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Plenarprotokoll 17/33 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 33. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010 Inhalt: Tagesordnungspunkt 1: Befragung der Bundesregierung: Gesetzent- wurf zur Einführung einer Musterwider- rufsinformation für Verbraucherdarle- hensverträge; sonstige Fragen; weitere Fragen zur Kabinettssitzung . . . . . . . . . . . . Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesministerin BMJ . . . . . . . . . . . . . . . Raju Sharma (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesministerin BMJ . . . . . . . . . . . . . . . Christian Ahrendt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesministerin BMJ . . . . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eckart von Klaeden, Staatsminister BK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eckart von Klaeden, Staatsminister BK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (zur Geschäftsordnung) . . Manfred Grund (CDU/CSU) (zur Geschäftsordnung) . . . . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Werner Hoyer, Staatsminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christian Ahrendt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Werner Hoyer, Staatsminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Werner Hoyer, Staatsminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . Dr. Werner Hoyer, Staatsminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ute Koczy (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Werner Hoyer, Staatsminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Werner Hoyer, Staatsminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ute Koczy (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 2: Fragestunde (Drucksache 17/1107) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3015 A 3015 B 3015 D 3015 D 3016 A 3016 A 3016 B 3016 C 3016 D 3017 A 3017 C 3017 D 3018 A 3018 B 3019 A 3019 A 3019 B 3019 B 3020 A 3020 A 3020 B 3020 B 3020 D 3021 A 3022 A 3022 A 3022 B 3022 B 3022 D

Stenografischer Bericht 33. Sitzung - Deutscher Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btp/17/17033.pdf · Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den

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Plenarprotokoll 17/33

Deutscher BundestagStenografischer Bericht

33. Sitzung

Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010

I n h a l t :

Tagesordnungspunkt 1:

Befragung der Bundesregierung: Gesetzent-wurf zur Einführung einer Musterwider-rufsinformation für Verbraucherdarle-hensverträge; sonstige Fragen; weitereFragen zur Kabinettssitzung . . . . . . . . . . . .

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesministerin BMJ . . . . . . . . . . . . . . .

Raju Sharma (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . .

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesministerin BMJ . . . . . . . . . . . . . . .

Christian Ahrendt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . .

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesministerin BMJ . . . . . . . . . . . . . . .

Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Eckart von Klaeden, Staatsminister BK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Eckart von Klaeden, Staatsminister BK. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (zur Geschäftsordnung) . .

Manfred Grund (CDU/CSU) (zur Geschäftsordnung) . . . . . . . . . . . . . . .

Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Dr. Werner Hoyer, Staatsminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3015 A

3015 B

3015 D

3015 D

3016 A

3016 A

3016 B

3016 C

3016 D

3017 A

3017 C

3017 D

3018 A

3018 B

Christian Ahrendt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . .

Dr. Werner Hoyer, Staatsminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Dr. Werner Hoyer, Staatsminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . .

Dr. Werner Hoyer, Staatsminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Ute Koczy (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Dr. Werner Hoyer, Staatsminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Dr. Werner Hoyer, Staatsminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Ute Koczy (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Tagesordnungspunkt 2:

Fragestunde (Drucksache 17/1107) . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3019 A

3019 A

3019 B

3019 B

3020 A

3020 A

3020 B

3020 B

3020 D

3021 A

3022 A

3022 A

3022 B

3022 B

3022 D

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II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010

Mündliche Frage 1Kathrin Vogler (DIE LINKE)

Auswirkungen der am 1. Januar 2009 inKraft getretenen Honorarreform auf dieVergütung niedergelassener Kassenärzte

Antwort Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär

BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Zusatzfragen Kathrin Vogler (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . .Harald Weinberg (DIE LINKE) . . . . . . . . . . .Christian Lange (Backnang) (SPD)

(zur Geschäftsordnung) . . . . . . . . . . . . . . .

Mündliche Frage 2Kathrin Vogler (DIE LINKE)

Überprüfung des Leiters des Instituts fürQualität und Wirtschaftlichkeit im Ge-sundheitswesen durch die Wirtschaftsprü-fungsgesellschaft BDO sowie entstandeneKosten

AntwortDaniel Bahr, Parl. Staatssekretär

BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

ZusatzfrageKathrin Vogler (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . .

Mündliche Frage 5Kathrin Senger-Schäfer (DIE LINKE)

Einschätzung des Bundesversicherungsam-tes bezüglich der für 2011 zu erwartendenFinanzlücke in der gesetzlichen Kranken-versicherung

Antwort Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär

BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Zusatzfrage Kathrin Senger-Schäfer (DIE LINKE) . . . . . .

Mündliche Frage 6Kathrin Senger-Schäfer (DIE LINKE)

Behandlung von Fragen der zukünftigenAusgestaltung der Pflegeversicherung inder Regierungskommission für das Ge-sundheitswesen

Antwort Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär

BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Zusatzfrage Kathrin Senger-Schäfer (DIE LINKE) . . . . . .

3022 D

3023 B3024 B

3024 C

3025 A

3025 B

3025 C

3026 A

3026 B

3026 C

Mündliche Frage 7 Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/

DIE GRÜNEN) Mitarbeit eines für die Beratung des Bun-desministeriums für Verkehr, Bau undStadtentwicklung bei der Vergabe von vierÖPP-Projekten ausgewählten Unterneh-mens bei für A-Modell-Projekte bietendenUnternehmenAntwort Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär

BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Zusatzfragen Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/

DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Mündliche Frage 8Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/

DIE GRÜNEN) Zulässigkeit der Beratung von in kommu-nalen PPP-Projekten tätigen Bauunterneh-men durch ein im Rahmen einer AnfangFebruar 2010 veröffentlichten Ausschrei-bung des Bundesministeriums für Verkehr,Bau und Stadtentwicklung ausgewähltesBeratungsunternehmenAntwort Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär

BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Zusatzfragen Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/

DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Mündliche Frage 9Lisa Paus (BÜNDNIS 90/

DIE GRÜNEN) Korruption und andere Verdachtsfälle beiAufträgen der Bundesregierung, nachge-ordneter Behörden und vom Bund be-herrschter Unternehmen an die BilfingerBerger AGAntwort Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär

BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Zusatzfragen Lisa Paus (BÜNDNIS 90/

DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Mündliche Frage 12Sabine Stüber (DIE LINKE) Auflagen bezüglich des Durchlaufens einerKalthantierung im Rahmen von Transpor-ten von Mischoxid- bzw. Uran-Brenn-elementen für die deutschen HäfenAntwort Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär

BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3027 A

3027 B

3027 D

3028 A

3028 C

3028 D

3029 C

Page 3: Stenografischer Bericht 33. Sitzung - Deutscher Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btp/17/17033.pdf · Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010 III

Mündliche Frage 13Sabine Stüber (DIE LINKE)

Kalthantierung mit Mischoxid- bzw. Uran-Brennelementen in deutschen Häfen

Antwort Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär

BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Zusatzfrage Sabine Stüber (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . .

Mündliche Frage 17Ingrid Remmers (DIE LINKE)

Berufung von Frauen in den Aufsichtsratder Deutschen Bahn AG

Antwort Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär

BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Zusatzfragen Ingrid Remmers (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . .Sabine Leidig (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . .Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE) . . . . . .

Mündliche Frage 18Ingrid Remmers (DIE LINKE)

Qualifikation von Utz-Hellmuth Felcht fürdie Position des Aufsichtsratsvorsitzendender Deutschen Bahn AG

Antwort Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär

BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Zusatzfragen Ingrid Remmers (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . .Sabine Leidig (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . .Dorothée Menzner (DIE LINKE) . . . . . . . . . .

Mündliche Frage 19Sabine Leidig (DIE LINKE)

Etwaige Interessenkonflikte des künftigenAufsichtsratsvorsitzenden der DB AG auf-grund seiner Funktionen bei der Invest-mentgesellschaft One Equity Partners undder Süd-Chemie AG

Antwort Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär

BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Zusatzfragen Sabine Leidig (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . .Ingrid Remmers (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . .

Mündliche Frage 20Sabine Leidig (DIE LINKE)

Kriterien für die Besetzung von Aufsichts-ratsmandaten bei der Deutschen Bahn AG

3029 C

3029 D

3030 A

3030 A3030 B3030 C

3031 A

3031 A3031 D3032 A

3032 B

3032 C3032 D

Antwort Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär

BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Zusatzfragen Sabine Leidig (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . .Dorothée Menzner (DIE LINKE) . . . . . . . . .Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . .Ingrid Remmers (DIE LINKE) . . . . . . . . . . .

Mündliche Frage 21 Herbert Behrens (DIE LINKE)

Vereinbarkeit der Tätigkeit von Dr. JürgenGroßmann als Vertreter des Bundes imAufsichtsrat der Deutschen Bahn AG mitseiner Funktion als Alleineigentümer derGeorgsmarienhütte und als Vorstandsvor-sitzender des RWE-Stromkonzerns

Antwort Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär

BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Zusatzfragen Herbert Behrens (DIE LINKE) . . . . . . . . . . .

Mündliche Frage 22Herbert Behrens (DIE LINKE)

Glaubhafte Vermittlung der Bundesregie-rung von nicht bestehenden Interessenkon-flikten beim Mitglied des Aufsichtsrats derDeutschen Bahn AG Dr. Jürgen Großmann

Antwort Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär

BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Zusatzfragen Herbert Behrens (DIE LINKE) . . . . . . . . . . .Dorothée Menzner (DIE LINKE) . . . . . . . . .Volkmar Vogel (Kleinsaara) (CDU/CSU) . . .Sabine Leidig (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . .

Mündliche Frage 23Heidrun Bluhm (DIE LINKE)

Aktuelles Vertragsverhältnis des ehemaligenVorstandsvorsitzenden Helmut Mehdornmit der Deutschen Bahn AG

Antwort Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär

BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Mündliche Frage 24Heidrun Bluhm (DIE LINKE)

Rechtfertigung der Verdreifachung derAufsichtsratsbezüge bei der DeutschenBahn AG seit 2004 angesichts der imSommer 2008 abgesagten Privatisierung

3033 A

3033 B3033 D3034 A3034 B

3035 A

3035 A

3035 C

3035 D3036 A3036 B3036 C

3036 D

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IV Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010

Antwort Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär

BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Zusatzfragen Heidrun Bluhm (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . .Dorothée Menzner (DIE LINKE) . . . . . . . . . .Sabine Leidig (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . .

Mündliche Frage 25Dirk Becker (SPD)

Rechtlicher Stellenwert und Rechtsfolgendes Atomkonsens vor und nach der Novellezum Atomgesetz im Jahr 2001

Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin

BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Zusatzfragen Dirk Becker (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Ulrich Kelber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Dr. Barbara Hendricks (SPD) . . . . . . . . . . . . .

Mündliche Frage 26Dirk Becker (SPD)

Erfordernis einer förmlichen Aufhebungdes Atomkonsenses aus dem Jahr 2000 vordem Schließen eines neuen Konsenses überdie Laufzeit von Atomkraftwerken

Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin

BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Zusatzfragen Dirk Becker (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Dr. Barbara Hendricks (SPD) . . . . . . . . . . . . .Ulrich Kelber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Burkhard Lischka (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . .Dr. Matthias Miersch (SPD) . . . . . . . . . . . . . .

Mündliche Fragen 27 und 28Gerd Bollmann (SPD)

Etwaige Aufhebung des Atomkonsensesund Rechtsgrundlage für die Umsetzung;Rechtspflichten aus der Vereinbarung zumAtomkonsens

Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin

BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Zusatzfragen Gerd Bollmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . .Dr. Matthias Miersch (SPD) . . . . . . . . . . . . . .Ulrich Kelber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Marco Bülow (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Dirk Becker (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3037 A

3037 B3037 D3038 A

3038 B

3038 C3038 D3039 A

3039 C

3039 C3040 A3040 B3040 C3040 D

3041 B

3041 B3041 C3042 A3042 C3042 D

Mündliche Fragen 29 und 30Marco Bülow (SPD)

Einhaltung des Atomkonsens durch dievier großen Energiekonzerne; Ver-tragstreue von Akteuren des Atomkonsen-ses und Konsequenzen bei Vertragsbrü-chigkeit

Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin

BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Zusatzfragen Marco Bülow (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Ulrich Kelber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Dr. Matthias Miersch (SPD) . . . . . . . . . . . . .

Mündliche Frage 31Oliver Kaczmarek (SPD)

Schließen einer verbindlichen Vereinba-rung über die Laufzeiten von Atomkraft-werken und etwaige alternative formali-sierte Verfahren

Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin

BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

ZusatzfragenOliver Kaczmarek (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . .Dr. Matthias Miersch (SPD) . . . . . . . . . . . . .Dirk Becker (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Ulrich Kelber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Dr. Hermann Ott (BÜNDNIS 90/

DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Mündliche Frage 32Oliver Kaczmarek (SPD)

Regressansprüche von Akteuren im Strom-markt aufgrund von Investitionen auf derBasis des bisherigen Atomkonsenses

Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin

BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Zusatzfragen Oliver Kaczmarek (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . .Ulrich Kelber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Dr. Maria Flachsbarth (CDU/CSU) . . . . . . . .Dr. Barbara Hendricks (SPD) . . . . . . . . . . . .

Mündliche Fragen 33 und 34Ulrich Kelber (SPD)

Prinzip der Vertragstreue beim Atomkon-sens und Bewertung durch die Bundesre-gierung; Juristischer Stellenwert von Kabi-nettsentscheidungen und Vereinbarungender Bundesregierung mit Folgewirkungen

3043 B

3043 C3043 D3044 A

3044 C

3044 D3045 B3045 C3045 C

3045 D

3046 B

3046 C3047 B3047 C3047 D

Page 5: Stenografischer Bericht 33. Sitzung - Deutscher Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btp/17/17033.pdf · Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010 V

für Dritte im Zusammenhang mit demAtomkonsens

Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin

BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Zusatzfragen Ulrich Kelber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Hans-Joachim Otto (Frankfurt) (FDP) . . . . . .Dr. Hermann Ott (BÜNDNIS 90/

DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Zusatztagesordnungspunkt 2:

Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktionder SPD: zur Antwort der Bundesregierungauf die Frage 1 auf Drucksache 17/1107Elke Ferner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Johannes Singhammer (CDU/CSU) . . . . . . . .Kathrin Vogler (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . .Heinz Lanfermann (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . .Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/

DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Jens Spahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . .Dr. Karl Lauterbach (SPD) . . . . . . . . . . . . . . .Dr. Erwin Lotter (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . .Dr. Carola Reimann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . .Max Straubinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . .Hilde Mattheis (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Lothar Riebsamen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . .

Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 1

Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . .

Anlage 2

Erklärung des Abgeordneten Marco Bülow(SPD) zur namentlichen Abstimmung überden Entwurf eines Gesetzes über die Feststel-lung des Bundeshaushaltsplans für das Haus-haltsjahr 2010 (Haushaltsgesetz 2010)(32. Sitzung, Tagesordnungspunkt II) . . . . . .

Anlage 3

Mündliche Frage 3Dr. Martina Bunge (DIE LINKE) Im Bundesministerium für Gesundheit er-arbeitete Pläne für eine Gesundheitsprä-mie von 29 Euro bzw. eine Teilprämie

Antwort Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär

BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3048 B

3048 C3048 D

3049 B

3049 D3051 C3052 D3054 B

3055 D3056 C3058 A3059 C3060 D3062 A3063 C3064 D

3066 C

3067 A

3067 B

3067 C

Anlage 4

Mündliche Frage 4Dr. Martina Bunge (DIE LINKE)

Entgegenwirken einer Entlastung von Be-ziehern hoher und höherer Einkommen beiEinführung der vollen Kopfpauschale

Antwort Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär

BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 5

Mündliche Fragen 10 und 11Dorothée Menzner (DIE LINKE)

Für die Abwicklung von Transporten plu-toniumhaltiger Mischoxid- bzw. von Uran-Brennelementen ausgelegte deutscheHäfen; Auflagen und Sicherheitsbestim-mungen für deutsche Häfen zur Abwick-lung von Transporten plutoniumhaltigerMischoxid- bzw. von Uran-Brennelemen-ten

Antwort Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär

BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 6

Mündliche Frage 14Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/

DIE GRÜNEN)

Entwicklung der CO2-Emissionen bei neuzugelassenen Autos im Jahr 2010

Antwort Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär

BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 7

Mündliche Frage 15Thomas Lutze (DIE LINKE)

Etwaige Interessenkonflikte des Aufsichts-ratsmitglieds der Deutschen Bahn AGKlaus-Dieter Scheurle aufgrund frühererTätigkeit bei Credit Suisse

Antwort Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär

BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 8

Mündliche Frage 16Thomas Lutze (DIE LINKE)

Qualifikation von Dr. Heinrich Weiss alsAufsichtsratsmitglied der Deutschen Bahn AG

3067 D

3068 A

3068 A

3068 B

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VI Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010

und etwaige Interessenkonflikte wegen an-derweitiger Tätigkeiten

Antwort Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär

BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 9

Mündliche Fragen 35 und 36Dr. Matthias Miersch (SPD)

Politischer und ökonomischer Stellenwertkünftiger Kabinettsentscheidungen bzw.Vereinbarungen der Bundesregierung mitFolgewirkungen für Dritte

Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin

BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 10

Mündliche Fragen 37 und 38Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/

DIE GRÜNEN)

Teilnehmer und Entscheidungen des Res-sortgesprächs zur Schachtanlage Asse IIam 10. Oktober 1995

Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin

BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 11

Mündliche Fragen 39 und 40Ingrid Nestle (BÜNDNIS 90/

DIE GRÜNEN)

Angestrebte Vollversorgung mit erneuer-baren Energien bis 2050; Anpassungsbe-darf in der Erneuerbare-Energien-Politikvor dem Hintergrund der beschlossenenKlimaziele in der EU

Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin

BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 12

Mündliche Frage 41Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/

DIE GRÜNEN)

Forschungsausgaben für erneuerbareEnergien, insbesondere für Fotovoltaik imBundeshaushalt 2010

Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin

BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3068 C

3068 C

3068 D

3069 B

3069 D

Anlage 13

Mündliche Frage 42Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/

DIE GRÜNEN) Vorliegende Anträge auf Förderung nachdem Marktanreizprogramm sowie finan-zielle Absicherung der FörderungAntwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin

BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 14Mündliche Frage 43Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/

DIE GRÜNEN) Gewährleistung der Planungssicherheit inder Kraft-Wärme-Kopplungs-Branche an-gesichts geplanter Kürzungen von Förder-maßnahmenAntwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin

BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 15Mündliche Frage 44Memet Kilic (BÜNDNIS 90/

DIE GRÜNEN) Verbesserung der Bildungschancen fürKinder mit MigrationshintergrundAntwort Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär

BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 16Mündliche Fragen 45 und 46Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/

DIE GRÜNEN) Teilnahme des Unternehmers Dr. CorneliusBoersch an Reisen des Bundesministers Dr.Guido WesterwelleAntwort Dr. Werner Hoyer, Staatsminister

AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 17Mündliche Frage 47Ute Koczy (BÜNDNIS 90/

DIE GRÜNEN) Teilnahme des Geschäftsführers des Kern-energieunternehmens Areva NP an der La-teinamerikareise des Bundesministers desAuswärtigen im März 2010Antwort Dr. Werner Hoyer, Staatsminister

AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3070 A

3070 B

3070 C

3071 A

3071 B

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010 VII

Anlage 18

Mündliche Frage 48Agnes Malczak (BÜNDNIS 90/

DIE GRÜNEN)

Teilnahme der Künstlerin Nurten Schlinkertan der Türkeireise des BundesministersDr. Guido Westerwelle im Januar 2010

Antwort Dr. Werner Hoyer, Staatsminister

AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 19

Mündliche Fragen 49 und 50Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/

DIE GRÜNEN)

Auswahl des Geschäftsführers der FirmaFar Eastern Fernost Beratungs- und Han-dels GmbH, Ralf Marohn, für die Beglei-tung der Reise von BundesministerWesterwelle nach Japan und China im Ja-nuar 2010; Veröffentlichung einer Presse-mitteilung mit dem Briefkopf der Far Eas-tern Fernost Beratungs- und HandelsGmbH durch das Auswärtige Amt

Antwort Dr. Werner Hoyer, Staatsminister

AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 20

Mündliche Fragen 51 und 52Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE)

Regeln für die Zusammensetzung der Dele-gationen bei Auslandsreisen des Bundes-außenministers; etwaiger Handlungsbe-darf einer Anpassung dieser Regeln

Antwort Dr. Werner Hoyer, Staatsminister

AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 21

Mündliche Frage 53Dr. Hermann Ott (BÜNDNIS 90/

DIE GRÜNEN)

Vertreter von Unternehmen bei Veranstal-tungen in der Villa Borsig mit direktemoder indirektem Bezug zum jetzigen Leiterder Arbeitseinheit 06 im Auswärtigen Amt,Jörg Arntz

Antwort Dr. Werner Hoyer, Staatsminister

AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3071 C

3071 D

3072 A

3072 C

Anlage 22

Mündliche Frage 54Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/

DIE GRÜNEN)

Einladung prominenter Persönlichkeitenin die Villa Borsig durch BundesministerDr. Guido Westerwelle

Antwort Dr. Werner Hoyer, Staatsminister

AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 23

Mündliche Frage 55Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/

DIE GRÜNEN)

Zusammensetzung der Delegation vonBundesminister Westerwelle bei seiner La-teinamerikareise im März 2010

Antwort Dr. Werner Hoyer, Staatsminister

AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 24

Mündliche Frage 56Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/

DIE GRÜNEN) Gründe für die Berufung eines drittenStaatssekretärs im Auswärtigen Amt

Antwort Dr. Werner Hoyer, Staatsminister

AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 25

Mündliche Fragen 57 und 58Dr. Rolf Mützenich (SPD)

Abweichen von der bisherigen Verlänge-rungspraxis des UNIFIL-Mandats im Li-banon vor dem Hintergrund der dortigenLageAntwort Dr. Werner Hoyer, Staatsminister

AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 26

Mündliche Frage 59Niema Movassat (DIE LINKE)

Thematisierung der Kandidatur Deutsch-lands für einen nichtständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat bei Regierungsverhandlun-gen des BMZ mit EmpfängerländernAntwort Dr. Werner Hoyer, Staatsminister

AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3072 C

3072 D

3073 A

3073 A

3073 C

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VIII Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010

Anlage 27Mündliche Frage 60Niema Movassat (DIE LINKE) Reaktion auf den Todesfall und die Verletz-ten unter den Streikenden bei Subunter-nehmen des ThyssenKrupp-Werkes imbrasilianischen Sepetiba infolge des beauf-tragten Polizeieinsatz vom 10. März 2010Antwort Dr. Werner Hoyer, Staatsminister

AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 28Mündliche Fragen 61 und 62Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) Prüfung des Goldstone-Berichts und Vor-lage beim Deutschen BundestagAntwort Dr. Werner Hoyer, Staatsminister

AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 29Mündliche Fragen 63 und 64Annette Groth (DIE LINKE) Umsetzung der Empfehlungen desGoldstone-Berichts zur Kontrolle der is-raelischen und palästinensischen Untersu-chungenAntwort Dr. Werner Hoyer, Staatsminister

AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 30Mündliche Frage 65Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/

DIE GRÜNEN) Gespräche mit der britischen und nieder-ländischen Regierung über die Aufnahmevon EU-Beitrittsverhandlungen mit IslandAntwort Dr. Werner Hoyer, Staatsminister

AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 31Mündliche Frage 66Sevim Dağdelen (DIE LINKE) Anerkenntnis eines Verbots einseitiger Un-terstützung von Konfliktparteien in Soma-lia; Beendigung der Vorbereitungen für dieEU-Trainingsmission in Somalia/Ugandaund des entsprechenden MandatsAntwort Dr. Werner Hoyer, Staatsminister

AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3074 A

3074 B

3074 D

3075 C

3075 D

Anlage 32

Mündliche Frage 67Andrej Konstantin Hunko (DIE LINKE)

Bewertung des deutschen Beitrags zurAusbildung der afghanischen Polizei

Antwort Dr. Werner Hoyer, Staatsminister

AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 33

Mündliche Frage 68Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE)

Unterstützung der Special Olympics Natio-nal Games 2010 in Bremen sowie der Win-ter Games 2011 in Altenburg durch denBund

Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär

BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 34

Mündliche Frage 69Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE)

Zahl der in obersten Bundesbehörden be-schäftigten bzw. in einem Ausbildungsver-hältnis befindlichen aktiven Leistungs-sportler

Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär

BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 35

Mündliche Frage 70Andrej Konstantin Hunko (DIE LINKE)

Übermittlung von Daten durch deutscheFluggesellschaften an die USA im Rahmendes Abkommens über Passagiernamensre-gister

Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär

BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 36

Mündliche Frage 71Sevim Dağdelen (DIE LINKE)

Zivilcourage gegen Rechtsextremismus,Rassismus und Antisemitismus

Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär

BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3076 A

3076 B

3076 D

3077 B

3077 C

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010 IX

Anlage 37

Mündliche Frage 72Christine Scheel (BÜNDNIS 90/

DIE GRÜNEN)

Maßnahmen der Bundesregierung zur Er-möglichung der Abschaffung der Bilanzie-rungspflicht für kleinere Unternehmen

Antwort Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär

BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 38

Mündliche Frage 73Katja Dörner (BÜNDNIS 90/

DIE GRÜNEN)

Vorlage der Eckpunkte einer Reform desSorgerechts bei unverheirateten Eltern

Antwort Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär

BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 39

Mündliche Frage 74Harald Koch (DIE LINKE)

Kurzfristige Finanzhilfen für Kommunen

Antwort Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär

BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 40

Mündliche Frage 75Harald Koch (DIE LINKE)

Gefahr einer Überwälzung von Steuerlas-ten auf die Bürgerinnen und Bürger beietwaiger Erhebung eines Zuschlags auf dieEinkommens- und Körperschaftsteuerdurch die Kommunen

Antwort Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär

BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 41

Mündliche Fragen 76 und 77Dr. Barbara Hendricks (SPD)

Gesetzliches Verbot von (ungedeckten)Leerverkäufen

Antwort Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär

BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3078 A

3078 C

3078 C

3078 D

3079 A

Anlage 42

Mündliche Frage 78Viola von Cramon-Taubadel (BÜNDNIS 90/

DIE GRÜNEN)

Höhe der Einsparungen Griechenlandsbeim Militärhaushalt angesichts der be-schlossenen EU-Finanzhilfen

Antwort Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär

BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 43

Mündliche Frage 79Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/

DIE GRÜNEN)

Ausgestaltung der finanziellen Hilfen fürGriechenland

Antwort Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär

BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 44

Mündliche Frage 80Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/

DIE GRÜNEN)

Verfügbarkeit von Daten der HSBC Pri-vate Bank Suisse für deutsche Finanzbe-hörden

Antwort Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär

BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 45

Mündliche Frage 81Christian Lange (Backnang) (SPD)

Verteilung der durch den Ankauf der Steu-ersünder-CD in Nordrhein-Westfalen ent-standenen Kosten auf andere Bundeslän-der und Beteiligung Baden-Württembergsan diesen Kosten

Antwort Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär

BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 46Mündliche Frage 82Christian Lange (Backnang) (SPD)

Strafbarkeit der Verwendung der Datender Steuersünder-CD

Antwort Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär

BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3079 C

3079 D

3079 D

3080 A

3080 B

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X Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010

Anlage 47

Mündliche Frage 83Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE)

Kostenlose Anforderung von Daten überdeutsche Steuerhinterzieher bei der franzö-sischen Justiz im Zusammenhang mit derSteuerdaten-CD der HSBC-Bank

Antwort Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär

BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 48

Mündliche Frage 84Dr. Barbara Höll (DIE LINKE)

Gesetzliche Grundlagen für die Abführungeines pauschalen Einkommensteuersatzesfür den Ankauf von Daten über potenzielleSteuerhinterzieher; Umsatzsteuerpflicht ei-nes solchen Ankaufs

Antwort Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär

BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 49

Mündliche Frage 85Dr. Barbara Höll (DIE LINKE)

Schlussfolgerungen aus der Bewertung derEU-Kommission zum Stabilitäts- und Kon-vergenzprogramm der Bundesrepublik

Antwort Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär

BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 50

Mündliche Frage 86Lisa Paus (BÜNDNIS 90/

DIE GRÜNEN)

Geplante Änderung der Dienstwagenbe-steuerung sowie Auswirkungen auf die Er-reichbarkeit des beschlossenen Klima-schutzzieles

Antwort Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär

BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 51

Mündliche Frage 88Viola von Cramon-Taubadel (BÜNDNIS 90/

DIE GRÜNEN)

Schlussfolgerungen aus den im Bericht desStockholmer Friedensforschungsinstituts

3080 B

3080 C

3080 D

3081 A

SIPRI genannten Zahlen zu den Rüstungs-geschäften Deutschlands mit Griechenland

Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär

BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 52

Mündliche Frage 89Dr. Frithjof Schmidt (BÜNDNIS 90/

DIE GRÜNEN)

Weltmarktanteil Deutschlands im BereichRüstungsexporte in den vergangenen fünfJahren

Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär

BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 53

Mündliche Frage 90Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/

DIE GRÜNEN)

Lieferung sogenannter Tetra-Technik undsensibler Krypto-Technik in den Sudanzwischen 2003 und 2005 sowie dortige Ver-wendung durch den sudanesischen Ge-heimdienst

Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär

BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 54

Mündliche Frage 92Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/

DIE GRÜNEN)

Polnische Pläne zum Bau von Atomkraft-werken in Polen sowie Unterstützungdurch deutsche oder europäische Finanz-hilfen

Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär

BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 55

Mündliche Frage 93Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/

DIE GRÜNEN)

Finanzieller Umfang der Anfragen zu Her-mesbürgschaften im Bereich der Atom-technologie

Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär

BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3081 B

3081 D

3081 D

3082 A

3082 B

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010 XI

Anlage 56

Mündliche Frage 94Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE)

Delegationsreisen des Bundesministers fürWirtschaft und Technologie in dieserWahlperiode

Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär

BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 57

Mündliche Frage 95Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/

DIE GRÜNEN)

Konsequenzen der Haushaltssperren beiden Verwaltungskosten für die Durchfüh-rung der Grundsicherung für Arbeit-suchende und den Leistungen zur Einglie-derung in Arbeit für die Träger derGrundsicherung sowie Konzept zur Aufhe-bung der Sperren

Antwort Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär

BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 58

Mündliche Frage 96Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/

DIE GRÜNEN)

Wirkung des § 421 q SGB III (ErweiterteBerufsorientierung) und etwaige Verlänge-rung der Geltung dieser Vorschrift überden 31. Dezember 2010 hinaus

Antwort Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär

BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 59

Mündliche Frage 97Anette Kramme (SPD)

Pläne des Bundesministeriums für Arbeitund Soziales zur Beschleunigung der Libe-ralisierung des Arbeitsmarkts und zur Er-leichterung der Befristung von Arbeitsver-trägen

Antwort Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär

BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3082 C

3082 C

3083 A

3083 B

Anlage 60

Mündliche Fragen 98 und 99Dr. Eva Högl (SPD)

Umgang mit dem EU-Vorschlag zur Redu-zierung des Armutsrisikos im Rahmen derneuen Strategie „Europa 2020“

Antwort Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär

BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 61

Mündliche Fragen 100 und 101Silvia Schmidt (Eisleben) (SPD)

Abstimmungsbedarf mit den Ländern zurUmsetzung der UN-Behindertenrechtskon-vention im Nationalen Aktionsplan; Unter-stützung von Eltern mit Behinderung beider Erziehung ihrer Kinder

Antwort Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär

BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 62

Mündliche Frage 102Sabine Zimmermann (DIE LINKE)

Vorlage der Gesetzgebung zur Entfristungder freiwilligen Weiterversicherung in derArbeitslosenversicherung

Antwort Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär

BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 63

Mündliche Frage 103Sabine Zimmermann (DIE LINKE)

Entwicklung der Zahl der neuen Selbst-ständigen seit 2006; Erweiterung des Krei-ses der Versicherungsberechtigten unterden Selbstständigen für die Arbeitslosen-versicherung

Antwort Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär

BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 64

Mündliche Frage 104Werner Dreibus (DIE LINKE)

Entwicklung der Zahl der Solo-Selbststän-digen in den letzten zehn Jahren sowie der

3083 C

3084 A

3084 D

3084 D

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XII Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010

Selbstständigen mit Bezug von aufstocken-den SGB-II-Leistungen seit Einführungder Hartz-Gesetze

Antwort Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär

BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 65

Mündliche Frage 105Werner Dreibus (DIE LINKE)

Anzahl der Personen mit Aufnahme einerAuslandstätigkeit und dabei durch den§ 28 a SGB III Betroffene

Antwort Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär

BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 66

Mündliche Frage 106Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE)

Pflanzenartspezifische Vorgaben im Zu-sammenhang mit der zugelassenen Am-flora-Kartoffel

Antwort Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär

BMELV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 67

Mündliche Frage 107Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE)

Chancen und Risiken der Zertifizierungvon Bundesforstflächen nach FSC-Krite-rien

Antwort Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär

BMELV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 68

Mündliche Fragen 108 und 109Burkhard Lischka (SPD)

Einrichtung und Kosten einer Organisa-tionseinheit im Bundesministerium derVerteidigung betreffend das Ansehen desBundesministers

Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär

BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3085 C

3086 A

3086 A

3086 D

3086 D

Anlage 69

Mündliche Frage 110Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/

DIE GRÜNEN)

Gründe für den herausgeschobenen Ab-schluss der Verhandlungen über nachhal-tige Entschädigungen für die Opfer undHinterbliebenen des Bombardements vonKunduz vom 4. September 2009 sowie zu-ständiges Bundesministerium

Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär

BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 70

Mündliche Frage 111Dr. Frithjof Schmidt (BÜNDNIS 90/

DIE GRÜNEN)

Existenz einer „Gruppe 85“ im Bundes-ministerium der Verteidigung zur Beein-flussung des COMISAF-Berichts zu denVorfällen in Kunduz am 4. September 2009im deutschen Interesse

Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär

BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 71

Mündliche Frage 112Ute Kumpf (SPD)

Konkrete Ausgestaltung der angekündig-ten Verkürzung von Wehrpflicht und Zivil-dienst sowie Ausgleichsmaßnahmen beiden Freiwilligendiensten

Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär

BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 72

Mündliche Frage 113Caren Marks (SPD)

Vorlage der Untersuchungsergebnisse zurQualifizierung und wirtschaftlichen Situa-tion von Tagespflegepersonen

Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär

BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3087 A

3087 B

3088 A

3088 D

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010 XIII

Anlage 73

Mündliche Frage 115Katja Dörner (BÜNDNIS 90/

DIE GRÜNEN)

Berichterstattung zum Stand der Umset-

zung der UN-Kinderrechtskonvention vorder UNO und dem Deutschen Bundestag

Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär

BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3089 C

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010 3015

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33. Sitzung

Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010

Beginn: 13.00 Uhr

Vizepräsidentin Petra Pau:Die Sitzung ist eröffnet.

Bitte nehmen Sie Platz, liebe Kolleginnen und Kolle-gen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:

Befragung der Bundesregierung

Die Bundesregierung hat als Thema ihrer heutigenKabinettssitzung mitgeteilt: Gesetzentwurf zur Einfüh-rung einer Musterwiderrufsinformation für Ver-braucherdarlehensverträge.

Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Berichthat die Bundesministerin der Justiz, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Bitte, Frau Ministerin.

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundes-ministerin der Justiz:

Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolle-ginnen und Kollegen! Die Bundesregierung hat heuteauf meinen Vorschlag hin einen Gesetzentwurf beschlos-sen, mit dem wir ein gesetzliches Muster dafür einfüh-ren, wie Verbraucher bei Darlehensverträgen über ihreWiderrufsrechte informiert werden können. Wir schaffendamit Rechtssicherheit für die Kreditwirtschaft, und wirstärken den Verbraucherschutz. Die Bundesregierung er-füllt somit einen Auftrag des Deutschen Bundestages;denn als im Sommer 2009 die Verbraucherkreditrichtli-nie umgesetzt wurde, hat der Deutsche Bundestag dieBundesregierung aufgefordert, ein solches Muster fürdie Information über das Widerrufsrecht zu schaffen.Damit erhält die Kreditwirtschaft Rechtssicherheit; denneine mangelhafte Information der Verbraucher über ihreRechte führt dazu, dass die Verträge auch lange Zeitnach Abschluss widerrufen werden können und Abmah-nungen im Raum stehen.

Das Muster, das wir jetzt vorschlagen, wird als An-hang zum Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetz-buch angefügt. Wenn das Gesetz verabschiedet wird, hates also den Rang eines formellen Gesetzes. Der Darle-hensgeber bekommt Gewissheit; denn wenn er dieses

Muster verwendet, dann erfüllt er damit seine gesetzli-chen Informationspflichten.

Verpflichtend vorgeschrieben ist die Anwendungnicht. Wenn der Darlehensgeber das Muster aber nichtverwendet, dann kann große Rechtsunsicherheit über dasWiderrufsrecht entstehen und dann muss er sich gegebe-nenfalls darauf einstellen, dass der Vertrag lange Zeitnach dem eigentlichen Ablauf der Widerrufsfrist vomDarlehensnehmer widerrufen werden kann. Gerade dasist der Vorteil für die Verbraucherinnen und Verbraucher;die Rechtslage in diesem gesamten Bereich ist sehr kom-pliziert. Hier ihnen etwas an die Hand zu geben, dasRechtssicherheit schafft, ist äußerst wichtig. Ich hoffe,dass dieser Gesetzentwurf möglichst zügig beraten undverabschiedet werden kann.

Vielen Dank.

Vizepräsidentin Petra Pau: Danke, Frau Ministerin. – Ich bitte zunächst Fragen

zu dem Themenbereich zu stellen, über den soeben be-richtet wurde. – Das Wort zur ersten Frage hat der Kol-lege Raju Sharma.

Raju Sharma (DIE LINKE): Frau Ministerin, vielen Dank für diese Informationen. –

Wir als Linke freuen uns, dass die Bundesregierung denAuftrag des Bundestages umsetzt. Bekanntermaßen istes äußerst schwierig, Musterwiderrufe so zu gestalten,dass sie einerseits juristisch korrekt und andererseits ver-ständlich sind. Deswegen haben Verbraucherverbändeangeregt, zunächst eine Art Probelauf zu starten, um dieWiderrufsinformationen daraufhin zu überprüfen, ob sieim Ergebnis tatsächlich verständlich sind. Sie habengleich einen Gesetzentwurf vorgelegt. Meine Frage ist,ob Sie vorhaben, die durch die Einführung gemachtenErfahrungen nach einer gewissen Zeit auszuwerten undgegebenenfalls Konsequenzen daraus zu ziehen.

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundes-ministerin der Justiz:

Die Verbraucherverbände und auch die Wirtschafts-verbände sind an der Formulierung dieses Musters betei-

Redetext

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3016 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010

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Bundesministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger

ligt worden. Wir haben uns bei dieser wirklich kompli-zierten und komplexen Rechtsmaterie gemeinsam umeine verständliche Sprache bemüht.

Wenn das Gesetz in Kraft tritt – das wird hoffentlichim Sommer der Fall sein können –, werden wir sehen,wie damit umgegangen wird. Zur Gesetzgebung gehört,nach einer gewissen Zeit gerade mit denjenigen einenAustausch zu führen, die davon profitieren sollen.

Vizepräsidentin Petra Pau: Gibt es weitere Fragen? – Bitte, Kollege Ahrendt.

Christian Ahrendt (FDP): Frau Ministerin, die Widerrufsbelehrung ist oftmals

sehr komplex. Ist vorgesehen, im Gesetz festzuschrei-ben, dass der Verbraucher eine zusätzliche Informationerhält, um mit seinem neuen Recht besser umgehen zukönnen?

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundes-ministerin der Justiz:

Widerrufsbelehrung und Widerrufsinformation laufennicht parallel. Aber bei komplexen Verträgen – zum Bei-spiel, wenn über das Internet etwas gekauft wird undgleichzeitig ein Darlehensvertrag notwendig wird – wirdes beide Bereiche parallel geben, um den Darlehensneh-mer und Käufer über seine Rechte umfangreich zu infor-mieren.

Ich kann noch ergänzen: Falls der DarlehensgeberAngaben vergisst, kann er sie nachholen; aber dann lau-fen auch längere Fristen.

(Christian Ahrendt [FDP]: Vielen Dank!)

Vizepräsidentin Petra Pau: Gibt es weitere Fragen zu diesem Themenbereich? –

Das ist nicht der Fall. Danke, Frau Ministerin.

Gibt es Fragen zu anderen Themen der heutigen Ka-binettssitzung? – Ich weiß jetzt nicht, wer von Ihnen derErste war. Herr Beck, bitte.

Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Da in unserer Geschäftsordnung nur von „vorrangig

zur … Kabinettssitzung“ die Rede ist und auch andereFragen zulässig sind, habe ich eine Frage, die heute nichtals dringliche Frage zugelassen wurde, obwohl sie imSpiegel und im Tagesspiegel erörtert wurde. Die Frageist: Nach welchen Regularien verteilt das AuswärtigeAmt Diplomatenpässe an Nichtmitglieder der Bundes-regierung und Nichtmitglieder des Hohen Hauses? Dasgeht zurück auf den Sachverhalt, dass Herr Mronz imJahr 2008 einen Diplomatenpass bekam.

(Zuruf)

– Einen Dienstpass. – Ich möchte wissen: Was war dasbesondere deutsche Interesse bei der Erteilung diesesReisedokumentes, bzw. nach welchen Richtlinien erhal-ten Lebenspartner, Lebensgefährten oder Ehegatten vonMitgliedern des Deutschen Bundestages solche Dienst-pässe?

Vizepräsidentin Petra Pau: Der guten Ordnung halber halten wir erst einmal fest,

dass es keine weiteren Fragen zu Themen der heutigenKabinettssitzung gab.

(Widerspruch des Abg. Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

– Doch? Dann hätten Sie sich vorher melden müssen.

(Christian Lange [Backnang] [SPD]: Dann gibt es keine! Entweder – oder!)

Dann sind wir jetzt erst einmal bei den sonstigen Fra-gen. Bitte, Herr Staatsminister.

Eckart von Klaeden, Staatsminister bei der Bundes-kanzlerin:

Herr Kollege Beck, der Kollege Staatsminister Hoyerist auf dem Weg hierher und wird jeden Moment eintref-fen. Weil es mir nicht möglich ist, diese Frage zu beant-worten, muss ich Ihnen anbieten, sie schriftlich zu beant-worten.

Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Ich hätte gerne eine mündliche Antwort, sobald der

Kollege Hoyer hier ist.

Die Bundesregierung muss bei der Befragung vertre-ten sein, weil unsere Geschäftsordnung Fragen zu allenBereichen zulässt.

Vizepräsidentin Petra Pau: Kollege Beck, da der Kollege Hoyer auf dem Weg

hierher ist, rate ich, dass Sie sich noch einmal melden,wenn er hier ist, um diese Frage zu stellen. In der Zwi-schenzeit können Sie dem Kollegen Ströbele die Gele-genheit geben, seine Frage zu stellen.

Bitte, Herr Ströbele.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN):

Danke, Frau Präsidentin. – Ich habe zu dem Komplex,den der Kollege Beck angesprochen hat, eine Frage.Diese Frage stelle ich aber ebenfalls zurück, bis HerrHoyer da ist.

Ich habe aber noch eine weitere Frage zu einem ganzanderen Komplex, bei dem ich davon ausgehe, dass erGegenstand der heutigen Debatte im Kabinett gewesenist. Die Medien, unter anderem das Radio, berichtenüber einen Plan, den der Bundesminister für wirtschaftli-che Zusammenarbeit und Entwicklung dem Kabinettvorgelegt hat. Danach soll die Zusammenlegung vonGTZ, DED und anderen Organisationen vom Ministe-rium vorgesehen sein. Dazu habe ich eine Frage – ichweiß nicht, ob Sie, Herr von Klaeden, oder jemand an-ders diese Frage beantworten wollen; ich nehme an, Siewaren bei der Kabinettssitzung dabei –: Können Sie demHohen Hause Näheres dazu mitteilen, wie nach Vorstel-lung des Ministeriums und des vortragenden Ministersdiese Zusammenlegung aussehen soll? Das heißt: Wasfür ein Konzept, was für eine juristische Konstruktionliegen dem zugrunde?

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010 3017

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Hans-Christian Ströbele

Ich habe einem Brief des Ministers vom 2. März ent-nommen, dass mit Rücksicht auf die geplante Zusammen-legung der verschiedenen staatlichen Hilfsorganisationenbereits Veränderungen in den Ministerien – Umsetzungen,Neuorganisationen – vorgenommen werden. Wenn be-reits jetzt im Ministerium Umorganisierungen durchge-führt werden, müsste dem Ganzen ein konkreter Plan zu-grunde liegen. Was wurde über diesen Plan mitgeteilt?

Eckart von Klaeden, Staatsminister bei der Bundes-kanzlerin:

Herr Kollege Ströbele, es ist richtig, dass der Bundes-minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent-wicklung, Dirk Niebel, heute im Kabinett über diesesVorhaben berichtet hat. Kern dieses Vorhabens ist, jetztendlich das in die Tat umzusetzen, was Vorgängerregie-rungen immer wieder erfolglos versucht haben, nämlichdie unterschiedlichen Ausführungsorganisationen zu-sammenzuführen, um zu mehr Effizienz zu kommen undDoppelarbeit zu vermeiden. Das soll selbstverständlichunter Einbeziehung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiterstattfinden. Es ist auch vorgesehen, dass die Standortedieser Organisationen in Deutschland erhalten bleiben.

Vizepräsidentin Petra Pau: Sie möchten eine Nachfrage stellen? – Dann tun Sie

das bitte.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN):

Es tut mir leid: Sie haben meine Frage noch nicht ein-mal im Ansatz beantwortet. Ich habe gefragt: Was für einOrganisationskonzept hat der Minister dem Kabinettvorgetragen? Wie soll die zukünftige juristische Kon-struktion aussehen? Welche Ansätze gibt es dazu? Wennim Ministerium bereits Veränderungen mit Rücksicht aufdie Neuorganisierung durchgeführt werden, dann müss-ten dazu Vorstellungen vorhanden sein. Oder hat er dazunichts gesagt?

Eckart von Klaeden, Staatsminister bei der Bundes-kanzlerin:

Herr Kollege Ströbele, Sie haben mich nach demKonzept und den zugrunde liegenden Prinzipien gefragt.Diese Frage habe ich Ihnen beantwortet. Ich bitte Sie,weitere Fragen im Ausschuss zu stellen oder sich mit ei-ner schriftlichen Beantwortung einverstanden zu erklä-ren.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN):

Ist dazu heute nichts gesagt worden?

Eckart von Klaeden, Staatsminister bei der Bundes-kanzlerin:

Ich habe die Frage so beantwortet, wie es mir jetztmöglich ist.

Vizepräsidentin Petra Pau: Die Bundesregierung entscheidet erstens, wer antwor-

tet, zweitens, was sie antwortet.

Da sich der Kollege Beck gerade zu einem Geschäfts-ordnungsantrag meldet, muss ich Ihre Frage leider zu-rückstellen, Kollegin Koczy.

Bitte, Kollege Beck.

Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Ich beantrage, die Befragung so lange zu unterbre-

chen, bis auskunftsfähige Personen der Bundesregierunganwesend sind. Es kann nicht sein, dass als Antwort aufeine Frage an das Auswärtige Amt der Kollege aus demBundeskanzleramt zu Recht sagt, dass er dazu nichtsweiß. Auch die Frage zur GTZ konnte nicht beantwortetwerden, weil niemand von dem zuständigen Ressort an-wesend ist. Lassen Sie uns so lange unterbrechen, bis diezuständigen Staatssekretäre eingetroffen sind, und dannfortfahren.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Durch Filibustern wird faktisch das Fragerecht desDeutschen Bundestages beschnitten. Das ist keine Fragevon Mehrheit oder Minderheit, sondern das ist eineFrage des Interpellationsrechts des Parlamentes undkann auch dann, wenn die Mehrheit diesen Antrag ab-lehnt, nicht abgewürgt werden.

Vizepräsidentin Petra Pau: Zu diesem Geschäftsordnungsantrag verhandeln wir.

Bitte, Kollege Grund.

Manfred Grund (CDU/CSU): Vielen Dank. – Der Antrag des Kollegen Beck geht

weit über unsere Geschäftsordnung hinaus. Hätte errecht, würde das bedeuten, dass am Mittwoch einer nor-malen Sitzungswoche ab 13 Uhr das gesamte Kabinetthier zu sitzen hat,

(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN]: So ist es! – Josef Philip Winkler[BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es geht auchum die Staatssekretärsebene!)

um sich irgendwelchen Fragen des Kollegen Beck zustellen.

(Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN]: Das ist eine völlig berechtigte Frage! –Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN]: Herr Klaeden sagt doch immer, erweiß nichts!)

– Das hat er nicht gesagt. Er hat Ihnen die Auskunft ge-geben, die zu geben ist, und den Kenntnisstand wieder-gegeben, der im Kanzleramt vorhanden ist.

