendete Zinssatz ist ein gewichteter Gesamtkapitalkostensatz (Wei-ghted Average Cost of Capital - WACC) und resultiert aus:186

kGK = kEK · EK

GK+kFK · (1− s) · FK

GK

worin:

kGK = Gesamtkapitalkostensatz

kEK = Eigenkapitalkostensatz

kFK = Fremdkapitalkostensatz

EK = Marktwert des Eigenkapitals

FK = Marktwert des Fremdkapitals

s = Ertragssteuersatz

Die Eigen- und Fremdkapitalbestandteile werden auf Basis der sog. Zielka-pitalstruktur ermittelt. Während die Fremdkapitalkosten leicht aus Kredit-verträgen oder Anleihebedingungen zu ermitteln sind, ist zur Bestimmung180 EVA® ist eine registrierte Marke.181 Vgl. Horváth (2011: 449).182 Vgl. S. 450 sowie Eilenberger/Ernst/Toebe (2013: 233-235).183 Vgl. S. 307.184 Vgl. Küting/Weber (2012: 462).185 Vgl. Eilenberger/Ernst/Toebe (2013: 232-233).186 Vgl. Busse von Colbe/Laßmann (1990: 244); Richter (2011: 638-639).

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7.5 Wertorientierte Steuerung 489

der Eigenkapitalkosten eine zusätzliche Betrachtung notwendig. Dazu wirdhier das sog. CAPM (Capital Asset Pricing Model) herangezogen. DessenGrundgedanke ist Folgender:187 aus Sicht eines Anlegers wird das Risiko ei-ner Geldanlage aufgeteilt in:

• einen systematischen Teil und• einen unsystematischen Anteil.

Das systematische Risiko stellt das Marktrisiko dar, welches alle Unter-nehmen aus einer Branche betrifft. Dieser Risikobestandteil kann von demAnleger nicht durch eine geeignete Auswahl an Wertpapieren „wegdiversi-fiziert“ werden, es ist nicht eliminierbar. Im Gegensatz dazu kann das un-systematische Risiko sehr wohl eliminiert werden, nämlich durch einegeeignete Auswahl an Wertpapieren. Der Kapitalmarkt honoriert nur dieÜbernahme des systematischen Risikos, so dass für die Übernahme desunsystematischen Risikos auch keine Prämie zu erwarten ist. Für die Kostendes Eigenkapitals gilt dann:188

kEK = rf + β · (rM − rf)

worin:

rf = Zinssatz einer risikolosen Anlage

rM = Rendite des Marktportfolios

β = Gradmesser der Entwicklung des einzelnen Wertpapiers im Verhältniszum Gesamtmarkt

Der Faktor β repräsentiert die Veränderung des betrachteten Wertpapieresin Abhängigkeit von der Veränderung des Gesamtmarktes. Ist β = 1, reagiertdie Rendite des Wertpapieres proportional zur Entwicklung der Marktrendi-te. Ist β < 1, reagiert die Wertpapierrendite unterproportional. Als Markt-rendite können die Renditen von entsprechenden Indizes (z. B. DAX, S&P500) herangezogen werden. Der Term β · (rM − rf

)stellt die Risikoprämie

des betrachteten Unternehmens dar.189 Es wird ersichtlich, dass für die risi-kolose Anlage β = 0 gilt und dass für das Marktportfolio selbst β = 1 gilt.190In der Abbildung 7.5.2.1 ist der Gesamtzusammenhang der Ermittlung derKapitalkosten nochmals dargestellt.

187 Vgl. Rehkugler (2007: 149).188 Vgl. Copeland/Weston/Shastri (2008: 210).189 Vgl. Eilenberger/Ernst/Toebe (2013: 248).190 Vgl. Perridon/Steiner/Rathgeber (2012: 277).

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490 7 Einzelinvestitionen, Gemeinschaftsinvestitionen und wertorientierte Steuerung

Gesamtkapital-kostensatz

Eigenkapital-kostensatz

Fremdkapital-kostensatz

Eigenkapital-anteil

Fremdkapital-anteil

x

1- Ertragssteuersatz

Marktzinssatz für Fremdkapital

x

=

=

Anteil Fremd-kapitalkosten

Anteil Eigen-kapitalkosten

x

=

Risikoprämie des Unternehmens

Risikofaktor β

Zinssatz für risikofreie Anlagen

Risikoprämie des Marktes

x

=

+=

Konzept der gewichteten Gesamtkapitalkosten

Konzept des CAPM

Abbildung 7.11 Berechnungsschema der gewichteten Kapitalkosten191

Der gesamte Marktwert des Unternehmens ergibt sich aus der Summe desMVA und des investierten Vermögens. Die Kapitalkosten, die zur Ermittlungdes EVA erforderlich sind, lassen sich demzufolge ermitteln aus:

Kapitalkosten = betriebsnotwendiges V ermogen ·kGKDer EVA resultiert dann aus:192

EV A=Gewinn vor Zinsen und nach Steuern − Kapitalkosten

=NOPAT − Kapitalkosten

=NOPAT − (betriebsnotwendiges V ermogen ·kGK)=NOPAT − (NOA ·WACC)

EV A= (RoI − WACC) · betriebsnotwendiges V ermogen

worin:

NOA = Net Operating Assets = betriebsnotwendiges Vermögen

RoI = Return on Investment191 Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an: Hahn/Hungenberg (2001: 160).192 Vgl. Küpper (2008: 280-281); Hahn/Hungenberg (2001: 185).