Ich weise darauf hin, dass Ihre Forderung weit überdas hinausgeht, was in der Geschäftsordnung vereinbartist.

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3018 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010

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Manfred Grund

(Abg. Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN] begibt sich mit der Geschäftsord-nung des Deutschen Bundestages zu Abg.Manfred Grund [CDU/CSU])

– Nehmen Sie sie wieder mit. Ich habe sie selber gele-sen.

Vizepräsidentin Petra Pau: Kollege Grund, es ist richtig, dass das unserer bisheri-

gen Praxis widerspricht. Aber unsere bisherige Praxisbesagt: Wenn eine solche Situation eintritt, entscheidetder Präsident/die Präsidentin.

Ich unterbreche die Sitzung bis 13.25 Uhr. Wirschauen, wie wir dann weitermachen.

(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Unterbrechung von 13.14 bis 13.26 Uhr)

Vizepräsidentin Petra Pau: Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.

Das Wort zu einer Frage an die Bundesregierung hatder Kollege Volker Beck.

Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Herr Staatsminister Hoyer, ich habe eine Frage zu den

Usancen bei der Ausgabe von Dienstausweisen durchdie Bundesregierung an Personen, die nicht Mitglied desHohen Hauses oder Mitglied der Bundesregierung sind.Meine Frage geht zurück auf die Vergabe eines Dienst-ausweises an Herrn Mronz im Jahre 2008. In welchembesonderen deutschen Interesse stand die Ausgabe die-ses Dienstausweises? Nach welchen Usancen werden beiLebensgefährten, Lebenspartnern oder Ehegatten vonMitgliedern des Deutschen Bundestages Dienstausweisevom Auswärtigen Amt ausgestellt?

Dr. Werner Hoyer, Staatsminister im AuswärtigenAmt:

Herr Kollege Beck, Sie hatten diese Frage als dringli-che Frage eingereicht. Dementsprechend hat das Amtmich sauber auf die Beantwortung vorbereitet. Dann istdie Frage nicht zugelassen worden. Deswegen erwischenSie mich jetzt ohne einen Stapel von Unterlagen zu die-sem Thema, und ich kann nur recht allgemein antwortenund Ihnen sagen, dass es eine entsprechende Verwal-tungsvorschrift gibt, eine allgemeine Verwaltungsvor-schrift über die Ausgabe von Dienstpässen. Nach, ichglaube, § 3 dieser Vorschrift ist dieser Dienstpass ausge-stellt worden. Weitere Details entziehen sich meinerKenntnis.

Sie wissen, dass dieser Vorgang zur Ausstellung einesDienstpasses geführt hat, der später nie genutzt wordenist, weil die Reise, die angedacht war, nicht stattgefun-den hat. Außerdem wurde dieser Dienstpass bereits imJahr 2008 ausgestellt.

Vizepräsidentin Petra Pau: Haben Sie eine – –

Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Der Dienstausweis wurde abgeholt, ohne dass die

Reise angetreten wurde?

Dr. Werner Hoyer, Staatsminister im AuswärtigenAmt:

In der Tat. Der Dienstpass war auf ein Jahr ausge-stellt. Die Reise, die Anlass für die Beantragung durchden Passinhaber gewesen ist, hat nicht stattgefunden.

Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Können Sie uns – –

Vizepräsidentin Petra Pau: Kollege Beck, das Wort erteile immer noch ich.

Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Entschuldigung!

Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben jetzt die Möglichkeit, eine Nachfrage zu

stellen. Dann haben wir noch weitere Wortmeldungen.Sie können sich natürlich auch im Rahmen unserer Fra-gestunde noch einmal melden. Bitte, Kollege Beck.

Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Herr Staatsminister, können Sie uns denn abstrakt die

Frage beantworten, wie die rechtlichen Regularien sind,wenn es um Dienstausweise für Angehörige der Mitglie-der des Deutschen Bundestages geht? Das mag ja auchfür andere Kollegen von Interesse sein. Was ist da diePraxis, und wie sieht die Rechtssituation da aus?

Dr. Werner Hoyer, Staatsminister im AuswärtigenAmt:

Das kann ich Ihnen nicht im Detail sagen. Sie wissen,dass Sie als Mitglied des Deutschen Bundestages An-spruch auf einen Diplomatenpass haben.

(Ulrich Kelber [SPD]: Meine Frau aber nicht! –Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: MeinMann auch nicht!)

Weitere Details sind mir in diesem Zusammenhang nichtbekannt.

Ich kann mir vorstellen, dass die damalige Bundesre-gierung gerade bei einer Reise in ein Land, das mit derBehandlung von Homosexuellen durchaus seine Schwie-rigkeiten hat,

(Lachen bei Abgeordneten der SPD)

vielleicht ein Interesse daran hatte, den reibungslosen Ab-lauf der Reise zu organisieren oder zu ermöglichen. Dasist durchaus ein legitimes Ansinnen. Wir würden vermut-lich auch heute, wenn ein solcher Fall entsteht, Entspre-chendes tun. Ich vermute einmal, dass BundesministerSteinmeier aus diesem Grunde so entschieden hat.

(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN]: Dürfen das Heterosexuelle auchbeantragen? – Ulrich Kelber [SPD]: Das warauf Antrag der FDP-Fraktion!)

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010 3019

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Vizepräsidentin Petra Pau: Ich habe Sie gesehen, Kollege Ströbele; aber der Kol-

lege Ahrendt war schneller mit seiner Meldung zu einerNachfrage zu diesem Gegenstand.

Bitte, Herr Ahrendt.

Christian Ahrendt (FDP): Herr Staatsminister, können Sie mir die Frage beant-

worten, wer im Jahr 2008, als der Dienstpass ausgestelltworden ist, im Auswärtigen Amt die Verantwortungtrug?

Dr. Werner Hoyer, Staatsminister im AuswärtigenAmt:

Ja. Ich habe den Namen von BundesministerSteinmeier genannt, aber ich will ihn hier gar nicht inHaftung nehmen, weil das ein Vorgang ist, den ich nach-vollziehen kann. Dennoch haben Sie die Frage, wer da-mals im Amt war, zu Recht gestellt. Wir waren es zu-mindest nicht.

(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr investigativ!)

– Da ich hier gerade einen Zwischenruf gehört habe,möchte ich klarstellen: Die Ausstellung dieses Dienst-passes erfolgte nicht auf Antrag einer Fraktion.

Vizepräsidentin Petra Pau: Zu einer Nachfrage hat der Kollege Hans-Christian

Ströbele das Wort.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN):

Danke, Frau Präsidentin. – Vorhin war der HerrStaatsminister leider noch nicht hier, weshalb ich dieFrage vorhin noch nicht stellen konnte. Ich habe nämlichauch eine Frage zu diesem Komplex.

Alle warten – ich warte und viele andere auch – aufdie Beantwortung der Frage: Nach welchen Kriterienkann man nicht als Bundestagsabgeordneter – hier weißich das –, sondern als Geschäftsmann, als Unternehmerin den Kreis derer kommen, die zu Reisen des Außenmi-nisters ins Ausland eingeladen werden und mitfliegendürfen?

Dr. Werner Hoyer, Staatsminister im AuswärtigenAmt:

Diese Frage betrifft ja den Gesamtzusammenhang derZusammenstellung von Delegationsreisen. Auf dieseFrage werden wir noch ausführlich zu sprechen kom-men, aber ich bin gerne bereit, diese Frage bereits jetztaufzugreifen

(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN]: Ja, das müssen Sie auch!)

und zu sagen: Es gibt ein mehr oder weniger formalisier-tes Verfahren. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter indem für die Wirtschaftsdelegationsreisen zuständigenReferat stellen entsprechende Überlegungen an undstimmen sich mit den Botschaften des Gastlandes und

auch mit dem Gastland selbst ab. Wenn hinreichend Zeitvorhanden ist, werden auch die Wirtschaftsverbände ab-gefragt und um Empfehlungen gebeten. Dann wird einelängere Liste aufgestellt. Es kann auch initiativ Interessean der Teilnahme an solchen Reisen geäußert werden.Am Ende wird dann entschieden.

Natürlich geht es darum, die besondere Kompetenzoder das besondere Interesse des Gastes hinsichtlich desZiellandes zur Grundlage der Entscheidung zu machen;denn diese Reisen haben ja einen hohen Wert und einengroßen Sinn, nämlich, insbesondere die wirtschaftlichen,kulturellen und politischen Beziehungen der Bundesre-publik Deutschland zu diesem Land weiter auszubauenund gegebenenfalls – im Fall von Gästen aus dem Be-reich der Wirtschaft – auch den Interessen der deutschenWirtschaft und der Sicherung von Arbeitsplätzen denentsprechenden Rang einzuräumen.

Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zu einer weiteren Frage. Danach

kommt der Kollege Gehrcke an die Reihe. – Bitte, Kol-lege Ströbele.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN):

Herr Staatsminister, ich habe eine Zusatzfrage: Wardieses Thema, das derzeit doch weite Teile in der Bun-desrepublik Deutschland beschäftigt, heute Gegenstandder Kabinettssitzung, insbesondere in dem Zusammen-hang, welche Industrievertreter oder Vertreter von Un-ternehmen der derzeitige Außenminister auf seinen letz-ten Reisen mitgenommen hat und ob die Beteiligungbestimmter Personen an diesen Reisen auf besonderenWunsch des Ministers von der Auswahlkommissionbzw. von der Auswahlstelle befürwortet worden ist?

Dr. Werner Hoyer, Staatsminister im AuswärtigenAmt:

Nein.

(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN]: Sie haben jetzt nur die Frage be-antwortet, ob es Gegenstand der Diskussion imKabinett heute war!)

– Die Frage war einfach mit Ja oder Nein zu beantwor-ten. Genau das habe ich getan.

(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, aber – –)

Vizepräsidentin Petra Pau: Kollege Ströbele, auch hier gilt: Das Wort erteile ich.

(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Okay!)

Die Bundesregierung entscheidet, was sie antwortet undin welcher Form sie antwortet. Sie sind dann wiederumin Ihrer Bewertung dessen frei.

Jetzt hat der Kollege Wolfgang Gehrcke das Wort.

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3020 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010

(A) (C)

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Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE): Herr Staatsminister, würden Sie mir zustimmen, dass

der Hinweis darauf, dass auch bei vorangegangenen Au-ßenministern – Herrn Steinmeier, Herrn Fischer; mankönnte noch weiter zurückgehen – ähnliche Verfahrenüblich waren, wenig überzeugend ist und dass es nachdem Kladderadatsch, zu dem es jetzt gekommen ist, not-wendig gewesen wäre, die Richtlinien darüber, wer mit-genommen werden kann, warum er mitgenommen wirdund unter welchen Bedingungen ein Diplomatenpassausgestellt wird, endgültig neu zu regeln?

Dr. Werner Hoyer, Staatsminister im AuswärtigenAmt:

Ich sehe diese Notwendigkeit nicht. Ich meine auch,dass man den Sinn solcher Delegationsreisen, den Sinnder Begleitung eines Bundesministers, der Bundeskanz-lerin oder des Bundespräsidenten, nicht aus dem Augeverlieren sollte und ein Mindestmaß an Flexibilität imUmgang mit Gästen braucht.

Vizepräsidentin Petra Pau: Das Wort zu der nächsten Frage hat die Kollegin

Koczy.

(Staatsminister Dr. Werner Hoyer erhebt sich von seinem Platz)

– An die Bundesregierung. Die Bundesregierung ent-scheidet dann, wer antwortet.

(Dr. Werner Hoyer, Staatsminister: Dann setze ich mich erst mal wieder!)

– Das war der versteckte Hinweis. – Bitte, KolleginKoczy.

Ute Koczy (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Danke, Frau Präsidentin. – Meine Frage richtet sich

aber auch an den Staatsminister Hoyer. Denn er hat beiden Antworten auf die vorherigen Fragen den Eindruckerweckt, dass häufig ein Zusammenhang zwischen Inte-ressen der Wirtschaft und Interessen der Bundesregie-rung besteht und dass das auch zukünftig gilt.

Wir wissen ja, dass in Zukunft auch Hermesbürg-schaften für Atomkraftwerke gewährt werden sollen. Dagibt es einen Zusammenhang mit der Reise des Außen-ministers nach Brasilien, Lateinamerika. Auf diese Reiseist auch ein Geschäftsführer von Areva – das ist einKernenergieunternehmen – bzw. Siemens mitgefahren.

Meine Frage ist: Können wir davon ausgehen, dass imRahmen der weiteren Billigung von Hermesbürgschaf-ten für die Länder China, Russland und möglicherweiseauch für andere Länder in Zukunft bei Delegationen dieGeschäftsführer der jeweiligen Firmen dabei sein wer-den?

Dr. Werner Hoyer, Staatsminister im AuswärtigenAmt:

Ich sehe den von Ihnen angesprochenen Zusammen-hang eindeutig nicht. Es kann kein Grund sein, jemandenvon einer Reise auszuschließen, weil er in einem Ge-

schäftsfeld tätig ist, das einem Teil der Mitglieder desDeutschen Bundestages nicht passt.

Vizepräsidentin Petra Pau: Die Kollegin Koczy hat dazu noch eine Nachfrage. –

Ich gehe davon aus, Kollege Ströbele, dass Sie dann IhreFrage an die Kollegin Kopp wiederholen wollen, die in-zwischen eingetroffen ist. Ist das richtig?

(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] nickt)

– Gut, dann kommt zunächst die Kollegin Koczy.

Ute Koczy (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich habe doch noch eine Rückfrage. Denn es handelt

sich ja um eine Bürgschaftssumme von 2,5 MilliardenEuro, die der deutsche Steuerzahler für den Bau einesAtomkraftwerkes in Brasilien eventuell aufbringenmuss; und wir wissen nicht genau, ob es sich dabei mitBlick auf das veraltete Modell, um das es geht, nicht umeine Fehlinvestition handelt. Inwiefern wird denn vorhergeprüft, ob die Geschäftsmodelle tatsächlich wirtschafts-tauglich sind?

Dr. Werner Hoyer, Staatsminister im AuswärtigenAmt:

Diese Frage wird im Zusammenhang mit der Unter-stützung eines solchen Projektes durch die Bundesregie-rung – gegebenenfalls auch durch Hermesbürgschaften –geprüft. Das ist aber nicht die Grundlage für die Ent-scheidung über die Beteiligung an einer Reise. Die Ent-scheidung, ob die Bundesregierung ein solches Projektfür gut befindet oder nicht, ist auf jeden Fall vorgelagert.Das ist nicht die Grundlage für die Entscheidung, werauf eine Reise mitgenommen wird.

Vizepräsidentin Petra Pau: Die nächste Frage stellt der Kollege Hans-Christian

Ströbele.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN):

Danke, Frau Präsidentin. – Ich wiederhole die Frage,die ich vorhin gestellt habe, als Sie noch nicht da waren,Frau Kopp.

Thema der Kabinettssitzung war nach den heutigenPresse- und Radiomeldungen unter anderem auch derPlan des Ministeriums für wirtschaftliche Zusammenar-beit und Entwicklung der Zusammenlegung von staat-lichen Hilfs- und Entwicklungsorganisationen, unteranderem von DED und GTZ.

Ich frage die Bundesregierung: Was wurde dem Kabi-nett hinsichtlich der geplanten Organisationsform undjuristischen Form vorgetragen, und welche Vorstellun-gen hat der Bundesminister für wirtschaftliche Zusam-menarbeit und Entwicklung in diesem Bereich? Ich fragedas insbesondere mit Blick auf einen Brief des Minis-ters, dem ich entnommen habe, dass unter Bezugnahmeauf diese Planungen bereits Umorganisationen im Minis-terium stattgefunden haben.

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010 3021

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Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Frau Staatssekretärin.

Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin beim Bundes-minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent-wicklung:

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr KollegeStröbele, sehr geehrte Herren und Damen, ich bitte umNachsicht, dass ich ein wenig verspätet hierher gekom-men bin. Ich war bereits in einer anderen Veranstaltungund war der Meinung, dass das, was wir bereits vorge-legt und auch im Ausschuss beraten haben, hinreichendbekannt ist.

Aber sehr gerne antworte ich auf Ihre Frage: Heute imKabinett hat der Minister vorgelegt, was geplant ist:nämlich die Fusion von GTZ, InWEnt und DED. Dassind weltweit tätige Vorfeldorganisationen, die in130 Ländern tätig sind und über circa 17 000 Beschäf-tigte verfügen. Das ist also keine kleine Organisation.Durch diese Fusion der Vorfeldorganisationen erhoffenwir uns sehr viel mehr Effektivität.

Wir sind einen ganz neuen Weg gegangen, indem wirin einem ersten Schritt die drei betroffenen Organisatio-nen selbst befragt haben und noch befragen, wie sie sicheine solche Zusammenführung vorstellen. Neu daran ist,nicht von oben vorzugeben, wie die künftigen Vorfeld-organisationen zu gestalten sind. Wir möchten vielmehrbei dieser notwendigen Umstrukturierung alle Organisa-tionen mitnehmen.

Das ist bisher schon sehr gut gelungen. Wir sind be-reits mit den drei Organisationen etwa 80 Prozent desWeges hin zu einer Zusammenführung gegangen, sehrim Konsens mit den Mitarbeitern und allen betroffenenEinrichtungen.

Es geht uns jetzt darum, im Laufe der nächsten Zeitdas, was Sie angesprochen haben – die rechtliche Kon-struktion, die Frage der Personalverträge, die Zusam-menführung der verschiedenen Personalverträge bis hinzur neuen Bezeichnung – zu regeln. All das ist nochnicht geregelt. Es sind schwierige Fragen, die zu regelnsind. Dafür brauchen wir Zeit. Bitte bedenken Sie: Wirsind erst seit Ende des letzten Jahres dabei, diese Aufga-ben anzugehen. Das war heute Morgen nicht Gegenstandder Kabinettssitzung, weil wir noch nicht so weit sind.Es ist ein erster Entwurf dessen, was bisher geleistetwurde.

Ich denke, wir sind auf einem sehr guten Weg, weilbis jetzt schon ein sehr großer Konsens hergestellt wer-den konnte.

Vizepräsidentin Petra Pau: Bevor ich Ihnen das Wort zu einer Nachfrage gebe,

weise ich vorsorglich darauf hin, dass ich die Dauer derUnterbrechung der Sitzung auf die Zeit der Regierungs-befragung angerechnet habe, aber vorhabe, diese in4 Minuten und 36 Sekunden zu beenden und zur Frage-stunde überzugehen. Das heißt, die Kolleginnen Wilmsund Koczy haben noch die Möglichkeit, ihre Fragen zustellen, wenn es jetzt gelingt, kurze Fragen und kurzeAntworten zu formulieren. – Bitte, Kollege Ströbele.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN):

Leider haben Sie meine Frage nicht beantwortet, dienämlich dahin ging, welche Vorstellungen der Ministerund das Ministerium von der zukünftigen Organisations-form und juristischen Konstruktion haben. Wenn bereitsjetzt im Ministerium Umorganisationen durchgeführtwerden, dann muss es doch entsprechende Vorstellungendavon geben. Ich zitiere dazu die entsprechenden Sätzeaus dem Schreiben des Ministers vom 2. März: Zu die-sem Zweck strukturieren wir derzeit auch das Ministe-rium selbst um. In der neuen Struktur spiegeln sich dieSchwerpunkte unserer Arbeit.

Wenn Sie schon Umstrukturierungen im Ministeriumvornehmen, dann muss es doch Vorstellungen von derneuen Organisationsform und der juristischen Konstruk-tion geben.

Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin beim Bundes-minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent-wicklung:

Herr Kollege Ströbele, selbstverständlich findet seiteiniger Zeit im BMZ eine organisatorische Umstruktu-rierung statt, die auch notwendig ist, weil wir auch andieser Stelle moderne Elemente des Managements ein-führen wollen. Dies ist auch notwendig, um unsere Ar-beit zielführend voranzubringen.

Dennoch sind die Frage nach der juristischen Kon-struktion und alle weiteren Fragen, die sich dazu stellen– sie betreffen unter anderem die Integration des Ent-wicklungshelfer-Gesetzes; Sie wissen, welche Proble-matiken sich damit verbinden –, noch nicht zu beantwor-ten. Denn wir sind erst in der Phase der Aufnahme derProblemfelder. Wir sind noch nicht in der Phase der Um-setzung.

Diese Fragen sind derzeit in der Pipeline. Sie werdensorgfältig geprüft. Wir machen dabei keine Schnell-schüsse, sondern wir wollen, wie ich bereits sagte, zu ei-ner Neukonstruktion kommen, die effektiv und effizientarbeitet und den größtmöglichen Nutzen für die Ent-wicklungszusammenarbeit bringt. Dabei ist das BMZ alsSchaltzentrale sozusagen der Kopf, der auch effizientaufgestellt werden muss. Dabei sind wir schon ein gro-ßes Stück weiter.

Alle anderen Fragen sind – auch wenn Sie das nichtzufriedenstellt – noch nicht beantwortet. Wir sind erstseit gut zehn Wochen dabei. Das ist ein großes Kon-strukt. Sie wissen, dass auch schon Vorgängerregierun-gen versucht haben, eine solche Fusion hinzubekommen.Geben Sie uns bitte ein bisschen Zeit, eine Lösung zufinden, die uns in der Sache wirklich weiterbringt und injuristischer Hinsicht nicht auf wackligen Füßen steht.Wir wollen erst prüfen, dann Diskussionen über die De-tails führen und schließlich entscheiden.

Vizepräsidentin Petra Pau: Die nächste Frage an die Bundesregierung stellt die

Kollegin Wilms.

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Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Präsidentin, vielen Dank. – Ich habe folgende

Frage an die Bundesregierung: Aus welchen Gründenwurde der Geschäftsführer der Firma Far Eastern Fern-ost Beratungs- und Handelsgesellschaft mbH, RalfMarohn, an der auch der Bruder des Bundesministersdes Auswärtigen Anteilseigner ist, in dessen Delegationnach Japan und China im Januar 2010 eingeladen, undwer hat ihn für diese Delegation vorgeschlagen?

Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Herr Staatsminister.

Dr. Werner Hoyer, Staatsminister im AuswärtigenAmt:

Die Begründung ist glasklar: Herr Marohn ist einerder wesentlichen Experten für die Geschäftsanbahnungmit China. Er ist hoch anerkannt und kommt deshalb füreine solche Reise infrage. Er hat eine große Anzahl vonReisebegleitungen – auch für offizielle Delegationen –gemacht und sich sehr sinnvoll eingesetzt, insbesonderefür den Mittelstand im Chinageschäft. Ich kann Ihnendie konkrete Frage, woher ein Brief gekommen ist, mitdem angeregt wurde, dass Herr Marohn mitfährt, nichtbeantworten. Wenn ich zuständig gewesen wäre, hätte esdurchaus sein können, dass ich selber auf die Idee ge-kommen wäre, ihn zu fragen, ob er nicht bereit wäre,mitzufahren.

Vizepräsidentin Petra Pau: Die nächste Frage stellt die Kollegin Koczy. Das ist

die letzte Frage in der Regierungsbefragung.

Ute Koczy (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Danke, Frau Präsidentin. – Frau Staatssekretärin

Kopp, ich will eine Nachfrage zur Reform der Vorfeld-organisationen stellen. Heute ist im Kabinett der ersteBericht zur Reform der Vorfeldorganisationen vorgelegtworden. Es handelt sich nicht um einen Entwurf, son-dern um einen ersten Bericht. Meine Frage lautet: Wirddiese Debatte in eine inhaltliche Diskussion über dieZiele der Entwicklungszusammenarbeit eingebettet?Was uns vorliegt, zeigt, dass es sich bislang eher um einetechnokratische Angelegenheit handelt. Es geht nur umdie technische Zusammenarbeit, die in dieser Form nochnie so stattgefunden hat und nicht geplant war. Die vor-herigen Fusionsplanungen liefen auf einer anderenEbene. Die entscheidende Frage ist: Wird das BMZ eineDebatte über die inhaltliche Ausgestaltung der Entwick-lungszusammenarbeit im Rahmen der Reform einpla-nen?

Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Frau Staatssekretärin.

Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin beim Bundes-minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent-wicklung:

Danke sehr, Frau Präsidentin. – Selbstverständlichwird eine inhaltliche Diskussion im Zusammenhang mitder organisatorischen Neuordnung geführt werden. Ich

weise aber darauf hin, dass wir schon sehr viele Debattenüber eine inhaltliche Neuausrichtung der Entwicklungs-zusammenarbeit im Plenum, aber auch in den Ausschüs-sen geführt haben. Es geht uns darum, in besondererWeise mit den Institutionen, aber auch mit der Zivilge-sellschaft zusammenzuarbeiten. Sie kennen sicherlichdie Debatte über die Stärkung des Privatsektors und derZivilgesellschaft. Konkret heißt das: Wir möchten zu ei-nem Verhältnis von etwa zwei Dritteln bilaterale Zusam-menarbeit zu einem Drittel multilaterale Zusammenarbeit– verstehen Sie das bitte nicht als starres Verhältnis –kommen. Auch die multilaterale Zusammenarbeit mussgestärkt werden. Aber wir möchten einen anderen Ak-zent setzen.

Es ist jedoch völlig klar, dass bei der Neuorganisationder Strukturen auch die inhaltliche Ausrichtung einegroße Rolle spielt. Ich nenne als ein Beispiel einen wich-tigen Punkt. Wir wollen einen zielgenaueren Einsatz derMittel, ob personeller oder finanzieller Art, erreichen.Wir möchten die Prozesse sehr viel transparenter undeffektiver gestalten. Wir sind der Ansicht, dass es in derEntwicklungszusammenarbeit sehr viel mehr Potenzialezu heben gibt, als das in der Vergangenheit der Fall war.Beides hängt zusammen. Beides sind wichtige Säulen ei-ner schlagkräftigen Entwicklungszusammenarbeit. SeienSie versichert: Die inhaltliche Ausrichtung wird mit derpersonellen zusammenhängen.

Vizepräsidentin Petra Pau: Ich beende die Befragung der Bundesregierung. Es

gibt zwar noch Nachfragebedarf, aber die für die Regie-rungsbefragung vorgesehene Zeit ist schon überschrit-ten. Danke, Frau Staatssekretärin.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf:

Fragestunde – Drucksache 17/1107 –

Ich rufe die Fragen auf Drucksache 17/1107 in der üb-lichen Reihenfolge auf. Wir beginnen mit dem Ge-schäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit.Zur Beantwortung der Fragen steht der ParlamentarischeStaatssekretär Daniel Bahr zur Verfügung.

Ich rufe die Frage 1 der Kollegin Kathrin Vogler auf:Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung hinsichtlich

der Auswirkungen der Honorarreform, die seit 1. Januar 2009in Kraft ist, auf die Vergütung niedergelassener Kassenärztin-nen und -ärzte in den einzelnen Bundesländern, und welchekonkreten Maßnahmen plant die Bundesregierung, um dieVerunsicherung vieler Ärztinnen und Ärzte insbesondere– aber nicht nur – in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg zu beheben?

Bitte, Herr Staatssekretär.

Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär beim Bundesminis-ter für Gesundheit:

Vielen Dank, Frau Präsidentin – Frau AbgeordneteVogler, die Gewinnung von Erkenntnissen über die Aus-wirkungen der Honorarreform, die seit dem 1. Januar2009 in Kraft ist, auf die Vergütung der niedergelassenenVertragsärztinnen und Vertragsärzte wird derzeit da-durch erschwert, dass der Bundesregierung trotz der ge-

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Parl. Staatssekretär Daniel Bahr

setzlich vorgegebenen Berichtspflicht der gemeinsamenSelbstverwaltung der Ärzte und Krankenkassen auf Bun-desebene noch keine bzw. noch keine vollständig plausi-bilisierten Datenberichte für das erste Halbjahr 2009, dasheißt für das erste Quartal und das zweite Quartal 2009,vorliegen.

Der Datenbericht für das erste Quartal wurde von derKBV am 15. Februar 2010 vorgelegt. Die Daten sindaber unvollständig und weisen zudem eine Reihe vongravierenden Implausibilitäten auf, die bislang nochnicht aufgeklärt werden konnten. Der Datenbericht fürdas zweite Quartal wurde von der Kassenärztlichen Bun-desvereinigung für Mitte April 2010 in Aussicht gestellt.

Die Bundesregierung nimmt die immer wieder geäu-ßerte Kritik von Ärztinnen und Ärzten an den Auswir-kungen der Honorarreform sehr ernst. Der Koalitions-vertrag der neuen Koalition sieht ja auch vor, dass dieseit dem 1. Januar 2009 geltende Honorarreform nach ei-ner kritischen Überprüfung zusammen mit den Beteilig-ten den erforderlichen Kurskorrekturen unterzogen wird.

Eine sachgerechte Überprüfung der Honorarreformist allerdings erst dann möglich, wenn die dafür erforder-lichen Daten auch wirklich vorliegen. Diese müssen dieEntwicklung in den einzelnen Regionen und Arztgrup-pen sowie den verschiedenen Versorgungsbereichen dif-ferenziert abbilden. Erst auf dieser Grundlage wird derkonkrete Anpassungsbedarf einzuschätzen sein. Wegender herausgehobenen Bedeutung der Datenberichte fürdie im Koalitionsvertrag vereinbarte Überprüfung derHonorarreform und die Entscheidung über die Einlei-tung konkreter Maßnahmen hat das Bundesministeriumfür Gesundheit die zuständige Selbstverwaltung nocheinmal eindringlich darum gebeten, die auf gesetzlicherGrundlage angeforderten Daten so schnell wie möglichbereitzustellen.

Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zu einer ersten Nachfrage.

Kathrin Vogler (DIE LINKE): Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Staatssekretär,

in der Ärzte Zeitung vom Montag dieser Woche wird be-richtet, dass der Landesminister für Arbeit, Gesundheitund Soziales, Karl-Josef Laumann, in Nordrhein-West-falen sich die Argumentation der dortigen Kassenärztezu eigen macht und sagt – ich zitiere –:

Unser Gesundheitssystem in Nordrhein-Westfalenist sowohl im Krankenhaus- als auch im niederge-lassenen Bereich zusammen mit Schleswig-Hol-stein das am schlechtesten bezahlte in ganzDeutschland.

Angesichts dessen, was Sie gerade vorgetragen ha-ben, frage ich mich, woher Minister Laumann diese Zah-len nimmt, ob es sich bei diesen Auslassungen nicht eherum Wahlkampfgetöse und den Versuch handelt, die Be-unruhigung der Ärztinnen und Ärzte in Nordrhein-West-falen zu nutzen, um im Wahlkampf dort Punkte zumachen. Haben Sie Erkenntnisse darüber, ob die Lan-

desregierung in Nordrhein-Westfalen über Zahlen- undDatenmaterial verfügt, das Ihnen als Bundesregierungnicht vorliegt und aus dem Sie die Datenlage ableitenkönnten, die der Minister in seinem Redebeitrag darge-stellt hat?

Vizepräsidentin Petra Pau: Bevor Sie antworten, Herr Staatssekretär, mache ich

vorsorglich auf Folgendes aufmerksam: Im weiterenVerlauf der Fragestunde werde ich darauf achten, dassdie Fragen mit einem solchen zeitlichen Volumen ge-stellt werden, dass es möglich wird, mit kurzen Antwor-ten den Verlauf der Sitzung voranzutreiben.

Bitte, Herr Staatssekretär.

Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär beim Bundesminis-ter für Gesundheit:

Mir liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass demLandesminister für Gesundheit des Landes Nordrhein-Westfalen andere Daten vorliegen als die, die im Bun-desministerium für Gesundheit vorhanden sind. FrauKollegin Vogler, ich habe eben auch darauf hingewiesen,dass uns zwar Daten für das erste Quartal 2009 vorlie-gen, diese aber noch implausibel und nicht vollständigsind. Wir brauchen vollständige Daten, um sie richtigbeurteilen zu können. Bevor wir diese nicht haben, kom-men wir nicht zu Schlüssen, wie sie andere möglicher-weise ziehen. Wir als Bundesministerium für Gesundheitkönnen aufgrund der vorliegenden Daten noch keinesachgerechte Entscheidung treffen und keine sachge-rechte Bewertung vornehmen.

Aufgrund der vorläufigen Daten der KassenärztlichenBundesvereinigung, auf die sich einige politische Äuße-rungen in der Öffentlichkeit beziehen, können wir ledig-lich feststellen, dass es in den Jahren 2007 bis 2009 zueinem Honoraranstieg in Höhe von mindestens 3,5 Mil-liarden Euro bzw. 13 Prozent gekommen ist, wobei dieZuwächse in den Regionen in der Tat sehr unterschied-lich waren. Im Ergebnis profitieren die Ärztinnen undÄrzte in den Regionen am stärksten von der Honorar-reform, in denen bislang weit unterdurchschnittlichePreise gezahlt wurden. Hierzu gehören vor allem dieKassenärztlichen Vereinigungen der neuen Bundeslän-der.

Weil Sie sich auf den LandesgesundheitsministerLaumann bezogen haben, nehme ich einmal Bezug aufdie bisher unvollständig vorliegenden Daten für West-falen-Lippe und Nordrhein, die beiden Kassenbezirke inNordrhein-Westfalen. Für die Kassenärztliche Vereini-gung Westfalen-Lippe weisen die Daten der Kassenärzt-lichen Bundesvereinigung im Vergleich des ersten Halb-jahres 2007 und des ersten Halbjahres 2009 einenHonoraranstieg in Höhe von rund 20,1 Prozent aus; fürdie Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein wird einHonoraranstieg in Höhe von 12,1 Prozent ausgewiesen.Zusammengenommen erreichen die beiden Kassenärztli-chen Vereinigungen Nordrhein-Westfalens im erstenHalbjahr 2009 gegenüber dem ersten Halbjahr 2007 da-mit einen Anstieg in Höhe von 15,7 Prozent.

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3024 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010

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Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zu einer zweiten Frage.

Kathrin Vogler (DIE LINKE): Herzlichen Dank; das war sehr aufschlussreich. –

Landesminister Laumann rät den Ärztinnen und Ärztenim Bezirk Nordrhein – Zitat –:

Vielleicht können Sie in den nächsten Wochen javergessen, die Beiträge an die KBV zu überweisen.

Wie stellt sich die Bundesregierung zu dieser Aussage?Meiner Ansicht nach handelt es sich da um einen klarenAufruf zum Rechtsbruch. Vielleicht sieht der Landes-minister das als zivilen Ungehorsam. Aber nichtsdesto-trotz glaube ich, dass da Handlungsbedarf seitens derBundesregierung besteht, um die Landesregierung vonNordrhein-Westfalen in ihre Schranken zu weisen, wasden Aufruf an die Kassenärztliche Vereinigung Nord-rhein zum Rechtsbruch angeht.

Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär beim Bundesminis-ter für Gesundheit:

Ein solcher ernsthafter Vorschlag durch das Landes-gesundheitsministerium Nordrhein-Westfalens ist unsnicht bekannt. Wir würden den Ärztinnen und Ärzten inNordrhein-Westfalen einen solchen Vorschlag auch nichtmachen.

Vizepräsidentin Petra Pau: Zu einer weiteren Nachfrage hat der Kollege

Weinberg das Wort.

Harald Weinberg (DIE LINKE): Herr Staatssekretär, auch wenn jetzt noch keine vali-

den Daten für das erste Quartal – für das zweite Quartalohnehin noch nicht – vorliegen, wie Sie sagen, so hatdoch dieser ganze Prozess insgesamt zu einer großenVerunsicherung bei den Ärztinnen und Ärzten und damitauch bei den Patientinnen und Patienten geführt. Was ge-denkt die Bundesregierung zu tun, um dieser Verunsi-cherung entgegenzuwirken?

Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Herr Staatssekretär.

Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär beim Bundesminis-ter für Gesundheit:

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Ich darf nur daraufhinweisen, Frau Präsidentin, dass diese Frage von FrauKollegin Vogler gestellt wurde und ich sie so beantwor-tet habe, dass die Koalitionsvereinbarung dazu eine ein-deutige Aussage enthält. Nach einer Auswertung derHonorarreform wird die Bundesregierung mit den Betei-ligten die erforderlichen Kurskorrekturen vornehmen.Da uns noch nicht die vollständigen Daten vorliegen, dieerst analysiert werden müssen, können wir die Kurskor-rekturen noch nicht vornehmen. Aber die Empfehlungendes Koalitionsvertrages und die Vorgabe für die Koali-tion sind hier eindeutig. Das wird im Laufe dieser Legis-laturperiode auch angegangen.

Vizepräsidentin Petra Pau: Als Nächster hat der Kollege Christian Lange das

Wort.

Christian Lange (Backnang) (SPD): Frau Präsidentin, ich beantrage namens der SPD-Bun-

destagsfraktion aufgrund der Antwort der Bundesregie-rung, die wieder einmal die Fragen der Kollegen unzu-reichend beantwortet hat, eine Aktuelle Stunde

(Lachen des Abg. Manfred Grund [CDU/CSU])

zum Thema Gesundheitspolitik der Bundesregierung ge-mäß unserer Geschäftsordnung nach Ende unserer Fra-gestunde.

(Manfred Grund [CDU/CSU]: Mit welchem Thema?)

Herzlichen Dank.

Vizepräsidentin Petra Pau: Die Fraktion der SPD hat zur Antwort der Bundes-

regierung eine Aktuelle Stunde verlangt. Liebe Kollegin-nen und Kollegen, das entspricht Nr. 1 b der Richtlinienfür die Aktuelle Stunde. Die Aussprache findet im An-schluss an die Fragestunde statt.

Zur Erklärung für diejenigen, die heute zum erstenMal einer Fragestunde des Deutschen Bundestages bei-wohnen: Präsidentinnen und Präsidenten haben keinenErmessensspielraum, wenn ein solcher Antrag nachNr. 1 b der Richtlinien für die Aktuelle Stunde gestelltwird.

(Manfred Grund [CDU/CSU]: Aber die SPDhat noch nicht einmal eine Frage gestellt! –Gegenruf des Abg. Christian Lange [Back-nang] [SPD]: Das ist auch nicht notwendig!Sie müssen mal die Geschäftsordnung lesen!)

– Kollege Grund, ich habe zur Kenntnis genommen,dass der Kollege Christian Lange festgestellt hat, dassdie Fragen der Kollegin Kathrin Vogler auch aus seinerSicht unzureichend beantwortet wurden. Insofern hat erdie Frage der Kollegin Vogler übernommen und die Ak-tuelle Stunde beantragt. Das ist korrekt und unterliegtansonsten dann Ihrer Bewertung in den weiteren Aus-einandersetzungen des Tages.

Ich rufe die Frage 2 der Kollegin Kathrin Vogler auf:Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung, die immer-

hin durch den Staatssekretär im Bundesministerium für Ge-sundheit, Stefan Kapferer, im Vorstand des Instituts für Quali-tät und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, IQWiG,vertreten ist, hinsichtlich der Kosten für die Überprüfung desInstitutsleiters Professor Dr. Peter Sawicki, und stimmt derBericht im Spiegel vom 14. März 2010 insoweit, als die Wirt-schaftsprüfungsgesellschaft BDO den Auftrag zur Überprü-fung im Wert von 20 000 Euro ohne Ausschreibung erhaltenhatte, obwohl die Verfahrensordnung des Instituts ab 12 500 Euroeine Ausschreibung vorsieht?

Bitte, Herr Staatssekretär.

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010 3025

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Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär beim Bundesminis-ter für Gesundheit:

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Vielleicht gelingt esmir erneut, die Frage der Kollegin Vogler so zu beant-worten, dass sie sagt, die Antwort sei sehr aufschluss-reich gewesen, wie es eben der Fall war.

Die Beauftragung der Wirtschaftsprüfungsgesell-schaft BDO verstößt entgegen der Vermutung in derFrage nicht gegen vergaberechtliche Regelungen undauch nicht gegen die interne Vergaberichtlinie des Insti-tuts. Zu dieser Beauftragung bedurfte es keiner Aus-schreibung, weil es sich bei der zu erbringenden Dienst-leistung um eine Leistung handelte, die im Wettbewerbmit freiberuflich Tätigen – Wirtschaftsprüfer undRechtsanwälte seien hierbei genannt – angeboten wird.Derartige Dienstleistungen, die nicht unter den Anwen-dungsbereich der Verdingungsordnungen fallen, könnengrundsätzlich freihändig vergeben werden. Auch die in-terne Vergaberichtlinie des Instituts für Qualität undWirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen sieht ausdrück-lich vor, dass öffentliche Aufträge, die eine Leistung ei-nes freiberuflich Tätigen zum Inhalt haben und, wie vor-liegend, unterhalb der EG-Schwellenwerte angesiedeltsind, in der Regel grundsätzlich freihändig vergebenwerden können.

Der Vorstand der Stiftung für Qualität und Wirtschaft-lichkeit im Gesundheitswesen hat einvernehmlich ver-einbart, dass keine Detailinformationen über die Beauf-tragung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO undderen Ergebnisse an die Öffentlichkeit gegeben werden.Die Diskussion um nicht ordnungsgemäße Verwal-tungsabläufe und ihre Überprüfung soll zum Schutz derInstitutsarbeit und der Mitarbeiter nicht weiter angefachtwerden. Eine Veröffentlichung der an die BDO geleiste-ten Zahlungen wäre im Übrigen auch nur mit deren Zu-stimmung möglich, weil das Auftragshonorar als Be-triebs- bzw. Geschäftsgeheimnis anzusehen ist.

Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage.

Kathrin Vogler (DIE LINKE): Herr Staatssekretär, welche sachlichen Grundlagen

liegen denn dieser Aufteilung des Verfahrens – freiberuf-liche Auftragnehmer einerseits und gewerbliche oder in-stitutionelle Auftragnehmer andererseits – zugrunde,und in welcher Art und Weise hat die Bundesregierung,die durch Staatssekretär Kapferer im Vorstand des Insti-tuts vertreten ist, darauf Einfluss genommen, dass dieseAufträge an die BDO erteilt worden sind?

Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Herr Staatssekretär.

Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär beim Bundesminis-ter für Gesundheit:

Zum ersten Teil der Frage verweise ich auf meineAntwort von eben: Bei der Wirtschaftsprüfungsgesell-schaft BDO handelt es sich um einen Wirtschaftsprüfer,also um einen freiberuflich Tätigen. Das heißt, Dienst-

leistungen wie die, die die Wirtschaftsprüfungsgesell-schaft BDO erbringt, fallen eben nicht unter den Anwen-dungsbereich der Verdingungsordnungen und könnendeshalb grundsätzlich freihändig vergeben werden. Hierhalten wir uns eindeutig an die Vorgaben, die an dieserStelle auch erfüllt sind.

Zum zweiten Teil der Frage – das war die Frage nachder Entscheidung der Stiftung –: Die Entscheidung desStiftungsvorstandes wurde einvernehmlich gefällt undinsofern auch von allen Beteiligten getroffen, die imStiftungsvorstand sind, das heißt, Ärzten, Krankenhäu-sern und Krankenkassen. Übrigens wurde auf Wunschdes Institutsleiters eine Prüfung durchgeführt. Das heißt,es war nicht alleiniger Wille des Bundesministeriums,sondern der einvernehmliche Wunsch der Beteiligten indem Vorstand und auch der Betroffenen.

Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage. – Sie ver-

zichten.

Die Fragen 3 und 4 der Kollegin Dr. Martina Bungewerden schriftlich beantwortet.

Ich rufe die Frage 5 der Kollegin Kathrin Senger-Schäfer auf:

Unter welchen Annahmen trifft die Einschätzung des Bun-desversicherungsamtes zu, dass es in der gesetzlichen Kran-kenversicherung im kommenden Jahr eine Finanzlücke vonetwa 6,4 Milliarden Euro geben wird bzw. das Defizit sogarauf 15 Milliarden Euro ansteigen könnte?

Bitte, Herr Staatssekretär.

Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär beim Bundesminis-ter für Gesundheit:

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Ich darf für die Bun-desregierung sagen, dass konkrete Prognosen zur Fi-nanzentwicklung der gesetzlichen Krankenversicherungderzeit lediglich für das Jahr 2010 möglich sind. Danachist auf Basis der bisherigen Annahmen des Schätzerkrei-ses unter Berücksichtigung des zusätzlichen Bundeszu-schusses von 3,9 Milliarden Euro zum Ausgleich krisen-bedingter Mindereinnahmen in diesem Jahr von einerUnterdeckung der voraussichtlichen Ausgaben der ge-setzlichen Krankenversicherung gegenüber den Zuwei-sungen des Gesundheitsfonds in einer Größenordnungvon circa 4 Milliarden Euro auszugehen. Für das Jahr2011 sind derzeit keine validen Finanzschätzungen mög-lich. Der Schätzerkreis wird sich auf seiner Herbstsit-zung erstmalig damit befassen.

Da zum derzeitigen Zeitpunkt keine validen Annah-men über die Einnahme- und Ausgabenentwicklung imnächsten Jahr getroffen werden können, hat auch derPräsident des Bundesversicherungsamtes keine konkre-ten Prognosen über eine zu erwartende Finanzentwick-lung der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr2011 in der Regierungskommission in der letzten Wocheabgegeben, sondern er hat lediglich rein rechnerischeAnnahmen darüber getroffen, welches Finanzergebnisder gesetzlichen Krankenversicherung sich bei bestimm-ten Veränderungen der Einnahmen und Ausgaben er-gäbe.

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3026 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010

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Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage.

Kathrin Senger-Schäfer (DIE LINKE): Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Auch wenn jetzt

noch keine validen Berechnungen vorliegen, wie Sie ge-sagt haben, würde es mich doch interessieren, wie dasfür das Jahr 2011 geschätzte Defizit in der gesetzlichenKrankenversicherung gedeckt werden soll. Soll es durchErhebung von Zusatzbeiträgen gedeckt werden, oder isteine Anhebung des allgemeinen Beitragssatzes vorgese-hen?

Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte.

Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär beim Bundesminis-ter für Gesundheit:

Genau diese Frage ist Gegenstand der Beratungen inder Regierungskommission, die ihre Arbeit aufgenom-men, in der letzten Woche zum ersten Mal getagt undsich mit den Vorträgen des Präsidenten des Bundesver-sicherungsamtes und des Vorsitzenden des Sachverstän-digenrats zur Begutachtung der Entwicklung im Gesund-heitswesen einen ersten Überblick über die Entwicklungverschafft hat. Das heißt, die Regierungskommissionwird in den Beratungen zu konkreten Ergebnissen kom-men, wie mit einem möglichen Defizit im Jahre 2011 zuverfahren ist. Vorentscheidungen über Beitragssatzent-wicklung und Zusatzbeiträge können hier noch nicht ge-troffen werden. Im Übrigen gilt die Vereinbarung desKoalitionsvertrages, der vorsieht, dass der schon in derletzten Legislaturperiode festgeschriebene Arbeitgeber-beitrag weiterhin fest bleibt.

Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zu einer zweiten Nachfrage. – Sie

verzichten.

Dann rufe ich die Frage 6 der Kollegin KathrinSenger-Schäfer auf:

Ist es zutreffend, dass sich die Regierungskommission zurnachhaltigen und sozial ausgewogenen Finanzierung des Ge-sundheitswesens – wie von der Parlamentarischen Staats-sekretärin beim Bundesminister für Gesundheit, AnnetteWidmann-Mauz, auf dem DAK-Pflegetag am 18. März 2010angekündigt – auch mit Fragen der zukünftigen Ausgestaltungder sozialen Pflegeversicherung befasst, und, wenn ja, wel-chen inhaltlichen Umfang hat diese weiterreichende themati-sche Ausrichtung der Kommission?

Bitte, Herr Staatssekretär.

Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär beim Bundesminis-ter für Gesundheit:

Gefragt war danach, ob sich die Regierungskommis-sion, die in der letzten Woche zum ersten Mal getagt hat,auch mit den Fragen der Ausgestaltung der sozialenPflegeversicherung befassen wird. In der Frage wird da-bei auf Äußerungen meiner Kollegin, der Parlamentari-schen Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz, bei ei-ner Veranstaltung am 18. März Bezug genommen. Ich

darf nur sagen: Diese Wiedergabe der Äußerungen vonFrau Widmann-Mauz ist nicht zutreffend. Die in derFrage formulierte Vermutung ist von der Parlamentari-schen Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz nicht ge-äußert worden.

Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur Nachfrage.

Kathrin Senger-Schäfer (DIE LINKE): Zur Konkretisierung: Wird sich demnach die Bundes-

regierung nicht in einer weiteren Kommission eigens mitder dem Koalitionsvertrag zu entnehmenden Neuaus-richtung des solidarischen Pflegeversicherungssatzes be-fassen? Habe ich das richtig verstanden?

Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär beim Bundesminis-ter für Gesundheit:

Nein, Frau Kollegin Senger-Schäfer, das haben Sieinsofern nicht korrekt verstanden, als der Unterschieddarin besteht, dass wir im Bereich der Gesundheitspoli-tik eine Regierungskommission zur nachhaltigen Finan-zierung im Gesundheitswesen einsetzen – so sieht es derKoalitionsvertrag vor –, während wir für den Bereich derPflege vorsehen, die Pflegeversicherung vor dem Hinter-grund einer alternden Bevölkerung zukunftsfest undnachhaltig zu stabilisieren und dafür eine interministe-rielle Arbeitsgruppe einzusetzen. Es ist der Plan der Re-gierung, dass diese interministerielle Arbeitsgruppe imzweiten Halbjahr dieses Jahres eingesetzt wird. Diese in-terministerielle Arbeitsgruppe wird sich dann mit den Fi-nanzfragen der sozialen Pflegeversicherung ausreichendbeschäftigen.

Vizepräsidentin Petra Pau: Haben Sie eine zweite Nachfrage? – Keine. Dann

danke ich dem Herrn Staatssekretär.

Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesmi-nisteriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. ZurBeantwortung der Fragen steht der ParlamentarischeStaatssekretär Dr. Andreas Scheuer zur Verfügung.

Ich rufe die Frage 7 des Kollegen Dr. Anton Hofreiterauf:

Inwieweit trifft es zu, dass gemäß der Anfang Februar2010 veröffentlichten Ausschreibung „Begleitung/Beratungdes Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwick-lung (BMVBS) bei der Vergabe von vier ÖPP-Projekten imBundesfernstraßenbau“ das im Rahmen dieses Verfahrensausgewählte Beratungsunternehmen – bzw. einzelne Mitglie-der eines Beratungskonsortiums – bei anderen als den vomausgeschriebenen Auftrag abgedeckten Projekten auch fürUnternehmen – gegebenenfalls als Mitglieder von Konsortien –arbeiten darf, welche als Bieter – gegebenenfalls in Konsor-tien – bei den A-Modell-Projekten beteiligt sind?

Angesichts der komplizierten Fragestellung hoffe ichsehr, Herr Staatssekretär und Herr Abgeordneter, dassIhre Antworten und Zusatzfragen mir ermöglichen, dentieferen Sinn dessen, wonach hier gefragt ist, noch zu er-gründen. – Bitte, Herr Staatssekretär.

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010 3027

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Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär beimBundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung:

Frau Präsidentin, ich lade Sie gerne in den Verkehrs-ausschuss ein, damit Ihnen dieses Vokabular vertrautwird. Ich bemühe mich aber, für die Kolleginnen undKollegen, die nicht im zuständigen Ausschuss sitzen, dieFrage verständlich zu beantworten.

Herr Kollege Hofreiter, das im Rahmen der AnfangFebruar 2010 veröffentlichten Ausschreibung „Beglei-tung/Beratung des Bundesministeriums für Verkehr, Bauund Stadtentwicklung bei der Vergabe von vier ÖPP-Projekten im Bundesfernstraßenbau“ auszuwählendeBeratungskonsortium darf zeitgleich für Unternehmenarbeiten, die als Bieter bei ÖPP-Projekten im Bundes-fernstraßenbau beteiligt sind, sofern es sich dabei nichtum die in oben genannter Ausschreibung abgedecktenvier Projekte handelt.

Vergaberechtliche Bedenken bestehen nicht. Jedereinzelne Berater muss im Falle der Beauftragung durchdas BMVBS eine Erklärung über die Verpflichtung imSinne von § 1 des Verpflichtungsgesetzes unterzeichnen.Die Berater sind insofern zur Geheimhaltung der im Zu-sammenhang mit diesem Auftrag erlangten Informatio-nen im Sinne von § 353 b Abs. 2 Nr. 2 StGB verpflich-tet.

Vizepräsidentin Petra Pau: Danke schön. – Sie haben das Wort zur ersten Nach-

frage.

Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN):

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Die Bundesregie-rung geht also nicht davon aus, dass es sich um einen In-teressenkonflikt handelt, wenn ein Mitarbeiter des Bera-tungsunternehmens oder des Beratungskonsortiums füreine Firma tätig ist, die auch Aufträge im Rahmen einesanderen PPP-Projektes annimmt – ich nenne zum Bei-spiel den Ausbau der A8 zwischen München und Augs-burg –, und wenn er gleichzeitig die Wirtschaftlichkeits-untersuchung für den Bund durchführt, ob PPP sinnvollist oder nicht sinnvoll ist. Habe ich es richtig verstanden,dass die Bundesregierung da keinen Interessenkonfliktsieht?

Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär beimBundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung:

Wir gehen davon aus und sind fest davon überzeugt,dass sich die Berater, die sich vorher verpflichtet haben,an diese Verpflichtung halten. Somit ist der Sachverhaltso, wie ich ihn in der Antwort dargestellt habe. Ja.

Vizepräsidentin Petra Pau: Ihre zweite Nachfrage.

Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN):

Das bedeutet also, dass die Bundesregierung abstrei-tet, dass es für einen Berater sinnvoll sein kann, im PPP-Geschäft für eine Firma tätig zu sein, die Wirtschaftlich-

keitsuntersuchungen – um die handelt es sich letztend-lich – durchführt und die darüber entscheidet, ob dieBundesrepublik ein Verkehrsinfrastrukturobjekt – zumBeispiel eine Autobahn – mithilfe von PPP oder klas-sisch-öffentlich ausbaut. Es geht meistens um sehr vielGeld. Die Projekte haben einen Umfang zwischen500 Millionen und über 1 Milliarde Euro.

Trifft es also zu, dass die Bundesregierung bestreitet,dass es einen Interessenkonflikt gibt, wenn ein Beraterdie Bundesregierung in die Richtung berät, dass die Un-ternehmen, für die er sonst tätig ist, einen Vorteil haben?Die Unternehmen haben doch ein ganz großes Interesse,dass die Autobahnen in Form von PPP-Projekten ausge-baut werden und nicht klassisch. Diese Meinung habendie Unternehmen auch geäußert.

Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Herr Staatssekretär.

Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär beimBundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung:

Herr Kollege Hofreiter, Sie lassen in Ihrer Frage dieTrennung von Ausschreibung und Beratertätigkeitenvermissen. Ich denke, dass ich in meiner Antwort un-missverständlich klargestellt habe, dass das unabhängigvon den in der Ausschreibung abgedeckten Projekten istund dass es eine Verpflichtung für die Berater gibt, dieseTrennung bei ihrer Arbeit sehr sorgfältig zu beachtenund umzusetzen.

Vizepräsidentin Petra Pau: Wir kommen damit zur Frage 8 des Kollegen

Dr. Anton Hofreiter:Inwieweit trifft es insofern zu, dass ein im Rahmen dieses

Ausschreibungsverfahrens ausgewähltes Beratungsunterneh-men beispielsweise bei kommunalen PPP-Projekten ein Bau-unternehmen beraten darf, welches als Bieter – gegebenenfallsim Rahmen eines Konsortiums – an den Ausschreibungsver-fahren für die A-Modell-Projekte teilnimmt?

Bitte, Herr Staatssekretär.

Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär beimBundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung:

Diese Frage zu demselben Themenkomplex beant-worte ich wie folgt: Berät ein Beratungskonsortium einBauunternehmen im Rahmen kommunaler ÖPP-Pro-jekte, so schließt das eine Beauftragung im Rahmen derAnfang Februar veröffentlichten Ausschreibung nichtaus. Eine Beauftragung scheitert seitens des Bundes-ministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung auchdann nicht, wenn das Bauunternehmen zeitgleich als Bie-ter – gegebenenfalls im Rahmen eines Konsortiums – anÖPP-Projekten im Bundesfernstraßenbau beteiligt ist,sofern ein Interessenkonflikt ausgeschlossen werdenkann, das heißt in diesem Falle, sofern ausgeschlossenist, dass der Berater im Rahmen eines ÖPP-Projekts zeit-gleich sowohl aufseiten der öffentlichen Hand als auchaufseiten der Privaten tätig wird.

Vizepräsidentin Petra Pau: Ihre erste Nachfrage, bitte.

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Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN):

Erst einmal vielen Dank, Herr Staatssekretär, für diedoch sehr eindeutigen Antworten. – Das heißt, die Bun-desregierung geht davon aus, dass ein Berater gewisser-maßen in schizophrener Art in der Lage ist, zwischendem zu trennen, was er für das Bauunternehmen macht,und dem, was er für die Bundesregierung macht, unddies klar und sauber auseinanderzuhalten. Da solcheDinge zum Beispiel schon bei Banken scheitern, wennes sich um unterschiedliche Abteilungen handelt – den-ken Sie an sogenannte Chinese Walls usw. –, wie wollenSie dann in der Praxis sicherstellen, dass eine solcheTrennung im Kopf der Leute stattfindet?

(Zuruf von der LINKEN: Das wüsste ich auch gerne!)

Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär beimBundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung:

Ihre Bemerkung nehme ich gerne auf, Herr KollegeHofreiter. Über die psychischen Einschätzungen, die Siein der Frage unterstellen, will ich mir jetzt kein Urteil er-lauben. Danke für das Lob an das Haus, dass wir so ein-deutig antworten. Wir machen das sehr gerne.

Vom Inhalt her ist völlig klar, dass es um zwei ver-schiedene Mandate geht und dass die Berater dies tren-nen können. Dazu haben sie sich verpflichtet.

(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Alles in einem Topf!)

Vizepräsidentin Petra Pau: Ihre zweite Nachfrage.

Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN):

Wenn die Berater angeblich so unabhängig agieren,dann können wir sicher davon ausgehen, dass wir imVerkehrsausschuss über die Wirtschaftlichkeitsuntersu-chung zumindest nach Abschluss der Projekte – die ers-ten sind bereits im Bau – transparent diskutieren können.Wie steht die Bundesregierung dazu? Es geht also nichtum zukünftige Projekte, sondern darum, dass wir alsParlament die Projekte, die in der Vergangenheit stattge-funden haben und bei denen auch diese Wirtschaftlich-keitsuntersuchungen erstellt wurden, evaluieren undüberprüfen können und darüber im Verkehrsausschuss intransparenter Weise diskutieren können.

Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Herr Staatssekretär.

Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär beimBundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung:

Herr Kollege, die Bundesregierung ist immer umTransparenz bemüht. In diesem Sinne haben wir schonöfter im zuständigen Fachausschuss Ihre Anliegen auf-genommen. Ich habe Ihnen zugesagt, dass wir im Aus-schuss eine separate Diskussion über die Sinnhaftigkeitund Wirtschaftlichkeit von ÖPP-Projekten führen wer-

den. Wir haben aber auch bestätigt, dass all das, was indie vertraglichen Ausgestaltungen hineingreift, natürlichnicht Gegenstand der Diskussion sein kann. Wir habendarüber intensive Diskussionen im Fachausschuss ge-führt; Sie erinnern sich sicher an die letzten Sitzungen.Wir können und müssen aber generell über die Wirt-schaftlichkeit dieser für den Verkehrsbereich wichtigenÖPP-Projekte diskutieren.

Vizepräsidentin Petra Pau: Vorerst herzlichen Dank, Herr Staatssekretär.

Wir bleiben im Geschäftsbereich des Bundesministe-riums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. Zur Be-antwortung der Fragen 9 bis 13 steht der Parlamentari-sche Staatssekretär Enak Ferlemann zur Verfügung.

Ich rufe die Frage 9 der Kollegin Lisa Paus auf:Bei welchen Aufträgen der Bundesregierung, nachgeord-

neter Behörden oder der von ihr beherrschten Unternehmenan die Bilfinger Berger AG seit dem Jahr 2000 sind der Bun-desregierung Verdachtsfälle von Materialunterschlagungen, Ma-nipulationen an der Bauausführung, überhöhten Abrechnun-gen oder korruptiven Praktiken bekannt geworden (ähnlichwie aktuell beim Bau der S-Bahn in Köln und Düsseldorf so-wie der ICE-Trasse Nürnberg–München; vergleiche Süd-deutsche Zeitung vom 23. Februar 2010, Die Welt vom 24. Fe-bruar 2010)?

Bitte, Herr Staatssekretär.

Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundes-minister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung:

Frau Präsidentin, die Frage beantworte ich wie folgt:Die Bundesregierung bzw. das nachgeordnete Eisenbahn-Bundesamt erteilen keine Aufträge im Eisenbahnbau.Vorhabenträger für Investitionen in die Bundesschienen-wege ist die Deutsche Bahn AG. Dem Bundesministe-rium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung sowie demEisenbahn-Bundesamt ist kein Verdachtsfall auf Korrup-tion der Firma Bilfinger Berger AG vom Jahr 2000 bisheute bekannt. Die Deutsche Bahn AG kann in derKürze der Zeit weder bestätigen noch ausschließen, dassihr ein entsprechendes Vorkommnis bekannt ist.

Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage.

Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Staats-

sekretär, Bilfinger Berger ist nicht nur im Eisenbahnbautätig. Die Bundesregierung ist zum Beispiel am Bau desBerliner Flughafens Schönefeld beteiligt. Wenn ich rich-tig informiert bin – zumindest stand dies so in der Wirt-schaftswoche –, ist im Rahmen des Bahnanschlusses unddes Gesamtkomplexes Flughafen sehr wohl ein Auftragan Bilfinger Berger erteilt worden. Von daher frage ichSie: Haben Sie die Vorkommnisse, die – wie wir inzwi-schen leider feststellen mussten – keine Einzelfälle sind,sondern gehäuft aufgetreten sind, zum Anlass genom-men, um laufende und auch kürzlich abgeschlosseneBauarbeiten, an denen die Bundesregierung beteiligt istund die sich nicht nur auf den Eisenbahnbereich bezie-

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Lisa Paus

hen, zu überprüfen? Sind Sie daraufhin auf neue Er-kenntnisse gestoßen?

Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundes-minister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung:

Geschätzte Kollegin, zunächst muss ich Sie etwaskorrigieren. Natürlich ist die Bilfinger Berger AG auchim Bahnbau und im Tunnelbau für Eisenbahnunterneh-men tätig. Die Fälle, in denen eine Beteiligung vorliegt,werden von der Deutschen Bahn AG überprüft. Das hatbisher zu keinen negativen Erkenntnissen geführt. ImÜbrigen baut die Bilfinger Berger AG unter anderem anU-Bahn-Schächten mit. Auch hier sind uns bis dato keinenegativen Fälle bekannt geworden, sodass ich – nachunserem Kenntnisstand – ein Fehlverhalten ausschließenkann.

Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zu einer zweiten Nachfrage.

Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie keine weite-

ren Überprüfungen vorgenommen haben, obwohl dieBundesregierung selbst betroffen ist? Es liegt doch nahe,dass es nicht nur Einzelfälle in Düsseldorf, Köln, Nürn-berg und München gegeben hat, sondern dass es eventuellauch bei anderen Bauprojekten, die von der BilfingerBerger AG durchgeführt worden sind, Materialunter-schlagungen, Manipulationen an der Bauausführung undüberhöhte Abrechnungen gegeben haben kann. Ist esrichtig, dass Sie keine eigenen Überprüfungen veranlassthaben?

Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundes-minister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung:

Derzeit führen diese Überprüfungen diejenigen durch,die das Bauvorhaben als Bauherr begleitet haben. Wir fi-nanzieren lediglich diese Vorhaben zum großen Teil,sind also nicht direkt an der Bauausführung bzw. an derKontrolle beteiligt. Wir haben aber diejenigen, die amBau beteiligt waren, gebeten, uns zu berichten, ob esVerfehlungen gegeben hat. Bisher ist uns nichts bekannt.

Vizepräsidentin Petra Pau: Die Fragen 10 und 11 der Kollegin Dorothée Menzner

werden schriftlich beantwortet. Diese befassen sich,ebenso wie die jetzt folgenden Fragen 12 und Frage 13der Kollegin Sabine Stüber, mit Auflagen und Sicher-heitsbestimmungen für deutsche Häfen, mit der Abwick-lung von Transporten von plutoniumhaltigen Mischoxid-bzw. von Uran-Brennelementen.

Ich rufe die Frage 12 der Kollegin Sabine Stüber auf:Welche Auflagen bezüglich des Durchlaufens einer

Kalthantierung im Rahmen von Transporten von Mischoxid-Brennelementen bzw. Uran-Brennelementen gibt es für dieeinzelnen deutschen Häfen?

Bitte, Herr Staatssekretär.

Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundes-minister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung:

Danke schön, Frau Präsidentin. – Die Frage beant-worte ich wie folgt: Auflagen bezüglich der Durchfüh-rung von Kalthandhabung für Häfen gibt es nicht. ImRahmen des Genehmigungsverfahrens für Transportevon Kernbrennstoffen wird geprüft, ob der Transport inÜbereinstimmung mit den einschlägigen Regeln des Ge-fahrgutrechts und des Atomrechts durchgeführt werdenkann. Diese Prüfungen können auch die Durchführungeiner Kalthandhabung beinhalten.

Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage. – Sie ver-

zichten auf die Nachfrage.

Ich rufe die Frage 13 der Kollegin Sabine Stüber auf:Welche deutschen Häfen haben bereits eine Kalthantierung

mit Mischoxid- bzw. Uran-Brennelementen durchlaufen?

Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundes-minister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung:

Ich gebe folgende Antwort: In Cuxhaven wurde dieAbwicklung eines Transports mit Mischoxid-Brennele-menten geprüft. In Bremerhaven wurden solche Trans-porte bereits mehrfach durchgeführt. Transporte mitUran-Brennelementen werden in verschiedenen deut-schen Häfen regelmäßig umgeschlagen.

Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage.

Sabine Stüber (DIE LINKE): Bitte spezifizieren Sie, welche verschiedenen deut-

schen Häfen das sind.

Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundes-minister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung:

Das kann ich so nicht spezifizieren. Ich muss dieFrage schriftlich beantworten, weil das nicht in derKompetenz des BMVBS liegt.

Vizepräsidentin Petra Pau: Haben Sie noch eine zweite Nachfrage? – Nein. Ich

gehe davon aus, dass die entsprechenden InformationenSie erreichen werden.

Die Frage 14 der Kollegin Bärbel Höhn wird schrift-lich beantwortet. Wir kommen zu den Fragen 15 bis 22,welche sich mit Kriterien für die Besetzung der demBund zustehenden Sitze im Aufsichtsrat der DeutschenBahn AG befassen. Die Fragen 15 und 16 des KollegenThomas Lutze werden schriftlich beantwortet.

Ich rufe die Frage 17 der Kollegin Ingrid Remmers auf:Wie viele Frauen waren bislang Aufsichtsräte der Kapital-

seite seit Gründung der Deutschen Bahn AG Anfang 1994, undhat die Bundesregierung für den Aufsichtsrat der DeutschenBahn AG die Möglichkeit einer Frauenquote in Erwägung ge-zogen, wie sie jüngst in Frankreich allgemein für Verwaltungs-räte und jüngst im Fall des Telekom-Aufsichtsrates beschlossenwurde, oder besteht zumindest ein Frauenförderplan?

Bitte, Herr Staatssekretär.

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3030 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010

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Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundes-minister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung:

Dazu gebe ich folgende Antwort: Bislang gab es eineweibliche Mandatsträgerin aufseiten der Anteilseigner-vertreter im Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG. DieBesetzung der Aufsichtsräte ist im Bundesgremienbeset-zungsgesetz geregelt. Darüber hinausgehende Regelun-gen für die Deutsche Bahn AG bestehen nicht.

Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage.

Ingrid Remmers (DIE LINKE): Herr Kollege Ferlemann, ich hätte gerne einmal ge-

wusst, ob es generell Überlegungen in der Bundesregie-rung gibt, Frauen in dieses Amt zu berufen, für dieseAufgabe auszuwählen. Oder gibt es dahin gehend über-haupt keine Vorschläge und Überlegungen?

Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Herr Staatssekretär.

Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundes-minister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung:

Es gibt immer die Überlegung, fachlich hochqualifi-zierte Frauen in Führungsgremien und Aufsichtsräte zuberufen. In diesem Fall haben wir eine entsprechendeKandidatin nicht vorgesehen.

Vizepräsidentin Petra Pau: Ihre zweite Nachfrage. – Sie verzichten.

Jetzt stellt die Kollegin Sabine Leidig eine Zusatz-frage.

Sabine Leidig (DIE LINKE): Ich möchte Ihnen die Frage stellen, ob Ihnen bewusst

ist, dass die Deutsche Bahn im Nahverkehr überwiegendund im Fernverkehr etwa zur Hälfte von Frauen genutztwird. Ich möchte ferner fragen, wie Sie sicherstellenwollen, dass die Interessen von weiblichen Bahnnutzernauch im höchsten Aufsichtsgremium der Bahn repräsen-tiert werden.

Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Herr Staatssekretär.

Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundes-minister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung:

Ich freue mich außerordentlich über die Zahlenanga-ben, auch wenn ich sie so nicht bestätigen kann. Wenn esso sein sollte, dass überwiegend Frauen mit der Bahnfahren, begrüße ich das außerordentlich. Wir freuen unsüber jeden Fahrgast, ob männlich oder weiblich, der dasEisenbahnsystem nutzt, weil das der Strategie der Bun-desregierung entgegenkommt, den Verkehr von derStraße auf die Schiene zu verlagern.

Die Interessen von Frauen werden in den Aufsichts-gremien der Bahn sehr gut vertreten. Dabei spielt eskeine Rolle, ob die Vertreter im Aufsichtsgremium

männlich oder weiblich sind. Wichtig ist, dass die Inte-ressen der Frauen bei der Beurteilung der Aufgabendeutlich gesehen werden, und das kann ich garantieren.

(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Letztes Jahrhundert!)

Vizepräsidentin Petra Pau: Zu einer weiteren Nachfrage hat die Kollegin

Enkelmann das Wort.

Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE): Könnte Norwegen möglicherweise ein Vorbild für die

Bundesrepublik sein? Immerhin ist dort vorgesehen,dass mindestens 40 Prozent der Mitglieder in Aufsichts-räten von börsennotierten Unternehmen Frauen seinmüssen.

Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundes-minister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung:

Geschätzte Frau Kollegin, das entspricht nicht ganzdem Aufgabenfeld des Bundesministeriums für Verkehr,Bau und Stadtentwicklung. Gleichwohl will ich dieFrage gerne beantworten: Ich finde das prima. Je mehrFrauen in Leitungspositionen sind, umso besser ist das –wenn sie die fachliche Qualifikation dazu und den ent-sprechenden beruflichen Hintergrund haben. Danach ha-ben wir die Kandidatinnen und Kandidaten jeweils aus-gesucht.

Natürlich kann man sehen, wie im europäischen Aus-land mit solchen Quotierungen umgegangen wird. Ichhalte grundsätzlich nichts von Quoten, von festen Rah-men. Gleichwohl bin ich ein Vertreter derjenigen, diesehr dafür sind, auch Frauen in Führungspositionen zuberufen.

Vizepräsidentin Petra Pau: Ausnahmsweise gibt es jetzt noch die Möglichkeit zur

zweiten Nachfrage, auf die Sie vorhin verzichtet haben,Kollegin Remmers. Das ist dann die letzte zur Frage 17.

Ingrid Remmers (DIE LINKE): Ich danke dafür, Frau Präsidentin. – Wenn ich Sie

jetzt richtig verstanden habe, Kollege Ferlemann, lag zurBesetzung des Aufsichtsrats nicht eine einzige weiblicheBewerbung vor.

Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundes-minister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung:

Man kann sich bei uns nicht einfach so bewerben– nach dem Motto: Ich schicke einmal eine Bewerbungs-mappe hin und kann dann berufen werden –, sondern eswird gezielt nach Personen gesucht, die aus fachlichenGründen für diese Gremien infrage kommen.

(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Nicht gezielt nach Frauen!)

Vizepräsidentin Petra Pau: Wir kommen zur Frage 18 der Kollegin Ingrid

Remmers:

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Vizepräsidentin Petra Pau

Aufgrund welcher Erfahrungen hält die BundesregierungProfessor Dr. Dr. h. c. Utz-Hellmuth Felchts Qualifikation fürdie Position des Aufsichtsratsvorsitzenden für ausreichend,wenn dieser zwei Wochen vor seiner ins Auge gefassten Wahlzum Aufsichtsratsvorsitzenden bekannt gibt, sich im Besitzeiner Modelleisenbahn zu befinden, selbst „kein Bahnfach-mann“ zu sein und zur aktuell maßgeblichen Frage der mögli-chen Trennung von Netz und Betrieb „einfach noch keine Linie“zu haben (Zitate Financial Times Deutschland und Handels-blatt jeweils vom 11. März 2010)?

Bitte, Herr Staatssekretär.

Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundes-minister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung:

Ich gebe folgende Antwort: Mit Utz-Hellmuth Felchthat die Bundesregierung einen erfahrenen Wirtschafts-fachmann mit exzellenten Referenzen und herausragen-den Managementqualitäten für den Aufsichtsrat derDB AG gewonnen. Herr Felcht ist eine Persönlichkeitmit vielfältigen Erfahrungen in großen Industrieunter-nehmen, sowohl als Aufsichtsrat als auch im operativenwie auch im strategischen Geschäft.

Vizepräsidentin Petra Pau: Ihre erste Nachfrage, bitte.

Ingrid Remmers (DIE LINKE): Ich setze meine Frage in Bezug zur vorherigen Frage.

Der Aufsichtsrat ist überwiegend mit Vertretern aus derWirtschaft besetzt. Sie haben eben festgestellt, dass mansich für diese Aufgabe im Vorstand nicht einfach bewer-ben kann. Ich ziehe daraus jetzt den Schluss, dass sich inder gesamten deutschen Wirtschaft keine annäherndqualifizierte Frau für diese Aufgabe finden lässt.

Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Herr Staatssekretär.

Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundes-minister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung:

Die rhetorische Frage kann ich so nicht stehen lassen.Wir sind der Überzeugung, dass wir für diese Aufgabemit Utz-Hellmuth Felcht einen exzellenten Mann habengewinnen können.

Vizepräsidentin Petra Pau: Eine zweite Nachfrage.

Ingrid Remmers (DIE LINKE): Wir haben festgestellt, dass Herr Felcht nach eigenen

Angaben keine näheren Kenntnisse über das neue Betäti-gungsfeld hat. Sein eigenes Zitat: „Ich bin kein Bahn-fachmann.“ Er hat keine eigene Linie zu der Frage, obbei der Bahn Netz und Betrieb getrennt werden sollen.

(Birgit Homburger [FDP]: Aber wir haben eine! Das reicht!)

Das heißt, wir haben hier jemanden, der sich mit der Ma-terie, mit der er sich in Zukunft beschäftigen soll, bisjetzt noch nicht beschäftigt hat.

Ich muss noch einmal nachhaken. Hat sich bei dieserAnforderung an die Qualifikation für dieses Amt oderfür andere Posten im Aufsichtsrat keine Frau gefunden?

Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte.

Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundes-minister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung:

Ich beantworte die Frage wie folgt: Wir haben fürdiese Position genau diesen Mann gesucht und gefunden

(Lachen und Beifall der Abg. Dr. Marlies Volkmer [SPD])

und haben nicht aktiv nach einer weiblichen Person Aus-schau gehalten.

Auf Ihre Frage, ob Herr Felcht Erfahrungen im Bahn-sektor hat, antworte ich: Er hat sehr wohl Erfahrungen.Uns lag im Wesentlichen daran, dass auch diejenigen,die ein Bahnsystem nutzen, den Aufsichtsgremien ange-hören. Jemand, der ein großes Chemieunternehmen ge-führt hat und dort in verschiedenen Bereichen tätig war,ist ein großer Nutzer von Bahninfrastruktur und Bahnbe-trieben. Daher liegen bei Herrn Felcht schon naturgege-ben große Erfahrungswerte vor. Deswegen ist gerade erfür die Position prädestiniert.

(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Das ist aber schwach!)

Vizepräsidentin Petra Pau: Ich habe den Wunsch nach zwei Nachfragen gesehen,

nämlich von der Kollegin Leidig und von der KolleginMenzner. Danach gehen wir zur nächsten Frage über.Bitte, Kollegin Leidig.

Sabine Leidig (DIE LINKE): Sie sprachen gerade von der Eigenschaft des Herrn

Felcht als Nutzer der Bahn, indem er in seiner Verant-wortung für einen großen Chemiebetrieb Güter von derBahn transportieren ließ. Sehen Sie auch die Eigenschaftdes Herrn Felcht als Mitglied des Direktoriums eines dergrößten Baustoffkonzerne der Welt, nämlich des CRH,welches auch im Tiefbau tätig ist? Sehen Sie darin einebesondere Qualifikation, weil möglicherweise Ge-schäftsbeziehungen zur Deutschen Bahn AG geknüpftwerden können?

Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Herr Staatssekretär.

Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundes-minister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung:

Es geht nicht um die Eigenschaften von Herrn Felchtals Person, sondern natürlich als jemandem, der einemUnternehmen vorgestanden hat. Aus dieser Beziehungheraus gewinnt natürlich jemand, der solche Manage-mentfunktionen wahrgenommen hat, die notwendige Er-fahrung im Umgang auch mit der Eisenbahninfrastrukturund mit dem Unternehmen Eisenbahn.

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3032 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010

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Parl. Staatssekretär Enak Ferlemann

Die Frage, ob hier Befangenheit oder Ähnliches vor-liegt, kann ich eindeutig verneinen. Im Übrigen ist es so,dass jedes Mitglied in einem Aufsichtsrat zu Beginn sei-ner Tätigkeit eine Erklärung nach dem Public CorporateGovernance Kodex zu unterschreiben hat. Damit sindsolche Verdächtigungen, wie Sie sie angedeutet haben,von vornherein haltlos.

Vizepräsidentin Petra Pau: Die letzte Nachfrage zur Frage 18 stellt die Kollegin

Dorothée Menzner.

Dorothée Menzner (DIE LINKE): Herr Staatssekretär, laut Aktiengesetz hat der Auf-

sichtsrat die Pflicht, die Interessen des Eigentümers zuvertreten. Im Fall der DB AG ist die Bevölkerung derBundesrepublik Deutschland der Eigentümer. Wir alsParlament bzw. die Regierung sind ihre Vertreter. Sie ha-ben eben ausgeführt, dass Sie es für ein lässliches Pro-blem halten, wenn dort eine große Eigentümergruppe,zum Beispiel Frauen, nicht vertreten sind. Wie gewähr-leisten Sie in der Gesamtheit des Aufsichtsrates, dass dieInteressen der Eigentümer, sprich der Bevölkerung derBundesrepublik Deutschland, vertreten werden, wenndoch nach so strengen Kriterien, wie Sie sie eben ausge-führt haben, ausgewählt wird?

Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundes-minister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung:

Wir halten die Auswahl des Aufsichtsrates für exzel-lent und glauben, dass wir hervorragende Fachleute ge-funden haben. Wir gehen davon aus, dass die Interessender Eigentümer, in diesem Fall vertreten durch die Bun-desregierung, natürlich mit kontrolliert durch den Deut-schen Bundestag, stellvertretend für die Gesamtbevölke-rung, ausreichend und gut vertreten werden.

Vizepräsidentin Petra Pau: Ich rufe die Frage 19 der Kollegin Sabine Leidig auf:

Wie kann die Bundesregierung glaubhaft vermitteln, dassProfessor Dr. Dr. h. c. Utz-Hellmuth Felcht als Aufsichtsrats-vorsitzender der DB AG das öffentliche Interesse vertritt undnicht in Interessenkonflikte gerät mit seiner Funktion alsManaging Director der Investmentgesellschaft One EquityPartners, OEP, die die Unternehmen Travelport, Travel Acqui-sitions Group und Carlson Wagonlit Travel kontrolliert, diemaßgeblichen Einfluss im weltweiten Management von Ge-schäftsreisen haben, oder mit seiner Funktion als Aufsichts-ratsvorsitzender der Süd-Chemie, eines Unternehmens mitgroßem Schienengüterverkehrsaufkommen?

Bitte, Herr Staatssekretär.

Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundes-minister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung:

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Die Frage 19 beant-worte ich wie folgt: Die Besetzung der Aufsichtsräte istim Bundesgremienbesetzungsgesetz geregelt. Alle Man-datsträger müssen nach dem Public Corporate Gover-nance Kodex das Interesse des Bundes angemessen be-rücksichtigen.

Vizepräsidentin Petra Pau: Ihre erste Nachfrage, bitte.

Sabine Leidig (DIE LINKE): Ich möchte noch einmal nachfragen, ob Ihnen be-

kannt ist und ob Sie sich mit diesem Problem inhaltlichbeschäftigt haben, dass Herr Felcht nicht nur in den Auf-sichtsräten großer Bau- und Chemieunternehmen sitzt,sondern zugleich Managing Director eines Unterneh-mens namens OEP ist, welches Reiseunternehmen kon-trolliert und einer der größten Organisatoren von Ma-nagement-/Geschäftsreisen ist. Meine Frage lautet also:Sind Sie sich darüber im Klaren und halten Sie es fürrealistisch, dass ein einzelner Mensch in der Lage ist, inmindestens vier bis fünf Aufsichtsräten großer Konzernezu sitzen und zugleich eine gute Aufsichtsratsarbeit beider Deutschen Bahn AG zu leisten?

Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Herr Staatssekretär.

Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundes-minister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung:

Frau Präsidentin, ich habe jetzt ein Problem, weil einTeil der Nachfrage die nächste Frage ist. Den entspre-chenden Teil möchte ich gern nach dem Aufruf dernächsten Frage beantworten, sodass ich jetzt, wenn Sieeinverstanden sind, nur den Teil beantworte, der sozusa-gen neu gefragt worden ist. Es geht um die Frage, obman gute Arbeit leisten kann, wenn man in vier bis fünfAufsichtsräten sitzt oder anders wirtschaftlich tätig ist.Klare Antwort: Ja, das kann man. Es ist sogar von Nut-zen, wenn man über Erfahrungen aus verschiedenenBranchenunternehmen verfügt, um den Aufsichtsrats-vorsitz in einem solch großen Konzern, wie es die DBAG nun einmal ist, wahrzunehmen.

Vizepräsidentin Petra Pau: Haben Sie noch eine zweite Nachfrage?

(Sabine Leidig [DIE LINKE]: Nein!)

Die Kollegin Remmers hat eine Nachfrage.

Ingrid Remmers (DIE LINKE): Herr Kollege Ferlemann, ich streite ja nicht ab, dass

es durchaus von Nutzen ist, wenn man vorher Erfahrungin Aufsichtsräten gesammelt hat. Hat die Bundesregie-rung jemals darüber nachgedacht, dass aber spätestenszum Zeitpunkt der Übernahme des Aufsichtsratsvorsit-zes in einem großen öffentlichen Unternehmen – das istkeine Aufgabe, die man nebenher erledigt – andere Auf-gaben niedergelegt werden sollten, damit man sich vollund ganz auf diese Aufgabe konzentrieren kann und da-mit Interessenkonflikte, die möglicherweise entstehenkönnten – das bezieht sich auf die nächste Frage –, ver-mieden werden?

Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundes-minister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung:

Die Bundesregierung hat bei jeder Besetzung sehr in-tensiv und gut nachgedacht und ist zu einem klugen Er-gebnis gekommen.

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010 3033

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Parl. Staatssekretär Enak Ferlemann

(Lachen bei Abgeordneten der LINKEN – Ingrid Remmers [DIE LINKE]: Danke!)

Vizepräsidentin Petra Pau: Damit kommen wir zur Frage 20 der Kollegin Sabine

Leidig: Warum besetzt die Bundesregierung weiterhin sechs von

zehn dem Eigentümer zustehenden Sitzen des Aufsichtsratesder Deutschen Bahn AG mit Vertretern aus der Wirtschaft, beidenen eigene wirtschaftliche Interessen dem öffentlichen Auf-trag zuwiderlaufen könnten, und warum werden weder unab-hängige Eisenbahnexperten noch Vertreter von Fahrgast-,Umwelt- und Sozialverbänden benannt, um das öffentliche In-teresse zu wahren?

Bitte, Herr Staatssekretär.

Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundes-minister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung:

Auf diese Frage gebe ich folgende Antwort: HerrFelcht ist aus Sicht der Bundesregierung ein ausgewiese-ner Experte mit hoher fachlicher Kompetenz. Die Bun-desregierung geht von der Unabhängigkeit von HerrnFelcht aus. Die Möglichkeit von Interessenkonflikten istin jedem Einzelfall vom Aufsichtsratsmitglied selbst zuprüfen und anzuzeigen. Sollte bei einer Aufsichtsratsent-scheidung eine Interessenkollision auftreten, so hat derMandatsträger die Pflicht, darauf hinzuweisen, und darfbei der Entscheidung nicht mitwirken.

Vizepräsidentin Petra Pau: Ihre erste Nachfrage, bitte.

Sabine Leidig (DIE LINKE): Meine erste Nachfrage nimmt den Teil der gestellten

Frage auf, den Sie bis jetzt nicht beantwortet haben. Ichfrage, warum in den Aufsichtsrat der Deutschen Bahnweder Eisenbahnexperten noch Vertreter von Fahrgast-verbänden, Umweltverbänden oder Sozialverbänden be-rufen werden, die das öffentliche Interesse, zu dessenWahrung die Bahn verpflichtet ist, wahrnehmen könn-ten, und warum sich die Bundesregierung stattdessen da-rauf konzentriert, zusätzlich zu den Vertretern aus deneigenen Reihen ausschließlich Vertreter von Unterneh-men in den Bahnaufsichtsrat zu berufen.

Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Herr Staatssekretär.

Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundes-minister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung:

Noch einmal: Wir halten die Besetzung für exzellentund freuen uns, dass wir diejenigen Personen gewinnenkonnten, die wir vorgeschlagen haben. Dass es sich umVertreter von Wirtschaftsunternehmen handelt, spielt füruns eine große Rolle, weil gerade die Industrieunterneh-men, die Wirtschaftsunternehmen diejenigen sind, dieim Rahmen von Güterverkehr und Logistik die Bahnnutzen, also große Kunden sind und wissen, welche Pro-bleme das Eisenbahnsystem insgesamt, sei es Betrieboder Infrastruktur, hat. Gerade das qualifiziert diejeni-gen, die wir dafür ausgesucht haben. Wir haben uns des-

halb nicht für Vertreter von Fahrgastverbänden undanderen Verbänden entschieden, weil wir diesenSchwerpunkt ganz bewusst setzen wollten.

Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zu einer zweiten Nachfrage.

Sabine Leidig (DIE LINKE): Meine zweite Nachfrage bezieht sich auf die Feststel-

lung, dass der Kollege von der SPD, der vorhin eine Ak-tuelle Stunde beantragt hat, damit die von uns eigentlichvorgesehene Aktuelle Stunde zu diesem Thema verhin-dert hat. Meine Frage lautet, welche Aufsichtsratsmit-glieder der Deutschen Bahn AG eigentlich von SPD-Verkehrsminister Tiefensee berufen worden sind.

Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Herr Staatssekretär.

Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundes-minister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung:

Zur Frage, warum wer wie eine Aktuelle Stunde be-antragt, kann ich aus Sicht der Bundesregierung natür-lich nicht Stellung nehmen; das ist das vornehmste Rechtdes Parlaments. Gleichwohl mache ich aus meiner per-sönlichen Einstellung keinen Hehl. Ich glaube, dass einesolche Aktuelle Stunde nur dazu genutzt werden sollte,Menschen, die sich für eine Aufgabe in einem großen in-ternationalen Unternehmen zur Verfügung gestellt ha-ben, zu diskreditieren. Ich bedaure es ausdrücklich, dassdie Fraktion Die Linke so etwas vorhatte.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Vizepräsidentin Petra Pau: Zu einer Nachfrage hat die Kollege Dorothée

Menzner das Wort.

(Sabine Leidig [DIE LINKE]: Das war doch keine Antwort, Herr Staatssekretär!)

– Die Bundesregierung entscheidet, was sie antwortet,und dann können Sie das bewerten. Aber Sie könnenjetzt nicht diese Debatte weiterführen. – Bitte, KolleginMenzner.

Dorothée Menzner (DIE LINKE): Herr Staatssekretär, Sie haben eben ausgeführt, wieso

die Bundesregierung ausdrücklich und bewusst Vertretergroßer Industrieunternehmen in den Aufsichtsrat berufenhat: weil der Güterverkehr – das ist unstrittig – einengroßen Anteil der Tätigkeiten der DB AG ausmacht.Wie wollen Sie als Bundesregierung aber dem Verdachtentgegentreten, dass ein zweites großes und im öffentli-chen Interesse liegendes Nutzungssegment der Bahnnicht vertreten wird, nämlich der private Personennah-und -fernverkehr? Dazu haben Sie nichts gesagt. Ichhätte darauf gerne eine Antwort von Ihnen.

Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Herr Staatssekretär.

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Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundes-minister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung:

Frau Kollegin, da Sie schon lange Mitglied des Ver-kehrsausschusses sind, ging ich eigentlich bis heute da-von aus, dass Sie wissen, dass die Kompetenz für denregionalen Personennahverkehr mit dem Regionalisie-rungsgesetz in die Hände der Länder gegeben wordenist; das ist schon seit der Bahnreform 1994 der Fall. In-sofern bin ich etwas erstaunt, dass Sie nicht über dieseKenntnisse verfügen.

Ich erläutere Ihnen das. Hierfür sind die Länder zu-ständig, die als Besteller Unternehmen beauftragen, dieden Personennahverkehr durchführen. Die Bundesregie-rung hat darauf keinen Einfluss, die DB AG letztlich nurals Anbieter von Verkehrsleistungen. Hier muss sie sichin Form einer Ausschreibung einem Wettbewerb stellen.Dann wird entschieden, welches Unternehmen die Aus-schreibung gewinnt. Dieses Unternehmen führt dann denVerkehr durch. Darauf haben wir, wie gesagt, keinenEinfluss. Deswegen macht es auch keinen Sinn, dass einVertreter dieses Segments einen Sitz im Aufsichtsrat derDeutschen Bahn hat.

Vizepräsidentin Petra Pau: Zu einer weiteren Nachfrage hat der Kollege

Wolfgang Gehrcke das Wort.

Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE): Herr Staatssekretär, können Sie dem Haus einen ein-

zigen Fakt mitteilen, der Sie zu der Mutmaßung berech-tigt, dass die Linke mit einer Aktuellen Stunde irgend-welche Personen diskreditieren möchte? Ein einzigerFakt würde mir ausreichen. Ansonsten ist das eine unbe-wiesene und nicht statthafte Behauptung.

Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundes-minister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung:

Herr Kollege, ich habe die Fragen, aufgrund derer dieAktuelle Stunde beantragt wurde und durchgeführt wer-den sollte, bekommen. Wenn man die Fragestellungenliest, stellt man fest: Es geht nur darum, Konflikte umPersonen und Gründe zu konstruieren, warum bestimmtePersonen nicht in ein bestimmtes Gremium berufen wer-den sollten. Das halte ich schon für ziemlich diskreditie-rend. Wenn das in Form einer Aktuellen Stunde ge-schieht, wird das nicht weniger, sondern eher mehr, weildie Debattenbeiträge in einer Aktuellen Stunde wesent-lich länger sind. Das hat mich zu dieser persönlichenEinschätzung gebracht.

Vizepräsidentin Petra Pau: Die letzte Nachfrage zur Frage 20 stellt die Kollegin

Remmers.

Ingrid Remmers (DIE LINKE): Herr Staatssekretär, ich möchte an dieser Stelle zu-

nächst einmal vorwegschicken, dass ich keinesfalls dasZiel verfolge, hier irgendwelche Personen zu diskreditie-ren. Wenn jemand wie Herr Felcht in so vielen Auf-sichtsräten wirklich namhafter und großer Unternehmen

sitzt, bei deren Entscheidungen es um sehr viel Geldgeht, müssen Sie sich aber die Nachfrage gefallen lassen,ob es hier nicht zu Interessenkonflikten kommen kann.Daran schließt sich meine Frage an: Ist irgendwann ein-mal eine Form von Kontrolle vorgesehen worden? Wiralle wissen: Das sind Menschen, und hier geht es, wiegesagt, um viel Geld. Da ist die Frage zu klären: Wiekann man vermeiden, dass es zu Interessenkonfliktenkommt? Es geht nicht darum, irgendjemanden zu diskre-ditieren.

Vizepräsidentin Petra Pau: Bevor Sie antworten, Herr Staatssekretär, sei mir ein

Hinweis gestattet, den ich im Verlauf dieser Fragestundeschon zweimal gegeben habe. Da aber nicht alle Kolle-ginnen und Kollegen schon anwesend waren, wiederholeich: Die Fragestunde zeichnet sich dadurch aus, dassFragen gestellt werden, die eine übersichtliche Satzlängehaben und die es den antwortenden Mitgliedern der Bun-desregierung wiederum ermöglichen, die Frage in ange-messener Zeit zu beantworten. Ein noch angenehmererEffekt einer solchen Verfahrensweise ist, dass möglichstviele der gestellten Fragen im Rahmen der Fragestundebearbeitet werden können und entsprechende Nachfra-gen gestellt werden können. Danke.

Bitte, Herr Staatssekretär.

Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundes-minister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung:

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. – Ich will nocheine Antwort nachliefern, weil ich vorhin hörte, dass einTeil nicht beantwortet war; das betraf die Frage der Kol-legin Leidig danach, ob bestimmte Personen schon frü-her – von dem Vorgänger des heutigen Bundesverkehrs-ministers Dr. Ramsauer – berufen worden sind. Ja, dasist der Fall; das sind all diejenigen, die von der Kapital-seite wieder berufen worden sind.

Zu der Frage der Kollegin Remmers. Frau KolleginRemmers, ich bin sehr dankbar, dass Sie niemanden dis-kreditieren wollen; das begrüße ich außerordentlich. Na-türlich machen wir uns Gedanken darüber, wen wirwann warum wo wie berufen. Gerade deshalb, weil wirPersonen gesucht haben, die über einen großen, breitenErfahrungsschatz auf der Nutzerseite, in der Wirtschaft,insbesondere im Bereich Güterverkehr und Logistik,verfügen, haben wir diese Personalentscheidung so ge-fällt. Das Gegenteil ist also der Fall: Je mehr Erfahrung,je mehr Wissen da ist, umso besser ist es für die Auf-sichtsgremien auch bei der Deutschen Bahn AG. Geradedas zeichnet ja Herrn Felcht besonders aus.

(Ingrid Remmers [DIE LINKE]: Ich hatte nach Kontrolle gefragt!)

Vizepräsidentin Petra Pau: Ich rufe die Frage 21 des Kollegen Herbert Behrens

auf: Warum ist Dr. Jürgen Großmann für den Bund im Auf-

sichtsrat der Deutschen Bahn AG, und besteht nicht vielmehrein Interessenkonflikt mit seiner Funktion als Alleineigentü-mer der Georgsmarienhütte, zu der mindestens fünf Unterneh-men zählen, die Zulieferer oder Dienstleister für die Deutsche

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Vizepräsidentin Petra Pau

Bahn AG sind, zu denen auch zwei Hersteller respektive Lie-feranten von Rädern und Radsatzwellen – Bochumer VereinVerkehrstechnik GmbH und Radsatzfabrik Ilsenburg GmbH –gehören?

Bitte, Herr Staatssekretär.

Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundes-minister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung:

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Ich gebe folgendeAntwort: Herr Großmann ist aus Sicht der Bundesregie-rung ein ausgewiesener Experte mit hoher fachlicherKompetenz. Die Bundesregierung geht von der Unab-hängigkeit von Herrn Großmann aus. Die Möglichkeitvon Interessenkonflikten ist in jedem Einzelfall vomAufsichtsratsmitglied selbst zu prüfen und anzuzeigen.Sollte bei einer Aufsichtsratsentscheidung eine Interes-senkollision auftreten, so hat der Mandatsträger diePflicht, darauf hinzuweisen, und darf bei der Entschei-dung nicht mitwirken.

Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage.

Herbert Behrens (DIE LINKE): Vielen Dank. – Herr Staatssekretär Ferlemann, Sie ha-

ben erwähnt, dass die Seite der Nutzer der Bahn einewichtige Rolle spielt bei der Besetzung des Aufsichtsra-tes, offenbar auch die der Lieferanten.

Ist Ihnen bekannt, dass Herr Dr. Großmann einem Fir-menimperium vorsitzt, in dessen Holding die Radsatzlie-feranten der Bahn zu finden sind wie auch Firmen, diediese Radsätze überprüfen?

Wir haben an Herrn Dr. Großmann selber die Fragegerichtet, wie er sich denn verhalten wird, wenn – das istja die Gefahr – in seiner künftigen Aufsichtsratspositionvergleichbare Entscheidungen zu fällen sind. Er sagte, erwürde sich dann der Stimme enthalten. Herr Staatssekre-tär, ist Ihnen bekannt, in wie vielen Fällen sich HerrDr. Großmann, der ja schon dem letzten Aufsichtsrat an-gehörte, bei Entscheidungen der Stimme enthalten hat?

Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundes-minister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung:

Das ist der Bundesregierung nicht bekannt.

Vizepräsidentin Petra Pau: Ihre zweite Nachfrage.

Herbert Behrens (DIE LINKE): Ist Ihnen die Information bekannt, dass Herr

Dr. Großmann für die Position des Aufsichtsratsvorsit-zenden vorgesehen war und möglicherweise aufgrundder eben beschriebenen wirtschaftlichen Zusammen-hänge diese Funktion dann doch nicht übertragen be-kommen hat?

Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte.

Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundes-minister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung:

Bei der Auswahl der Personen ist die Bundesregie-rung frei und kann sich für die Person entscheiden, diesie berufen will. Da gibt es sicherlich eine Auswahl un-ter mehreren Personen. Wir haben uns für Herrn Felchtentschieden.

Vizepräsidentin Petra Pau: Damit kommen wir zur Frage 22 des Kollegen

Herbert Behrens:Wie kann die Bundesregierung, die sich zu einer nachhal-

tigen Energieerzeugung verpflichtet hat und die den Ausstiegaus der Atomenergie gesetzlich vereinbart hat, glaubhaft ver-mitteln, dass Dr. Jürgen Großmann als Bahnaufsichtsrat nichtin Interessenkonflikte mit seiner Funktion als Vorstandsvorsit-zender des RWE-Stromkonzerns kommt, dessen Strommixvor allem auf Atom und Kohle basiert, wie leider auch der derDeutschen Bahn AG?

Bitte, Herr Staatssekretär.

Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundes-minister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung:

Ich beantworte die Frage wie folgt: Wie alle Mandats-träger muss auch Herr Großmann nach dem Public Cor-porate Governance Kodex das Interesse des Bundes an-gemessen berücksichtigen. Ich darf auf meine Antwortzu Frage 21, der vorigen Frage, verweisen.

Vizepräsidentin Petra Pau: Ihre erste Nachfrage.

Herbert Behrens (DIE LINKE): Herr Staatssekretär, halten Sie es für problematisch,

dass Herr Dr. Großmann auch Vorsitzender der RWEAG ist, da die RWE AG unter anderem Stromlieferant ist– maßgeblich auch von Atomstrom – und die Bahn imBetrieb leider noch maßgeblich von Atomstrom abhän-gig ist? Vorstandsvorsitzender Grube hat gesagt, der An-teil von erneuerbaren Energien ließe sich nur begrenzterhöhen. Wäre es nicht sinnvoller gewesen, auch denAnteil von erneuerbaren Energien zu erhöhen, oder ist esmöglicherweise mit der Person von Dr. Großmann ver-bunden, dass es diese Entscheidung nicht gibt?

Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Herr Staatssekretär.

Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundes-minister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung:

Ich halte die Berufung von Herrn Großmann nicht fürproblematisch, sondern begrüße sie im Gegenteil außer-ordentlich.

Ich habe im Grunde auch nichts gegen Strom, derdurch die Kernkraftindustrie gewonnen wird. Ich haltedas für eine gute und saubere Energieerzeugung undkann deswegen Ihre Frage nicht verstehen.

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3036 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010

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Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage. – Sie ver-

zichten. Dann hat die Kollegin Dorothée Menzner dasWort zu einer Nachfrage.

Dorothée Menzner (DIE LINKE): Herr Staatssekretär, an dieser Stelle möchte ich dann

doch noch einmal einhaken. Es ist Ihnen sicherlich be-kannt, dass der Anteil des Stroms aus erneuerbarenEnergien bei der DB AG deutlich unterdurchschnittlichist. Gibt es die Absicht der Bundesregierung – und, wennja, welche Initiativen –, den Anteil erneuerbarer Ener-gien bei der DB AG zu erhöhen, oder gibt es sie nicht?

Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundes-minister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung:

Danke für die Frage. – Wir wollen den Anteil erneu-erbarer Energien am Strommix deutlich erhöhen. Dasgilt auch hinsichtlich der Gewinnung des Bahnstroms.Wie Sie wissen, hat die DB AG vor kurzem einen eige-nen Windpark erworben, das heißt, sie arbeitet selberdaran, den Strommix zu verändern. Wie wir als Bundes-regierung die erneuerbaren Energien insgesamt fördernwollen, so wollen wir sie auch hinsichtlich desBahnstroms fördern. Das sehen wir ausdrücklich vor.

Initiativen dazu gibt es eine ganze Reihe. Diese wer-den wir unter anderem dem Management der DB AGvortragen. Wir werden darum bitten, dass diese Erkennt-nisse und Wünsche dort umgesetzt werden. Wir bringensie aber auch über die Aufsichtsgremien ein.

Vizepräsidentin Petra Pau: Zu einer weiteren Nachfrage hat der Kollege Vogel

das Wort.

Volkmar Vogel (Kleinsaara) (CDU/CSU): Herr Staatssekretär, der neue Aufsichtsratsvorsitzende

der DB AG unterstützt das neue Konzept der Bahn zurUnterstützung des Kerngeschäfts, das da heißt: Eisen-bahnfahren in allen seinen Facetten. Dies muss – insbe-sondere mit Blick darauf, dass die Sicherheit weiter anBedeutung gewinnen muss – mit einer entsprechendenPersonalausstattung im Servicebereich und im War-tungsbereich einhergehen.

Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Herr Staatssekretär.

Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundes-minister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung:

Ich kann das, was Sie sagen, nur bestätigen. Genaudas ist der Punkt, warum wir sehr froh darüber sind, dassHerr Felcht bereit ist, diese Funktion zu übernehmen.Das Konzept der Bahn, sich natürlich auf die Kernkom-petenz zu konzentrieren, ist das, was wir als Bundesre-gierung in dieser Legislaturperiode in der Verkehrspoli-tik besonders nach vorne stellen wollen.

Ich weise allerdings auch darauf hin, dass ein zweiterPunkt wichtig ist. Die Bahnverkehre werden heute euro-

paweit organisiert. Deswegen ist es wichtig, dass dieDB AG auch in der Lage ist, als großer europäischerPlayer im Eisenbahnsektor tätig zu sein.

Vizepräsidentin Petra Pau: Die letzte Nachfrage zur Frage 22 stellt die Kollegin

Leidig.

Sabine Leidig (DIE LINKE): Ich möchte noch einmal auf die Frage zurückkom-

men, warum die DB AG nicht in vorbildlicher Weiseschnell auf Energiegewinnung mittels regenerativerEnergien umstellt und sich stattdessen an einem dergrößten Kohlekraftwerksprojekte, nämlich in Datteln inNordrhein-Westfalen, beteiligt. Kann es hier eine Ver-bindung mit den Interessen von Eon geben? Eon ist dermehrheitliche Eigentümer dieses Kohlekraftwerks, andem sich die DB AG beteiligt, und Christoph Dänzer-Vanotti, Vorstandsmitglied von Eon, ist von dieser Re-gierung auch in den Aufsichtsrat der DB AG berufenworden.

Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Herr Staatssekretär.

Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundes-minister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung:

Ich habe diese Frage schon mehrfach beantwortet: Ei-nen Interessenkonflikt sehe ich nicht.

Zum Thema Strommix möchte ich darauf hinweisen,dass diejenigen, die das Bahnsystem nutzen, ein großesInteresse daran haben, dass der Strom möglichst günstigbezogen wird. Daher ist es natürlich Aufgabe des Bahn-vorstandes, den Strom für das Bahnsystem möglichstgünstig einzukaufen. Naturgemäß muss es einen Ener-giemix geben, um ein vernünftiges Preisniveau zu errei-chen. Denn wir haben ja ein Interesse daran, dass mög-lichst viele mit der Bahn fahren. Dabei spielt natürlichder Preis, den der Transport kostet, eine gewisse Rolle.

Vizepräsidentin Petra Pau: Wir kommen damit zur Frage 23 der Kollegin

Heidrun Bluhm:In welchem Vertragsverhältnis mit der Deutschen Bahn

AG befindet sich der ehemalige Vorstandsvorsitzende derDeutschen Bahn AG Hartmut Mehdorn – bitte auch derzeitigeBezüge angeben –, und würde er auch noch in der ZukunftBonuszahlungen erhalten, wenn es zu einer Teilprivatisierungder DB AG bzw. einer Subholding käme?

Bitte, Herr Staatssekretär.

Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundes-minister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung:

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. – Diese Frage be-antworte ich wie folgt: Herr Mehdorn befindet sich der-zeit in keinem Vertragsverhältnis mit der DeutschenBahn AG und erhält keine Bezüge. Bei einer Teilprivati-sierung der DB AG oder einer Konzerntochter würde erkeine Bonuszahlungen erhalten.

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Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage. – Sie ver-

zichten.

Ich rufe die Frage 24 der Kollegin Heidrun Bluhmauf:

Wie rechtfertigt die Bundesregierung die Tatsache, dassdie Bezüge der 20 Aufsichtsräte – je 10 der Kapital- und10 der Arbeitnehmerseite – der Deutschen Bahn AG ausweis-lich der Geschäftsberichte 2004, 2005 und 2008 im Jahr 2004noch 281 000 Euro betrugen, im Jahr 2005 bei 303 000 Euro,2007 bei 873 000 Euro und 2008 bei 1 003 000 Euro ange-langt sind, und ist es richtig, dass diese Verdreifachung derAufsichtsratsbezüge damit begründet wurde, sie geschehe imVorgriff auf eine Bahnprivatisierung, vor dem Hintergrund,dass die Bahnprivatisierung im Sommer 2008 abgesagt wurdeund auch die gegenwärtige Bundesregierung erklärt, eineBahnprivatisierung sei „nicht aktuell“?

Bitte, Herr Staatssekretär.

Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundes-minister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung:

Die Frage nach der Höhe der Aufsichtsratsbezüge be-antworte ich wie folgt: 2006 wurde eine erfolgsabhän-gige Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder der Deut-schen Bahn AG eingeführt. Die in der Frage genannteZahl aus dem Jahr 2008 bezieht sich auf den gesamtenDB-Konzern. Für die DB AG allein betrug die Höhe derVergütung 831 000 Euro.

Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zu einer ersten Nachfrage. Bitte.

Heidrun Bluhm (DIE LINKE): Herzlichen Dank, Herr Kollege Staatssekretär. – Ich

habe eine erste Nachfrage. Nach unseren Recherchensind die Aufsichtsratsbezüge – ob leistungsabhängigoder nicht – in den Jahren von 2004 bis 2008 ver-dreifacht worden. Das heißt, im Durchschnitt – einzelnaufgeschlüsselt ist das sicherlich anders – erhält einAufsichtsratsmitglied der Deutschen Bahn AG circa45 000 Euro im Jahr.

Kann die Bundesregierung erklären, warum das allge-meine Lohn- und Gehaltsniveau der Bahnbeschäftigtenim unteren und mittleren Einkommenssegment im Zeit-raum von 2005 bis 2008 im Wesentlichen stagnierte,während sich die Aufsichtsratsbezüge fast verdreifach-ten?

Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Herr Staatssekretär.

Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundes-minister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung:

Wenn erfolgsabhängige Vergütungen für Aufsichts-räte eingeführt werden, dann profitieren diese natürlichauch vom Erfolg. Wenn man sich die Bilanzen der Deut-schen Bahn AG der letzten Jahre anschaut, dann stelltman fest, dass zum Teil hohe Gewinne ausgewiesenwurden. Diese Bilanzen sind eine Grundlage für den An-stieg der Aufsichtsratsbezüge. Insofern spiegelt der An-

stieg der Aufsichtsratsbezüge auch die Erfolgsstory wi-der, die die Bahn in diesem Bereich geschrieben hat.

Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zu einer zweiten Nachfrage.

Heidrun Bluhm (DIE LINKE): Ich habe eine zweite Nachfrage: Herr Ferlemann, tei-

len Sie nicht die Auffassung, dass an diesem Erfolg imWesentlichen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter derDeutschen Bahn AG beteiligt sind? Glauben Sie nicht,dass der Leistungsanreiz für die Mitarbeiterinnen undMitarbeiter noch weiter ausgeprägt werden könnte,wenn man sie am Unternehmensgewinn beteiligte?

Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte.

Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundes-minister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung:

Jedes Unternehmen – so auch die Deutsche Bahn AG –kann stolz auf den Fleiß und die gute Aufgabenerfüllungseiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sein. Das giltinsbesondere für dieses manchmal sehr im öffentlichenFokus stehende Unternehmen. Insofern sind wir sehrdankbar dafür. Wir wissen das auch sehr zu schätzen.Für die Aushandlung von Tarifen sind allerdings nichtwir zuständig, sondern Arbeitgeber- und Arbeitnehmer-vertreter, die die Löhne und Gehälter in Verhandlungenfestlegen. Das ist eine Frage der Tarifautonomie. Dawird sich die Bundesregierung nicht einmischen.

Vizepräsidentin Petra Pau: Eine weitere Nachfrage stellt die Kollegin Dorothée

Menzner.

Dorothée Menzner (DIE LINKE): Herr Staatssekretär, Sie haben eben ausgeführt, dass

die Aufsichtsratsmitglieder eine erfolgsabhängige Ver-gütung erhalten. Ist vorgesehen, dass im Falle von Miss-erfolg oder schlechten Ergebnissen die Bezüge wiedergekürzt werden? – Ich frage das vor dem Hintergrund,dass wir in den letzten Wochen und Monaten feststellenmussten, dass ein Teil des Erfolges offensichtlich nur einzahlenmäßiger Erfolg in den Büchern war und auf Kos-ten von Qualität und Service erzielt wurde.

Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Herr Staatssekretär.

Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundes-minister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung:

Letztlich misst sich der Erfolg an den Zahlen. DieZahlen werden in den Bilanzen vorgelegt. Die Interpre-tation, wie die Zahlen zustande gekommen sind, kannjede Fraktion für sich selbst vornehmen. Aber letztlichwerden sich Vergütungsmaßstäbe immer an den Bilan-zen ausrichten.

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3038 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010

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Vizepräsidentin Petra Pau: Die letzte Nachfrage zur Frage 24 stellt die Kollegin

Leidig.

Sabine Leidig (DIE LINKE): Sie würden also aufgrund der Zahlen der Ansicht

sein, dass die S-Bahn Berlin eine Erfolgsstory ist? Wür-den Sie auch die Tatsache, dass bei einem großen Teilder ICE-Flotte die Räder und Radsatzwellen ausge-tauscht werden müssen und es in einer erheblichen Grö-ßenordnung zu Zugausfällen kommt, als Erfolgsstorybezeichnen?

Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Herr Staatssekretär.

Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundes-minister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung:

Ich gebe ehrlich zu, dass mich die Frage ein bisschenverwundert. Ich habe doch deutlich ausgeführt, dass sichder Erfolg an den Bilanzzahlen bemisst, und danachrichtet sich auch die Vergütung. Sicherlich gibt es in ei-nem so großen Unternehmen auch Problembereiche, diebehoben werden müssen. Dazu gehören insbesonderedie beiden Bereiche, die Sie angesprochen haben. Wirdrängen mit Hochdruck darauf, dass schnell Lösungengefunden werden, die diese Probleme aus der Weltschaffen, weil sie in Zukunft auch die Bilanz belastenkönnen.

Es ist also gerade das Gegenteil der Fall: Wir wollenzwar insgesamt den Erfolg der DB AG anerkennen, aberes gibt Teilbereiche, in denen die Bundesregierung mitden bisherigen Ergebnissen unzufrieden ist.

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Damit sind wir am Ende dieses Geschäftsbereichs.

Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen für die Beantwor-tung der Fragen.

Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministe-riums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheitauf. Für die Beantwortung der Fragen steht Frau Parla-mentarische Staatssekretärin Katherina Reiche zur Ver-fügung.

Wir kommen zur Frage 25 des Kollegen Dirk Becker:Welchen rechtlichen Stellenwert misst die Bundesregie-

rung dem Atomkonsens jeweils vor und nach der Novelle zumAtomgesetz im Jahr 2001 zu, und welche Rechtsfolgen erge-ben sich daraus jeweils für beide Seiten?

Frau Staatssekretärin.

Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bun-desminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-heit:

Frau Präsidentin, ich beantworte die Frage des Kolle-gen Becker wie folgt: Die Bundesregierung hat dieKernenergievereinbarung vom 14. Juni 2000 von An-fang an als eine rechtlich nicht verbindliche politischeVereinbarung im Sinne eines Gentlemen’s Agreementeingestuft. Die Umsetzung der Vereinbarung erfolgte

insbesondere durch eine Änderung des Atomgesetzes,die 2002 in Kraft getreten ist.

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Haben Sie eine Nachfrage? – Bitte.

Dirk Becker (SPD): Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. – Würden Sie mir

aber insofern recht geben, dass der Atomkonsens zumin-dest eine Art Geschäftsgrundlage für die anschließendeÄnderung des Atomgesetzes dargestellt hat?

Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bun-desminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-heit:

Die von Ihnen als Konsens bezeichnete Vereinbarungzwischen Bundesregierung und Energieversorgungs-unternehmen sehen wir – ich glaube, darin haben wireine grundsätzlich unterschiedliche Auffassung – nichtals rechtlich bindend, sondern als eine politische Abrede.

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Haben Sie eine weitere Nachfrage?

Dirk Becker (SPD): Heißt das, dass eine politische Abrede für Sie nicht

bindend ist und dass das, was dort in beide Richtungenvereinbart worden ist, eigentlich nichts anderes als einGoodwillpapier ist, das in beide Richtungen, also auchfür die Atomwirtschaft, als nicht besonders bindend gilt?

Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bun-desminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-heit:

Rechtlich bindend wäre ein Vertrag. Das ist es offen-sichtlich nicht. Letzten Endes gilt die Gesetzgebung, dieauf die damalige rot-grüne Bundesregierung zurückgeht.Insofern ist die Vereinbarung in der Tat kein rechtlichbindendes Konstrukt, sondern eine Abrede zwischen derdamaligen Bundesregierung und den EVUs.

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Zu einer Nachfrage hat der Kollege Kelber das Wort.

Ulrich Kelber (SPD): Frau Staatssekretärin, zur Einschätzung des Rechts-

status einer Vereinbarung ist nicht Ihre persönliche Vor-liebe ausschlaggebend, sondern eine Rechtsüberprüfung.Existiert ein internes oder externes Rechtsgutachten zurFrage des Rechtsstatus dieser Vereinbarung, mit der dieBundesregierung eine Verpflichtung eingegangen ist?Sind Sie bereit, dies dem Deutschen Bundestag zurÜberprüfung zur Verfügung zu stellen?

Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bun-desminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-heit:

Von einem solchen Gutachten ist mir nichts bekannt.Sollte uns eines vorliegen, bin ich bereit, es Ihnen zurVerfügung zu stellen.

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010 3039

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Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche

Ich möchte aber auf etwas anderes hinweisen – eswerden sicherlich noch viele unterschiedliche Fragenvon den Kolleginnen und Kollegen kommen –: Sie ha-ben immer wieder das Wort „Konsens“ strapaziert. Ichmöchte aus der Vereinbarung zitieren, wo ganz klar Fol-gendes festgehalten ist:

Unbeschadet der nach wie vor unterschiedlichenHaltung zur Nutzung der Kernenergie respektierendie EVUs die Entscheidung der Bundesregierung,die Stromerzeugung aus Kernenergie geordnet be-enden zu wollen.

Das ist sicherlich das Gegenteil von Konsens. Allerdingshaben die EVUs zu Recht den Primat der Politik aner-kannt; das muss auch so sein. Gleichwohl führt das Wort„Konsens“ in die Irre.

Ich möchte an dieser Stelle daran erinnern, dass HerrTöpfer und Frau Merkel jeweils zu ihren Zeiten als Bun-desumweltminister tatsächliche Energiekonsensgesprä-che geführt haben, in die jeweils die Opposition – da-mals die SPD – einbezogen war. Das ist 1998 beendetworden.

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Frau Kollegin Hendricks, bitte.

Dr. Barbara Hendricks (SPD): Frau Staatssekretärin, Sie haben eben ausgeführt, eine

Vereinbarung sei nicht bindend; dafür bedürfe es einesVertrages. Nun werden Sie sicherlich mit mir einer Mei-nung sein, dass eine Regierung keinen bindenden privat-rechtlichen Vertrag mit Privatunternehmen schließenkann, genauso wenig wie Privatunternehmen einenStaatsvertrag mit einer Regierung. Deswegen liegt esnahe, eine Vereinbarung zu schließen, auf deren Basisdann ein Gesetz verabschiedet wird. Dieses Gesetz istnatürlich bindend, solange es gilt. Wenn diese Bundes-regierung beabsichtigt, mit der Mehrheit der Koalitions-fraktionen das Gesetz zu ändern, darf sie das natürlich.

Ich darf aber darauf hinweisen, dass die Vereinbarungauf Seite 14 unter dem Datum vom 14. Juni 2000 von vierVertretern der Energiewirtschaft, nämlich von Eon AG,RWE AG, Energie Baden-Württemberg AG und Ham-burgische Electricitäts-Werke AG, die mittlerweile inVattenfall aufgegangen ist – im Prinzip handelt es sichum die vier Player, die wir noch heute haben –, und vonBundeskanzler Gerhard Schröder, BundesministerJürgen Trittin und Bundesminister Dr. Werner Müllerunterschrieben worden. Wollen Sie weiterhin ernsthaftbehaupten, dass dies alles das Papier nicht wert sei, aufdas es geschrieben worden ist, oder was wollen Sie die-sem deutschen Parlament hier nahebringen?

Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bun-desminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-heit:

Die von Ihnen unterstellte Behauptung habe ich nichtaufgestellt. Insofern weise ich sie zurück. Sie müssenmir zugestehen, dass ich Ihren Versuch, eine politischeAbrede zum Vertrag zu erklären oder zu verklären, nicht

unterstützen kann. Sie wollen auf eine rechtliche Bin-dung hinaus, die es nie gab.

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Wir kommen nun zu Frage 26 des Kollegen Dirk

Becker: Stimmt die Bundesregierung der Auffassung zu, dass ein

neuer Konsens über die Laufzeit von Atomkraftwerken eineförmliche Aufhebung des Atomkonsenses aus dem Jahr 2000verlangt?

Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bun-desminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-heit:

Die Frage kann ich sehr kurz beantworten: Nein, die-ser Auffassung stimmen wir nicht zu.

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Eine Nachfrage, Herr Kollege.

Dirk Becker (SPD): Darf ich Ihre Aussage dahin gehend deuten, Frau

Staatssekretärin, dass wir bei allen Vereinbarungen, diekünftig eine Bundesregierung schließt, davon ausgehenmüssen, dass die Partner einer solchen Vereinbarung imEndeffekt nur für maximal vier Jahre mit der Verläss-lichkeit der Bundesregierung rechnen dürfen?

Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bun-desminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-heit:

Sie können meine Einlassung dahin gehend verstehen– das habe ich schon deutlich gemacht –, dass wir einepolitische Abrede, eine politische Vereinbarung, einepolitische Übereinkunft nun einmal als rechtlich nichtbindend ansehen und dass es jeder Regierung freisteht,eine gesetzliche Grundlage zu ändern. Das haben auchSie damals mit der Änderung des Atomgesetzes getan.

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Haben Sie eine weitere Nachfrage? – Bitte.

Dirk Becker (SPD): Sie versuchen ständig, den Wert dieser Vereinbarung

schlechtzureden; es sei nur eine lockere Verabredung.Sie haben auch ein Zitat gebracht, aus dem hervorging,dass es nach wie vor unterschiedliche Auffassungen gab.Das ist ein Satz aus einer langen Erklärung, in der auchsteht, dass trotz dieser unterschiedlichen Auffassungenbeide Seiten ihren Teil dazu beitragen werden, dass derInhalt dieser Vereinbarung dauerhaft umgesetzt wird. Estut mir leid, aber „dauerhaft umgesetzt“ heißt, dass sichbeide bewusst waren, dass dieses Konstrukt – wie immerauch Sie es bezeichnen – mit den Unterschriften, dieFrau Dr. Hendricks eben genannt hat, mehr ist als eineAbsichtserklärung, nämlich die Grundlage für die spä-tere Änderung des Atomgesetzes. Das steht dort aus-drücklich: Das ist die Grundlage für die spätere Ände-rung des Atomgesetzes.

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3040 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010

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Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bun-desminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-heit:

Es ist richtig, dass die rot-grüne Bundesregierung sichdamals mit den EVUs auf diesen Weg geeinigt hat unddanach eine Gesetzesänderung erfolgte. Aber ich ver-stehe Ihre Frage dahin gehend, ob ich diese Verabre-dung, diese Vereinbarung in irgendeiner Form qualifi-ziere. Ich nehme sie zur Kenntnis. Allerdings wird sichdiese Bundesregierung vorbehalten, so wie das Rot-Grün damals auch gemacht hat, das Atomgesetz weiter-zuentwickeln.

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Sie möchten eine weitere Zusatzfrage stellen. Frau

Hendricks, bitte.

Dr. Barbara Hendricks (SPD): Frau Staatssekretärin, einer Vereinbarung messen Sie

offenbar nur sehr geringen Wert – um nicht zu sagen: garkeinen Wert – bei. Wie will diese Bundesregierung denBürgerinnen und Bürgern eigentlich klarmachen, dassauch das, was bei dieser Regierung bisher als Einzigesals sicher galt, nämlich die Koalitionsvereinbarung, kei-nerlei Wert hat, sodass man überhaupt nicht mehr weiß,auf welcher Basis die Bundesregierung mit der Arbeitanzufangen gedenkt?

Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bun-desminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-heit:

Sie unterstellen mir Wertungen, die ich nicht getrof-fen habe, die auch diese Bundesregierung nicht getroffenhat. Ich habe lediglich auf den Unterschied zwischen ei-ner Vereinbarung und einem Gesetz oder einer Vereinba-rung und einem Vertrag hingewiesen.

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Herr Kollege Kelber.

Ulrich Kelber (SPD): Allerdings, Frau Staatssekretärin, haben Sie mehrfach

darauf hingewiesen, dass eine Vereinbarung nicht recht-lich bindend ist und es einer Regierung nicht möglich ist,einen Vertrag mit Unternehmen zu schließen, sondern soetwas über ein Gesetz gemacht werden muss. MehrereMitglieder des Kabinetts und auch mehrere Minister-präsidenten bzw. Exministerpräsidenten, die Ihrer Parteiangehören – unter anderem BundesumweltministerRöttgen, Ihr Minister, Ministerpräsident Koch und Ex-ministerpräsident Oettinger –, haben zum Ausdruck ge-bracht, dass eine mögliche Gewinnabschöpfung aus ei-ner möglichen Laufzeitverlängerung nicht gesetzlichgeregelt werden könnte, sondern über eine Vereinbarungmit den Betreibern erfolgen sollte. Wäre auch eine sol-che Vereinbarung nicht rechtsverbindlich, und könnte sievonseiten der Betreiber einseitig aufgekündigt werden?

Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bun-desminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-heit:

Wie Sie wissen, sehen wir die Kernenergie alsBrückentechnologie. Wir sind jetzt bei der Erarbeitungeines Konzepts in der Frage, ob und, wenn ja, in wel-chem Umfang die Laufzeiten verlängert werden sollen.Im Rahmen der Erarbeitung dieses Konzepts werden wirauch darüber sprechen, ob Gewinne, die während derLaufzeitverlängerung anfallen – sie werden anfallen –,zum Beispiel für eine Unterstützung der erneuerbarenEnergien genutzt werden können und, wenn ja, in wel-chem Umfang. Wir haben uns allerdings noch nicht in-tensiv mit der Frage befasst, auf welchem Wege dies ge-schehen kann. Dies wird im Rahmen der Gespräche undder Erarbeitung des Konzepts erfolgen.

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Herr Lischka, bitte.

Burkhard Lischka (SPD): Frau Staatssekretärin, ich gehe davon aus, dass Ihnen

die Rechtsform eines öffentlich-rechtlichen Vertragesbekannt ist. Deshalb frage ich noch einmal: Welche Vo-raussetzung sehen Sie bei dieser Vereinbarung als nichterfüllt an, sodass Sie zu dem Schluss kommen, es han-dele sich nicht um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag?

Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bun-desminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-heit:

Herr Kollege, ich weise noch einmal darauf hin, dasses hier offenbar – das müssen wir an der Stelle zurKenntnis nehmen – eine unterschiedliche Bewertung derdamaligen Verabredung zwischen der rot-grünen Bun-desregierung, der Regierung Schröder, und den EVUsgibt. Unsere Einschätzung ist die, dass hier keine rechtli-che Bindung gegeben ist. Das können wir jetzt sicherlichnoch ein paar Mal hin und her wenden. Ich denke, esbleibt bei dieser Einschätzung.

Ich möchte noch einmal bekräftigen, dass es der da-maligen rot-grünen Bundesregierung freigestanden hatund auch dieser Bundesregierung freisteht, bestehendeGesetze zu verändern und weiterzuentwickeln, woraufsich die Unternehmen dann einzurichten haben.

(Ulrich Kelber [SPD]: Das war nicht die Frage!)

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Herr Kollege Dr. Miersch.

Dr. Matthias Miersch (SPD): Frau Staatssekretärin, hat Ihre Rechtsauffassung zur

Folge, dass die Überlegungen der Bundesregierung, denAtomkonsens augenblicklich aufzuheben und die Lauf-zeiten um 20, 28 Jahre zu verlängern, auch nur auf einGentlemen’s Agreement hinauslaufen können mit derFolge, dass wir über den generellen Ausschluss derAtomtechnologie in Deutschland keine rechtsverbindli-che Entscheidung treffen können?

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Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bun-desminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-heit:

Wenn wir unser Energiekonzept diskutiert, vorgestelltund im Kabinett beschlossen haben, wird das zur Folgehaben, dass Gesetze geändert werden, unter anderem dasAtomgesetz. Diese Regierung – wie im Koalitionsver-trag beschrieben, angekündigt, festgelegt – bekennt sichdazu, dass wir die Kernenergie als Brückentechnologieweiterlaufen lassen wollen. In welchem Umfang, werdendie wissenschaftlichen Studien, die wir jetzt in Auftraggeben, zeigen.

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Nun kommen wir zur Frage 27 des Kollegen Gerd

Bollmann:Wird die Bundesregierung einen Kabinettsbeschluss über

die Aufhebung der Konsensvereinbarung aus dem Jahr 2000herbeiführen, und auf welcher Grundlage kann dies gesche-hen, da die Bundesregierung sich in dieser Vereinbarung ver-pflichtet hat, sie dauerhaft umzusetzen, inzwischen ins Amteingetretene Kabinettsmitglieder also in rechtliche Pflichteneingetreten sind, die ihre Amtsvorgänger eingegangen sind?

Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bun-desminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-heit:

Herr Kollege Bollmann, ich möchte Ihre Fragen 27und 28 gerne zusammen beantworten.

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Dann rufe ich auch die Frage 28 des Kollegen Gerd

Bollmann auf:Wie unterscheiden sich die Rechtspflichten aus der Ver-

einbarung zum Atomkonsens von solchen Rechtspflichten,die die Bundesregierung oder ein ihr zugehöriges Ressort miteiner dritten Rechtsperson eingeht?

Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bun-desminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-heit:

Die Bundesregierung hat die Kernenergievereinba-rung vom 14. Juni 2000 von Anfang an als eine rechtlichnicht verbindliche politische Vereinbarung im Sinne ei-nes Gentlemen’s Agreements eingestuft. Die Umsetzungder Vereinbarung erfolgte insbesondere durch eine Än-derung des Atomgesetzes, die 2002 in Kraft getreten ist.

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Ihre Nachfrage, bitte.

Gerd Bollmann (SPD): Frau Staatssekretärin, unabhängig von der rechtlichen

Verbindlichkeit: Sieht die Bundesregierung es nicht alsproblematisch an, dass sich viele, beispielsweise dieStadtwerke, bei ihren Investitionsplanungen auf dieseVereinbarung, wie Sie sie auch immer nennen, verlassenhaben?

Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bun-desminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-heit:

Die Planungen der Stadtwerke haben sich sicherlichauf die damalige und noch geltende gesetzliche Grund-lage bezogen und auf den Beschluss der rot-grünen Bun-desregierung, Kernenergie in Zukunft nicht mehr nutzenzu wollen, zugegebenermaßen für einen sehr langenZeitraum; 32 Jahre haben sie vereinbart. Ich kann undwerde Investitionen von Stadtwerken, die diese nicht nurnach bestem Wissen und Gewissen, sondern vor allemim Hinblick auf Gewinnmöglichkeiten getroffen haben,nicht kommentieren. Allerdings begrüße ich es, wennwir neben den vier großen EVUs starke Stadtwerke undStadtwerkverbünde haben, die mit kleineren Einheitenauch dezentral zur Energieversorgung beitragen. Geradedie Stadtwerke haben in den letzten Jahren viele Moder-nisierungen vorgenommen und sind ein wichtiger Playerim Konzert unserer Energieversorgung.

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Haben Sie eine weitere Nachfrage? – Nein? – Dann

Herr Dr. Miersch, bitte.

Dr. Matthias Miersch (SPD): Frau Staatssekretärin, Sie benutzen die Begriffe

„Brückentechnologie“ und „Gesetzesänderung“, aberSie beantworten nicht die Fragen. Vor dem Hintergrundder Auswirkungen des Atomkonsenses auf Investitions-entscheidungen von Stadtwerken frage ich Sie noch ein-mal: Ist für die Bundesregierung vor dem Hintergrunddessen, was sie augenblicklich diskutiert, die grundsätz-liche Frage: „Gibt es ein Ende der Atomtechnologie inDeutschland?“ eine Frage eines Gentlemen’s Agree-ments, oder gibt es eine Form von Verbindlichkeit, aufdie sich alle Wirtschaftsbeteiligten verlassen können?

Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bun-desminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-heit:

Diese Regierung hat von Anfang an klargemacht,dass wir eine andere Haltung zur Kernenergie haben alsbeispielsweise Ihre Fraktion. Wir haben deshalb im Ko-alitionsvertrag festgelegt, ein Energiekonzept zu erstel-len – und daran arbeiten wir –, das neben dem deutlichenAusbau der Erneuerbaren auch die Kernenergie weiter-führen wird, bis die erneuerbaren wettbewerbsfähig sindund wir einen überwiegenden Teil unserer Energie ausregenerativen Energien gewinnen können.

Noch einmal: Es bleibt jeder Regierung unbenom-men, gesetzliche Grundlagen zu ändern. Das kann in Be-zug auf für die Zukunft getroffene Entscheidungen Unsi-cherheiten für die Investoren mit sich bringen; allerdingsdürfen diese Änderungen nicht rückwirkend in Ge-schäftsmodelle eingreifen. Das werden sie auch nichttun. Denn wir werden – da sind wir uns beispielsweisemit den Stadtwerken einig – darauf achten, dass die er-neuerbaren Energien deutlich ausgebaut werden.

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Herr Kollege Kelber.

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3042 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010

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Ulrich Kelber (SPD): Frau Staatssekretärin, Sie haben sich jetzt mehrfach

dazu geäußert, dass Sie in der damaligen Vereinbarungder beiden Partner keine verbindliche rechtliche Wir-kung sehen. Hier geht es allerdings um die Frage, ob dereine Partner, nämlich die Bundesregierung, nicht dauer-hafte rechtliche Pflichten geschaffen hat. Sie kennen dieaktuelle Studie des Verbands kommunaler Unternehmen,in der beispielhaft der Unterschied in den Renditeerwar-tungen einer bereits getätigten Investition bei Beibehal-tung der damals festgelegten, in der Vereinbarung alsdauerhaft rechtlich verpflichtend festgeschriebenenRechtslage gegenüber einer von Ihnen beabsichtigteneventuellen Veränderung, die zu einer Minuserwartungin Bezug auf die Rendite führen könnte, dargestellt wird.

Ist Ihnen als Staatssekretärin bekannt, dass die Bun-desrepublik Deutschland internationale Vereinbarungeneingegangen ist, die den Schutz von Investitionen vornegativen gesetzlichen Veränderungen vorsehen, wenndie Renditeerwartungen, Herr Staatssekretär – des andieser Stelle nicht beteiligten Ministeriums – Otto, indem normalen Zeitraum dieser Investitionen von solchenVeränderungen negativ betroffen werden, sodass dies zueiner Minuserwartung führt? Gilt das auch in diesemFall, und gilt die Rechtsverbindlichkeit für den einenPartner Bundesregierung nicht auch über Legislatur-perioden hinweg?

Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bun-desminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-heit:

Herr Kelber, Ihre Frage zielt im Kern darauf ab, obzukünftige Bundesregierungen sich dauerhaft an politi-sche Überzeugungen vorangegangener Bundesregierun-gen binden sollen, und dies halte ich nicht nur in diesemFall, sondern auch für alle anderen politischen Felder füreine äußerst kühne Behauptung, der wir zumindest sonicht zustimmen können.

Seitens des CDU/CSU-Teils, aber sicherlich auch derFDP kann ich sagen, dass schon in den vergangenen Jah-ren – auch zwischen 1998 und 2009 – klar war, dass dieUnion ein offeneres Verhältnis zur Kernenergie hatteund wir vor der Wahl mit Wahlaussagen, vor allem abermit dem Koalitionsvertrag deutlich gemacht haben, dasswir Laufzeitverlängerungen in unser energiepolitischesKonzept einbeziehen.

Wenn Sie jetzt verlangen sollten, dass jetzige undkünftige Regierungen sich dauerhaft an das halten, wozuandere aus einer anderen politischen Konstellation undauch aus anderer – natürlich legitimer – politischerÜberzeugung gekommen sind, hielte ich das für einezwar interessante Haltung, muss Ihnen aber sagen: Dasist nicht unsere Haltung.

(Ulrich Kelber [SPD]: Es gibt internationaleVereinbarungen, die von der BundesrepublikDeutschland unterschrieben worden sind!)

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Herr Kollege Bülow, bitte.

Marco Bülow (SPD): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin, Sie sind ge-

rade auf die Stadtwerke eingegangen. Wenn ich Sie rich-tig verstanden habe, haben Sie gesagt, Sie würden sichdarüber freuen, wenn die Stadtwerke sich zusammen-schlössen, um wahrscheinlich auch – ich vermute, dassteckt dahinter – den Wettbewerb zu stärken.

Nun gibt es ein Gutachten, das Ihnen bekannt seinkönnte, auf das sich auch die Stadtwerke berufen, in demdeutlich analysiert wurde, dass der Marktanteil derKernkraftwerksbetreiber, also der vier großen Player indiesem Markt, den sie jetzt schon beherrschen, steigenwürde und ihre Marktstellung, die mit über 80 ProzentAnteil immer noch sehr hoch ist, durch die Aufkündi-gung des Kompromisses gesichert oder sogar gesteigertwürde. Ist Ihnen das bekannt, und fließt es in Ihre Analy-sen und Ihre Entscheidungen ein?

Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bun-desminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-heit:

Wir kennen dieses Gutachten, ebenso die Auffassungder Stadtwerke. Ich kann dazu nur sagen, dass wir beider Erarbeitung unseres Energiekonzepts sehr wohl da-rauf achten werden, dass am Ende drei Prämissen erfülltwerden, nämlich dass unsere Energieversorgung sicher,sauber und sozial erfolgt. Das bedeutet, dass sie klima-politisch den Erwartungen entspricht, denen sich übri-gens auch schon die Große Koalition verpflichtet gefühlthat, dass sie sicher ist, dass also Investitionen erfolgenkönnen, also auch und gerade Investitionen in erneuer-bare Energien zukünftig erfolgen werden, und dass un-sere Energieversorgung den Anforderungen hinsichtlichder Erzeugungssicherheit, mithin der Sicherheit imSinne der Bereitstellung von Energie, genügt. Insofernwerden wir, wenn die Szenarien vorliegen, auch mit derÖffentlichkeit und allen interessierten Teilnehmern spre-chen, die bei uns die Energielandschaft mitbestimmenbzw. begleiten, und dies selbstverständlich berücksichti-gen.

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Frau Kollegin Hendricks. – Es hat sich erledigt. Dann

Herr Kollege Becker.

Dirk Becker (SPD): Frau Staatssekretärin, ich komme noch einmal auf die

Frage des Kollegen Kelber zurück. Sie haben völlig zuRecht darauf verwiesen, dass es natürlich jeder Bundes-regierung freisteht, sich von Positionen der Vorgänger-regierung abzugrenzen und Dinge anders zu bewerten.Aber die entscheidende Frage war ja nicht, ob Ihnen die-ses Recht zusteht, sondern sie war: Wie bewerten Sie es,wenn Unternehmen – in diesem Fall Stadtwerke –, ba-sierend auf einer gültigen Rechtslage, Investitionsent-scheidungen getroffen haben und sie jetzt von einer Ver-änderung negativ beeinflusst werden? Das war ja derPunkt der Frage vom Kollegen Kelber. Sie haben daraufgeantwortet: Eine Regierung muss die Möglichkeit ha-ben, etwas politisch anders zu bewerten. – Es geht aberum die Folgewirkung für Unternehmen.

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010 3043

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Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bun-desminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-heit:

Veränderungen in der Gesetzgebung sind, wenn es umInvestitionen geht, an der Tagesordnung. Ich erinneremich daran, dass wir in der Großen Koalition gemein-sam das Erneuerbare-Energien-Gesetz verändert und un-ter anderem Regelungen getroffen haben, die sehr wohlrückwirkend für bestimmte Branchen schwierig waren.Wir sind in dieser Regierung aufgefordert, Fehlentschei-dungen zu korrigieren. Insofern ist eine Investition in derTat mit einem Risiko behaftet. Wir wollen aber die Ver-änderungen im Energiekonzept so durchführen, dass wirein ganz hohes Maß an Investitionssicherheit garantierenkönnen.

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Wir kommen nun zur Frage 29 des Kollegen Marco

Bülow:Bestätigt die Bundesregierung die Auffassung, dass die

Konzerne Eon, RWE, EnBW und Vattenfall Europe im Fallder Atomkonsensvereinbarung durch entsprechende Willens-bekundungen leitender Unternehmensvertreter seit dem Jahr2000 vertragsbrüchig geworden sind, und, wenn nein, warumnicht?

Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bun-desminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-heit:

Herr Bülow, ich möchte auch Ihnen zusammenhän-gend auf die beiden Fragen 29 und 30 antworten.

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Dann rufe ich auch die Frage 30 des Kollegen Bülow

auf:Inwieweit hat die Bundesregierung die rechtliche Mög-

lichkeit, Vereinbarungen zu treffen mit Akteuren, von denenihr bekannt ist, dass sie durch öffentliche Willensbekundun-gen gegenüber der Bundesregierung vertragsbrüchig gewor-den sind, während die Bundesregierung zum gleichen Zeit-punkt den Vertrag eingehalten hat?

Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bun-desminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-heit:

Den ersten Teil kennen Sie mittlerweile schon: Wir,vor allem aber auch die damalige Bundesregierung, ha-ben die damalige Kernenergievereinbarung als rechtlichnicht verbindlich und als politisch angesehen. In der Ein-leitung zur Kernenergievereinbarung heißt es:

Unbeschadet der nach wie vor unterschiedlichenHaltung zur Nutzung der Kernenergie respektierendie EVUs die Entscheidung der Bundesregierung,die Stromerzeugung aus Kernenergie geordnet be-enden zu wollen.

Abgesehen davon stellt eine Willensbekundung, eineVereinbarung ändern zu wollen, keinen Vertragsbruchdar.

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Ihre Nachfrage.

Marco Bülow (SPD): Danke, Frau Staatssekretärin. – Bei dem Konsens

oder bei der Vereinbarung, wie auch immer man das be-zeichnen will, gab es Vorteile auf beiden Seiten. So hatauch die Atomwirtschaft davon profitiert, dass zumin-dest die Politik sich an die Vereinbarung gehalten undzum Beispiel die Rücklagen für die Atombetreiber ge-nehmigt hat und ihnen auch bei anderen Vorteilen entge-gengekommen ist. Hätten wir in der Großen Koalitionbeispielsweise versucht, diese Vorteile zu beschneiden,wäre die Union wahrscheinlich die Erste gewesen, diedas verhindert hätte. Geben Sie mir da recht, und wiekann es sein, dass man zwar die Vorteile für die eineSeite beibehält, man sich also an die Absprachen hält,aber die Nachteile für diese eine Seite in neuen Konstel-lationen abstellen will? Machen dann solche Vereinba-rungen jeglicher Art in Zukunft überhaupt noch Sinn?

Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bun-desminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-heit:

Wir drehen uns hier leider ein bisschen im Kreis; aberdennoch erneut mein Versuch, unsere Haltung zu erläu-tern: Die Vereinbarung war eine politische Absichts-erklärung, und Sie haben diese Absichtserklärung dannin ein Gesetz gegossen. Auch wir haben für diese Regie-rung eine Absicht geäußert, nämlich Erneuerbare auszu-bauen, CO2 vermeiden zu wollen und Kernenergie alsBrücke zu nutzen, und wir werden die gesetzlichenGrundlagen dafür schaffen bzw. bestehende so weiter-entwickeln, dass sie unseren Anforderungen genügen.

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Herr Kollege Kelber, bitte.

Ulrich Kelber (SPD): Frau Staatssekretärin, ich respektiere Ihre Ansicht,

dass es sich nicht um einen Vertrag handelt und man des-wegen nicht vertragsbrüchig geworden sein kann, son-dern nur um ein Gentlemen’s Agreement. ZentralerPunkt dieses Gentlemen’s Agreements war, dass mansich verpflichtet hat, trotz unterschiedlicher Sichtweisenzur Kernenergie die Festlegung des Gentlemen’s Agree-ments dauerhaft umzusetzen. Landläufig gilt jemand, derein Gentlemen’s Agreement nicht einhält, nicht mehr alsEhrenmann. Einer der Unterzeichner vonseiten derjeni-gen, die das nicht dauerhaft umgesetzt haben, warGerald Hennenhöfer. Können Sie mir erklären, warumSie jemanden, den Sie mit Ihrer Argumentation nicht alsEhrenmann bezeichnen, vor wenigen Wochen als Abtei-lungsleiter für Atomtechnologie im Umweltministeriumeingestellt haben?

Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bun-desminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-heit:

Die Bezeichnung, die Sie gerade Herrn Abteilungslei-ter Gerald Hennenhöfer haben zuteilwerden lassen,

(Ulrich Kelber [SPD]: Nein, Sie!)

Page 44: Stenografischer Bericht 33. Sitzung - Deutscher Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btp/17/17033.pdf · Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den

3044 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010

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Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche

weise ich zurück. Noch einmal: Die damalige rot-grüneBundesregierung hatte sich entschlossen, die Kern-energie nicht weiter nutzen zu wollen. Der damaligeBundeskanzler Schröder hat sich aus dem bestehendenKonsens der Regierung Kohl zwischen Regierung undOpposition, der darin bestand, dass man sich gemeinsamüber Energiefragen verständigt, weil Energiefragen vonsolcher Bedeutung sind, dass sie der Zustimmung desganzen Parlamentes bedürfen, verabschiedet.

Den Versuch Ihrer Kollegen, durch wiederholtes Fra-gen zu der Kernenergievereinbarung im Nachhinein eineÜberhöhung zu konstruieren, die da heißt „Es gibt einerechtliche Vereinbarung, und jeder, der sich nicht daranhält, bricht sie“, weise ich zurück. Dies ist nicht unsereAuffassung.

Was Herrn Hennenhöfer betrifft, möchte ich Ihnen sa-gen, dass er seine Funktion mit großer Sachkenntnis,Loyalität und Rechtstreue ausführt.

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Herr Dr. Miersch.

Dr. Matthias Miersch (SPD): Frau Staatssekretärin, es war nicht der Kollege

Kelber, der den Begriff Gentlemen’s Agreement benutzthat, sondern es handelt sich um Ihre Auffassung zur Ver-einbarung zum Atomkonsens.

Wir haben mehrfach in unseren Fragen darauf hinge-wiesen, dass diese Vereinbarung auch die Unterschriftder vier großen Player im Stromgeschäft in der Bundes-republik Deutschland trägt. Herr Hennenhöfer war einerder Repräsentanten und ist jetzt in Ihrem Haus tätig. Ichfrage Sie daher: Was muss man von jemandem halten,der eine solche Vereinbarung unterschreibt und der siejetzt im Rahmen seiner Arbeit an verantwortungsvollerPosition im zuständigen Bundesumweltministerium bricht?

Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bun-desminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-heit:

Ich muss Sie leider enttäuschen. Der Begriff Gentle-men’s Agreement stammt nicht von mir, sondern war imJahre 2001 auf den Seiten des Bundesumweltministe-riums zu finden, offenbar mit Billigung des damaligenStaatssekretärs Baake.

(Ulrich Kelber [SPD]: Aber Sie haben das über-nommen! Wie man sich bettet, so liegt man!)

An dem Zustandekommen des Papiers war unter ande-rem der damalige Wirtschaftsminister Müller beteiligt,der wiederum, als er noch für ein Energieunternehmengearbeitet hat, die SPD und den damaligen Ministerprä-sidenten Schröder in energiepolitischen Sachfragen un-terstützt hat.

Noch einmal: Abteilungsleiter Hennenhöfer, zustän-dig für die Reaktorsicherheit, führt sein Amt rechtstreuund mit großer Sachkenntnis aus.