Page 89: [Springer-Lehrbuch] Betriebswirtschaftslehre für Ingenieure || Einzelinvestitionen, Gemeinschaftsinvestitionen und wertorientierte Steuerung

7.5 Wertorientierte Steuerung 491

Es wird somit deutlich, dass ein Wertbeitrag nur dann resultiert, wenn überalle Kosten hinaus - auch über die Kapitalkosten hinaus - Werte geschaf-fen werden. Der MVA ergibt sich als Summe der jährlichen Wertbeiträgedes Detailbetrachtungszeitraumes zuzüglich der Wertbeiträge des darüberhinausgehenden Betrachtungszeitraumes aus als barwertige Summe allerzukünftigen EVA:193

MVA=∞∑t=1

EV A · (1+kGK)−t

Dieser Betrachtungshorizont wird üblicherweise unterteilt in einen Detail-planungshorizont und einen Fortführungshorizont. Es ergibt sich fürden MVA:

MVA=D∑t=1

EV A · (1+kGK)−t + Fortf uhrungswert · (1+kGK)−D

Bei der Ermittlung des Fortführungswertes wird eine unendliche Laufzeitunterstellt und es wird angenommen, dass auch in dieser „Restphase“ Rück-flüsse erzielt werden. Es resultiert für den Wert dieser „ewigen“ ÜberschüsseEV AD+1 zum Zeitpunkt D:194

Fortfuhrungswert=∞∑

t=D+1EV AD+1 · (1+kGK)−t =

EV AD+1kGK

Somit ergibt sich der Gesamt-MVA aus:195

MVA=D∑t=1

EV At · (1+kGK)−t+EV AD+1

kGK · (1+kGK)D

Der MVA und das investierte Kapital ergeben zusammen dieselbe Summe wieder Marktwert des Eigen- und des Fremdkapitals. Das bedeutet, dass nur einWert für die Eigenkapitalgeber geschaffen wird, wenn über das investierteKapital hinaus Werte geschaffen werden. Wertorientierte Unternehmensfüh-rung besteht nach diesem Konzept in sämtlichen Maßnahmen, welche denEVA erhöhen. Ansatzpunkte für derartige Maßnahmen ergeben sich aus derBestimmungsgleichung des EVA sowie aus der Ermittlungsvorschrift für die193 Horváth (2011: 451); Hahn/Hungenberg (2001: 192-193).194 Für die Ermittlung des Rentenbarwertfaktors von unendlichen Reihen vgl. S. 424.195 Vgl. Perridon/Steiner/Rathgeber (2012: 230).

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492 7 Einzelinvestitionen, Gemeinschaftsinvestitionen und wertorientierte Steuerung

Gesamtkapitalkosten. Demzufolge sind die Kapitalkosten zu senken und derJahresüberschuss ist zu erhöhen.

7.5.2.2 Cash-Flow Return on Investment

Als nächstes Konzept ist der Cash-Flow Return on Investment (CFRoI)vorzustellen. Der CFRoI kann in einer statischen und in einer dynamischenVariante ermittelt werden. Die statische Variante ähnelt der Ermittlung derRentabilität, wie sie im Rahmen der Jahresabschlussanalyse schon vorgestelltwurde,196 und ist wie folgt definiert:

CFRoI = Brutto−Cash− flow

Bruttoinvestitionsbasis

Kennzeichen des CFRoI ist die Ausgestaltung der beiden Komponenten die-ser Relation. Der Brutto-Cash-flow197 wird unterschiedlich definiert und indiesem Zusammenhang angegeben mit:198

Jahresüberschuss nach Steuern+ Zinsaufwand+ Abschreibungen= Brutto-Cash-flow

Die Bruttoinvestitionsbasis stellt das gesamte investierte Kapital abzüglichnicht verzinslicher Verbindlichkeiten dar. Es wird wie folgt ermittelt:199

Buchwert des Sachanlagevermögens (SAV)+ Summe aller darauf getätigten Abschreibungen= Anschaffungs- und Herstellungskosten des SAV+ Inflationsaufschlag= Marktwert des SAV+ Sonstige Vermögenswerte (Anlage- und Umlauf-

vermögen)- nicht zu verzinsendes Fremdkapital= Brutto-Investitionsbasis (BIB)

Deutlich ist das Ziel zu erkennen, als Bezugsbasis der Renditeermittlung einemöglichst umfassende und aktuelle Grundlage zu verwenden.200 Deshalb196 Vgl. dazu S. 306.197 Zur Cash-flow-Ermittlung vgl. S. 303.198 Vgl. Gräfer/Schneider/Gerenkamp (2012: 146).199 Vgl. Hahn/Hungenberg (2001: 207-208); Gräfer/Schneider/Gerenkamp (2012: 146).200 Vgl. Drukarczyk (2008: 150-152).