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Wir kommen zur Frage 31 des Kollegen Oliver

Kaczmarek:In welcher Form beabsichtigt die Bundesregierung mit

den Unternehmen einen neuen Konsens über die Laufzeitenvon Atomkraftwerken verbindlich zu vereinbaren, die durchihren öffentlichen Einsatz gegen den gültigen Atomkonsensihrer Verpflichtung zur dauerhaften Umsetzung der gültigenVereinbarung nicht nachgekommen sind, und, sofern eineförmliche Neufassung des bestehenden Konsenses nicht vor-gesehen ist, welche alternativen formalisierten Verfahren sindvorgesehen?

Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bun-desminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-heit:

Herr Kollege Kaczmarek, Ihre Frage beantworte ichwie folgt: In der Einleitung zur Kernenergievereinba-rung heißt es:

Unbeschadet der nach wie vor unterschiedlichenHaltung zur Nutzung der Kernenergie respektierendie EVUs … die Entscheidung der Bundesregie-rung, die Stromerzeugung aus Kernenergie geord-net beenden zu wollen.

Abgesehen davon steht eine öffentliche Äußerung, eineVereinbarung ändern zu wollen, der Umsetzung einergültigen Vereinbarung nicht entgegen.

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Haben Sie eine Nachfrage?

Oliver Kaczmarek (SPD): Frau Staatssekretärin, vielen Dank. – Der Kollege

Becker hat gerade aus der Vereinbarung den Satz zitiert,dass sich beide Seiten dauerhaft dazu verpflichtet haben,diese Vereinbarung umzusetzen. Ich frage Sie, wie Siebei zukünftigen Vereinbarungen – in welcher Form auchimmer Sie diese mit den betroffenen Unternehmenschließen wollen – sicherstellen wollen, dass diese Ver-einbarung tatsächlich dauerhaft umgesetzt wird. Wiewollen Sie Sicherheit für eine gemeinsame Vereinbarungmit den Energiekonzernen schaffen?

Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bun-desminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-heit:

Wir führen Gespräche, die dazu dienen, gesetzlicheGrundlagen zu schaffen. Es ist der ganz normale Weg,dass die Fachkreise in einem Ministerium mit Branchen-vertretern zusammentreffen und man über die Weiterent-wicklung von gesetzlichen Grundlagen spricht. Dieandere Möglichkeit ist, dass sich das Parlament im Rah-men einer eigenen Initiative dazu entscheidet, die ge-setzlichen Grundlagen weiterzuentwickeln. Dies ist tag-tägliche Praxis. Wir beabsichtigen, sie weiterzuführen.

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Eine weitere Nachfrage? – Bitte.

Oliver Kaczmarek (SPD): Noch eine kurze Nachfrage: In welcher Form beab-

sichtigt die Bundesregierung, das Parlament in diese Be-ratungen einzubeziehen?

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010 3045

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Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bun-desminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-heit:

Ich vermute, dass Sie das Energiekonzept meinen.

Oliver Kaczmarek (SPD): Ich meine die gerade von Ihnen geführte Diskussion

über die Verlängerung der Restlaufzeiten von Atom-kraftwerken.

Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bun-desminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-heit:

Wir führen derzeit Diskussionen über ein Energiekon-zept. Bedauerlicherweise interessiert sich die SPD an-scheinend ausschließlich für die Kernenergie. Ich würdemich freuen, wenn auch die erneuerbaren Energien aufIhr Interesse stoßen würden.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP – UlrichKelber [SPD]: Das andere ist ja gut geregelt! –Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Wenn Sie allesso lassen würden, wie es ist, dann wäre es jaokay! Sie brauchen einfach nur alles so zu las-sen!)

Wir haben in der letzten Zeit über Szenarien disku-tiert. Die Aufträge zur Berechnung der Szenarien stehenkurz vor dem Abschluss. Wenn die Berechnungen vor-liegen, werden wir daraus ein Konzept erarbeiten. Wirwollen im späten Herbst so weit sein, dass ein Konzeptzur Beschlussvorlage umfänglich vorliegt. Die Zeit da-zwischen wird dafür verwendet, mit den betroffenenVerbänden und selbstverständlich auch mit dem Parla-ment zu sprechen.

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Herr Dr. Miersch, bitte.

Dr. Matthias Miersch (SPD): Frau Staatssekretärin, Sie werden in der nächsten Sit-

zungswoche Gelegenheit haben, unsere Position in Fra-gen der erneuerbaren Energien sehr deutlich zu spüren;denn das, was vorgesehen ist, ist alles andere als zu-kunftsweisend.

Ich frage Sie noch einmal nach Ihrer Auffassung, dieSie zum Atomkonsens haben: Ist es nach Ihrer Meinungüberhaupt möglich, dass eine Partei, eine Regierung oderdas Parlament einen rechtsverbindlichen Atomausstiegbeschließen kann?

Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bun-desminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-heit:

Herr Kollege, die Rechtsverbindlichkeit entsteht dann– das habe ich jetzt mehrfach erläutert –, wenn sich einegesetzliche Änderung ergibt. Wir werden so arbeiten,dass wir Veränderungen oder Weiterentwicklungen imEnergiesektor gesetzlich absichern. Die Instrumentekennen Sie. Das werden wir weiter tun.

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Herr Becker, bitte.

Dirk Becker (SPD): Frau Staatssekretärin, Sie haben eben auf die Frage

des Kollegen Kaczmarek bezüglich der Gespräche überdie Verlängerung der Laufzeiten darauf verwiesen, dassdiese Frage im Spätherbst im Rahmen des Energiekon-zeptes beantwortet werde. Heißt das, dass es gegenwär-tig zwischen der Bundesregierung und der Atomwirtschaftkeine Gespräche über die Verlängerung der Laufzeiten,über mögliche Rahmenbedingungen etc. gibt?

Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bun-desminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-heit:

Es gibt momentan keine Gespräche; das ist richtig.

(Dirk Becker [SPD]: Danke!)

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Herr Kollege Kelber, bitte.

Ulrich Kelber (SPD): Frau Staatssekretärin, ich hatte Sie vorhin informiert,

dass die Bundesrepublik Deutschland verbindliche inter-nationale Vereinbarungen zum Schutz von Investitioneneingegangen ist, die übrigens auch der Veränderung vonnationalen Gesetzen eine Grenze zum Schutz getätigterInvestitionen setzen. Haben Sie Rechtsgutachten in Auf-trag gegeben oder beabsichtigen Sie, Rechtsgutachten inAuftrag zu geben, die klären, ob bei einer eventuellenBeendigung des Atomkonsenses und einer Verlängerungder Laufzeiten Nachteile für Energieerzeuger entstehen,die keine Atomanlagen betreiben, aber bereits Investitio-nen getätigt haben, und ob diese die Möglichkeit derKlage und des Schadensersatzes gegenüber der Bundes-republik Deutschland haben, und können Sie mir für denFall, dass ein solches internes oder externes Rechtsgut-achten bereits existiert, in Auftrag gegeben wurde oderin Auftrag gegeben werden soll, verbindlich zusichern,dass dies dem Deutschen Bundestag zur Überprüfungder Position der Bundesregierung vorgelegt wird?

Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bun-desminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-heit:

Wenn wir in der Gesetzgebung sind, Herr KollegeKelber, werden wir alle anstehenden Fragen und Interes-sen in diesem Prozess berücksichtigen.

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Herr Kollege Dr. Ott.

Dr. Hermann Ott (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Frau Staatssekretä-

rin, ich bin den Kolleginnen und Kollegen von der SPDsehr dankbar, dass sie dieses Thema hier in dieser Breitein das Plenum einbringen. Nach der Art und Weise, wieSie den Komplex des Atomausstieges, der von Rot-Grünverhandelt und vereinbart worden ist, behandeln, scheint

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3046 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010

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Dr. Hermann Ott

er ein Super-GAU für die umweltpolitische Handlungs-freiheit insgesamt zu sein.

(Elke Ferner [SPD]: Die ganze Regierung ist ein Super-GAU!)

Hier ist doch im Einvernehmen mit der beteiligten In-dustrie der Weg gewählt worden, eine Vereinbarung zuschließen. Beide Seiten haben gegeben und haben ge-nommen. Nun ist es so, dass der Staat sehr viel gegebenhat, zum Beispiel Möglichkeiten der Rückstellung undsogar eine Art Bestandsgarantie, wenn man das so for-mulieren will, für Atomkraftwerke. Nun aber, da es ei-gentlich darum ginge, die eigenen Verpflichtungen zu er-füllen, ziehen sich die Industrie durch verschiedeneTricks und nun auch das Ministerium, also die Bundes-regierung, aus diesen von einer Vorgängerregierung ge-schlossenen Vereinbarungen zurück. Ich frage Sie des-halb: Wie stellen Sie sich – Kollege Kaczmarek hat diesin seiner Frage angedeutet – eine Vereinbarung vor?Wenn man gesetzliche Maßnahmen vermeiden will, wel-che Handlungsmöglichkeiten hat die Bundesregierungdenn dann noch, eine solche Vereinbarung zu treffen?Muss sie dann nicht ganz rigoros gesetzliche Maßnah-men treffen, ohne in einer Vereinbarung auf die betrof-fene Industrie einzugehen?

Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bun-desminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-heit:

Herr Kollege, ich kann keine Frage erkennen. Sie ha-ben lediglich ein Statement abgegeben.

Ich sage Ihnen ganz klar: Selbstverständlich setzenwir auf gesetzliche Grundlagen, weil wir Rechtsverbind-lichkeit sowie klare Richtlinien und Rahmenbedingun-gen brauchen. Ich bin davon überzeugt, dass eine klareGesetzgebung am ehesten zu Rechtsfrieden und Investi-tionssicherheit führt.

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Ich rufe die Frage 32 des Kollegen Oliver Kaczmarek

auf:Wie bewertet die Bundesregierung den Umstand, dass Ak-

teure im Strommarkt im Vertrauen auf die dauerhafte Umset-zung des Atomkonsenses Investitionen getätigt haben odertätigen wollen, und entwickelt die veränderte Haltung derBundesregierung zum Atomkonsens gegebenenfalls Regress-ansprüche solcher Akteure?

Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bun-desminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-heit:

Herr Kollege, Ihre Frage behandelt erneut – allerdingsin anderer Form – die schon viel zitierte Energieverein-barung. Ich kann es Ihnen gerne noch einmal verlesen– ich befürchte, Sie können es bald mitsingen –:

(Elke Ferner [SPD]: Sie können es offensicht-lich noch nicht auswendig!)

Die Bundesregierung hat die Kernenergievereinbarungvom 14. Juni 2000 von Anfang an als rechtlich nicht ver-bindliche politische Vereinbarung eingestuft. Die Um-setzung der Vereinbarung erfolgte insbesondere durch

eine Änderung des Atomgesetzes. Wie jedes Gesetzkann auch das Atomgesetz geändert werden. Der verfas-sungsrechtliche Grundsatz des Vertrauensschutzes be-trifft unter bestimmten Voraussetzungen ausschließlichGesetze mit rückwirkenden Regelungen. Das haben wir andieser Stelle – unter anderem beim Thema Stadtwerke –mehrfach diskutiert.

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Sie haben eine Nachfrage?

Oliver Kaczmarek (SPD): Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. Ich habe Ihre

Ausführungen vorhin so verstanden, dass Sie nicht be-streiten, dass Unternehmen aufgrund der verändertenGrundlagen in der Energiepolitik möglicherweise inwirtschaftliche Schwierigkeiten geraten könnten. MeineFrage ist: Gibt es innerhalb der Bundesregierung – viel-leicht auch in anderen Häusern – Überlegungen, Unter-nehmen, die Investitionsentscheidungen auf dieserGrundlage getroffen haben und nun in Schwierigkeitengeraten, zu unterstützen?

Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bun-desminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-heit:

Herr Kollege, es ist häufig so: Durch Gesetzesände-rungen – als Beispiel nenne ich das vielleicht nicht ganzso umstrittene Erneuerbare-Energien-Gesetz –,

(Ulrich Kelber [SPD]: Sie haben zweimal dagegengestimmt!)

die wir im Kern als positiv und förderlich empfinden,können die Gewinnerwartungen der Unternehmen ge-schmälert oder – bestenfalls – befördert werden. Ich darfan die vergangene Legislaturperiode erinnern, in der aufexpliziten Wunsch der Sozialdemokraten im BereichBiomasseanlagen Entscheidungen getroffen wurden, diedie Betreiber von Biomasseanlagen in eine schwierigeSituation gebracht haben. Wir haben diese Fehlentwick-lung damals um des Koalitionsfriedens willen mitgetra-gen, aber jetzt korrigiert. Insofern glaube ich, dass SieKrokodilstränen vergießen, wenn Sie sich um einzelneUnternehmen Sorgen machen.

Noch einmal: Der Gesetzgeber darf nicht ohne weite-res rückwirkend Änderungen vornehmen. Für zukünf-tige Entscheidungen gilt das allerdings nicht. Wenn esGesetzesänderungen gibt – und die gibt es laufend –,dann gibt es auch für Investoren immer ein gewisses Ri-siko.

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Haben Sie eine weitere Nachfrage? – Bitte.

Oliver Kaczmarek (SPD): Wenn ich das richtig sehe, dann stützen sich die

Wachstumsprognosen der vier am Atomkonsens betei-ligten Konzerne auf Steigerungsraten durch die Verlän-gerung der Restlaufzeiten der Atomkraftwerke. Wennich das richtig verstehe, dann handelt es sich bei den Un-

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Oliver Kaczmarek

ternehmen, die möglicherweise in Schwierigkeiten gera-ten – wir wissen es noch nicht genau; aber es gibt Anzei-chen –, meist um mittelständische Unternehmen und dasHandwerk. Teilen Sie meine ökonomische Einschät-zung, dass die Gefahr besteht, dass Sie eine Entschei-dung zugunsten von Großkonzernen und zulasten vonmittelständischen Betrieben treffen?

Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bun-desminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-heit:

Die Bundesregierung hat sich vorgenommen, einenklaren Schwerpunkt auf den Ausbau der erneuerbarenEnergien zu legen. Hier handelt es sich ganz klar ummittelständische Strukturen. Wir werden weiterhin inden Klimaschutz investieren, unter anderem bei der Ge-bäudesanierung. Das ist ein klares Votum für die kleinenund mittelständischen Betriebe. Ich glaube, dass dieseRegierung nicht nur ein sehr ausgewogenes Energiekon-zept vorlegen wird, sondern auch eine sehr ausgewogeneHaltung zu allen Mitspielern der Energiebranche hat. Esist unser erklärtes Ziel – das hat nicht nur Bundesum-weltminister Röttgen, sondern auch die Kanzlerin mehr-fach ausgeführt –, die erneuerbaren Energien zielstrebigauszubauen, damit wir auf mittel- und langfristige Sichtunsere Energieversorgung mithilfe regenerativer Ener-gien bewältigen können.

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Herr Kollege Kelber, bitte.

Ulrich Kelber (SPD): Eine ganz kleine Korrektur zu Beginn: Frau Staats-

sekretärin, die von Ihnen gerade erwähnte Entscheidungaus dem Jahr 2008 zu Biogasanlagen war keineswegsErgebnis einer Initiative der sozialdemokratischen Bun-destagsfraktion, sondern des schwarz-gelb dominiertenBundesrates. Diese Entscheidung war übrigens richtigund ist am Ende durch das Bundesverfassungsgerichtunterstützt worden. Sie haben das trotzdem nachträglichgeändert. Das ist zwar Ihr gutes Recht; aber das sollteman dennoch festhalten.

Ich habe zur Kenntnis genommen, dass Sie nicht zu-sagen wollen, mit Steuermitteln erstellte Rechtsgutach-ten der Bundesregierung dem Deutschen Bundestag zurVerfügung zu stellen. Sie haben diese Aussage gerademehrfach in Bezug auf Anlagen zur Stromerzeugung ge-macht. Weitere Akteure am Strommarkt sind die Netzbe-treiber, die auf der Basis geltender Gesetze Investitionengetätigt haben: von der Verteilebene – Überlandnetze –bis zum Einzelanschluss. Ein weiteres geltendes Gesetzbezieht sich auf die Stromaufsicht durch die Bundesnetz-agentur. Sind sie bereit, das diesbezügliche Gesetz so zuverändern, dass Netzinvestitionen, die aufgrund desAtomausstiegs getätigt wurden und in Zukunft StrandedInvestments sind, sich also nicht mehr rechnen, weiternachträglich auf die Netzentgelte angerechnet werdenkönnen, oder haben auch diese Marktteilnehmer Pechgehabt?

Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bun-desminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-heit:

Herr Kollege Kelber, im Rahmen des Energiekonzep-tes werden die Stromnetze eine ganz zentrale Rolle spie-len. Es ist ja das gemeinsame Ziel – Ihrer Fraktionebenso wie unserer Fraktion –, den Bereich der erneuer-baren Energien auszubauen. Dazu brauchen wir mehrLeitungen. Wir brauchen einen konsequenten Leitungs-ausbau, intelligente Netze und Speicher. Über all daswerden wir – inklusive der dazu notwendigen gesetzli-chen Grundlagen – im Rahmen des Energiekonzeptesberaten.

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Frau Kollegin Dr. Flachsbarth.

Dr. Maria Flachsbarth (CDU/CSU): Frau Staatssekretärin, haben Sie Kenntnisse darüber,

ob und in welchem Umfang die damalige rot-grüne Bun-desregierung vor ihrer Vereinbarung mit den Energiever-sorgern Expertisen bezüglich der volkswirtschaftlichenund betriebswirtschaftlichen Auswirkungen ihrer Ent-scheidung, die letztendlich in die Gesetzgebung einge-flossen ist, eingeholt hat, und wissen Sie, ob sie die Aus-wirkungen bezüglich der CO2-Emissionen Deutschlandsund der Entwicklung der Strompreise, die für den Indus-triestandort Deutschland von herausragender Bedeutungsind, überprüft hat?

Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bun-desminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-heit:

Frau Kollegin Flachsbarth, solche Studien sind mirnicht bekannt.

(Ulrich Kelber [SPD]: Das heißt nichts! Also ehrlich! Gerade bei Ihnen!)

Bekannt ist lediglich, dass im Vorfeld der Wahlen 1998der damalige Staatssekretär im hessischen Umwelt-ministerium, Herr Baake, gemeinsam mit dem nieder-sächsischen Umweltminister Jüttner Überlegungen zumgesetzlich geregelten Ausstieg aus der Kernenergienut-zung angestellt hat, die dann offenbar eingeflossen sind.Allerdings ist uns nicht bekannt, dass es Studien zu denvolkswirtschaftlichen Folgen eines Kernenergieausstiegsgegeben hat.

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Herr Kollege Becker.

(Dirk Becker [SPD]: Hat sich erledigt!)

– Das hat sich erledigt.

Dann Frau Kollegin Hendricks.

Dr. Barbara Hendricks (SPD): Frau Staatssekretärin, ich habe die ganze Zeit auf-

merksam zugehört. Bisher weiß man von der Bundes-regierung, dass sie gedenkt, das Atomgesetz zu verän-dern und längere Laufzeiten zuzulassen. Wie genau,

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3048 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010

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Dr. Barbara Hendricks

weiß man noch nicht. Aus all Ihren Antworten auf dievielen Fragen der Kolleginnen und Kollegen möchte ichvier Worte zitieren, die immer wieder genannt wurden,nämlich: im Rahmen des Energiekonzeptes. Das ist of-fenbar das von dieser Bundesregierung beabsichtigte,noch vorzulegende Energiekonzept. Können Sie für dieBundesregierung eine verbindliche Auskunft darüber ge-ben, wann der Entwurf dieses Energiekonzeptes vorlie-gen wird?

Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bun-desminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-heit:

Frau Kollegin Hendricks, ich habe vorhin den Zeit-plan skizziert. Wir haben uns jetzt über die Rahmenbe-dingungen verständigt. Der Auftrag an die Gutachtergeht in den nächsten Tagen raus. Ich habe weiterhin er-läutert, dass wir im zweiten Quartal, im Mai, die Ergeb-nisse der Studien erwarten. Es ist unser Ziel, auf derBasis wissenschaftlicher Studien zu politischen Ent-scheidungen zu kommen. Das scheint mir ein Unter-schied zur damaligen Verabredung der rot-grünen Bun-desregierung mit den EVUs zu sein.

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Wir sind immer noch beim gleichen Thema und kom-

men zur Frage 33 des Kollegen Ulrich Kelber:Wie bewertet die Bundesregierung das „Prinzip der Ver-

tragstreue“ beim Atomkonsens im Hinblick auf getätigte bzw.beabsichtigte Investitionen durch Akteure im Strommarkt?

Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bun-desminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-heit:

Herr Kollege Kelber, ich verbinde meine Antwort aufdie Fragen 33 und 34, die sich beide mit der Energiever-einbarung befassen.

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Dann rufe ich auch die Frage 34 des Abgeordneten

Kelber auf:Wie kann die Bundesregierung sicherstellen, dass der ju-

ristische Stellenwert von Kabinettsentscheidungen bzw. Ver-einbarungen der Bundesregierung mit Folgewirkungen fürDritte nicht darunter leidet, dass die Inhalte der Vereinbarungaus dem Jahr 2000 trotz bereits eingetretener Folgewirkungenfür Dritte geändert werden sollen?

Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bun-desminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-heit:

Ich wiederhole mich an dieser Stelle – das ändertnichts an unserer Rechtsauffassung –: Die Bundesregie-rung hat die Kernenergievereinbarung von Anfang an alseine rechtlich nicht verbindliche politische Vereinbarungim Sinne eines Gentlemen’s Agreement eingestuft. DieUmsetzung der Vereinbarung erfolgte insbesonderedurch eine Änderung des Atomgesetzes, die 2002 inKraft getreten ist. Wie jedes andere Gesetz kann auchdas Atomgesetz geändert werden. Der verfassungsrecht-liche Grundsatz des Vertrauensschutzes betrifft unter be-

stimmten Voraussetzungen ausschließlich Gesetze mitrückwirkenden Regelungen.

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Haben Sie eine Nachfrage? – Bitte.

Ulrich Kelber (SPD): Vielen Dank für die verbundene Antwort. Der letzte

Teil der zweiten Frage bezieht sich wie die Frage meinerKollegin Flachsbarth auf die Folgewirkungen für Dritte.Frau Kollegin Flachsbarth hat gefragt, ob Ihnen Studienund Gutachten zu der Frage der positiven oder negativenAuswirkungen eines Atomausstiegs auf verschiedeneWirtschaftsbranchen bekannt sind. Sie haben darauf ge-antwortet, dass Ihnen diese Studien nicht bekannt sind.Gleichzeitig haben Sie darauf hingewiesen, dass dieRahmenbedingungen für das Energiekonzept schon er-stellt sind. Sind Sie bereit, sich in das Archiv des Bun-desumweltministeriums zu begeben und sich bis zurnächsten Befragung über die Ergebnisse der damaligenStudien und Gutachten kundig zu machen, oder haltenSie das nicht für nötig?

Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bun-desminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-heit:

Herr Kollege Kelber, Frau Kollegin Flachsbarth hatsich ausdrücklich mit der Zeit nach 1998 befasst.

(Ulrich Kelber [SPD]: Ich auch!)

In der Tat kenne ich solche Studien nicht. Fakt ist aber,Herr Kelber, dass sich der Strommarkt verändert hat.Beispielsweise wird im Vergleich zu 1998 sehr viel mehrregenerative Energie angeboten. Gerade heute hat derBundesumweltminister die jüngsten Zahlen veröffent-licht: Erstmals erreicht der Anteil der erneuerbaren Ener-gien an der gesamten Stromproduktion 16 Prozent. DerAnteil von erneuerbarem Strom am Endenergiever-brauch liegt bei 10 Prozent. All dies sind positive Verän-derungen.

Worauf die Kollegin Flachsbarth hingewiesen hat,Herr Kelber, ist, dass die damalige Entscheidung volks-wirtschaftliche Implikationen hat. Ich habe die Frau Kol-legin so verstanden, dass sie uns gebeten hat, beientsprechenden Entscheidungen volkswirtschaftlicheImplikationen nicht außer Acht zu lassen. Das werdenwir tun, sowohl was die von Ihnen mehrfach zitiertenStadtwerke als auch die vielen mittelständischen Be-triebe im Bereich der erneuerbaren Energien betrifft,aber natürlich auch die großen EVUs mit ihren großenInvestitionen.

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Wir sind fast am Ende der Fragestunde. Ich lasse noch

die beiden gemeldeten Zusatzfragen zu. – Zunächst HerrKollege Otto.

Hans-Joachim Otto (Frankfurt) (FDP): Frau Staatssekretärin, teilen Sie angesichts dieser

Kaskade von Fragen der Kollegen von der SPD meine

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010 3049

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Hans-Joachim Otto (Frankfurt)

Auffassung als Abgeordneter dieses Hauses, dass es demDemokratieprinzip und damit dem Grundgesetz wider-spräche, wenn eine Bundesregierung, welche auchimmer, dem Bundestag durch Verträge, Absprachen,Gentlemen’s Agreements oder Ähnliches das Rechtnähme, neue Gesetze zu beschließen, und dass auch auf-grund enttäuschter Renditeerwartungen von Investorendem Bundestag nicht die Möglichkeit genommen wer-den darf, neue Gesetze zu beschließen?

(Ulrich Kelber [SPD]: Sie sollten als Wirt-schaftsstaatssekretär die Verträge der Bundes-republik Deutschland kennen!)

– Ich halte sie ein.(Ulrich Kelber [SPD]: Das ist unglaublich!

Peinlich!)

Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bun-desminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-heit:

Herr Kollege Otto, ich teile Ihre Auffassung. Das istaber offenbar nicht nur die Auffassung dieser Bundes-regierung, sondern war auch Auffassung vorherigerBundesregierungen, die je nach politischer Überzeugunghier und da Enttäuschungen produziert haben. Ob dasdem einen oder anderen Beteiligten immer recht gewe-sen ist, vermag ich an dieser Stelle nicht zu beurteilen.Wir jedenfalls werden unsere energiepolitisch sehr aus-gewogenen Konzepte gesetzlich umsetzen.

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Das Wort zur letzten Zusatzfrage hat nun der Kollege

Dr. Ott.

Dr. Hermann Ott (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Danke, Frau Präsidentin. – Frau Staatssekretärin, ich

stelle fest, dass Sie meine vorherige Frage und auch diemehrfachen Fragen des Kollegen Kelber, die natürlichnervig sein können

(Ulrich Kelber [SPD]: Nachdrücklich nervig!)– nachdrücklich nervig –, alle nicht beantwortet haben.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)Deshalb möchte ich die Frage noch einmal andersherumformulieren.

Ich kann für meine Partei, die Grünen, sagen, dass wiruns nie wieder auf eine solche Form der Regelung ein-lassen werden, wenn sie so leicht zu ändern ist. Wie wol-len Sie gegenüber den Beteiligten in der Industrie sicher-stellen, dass die Investitionssicherheit, die sie brauchen,in Zukunft gewährleistet ist? Wollen Sie mit Grundge-setzänderungen arbeiten? Meine Frage lautet: Wenn Siedieses Instrument so diskreditieren, wie Sie es hier tun,was wollen Sie dann eigentlich machen?

Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bun-desminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-heit:

Herr Kollege, zunächst muss ich sagen, dass ich esschade finde, dass Sie das Recht der Parlamentarier, dieRegierung zu befragen, als nervig bezeichnen.

(Ulrich Kelber [SPD]: Er darf das! –Dr. Hermann Ott [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN]: Wir genießen das, keine Sorge!)

Ich glaube, es ist für uns alle ein Gewinn, wenn in eineDebatte eingestiegen wird, wie Sie das ja machen.

(Lachen des Abg. Dr. Hermann Ott [BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN])

Insofern müssten Sie jetzt unter sich ausmachen, ob derBegriff „nervig“ tatsächlich die Qualität Ihrer Fragen be-schreibt.

(Elke Ferner [SPD]: Die Qualität Ihrer Antworten!)

Ich weise dies ausdrücklich zurück.

Ich möchte noch einmal auf das hinweisen, Herr Ott,was gerade vom Kollegen Otto sozusagen abschließendzu dieser Debatte gesagt wurde. Keiner Regierung undkeinem Parlament wird man jetzt oder in Zukunft dasRecht nehmen können, andere gesetzliche Grundlagenzu beschließen, die Einfluss auf Investitionen habenkönnen. Wir beabsichtigen nicht, rückwirkende Rege-lungen zu treffen, weil für uns der verfassungsrechtlicheGrundsatz des Vertrauensschutzes gilt. Das heißt abernicht, dass Rechtslagen für die Zukunft unabänderlichsind. Wir werden uns mit allen Beteiligten in einen Dia-log begeben, um einen Weg zu finden, die rechtlichenGrundlagen so zu ändern, dass wir zukünftig den Ener-giemix für unser Land gestalten können.

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Damit sind wir am Ende der Fragestunde. Wir haben

den zeitlichen Rahmen voll ausgeschöpft.

Frau Staatssekretärin, ich danke Ihnen für die Beant-wortung der Fragen. Die restlichen Fragen werdenschriftlich beantwortet.1)

Die Fraktion der SPD hat zur Antwort der Bundes-regierung auf die Frage 1 auf Drucksache 17/1107 eineAktuelle Stunde verlangt. Dieses Verlangen entsprichtNr. 1 b der Richtlinien für die Aktuelle Stunde. Deshalbrufe ich nun den Zusatzpunkt 2 auf:

Aktuelle Stundeauf Verlangen der Fraktion der SPD

zur Antwort der Bundesregierung auf dieFrage 1 auf Drucksache 17/1107

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erster Red-nerin das Wort der Kollegin Elke Ferner für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)

Elke Ferner (SPD): Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Liebe Kollegin-

nen! Eigentlich könnte man eine feste Institution daraus

1) Die Antworten auf die Fragen 87 der Abg. Ute Koczy (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), 91 des Abg. Dr. Hermann Ott (BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN) und 114 der Abg. Caren Marks werden zu einem späte-ren Zeitpunkt abgedruckt.

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3050 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010

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Elke Ferner

machen und sich jede Sitzungswoche – es spielt eigent-lich keine Rolle, ob am Mittwoch, Donnerstag oderFreitag – über die öffentlichen Äußerungen der Koali-tionsparteien bzw. einzelner Mitglieder der Koalitions-parteien unterhalten.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Wer hat denn hierden Antrag gestellt? – Max Straubinger [CDU/CSU]: Ihr stellt ja die Anträge!)

Aber wir können uns hier nicht darüber unterhalten, wasdie Bundesregierung und die sie tragenden Fraktionenim Bundestag eigentlich vorhaben.

(Heinz Lanfermann [FDP]: Sie wollten doch zur Honorarreform sprechen!)

Ich hatte die Hoffnung, dass Herr Söder Manns genugist,

(Heinz Lanfermann [FDP]: Die Aktuelle Stunde ist zur Honorarreform, Frau Ferner!)

hier von der Bundesratsbank aus seine Position im Bun-destag vorzutragen. Aber offenkundig ist er zurückge-pfiffen worden.

(Heinz Lanfermann [FDP]: Sie wollten doch zur Honorarreform sprechen, Frau Ferner!)

– Nein, ich wollte nicht zur Honorarreform sprechen.Lesen bildet; schauen Sie sich an, was auf der Tagesord-nung steht.

(Heinz Lanfermann [FDP]: Die AktuelleStunde ist aus der Frage zur Honorarreformentwickelt worden! Das hat die Präsidentindoch gesagt!)

Es geht darum, dass Sie, Herr Lanfermann, den Men-schen vor der Wahl in Nordrhein-Westfalen nicht reinenWein einschenken wollen.

(Heinz Lanfermann [FDP]: Nein, das ver-wechseln Sie mit der Bürgerversicherung! –Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Mit derBürgerverunsicherung!)

Sie sagen nicht, was passieren soll und mit welchenMehrbelastungen die Menschen zu rechnen haben.

(Heinz Lanfermann [FDP]: Bei Ihrer Bürger-versicherung!)

– Nein, bei Ihrer Kopfpauschale, Herr Lanfermann.

(Heinz Lanfermann [FDP]: Die gibt es ja gar nicht!)

Ich kann feststellen, dass die schwarz-gelben Chaos-tage weitergehen. Wenn es nicht eine grobe Beleidigungfür die Familie Hempel wäre, könnte man sagen, dass esbei Ihnen zugeht wie bei Hempels unterm Sofa.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordnetender LINKEN – Zurufe von der CDU/CSU:Oh!)

An diesem Wochenende ist deutlich geworden, dassin dieser Koalition zumindest in einem Punkt Einigkeit

besteht, auch zwischen Bayern – sprich: München – undBerlin. Die Einigkeit besteht darin, dass Sie alle der Auf-fassung sind, dass die Arbeitgeberbeiträge dauerhaft ein-gefroren werden sollen. Das hat Konsequenzen; darübermuss man in diesem Haus sprechen können.

(Heinz Lanfermann [FDP]: Ja, positive für die Arbeitsplätze!)

– Herr Lanfermann hat gerade gesagt, es habe positiveKonsequenzen. Ich will Ihnen vorrechnen, mit welchenpositiven Konsequenzen die Versicherten in der gesetzli-chen Krankenversicherung rechnen können:

(Heinz Lanfermann [FDP]: Mit ihren Arbeits-plätzen!)

Das Einfrieren des Arbeitgeberbeitrags bedeutet, dasskünftig die Versicherten alle Mehrkosten, die entstehen,tragen müssen: die Mehrkosten aufgrund der demogra-fischen Entwicklung, aufgrund des medizinischenFortschritts, aufgrund der Unfähigkeit dieser Bundes-regierung, im Hinblick auf die Ausgaben auch nur irgend-etwas zu unternehmen,

(Ulrike Flach [FDP]: Wie kommen Sie denn darauf?)

die Mehrkosten aufgrund der Einlösung der Verspre-chungen von FDP und CDU/CSU an ihre Klientel undaufgrund der Mindereinnahmen infolge der von Ihnengeplanten Ausweitung des Niedriglohnsektors.

(Ulrike Flach [FDP]: Das, was Sie da sagen,zeigt doch nur, dass Sie es nicht verstanden ha-ben, Frau Ferner!)

All diese Kosten wollen Sie auf dem Rücken der Ver-sicherten abladen.

(Heinz Lanfermann [FDP]: Sie haben es im-mer noch nicht verstanden!)

Der BVA-Präsident hat letzte Woche geschätzt, dassdas Defizit 15 Milliarden Euro betragen wird. Nach demModell Rösler, der Kopfpauschale, hätte dies zur Folge,dass jedes GKV-Mitglied 24 Euro im Monat zusätzlichauf den Tisch des Hauses legen müsste.

(Ulrike Flach [FDP]: Es ist bei Ihnen jede Wo-che eine andere Zahl! – Heinz Lanfermann[FDP]: Letzte Woche sprachen Sie noch von5 Euro mehr!)

Das entspricht 288 Euro im Jahr. Allein dadurch wäreIhre Kindergelderhöhung für Familien mit einem Kindschon verfrühstückt.

(Beifall bei der SPD – Ulrike Flach [FDP]: Wieso das denn?)

Über die Rentner und Rentnerinnen, für die dies de factoeine Rentenkürzung ist, habe ich bis jetzt noch gar nichtgeredet,

(Heinz Lanfermann [FDP]: Vor allem redenSie nicht zum Thema! Es geht um die Hono-rarreform!)

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Elke Ferner

auch nicht über die Studierenden und über die 40 Millio-nen GKV-Versicherten, die ein Einkommen von wenigerals 2 500 Euro haben.

Nach dem Modell Söder hätte das Defizit zur Folge,dass der Beitragssatz um 1,5 Prozentpunkte erhöht wer-den müsste; auch diese Beitragssatzerhöhung müsste al-lein von den Versicherten getragen werden. Bei einemMonatseinkommen von 2 000 Euro sind das schlappe30 Euro im Monat, also 360 Euro im Jahr.

(Ulrike Flach [FDP]: Was Sie da von sich ge-ben, sind reine Hypothesen, Frau Ferner!)

Herr Lanfermann, das sind Ihre „Segnungen“, das ist das„Gute“ und „Positive“, das sich aus diesen Vorschlägenergibt. Das wird nicht reichen.

Zum Thema „automatischer Sozialausgleich“ kannich Ihnen nur sagen: Es ist völlig ungeklärt, wie er funk-tionieren und woher das Geld kommen soll.

(Ulrike Flach [FDP]: Ach du liebe Güte! Jetzt geht es weiter!)

Die Steuern wollen Sie ja nicht erhöhen.

(Heinz Lanfermann [FDP]: Richtig!)

Im Gegenteil, Sie wollen die Steuern sogar senken. Ichsage Ihnen: Sie sind ein Sicherheitsrisiko für unseren So-zialstaat.

(Ulrike Flach [FDP]: Ich finde, Sie sollten sichauch einmal zu Ihren eigenen Konzepten äu-ßern! Gibt es da überhaupt welche?)

Man erkennt auch an den aktuellen Umfrageergebnis-sen: Es wird nicht mehr lange dauern, bis die Beliebtheitder schwarz-gelben Koalition genauso weit gesunken istwie die Beliebtheit der Kopfpauschale, die übrigensnicht kommen wird.

(Heinz Lanfermann [FDP]: Sie haben die 23 Euro mit den 23 Prozent verwechselt!)

Ich denke, in diesem Sinne können die Wähler und Wäh-lerinnen in Nordrhein-Westfalen am 9. Mai auch darüberabstimmen, ob sie 360 Euro im Jahr mehr bezahlen wol-len oder nicht.

Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Nächster Redner ist der Kollege Johannes

Singhammer für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU – Paul Lehrieder[CDU/CSU]: Guter Mann! Stell das jetzt malrichtig, Johannes! – Birgitt Bender [BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh! Jetzt kommt ei-ner von der CSU! Das wird interessant! – ElkeFerner [SPD]: Als was redet er denn jetzt? Fürdie CSU?)

Johannes Singhammer (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Frau Kollegin Ferner, erst ärgern Sie sich da-rüber, dass ein bayerischer Staatsminister mehr medialeAufmerksamkeit bekommt als alle Gesundheitspolitikerder SPD zusammen,

(Lachen der Abg. Elke Ferner [SPD] – Paul Lehrieder [CDU/CSU]: So ist es!)

und dann stellen Sie Markus Söder in den Mittelpunkteiner Aktuellen Stunde. Ich muss sagen: Dass ich dasnoch einmal erleben durfte! Das ist eine innovative The-rapieform: Markus Söder als Antidepressiva gegen diemangelnde mediale Wahrnehmung der SPD.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – La-chen der Abg. Elke Ferner [SPD] – HeinzLanfermann [FDP]: Und das sogar ohne Zu-zahlung! – Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Ganzgenau! Ohne Sonderbeitrag!)

Das Thema ist ernst. Es geht um die Zukunft der ge-setzlichen Krankenversicherung.

(Elke Ferner [SPD]: Mit Ihnen hat sie keine Zukunft!)

Wir wissen, dass wir hier vor außerordentlich großenHerausforderungen stehen. Wir wissen auch, dass imkommenden Jahr ein Defizit zu erwarten wäre, wennjetzt nichts getan würde.

(Elke Ferner [SPD]: Und was tun Sie? Nichts!)

Deshalb sind wir miteinander im Gespräch.

Wir sagen: Eine Systemumstellung bedarf einergründlichen Beratung.

(Elke Ferner [SPD]: Ja!)

Sie bedarf einer gründlichen Beratung im Hinblick aufdie Finanzierung, und sie bedarf einer gründlichen Bera-tung im Hinblick auf den Bauplan.

(Elke Ferner [SPD]: Ich denke, Herr Söder will das System gar nicht!)

Die zentralen Kriterien, an denen sich der Erfolg desUmbaus des Systems messen lassen muss, sind ein Mehran Gerechtigkeit, ein Abbau der Bürokratie und eineSteigerung der Leistungsfähigkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU – Elke Ferner [SPD]: Ich sage nur: 360 Euro im Jahr!)

Das ist seit langem öffentlich bekannt. Hätten Sie daswissen wollen, hätte ein Telefonanruf bei mir genügt.

(Lachen der Abg. Elke Ferner [SPD])

Ich hätte Ihnen das erklären können. Dafür braucht mankeine Aktuelle Stunde.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zu-ruf von der SPD: Ach was! Sie waren ja garnicht informiert! Sie wussten davon doch garnichts!)

Liebe Kollegen von der SPD, „Opposition ist Mist“,das hat vor einiger Zeit ein ehemaliger Parteivorsitzen-

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Johannes Singhammer

der von Ihnen zu Recht festgestellt. Ich kann durchausverstehen, dass es Sie ärgert, nicht in der Regierungs-kommission mitgestalten zu können.

(Elke Ferner [SPD]: Mit dieser Zielsetzung verzichten wir darauf!)

Ich sage Ihnen aber: Das geschieht zu Recht.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Denn mit der Geschwindigkeit, mit der Sie frühere Posi-tionen räumen, sind Sie keine verlässliche Größe mehrin der Gesundheitspolitik.

(Elke Ferner [SPD]: Aber Sie! Sie haben das doch alles mit beschlossen!)

– Hören Sie einmal zu!

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Sie wollen den Sonderbeitrag, den Sie 2003 selbst einge-führt haben, abschaffen.

(Elke Ferner [SPD]: Den haben Sie uns aufge-zwungen!)

Sie wollen den Zusatzbeitrag zum Gesundheitsfonds,den Sie 2007 mit uns eingeführt haben, abschaffen.

(Elke Ferner [SPD]: Sie doch auch!)

Sie wollen die Praxisgebühr, die Sie 2003 selbst einge-führt haben, abschaffen und damit die Eigenverantwor-tung der Versicherten schwächen.

(Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Sie doch auch!Herr Rösler doch auch! – Elke Ferner [SPD]:„Eigenverantwortung“ heißt bei Ihnen immer:mehr bezahlen! – Britta Haßelmann [BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN]: Was will eigentlichdie CSU?)

Was Sie hier aufführen – Positionen räumen und ständigDrehungen vollführen –,

(Elke Ferner [SPD]: Wen meinen Sie? Herrn Söder?)

ist allenfalls ein besonderes Subventionsprogramm füreinen bestimmten Bereich der Pharmaindustrie, nämlichfür den Teil der Pharmaindustrie, der Medikamente ge-gen Gleichgewichtsstörungen herstellt.

(Zuruf von der SPD: Zur Sache!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie wissenja selbst nicht, was gelten soll.

(Elke Ferner [SPD]: Wer regiert denn: wir oder Sie?)

Seit vielen Jahren sprechen Sie davon, dass eine Bürger-versicherung eingeführt werden soll. Wie die Finanzie-rung aussehen und wo die Bemessungsgrenze liegensoll, wollen Sie nicht sagen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – ElkeFerner [SPD]: Sagen Sie mal, wie hoch dieKopfpauschale werden soll, Herr

Singhammer! 30 Euro? – Ich habe hier keinenWiderspruch gehört!)

Sagen Sie endlich: Muss der Rentner, muss die Rentne-rin Mieteinnahmen, Sparzinsen oder die kleine Zusatz-rente einbeziehen, wenn der Beitrag berechnet wird? In-sofern ist Ihre Bürgerversicherung der beste Weg zueiner großangelegten Bürgerverunsicherung.

Sie haben Staatsminister Söder angesprochen. HerrSöder hat mit seinen Äußerungen einen sensiblen Punktangesprochen, nämlich den des regionalen Ausgleichs.

(Elke Ferner [SPD]: Ah!)

Eine Reihe von Bundesländern, vor allem im Süden un-seres Landes, leisten einen erheblichen Solidarbeitraginnerhalb der GKV. Wie dieser Solidarausgleich in derrichtigen Balance gehalten werden kann, darüber lohntsich in der Tat eine Debatte.

(Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Alles nach Bay-ern! – Elke Ferner [SPD]: Das sollen dann dieLeute in Ostdeutschland und in strukturschwa-chen Regionen im Westen bezahlen! Sehr soli-darisch! – Weiterer Zuruf des Abg. Dr. KarlLauterbach [SPD]: Von NRW nach Bayern,von Düsseldorf nach München mit dem Geld!)

Zu einer ernsthaften Debatte sind Sie aber nicht bereit.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU undder FDP – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau! Ernsthafte Debatte!Butter bei die Fische!)

Sie lamentieren und kritisieren; wir sorgen in dieserKoalition dafür, dass die Krankenkassen leistungsfähigbleiben.

(Elke Ferner [SPD]: Oje, oje!)

Deshalb haben wir den gesetzlichen Krankenkassen indiesem Jahr einen Solidarbeitrag von 15,7 MilliardenEuro aus der Steuerkasse gegeben – ohne Diskussion,kurzfristig, schnell und entschlossen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU undder FDP – Elke Ferner [SPD]: Kurzfristig,schnell und entschlossen? Das ist ja lächerlich!Wir mussten Sie zum Jagen tragen!)

Das ist der Unterschied: Sie lamentieren, wir regieren.Und das ist gut so.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU undder FDP – Elke Ferner [SPD]: Sie handelnaber nicht!)

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Kathrin Vogler ist die nächste Rednerin für die Frak-

tion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)

Kathrin Vogler (DIE LINKE): Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen

und Herren! Der Volksmund sagt: Wenn zwei sich strei-ten, freut sich der Dritte. Wer ist eigentlich der Dritte,

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Kathrin Vogler

der sich über den Streit der schwarz-gelben Koalition inSachen Gesundheitspolitik, in Sachen Finanzierung derKrankenkassen freuen kann?

Es lohnt sich, näher hinzusehen: Die Bundesregierungplant die schrittweise Einführung einer Kopfpauschale.

(Zurufe von der CDU/CSU und der FDP:Nein! Nein! – Gegenrufe von der SPD: Natür-lich!)

Wie hoch diese Kopfpauschale sein wird, das – die Kol-legin Ferner hat das deutlich gemacht – wollen Sie nichtsagen. Alle bisher bekannt gewordenen Modelle bedeu-ten aber, dass die Beiträge vieler Versicherten steigen,außer die Beiträge derjenigen, die ein höheres Einkom-men haben. Wer gut verdient, wird entlastet; die Zechezahlen die weniger gut Betuchten.

(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Auch falsch! –Gegenruf von der LINKEN: So ist das! Genauso!)

Nun schießt die CSU aus Bayern dazwischen. HerrSöder markiert den starken Mann, indem er lautstark ge-gen das Kopfpauschalenmodell kämpft, will aber eineAusweitung der Zusatzbeiträge. Der Kollege Zöller– Mitglied der CSU-Landesgruppe hier im Haus – hältdas Ganze öffentlich für Kasperletheater. Beim Kasper-letheater sollte man sich immer fragen: Wer ist hier ei-gentlich der Kasper,

(Elke Ferner [SPD]: Ich sehe viele Kasper hier!)

wer die Gretel und wer der böse Hotzenplotz?

(Heinz Lanfermann [FDP]: Und wer das Krokodil!)

– Das Krokodil nicht zu vergessen.

Man wundert sich ja schon, wie die Partner einer Ko-alition, zwischen die nach der Auffassung meines ver-ehrten Kollegen Spahn von der CDU gar kein Blattpasst, in der Öffentlichkeit so laut über eines ihrer strate-gischen Projekte streiten können. Das sind aber nurScheingefechte.

(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Wie eure Scheindebatte!)

In einem sind Sie sich nämlich alle einig: Die Arbeitge-berbeiträge sollen eingefroren werden, künftige Ausga-bensteigerungen im Gesundheitswesen wollen Sie alleinden Versicherten aufbürden, also den abhängig Beschäf-tigten sowie den Rentnerinnen und Rentnern, die Bei-tragsbemessungsgrenze, mit der die Beiträge von Bes-serverdienenden begrenzt werden, wollen Sie nichtantasten, und auch von einer Anhebung der Versiche-rungspflichtgrenze sind Sie weit entfernt.

Wer ist beim CSU-Modell jetzt also der lachendeDritte? Kollege Singhammer hat das gerade ja mit benei-denswerter Offenheit angedeutet: Er möchte sozusagendie regionale Spaltung Deutschlands, also die Spaltungder Versicherten in den unterschiedlichen Bundesländernbzw. Regionen. Das heißt, da, wo die Menschen ärmerund kränker sind, sollen sie künftig mehr bezahlen.

(Max Straubinger [CDU/CSU]: An Solidarität lässt sich die CSU nicht übertreffen!)

Das ist „bayerische Solidarität“. Da machen wir nichtmit.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord-neten der SPD – Max Straubinger [CDU/CSU]: Erst mit der Solidarität der CSU habendie Menschen im Osten Deutschlands einevernünftige medizinische Versorgung bekom-men!)

Ganz besonders freuen könnten sich aber die Kon-zerne, die private Krankenversicherungen anbieten;denn sie haben Angst vor der Rösler’schen Kopfpau-schale, weil sie fürchten, dass ihnen ihre Kunden weg-laufen, da sie von niedrigeren Beiträgen in die gesetzli-che Krankenversicherung gelockt werden könnten, wenndie Beiträge der Gutverdienenden für die gesetzlicheKrankenversicherung sinken. Wenn man dann weiß,dass die Allianzgruppe, der größte deutsche Versiche-rungskonzern, ihren Sitz in München hat und die CSUjedes Jahr mit großzügigen Spenden versorgt,

(Elke Ferner [SPD]: Allianzarena! – ChristianLindner [FDP]: Furchtbar! Immer dieses Ar-gument!)

dann wird doch klar, dass nicht nur die FDP Klientelpo-litik richtig gut kann.

(Beifall bei der LINKEN – Christian Lindner[FDP]: SPD und Grüne haben von der Allianzauch Spenden bekommen!)

Interessant ist in diesem Zusammenhang aber auchdie Rolle der SPD. In Nordrhein-Westfalen sammelt siegerade Unterschriften gegen die Kopfpauschale.

(Heinz Lanfermann [FDP]: Sehr mühsam!)

Auch das CSU-Modell – das haben wir gerade gehört –stößt bei ihr nicht auf Begeisterung.

Lieber Kollege Lauterbach, wo waren Sie denn am31. Januar 2007, als der Gesundheitsausschuss den Ge-sundheitsfonds und damit auch die Zusatzbeiträge be-schlossen hat, die doch die Grundlage für das jetzigeTheater hier bilden?

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Das frage ich michauch! – Manfred Grund [CDU/CSU]: Ich binfür einen Untersuchungsausschuss! – UlrikeFlach [FDP]: Da hat er wohl gefehlt! – Weite-rer Zuruf von der FDP: Er durfte nicht kom-men!)

Sie sind mit Ihrer Kritik an den schwarz-gelben Konzep-ten auch nur bedingt glaubwürdig; denn beinahe alles,was Sie hier und jetzt kritisieren, haben Ihre Bundesre-gierungen auf den Weg gebracht:

(Elke Ferner [SPD]: Stimmt ja nicht!)

den Ausstieg aus der paritätischen Finanzierung, die Zu-satzbeiträge und eine ganze Reihe von Leistungsaus-grenzungen und Zuzahlungen,

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

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Kathrin Vogler

wie zum Beispiel die Praxisgebühr. Dies führt schonjetzt dazu, dass die Versicherten, die Kranken, die Pa-tientinnen und Patienten die größte Last der Gesund-heitskosten tragen.

Wir haben das ja schon gehört: Es ist Wahlkampf imbevölkerungsreichsten Bundesland.

(Max Straubinger [CDU/CSU]: Ach je!)

Im Wahlkampf macht sich schon einmal ein Gesund-heitsminister von der CDU zum Sprachrohr für das Ge-jammer der Ärzteschaft, die in Nordrhein-Westfalen an-geblich am Hungertuch nagt. Ich komme aus Nordrhein-Westfalen. Mir ist da noch kein wirklich verhungert aus-sehender Doktor begegnet.

(Zurufe von der FDP: Oh!)

Dies tun Sie auch noch – das hat uns der Parlamentari-sche Staatssekretär aus dem Gesundheitsministerium,Daniel Bahr, gerade bestätigt – auf der Basis von bloßenSchätzungen und nicht auf der Basis von Zahlen, Datenund Fakten.

Was macht die SPD? Sie spielt in diesem Kasperle-theater das niedliche kleine Gretchen, das ganz unschul-dig und naiv dem schwarzen Hotzenplotz in die Händegefallen ist.

(Lachen des Abg. Manfred Grund [CDU/CSU])

Entschuldigung, aber das nehmen wir Ihnen nicht ab.

Auch die Wählerinnen und Wähler in NRW werdenwissen, dass es nur ein wirksames Rezept gegen IhreAmnesie auf dem Gebiet der Gesundheitspolitik gibt,nämlich eine starke Linke;

(Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)

denn nur wir werden die Umverteilung von unten nachoben, die Selbstbedienung der Pharmaindustrie und diePrivatisierung des Gesundheitswesens wirksam stoppen.

(Beifall bei der LINKEN – Elke Ferner [SPD]:Sie werden die Kopfpauschale verhindern? Dalachen ja die Hühner!)

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Nächster Redner ist der Kollege Heinz Lanfermann

für die FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Heinz Lanfermann (FDP): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die SPD hathier ein bisschen Verwirrung hineingebracht. Diese Ak-tuelle Stunde ist aus der Frage 1 der heutigen Frage-stunde entwickelt worden:

Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung hin-sichtlich der Auswirkungen der Honorarreform, dieseit 1. Januar 2009 in Kraft ist, auf die Vergütungniedergelassener Kassenärztinnen und -ärzte …

Dazu hat Frau Ferner aber überhaupt nicht gespro-chen. Das ist auch kein Wunder, weil Sie ja alles ver-drängen, was die Gesundheitsministerin Ulla Schmidtauf den Weg gebracht hat.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Sie haben kein Wort darüber verloren, wie viel Verwir-rung sie gestiftet hat, sodass sich kein Mensch mehr aus-kennt und wir erst einmal mühsam nachvollziehen müs-sen und prüfen müssen, was da eigentlich gelaufen istund wie man die gröbsten Fehler beseitigen kann.

(Ulrike Flach [FDP]: So ist es!)

Die Kollegin Ferner hat aber Sehnsucht danach, hierjede Woche zu sprechen; das haben wir gehört. Siemöchte das sozusagen zur Institution machen,

(Elke Ferner [SPD]: Das machen Sie doch auch!)

wahrscheinlich mit Blick auf die anstehende Landtags-wahl in Nordrhein-Westfalen. Dort wollten Sie mit einerUnterschriftenaktion, mit einer Mischung aus Halbwahr-heiten und Hier-und-da-etwas-Weglassen die Leute ge-gen den „Weltuntergang“ mobilisieren, als den Sie dieKopfpauschale immer bezeichnen. Aber das ist ersicht-lich falsch, weil das niemand will.

(Elke Ferner [SPD]: Kopfpauschale bleibt Kopfpauschale!)

Bei Ihrer Unterschriftenaktion haben bisher unter 3 Pro-mille der Wahlberechtigten unterschrieben. Etwas besserdürfen Sie am 9. Mai schon abschneiden.

(Elke Ferner [SPD]: Sie werden sich noch wundern!)

Allerdings dürften die Hoffnungen begrenzt sein. Sie ha-ben hier ja schon, sozusagen als freudsche Fehlleistung,die Falschmeldung, es gäbe eine Prämie in Höhe von29 Euro, in 23 Euro umgewandelt. Das allerdings, FrauFerner, war Ihr Bundestagswahlergebnis in Prozent – nurdamit das noch einmal gesagt wird.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

In dieser Aktuellen Stunde, haben wir gehört, wollenSie den Vorschlag eines bayerischen Ministers diskutie-ren. Aber so aktuell ist dieses Thema nicht; denn seitfünf Monaten ist dieser Vorschlag Vergangenheit und ab-solut erledigt.

(Elke Ferner [SPD]: Offensichtlich weiß das Herr Söder noch nicht!)

Hier im Raum sind mehrere Zeugen, die dabei gewesensind. Der Vorschlag wurde im Oktober vorgelegt. Aberda er vorsieht, den Arbeitnehmerbeitrag einkommensab-hängig auszugestalten, hat er sich erledigt; denn imKoalitionsvertrag ist festgelegt, dass langfristig eine Lö-sung mit einem einkommensunabhängigen Arbeitneh-merbeitrag erzielt werden soll. Darüber berät jetzt in al-ler Ruhe die Regierungskommission.

(Beifall bei der FDP – Elke Ferner [SPD]: Dasscheint aber Herr Söder noch nicht zu wissen!

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Heinz Lanfermann

Bei Herrn Söder ist das noch nicht angekom-men!)

Es kann vielleicht sein, dass sein persönlicher Refe-rent auf dieses A4-Blatt statt „Ablage“ versehentlich„Wiedervorlage Frühlingsanfang“ geschrieben hat. Soist es eben mit der Frühlingssonne wieder aufgetauchtund hat seinen Weg in die Medien gefunden.

Aber, meine Damen und Herren, was ist denn der ei-gentliche Anlass für diese wöchentlichen Debatten, nachdenen sich Frau Ferner so sehnt?

(Elke Ferner [SPD]: Ihr Gewürge! Ihr öffentliches Gewürge!)

Es ist ein Versteckspiel, ein Theaterspiel.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – ElkeFerner [SPD]: Das Theaterstück geben Sie!Das ist schlechtes Kabarett!)

Es ist aber kein Kasperletheater – darauf könnte manleicht kommen –, nein, es ist ein Theaterstück, abgeleitetvon Samuel Becketts „Warten auf Godot“. Aber hierheißt es: Warten auf Lauterbach.

(Heiterkeit bei der FDP und der CDU/CSU)

Am 17. Dezember 2009, meine Damen und Herren,hat Herr Lauterbach von diesem Pult aus Folgendes vor-getragen:

Ich komme nun zu den konkreten Vorschlägen derSPD:

Wir werden einen konkreten, durchfinanziertenVorschlag für eine Bürgerversicherung machen.Das kündige ich hiermit an.

(Zurufe von der CDU/CSU und von der FDP: Aha! – Hört! Hört!)

Das war am 17. Dezember 2009. Am 4. März 2010hat er das wiederholt. Inzwischen sind einige Monatevergangen, und gekommen ist nichts.

(Elke Ferner [SPD]: Und wie lange regierenSie schon? Wo bleibt Ihr Kopfpauschalenkon-zept?)

Ein Antrag wurde hier vorgelegt, den wir diskutiert ha-ben. Darin stand: Wir wollen eine Bürgerversicherung,und wir fordern die Bundesregierung auf, uns hierfür einKonzept vorzulegen. – Es ist ein einmaliger Fall, dassdie Opposition die Regierung für sich arbeiten lassenwill. Ich habe Sie schon damals in allem Ernst aufgefor-dert, Ihre Hausaufgaben doch bitte schön selber zu ma-chen.

(Elke Ferner [SPD]: Machen Sie doch malIhre! Sie sitzen nur im Sessel rum und tunnichts!)

Gestern, meine Damen und Herren, hat die KolleginMattheis auf einer Podiumsdiskussion, die der BDI ver-anstaltet hat, gesprochen. Sie hat sich dazu geäußert,wann wir denn mit diesen Vorschlägen rechnen können.Sie können mich korrigieren, aber ich habe gehört, dassSie von Juni gesprochen haben. Deswegen bitten wir Sie

allen Ernstes – es sprechen ja gleich noch Redner aus Ih-rer Fraktion hier am Pult –: Sagen Sie uns doch endlich,wann Sie diese Vorschläge vorlegen wollen, wann Sieden Bürgern sagen wollen, wie viel Prozent ihrer Miet-einkünfte Sie bei Ihrer Bürgerversicherung als zusätzli-chen Beitrag erheben wollen.

(Elke Ferner [SPD]: Sagen Sie doch mal, wie hoch die Kopfpauschale sein soll! 30 Euro?)

Sagen Sie uns, wie viel Prozent von den Zinseinnahmenaller Bürger Sie zur Finanzierung Ihrer Bürgerversiche-rung als zusätzlichen Beitrag erheben wollen.

(Elke Ferner [SPD]: Herr Lanfermann, wiehoch soll die Kopfpauschale sein? Sagen Siedoch mal, wie hoch sie sein soll!)

Geben Sie erst einmal Auskunft vor der Wahl in Nord-rhein-Westfalen, damit alle Menschen auch wissen, wassie zu erwarten haben, wenn Sie dort eine rot-rot-grüneRegierung installieren.

(Elke Ferner [SPD]: Nein! Geben Sie Aus-kunft darüber, wie hoch die Kopfpauschalesein soll!)

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun die

Kollegin Birgitt Bender das Wort.

Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr

Kollege Lanfermann, Sie knüpften vorhin an die Frage-stunde an. Wenn die Frage heißt „Welche Erkenntnissehat diese Regierungskoalition über die künftige Gesund-heitspolitik?“, dann muss die Antwort heißen: keine.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENund bei der SPD – Max Straubinger [CDU/CSU]: Was?)

Man kann in Ihre Richtung auch anders fragen: ÜbenSie noch, oder regieren Sie schon? Man weiß es wirklichnicht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das ist inzwischen wie in einer Daily Soap, wobei manvergisst, dass man nicht vor der Glotze sitzt, sonderndass dies ein Parlament ist und das Geschäft eigentlichRegieren heißen soll. Aber entweder wollen Sie nicht,oder Sie können es nicht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENsowie bei Abgeordneten der SPD – ElkeFerner [SPD]: Die können nicht!)

Die Frage richtet sich insbesondere an die CSU. Ge-wiss, der Unterhaltungswert ist nicht gering. Da hat eseinen adrenalingepeitschten bayerischen Jungmann ausder Nachwuchsklasse, der täglich neue Schlachten ficht,und dann eine Landesgruppe der CSU aus gesetzten älte-

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Birgitt Bender

ren Herren, die sich überlegt, woher sie jetzt ein Beruhi-gungszäpfchen nimmt und wie sie es appliziert.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten desBÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPDund der LINKEN – Zurufe von der CDU/CSU:Na, na, na!)

Das ist alles gut und schön, aber es verdeckt das tie-ferliegende Problem. Das tieferliegende Problem ist,dass eine Partei Teil dieser Regierungskoalition ist, diesich vor allem als bayerische Regionalpartei sieht. Siekämpft für bayerische Sonderinteressen. Was heißt denndas sogenannte Konzept von Söder? Er will die derzeitvon den Versicherten allein zu tragenden 0,9 Prozent-punkte und die Zusatzbeiträge in einen zusätzlich zumüblichen einkommensbezogenen Beitrag von den Versi-cherten zu tragenden Extrabeitrag von 1,5 Prozent um-wandeln.

(Max Straubinger [CDU/CSU]: Wie bei den Grünen auch!)

Auf Deutsch, Herr Kollege Zöller, sind das 2 MilliardenEuro Mehrbelastung für die Versicherten bei eingefrore-nem Arbeitgeberbeitrag.

(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Das stimmtdoch nicht! Es ist riesig mehr! – Elke Ferner[SPD]: 15 Milliarden sind das!)

Damit nicht genug, soll erstens das Geld, das diebayerischen Versicherten zahlen, in Bayern bleiben, undweil es so schön ist, soll es zweitens für Bayern noch ei-nen zusätzlichen Zuschuss aus dem Gesundheitsfondsgeben. Das bedeutet, die Versicherten in Mecklenburg-Vorpommern zahlen etwas extra für die bayerischenÄrztehonorare. Ich gratuliere!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENund bei der SPD sowie bei Abgeordneten derLINKEN – Max Straubinger [CDU/CSU]: Wosteht denn das?)

Dabei merkt man, dass es nicht darauf ankommt,wirklich etwas durchzusetzen. Denn das glaubt dochkein Mensch. So blöd sind selbst Sie nicht, wie Sie dortsitzen, dass Sie so etwas machen könnten; es kommtvielmehr auf den Gestus an.

(Widerspruch bei der CDU/CSU und der FDP –Heinz Lanfermann [FDP]: Das war eine sehrunparlamentarische Bemerkung!)

Das ist die bayerische Variante der Soap Opera nachdem Motto „Hauptsache, wir haben es laut genug ge-sagt“. Wie sagte Seehofer mal so schön: Unser Arbeits-platz ist München; unser Kampfplatz ist Berlin. – DieCSU will gar nichts anderes, als vor allem laut sein undmit großem Gestus Politik machen. Da zählt nicht dieFrage, was sie durchgesetzt haben, sondern die Zahl derMedienauftritte.

Sie sollten sich fragen, ob die Koalition damit regie-rungsfähig ist. Ich glaube, die Antwort heißt Nein.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENund bei der SPD sowie bei Abgeordneten derLINKEN)

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Nächster Redner ist der Kollege Jens Spahn für die

CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Jens Spahn (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Liebe Frau Kollegin Vogler, das ist kein Scheingefecht,sondern eine Scheindebatte, die wir hier führen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU undder FDP – Elke Ferner [SPD]: Wen meinen Siedenn jetzt? Herrn Söder oder wen?)

– Liebe Frau Kollegin Ferner, Sie sind es, die uns jedeWoche durch Ihre Anträge und das, was Sie hier disku-tieren wollen, dazu bringen, dass wir darüber reden, unddann beschweren Sie sich.

(Elke Ferner [SPD]: Sie wollen nicht einmal mehr über Ihre Politik hier reden, oder was?)

Ich weiß nicht, welcher Anlass Sie noch dazu bringenkönnte, Aktuelle Stunden zu beantragen: wenn sichrheinland-pfälzische Minister zum Walfang im Südpazi-fik oder Bremer Senatoren zur Mehrwertsteuer äußern?Das Problem ist, dass Ihnen kein Anlass klein genug ist,um nicht jede Woche die gleiche Debatte mit den glei-chen Überschriften, aber leider mit wenig Substanz zuführen. Das ist das Problem, liebe Kolleginnen und Kol-legen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – ElkeFerner [SPD]: Dass Herr Söder für Sie einkleiner Anlass ist! Das wird den Herrn Söderjetzt aber freuen!)

Es ist noch keine Woche her, seit ich schon einmal aufdas Murmeltierphänomen hingewiesen habe. Mankommt sich vor wie in dem Film „Und täglich grüßt dasMurmeltier“: Jede Woche führen wir hier die gleicheDebatte.

(Heinz Lanfermann [FDP]: Ferner grüßt dasMurmeltier! – Elke Ferner [SPD]: Ist es ange-nehm, jede Woche hier blank zu stehen undnicht sagen zu können, was die Kopfpauschalekostet?)

Das, was Sie mantraartig wiederholen, wird dadurchnicht richtiger.

Unser Ziel ist es wert – zumindest, wenn man diesmöchte und auch ein gewisses Interesse an den Sachfra-gen und daran hat, die Probleme zu lösen und die He-rausforderungen zu bewältigen –,

(Maria Michalk [CDU/CSU], an die SPD ge-wandt: Das haben Sie nicht! – Gegenruf derAbg. Elke Ferner [SPD]: Im Gegensatz zu Ih-nen haben wir das!)

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Jens Spahn

darüber auch einmal sachlich zu diskutieren, statt einenPopanz aufzubauen, wie Sie es immer machen.

(Elke Ferner [SPD]: Sagen Sie mal, was Sie wollen, Herr Spahn!)

Der Sozialausgleich bzw. die Finanzierung der sozialenSicherungssysteme und insbesondere der gesetzlichenKrankenversicherung darf nicht ausschließlich auf demRücken der 28 Millionen abhängig Beschäftigten und ih-ren Arbeitgebern ausgetragen werden.

(Elke Ferner [SPD]: Die Rentner zahlen auch Beiträge, falls Ihnen das entgangen ist!)

Vielmehr muss es uns gelingen, eine breitere Grundlagefür die Finanzierung, insbesondere für den Sozialaus-gleich zu finden. Deswegen wollen wir einen steuer-finanzierten Sozialausgleich, der alles umfasst.

(Elke Ferner [SPD]: Wer zahlt nachher mehr:die Besserverdienenden oder die Niedrigver-diener?)

– Liebe Kollegin Ferner, das ist insofern eine gewisse in-tellektuelle Herausforderung, als das Anliegen spannen-derweise das Gleiche ist. Auch Sie wollen eine breitereBemessungsgrundlage. Wir werden aber – ich glaube,das ist Ihr größeres Problem – in dieser bürgerlichen Ko-alition diesem Ziel wesentlich näher kommen, als Sie esin den letzten Jahren geschafft haben. Das beschäftigtSie.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – ElkeFerner [SPD]: Gegen 70 Prozent der Bevölke-rung!)

Die gestrige Podiumsdiskussion ist schon vom Kolle-gen Lanfermann angesprochen worden. Dort haben wirgelernt, dass die SPD seit 2003 ein Bürgerversicherungs-konzept erarbeitet. Bis heute haben Sie es aber nicht ge-schafft, ein solches Konzept vorzulegen.

(Elke Ferner [SPD]: Wir haben es!)

– Ihre Frau Kollegin Mattheis hat gestern gesagt, seit2003 werde daran gearbeitet und Mitte dieses Jahreskönnten wir vielleicht mit einem Ergebnis rechnen.

(Hilde Mattheis [SPD]: Sie müssen mal zuhö-ren! – Elke Ferner [SPD]: Das hat FrauMattheis bestimmt nicht gesagt!)

– Das hat sie ganz sicher gesagt, und zwar vor vollemSaal.

Wenn Sie es von 2003 bis 2010 nicht schaffen, einvernünftiges Konzept zu erarbeiten, dann geben Siedoch der Regierungskommission die paar Wochen, diesie braucht, um ein gemeinsam abgestimmtes Konzeptvorzulegen,

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

mit dem wir das Ziel – hier sind wir eigentlich gar nichtso weit auseinander – erreichen wollen. Das wäre einegewisse Fairness in der Diskussion.

(Marianne Schieder [Schwandorf] [SPD]: Wa-rum versteht das Herr Söder nicht? – Heiter-keit bei der SPD)

– Da müssen Sie im Zweifelsfall den Kollegen fragen.

Ich weise darauf hin, dass es das Anliegen aller dreidie Koalition tragenden Parteien ist,

(Marianne Schieder [Schwandorf] [SPD]: Herr Söder gehört nicht dazu, oder wie?)

tatsächlich eine tragfähige, zukunftsfähige Finanzierungdes Gesundheitswesens zu schaffen. Das eigentlicheProblem ist, dass der demografische Wandel – wir allewerden immer älter; das ist etwas Schönes – und der me-dizinische Fortschritt – man kann heute in der Krebsthe-rapie und der Krebsdiagnose Krankheiten behandeln underkennen, die man vor 20 Jahren nicht behandeln bzw.erkennen konnte –, die das Gesundheitswesen teurer ma-chen und die Ausgaben steigen lassen, nicht automatischzu steigenden Arbeitskosten führen dürfen. Darüber,dass wir hier eine Entkopplung brauchen, herrscht Kon-sens bei allen drei die Koalition tragenden Parteien. Da-rüber sollten Sie sich keine Sorgen machen, liebe FrauKollegin Ferner.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – ElkeFerner [SPD]: Das habe ich ja gesagt, dass dasder einzige Punkt ist, an dem Sie sich einigsind!)

Frau Kollegin Vogler, zu den Ärztehonoraren. Wennmich nicht alles täuscht, kommen Sie genauso wie ichaus dem Münsterland, einer ländlichen Region. Das, waswir bei der letzten Honorarreform gemacht haben, hatinsbesondere darauf gezielt, die Situation der Hausärzteauf dem Land nicht nur in Ostdeutschland, sondern auchin anderen Regionen zu verbessern. Ich finde es daherbemerkenswert, dass Sie das so abtun, wie Sie es geradegetan haben. Das werden wir auch zu Hause kommuni-zieren; darüber machen Sie sich keine Sorgen. Man fragtsich, welche Interessen Sie hier vertreten.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord-neten der FDP – Kathrin Vogler [DIE LINKE]:Zahlen, Daten, Fakten!)

Wenn der nordrhein-westfälische Landesminister da-rauf hinweist, dass NRW aufgrund historischer Zusam-menhänge etwas anders dasteht und für einen gewissenAusgleich kämpft, dann sollten Sie ihn auch und geradein Wahlkampfzeiten unterstützen, anstatt solche Redenhier zu halten.

(Widerspruch bei der LINKEN)

Auch das werden wir zu Hause kommunizieren. Wo-rüber wir hier diskutieren, ist kein Selbstzweck. Unsgeht es vielmehr um eine vernünftige finanzielle Grund-lage für eine gute, flächendeckende medizinische Ver-sorgung – auch in den ländlichen Regionen, auch imMünsterland –, die die Menschen beim medizinischenFortschritt mitnimmt. Das ist aller Mühen wert.

Ich bleibe dabei: Wir sind frohen Mutes an der Arbeit.

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Jens Spahn

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – ElkeFerner [SPD]: Da müssen Sie selber lachen,Herr Spahn!)

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Nächster Redner ist der Kollege Dr. Karl Lauterbach

für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD – Heinz Lanfermann [FDP]: Jetzt kommt das Konzept!)

Dr. Karl Lauterbach (SPD): Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Zuerst möchte ich dem Kollegen Zöller ganzherzlich danken. Er hat gestern vorgetragen, dass er vonHerrn Söder die Schnauze voll hat.

(Heiterkeit bei der SPD)

Ich schließe mich ihm an. Er hatte in der gestrigen Sen-dung, in der ich auf ihn getroffen bin, schon Kreide ge-fressen. Heute ist er gar nicht da. Ich danke Ihnen für dieUnterstützung, Herr Zöller.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Jetzt zu Ihnen, Herr Lanfermann. Was beobachten wirim Moment? Neue Vorschläge von Herrn Söder. HerrSöder gegen Herrn Friedrich.

(Ulrike Flach [FDP]: Was hat Herr Lanfermann damit zu tun?)

Herr Friedrich gegen Herrn Zöller.

(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Niemals!)

Bei der FDP: Rösler gegen den Landesminister im Saar-land. Wir haben eine unglaubliche Verwirrung.

(Maria Michalk [CDU/CSU]: Das hätten Siegern! – Johannes Singhammer [CDU/CSU]:Bei der SPD! – Heinz Lanfermann [FDP]:Deswegen kommt auch kein Konzept, wegender Verwirrung!)

– Es ist doch Ihre eigene Verwirrung. Herr Lanfermann,Sie sind doch durch geringere Anlässe verwirrbar.

(Heiterkeit bei der SPD)

Denken Sie sich doch in unsere Situation! Uns wirdvon Ihnen jeden Tag eine andere fischige Geschichte,wie es weitergehen soll, aufgetischt. Als einzige Weis-heit hören wir gelegentlich, dass wir alle älter werdenund dass es technischen Fortschritt gibt, was wir geradewieder von Herrn Spahn gelernt haben. Ich bitte Sie!

(Ulrike Flach [FDP]: Wir sind hier nicht beim Karneval!)

Wir wollten diese Aktuelle Stunde, weil wir wissen wol-len, wie es de facto weitergehen soll. Anlass ist nichtHerr Söder, sondern das 15-Milliarden-Euro-Defizit, daswir im nächsten Jahr erwarten. Darum geht es.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordnetender LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIEGRÜNEN – Heinz Lanfermann [FDP]: Dashören wir jetzt zum ersten Mal!)

– Sie belachen dies. Für diese herablassende Art, dasThema herunterzuspielen, bekommen Sie – HerrLanfermann, erinnern Sie sich an meine Worte! – bei derNRW-Wahl die Quittung.

(Elke Ferner [SPD]: Aber eine ganz dicke! –Zuruf von der CDU/CSU: Sie kennen sich da-mit aus!)

– Nein, wir kennen uns damit nicht aus.

Herr Spahn, in Ihre Richtung sage ich: Sie verlangenvon uns regelmäßig, dass wir jetzt ad hoc das Konzeptder Bürgerversicherung, durchgerechnet, vorlegen. HerrSpahn, wovon gehen Sie aus? Gehen Sie von Neuwahlenaus?

(Lachen und Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der CDU/CSU: Gott behüte!)

Hält diese Regierung nicht durch, sodass wir hier zuzu-liefern haben? Ist es das? Ich sage: Der Klamauk mussein Ende haben.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

– Der Klamauk auf Ihrer Seite. Die Späße müssen einEnde haben.

15 Milliarden Euro Defizit. Wir hören: 29 Euro solljetzt die kleine Kopfpauschale betragen. Die Leute wer-den verunsichert ohne Ende.

(Lachen und Beifall bei Abgeordneten derCDU/CSU und der FDP – Heinz Lanfermann[FDP]: Durch Sie doch!)

Das ist der Sonderbeitrag, der zu zahlen ist, weil Sie infünf Monaten Regierungszeit nicht einen einzigen kon-kreten Vorschlag, kein einziges Konzept, nichts vorge-legt haben.

(Beifall bei der SPD – Ulrike Flach [FDP]: Sie erzählen einen Unsinn!)

Das hat es in der Gesundheitspolitik noch nie gegeben.Die Kosten laufen davon. Es ist kein Ende in Sicht.

(Heinz Lanfermann [FDP]: Aber Sie sind doch der Verunsicherungsprofessor!)

– Verunsichernd sind Ihre Vorschläge. Wir machen da-mit nur Wahlkampf, und das ist auch richtig so.

(Beifall bei der SPD – Ulrike Flach [FDP]: Ich denke, wir haben keine gemacht!)

Wir machen Wahlkampf mit Ihrer Inkompetenz. Sie le-gen nichts vor.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Was denn jetzt?)

Die Wahl in Nordrhein-Westfalen wird die Schick-salswahl für das solidarische Gesundheitssystem sein.Nur durch diese Wahl ist Ihrer Inkompetenz, Ihrer Zau-derei, Ihrem Versuch, die Arbeitgeber im Hinblick aufdie demografische Alterung zu entlasten, im BundesratEinhalt zu gebieten. Das machen wir zum Thema, ob Ih-nen das gefällt oder nicht, meine sehr verehrten Damenund Herren.

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010 3059

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Dr. Karl Lauterbach

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich komme zum Abschluss. – Sie wollen – da treffensich Herr Söder und Herr Rösler – die Arbeitgeber beiden Herausforderungen des technischen Fortschritts undder demografischen Entwicklung herausnehmen undentlasten, egal wie. Sie sind im Prinzip die Koalition desSchutzes der Arbeitgeber, mehr nicht. Sie sind sozusa-gen die Arbeitgeberkoalition.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Sie wollen aber von den Arbeitnehmern gewählt wer-den, und das wird Ihnen nicht gelingen. Es geht Ihnennur darum, wie der Arbeitgeber entlastet wird. Soll derSonderbeitrag steigen, wie von Herrn Söder vorgeschla-gen, oder soll die Kopfpauschale kommen? Sie überle-gen sich krampfhaft: Wie gelingt es uns, den Arbeitgeberaus der Verantwortung zu nehmen? In einer Zeit, wozum Teil Hungerlöhne gezahlt werden, wo Sie Mindest-löhne blockieren,

(Ulrike Flach [FDP]: Jetzt wird es aber dramatisch!)

haben Sie in der Gesundheitspolitik nichts anderes vor-zutragen als die Frage, wie der Arbeitgeber entlastetwerden kann.

(Ulrike Flach [FDP]: Das ist reine Demagogie!)

Kein einziger Vorschlag zur Vorbeugepolitik! Kein ein-ziger Vorschlag zur Qualität! Kein einziger Vorschlagzur Effizienz! Es geht nur darum, die Arbeitgeber zu ent-lasten. Mehr bringt diese schwarz-gelbe Koalition nichtzu Papier, und da ist sie noch zu feige, Ross und Reiterzu nennen, weil sie Angst hat – ich sage: mit Recht –, dieNRW-Wahl zu verlieren.

(Beifall bei der SPD – Max Straubinger [CDU/CSU]: Nach Ihrem Beitrag nicht mehr!)

Zum Abschluss, Frau Präsidentin, Folgendes: DieLage ist die: Nicht nur Herr Zöller hat die Schnauze voll,nicht nur wir haben die Schnauze voll, sondern auch– schauen Sie in die aktuellen Umfragen – der Bürgerhat die Schnauze voll. Das sage ich mit Recht. Das ha-ben wir nicht verdient; das hat der Bürger nicht verdient.Herr Singhammer, wenn Sie meinen, dass wir medialnicht die Aufmerksamkeit haben, die Sie uns gönnen,

(Max Straubinger [CDU/CSU]: Das ärgert Sie!)

kann ich nur sagen: Machen Sie sich keine Sorgen; –

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.

Dr. Karl Lauterbach (SPD): – die Aufmerksamkeit, die Sie haben, haben wir alle-

mal.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD – Max Straubinger [CDU/CSU]: Das ärgert Sie schon!)

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Nächster Redner ist der Kollege Dr. Erwin Lotter für

die FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Dr. Erwin Lotter (FDP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen

und Kollegen! Es war Heiner Geißler, der 1974 zum ers-ten Mal von einer Kostenexplosion im Gesundheitswe-sen gesprochen hat. Weil die Gesundheitskosten ganzeng an die Arbeitskosten geknüpft sind, waren allebisherigen Gesundheitsreformen im Wesentlichen Kos-tendämpfungsgesetze. Diese Kostendämpfungsgesetzehaben im Laufe der Zeit dazu geführt, dass das Gesund-heitssystem immer mehr reguliert wurde und dass dieBürokratie ein Ausmaß angenommen hat, das man wirk-lich nur noch als absurd bezeichnen kann, wenn mansieht, dass zum Beispiel ein Apotheker einen Kostenvor-anschlag erstellen muss, wenn er eine Urinflasche für10 Euro abgeben will, oder dass ich einen eigenen An-trag stellen muss, wenn ich einen Rehaantrag für einenPatienten stellen will.

(Elke Ferner [SPD]: Was hat das jetzt mit der Kopfpauschale zu tun?)

Dabei wurden die eigentlichen Probleme dieses Ge-sundheitssystems nicht gelöst und die eigentlichen He-rausforderungen nicht angegangen, nämlich die demo-grafische Entwicklung, die Frage, wie der medizinischeFortschritt für alle bezahlbar bleiben kann, und dieFrage, wie die Versorgung mit Haus- und Fachärzten inder Fläche sichergestellt werden kann. Das wird in derZukunft das große Problem und die große Herausforde-rung werden.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Der vorläufig letzte Versuch, das Gesundheitswesenneu zu ordnen, war der Gesundheitsfonds, ein untaugli-ches Instrument, das zu regionalen Verwerfungen undVerwerfungen innerhalb der Facharztgruppen geführthat.

(Elke Ferner [SPD]: Wo denn?)

– Natürlich!

(Elke Ferner [SPD]: Das muss man doch wie-der zurückzahlen ans BVA!)

– Sprechen Sie doch mit den Kollegen in NRW, FrauFerner! Sprechen Sie mit den Kollegen in Bayern! Spre-chen Sie mit den Hausärzten in Berlin!

(Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Wir kennen uns selbst aus!)

Sie werden Ihnen alle das Gleiche sagen. Es hat zu Ver-werfungen geführt.

Darüber hinaus ist dieser Gesundheitsfonds absolutunterfinanziert. In diesem Jahr fehlen 8 Milliarden Euro,sodass 3,9 Milliarden Euro Steuermittel zugeschossen

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3060 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010

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Dr. Erwin Lotter

werden müssen. Für das nächste Jahr wird ein Defizitvon 6,

(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN]: Und woher nehmen Sie jetzt das Geld? –Elke Ferner [SPD]: Bei 6 ist unterstellt: keineAusgabensteigerung! Das glaubt noch nichteinmal der Weihnachtsmann!)

wahrscheinlich 11 und, wenn man die ungünstigstenPrognosen zugrunde legt, 16 Milliarden Euro an Steuer-mitteln, die in den Gesundheitsfonds fließen müssen,prognostiziert. Wie sollen die Zahlen dann erst im Jahr2012 aussehen?

(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN]: Was ist Ihr Konzept?)

So wie es jetzt ist, kann es nicht weitergehen. Es be-steht Handlungsbedarf.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU –Marianne Schieder [Schwandorf] [SPD]: Seitder Bundestagswahl!)

In dieser Situation ist der Vorschlag von CSU-Ge-sundheitsminister Söder eher kontraproduktiv. Er läuftauf ein forsches „Weiter-so!“ hinaus. Es ist eine Fort-schreibung der jetzigen Finanzierung des Gesundheits-wesens mit allen eklatanten Problemen. Der Gesund-heitsfonds soll erhalten bleiben. Eine Entkoppelung derGesundheits- von den Arbeitskosten findet nicht statt.Im Gegenteil, die Versicherten sollen einkommensab-hängige Zusatzbeiträge zahlen, und zwar bis zu1,5 Prozent ihres Einkommens. Das ist ein ungeeignetesKonzept.

Es ist auch keinerlei Fortschritt gegenüber der ver-korksten Gesundheitspolitik der Opposition. Es war jadie SPD, die uns maßgeblich den Gesundheitsfonds ein-gebrockt hat.

(Beifall bei der FDP – Elke Ferner [SPD]:Nein, Ihr Koalitionspartner! – Birgitt Bender[BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann schafftihn doch ab!)

Es war die SPD-Ministerin Ulla Schmidt, die neun Jahrelang ungerührt Zentralismus und Bürokratie wuchernließ. Es ist auch die SPD, die noch heute mit dem un-tauglichen Konzept der Bürgerversicherung eine lang-fristige Stabilisierung der Finanzen im Gesundheitswe-sen verhindern wollen würde.

(Elke Ferner [SPD]: Was machen Sie denn?Wie hoch soll denn die Kopfpauschale sein,Herr Kollege?)

Das ist erst recht keine Lösung der drängenden Pro-bleme. Die Gesundheitsprämie ist eindeutig der bessereWeg. Die Arbeitskosten werden von den Gesundheits-kosten – –

(Elke Ferner [SPD]: Ja, wie hoch soll denn die Kopfpauschale sein?)

– Das legt diese Kommission fest. Ja, das entwickelt dieKommission. Das ist aber allgemein bekannt, FrauFerner.

(Elke Ferner [SPD]: Das legt die Kommissionfest: Das ist Ihr Verständnis von Parlamenta-rismus!?)

Die Arbeitskosten werden von den Gesundheitskos-ten weitgehend unabhängig, und das halte ich für enormwichtig, weil damit wirklich Druck aus dem System he-rausgenommen ist. Ein Sozialausgleich für die Schwä-cheren findet im Steuersystem statt, dort, wo er auch hin-gehört. Durch die schrittweise Einführung der Prämiewollen wir verhindern, dass der Bundeshaushalt überfor-dert wird.

(Dr. Martina Bunge [DIE LINKE]: Schon ein-mal etwas von Sozialpolitik gehört?)

Wir werden sehen, Frau Ferner, was die Regierungs-kommission zur Gesundheitsreform empfehlen wird. Eskann nur besser sein als die hilflosen und halbherzigenVorschläge der SPD.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU –Ulrike Flach [FDP]: Die wir noch gar nichtkennen! – Elke Ferner [SPD]: Es ist keineSachverständigenkommission, die Sie einge-setzt haben!)

Diese Vorschläge gehen zulasten der Patienten und derHeilberufe. Wir als Freie Demokraten werden sie nichtmittragen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordnetender CDU/CSU – Elke Ferner [SPD]: MehrGeld für die Ärzte, jawohl!)

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Nun hat das Wort die Kollegin Dr. Carola Reimann

für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)

Dr. Carola Reimann (SPD): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Auch ich erinnere mich, dass wir vor wenigenWochen eine Aktuelle Stunde zur schwarz-gelben Ge-sundheitspolitik hatten.

(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Zur christlich-liberalen!)

Damals dachte ich, dass das Erscheinungsbild der Regie-rung insbesondere im Bereich der Gesundheitspolitiknicht schlimmer werden kann. Aber ich muss feststellen:Ich habe die Söders, Seehofers, Röslers und Kubickisunterschätzt; sie können noch schlimmer.

(Ulrike Flach [FDP]: Kubicki hat noch gar nicht dazu gesprochen!)

Während die CSU keine Gelegenheit auslässt, dieKopfpauschale zu kritisieren, womit sie ja recht hat, lässtMinister Rösler einen Testballon nach dem anderen auf-steigen: Einmal ist es eine Kopfpauschale von 29 Euro,einmal kostet der Sozialausgleich 10 Milliarden Euro imJahr, dann wieder nur 5 Milliarden. Ich nehme an, dem-nächst gibt es einen Vorschlag, dass er gar nichts mehrkostet, weil er einfach gestrichen wird.

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010 3061

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Dr. Carola Reimann

(Elke Ferner [SPD]: Das bringt noch Geld rein! – Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Ab und an verkündet dann der Minister via BILD-Zei-tung, dass man bald oder demnächst, auf jeden Fallziemlich schnell und unmittelbar in den nächsten Wo-chen, direkt vor Ostern oder später, etwas zu den Arznei-mitteln vorlegen wolle; aber von der Regierungskom-mission dürfe man erst einmal keine Ergebnisseerwarten.

Wer jetzt dachte, dass angesichts dieser Ankündigun-gen nun die große Ruhe und Besonnenheit aufkommt,der kennt die schwarz-gelben Koalitionäre schlecht:Kubicki will auf die CSU einhauen – O-Ton –, bis dieSchwarte kracht, und Herr Söder sorgt gleich einmal amAnfang der Woche dafür, dass Herrn Kubickis Gewalt-fantasien weiter Nahrung finden.

(Heiterkeit bei der SPD sowie bei Abgeordne-ten der CDU/CSU)

Während sich die Regierungskommission geradenoch vom anstrengenden Fototermin letzte Woche er-holt, prescht Söder mit einem Bayern-Konzept vor. DenGrund dafür liefert er wieder via Presse – O-Ton –, dieFDP-Kopfpauschale sei nicht umsetzbar,

(Elke Ferner [SPD]: Das stimmt!)

und es sei – ein weiteres Zitat – „falsch, wenn man80 Millionen Deutsche sozusagen zu Versuchskaninchenvon Gesundheitsideologie macht“.

(Elke Ferner [SPD]: Auch da hat er recht! –Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Wo er recht hat,hat er recht!)

Einen Tag später ist es aber gar kein Bayern-Konzeptmehr, sondern – so Landesgruppenchef Friedrich – nurnoch eine „Ideenskizze“ von Söder. Diese, so beklagtdann der Kollege Straubinger in der Thüringer Allgemei-nen,

(Max Straubinger [CDU/CSU]: Danke!)

hätte besser in der Kommission besprochen werden sol-len. Gemeint ist aber nicht die Regierungskommission,um das eben schnell klarzustellen, sondern die CSU-Ge-sundheitskommission. Die gibt es auch noch, und ihrVorsitzender ist Söder.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Ich bin ganz ver-wirrt! – Elke Ferner [SPD]: Das ist sehr ver-wirrend bei Ihnen!)

– Ja, das stiftet Verwirrung.

Heute hören wir von Herrn Singhammer, dass er demSöder-Vorschlag noch zu Teilen zustimmt.

(Heinz Lanfermann [FDP]: Wenn Sie so viellesen, kommen Sie gar nicht mehr zum Arbei-ten an Ihrem eigenen Konzept, FrauReimann!)

Dieses ganze „Kasperletheater“ – so nennt es ja HerrZöller – könnte ganz amüsant sein, ginge es dabei nichtum die Zukunft der Krankenversicherung von 80 Millio-nen Bürgerinnen und Bürgern, und da hört der Spaßdann doch auf.

(Beifall bei der SPD)

Das scheint auch der Patientenbeauftragte der Bundesre-gierung so zu sehen, der eben mit diesem „Kasperlethea-ter“ zitiert wird, ebenso mit den Worten, die hier auchschon gefallen sind, dass er davon „die Schnauze voll“hat.

Wenn ein so ruhiger und besonnener Mensch wieKollege Zöller solche Ausdrücke verwendet, was sollendann die Menschen, die Millionen von Versicherten den-ken? Ich bin mir sicher – das sind nicht meine Worte; ichbleibe bei den Worten von Herrn Zöller –, dass sie eben-falls die Schnauze voll haben: von den immer neuen An-kündigungen und von endlosen Debatten in immerschrilleren Tönen, bei denen am Ende nichts, aber auchgar nichts herauskommt.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb kann ich Ihnen nur raten: Beenden Sie diesesKopfpauschalenchaos und kümmern Sie sich endlich umdie wirklichen Probleme und Herausforderungen im Ge-sundheitswesen, statt sich krampfhaft aus Angst vor Ge-sichtsverlust an Ihrer Kopfpauschalenideologie festzu-klammern. Schon jetzt ist der Schaden groß, den dieseKopfpauschalendebatte angerichtet hat. Sie verunsichertdie Versicherten und raubt den Verantwortlichen dieZeit, sich wirklich um die drängenden Fragen zu küm-mern.

(Heinz Lanfermann [FDP]: Da sind Sie ja schon einsichtig!)

Zu zentralen Aufgabenfeldern der Gesundheitspolitikhören wir nichts, weil die schwarz-gelben Entschei-dungsträger mit sich selbst und mit der Kopfpauschalebeschäftigt sind.

(Heinz Lanfermann [FDP]: Nein, wir sitzenhier, weil Sie dauernd Debatten beantragen! –Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Sonst wä-ren wir schon fertig!)

Ein Konzept zur drängenden Frage der Gesundheitsver-sorgung auf dem Land? – Fehlanzeige. Ideen zur Stär-kung der Prävention, die laut Ihrem Koalitionsvertragein Schwerpunkt sein sollte? – Fehlanzeige. Ich kann dieListe problemlos weiter fortsetzen: Krankenhäuser, Dro-gen- und Suchtpolitik, Patientenrechte, Pflege? – Fehl-anzeige. Weiterentwicklung der Honorarreform? Das ha-ben wir heute erlebt: Fehlanzeige. Bei den Arzneimittelnreden wir schon seit Ende letzten Jahres über den Hand-lungsbedarf, und noch immer haben wir aus dem Minis-terium kein Konzept vorgelegt bekommen. Ihre Debat-ten lähmen die Gesundheitspolitik, und das Schlimmeist: Bei all dem Gezänk merken Sie nicht einmal, dassIhnen das komplett aus dem Ruder läuft.

Das Gesundheitssystem wartet nicht, bis Sie mit Ih-rem Kopfpauschalen-Klein-Klein zu Ende sind. Been-den Sie das Kasperletheater und packen Sie die wirkli-chen Probleme an.

Danke.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Harald Weinberg [DIE LINKE])

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3062 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010

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Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Das Wort hat der Kollege Max Straubinger für die

CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Max Straubinger (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen!

In der vergangenen Legislaturperiode hatten wir immer-währende Anträge – in diesem Fall von der Linken-Frak-tion – mit der pauschalen Überschrift „Hartz IV mussweg“.

(Dr. Martina Bunge [DIE LINKE]: Das haben Sie gut erkannt!)

In dieser Legislaturperiode bekommen wir offensichtlichdie ständige Wiederholung von Anträgen der SPD-Bun-destagsfraktion zur Gesundheitspolitik. Die einzige Än-derung besteht darin, dass einmal der KollegeLauterbach und einmal die Kollegin Ferner eröffnet. DerInhalt ist letztendlich Inhaltslosigkeit bei der SPD.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

So haben wir damit auch diese Debatte zu bestreiten.Es wäre gelegentlich für die SPD sicherlich besser ange-legte Zeit, mehr über ihr schon lange angekündigtes Ge-sundheitskonzept nachzudenken. Wenn viele immer sa-gen, als Regierung und die sie tragenden Fraktionenseien wir in der Bringschuld, dann mag ich dem zwar zu-stimmen; nur bin ich überzeugt, dass die Wählerinnenund Wähler in Nordrhein-Westfalen auch auf die Ergeb-nisse der Kommission von der SPD und auf ihre Vor-schläge gespannt sind.

(Elke Ferner [SPD]: Die wissen aber auf alleFälle, dass es bei uns gerecht zugeht und beiIhnen nicht!)

Aber sie werden wohlweislich verschwiegen. In der ver-gangenen gesundheitspolitischen Debatte hat auf einediesbezügliche Anfrage des Kollegen Lanfermann dieKollegin die entsprechende Antwort missen lassen. Siehat nur dargelegt: Kommt Zeit, kommt Rat. Das erinnertmich an ein anderes Sprichwort – –

(Elke Ferner [SPD]: Nein, das habe ich nicht ge-sagt! Wenn, dann zitieren Sie mich richtig!)

– Wenn es Zeit ist, haben Sie gesagt, Frau KolleginFerner.

(Elke Ferner [SPD]: Wenn wir das für richtig halten!)

Das zeigt aber sehr deutlich, dass Sie ideenlos und kon-zeptlos sind.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP –Ewald Schurer [SPD]: Kollege Straubinger,zur Sache!)

Das wird auch heute wieder zutage gefördert.

(Elke Ferner [SPD]: Da sind Sie konzeptlos!)

Die CSU steht und stand in der Vergangenheit für So-lidarität in der Krankenversicherung. Besonders wir, die

CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Frau Kollegin Vogler,haben diese Solidarität den Bürgerinnen und Bürgern inden neuen Bundesländern zuteil werden lassen, nämlichbei der Wiedervereinigung, damit auch die Bürgerinnenund Bürger in den neuen Bundesländern an einem mo-dernen medizinischen Versorgungswesen teilhaben kön-nen

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP –Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN]: Sieht das Herr Söder auch so?)

und nicht in einem Gesundheitssystem leben müssen, indem letztendlich die Funktionäre auf Westarzneimittelzurückgreifen konnten, während die anderen die Gelack-meierten waren.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Deshalb wird sich die CSU auch zukünftig nicht in Soli-darität und solidarischer Finanzierung des Gesundheits-systems übertreffen lassen.

(Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Elke Ferner [SPD]: Es istganz einfach, Sie da zu übertreffen! Das kannjeder!)