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7.5 Wertorientierte Steuerung 493

werden die Werte des Anlagevermögens auch mit einem Inflationsaufschlagversehen. Diese Kennzahl ist jedoch lediglich einperiodig, weshalb zur Be-trachtung mehrerer Perioden die dynamische Variante des CFRoI eingesetztwird. Dieses Konzept basiert auf der Methode des internen Zinssatzes.201Es wird derjenige Zinssatz gesucht, bei Verwendung dessen der Barwert allerzukünftigen Brutto-Cash-flows dem aktuellen Wert der Bruttoinvestitionsba-sis entspricht, wobei die Nutzungsdauer des Sachanlagevermögens geschätztwird. Auch bei diesem Ansatz wird ein zusätzlicher Restwert für den Zeitraumnach der Detailbetrachtung berücksichtigt. Der CFRoI resultiert mit:202

BIB =N∑t=1

CFt(1+ iCFRoI)−t+RWN (1+ iCFRoI)−N

Zur Kritik dieses Ansatzes wird auf die Kritik des internen Zinssatzes ver-wiesen.203

Ebenso wie beim EVA lässt sich der Übergewinn durch den Vergleich dertatsächlich erzielten Rentabilität - der CFRoI - mit der geforderten Mindest-verzinsung - dem WACC - ermitteln. Es resultiert der Cash Value Added(CVA) wie folgt:204

CV A= (CFRoI − WACC) · BIB

An dieser Darstellung werden die Gemeinsamkeiten der wertorientiertenSteuerungskonzepte deutlich.

7.5.2.3 Shareholder-Value-Ansatz

Als letzter Ansatz wird das Konzept des Shareholder-Value vorgestellt (SVA).Grundannahmen und Hauptzielrichtung sind dieselben wie bei den bisher dar-gestellten wertorientierten Verfahren.205 Als wesentliches Hauptmerkmal desSVA ist hervorzuheben, dass dieser Ansatz explizit denWert des Eigenka-pitals ermittelt und auf dessen Maximierung zielt. Damit wird deutlich, dasses sich bei dem SVA nicht mehr um ein Investitionsrechenverfahren handelt,sondern primär um ein Verfahren der Unternehmensbewertung.206 Auf diese

201 Vgl. dazu S. 431.202 Vgl. Pape (2010: 137).203 Vgl. S. 433.204 Vgl. Coenenberg/Haller/Schultze (2012: 1165); Hahn/Hungenberg (2001: 209).205 Vgl. S. 487.206 Vgl. Ballwieser (2011: 132); Drukarczyk/Schüler (2009: 125-131).

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494 7 Einzelinvestitionen, Gemeinschaftsinvestitionen und wertorientierte Steuerung

Weise wird deutlich, dass der Ansatz zur Steigerung des Wertes des Eigenka-pitals über die Wertsteigerung von einzelnen Investitionsprojekten realisiertwird. Die Ermittlungsweise ist folgende:

Barwert der prognostizierten betrieblichen freienRückflüsse (Free Cash-flows - FCF)

+ Barwert des Restwertes= Wert des Gesamtunternehmens- Marktwert des Fremdkapitals= Wert des Eigenkapitals (Shareholder value)

Die freien Rückflüsse ergeben sich aus den Rückflüssen der unternehmerischenTätigkeit bzw. laufenden Geschäftstätigkeit (operative cash flow) abzüg-lich der getätigten Investitionen in Anlage- und Umlaufvermögen (investivecash flow),207 und abzüglich zu zahlender Steuern. Auch bei diesem Ver-fahren wird zwischen einem Detailplanungshorizont und einem Fortführungs-horizont unterschieden. Somit ergibt sich der Gesamt-Unternehmenswertaus:208

Gesamtwert=D∑t=1

FCFt · (1+kGK)−t+FCFD+1

kGK · (1+kGK)D

Darin stellen FCF die freien Rückflüsse des Detailplanungszeitraumes darund FCFD+1 beschreiben die freien Rückflüsse des Fortführungszeitraumes.

Von diesem Wert ist der Marktwert des Fremdkapitals abzuziehen, um denWert des Eigenkapitals zu erhalten. Die Beziehungen von unternehmerischenEntscheidungen und Unternehmenswert sind in der Abbildung 7.12 zusam-mengefasst.

207 Vgl. Bieg/Kußmaul/Waschbusch (2012: 248); Coenenberg/Haller/Schultze (2012:801).208 Vgl. Ballwieser (2011: 161); Perridon/Steiner/Rathgeber (2012: 230).

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7.5 Wertorientierte Steuerung 495

Ziele des Unternehmens

GeschaffenerShareholder

Value

Betrieblicher Cash-Flow

Diskontsatz Fremdkapital

- Umsatzwachstum- BetrieblicheGewinnmarge

- Gewinnsteuersatz

Operative Entscheidungen

Eigentümerrendite:- Dividenden- Kursgewinne

Investitionen ins Umlauf- und

Anlagevermögen

Gesamt-kapital-kosten

Investition

Finanzierung

Bewertungs-komponenten

Werttreiber

Führungs-entscheidungen

Dauer der Wert-

steigerung

Abbildung 7.12 Shareholder Value-Netzwerk209

Es wird deutlich, dass die sog. „Wertgeneratoren“ bzw. „Werttreiber“ schonaus dem Kapitalwertmodell bekannt sind,210 Es handelt sich um die Nut-zungsdauer, den Kalkulationszinssatz und die Rückflüsse. Der Ver-dienst des Shareholder-Value-Ansatzes besteht darin, diese - grundsätzlichbekannten - Zusammenhänge mit dem - ebenfalls schon bekannten - Resi-dualgewinnkonzept zu verbinden.211 Darüber hinaus wird die Betrachtungauf die Eigenkapitalgeber gelenkt und es wird der Zusammenhang zwischenInvestitionserfolg und Unternehmenserfolg sowie deren Einflussfaktoren präg-nant herausgehoben.

In der bisherigen Betrachtung wurde lediglich die steuerliche Abzugsfähigkeitim Rahmen der Ermittlung der Gesamtkapitalkosten berücksichtigt, also aufEbene des Unternehmens.212 Da jedoch auch die Eigenkapitalgeber Steuernauf ihre Einkünfte aus eben diesen Eigenkapitalerträgen entrichten müssen(sKapitalgeber), ist zur Ermittlung der Eigenkapitalkosten folgende Nachsteu-errendite zu verwenden:213

kEK;NST = kEK · (1− sKapitalgeber

)209 Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an: Rappaport (1995: 79).210 Vgl. S. 425.211 Auch wenn der Sinn und die Ausgestaltung einer derartigen Verbindung umstrittenist. Vgl. Drukarczyk/Schüler (2009: 423-434).212 Zur Berücksichtigung von Steuern im Kapitalwertmodell vgl. S. 452.213 Vgl. Eilenberger/Ernst/Toebe (2013: 217).

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496 7 Einzelinvestitionen, Gemeinschaftsinvestitionen und wertorientierte Steuerung

kEK;NST = [rf +β · (rM − rf)] · (1− sKapitalgeber

)worin sKapitalgeber den Steuersatz der Kapitalgeber darstellt. Auch bei derErmittlung von Fremdkapitalkosten sind steuerliche Effekte zu berücksichti-gen, was im ersten Schritt wie folgt geschieht:

kFK;NST =(1− sKapitalgeber

) ·kFK · (1− sU)

worin sU den Steuersatz des Unternehmen beschreibt. Dieser beinhaltetGewerbe- und Körperschaftssteuer sowie den Solidaritätszuschlag.214 Bei derErmittlung der Fremdkapitalkosten nach Steuern muss berücksichtigt wer-den, dass im Rahmen der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Ge-werbesteuer 25% der Zinszahlungen dem Jahresüberschuss wieder hinzuzu-rechnen sind. Deshalb muss formuliert werden:215

kFK;NST =(1− sKapitalgeber

) ·kFK · [1− (sKST +0,75 · sGewST)]Mit diesen Bestandteilen resultiert der Gesamtkapitalkostensatz nach Steu-ern mit:216

kGK;NST = kEK · (1− sKapitalgeber

) · EK

GK

+(1− sKapitalgeber

) ·kFK · [1− (sKST +0,75 · sGewST )] · FK

GK

Zur Verdeutlichung des Shareholder-Value-Ansatzes sei folgendes Beispiel be-trachtet:217 Die Rendite risikofreier Anleihen beträgt 4% jährlich. Für dieBranche, in welchem das Unternehmen tätig ist, wird am Aktienmarkt eineRendite von 8% prognostiziert. Der β-Faktor des Unternehmens wurde mit1,5 ermittelt. Vereinfachend wird angenommen, dass sowohl Eigen- als auchFremdkapitalgeber ihre Kapitaleinkünfte mit 25% zzgl. des Solidaritätszu-schlags von 5,5% besteuern müssen, so dass ein Steuersatz der Kapitalgebervon 26,375% resultiert. Die Steuerlast des Unternehmens resultiert aus:

• der Körperschaftssteuer (15%) zzgl. dem darauf aufbauenden Solidaritäts-zuschlag (5,5% der Körperschaftssteuer), so dass sKST = 0,15825, sowie

• einer Gewerbesteuer von 14 % (resultierend aus der Steuermesszahl von3,5% sowie der Annahme einer Gemeinde mit einem Hebesatz von 400%),so dass sGewST = 0,14.

214 Vgl. S. 454.215 Vgl. Ballwieser (2011: 138-139 sowie 163-164). Es sei erwähnt, dass auf den Gesamt-betrag der Finanzierungsentgelte aktuell ein Freibetrag von 100.000� angerechnet wird,der hier vernachlässigt wird.216 Dabei wird davon ausgegangen, dass der Einkommenssteuersatz von Eigenkapital-geber und Fremdkapitalgeber identisch ist.217 Vgl. Perridon/Steiner/Rathgeber (2012: 231-232); Eilenberger/Ernst/Toebe (2013:220-222); Ballwieser (2011: 161).

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7.5 Wertorientierte Steuerung 497

Es resultiert ein Wert der Ertragssteuern auf Unternehmensebene von:

sU = 0,29825.