Aber wenn heute hier angeführt worden ist, dass dieAbkopplung von Lohn und Gehalt angeblich sehrschlimm sei, so muss man eben darstellen, dass es auchum den Erhalt der Arbeitsplätze und der Wettbewerbsfä-higkeit unserer Wirtschaft geht. Deshalb gibt es, HerrKollege Lauterbach, keinen Dissens zu den Arbeitgebe-rinnen und Arbeitgebern in unserem Land.

(Elke Ferner [SPD]: Sie ziehen 16 Milliarden aus der Binnennachfrage heraus!)

Wir sind darauf angewiesen, viele qualifizierte Arbeits-plätze in unserem Land zu haben, damit die hochwertigemedizinische Versorgung der Menschen überhaupt gesi-chert werden kann.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Sie wollen in diesem Haus künstlich einen Gegensatzaufbauen.

(Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Der Gegensatz ist bei Ihren Verhandlungen! Ich bitte Sie!)

Damit wollen Sie kundtun, dass die Solidarität nichtmehr gegeben ist. Dass wir über 15 Milliarden EuroSteuermittel in das Gesundheitssystem geben, zeigt dieSolidarität der Besserverdienenden in unserem Land mitden anderen Bürgerinnen und Bürgern.

(Beifall bei der CDU/CSU – Elke Ferner [SPD]: Sie wollen ja auch Steuermittel!)

Daher akzeptiere ich solche Konstrukte, die Sie hier dar-zulegen versuchen, in keiner Weise.

Es geht natürlich um die Frage: Wie können wir daszukünftige Gesundheitssystem solidarisch, aber auch zu-kunftsfest finanzieren? Das ist eine spannende Frage, diedie Regierungskommission mit dem Bundesgesundheits-minister Philipp Rösler an der Spitze beantworten muss.Die CSU ist an dieser Kommission mit Ilse Aigner an

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010 3063

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Max Straubinger

der Spitze beteiligt. Meines Erachtens ist es wichtig, erstdie Ergebnisse abzuwarten und dann darüber zu reden.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord-neten der FDP)

Letztendlich geht es darum.

Ich sage aber auch: Manche Dinge sind in der Theorieleichter zu formulieren, als in der Praxis umzusetzen.

(Elke Ferner [SPD]: Erste Absetz-bewegungen?)

Das mag für ein prämiengestütztes System genauso gel-ten. Vor allen Dingen sollte man nicht die Hoffnung he-gen, dass dadurch eine Verbilligung des Systems erreichtwird.

(Elke Ferner [SPD]: Also wird es noch teurer für die Versicherten!)

Wir wissen auch, dass in der Schweiz, wo es seit13 Jahren ein Prämiensystem gibt, die Kosten genauso,vielleicht sogar stärker gestiegen sind als in unseremLand.

Wir setzen auf Kostendämpfung. Wir setzen darauf,dass bei den Arzneimitteln eine Kostenreduzierung ein-tritt.

(Elke Ferner [SPD]: Wo sind denn die Vor-schläge?)

Hier werden Vorschläge vom Bundesgesundheitsminis-ter, von der CDU/CSU-Fraktion und von der FDP-Frak-tion gemeinsam in den Deutschen Bundestag einge-bracht.

(Elke Ferner [SPD]: Wann denn?)

Sie können die Beratung dieser Vorschläge begleiten.Wir laden Sie dazu herzlich ein.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – ElkeFerner [SPD]: Wann denn? Wann wird dassein? Noch vor der Nordrhein-Westfalen-Wahl?)

Sie sollten konstruktive Vorschläge machen und nichtPolemik mit Blick auf die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen betreiben. Ihr Anliegen ist, die Bürgerinnenund Bürger vor der nordrhein-westfälischen Landtags-wahl zu verunsichern. Sie glauben, so die Zustimmungder Bürgerinnen und Bürger zu erreichen.

(Elke Ferner [SPD]: Dann sagen Sie doch, wiehoch die Kopfpauschale sein wird! Dann weißjeder, woran er ist!)

Ich bin überzeugt, da erliegen Sie einer Fehlkalkula-tion.

(Elke Ferner [SPD]: Nein, Sie!)

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Für die SPD-Fraktion hat das Wort die Kollegin Hilde

Mattheis.

(Beifall bei der SPD)

Hilde Mattheis (SPD): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Hier wird versucht, mit Lautstärke und mit Ankündigun-gen

(Maria Michalk [CDU/CSU]: Das müssen Sie Ihren Leuten sagen!)

eine Verteidigungslinie aufzubauen, die spätestens mor-gen von Ihren eigenen Leuten wieder eingerissen wird.

(Beifall bei der SPD)

Denn Herr Söder und Herr Seehofer werden sich mit Si-cherheit nicht an das, was Sie hier appellativ von sichgegeben haben, halten, sondern sie werden weiterhinüber die Presse, wie sie es seit Montag getan haben, ihreeigenen Forderungen stellen.

Sie konnten sich noch nicht einmal auf eine gemein-same Gesundheitskommission einigen.

(Ulrike Flach [FDP]: Doch!)

Da muss jemand in München und da muss jemand inBerlin tagen.

(Max Straubinger [CDU/CSU]: Dürfen Parteien sich keine Gedanken machen?)

– Augenblick, Herr Straubinger. – Sie werden mit Si-cherheit in den Medien weiterhin Ihre Kämpfe austragenzulasten der Seriosität unserer Politik.

(Max Straubinger [CDU/CSU]: Eurer Politik bestimmt nicht!)

Das Ansehen der Politik wird durch Ihr Handeln deut-lich geschädigt.

(Beifall bei der SPD)

Denn die Regierung ist nicht in der Lage, eine einheitli-che Sprache zu finden und einen Diskussionsprozess zugestalten. Vielmehr werden über die Medien Punkte ge-setzt und Hahnenkämpfe ausgetragen und nichts ande-res. Die bisherigen Konzepte, die Sie versucht habenvorzulegen, sollen eines vertuschen: Es sind zwei Va-rianten einer völlig ungerechten und unsolidarischen Lö-sung.

(Beifall bei der SPD)

Denn es geht Ihnen darum, dieses System, das von vie-len international bewundert wird, zu zerschießen. Siewollen schlicht und ergreifend

(Elke Ferner [SPD]: Kaputtmachen!)

die Solidarität in diesem Land für dieses Versicherungs-system auflösen.

(Beifall bei der SPD – Max Straubinger [CDU/CSU]: Frau Mattheis!)

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3064 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010

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Hilde Mattheis

Was ist das denn anderes, wenn Sie Arbeitgeberbei-träge einfrieren wollen,

(Heinz Lanfermann [FDP]: Die haben Sie doch selber festgesetzt!)

wenn Sie entweder über eine Kopfpauschale die Kosten-steigerungen auffangen wollen oder in der zweiten Va-riante – der von Herrn Söder – darangehen wollen,neben diesem Bundeseinheitssatz einen speziellen Ein-heitsbeitrag einkommensabhängig einzuführen? Es istnichts anderes, als die Solidarität der Gesunden mit denKranken sowie der Reichen mit den Armen in diesemLand aufzubrechen.

(Beifall bei der SPD)

Diese Solidarität ist international zum Vorbild genom-men worden. Jenseits des Teiches hat man gegen Lob-bytruppen erkämpft,

(Ulrike Flach [FDP]: Noch mehr dramatische Diktion geht nicht!)

dass es endlich ein Gesundheitssystem für alle gibt. Manhat dazu bei uns in Europa, in Deutschland Anleihe ge-nommen.

Sie machen das genau Umgekehrte: Sie zerschießendas, was sich andere zum Vorbild genommen haben. Ichglaube, dass die Bevölkerung dies erkennt, egal ob derEinzelne der FDP oder der CDU/CSU zugeneigt ist.

(Elke Ferner [SPD]: Das sind nicht mehr viele! Es werden immer weniger!)

Die Frage der Gerechtigkeit ist der Mehrheit der Bevöl-kerung ein wichtiges Anliegen, egal welcher Partei derEinzelne zuneigt.

Deshalb müssen Sie sich genau überlegen, welcheKonzepte Sie vorlegen –

(Elke Ferner [SPD]: Deshalb sagen die nicht, was sie wollen!)

wenn Sie überhaupt eines vorlegen – und ob Sie Ihre in-nerparteilichen und innerfraktionellen Kämpfe in dieserArt und Weise in aller Öffentlichkeit darstellen.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Langweilig!)

Ich rate Ihnen: Kommen Sie endlich aus Ihrer Startphaseheraus; denn sogar der Präsident des CDU-Wirtschafts-rates hat heute Morgen im Morgenmagazin gesagt: DieseRegierung ist enttäuschend.

(Ulrike Flach [FDP]: Ach Gott! – Jens Spahn[CDU/CSU]: Jetzt sind Sie schon mit demWirtschaftsrat auf einer Seite!)

Sie sind nicht aus der Startphase herausgekommen. Ichfinde das erstaunlich. Die Enttäuschung hat zwei Farben:schwarz und gelb.

(Beifall bei der SPD)

Sie sollten sich Ihrer Verantwortung als Regierungsfrak-tionen sehr wohl bewusst sein.

(Elke Ferner [SPD]: Das werden die nie!)

Vorhin in der Fragestunde haben wir über die Atom-politik gesprochen.

(Ulrike Flach [FDP]: Oh Gott, jetzt kommt das auch noch!)

Da haben Sie sich noch nicht einmal an Ihre Koalitions-vereinbarung erinnert. Das Gleiche passiert jetzt bei derGesundheitspolitik. Sie erinnern sich neben all den An-kündigungen noch nicht einmal daran, was Sie im No-vember miteinander vereinbart haben.

(Heinz Lanfermann [FDP]: Habe ich doch vorhin vorgelesen!)

Ich glaube, dass die Bevölkerung ein Anrecht auf Ver-lässlichkeit in der Politik hat, zumindest darauf. Nochnicht einmal das bieten Sie.

Von daher: Nehmen Sie Vernunft an,

(Elke Ferner [SPD]: Das wird nicht passieren, fürchte ich! Das wäre ja was Neues!)

und versuchen Sie zumindest, den Zwist, den Sie jetzt inder Öffentlichkeit austragen, an einen runden Tisch zubringen. Glauben Sie mir, die Bevölkerung will ein an-deres Konzept als das der Kopfpauschale.

(Beifall bei der SPD)

Sie will ein anderes Konzept als diesen zusätzlichen pro-zentual abgeleiteten Beitrag des Herrn Söder.

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Frau Kollegin, ich muss Sie auf die Redezeit auf-

merksam machen.

Hilde Mattheis (SPD): Sie will eine Bürgerversicherung, in die alle einzahlen

und in der alle Einkommensarten zur Beitragsbemessungherangezogen werden. Ich glaube, die Zukunftsaufgabedieses Parlaments ist es, für diese Solidarität zu sorgen.

Danke.

(Beifall bei der SPD)

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege

Lothar Riebsamen für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord-neten der FDP)

Lothar Riebsamen (CDU/CSU): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und

Herren! Eigentlich bin ich bisher davon ausgegangen,dass eine Aktuelle Stunde etwas mit aktuellen Themenzu tun hat.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU undder FDP – Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Sokann man sich täuschen! – Heinz Lanfermann[FDP]: So kann man sich täuschen!)

Bisher habe ich von Ihnen nur das gehört, was wir im-mer von Ihnen hören. Sie wollen Verwirrung stiften. Sie

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010 3065

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Lothar Riebsamen

verwenden den Begriff Kopfpauschale in Verbindungmit der angeblichen Abkehr von der Solidarität. Das istnicht aktuell, sondern das sind Themen von gestern.

(Elke Ferner [SPD]: Auch Herr Söder ist nicht aktuell?)

Das Einzige, was aktuell ist, ist die Tatsache, dass dieGesundheitspolitik bei uns in guten Händen ist und inguten Händen bleibt.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

In Wahrheit geht es Ihnen um etwas ganz anderes. Esgeht Ihnen darum, Ängste zu schüren, indem Sie mit Be-grifflichkeiten wie Kopfpauschale jonglieren.

(Elke Ferner [SPD]: Dann sagen Sie doch mal, wie hoch die Kopfpauschale sein soll!)

Sie errichten einen Popanz. Sie machen einen Wirbel umdieses Thema. Sie brauchen diesen Wirbel, um von Ihreneigenen Unzulänglichkeiten abzulenken.

(Elke Ferner [SPD]: Ihnen ist das unangenehm, dass das beim Namen genannt wird!)

Das ist keine Aktuelle Stunde, das ist ein durchschauba-res Manöver.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Das einzig Gute an dieser Debatte ist, dass wir Gelegen-heit haben, das eine oder andere mit großer Geduld undin kleinen Schritten geradezurücken, und zwar so lange,bis es jeder von Ihnen – jeder von Garmisch bis Flens-burg – verstanden hat.

(Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Das kann dau-ern! – Dr. Karl Lauterbach [SPD]: HerrLanfermann, oder was?)

Ich will einige wichtige Punkte anführen:

Der Begriff Kopfpauschale ist falsch.

(Elke Ferner [SPD]: Aber es ist eine!)

Wir reden nicht von einer Kopfpauschale. Auch die Be-hauptung, wir verließen das Solidarsystem, ist falsch.Die Vorstellung, die bisherige sogenannte solidarischeFinanzierung sei rein solidarisch gewesen, ist erst rechtfalsch.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Bitte wachen Sie auf, und erkennen Sie endlich denErnst der Lage.

Eine Kopfpauschale steht nicht zur Debatte. EineKopfpauschale würde bedeuten, dass jeder – vom Kindbis zum Greis – den gleichen Beitrag in dieses Systemeinzahlen muss. Das wollen wir nicht. Das will niemand.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord-neten der FDP – Birgitt Bender [BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Rösler doch!)

Stattdessen wollen wir einen über die Progression imSteuersystem finanzierten effizienten und gerechten So-zialausgleich.

(Beifall bei der FDP – Elke Ferner [SPD]: Wer soll denn mehr Steuern zahlen?)

Sie sollten den Menschen keinen Sand in die Augenstreuen und nicht Begriffe verdrehen.

(Elke Ferner [SPD]: Das machen ja Sie!)

Es wäre viel vernünftiger, Sie würden Ihre Energie ineine sachliche Debatte investieren;

(Elke Ferner [SPD]: Wir sind jederzeit bereit! –Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN]: Wie hoch wird die Kopfpauschale beider Beitragsbemessungsgrenze?)

aber Sie haben selber kein Konzept. Wir werden unsnicht davon abhalten lassen, das Richtige zu tun.

(Elke Ferner [SPD]: Doch, wir werden Sie davon abhalten!)

Besonders tragisch ist, dass immer wieder der Ein-druck erweckt wird, als sei bereits die jetzige Finanzie-rung der gesetzlichen Krankenversicherung rein solida-risch.

(Harald Weinberg [DIE LINKE]: Das sagt niemand!)

Sie wissen ganz genau, dass es aufgrund der mehr oderweniger willkürlich gewählten Beitragsbemessungs-grenze eine Tatsache ist, dass ein Angestellter, dessenGehalt nahe an der Beitragsbemessungsgrenze liegt, un-ter Umständen seinen Chef, der doppelt so viel verdient,und seine Familienversicherung subventionieren muss.Das ist eine Tatsache. Genau das wollen wir verbessern.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – ElkeFerner [SPD]: Wollen Sie jetzt auch noch dieFamilienversicherung abschaffen?)

Weiterhin geht es darum, die steigenden Lohnneben-kosten zu senken.

(Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Arbeitgeber-partei!)

Es geht nicht darum – wie es bei Ihnen immer anklingt –,die Arbeitgeber zu entlasten.

(Elke Ferner [SPD]: Wollen Sie die Familien-versicherung abschaffen?)

Wir wollen nicht die Arbeitgeber entlasten, sondern dieLohnnebenkosten senken,

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

um gerade in Zeiten der Krise – aus der wir uns wiederherauszukommen bemühen müssen – Arbeitsplätze zusichern.

(Elke Ferner [SPD]: Sagen Sie doch, wie hoch die Kopfpauschale werden soll!)

Das Fazit ist: An wirklichen Reformen kommen wirnicht vorbei. Es gibt kein bloßes Weiter-so. Diesen Ein-druck erwecken Sie bei den Menschen, und das ist nichtrichtig. Wir stehen vor enormen Herausforderungen. Daswissen wir als Koalition, und das wissen wir auch inner-halb der Union. Aber Sie sind nicht an Lösungen interes-

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3066 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010

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Lothar Riebsamen

siert, sondern Sie haben Freude daran – man könnte auchmeinen, Schadenfreude –, dass es ein durchaus steinigerWeg ist, auf den wir uns begeben.

(Elke Ferner [SPD]: Ich habe am Wochenende doch nicht den Söder gegeben!)

Dessen sind wir uns sehr wohl bewusst. Wir gehen dieProbleme an, wir wollen sie lösen, und wir stellen unsden Herausforderungen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Auf allen Ebenen!)

Darum ist die Verantwortung bei uns in weit besserenHänden. Wir wollen ein Gesundheitssystem mit mehrTransparenz für mündige Bürger, die sich mit ihrer Ver-sicherung identifizieren. Identifizieren können sie sichmit ihrer Krankenversicherung aber nur, wenn sie sieauch verstehen.

(Elke Ferner [SPD]: Wenn Sie fertig sind, ha-ben die Leute keine Krankenversicherungmehr, die sie bezahlen können!)

Deswegen brauchen wir dringend mehr Transparenz undweniger Beschäftigungsfeindlichkeit. Dann werden wir

letztlich auch ein gerechteres System haben. Dafür ar-beiten wir.

(Elke Ferner [SPD]: Das glaubt ja keiner!)

Politik ist die Kunst des Möglichen. Ich bin mir si-cher: Die Regierungskommission wird sogar das ver-meintlich Unmögliche möglich machen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Die Aktuelle Stunde ist beendet.

Damit sind wir am Schluss unserer heutigen Tages-ordnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-destages auf morgen, Donnerstag, 25. März 2010, 9 Uhr,ein.

Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend und schließedie Sitzung.

(Schluss: 17.05 Uhr)

(D)

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010 3067

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(B)

Anlagen zum Stenografischen Bericht

(D)

Anlage 1

Liste der entschuldigten Abgeordneten

* für die Teilnahme an der 122. Jahreskonferenz der Interparlamenta-rischen Union

Anlage 2

Erklärung

des Abgeordneten Marco Bülow (SPD) zur na-mentlichen Abstimmung über den Entwurf ei-nes Gesetzes über die Feststellung des Bundes-haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2010(Haushaltsgesetz 2010) (32. Sitzung, Tagesord-nungspunkt II)

Abgeordnete(r)entschuldigt biseinschließlich

Bernschneider, Florian FDP 24.03.2010

Bockhahn, Steffen DIE LINKE 24.03.2010

Burchardt, Ulla SPD 24.03.2010

Dr. Danckert, Peter SPD 24.03.2010

Erdel, Rainer FDP 24.03.2010

Gabriel, Sigmar SPD 24.03.2010

Göring-Eckardt, Katrin BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

24.03.2010

Götz, Peter CDU/CSU 24.03.2010

Golze, Diana DIE LINKE 24.03.2010

Gottschalck, Ulrike SPD 24.03.2010

Groth, Annette DIE LINKE 24.03.2010

Hempelmann, Rolf SPD 24.03.2010

Keul, Katja BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

24.03.2010

Dr. Lehmer, Max CDU/CSU 24.03.2010

Dr. Luther, Michael CDU/CSU 24.03.2010

Pflug, Johannes SPD 24.03.2010

Roth (Esslingen), Karin SPD 24.03.2010

Dr. Steffel, Frank CDU/CSU 24.03.2010

Ulrich, Alexander DIE LINKE 24.03.2010*

Werner, Katrin DIE LINKE 24.03.2010

Zimmermann, Sabine DIE LINKE 24.03.2010

Ich habe versehentlich mit Ja gestimmt.

Mein Votum lautet Nein.

Anlage 3

Antwort

des Parl. Staatssekretärs Daniel Bahr auf die Frage derAbgeordneten Martina Bunge (DIE LINKE) (Druck-sache 17/1107, Frage 3):

Kann die Bundesregierung definitiv dementieren, dass imBundesministerium für Gesundheit mit dem Wissen des Bun-desministers Dr. Philipp Rösler oder der Staatssekretäre Plänefür eine Gesundheitsprämie von 29 Euro erarbeitet wurden,und welche Höhe soll die vom Bundesminister Dr. PhilippRösler im Deutschlandfunk am 18. März 2010 erwähnte Teil-prämie haben?

Zum ersten Teil der Frage: Ja.

Zum zweiten Teil der Frage: Herr Bundesgesund-heitsminister Rösler hat mehrfach darauf hingewiesen,dass kein radikaler Umbau des Finanzierungssystemsder gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) geplantist, sondern der Übergang zu einkommensunabhängigenPrämien in Teilschritten erfolgen wird. Mit den weiterenEinzelheiten dieser schrittweisen Einführung wird sichdie Regierungskommission, die am 17. März 2010 mitder konstituierenden Sitzung ihre Arbeit aufgenommenhat, in den kommenden Monaten befassen. Hier sind ent-sprechende Ergebnisse abzuwarten.

Anlage 4

Antwort

des Parl. Staatssekretärs Daniel Bahr auf die Frage desAbgeordneten Dr. Martina Bunge (DIE LINKE)(Drucksache 17/1107, Frage 4):

Unter welchen Voraussetzungen würde die Einführung ei-ner vollen Kopfpauschale nicht zu einer Erhöhung der Netto-gehälter bei den Beziehern höherer und hoher Einkommen inder gesetzlichen Krankenversicherung führen, und welchekonkreten Überlegungen gibt es seitens der Bundesregierung,einer finanziellen Entlastung der Bezieher höherer und hoherEinkommen durch eine Kopfpauschale entgegenzuwirken?

Die Bundesregierung erarbeitet derzeit im Rahmender Regierungskommission entsprechend den Vorgabendes Koalitionsvertrags Vorschläge zur schrittweisenÜberführung des bestehenden Finanzierungssystems derGKV in eine Ordnung mit mehr Beitragsautonomie, re-gionalen Differenzierungsmöglichkeiten und einkom-mensunabhängigen Arbeitnehmerbeiträgen mit sozialemAusgleich. Die Verteilungswirkungen hängen dabei vonder Ausgestaltung wichtiger Steuerungsparameter ab,über deren konkrete Festlegungen derzeit noch keineEntscheidungen getroffen wurden. Grundsätzlich dürftees aber unstrittig sein, dass mit Prämienmodellen in derZusammenwirkung von Prämie und Sozialausgleich so-wie durch die Ausgestaltung weiterer Parameter Be- undEntlastungen einzelner Einkommensgruppen gegenüber

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3068 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010

(A) (C)

(D)(B)

dem Status Quo zielgenau und transparent gesteuert wer-den können.

Anlage 5

Antwort

des Parl. Staatssekretärs Enak Ferlemann auf die Fragender Abgeordneten Dorothée Menzner (DIE LINKE)(Drucksache 17/1107, Fragen 10 und 11):

Welche deutschen Häfen sind im Einzelnen für die Ab-wicklung von Transporten plutoniumhaltiger Mischoxid-Brennelemente bzw. von Uran-Brennelementen ausgelegt?

Welche Unterschiede in Auflagen und Sicherheitsbestim-mungen gibt es bei der Widmung eines deutschen Hafens fürdie Abwicklung eines Transports von Mischoxid-Brennele-menten gegenüber der Widmung eines Hafens für Transportevon Uran-Brennelementen?

Grundsätzlich sind alle Häfen, die über geeignetetechnische Einrichtungen für den Umschlag von frischenBrennelementen verfügen, für solche Transporte geeig-net.

Anlage 6

Antwort

des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf dieFrage der Abgeordneten Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/1107, Frage 14):

Wie haben sich die CO2-Emissionen bei neu zugelassenenAutos in diesem Jahr entwickelt?

Die durchschnittlichen CO2-Emissionen neu zugelas-sener Fahrzeuge sind weiterhin reduziert worden.

Von 2008 zu 2009 ist ein Rückgang der Emissionenaller Pkw von 164,87 g CO2/km auf 154,07 g CO2/km,das heißt von 6,6 Prozent, davon minus 7,3 Prozent beiBenzinfahrzeugen und minus 4,2 Prozent bei Dieselfahr-zeugen, zu verzeichnen. Für 2010 liegen noch keine Da-ten vor.

Anlage 7

Antwort

des Parl. Staatssekretärs Enak Ferlemann auf die Fragedes Abgeordneten Thomas Lutze (DIE LINKE)(Drucksache 17/1107, Frage 15):

Kann die Bundesregierung für das Mitglied des Aufsichts-rates der Deutschen Bahn AG, DB AG, den Staatssekretär imBundesministerium für Verkehr, Bau und StadtentwicklungKlaus-Dieter Scheurle, Interessenkonflikte bezüglich seinerbis 2008 ausgeübten Tätigkeit als Managing Director bei derGroßbank Credit Suisse, wo er 2007 die Aufgabe hatte, dieseBank an der Teilprivatisierung der Deutschen Bahn AG zu be-teiligen, ausschließen?

Ja, ein Interessenkonflikt ist nicht ersichtlich.

Anlage 8

Antwort

des Parl. Staatssekretärs Enak Ferlemann auf die Fragedes Abgeordneten Thomas Lutze (DIE LINKE)(Drucksache 17/1107, Frage 16):

Worin besteht im Fall des Dr. Heinrich Weiss die Quali-fikation, im Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG das öffent-liche Interesse zu vertreten, und besteht nicht vielmehr ein In-teressenkonflikt zu seinen Tätigkeiten als Geschäftsführer desMaschinenbauers SMS, eines Unternehmens, das Großkundeder DB-Tochter Schenker ist, und als Mitglied im Verwal-tungsrat des Bahnherstellers Bombardier Transportation?

Herr Weiss ist aus Sicht der Bundesregierung ein aus-gewiesener Experte mit hoher fachlicher Kompetenz.Die Bundesregierung geht von der Unabhängigkeit vonHerrn Weiss aus. Die Möglichkeit von Interessenkon-flikten ist in jedem Einzelfall vom Aufsichtsratsmitgliedselbst zu prüfen und anzuzeigen. Sollte bei einer Auf-sichtsratsentscheidung eine Interessenkollision auftre-ten, so hat der Mandatsträger die Pflicht, darauf hinzu-weisen, und darf bei der Entscheidung nicht mitwirken.

Anlage 9

Antwort

der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Fra-gen des Abgeordneten Dr. Matthias Miersch (SPD)(Drucksache 17/1107, Fragen 35 und 36):

Wie kann die Bundesregierung sicherstellen, dass der poli-tische Stellenwert von künftigen Kabinettsentscheidungenbzw. Vereinbarungen der Bundesregierung analog zu der überden Atomkonsens mit Folgewirkungen für Dritte nicht darun-ter leidet, dass die Inhalte der Vereinbarung zum Atomkon-sens aus dem Jahr 2000 trotz bereits eingetretener Folgewir-kungen für Dritte geändert werden sollen?

Wie kann die Bundesregierung sicherstellen, dass der öko-nomische Stellenwert von künftigen Kabinettsentscheidungenbzw. Vereinbarungen der Bundesregierung analog zu der überden Atomkonsens mit Folgewirkungen für Dritte nicht darun-ter leidet, dass die Inhalte der Vereinbarung zum Atomkon-sens aus dem Jahr 2000 trotz bereits eingetretener Folgewir-kungen für Dritte geändert werden sollen?

Die Bundesregierung hat die Kernenergievereinba-rung vom 11. Juni 2001 von Anfang an als eine rechtlichnicht verbindliche politische Vereinbarung im Sinne ei-nes Gentlemen Agreement eingestuft. Die Umsetzungder Vereinbarung erfolgte insbesondere durch eine Än-derung des Atomgesetzes, die 2002 in Kraft getreten ist.Wie jedes andere Gesetz kann auch das Atomgesetz ge-ändert werden. Der verfassungsrechtliche Grundsatz desVertrauensschutzes betrifft – unter bestimmten Voraus-setzungen – ausschließlich Gesetze mit rückwirkendenRegelungen.

Anlage 10

Antwort

der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf dieFragen der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/1107, Fragen 37und 38):

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010 3069

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Welche Personen nahmen an dem Ressortgespräch zurSchachtanlage Asse II teil, das am 10. Oktober 1995 vonsei-ten des Bundesministeriums für Bildung und Forschung,BMBF, und des Bundesministeriums für Umwelt, Natur-schutz und Reaktorsicherheit, BMU, auf Leitungsebene statt-fand – bitte alle Teilnehmer und Gesprächsort angeben –, undinsbesondere wer waren jeweils die ranghöchsten Teilnehmerseitens des BMBF, des BMU und gegebenenfalls auch seitensdes Bundeskanzleramtes?

Welche wesentlichen Entscheidungen wurden bei demBMBF-BMU-Ressortgespräch zur Schachtanlage Asse II am10. Oktober 1995 getroffen, und welche konkreten Asse-spe-zifischen Gegebenheiten wie beispielsweise Laugenzuflüssewurden dabei laut Aktenlage berücksichtigt?

Zu Frage 37:

Das Ressortgespräch zwischen dem BMBF und demBMU am 10. Oktober fand auf Staatssekretärsebenestatt. Die Staatssekretäre wurden durch die fachlich zu-ständigen Mitarbeiter begleitet. Das Bundeskanzleramtwar auf diesem Ressortgespräch nicht vertreten. Das Ge-spräch fand beim BMBF statt.

Zu Frage 38:

In dem Ressortgespräch zwischen dem BMBF unddem BMU am 10. Oktober 1995 wurde vereinbart, denBetreiber Schachtanlage Asse (GSF) zu veranlassen, zü-gig die Erarbeitung eines Konzeptes zur Schließung derSchachtanlage Asse zu veranlassen. Für die anstehendenAufgaben zur Erarbeitung des Schließungskonzeptessollte eine Vereinbarung zur Betriebsbesorgung zwi-schen der Deutschen Gesellschaft zum Bau und Betriebvon Endlagern für Abfallstoffe mbH (DBE) und der GSFgeschlossen werden.

Die Erstellung eines Abschlussbetriebsplans solltenach Ansicht der beiden Ressorts unter besonderer Be-rücksichtigung der Asse-spezifischen Gegebenheiten er-folgen. Explizit sind hierbei die eingelagerten radioakti-ven Abfälle sowie die Beherrschung der Laugenzuflüssegenannt. Weiterhin herrschte Einigkeit zwischen den Res-sorts, dass das Schließungsverfahren für die Asse nachBergrecht durchzuführen sei, da die Asse kein Endlagernach § 9 a AtG sei.

Anlage 11

Antwort

der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Fragender Abgeordneten Ingrid Nestle (BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN) (Drucksache 17/1107, Fragen 39 und 40):

Stimmt die Bundesregierung der Auffassung des Bundes-ministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit,Dr. Norbert Röttgen, zu, dass bis 2050 annähernd eine Voll-versorgung mit erneuerbaren Energien angestrebt werden soll,und, wenn ja, werden die Annahmen zum Ausbau der erneu-erbaren Energien zum Beispiel in den Leitszenarien des Bun-desministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-heit für 2020 nach oben angepasst?

Stimmt die Bundesregierung vor dem Hintergrund derSchlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 29./30. Ok-tober 2009, die Treibhausgasemissionen für die EU bis 2050um 80 bis 95 Prozent zu reduzieren – das heißt, da ein Ein-wohner Deutschlands im Vergleich mit Einwohnern andererEU-Mitgliedstaaten etwa im oberen Drittel der Treibhausgas-

emissionen liegt, müsste Deutschland seine Treibhausgas-emissionen bis 2050 um mindestens 90 Prozent unter das Ni-veau von 1990 senken –, der Aussage zu, dass sowohl diebisherigen Erneuerbaren-Ziele der Bundesregierung als auchdie Entwicklung der erneuerbaren Energien in bislang von derBundesregierung vorgelegten Szenarien zum Ausbau der er-neuerbaren Energien mittel- und langfristig nicht ausreichen,um die oben genannten Klimaziele zu erreichen?

Zu Frage 39:

Die Bundesregierung will den Weg in das regenera-tive Zeitalter einschlagen. Ziel ist, dass die erneuerbarenEnergien den Hauptanteil an der Energieversorgungübernehmen. Noch in diesem Jahr wird die Bundesregie-rung im Rahmen des Energiekonzepts untersuchen, wieder Weg dahin am besten gestaltet werden kann. Bei derAktualisierung der im Auftrag des Bundesumweltminis-teriums erstellten Leitstudie zum Ausbau der erneuerba-ren Energien wird auf Kompatibilität mit den Eckpunk-ten des Energiekonzepts geachtet.

Zu Frage 40:

Die Bundesregierung erarbeitet derzeit ein Energie-konzept. Grundlage dafür werden Szenarien sein, die sichan der Zielsetzung orientieren, bis zum Jahr 2050 dieTreibhausgasemissionen um mindestens 80 Prozent unterdas Niveau von 1990 zu senken. Auf der Grundlage derSzenarien wird über Maßnahmen zur Zielerreichung ent-schieden, unter anderem auch über die Ausbauziele imBereich der erneuerbaren Energien. Detailliertere Unter-suchungen der erneuerbaren Energien, wie die Aktuali-sierung der Leitstudie zum Ausbau der erneuerbarenEnergien im Auftrag des Bundesumweltministeriums,werden dies berücksichtigen.

Anlage 12

Antwort

der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Fragedes Abgeordneten Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN) (Drucksache 17/1107, Frage 41):

Wie hoch ist der Anteil der zusätzlichen Forschungsausga-ben für erneuerbare Energien an dem gesamten Aufwuchs derForschungsausgaben im Bundeshaushalt 2010, und wie hochsind die im Einzelplan 16 vorgesehenen Forschungsausgabenfür die Fotovoltaik – Summe aus Investitionen und Zuschüs-sen – im Vergleich zum Haushaltsjahr 2009?

Wie bereits auf die schriftliche Frage Nr. 327 vom26. Februar 2010 geantwortet, sind für die Förderungvon Forschungsmaßnahmen der Bundesregierung fürden Bereich erneuerbare Energien im Bundeshaushalt2010 Ausgaben in Höhe von insgesamt 239,56 Millio-nen Euro vorgesehen.

Die Forschungsausgaben für die Photovoltaik betru-gen im Haushaltsjahr 2009 32,9 Millionen Euro. Für dasHaushaltsjahr 2010 sind 28,0 Millionen Euro vorgese-hen. Die Aufteilung der Mittel ist unverbindlich. Nachderzeitiger Planung ist aber davon auszugehen, dass dasVorjahresniveau überschritten wird. Da die Förderungals Zuwendung gewährt wird, die qualifizierte Anträge

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3070 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010

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voraussetzt, ist eine konkrete Vorhersage für das Haus-haltsjahr 2010 nicht möglich.

Anlage 13

Antwort

der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Fragedes Abgeordneten Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN) (Drucksache 17/1107, Frage 42):

Wie viele Anträge auf Förderung nach dem Marktanreiz-programm – bitte genaues Fördervolumen angeben – liegenderzeit beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrollevor – bitte aufschlüsseln nach dem Restkontingent aus 2009und den neuen Anträgen seit Jahresbeginn 2010 –, und wannwird das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz undReaktorsicherheit die Aufhebung der gerade beschlossenenHaushaltssperre für das MAP beantragen müssen, um einevorzeitige Erschöpfung der Mittel mit dem damit verbunde-nen Markteinbruch für regenerative Heizungssysteme zu ver-meiden?

Beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle(BAFA) liegen derzeit insgesamt 44 480 noch zu beschei-dende Anträge auf Förderung in einem Fördervolumenvon 86,2 Millionen Euro vor. Davon wurden 22 340 An-träge mit einem Fördervolumen von 47,5 Millionen Euroim Jahr 2009 und 22 140 Anträge in einem Fördervolu-men von 38,7 Millionen Euro im Jahr 2010 gestellt. Diequalifizierte Haushaltsperre wurde aufgrund unsichererEinnahmeerwartung bei den mit 815 Millionen Euro ver-anschlagten Einnahmen aus der Veräußerung von Emis-sionszertifikaten ausgebracht. Die Aufhebung der Sperrekann dann beantragt werden, wenn die Entwicklung derEinnahmen eine entsprechende Einnahmehöhe für dasJahr 2010 erwarten lässt. Hierfür lässt sich ein Zeitpunktnoch nicht angeben.

Anlage 14

Antwort

der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Fragedes Abgeordneten Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN) (Drucksache 17/1107, Frage 43):

Was unternimmt die Bundesregierung gegen die wach-sende Planungsunsicherheit in der KWK-Branche – KWK:Kraft-Wärme-Kopplung – aufgrund der Haushaltssperre imMarktanreizprogramm und mit den dadurch zu rechnendenKürzungsplänen des erfolgreichen Impulsprogramms zur För-derung von Mini-KWK-Anlagen?

Die Nationale Klimaschutzinitiative unterstützt ausMitteln des MAP-Titels verschiedene klimaschützendeMaßnahmen zur Steigerung der Energie- und Ressour-ceneffizienz, unter anderen auch Mini-KWK-Anlagen.Mit den bereits bewilligten Anträgen wird das zugeteilteBudget für das Impulsprogramm zur Förderung vonMini-KWK-Anlagen der Nationalen Klimaschutzinitia-tive des BMU für das Jahr 2010 voll ausgeschöpft. EineUmschichtung des Budgets zulasten anderer Maßnahmender Nationalen Klimaschutzinitiative oder des MAP istnicht vorgesehen, sodass für weitere Bewilligungen oderVerlängerungen von Bewilligungszeiträumen keine Mit-tel zur Verfügung stehen. Generell werden Mini-KWK-

Anlagen aber auch von der Förderung nach dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz begünstigt.

Anlage 15

Antwort

des Parl. Staatssekretärs Dr. Helge Braun auf die Fragedes Abgeordneten Memet Kilic (BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN) (Drucksache 17/1107, Frage 44):

Was wird die Bundesregierung konkret gegen die Un-gleichverteilung von Bildungschancen und -möglichkeiten beiKindern mit Migrationshintergrund unternehmen?

Von Bildungsarmut sind Kinder und Jugendliche mitMigrationshintergrund besonders stark betroffen. Heutehaben bei den Kindern unter fünf Jahren bereits 33 Pro-zent einen Migrationshintergrund. Aufgrund der demo-grafischen Entwicklung wird dieser Anteil in den kom-menden Jahren weiter ansteigen. Deshalb stehen Kinderund Jugendliche mit Migrationshintergrund in besonde-rer Weise im Fokus der Anstrengungen, die die Bundes-regierung zur Bekämpfung von Bildungsarmut und zurHerstellung von mehr Bildungsgerechtigkeit unter-nimmt. Durch Bildung Aufstiegs- und Teilhabechancenzu eröffnen – dieses Ziel hat für die Bundesregierunghöchste Priorität. Der Bund erhöht deshalb seine Ausga-ben für Bildung und Forschung bis 2013 um insgesamt12 Milliarden Euro. Der Zusammenhang von Bildungs-herkunft und Bildungserfolg muss so früh wie möglichaufgebrochen werden. Am besten gelingt dies durch lo-kale Initiativen, die mit den örtlichen Gegebenheitenvertraut sind und die Stärken und Schwächen aller Schü-lerinnen und Schüler kennen. Die Bundesregierung willdeshalb lokale Bildungsbündnisse an Grundschulen un-terstützen, die es an vielen Orten bereits gibt und diehäufig aus Schulfördervereinen heraus entstanden sind,in denen Eltern, Lehrerinnen und Lehrer zusammenar-beiten. Solche Bündnisse leisten soziale und pädagogi-sche Arbeit. Sie initiieren neue Formen der Zusammen-arbeit von Schulen, Eltern und gemeindlichem Umfeld,zum Beispiel durch Dolmetscherdienste gerade auch indie Gruppen von Eltern hinein, die in anderen Kulturenverwurzelt sind. Die Arbeit solcher Bündnisse wird derBund in dieser Legislaturperiode mit insgesamt einerMilliarde Euro unterstützen.

Die Bundesregierung fördert im Übrigen die Integra-tion von Migrantinnen und Migranten in Bildungspro-zessen bedarfsspezifisch in vielfältiger Weise, zum Bei-spiel durch Beratungs- und Unterstützungsangebote fürJugendliche mit Migrationshintergrund vor, währendund nach ihrer Ausbildung. An über 400 Standorten imganzen Bundesgebiet bieten Jugendmigrationsdienstefür junge Migrantinnen und Migranten bis zum 27. Le-bensjahr fachkundige und individuelle Hilfestellung amÜbergang von der Schule in den Beruf an, beraten Elternund kooperieren in örtlichen Netzwerken mit weiterenAkteuren.

Die Beauftragte der Bundesregierung für Migration,Flüchtlinge und Integration unterstützt seit Mai 2008 mitder „Aktion zusammen wachsen“ Projekte für Bildungs-und Ausbildungspatenschaften. Patinnen und Paten för-

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dern mit ihrem bürgerschaftlichen Engagement Kinderund Jugendliche mit Migrationshintergrund zum Bei-spiel beim Erlernen der deutschen Sprache oder beimÜbergang in die Ausbildung.

Anlage 16

Antwort

des Staatsministers Dr. Werner Hoyer auf die Fragen desAbgeordneten Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN) (Drucksache 17/1107, Fragen 45 und 46):

In welche Delegationen und aus welchen Gründen wurdeder Unternehmer Dr. Cornelius Boersch, mit dem Dr. GuidoWesterwelle im Jahr 2009 das Buch Summa summarum vonPolitik und Wirtschaft herausgegeben hat, bei Reisen desBundesministers des Auswärtigen seit dessen Amtsantritt ein-geladen?

Wer hat Dr. Cornelius Boersch für diese Delegation vorge-schlagen, und wie wurde dieser Vorschlag jeweils begründet?

Zu Frage 45:

Herr Dr. Cornelius Boersch hat den Bundesaußen-minister als Mitglied der Wirtschaftsdelegation auf zweiAuslandsreisen begleitet. Es handelt sich hierbei um a)die Reise Türkei/Saudi Arabien/Katar/Vereinigte Arabi-sche Emirate/Jemen und um b) die Reise Estland/Japan/China. Grundlage für die Mitreise innerhalb einer Wirt-schaftsdelegation sind jeweils die fachliche Expertiseund regionale Interessen.

Zu Frage 46:

Die Auswahl der mitreisenden Gäste wird nach einemeingespielten Verfahren, das im Auswärtigen Amt seitlängerem üblich ist, entschieden. Die Abteilung fürWirtschaft und nachhaltige Entwicklung hat die Auf-gabe, Vorschläge für die Teilnahme an der Wirtschafts-delegation vorzubereiten. Dazu werden unter anderemdie Deutschen Botschaften in den besuchten Länderneingebunden. Zudem werden die jeweiligen Wirtschafts-verbände angesprochen und ebenfalls um Vorschläge ge-beten. Gleichzeitig nutzt das Auswärtige Amt natürlichauch eigene Kenntnisse von Unternehmen, die sich imBereich der Außenwirtschaft besonders engagieren. Da-rüber hinaus gibt es eine Reihe von Initiativbewerbun-gen aus der Wirtschaft.

Es gibt also eine ganze Reihe von Quellen, die Grund-lage für eine solche Vorschlagsliste sein können. Diesewird von dem zuständigen Fachreferat erstellt. Sie wirdim Auswärtigen Amt mit anderen beteiligten Referatenabgestimmt, dann wird die Wirtschaftsdelegationslistevorgelegt. Die Entscheidungsgrundlage für die Mitreiseinnerhalb einer Wirtschaftsdelegation sind jeweils diefachliche Expertise und regionale Interessen.

Anlage 17

Antwort

des Staatsministers Dr. Werner Hoyer auf die Frage derAbgeordneten Ute Koczy (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN) (Drucksache 17/1107, Frage 47):

In welchem Zusammenhang steht dabei die Teilnahme desGeschäftsführers des Kernenergieunternehmens Areva NP,Ulrich Gräber, an der Delegation des Bundesministers desAuswärtigen bei dessen Lateinamerikareise im März 2010?

Die Mitreise von Herrn Gräber im Rahmen der Wirt-schaftsdelegation steht nicht im Zusammenhang mit ei-ner Zusage von Hermesbürgschaften.

Anlage 18

Antwort

des Staatsministers Dr. Werner Hoyer auf die Frage derAbgeordneten Agnes Malczak (BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN) (Drucksache 17/1107, Frage 48):

Aus welchen Gründen wurde die Künstlerin und das Bon-ner FDP-Mitglied, Nurten Schlinkert, in die Delegation desBundesministers des Auswärtigen bei seiner Reise in die Tür-kei im Januar 2010 eingeladen, und wer hat sie für die Teil-nahme vorgeschlagen (Financial Times Deutschland vom12. März 2010)?

Die Auswahl der mitreisenden Gäste wird nach einemeingespielten Verfahren, das im Auswärtigen Amt seitlängerem üblich ist, entschieden.

Das gilt auch für Sondergäste aus den Bereichen Kul-tur oder Sport, die seit Jahren zur Begleitung eingeladenwerden.

Dies galt auch für Frau Nurten Schlinkert beim Be-such in der Türkei.

Anlage 19

Antwort

des Staatsministers Dr. Werner Hoyer auf die Fragen derAbgeordneten Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN) (Drucksache 17/1107, Fragen 49 und 50):

Aus welchen Gründen wurde der Geschäftsführer RalfMarohn der Firma Far Eastern Fernost Beratungs- undHandels GmbH, an der auch der Bruder des Bundesministersdes Auswärtigen Anteilseigner ist, in dessen Delegation nachJapan und China im Januar 2010 eingeladen, und wer hat ihnfür diese Delegation vorgeschlagen?

Aus welchen Gründen hat das Auswärtige Amt eine Pres-semitteilung mit dem Briefkopf der Far Eastern Fernost Bera-tungs- und Handels GmbH veröffentlicht, in der der Ge-schäftsführer des Unternehmens auf seine Teilnahme an einerAsienreise des rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten KurtBeck verwies?

Zu Frage 49:

Die Auswahl der mitreisenden Gäste wird nach einemeingespielten Verfahren, das im Auswärtigen Amt seitlängerem üblich ist, entschieden. Die Abteilung fürWirtschaft und nachhaltige Entwicklung hat die Auf-gabe, Vorschläge für die Teilnahme an der Wirtschafts-delegation vorzubereiten. Dazu werden unter anderemdie Deutschen Botschaften in den besuchten Länderneingebunden. Zudem werden die jeweiligen Wirtschafts-verbände angesprochen und ebenfalls um Vorschläge ge-beten. Gleichzeitig nutzt das Auswärtige Amt natürlichauch eigene Kenntnisse von Unternehmen, die sich imBereich der Außenwirtschaft besonders engagieren. Da-

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rüber hinaus gibt es eine Reihe von Initiativbewerbun-gen aus der Wirtschaft, die berücksichtigt werden.

Es gibt also eine ganze Reihe von Quellen, die Grund-lage für eine solche Vorschlagsliste sein können. Diesewird von dem zuständigen Fachreferat erstellt. Sie wirdim Auswärtigen Amt mit anderen beteiligten Referatenabgestimmt, dann wird die Wirtschaftsdelegationslistevorgelegt.

Die Entscheidungsgrundlage für die Mitreise inner-halb einer Wirtschaftsdelegation sind jeweils die fachli-che Expertise und regionale Interessen.

Zu Frage 50:

Dem Auswärtigen Amt lagen zum fraglichen Zeit-punkt eine Reihe von Anfragen interessierter Medienvor. Aus diesem Grund hat das Auswärtige Amt einePressemitteilung des Unternehmens Far Eastern weiter-geleitet.

Anlage 20

Antwort

des Staatsministers Dr. Werner Hoyer auf die Fragen derAbgeordneten Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE)(Drucksache 17/1107, Fragen 51 und 52):

Welche Usancen und Regeln der Bundesregierung, auf diesich die Vizeregierungssprecherin am 12. März 2010 namensder Bundeskanzlerin berief – vergleiche unter anderem Süd-deutsche Zeitung vom 13. März 2010 –, hat der Bundesminis-ter des Auswärtigen bei der Auswahl von Unternehmern, dieihn bei seinen Auslandsreisen begleiten, zu beachten?

Welchen Handlungsbedarf erkennt die Bundesregierungangesichts der öffentlichen Debatten um die Mitnahme vonUnternehmern und anderen Gästen auf Auslandsreisen desBundesministers des Auswärtigen, um die Richtlinien, Usan-cen und Regeln, nach denen diese Mitreisenden ausgewähltwerden, so anzupassen, dass selbst der Anschein einer demo-kratieschädigenden Interessenkollision vermieden wird?

Zu Frage 51:

Die Reisen des Bundesaußenministers sind politischund oft kurzfristig veranlasst. Soweit Anlass und Um-stände der Reise die Mitnahme einer Wirtschaftsdelega-tion geraten erscheinen lassen, holt das Auswärtige Amtzunächst bei den zuständigen deutschen Auslandsvertre-tungen Empfehlungen ein, welche deutschen Unterneh-men im Gastland kommerzielle Interessen, zum Beispielkonkrete Projekte, verfolgen.