Der bilanzielle Fremdkapitalbestand beträgt 833 Tsd. �. Dieser wird künftigangepasst, um einen angestrebten Verschuldungsgrad auf Basis der Markt-werte von 1/3 zu erreichen. Die Fremdkapitalkosten nach Steuern ergebensich mit:

kFK;NST = kFK · [1− (sKST +0,75 · sGewST )] ·(1− sKapitalgeber

)= 0,09 · [1− (0,1585 + 0,75 ·0,14)] · (1−0,26375)= 0,04880

Die Eigenkapitalkosten nach Steuern ergeben sich aus:

kEK;NST = [rf + β · (rM − rf)] · (1− sKapitalgeber

)= [0,04 + 1,5 · (0,08− 0,04)] · (1−0,26375)= 0,073625

Für die Gesamtkapitalkosten nach Steuern ergibt sich:

kGK;NST = kEK;NST · EK

GK+kFK;NST · FK

GK

= 0,073625 · 23 +0,04880 ·13

= 0,065367

Für die Ermittlung der freien Rückflüsse sind - ebenso wie bei der Ermitt-lung der Kapitalkosten - folgende steuerliche Aspekte zu beachten: Der Jah-resüberschuss - welcher annahmegemäß auch die Bemessungsgrundlage fürKörperschafts- und Gewerbesteuer ist - wird zunächst mit Unternehmens-steuern belastet, welche im vorliegenden Beispiel mit 29,825 % angegebenwurden. Auf den verbleibenden Restbetrag, welcher den Kapitalgebern zu-steht, müssen diese ebenfalls Steuern - ihre Einkommenssteuer - entrichten.Für den gesamten Steuersatz ergibt sich damit:218

218 Vgl. Fox (2010: 152-153). Es sei hier am Rande darauf hingewiesen, dass bei diesemVorgehen von einem fiktiven, rein eigenfinanzierten Unternehmen ausgegangen wird.Die tatsächliche Abzugsfähigkeit der Fremdkapitalzinsen wurde bereits im Rahmen derAnpassung der gewichteten Kapitalkosten vorgenommen. Aus diesem Grunde wird dieSteuerlast in Tabelle 7.16 als fiktiv bezeichnet.

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498 7 Einzelinvestitionen, Gemeinschaftsinvestitionen und wertorientierte Steuerung

sGesamt = sU +(1− sU) · sKapitalgeber

= 0,29825+(1−0,29825) · 0,26375= 0,48334

Die weiteren Informationen und Zwischenergebnisse sind in der Tabelle 7.16enthalten.

Tabelle 7.16 Beispielhafte Ermittlung der freien Rückflüsse (Free Cash-flow - FCF)220

Folgende Daten (Angaben in Tsd. �) resultieren aus den Jahresabschlüssen������������Zahlungs-bzw. Bestandsgrößen

Periode0 1 2 3 4 t= 5 . . .∞

Jahresüberschuss vorZinsen und Steuern (EBIT) 150 135 120 100 100Abschreibungen 350 400 360 300 300Bestand Sachanlagevermögen 1.750 2.000 1.800 1.500 2.000 2.000Bestand Vorräte 40 60 20 100 50 50Bestand Forderungenaus Lieferungen und Leistun-gen

10 10 20 15 10 10

Daraus ergeben sich die freien Rückflüsse (Angaben in Tsd. �) mit:Jahresüberschuss vorZinsen und Steuern (EBIT) 150 135 120 100 100- fiktive Steuerlast (48,334%) - 72,50 - 65,25 - 58,00 - 48,33 - 48,33+ Abschreibungen + 350 + 400 + 360 + 300 + 300- Investitionenin das Anlagevermögen - 250 + 200 + 300 - 500 - 300

Veränderung des Umlauf-vermögens (Vorräte undForderungen)

- 20 + 30 - 75 + 55 0

= Freier Rückfluss (FreeCash-flow)

157,50 699,75 647,00 - 93,33 51,67

Damit ergibt sich die Summe aller zukünftigen, auf den heutigen Betrach-tungszeitpunkt abgezinsten Free Cash-flows aus:

220 Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an: Perridon/Steiner/Rathgeber (2012:231). Zu den grundlegenden Zusammenhängen für die Ermittlung der freien Rückflüssevgl. S. 307.

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7.5 Wertorientierte Steuerung 499

Gesamtwert=∞∑t=1

FCFt · (1+kGK)−t

=D∑t=1

FCFt · (1+kGK)−t+FCFD+1

kGK · (1+kGK)D

= 157,50Tsd. � ·1,065367−1+699,75Tsd. � ·1,065367−2+ 647Tsd. � ·1,065367−3− 93,33Tsd. � · 1,065367−4

+ 51,67Tsd. �0,065367 ·1,0653674

≈ 1.840,5 Tsd. �

Ausgehend von dem eingangs beschriebenen Marktwert des Fremdkapitalsvon 833 Tsd.� beläuft sich der Wert des Eigenkapitals auf ca. 1.007,5 Tsd.�.Das Beispiel verdeutlicht neben der prinzipiellen Vorgehensweise noch folgen-de Bewertungs- bzw. Wirkungsmechanismen und gleichzeitig die wesentlichenKritikpunkte:

• Der Anteil des Fortführungswertes macht einen erheblichen Anteil amGesamtunternehmenswert aus. Im vorliegenden Fall beträgt dieser Wert614Tsd.�, was fast 1/3 des Gesamtwertes entspricht.

• Der Einfluss des Kalkulationszinssatzes ist ebenfalls erheblich. Ein nied-riger Kalkulationsszinssatz führt zu hohen Barwerten, was besonders fürden Wert der „ewigen“ Rückflüsse relevant ist.

• Das Ziel der Maximierung des Eigenkapitals wird als solches kritisiert.Eine ähnliche Diskussion wurde im vorliegenden Werk schon in Bezugauf die Gewinnmaximierung geführt, weshalb nun auf diese Ausführun-gen verwiesen wird.221 Für die vorliegende Problematik verbleibt lediglichfestzustellen, dass die Maximierung des Eigenkapitalwertes als Maximie-rung unter Nebenbedingungen zu verstehen ist.

• Ein schwerwiegender methodischer Einwand resultiert aus folgendem Zir-kularitätsproblem.222 Im Rahmen der Ermittlung des Gesamtunter-nehmens sind Angaben zum Anteil und damit zur Höhe des Eigenkapi-talanteils erforderlich. Dies ist jedoch genau die Größe, welche erst er-mittelt werden soll. Anders formuliert: Um den Wert des Eigenkapi-talanteils zu ermitteln, muss dieser bekannt sein. (Vgl. Abbildung7.13.)

221 Vgl. dazu S. 39.222 Vgl. Schneider (2001a: 849); Raab (2001: 80).

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500 7 Einzelinvestitionen, Gemeinschaftsinvestitionen und wertorientierte Steuerung

Zu ermitteln: EK!

FKWACC

FCFEK

tt

t∑

1 1

GK

EKr

GK

FKsrWACC EKFK )1(

Ansatz:

wird ermittelt über

Abbildung 7.13 Zirkularitätsproblem der Eigenkapitalwertermittlung223

Abschließend kann festgestellt werden, dass die Konzepte der wertorientiertenUnternehmensführung den Fokus richtigerweise zurück auf die Interessen derEigenkapitalgeber gerichtet haben, ohne deren Risikobereitschaft kein Unter-nehmertum möglich wäre. Gleichzeitig muss den Konzepten Methodenkritikmit auf den Weg gegeben werden, welche zur zutreffenden Interpretation dererzielten Ergebnisse unverzichtbar ist.

7.6 Übungsaufgaben

1. Eine Investition verursacht eine Anschaffungszahlung von 80.000 �. In-nerhalb der folgenden fünf Jahre ist mit laufenden Auszahlungen für denAnlagebetrieb von 25.000�/a zu rechnen. Die Erlöse aus dem Betrieb derAnlage belaufen sich in den ersten beiden Jahren auf jeweils 35.000� undin den restlichen Jahren auf jeweils 50.000 �. Nach der Nutzungsdauerwird mit einem Liquidationserlös von 5.000 � gerechnet. Der Kalkulati-onszinssatz beträgt 7 %. Berechnen Sie:

• den statischen Durchschnittsgewinn pro Jahr• die statische Durchschnittsrendite und• die statische Amortisationsdauer.

223 Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an: Perridon/Steiner/Rathgeber (2012:233); Enzinger/Kofler (2011: 3).

Page 99: [Springer-Lehrbuch] Betriebswirtschaftslehre für Ingenieure || Einzelinvestitionen, Gemeinschaftsinvestitionen und wertorientierte Steuerung

7.6 Übungsaufgaben 501

2. Ein Unternehmen plant die Durchführung eines Investitionsprojektes. Esliegen die zwei Alternativen A und B mit folgenden Daten vor:

Einflussgrößen Anlage A Anlage B

Nutzungsdauer in Jahren 8Absatzmenge pro Jahr 25.000 24.000Absatzpreis pro Produkteinheit [�/ Stück] 8Anschaffungspreis [�] 220.000 240.000Einrichtungs- und Frachtkosten [�] 25.000 30.000Liquidationserlös am Laufzeitende [�] 15.000Fixe Betriebskosten [�/a] 10.000 24.000Variable Stückkosten [�/ Produkteinheit] 4,60 4,40Kalkulationszinssatz [%/a] 7

Ermitteln Sie das vorteilhaftere Projekt mit der:

• Gewinnvergleichsrechnung,• Rentabilitätsvergleichsrechnung sowie• statischen Amortisationsrechnung.

3. Eine zu Rationalisierungszwecken geplante Investition verursacht Investi-tionsauszahlungen in Höhe von 250.000 ,-�. Welchen zahlungswirksamenEffekt muss die Rationalisierung jährlich erzielen, damit der investierteBetrag innerhalb von 10 Jahren mit einer Verzinsung von 8% wiederge-wonnen werden soll?

4. Ein Unternehmen plant die Durchführung eines Investitionsprojektes undkann zwischen den beiden folgenden Alternativen wählen:

Einflussgrößen Anlage A Anlage B

Nutzungsdauer [Jahre] 6Auslastung [Stück/Jahr] 12.000 15.000Anschaffungskosten [�] 60.000 90.000Liquidationserlös am Laufzeitende [�] 0Fixe Betriebskosten [�/a] 2.850 3.150Variable Stückkosten [�/Stück] 2,10 1,20Kalkulationszinssatz [%/a] 7

• Ermitteln Sie die relative Vorteilhaftigkeit der Anlagen!

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502 7 Einzelinvestitionen, Gemeinschaftsinvestitionen und wertorientierte Steuerung

• Da die Auslastung unsicher ist, werden Sie gebeten, die kritische Men-ge der Auslastung, bei welcher die Anlagen gleich vorteilhaft sind, zuermitteln!

5. Zu einer bereits installierten Anlage und zu deren potenziellen Nachfolge-Anlage stehen folgende Daten zur Verfügung:

Einflussgrößen Altanlage Neuanlage

geplante Nutzungsdauer der Neuanlage 8 JahreRestnutzungsdauer der Altanlage 3 JahreAuslastung [Stück/Jahr] 12.000Fixe Betriebskosten [�/a] 2.000Anschaffungskosten [�] 40.000 90.000Liquidationserlös am Ende der Nutzungsdauer [�] 18.000 10.000Variable Stückkosten [�/a] 19.000 10.000Kalkulationszinssatz [%/a] 10

Ermitteln Sie die Vorteilhaftigkeit des Sofort-Ersatzes mit der Kosten-vergleichsrechnung!

6. Gegeben seien die beiden Projekte A und B bei einem Kalkulationszins-satz von i = 8% und folgenden Zahlungsreihen:

t = 0 1 2 3 4 5Projekt A -100 30 40 30 20 20Projekt B -60 25 25 25

Welches der Projekte ist bei Verwendung der:

a) Kapitalwertmethode,

b) Annuitätenmethode,

c) Internen-Zinssatz-Methode vorteilhaft?

7. Ermitteln Sie die Vorteilhaftigkeit der Projekte aus der vorangegangenenAufgabe mittels der Kapitalwertmethode und unter Berücksichtigung vonErtragssteuern. Gehen Sie dabei von den folgenden Annahmen aus:

a. die Anlagen werden linear und vollständig über die Laufzeit abge-schrieben,

b. die Anlagen werden komplett über Eigenkapital finanziert,

c. es handelt sich um eine Kapitalgesellschaft,

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7.6 Übungsaufgaben 503

d. als Ertragssteuern sind zu berücksichtigen:

- die Körperschaftssteuer zzgl. des Solidaritätszuschlages,- die Gewerbesteuer mit einem Hebesatz von 400%.

8. Die Betonhuber AG hat die Möglichkeit, ein Kiesvorkommen über einenZeitraum von 10 Jahren auszubeuten. Dabei treten folgende Zahlungs-ströme auf:

Et [�] At [�]Erstes bis einschließlich fünftes Jahr 1.500.000 900.000Sechstes bis einschließlich zehntes Jahr 2.000.000 1.000.000

Zum Erwerb und zur Erschließung sind insgesamt 5 Mio. � erforderlich,wovon eine Hälfte bei Vertragsabschluss in t = 0 und die zweite Hälftenach einem Jahr zu zahlen ist. Zum Ende der Nutzungsdauer kann dasGrundstück nach Rekultivierungsmaßnahmen als Naherholungsgebiet ge-nutzt werden. Die in t = 11 erforderlichen Auszahlungen zur Rekultivie-rung belaufen sich auf 1 Mio. �. Die erzielbaren Einzahlungsüberschüsseaus der touristischen Nutzung werden mit jährlich 100.000 � angenom-men, welche beginnend ab t = 11 über einen Nutzungszeitraum von mehrals 20 Jahren erzielt werden. Der Kalkulationszinssatz beträgt 8%. Be-urteilen Sie die Vorteilhaftigkeit der Maßnahme mit der Kapitalwertme-thode!

9. Der Planungszeitraum eines Investors beträgt 7 Jahre, das zu analysie-rende Investitionsobjekt verursacht Investitionsauszahlungen in Höhe von2.000 GE. Damit werden jährlich Rückflüsse in Höhe von 700 GE erzielt.In Periode t = 2 werden Instandhaltungsauszahlungen in Höhe von 100GE erforderlich, die in den darauf folgenden Jahren jährlich um 100 GEansteigen. Ein Verkauf des Investitionsobjektes ist zu jedem Zeitpunktmöglich. Die dabei erzielbaren Einzahlungen sinken bezogen auf den Vor-jahreswert jährlich um 20%.

a. Welche Nutzungsdauer ist bei einem Kalkulationszinssatz von 10%optimal?

b. Wie groß ist der Grenzeinzahlungsüberschuss in t = 3 und was besagtdiese Zahl?

c. Welche Nutzungsdauer ist bei einem unendlichen Planungszeitraumund unter Annahme unendlicher, identischer Wiederholungen opti-mal?

10. Eine Anlage ist durch folgende Zahlungsströme gekennzeichnet:

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504 7 Einzelinvestitionen, Gemeinschaftsinvestitionen und wertorientierte Steuerung

t 0 1 2 3 4 5 6Rt -580 180 150 150 140 140 85LN 490 410 310 250 210 150

a. Wie lautet die optimale Nutzungsdauer ohne Ersatzanlage bei einemKalkulationszinssatz von 10%?

b. Welchen Betrag weist der Kapitalwert in dieser Periode auf?

c. Wie lautet die optimale Nutzungsdauer mit einmaliger, identischerErsatzanlage bei einem Kalkulationszinssatz von 10%? Welchen Be-trag weist der Kapitalwert in dieser Periode auf?

11. Der Kapitalwert einer Investition mit sechsjähriger Nutzungsdauer undbei Verwendung eines Kalkulationszinssatzes von 9% beträgt 1.000 �.Wie groß ist der Kapitalwert einer unendlichen Kette identischer Inves-titionen?

12. Zu einer Investitionsmaßnahme sind folgende Ausgangsdaten gegeben:

- Zahlungsreihe: {−90.0000�; 35.0001�; 35.0002�; 35.0003�}- Eigenmittel: 30.000�- Kredit mit Endtilgung: 25.000� zu 6 % p. a.- Ratenkredit: 30.000� zu 5 % p. a.- Kontokorrentkredit: 5.000� zu 11 %p. a.- Guthabenzinssatz: 4% p. a.- Opportunitätszinssatz: 7% p. a.

a. Ermitteln Sie die absolute Vorteilhaftigkeit mit der Methode des voll-ständigen Finanzplanes! Nutzen Sie folgende Struktur:

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7.6 Übungsaufgaben 505

t= 0 t= 1 t= 2 t= 3ZahlungsreiheEigenmittelKredit mit RatentilgungTilgungZinsen

Kredit mit EndtilgungTilgungZinsen

KontokorrentkreditTilgungZinsen

GeldanlageHabenzinsenFinanzierungssaldo

BestandsgrößenRatentilgungEndtilgungKontokorrentGuthabenbestand

Bestandssaldo (EWM )

b. Ermitteln Sie die Rentabilität der eingesetzten eigenen Finanzmittel!

c. Welches ist der wesentliche Unterschied zwischen der Kapitalwertme-thode und der Methode der vollständigen Finanzpläne?

13. Die Interne-Zinssatz-Methode ist ein weit verbreitetes Entscheidungsin-strument zur Beurteilung der Vorteilhaftigkeit von Investitionsalternati-ven.

a. Nennen Sie zwei grundsätzliche Probleme die mit der Verwendungder Methode des internen Zinssatzes verbunden sind!

b. Für welche Vorteilhaftigkeitsentscheidung ist die Interne-Zinssatz-Methode geeignet?

c. Für welche Art der Investition ist die Interne-Zinssatz-Methode ge-eignet? Wodurch sind diese Investitionen gekennzeichnet?

14. In der betrieblichen Praxis wird die Unsicherheit der Eingangsdaten vonInvestitionsprojekten häufig durch Korrekturverfahren berücksichtigt.

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506 7 Einzelinvestitionen, Gemeinschaftsinvestitionen und wertorientierte Steuerung

a. Kennzeichnen Sie Korrekturverfahren am Beispiel von drei Einfluss-faktoren des Kapitalwertes!

b. Erläutern Sie die Nachteile dieser Vorgehensweise!

c. Nennen und erläutern Sie zwei alternative Verfahren zur Berücksich-tigung von Unsicherheit!

15. Ein Investor mit einem unendlichen Planungshorizont kann eine beste-hende Anlage sofort oder innerhalb der nächsten vier Jahre ersetzen. Dieneue Anlage besitzt eine optimale Nutzungsdauer von fünf Jahren. Er-mitteln Sie, wann die alte Anlage ersetzt werden soll! Verwenden Sie einenKalkulationszinssatz von 7% und die Daten aus der folgenden Tabelle.

AltanlagePeriode 0 1 2 3 4 5RAltt 1.200 1.050 1.050 900 800LN 1.000 750 650 500 300

Neue AnlageRNeut -2.000 1.500 1.200 1.500 1.000 900

16. Für den mit einer Gemeinschaftsinvestition erzielten Gewinn stellt sichdie Frage nach einer gerechten Aufteilung. In der folgenden Tabelle sinddie Kapitalwerte der unterschiedlichen Investitionsobjekte enthalten, wel-che die drei Unternehmen realisieren können.

S {∅} {A} {B} {C} {A,B} {A,C} {B,C} {A,B,C}v (S) 0 100 100 100 700 500 500 900

a. Ermitteln Sie zur Beantwortung der Frage nach der Gewinnverteilungdie Anteile:

i. auf Basis des Shapley-Wertes,

ii. auf Basis des Nucleolus sowie

iii. auf Basis des τ -Wertes für alle 3 Unternehmen!

b. Die Shapley-Aufteilung wird in diesem Beispiel jedoch durch an-dere Aufteilungsmöglichkeiten dominiert. Begründen Sie die Ineffizi-enz der Shapley-Lösung aus einer der wesentlichen Eigenschaften(Nicht-Negativität, Superadditivität, Monotonie, Konvexität) dieses(Bei)Spiels.

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7.7 Zitierte Literatur 507

7.7 Zitierte Literatur

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