Zusätzlich werden einschlägig kompetente Wirt-schaftsverbände und -vereinigungen wie auch andere In-formationsquellen zu Rate gezogen. Für die Zusammen-setzung der Wirtschaftsdelegation ist wesentlich, welchewirtschaftlichen Interessen bestimmter Unternehmensre-präsentanten bestehen.

Außerdem wird angestrebt, auch mittelständische Un-ternehmen in der Delegation angemessen zu berücksich-tigen. Der vor diesem Hintergrund zusammengestellteVorschlag ist nach Entscheid durch die AmtsleitungGrundlage für die Einladungen zur Teilnahme an derReise.

Zu Frage 52:

Das in der Antwort auf Ihre erste Frage dargelegteVerfahren zur Zusammenstellung einer Wirtschaftsdele-gation bietet aus Sicht der Bundesregierung keinen An-lass, eine Interessenkollision zu vermuten.

Insofern erscheint es weder erforderlich noch zweck-mäßig, diese in der Vergangenheit bewährte Vorgehens-weise zu ändern.

Anlage 21

Antwort

des Staatsministers Dr. Werner Hoyer auf die Frage desAbgeordneten Dr. Hermann Ott (BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN) (Drucksache 17/1107, Frage 53):

Welche Teilnehmer vertraten bei den Veranstaltungen inder Villa Borsig in Berlin direkt oder indirekt Unternehmen,bei denen der jetzige Leiter der Arbeitseinheit 06 im Auswär-tigen Amt, Jörg Arntz, beschäftigt war?

Es war ein Vertreter einer großen deutschen Bank an-wesend. Herr Arntz hat bei diesem Institut von 1996 bis1998 eine Ausbildung absolviert.

Anlage 22

Antwort

des Staatsministers Dr. Werner Hoyer auf die Frage desAbgeordneten Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN) (Drucksache 17/1107, Frage 54):

Trifft es zu, dass der Bundesminister des Auswärtigen,Dr. Guido Westerwelle, zu „Berliner Abenden“ in der VillaBorsig den Showmaster Thomas Gottschalk, den Fußballtrai-ner Felix Magath, den Berlinale-Chef Dieter Kosslick, denVorstandsvorsitzenden der Deutschen Telekom AG RenéObermann und die TV-Moderatorin Sabine Christiansen ein-geladen hat, wie es die Süddeutsche Zeitung vom 4. März2010 berichtet hat, und welche Rolle spielen diese Persönlich-keiten in der Außenpolitik des Bundesministers?

Die „Berliner Abende“ in der Villa Borsig sind Teildes regelmäßigen Austauschs des Bundesministers desAuswärtigen und Stellvertreters der Bundeskanzlerin,Dr. Guido Westerwelle, zu aktuellen außen-, wirtschafts-und gesellschaftspolitischen Themen mit Vertretern ausDiplomatie, Politik, Wirtschaft und Medien.

Anlage 23

Antwort

des Staatsministers Dr. Werner Hoyer auf die Frage desAbgeordneten Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN) (Drucksache 17/1107, Frage 55):

Wie bewertet die Bundeskanzlerin die Zusammensetzungder Delegation, die Bundesminister Dr. Guido Westerwellebei seiner Lateinamerikareise im März 2010 begleitete?

Die Auswahl der mitreisenden Gäste wird nach einemeingespielten Verfahren, das im Auswärtigen Amt seitlängerem üblich ist, entschieden. Die Entscheidungs-grundlage für die Mitreise innerhalb einer Wirtschafts-

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(A) (C)

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delegation sind jeweils die fachliche Expertise und re-gionale Interessen.

Anlage 24

Antwort

des Staatsministers Dr. Werner Hoyer auf die Frage desAbgeordneten Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN) (Drucksache 17/1107, Frage 56):

Warum wurde in das Auswärtige Amt ein dritter beamteterStaatssekretär berufen, obwohl der jetzige Bundesminister desAuswärtigen und ehemalige Oppositonsführer auf der Grund-lage des Liberalen Sparbuchs seiner Partei vor der letztenBundestagswahl in jedem Bundesministerium die Streichungeines Staatssekretärspostens verlangt hatte?

Die Aufgabenwahrnehmung sowie die entsprechendeRessourcenausstattung im Auswärtigen Amt orientierensich an den politischen Prioritäten der Amtsleitung.

Die Anzahl der Staatssekretäre, die für die zielorien-tierte Wahrnehmung der Aufgaben des AuswärtigenAmts verantwortlich sind, sowie deren Aufgaben spie-geln diese Priorisierung wider.

Anlage 25

Antwort

des Staatsministers Dr. Werner Hoyer auf die Fragen desAbgeordneten Dr. Rolf Mützenich (SPD) (Drucksache17/1107, Fragen 57 und 58):

Welche Gründe hat die Bundesregierung, von der bisheri-gen Praxis einer Verlängerung des UNIFIL-Mandats umzwölf Monate abzuweichen und gegenüber dem von der Re-solution des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen gesetztenZeithorizont eine kürzere Frist für die deutsche Beteiligungfestzusetzen?

Hält die Bundesregierung die bisher erreichten Erfolge desEngagements der internationalen Gemeinschaft für hinrei-chend und selbsttragend, um eine unilaterale Reduzierung derUNIFIL politisch vertreten zu können, obwohl sie in ihremAntrag vom 18. November 2009 ausdrücklich darauf hin-weist, dass das Risiko eines erneuten bewaffneten Konflikts,nicht zuletzt angesichts innenpolitischer Spannungen im Liba-non und ungelöster regionaler Konflikte, mit Israel fortbe-steht?

Zu Frage 57:

Der Deutsche Bundestag hat dem Antrag der Bundes-regierung zur Beteiligung bewaffneter deutscher Streit-kräfte an der Interimstruppe der Vereinten Nationen inLibanon (UNIFIL) erstmals im September 2006 zuge-stimmt, das Mandat wurde bis zum 31. August 2007 er-teilt. Die erste Verlängerung des Bundestagsmandatserfolgte bis zum 15. September 2008, die zweite Verlän-gerung bis zum 15. Dezember 2009, die dritte Verlänge-rung schließlich bis zum 30. Juni 2010. Eine etabliertePraxis, nach der die UNIFIL-Mandate jeweils um zwölfMonate verlängert werden, gibt es nicht. Die Bundesre-gierung ist bestrebt, die Mandatsverlängerungen an poli-tische Erfordernisse anzupassen, dies schließt die Dauerder Mandate ein.

Zu Frage 58:

Grundsätzlich sind alle VN-Mitgliedstaaten aufgeru-fen, sich an UNIFIL zu beteiligen. Bei der deutschen Be-teiligung an UNIFIL handelt es sich um eine freiwilligeLeistung. Die Bundeswehr hat sich von Anfang an amUNIFIL-Flottenverband beteiligt. Die Deutsche Marinehat den Flottenverband seit Oktober 2006 in mehrerenZeitabschnitten für insgesamt 21 Monate geführt und da-mit seit 2006 den weitaus größten Beitrag zur maritimenOperation geleistet. Gemäß Antrag der Bundesregierungvom 18. November 2009 zur Fortsetzung der Beteiligungbewaffneter deutscher Streitkräfte an UNIFIL, dem derDeutsche Bundestag am 3. Dezember 2009 zugestimmthat, ist die Obergrenze der deutschen Beteiligung von1 200 auf 800 abgesenkt worden.

Mit dem im Bundestagsmandat festgelegten Rahmenvon 800 Soldatinnen und Soldaten ist die Deutsche Ma-rine in der Lage, die Aufgaben im Bereich der Sicherungder seeseitigen Grenze und der Ausbildungsunterstüt-zung für die libanesische Marine wahrzunehmen. Der-zeit sind circa 240 Soldatinnen und Soldaten im Einsatz.

Anlage 26

Antwort

des Staatsministers Dr. Werner Hoyer auf die Frage desAbgeordneten Niema Movassat (DIE LINKE) (Druck-sache 17/1107, Frage 59):

Ist es zutreffend, dass es bei einem ressortübergreifendenTreffen einen internen Entscheid von Auswärtigem Amt,Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, Bundes-ministerium der Finanzen, Bundesministerium für Umwelt,Naturschutz und Reaktorsicherheit, Bundesministerium fürwirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und Bun-desministerium für Bildung und Forschung am 24. Februar2010 gab, das Thema der Kandidatur Deutschlands für einennichtständigen Sitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen– VN-SR-Kandidatur – zukünftig in allen Regierungsverhand-lungen mit Empfängerländern des Bundesministeriums fürwirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung aktiv anzu-sprechen und beispielsweise in einem direkten Zusammen-hang mit der Gewährleistung von Mitteln für Projekte zur Be-kämpfung des Klimawandels für südpazifische Inselstaatenund anderen Maßnahmen zum Thema „Erneuerbare Ener-gien“ für eine Reihe von Karibikstaaten zu diskutieren?

Zutreffend ist, dass am 24. Februar 2010 auf Einla-dung des Auswärtigen Amts eine Ressortbesprechungzum Thema Kandidatur Deutschlands für einen nicht-ständigen Sitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationenstattgefunden hat. Ziel war es, die beteiligten Ressortssieben Monate vor der Abstimmung in der Generalver-sammlung der Vereinten Nationen über den Stand derKandidatur zu unterrichten und eine gute gegenseitigeAbstimmung über Auslandsaktivitäten sicherzustellen.

Wie alle Staaten, die eine Wahl in den Sicherheitsratder Vereinten Nationen anstreben, argumentiert auchDeutschland bei der Wahlwerbung in den stimmberech-tigten Staaten unter anderem mit der Qualität der bilate-ralen Beziehungen. Die Wahlwerbung erfordert imWahljahr besondere Anstrengungen der gesamten Bun-desregierung und umfassende gegenseitige Unterrich-tung.

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Es trifft nicht zu, dass vereinbart wurde, die Kandi-datur in allen Regierungsverhandlungen des Bundes-ministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit undEntwicklung anzusprechen oder dieses Thema mit Part-nerländern in direktem Zusammenhang mit der Gewäh-rung von Mitteln für Projekte zu diskutieren.

Anlage 27

Antwort

des Staatsministers Dr. Werner Hoyer auf die Frage desAbgeordneten Niema Movassat (DIE LINKE) (Druck-sache 17/1107, Frage 60):

Was gedenkt die Bundesregierung bezüglich des Verdach-tes, dass es bei dem seit Mittwoch, dem 10. März 2010, herr-schenden Streik der Mitarbeiter von Subunternehmen desThyssenKrupp-Werkes in Sepetiba, TKCSA, Rio de Janeiro,Brasilien, aufgrund eines von TKCSA beauftragten Polizei-einsatzes zu mindestens einem Todesfall unter den Streiken-den und zu Verletzungen aufgrund von Schlägen kam, zuunternehmen, um den extraterritorialen StaatenpflichtenDeutschlands nachzukommen?

Bei dem mittlerweile beendeten Streik ging es um Ge-haltsverhandlungen bei Subunternehmen. Nach Kenntnisder Bundesregierung gab es hierbei keinen Konflikt zwi-schen den Streikenden und der Polizei und auch keinenTodesfall.

Anlage 28

Antwort

des Staatsministers Dr. Werner Hoyer auf die Fragen desAbgeordneten Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE)(Drucksache 17/1107, Fragen 61 und 62):

Wie wird die Bundesregierung der Aufforderung des Eu-ropäischen Parlaments (Entschließung vom 10. März 2010zur Umsetzung der Goldstone-Empfehlungen zu Israel-Paläs-tina – P7_TA-PROV(2010)0054), den Goldstone-Bericht„sorgfältig zu prüfen“, nachkommen?

Wird die Bundesregierung den Goldstone-Bericht demDeutschen Bundestag als offizielles Dokument der VereintenNationen zur parlamentarischen Behandlung weiterleiten?

Zu Frage 61:

Vorbemerkung: Die in Ihrer Frage genannte Ent-schließung des Europäischen Parlaments enthält keineAufforderung an die Bundesregierung, den Goldstone-Bericht „sorgfältig zu prüfen“.

In der Entschließung werden die Mitgliedstaaten auf-gefordert, öffentlich dafür einzutreten, dass die Empfeh-lungen des Berichtes umgesetzt werden, die Umsetzungder Empfehlungen aktiv zu überwachen und die Ergeb-nisse der Ermittlungen, zu denen der Bericht auffordert,zu überwachen.

Die Bundesregierung hat sich von Beginn an für eineangemessene und ausgewogene Behandlung des Gold-stone-Berichts eingesetzt und wird dies weiterhin tun.

Mögliche Verletzungen des Völkerrechtes müssensorgfältig untersucht und aufgearbeitet werden, Vorver-urteilungen und Versuchen der Instrumentalisierung

muss entgegengetreten werden. Es ist im Interesse derBeteiligten, die Vorwürfe rund um die Gaza-Offensivevollständig aufzuklären. Hierzu ist eine ernsthafte undsorgfältige rechtliche Aufarbeitung des Goldstone-Be-richts durch die Parteien selbst notwendig.

Dafür setzt sich die Bundesregierung auch hochran-gig ein. So hat sich der Bundesminister des Auswärtigen,Dr. Guido Westerwelle, gegenüber dem israelischen Au-ßenminister, Avigdor Lieberman, am 18. Januar 2010 imRahmen der deutsch-israelischen Regierungsverhand-lungen für geeignete Mechanismen zur Untersuchungeingesetzt.

Nach Auffassung der Bundesregierung ist der Men-schenrechtsrat der Vereinten Nationen als Auftraggeberdes Goldstone-Berichts das geeignete Gremium für dieweitere Befassung.

Deutschland ist im Sommer 2009 vorübergehend ausdem Menschenrechtsrat ausgeschieden und hat einenBeobachterstatus inne. Auch nach dem zeitlich begrenz-ten Ausscheiden wirkt Deutschland bei den Verhandlun-gen um die weitere Behandlung des Goldstone-Berichtesaktiv mit. In den EU-Koordinierungen nimmt Deutsch-land eine unverändert wichtige Rolle ein und bemühtsich um Herstellung einer einheitlichen Linie. Zudemäußert sich Deutschland zu Themen des Menschen-rechtsrates auch als Beobachter vor dem Plenum.

Zu Frage 62:

Der Goldstone-Bericht ist Ergebnis einer vom Men-schenrechtsrat der Vereinten Nationen mandatiertenUntersuchungskommission zur Frage von Menschen-rechtsverletzungen während des Gaza-Konfliktes im De-zember 2008 und Januar 2009.

Der Bericht wurde am 15. September 2009 veröffent-licht und in den Vereinten Nationen in New York vorge-stellt. Seither ist er innerhalb der Vereinten Nationen Ge-genstand der Befassung des VN-Menschenrechtsrates,des VN-Sicherheitsrates und der Generalversammlunggewesen.

Es handelt sich bei dem Bericht um ein öffentlich zu-gängliches Dokument der Vereinten Nationen, mit demsich der Deutsche Bundestag mehrfach beschäftigt hat.

Anlage 29

Antwort

des Staatsministers Dr. Werner Hoyer auf die Fragen derAbgeordneten Annette Groth (DIE LINKE) (Druck-sache 17/1107, Fragen 63 und 64):

Wie positioniert sich die Bundesregierung zu der Empfeh-lung des Goldstone-Berichtes an den Weltsicherheitsrat, einunabhängiges Expertengremium einzuberufen, um die israeli-schen und palästinensischen Untersuchungen zu kontrollie-ren?

Wie wird die Bundesregierung den Aufforderungen derResolution des Europäischen Parlaments vom 10. März 2010nachkommen, in dem die Mitgliedstaaten der EuropäischenUnion aufgefordert werden, sich für die Umsetzung der Emp-fehlungen des Goldstone-Berichtes einzusetzen?

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(A) (C)

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Zu Frage 63:

Der Goldstone-Bericht ist Ergebnis einer vom Men-schenrechtsrat der Vereinten Nationen mandatiertenUntersuchungskommission zur Frage von Menschen-rechtsverletzungen während des Gaza-Konfliktes im De-zember 2008 und Januar 2009.

Der Bericht wurde am 15. September 2009 veröffent-licht und in den Vereinten Nationen in New York vorge-stellt. Seither ist er innerhalb der Vereinten Nationen Ge-genstand der Befassung des VN-Menschenrechtsrates,des VN-Sicherheitsrates und der Generalversammlunggewesen. Die Bundesregierung hat sich von Beginn anfür eine angemessene und ausgewogene Behandlung desGoldstone-Berichts eingesetzt. Vorverurteilungen undVersuchen der Instrumentalisierung ist sie entgegenge-treten.

Nach Auffassung der Bundesregierung ist der Men-schenrechtsrat der Vereinten Nationen als Auftraggeberdes Goldstone-Berichts das geeignete Gremium für dieweitere Befassung. Entsprechend ist die Bundesregie-rung Bemühungen, andere Gremien mit dem Bericht zubefassen, von Anfang an entgegengetreten.

Es liegt im Interesse der Beteiligten, alle Vorwürferund um die Gaza-Offensive vollständig aufzuklären.Hierzu ist nach Auffassung der Bundesregierung eineernsthafte und sorgfältige rechtliche Aufarbeitung desGoldstone-Berichts durch die Parteien selbst notwendig.Dafür setzt sich die Bundesregierung auch hochrangigein. So hat sich der Bundesminister des Auswärtigen, Dr.Guido Westerwelle, gegenüber dem israelischen Außen-minister, Avigdor Lieberman, am 18. Januar 2010 imRahmen der deutsch-israelischen Regierungsverhand-lungen für geeignete Mechanismen zur Untersuchungeingesetzt.

Zu Frage 64:

In der Entschließung werden die Mitgliedstaaten auf-gefordert, öffentlich dafür einzutreten, dass die Empfeh-lungen des Berichtes umgesetzt werden, die Umsetzungder Empfehlungen aktiv zu überwachen und die Ergeb-nisse der Ermittlungen, zu denen der Bericht auffordert,zu überwachen. Die Bundesregierung hat sich von Be-ginn an für eine angemessene und ausgewogene Behand-lung des Goldstone-Berichts eingesetzt und wird diesweiterhin tun. Mögliche Verletzungen des Völkerrechtesmüssen nach Auffassung der Bundesregierung sorgfältiguntersucht und aufgearbeitet werden, Vorverurteilungenund Versuchen der Instrumentalisierung muss entgegen-getreten werden.

Es liegt im Interesse der Beteiligten, die Vorwürferund um die Gaza-Offensive vollständig aufzuklären.Hierzu ist eine ernsthafte und sorgfältige rechtliche Auf-arbeitung des Goldstone-Berichts durch die Parteienselbst notwendig. Dafür setzt sich die Bundesregierungauch hochrangig ein. So hat sich der Bundesminister desAuswärtigen, Dr. Guido Westerwelle, gegenüber dem is-raelischen Außenminister, Avigdor Lieberman, am18. Januar 2010 im Rahmen der deutsch-israelischen Re-gierungsverhandlungen für geeignete Mechanismen zurUntersuchung eingesetzt. Nach Auffassung der Bundes-

regierung ist der Menschenrechtsrat der Vereinten Natio-nen als Auftraggeber des Goldstone-Berichts das geeig-nete Gremium für die weitere Befassung.

Anlage 30

Antwort

des Staatsministers Dr. Werner Hoyer auf die Frage desAbgeordneten Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN) (Drucksache 17/1107, Frage 65):

Welche Gespräche führte die Bundesregierung mit der briti-schen und der niederländischen Regierung bezüglich der politi-schen Einigung über die Aufnahme von Beitrittsverhandlun-gen zwischen der EU und Island im Vorfeld des EuropäischenRates am 25. und 26. März 2010, und inwiefern beeinflusstder Konflikt der isländischen Regierung mit der britischenund der niederländischen Regierung über das Kreditabkom-men Icesave auch die Positionierung der Bundesregierunghinsichtlich der Entscheidung über die baldige Aufnahme vonBeitrittsverhandlungen mit Island?

Im isländischen Verhalten nach dem Zusammenbruchder insolventen Online-Bank Icesave wurde bislang keinVerstoß gegen den EWR-Acquis festgestellt. Die Bun-desregierung betrachtet daher – wie die EuropäischeKommission – die Icesave-Verhandlungen als bilateraleAngelegenheit zwischen Island einerseits und Großbri-tannien und den Niederlanden andererseits; sie verhältsich in der Icesave-Frage neutral.

Die Frage der Aufnahme von EU-Beitrittsverhand-lungen und die Lösung der Icesave-Frage sollten nichtmiteinander vermischt werden. Die Bundesregierung hatdaher im Vorfeld des Europäischen Rates auch keine Ge-spräche geführt, die eine solche Verbindung herstellen.

Anlage 31

Antwort

des Staatsministers Dr. Werner Hoyer auf die Frage derAbgeordneten Sevim Dağdelen (DIE LINKE) (Druck-sache 17/1107, Frage 66):

Wird die Bundesregierung angesichts der jüngsten und äu-ßerst brutal geführten Gefechte in der somalischen HauptstadtMogadischu, bei denen allen Seiten schwere Menschenrechts-verletzungen vorgeworfen wurden, zahlreiche Zivilistinnenund Zivilisten umkamen und vertrieben wurden und die soge-nannten somalischen Sicherheitskräfte, unterstützt durch US-Aufklärungsmittel, Seite an Seite mit der Sufi-Rebellen-gruppe Ahlu Sunna Waljamaca, ASWJ, gegen Anhänger deral-Shabaab kämpften, die weite Teile der Stadt und des Lan-des kontrollieren, anerkennen, dass in Somalia nach wie vorein Bürgerkrieg herrscht und sich eine einseitige Unterstüt-zung einer oder mehrerer Konfliktparteien durch die USA,Frankreich und die EU ebenso verbietet wie diejenige Äthio-piens und Eritreas, das deshalb mit Sanktionen belegt wurde,und wird sich die Bundesregierung deshalb dafür einsetzen,dass die Vorbereitungen für die EU-Trainingsmissionen in So-malia und Uganda, mit denen Angehörige einer Konfliktparteimilitärisch geschult werden sollen, unverzüglich eingestelltund das Mandat beendet wird?

Die Bundesregierung stellt nicht in Abrede, dass inSomalia Bürgerkrieg herrscht. Im Interesse einer Stabili-sierung der Sicherheitslage fördert sie den von den Ver-einten Nationen geleiteten, politischen Prozess. Er bin-det erfolgreich die wichtigen Gruppierungen und Clans

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3076 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010

(A) (C)

(D)(B)

Somalias ein. Nur islamistische Extremisten stehen weiter-hin abseits und bekämpfen die Übergangsregierung aktiv.Sie sehen sich als Teil des „internationalen Dschihad“und werden aus dem Ausland unterstützt.

Zum politischen Prozess gehört auch, die internatio-nal anerkannte Übergangsregierung Somalias in dieLage zu versetzen, ein Minimum an staatlicher Ordnungzu gewährleisten. Im Einklang mit den Anstrengungender Afrikanischen Union und gemeinsam mit den EU-Partnern wird die Bundesregierung an Maßnahmen fest-halten, die hierauf abzielen.

Anlage 32

Antwort

des Staatsministers Dr. Werner Hoyer auf die Frage desAbgeordneten Andrej Konstantin Hunko (DIE LINKE)(Drucksache 17/1107, Frage 67):

Wie bewertet die Bundesregierung ihren Beitrag zur Aus-bildung afghanischer Polizistinnen und Polizisten vor demHintergrund der Feststellung des Director of National Intelli-gence der USA, Dennis Blair, im aktuellen Annual Threat As-sessment vom 2. Februar 2010, die afghanische Polizei werdevon der dortigen Bevölkerung als gefährlicher wahrgenom-men als die Taliban?

Die statistischen Analysen, auf die sich die Bewer-tung des Direktors der Nationalen Nachrichtendiensteder USA gründet, liegen der Bundesregierung nicht vor.

Die Bundesregierung ist sich der Probleme innerhalbder afghanischen Polizei bewusst. Der mangelhafte Aus-bildungsstand und die hohe Korruptionsrate tragen in derTat zur Verunsicherung der Bevölkerung bei. Die über-spitzte Darstellung der afghanischen Polizei als Haupt-gefahrenquelle für die Bevölkerung wird jedoch nichtgeteilt. Insbesondere bestehen erhebliche regionale Un-terschiede in der Sicherheitswahrnehmung. Eine Reihevon Untersuchungen zeigen ferner, dass die Mehrheitder Bevölkerung die Arbeit der afghanischen Polizei beider Verbrechensbekämpfung durchaus differenziert be-trachtet, was der obigen Einschätzung (der Polizei alsGefahrenquelle) widerspricht.

Trotzdem bleibt festzuhalten, dass der Ausbildungs-stand und die Personalstärke der afghanischen Polizei– gemessen an ihren Aufgaben – zu gering ist. Vor die-sem Hintergrund bewertet die Bundesregierung ihrenBeitrag zur Ausbildung afghanischer Polizistinnen undPolizisten als weiterhin notwendig und sinnvoll.

Anlage 33

Antwort

des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Fragedes Abgeordneten Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE)(Drucksache 17/1107, Fragen 68):

Mit welchen Maßnahmen unterstützt der Bund die Vorbe-reitung und Durchführung – bitte einzeln, auch mit dem je-weiligen finanziellen Betrag, nennen – der Special OlympicsNational Games im Juni 2010 in Bremen sowie die SpecialOlympics National Winter Games im Februar/März 2011 inAltenberg/Sachsen?

Die beiden nationalen Sportveranstaltungen von Spe-cial Olympics Deutschland, die Sportorganisation fürMenschen mit mentaler Behinderung, werden aufgrundder verfassungsmäßigen Kompetenzverteilung zwi-schen dem Bund und den Ländern vom Bundesministe-rium des Innern und vom Bundesministerium für Fami-lie, Senioren, Frauen und Jugend nicht gefördert. DasBundesministerium für Arbeit und Soziales prüft zurzeitden Antrag von Special Olympics Deutschland, das ne-ben den Wettkämpfen laufende Gesundheitsprogramm„Healthy Athlets“ bei den Sommerspielen in Bremen zufördern.

Der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur undMedien fördert unter dem Aspekt der kulturellen Bildungdas Special Olympics Begleitprojekt „Bewegungskünst-ler“ in Bremen mit einem Betrag von 120 512,50 Euro.

Das Bundesministerium des Innern fördert im Übri-gen seit 1992 Special Olympics Deutschland. Die Förde-rung in den Jahren 2009 und 2010 setzt sich wie folgtzusammen: jährlich 75 000 Euro für Leistungssportper-sonal (Geschäftsführer (1/2 Stelle) und Sportdirektorin).Für die Entsendung zu den World Winter Games 2009 inBoise/ldaho/USA wurden insgesamt 240 000 Euro. Wei-tere 15 000 Euro für ein Internationales Volleyballturnierin Wilhelmsdorf/BW wurden bereitgestellt. Hinzu kom-men Entsendekosten zu den European Summer Games2010 in Warschau in Höhe von 90 000 Euro und zur Vor-bereitung auf die World Summer Games 2011 in Athenin Höhe von 92 500 Euro.

Anlage 34

Antwort

des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Fragedes Abgeordneten Dr. Ilja Seifer (DIE LINKE) (Druck-sache 17/1107, Frage 69):

Wie viele aktive Leistungssportlerinnen und -sportler– bitte differenziert nach männlich/weiblich sowie behindert/nichtbehindert nennen – sind bei obersten Bundesbehörden– mit Stand 31. Dezember 2009 – beschäftigt bzw. in einemAusbildungsverhältnis?

In der Spitzensportförderung von Bundespolizei,Bundeswehr und Zoll befanden sich zum Stichtag31. Dezember 2009 insgesamt 984 Sportlerinnen undSportler. Darunter befinden sich keine Spitzensportlerin-nen bzw. Spitzensportler mit Behinderung. Im Einzel-nen:

Geschäftsbereich (GB)

Anzahl gesamt weiblich männ-

lichBundespolizei(GB BMI) 155 59 96Bundeswehr(GB BMVg) 791 207 584Zoll Ski Team(GB BMF) 38 20 18Gesamt: 984 286 698

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010 3077

(A) (C)

(D)(B)

Im Übrigen gibt es keinen Gesamtüberblick über dieBeschäftigung aktiver Spitzensportlerinnen und Spitzen-sportler bei Obersten Bundesbehörden und ihren Ge-schäftsbereichen.

Zum genannten Stichtag waren insgesamt 5 Spitzen-sportler mit Behinderung in Obersten Bundesbehördeneinschließlich Geschäftsbereichen beschäftigt:

Die Vereinbarkeit einer Karriere als Spitzensportlermit schulischer und beruflicher Ausbildung sowie Be-rufsausübung (sogenannte Duale Karriere) wird ange-sichts der stark gestiegenen internationalen Konkurrenzund der damit verbundenen Professionalisierung auch imparalympischen Sport zunehmend erschwert. Auf Initia-tive des Bundesministers des Innern soll die Förderungder „dualen Karriere“ paralympischer Sportlerinnen undSportler – auch durch Unterstützung der Wirtschaft –kontinuierlich weiterentwickelt werden.

Anlage 35

Antwort

des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Fragedes Abgeordneten Andrej Konstantin Hunko (DIELINKE) (Drucksache 17/1107, Frage 70):

Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung darüber,von welchen Fluggesellschaften in Deutschland jeweils wel-che Datenkategorien im Rahmen des Abkommens über Passa-giernamensregister – PNR-Abkommen – mit den USA an dasUS-amerikanische Heimatschutzministerium übermittelt wer-den, und welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung da-rüber, an welche Behörden in den USA oder in Drittstaatendiese Daten weitergegeben werden?

Grundlage der Übermittlung von Fluggastdaten istdas Abkommen zwischen der Europäischen Union undden Vereinigten Staaten von Amerika über die Verarbei-tung von Fluggastdatensätzen (Passenger NameRecords – PNR) und deren Übermittlung durch die Flug-gesellschaften an das United States Department ofHomeland Security (DHS) (PNR-Abkommen 2007,ABI. EU L 204 vom 4. August 2007, Seite 18). Der Bun-destag hat am 20. Dezember 2007 das Gesetz zu demAbkommen vom 26. Juli 2007 zwischen der Europäi-schen Union und den Vereinigten Staaten von Amerikaüber die Verarbeitung von Fluggastdatensätzen (Passen-ger Name Records – PNR) und deren Übermittlungdurch die Fluggesellschaften an das United States De-partment of Homeland Security (DHS) (PNR-Abkom-men 2007) beschlossen (BGBl. 2007 II Seite 1978).

Anzahl gesamt weiblich männ-

lichBundesministerium des Innern (ein-schließlich GB) 4 1 3Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (GB) 1 - 1

Gesamt: 5 1 4

Danach stellt die Europäische Union sicher, dass Flug-gesellschaften, die Auslandspassagierflüge in die oderaus den Vereinigten Staaten von Amerika durchführen,die in ihren Buchungssystemen enthaltenen PNR-Datendem DHS zur Verfügung stellen. Die Datenarten, die vomDHS erhoben werden dürfen, sind in Abschnitt III desdem Abkommen als Anlage angefügten Schreibens derUSA an die EU (abgedruckt BGBl. 2007 II Seite 1982 ff.)in insgesamt 19 Kategorien dargestellt.

Die Weitergabe der Daten an Behörden in den USAoder in Drittstaaten ist in Abschnitt II des Schreibensdargestellt.

Anlage 36

Antwort

des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Frageder Abgeordneten Sevim Dağdelen (DIE LINKE)(Drucksache 17/1107, Frage 71):

Inwieweit teilt die Bundesregierung die Auffassung, dassRechtsextremismus und Rassismus, die laut Sächsische Zei-tung vom 4. März 2010 seit Oktober 1990 in Deutschland149 Menschen das Leben kosteten (www.sz-online.de), dieHauptgefahr für jedwede Demokratie sind, und steht nachAuffassung der Bundesregierung die Kriminalisierung zivil-gesellschaftlichen Engagements gegen Rechtsextremismusund Rassismus wie im Rahmen der Proteste gegen den ge-planten Aufmarsch von NPD und Pro NRW Ende März 2010in Duisburg in Form der Ermittlungen gegen Aktivisten desBündnisses „Duisburg stellt sich quer“ und „Marxloh stelltsich quer!“ wegen Aufrufen zur zivilgesellschaftlichen Ge-genwehr wie friedlichen Blockaden nicht im Widerspruch zurvon allen demokratischen Parteien geforderten Zivilcourageder Bürger gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antise-mitismus?

Nach Auffassung der Bundesregierung stellt jedeForm von politischem Extremismus und Rassismus perdefintionem eine Gefahr für die freiheitlich demokrati-sche Grundordnung dar. Entsprechend der Formulierungin der Koalitionsvereinbarung tritt sie daher Extremis-men jeder Art, seien es Links- oder Rechtsextremismus,Antisemitismus oder Islamismus, entschlossen entgegen.Dabei misst die Bundesregierung zivilgesellschaftlichemEngagement, das sich seinerseits an der Werteordnungunserer Verfassung orientiert, insbesondere die Spielre-geln einer demokratischen Gesellschaft im Umgang mitanderen politischen Meinungen achtet, große Bedeutungzu.

Ich bitte aber um Verständnis, dass die Bundesregie-rung schon mangels Zuständigkeit zu Maßnahmen derPolizeien der Länder sowie zu laufenden Ermittlungs-oder Strafverfahren grundsätzlich keine Stellung nimmt.

Stellung nehmen möchte ich jedoch zu der im Frage-text genannten Zahl der Todesopfer rechter Gewalt, zu-mal der Bund für die bundesweiten Zahlen der politischmotivierten Kriminalität zuständig ist. Vorweg: JederMensch, der infolge einer rechtsextremistischen TatSchaden an Leib oder gar Leben erlitten hat, ist ein Op-fer zu viel.

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3078 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010

(A) (C)

(D)(B)

Wie Sie der Antwort der Bundesregierung auf dieGroße Anfrage zu „Rechtsextreme Tötungsdelikte seit1990 und antisemitisch motivierte Schändungen jüdi-scher Friedhöfe seit 2000“ in der Bundestagsdrucksache16/14122 vom 7. Oktober 2009 entnehmen konnten, sindfür den Zeitraum vom 1. Januar 1990 bis zum 31. De-zember 2008 dem Bundeskriminalamt im Rahmen desKriminalpolizeilichen Meldedienstes – Politisch moti-vierte Kriminalität (KPMD-PMK) von den Ländern46 Todesopfer politisch rechts motivierter Gewalt ge-meldet worden. Leider ist für das Jahr 2009 noch einweiteres Todesopfer hinzugekommen, sodass seit 1990das Bundeskriminalamt 47 Todesopfer infolge rechterGewalt registriert hat. Die Gründe für von den polizeili-chen Zahlen abweichende Angaben anderer Stellen sindebenfalls in der bereits genannten Drucksache erläutertworden.

Anlage 37

Antwort

des Parl. Staatssekretärs Dr. Max Stadler auf die Frageder Abgeordneten Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN) (Drucksache 17/1107, Frage 72):

Welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, um dieAbschaffung der Bilanzierungspflicht für kleine Unternehmenim EU-Ministerrat zeitnah auf die Tagesordnung zu setzen,um eine Verabschiedung zu ermöglichen, und welche Maß-nahmen gedenkt sie zu unternehmen, falls die Verabschiedungder Initiative auf EU-Ebene scheitert oder langfristig verscho-ben wird, um kleine Unternehmen von der Bilanzierungs-pflicht zu entlasten, damit diese Bürokratiekosten einsparenkönnen?

Die Beratungen im Rat über den von Ihnen angespro-chenen Richtlinienvorschlag der Kommission zu Bilanz-erleichterungen für Kleinstunternehmen sind bislangdurch die Ablehnung einiger Mitgliedstaaten blockiertworden. Nach einem positiven Votum des EuropäischenParlaments Anfang März setzt sich die Bundesregierunginsbesondere bei der Kommission, dem spanischen Rats-vorsitz und Frankreich nachdrücklich für eine Weiter-führung der Verhandlungen im Rat unter Berücksichti-gung von Änderungsvorschlägen des EuropäischenParlaments ein. Dabei sind wir natürlich auch in ständi-gem Kontakt mit den anderen Befürwortern, insbeson-dere Großbritannien. Es ist derzeit aber noch nicht abzu-sehen, ob die Änderungsvorschläge des EuropäischenParlaments von den bislang ablehnenden Mitgliedstaatenals Basis für einen Kompromiss angesehen werden.

Die europarechtlich bislang bestehenden Möglich-keiten, kleinen Kapitalgesellschaften Bilanzierungser-leichterungen zu gewähren, werden in Deutschland voll-umfänglich ausgeschöpft. Auch im Rahmen der von derKommission für 2011 angekündigten grundlegenderenÜberarbeitung der Bilanzrichtlinien wird sich die Bun-desregierung für eine angemessene Ausgestaltung derBilanzierungspflichten von kleinen und mittelgroßenUnternehmen einsetzen, damit diese nicht mit unnötigenBürokratiekosten belastet werden.

Anlage 38

Antwort

des Parl. Staatssekretärs Dr. Max Stadler auf die Frageder Abgeordneten Katja Dörner (BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN) (Drucksache 17/1107, Frage 73):

Ist es zutreffend, dass sich die Bundesregierung auf Eck-punkte einer Reform des Sorgerechts bei unverheirateten El-tern – kein automatisches gemeinsames Sorgerecht ab Geburt,auf Antrag durch den Vater und Ablehnung nur bei Vorlagevon Beweisen gegen den Vater, beispielsweise Gewalt oderDrogensucht – geeinigt hat, wie dies im Focus vom 15. März2010 berichtet wird, und, wenn ja, auf welche Eckpunkte hatsich die Bundesregierung verständigt?

Es ist nicht zutreffend, dass sich die Bundesregierungbereits auf Eckpunkte einer Reform verständigt hat. Wiebereits anlässlich Ihrer mündlichen Frage vom 27. Ja-nuar 2010 dargelegt, gibt die Entscheidung des Europäi-schen Gerichtshofs für Menschenrechte Anlass, sehrsorgfältig zu prüfen, unter welchen Voraussetzungen le-dige Väter auch ohne zwingende Zustimmung der Mut-ter eine Möglichkeit bekommen sollen, ein gemeinsamesSorgerecht zu erhalten.

Anlage 39

Antwort

des Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Fragedes Abgeordneten Harald Koch (DIE LINKE) (Druck-sache 17/1107, Frage 74):

Welche kurzfristigen Maßnahmen bzw. Soforthilfen wirddie Bundesregierung zur Stärkung der vor dem Kollaps ste-henden kommunalen Finanzen ergreifen bzw. in die Wege lei-ten, weil die Kommission zur Reform der Gemeindefinanzenerst im Herbst 2010 ein Konzept erarbeitet haben soll?

Mit dem Beschluss des Bundeskabinetts vom 24. Fe-bruar 2010 zur Einsetzung einer Gemeindefinanzkom-mission hat die Bundesregierung auf die drängenden Fi-nanzprobleme der Kommunen reagiert. Die Finanz- undWirtschaftskrise hat gezeigt, dass das kommunale Fi-nanzsystem Schwächen aufweist. Deshalb ist eine grund-legende Befassung mit dem System der Gemeindefinan-zierung erforderlich. Die Kommission hat sich am4. März 2010 zu ihrer konstituierenden Sitzung getroffenund somit unverzüglich ihre Arbeit aufgenommen. Esgeht dabei um die Behebung struktureller Probleme. Er-gebnisse sollen bis Ende des Jahres erarbeitet werden.Dieser Zeitraum ist für die Beratungen auch erforderlich,wenn sachgerechte und tragfähige Lösungen und keine„Schnellschüsse“ präsentiert werden sollen.

Ich weise zudem darauf hin, dass die Kommunen ins-gesamt vor der Krise drei Jahre in Folge Überschüsse,zum Teil in Rekordhöhe, zu verzeichnen hatten, die eineAuffüllung der Rücklagen möglich machten.

Anlage 40

Antwort

des Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Fragedes Abgeordneten Harald Koch (DIE LINKE) (Druck-sache 17/1107, Frage 75):

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010 3079

(A) (C)

(D)(B)

Sieht die Bundesregierung die Gefahr, dass ein Teil derSteuerlasten auf die Bürgerinnen und Bürger abgewälzt wird,wenn – wie in der Gemeindefinanzkommission geprüft wer-den soll – die Kommunen als Ersatz für einen möglichenWegfall der Gewerbesteuer einen Zuschlag auf die Einkom-men- und die Körperschaftsteuerzahlungen ihrer Bürgerinnenund Bürger – bitte begründen – erheben dürfen?

Auftrag der Gemeindefinanzkommission ist es, diekommunalen Einnahmen und Ausgaben zu analysierenund Alternativen aufzuzeigen. Im Mittelpunkt der Kom-missionsarbeit steht der Prüfauftrag des Koalitionsver-trages.

Der Kommission gehören neben den Bundesminis-tern der Finanzen, des Innern und für Wirtschaft undTechnologie auch Finanz- und Innenminister der Ländersowie die kommunalen Spitzenverbände an. Es ist vor-gesehen, zu einvernehmlichen Lösungen zu gelangen.Den Ergebnissen der Kommission sollte daher nicht vor-gegriffen werden. Die von Ihnen angesprochene Fragewird sicherlich in der Kommission behandelt. Dabei giltes, die Interessen aller Steuerzahler zu berücksichtigen.

Anlage 41

Antwort

des Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Fra-gen der Abgeordneten Dr. Barbara Hendricks (SPD)(Drucksache 17/1107, Fragen 76 und 77):

Strebt die Bundesregierung ein gesetzliches Verbot von– ungedeckten – Leerverkäufen an?

Warum beurteilte die Bundesregierung, wenn sie ein Ver-bot von – ungedeckten – Leerverkäufen anstrebt, dann nochim Februar 2010 die Entscheidung der Bundesanstalt für Fi-nanzdienstleistungsaufsicht, diese Leerverkäufe wieder zuzu-lassen, als „sachgerecht“ (siehe die Antwort auf meine münd-liche Frage an die Bundesregierung, Plenarprotokoll 17/21,Anlage 29)?

Zu Frage 76:

Das Bundesministerium der Finanzen wird noch imApril den Entwurf eines Gesetzes vorstellen, das einVerbot ungedeckter Leerverkäufe enthält. Der Regie-rungsentwurf soll im Sommer 2010 vom Kabinett verab-schiedet werden.

Zu Frage 77:

Das von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungs-aufsicht erlassene Verbot ungedeckter Leerverkäufe warzeitlich befristet und ist auf der Grundlage von § 4Abs. 1 WpHG zur Beseitigung und Verhinderung vonMissständen erlassen worden. Vor dem Hintergrund derVerbesserung der Lage an den Finanzmärkten war essachgerecht, diese zur Bekämpfung von Missständen er-lassene, einschneidende Maßnahme nicht weiter zu ver-längern. Das geplante gesetzliche Verbot ungedeckterLeerverkäufe soll generell und nicht nur in den Fällengelten, in denen Anordnungen gemäß § 4 Abs. 1 WpHGgetroffen werden können.

Anlage 42

Antwort

des Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Frageder Abgeordneten Viola von Cramon-Taubadel(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/1107,Frage 78):

Hält die Bundesregierung angesichts des Grundsatzbe-schlusses der Eurogruppe vom 15. März 2010 über die techni-schen Einzelheiten einer Finanzhilfe für Griechenland das ak-tuelle Sparziel Griechenlands für den im Jahr 2009 offiziell6,605 Milliarden Euro starken griechischen Militärhaushaltfür ausreichend, und, wenn ja, wie begründet sie dies?

In den am 16. Februar 2010 im Rahmen des verschärf-ten Defizitverfahrens beschlossenen Empfehlungen for-derte der ECOFIN-Rat Griechenland zu umfassendenSparmaßnahmen zur Rückführung seines übermäßigenDefizits spätestens bis 2012 unter den Referenzwert von3 Prozent des BIP auf (Haushaltsdefizit 2009: – 12,7 Pro-zent). Die Ratsempfehlungen verlangen einen Defizitab-bau um 4-Prozent-Punkte des BIP für 2010. Vor diesemHintergrund kündigte Griechenland in seinem Stabilitäts-programm eine Reihe von Sparmaßnahmen an, die dieEinnahmen- und Ausgabenseite gleichermaßen betreffen.Laut Stabilitätsprogramm betragen die geplanten Einspa-rungen für 2010 im Militärbudget 457 Millionen Euro.Das griechische Parlament hat über das Stabilitätspro-gramm hinaus weitere Maßnahmen am 5. März 2010 ver-abschiedet.

Die Kommission hat diese Maßnahmen der GRC-Re-gierung als ausreichend bewertet, um das Erreichen desHaushaltsziels 2010 sicherzustellen. Auf ihrem Treffenam 15./16. März 2010 haben der Bundesfinanzministerund die anderen Finanzminister der Eurogruppe dieseMaßnahmen ausdrücklich begrüßt.

Anlage 43

Antwort

des Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Fragedes Abgeordneten Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/1107, Frage 79):

Wie positioniert sich die Bundesregierung gegenüber denForderungen des griechischen Regierungschefs GiorgosPapandreou, auf dem Europäischen Rat am 25./26. März 2010ein klares Votum zu finanziellen Hilfen für Griechenland ab-zugeben, und welche auf der innereuropäischen Solidaritätberuhenden Ideen wird die Bundesregierung zur Ausgestal-tung dieser Finanzhilfen gegenüber den übrigen Staats- undRegierungschefs anbringen?

Der Präsident des Europäischen Rates, Herman vanRompuy, hat das von Ihnen genannte Thema nicht fürdie Tagesordnung des Europäischen Rates am 25./26. März 2010 vorgesehen.

Anlage 44

Antwort

des Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Fragedes Abgeordneten Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/1107, Frage 80):

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3080 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010

(A) (C)

(D)(B)

Verfügen derzeit deutsche Finanzbehörden über Daten ausdem Datenbestand der HSBC Private Bank Suisse, der – nachMedieninformationen über einen ehemaligen Mitarbeiter derBank (Süddeutsche Zeitung vom 6. März 2010) – im Sommer2009 in den Besitz der französischen Behörden gelangte?

Deutsche Finanzbehörden verfügen derzeit noch nichtüber Daten aus dem genannten Datenbestand. Die deut-schen Finanzbehörden werden Daten oder Teilmengenvon Daten, die für Deutschland voraussichtlich erheblichsind, aufgrund der EU-Amtshilferichtlinie aus Frank-reich erhalten, sobald solche Daten bei der Auswertungdes Datenbestandes in Frankreich festgestellt werden.

Anlage 45

Antwort

des Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Fragedes Abgeordneten Christian Lange (Backnang) (SPD)(Drucksache 17/1107, Frage 81):

Nach welchem Prinzip werden die Kosten, die der nord-rhein-westfälischen Landesregierung durch den Ankauf derihr angebotenen sogenannten Steuersünder-CD angefallensind, auf andere oder alle Bundesländer verteilt, und ist derBundesregierung bekannt, ob sich Baden-Württemberg eben-falls an den Kosten beteiligt?

Der Bund hat NRW in Anlehnung an das Verfahrenbei der Liechtensteiner CD eine Beteiligung in Höhe von50 Prozent an der Zahlung zugunsten des Informantenzugesagt. Die verbleibenden Kosten tragen die Ländernach dem sogenannten Königsteiner Schlüssel. Ob sichdas Land Baden-Württemberg an dieses Verfahren hal-ten wird, ist der Bundesregierung zum gegenwärtigenZeitpunkt nicht bekannt.

Anlage 46

Antwort

des Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Fragedes Abgeordneten Christian Lange (Backnang) (SPD)(Drucksache 17/1107, Frage 82):

Ist der Bundesregierung bekannt, ob baden-württembergi-sche Strafverfolgungsbehörden Beamte der Steuerverwaltung,wenn sie die Daten der sogenannten Steuersünder-CD ver-wenden, strafrechtlich verfolgen werden?

Hierüber liegen der Bundesregierung keine Erkennt-nisse vor.

Anlage 47

Antwort

des Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Frageder Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE)(Drucksache 17/1107, Frage 83):

Hat die Bundesregierung von der französischen Justiz Da-ten über deutsche Steuerhinterzieher kostenlos angefordert,die diese im Zusammenhang mit der Übergabe von Datendurch den ehemaligen Informatiker der HSBC-Bank H. F. er-halten hat, und, wenn nein, warum nicht?

Die Bundesregierung hat von der französischen Justizkeine Daten über deutsche Steuerhinterzieher angefor-dert.

Sollte Frankreich wie auch andere Mitgliedstaaten derEuropäischen Union bei der Auswertung Daten oderTeilmengen dieser Daten, die für die Besteuerung inDeutschland voraussichtlich erheblich sein könnten,feststellen, dann ist Frankreich, wie auch jeder andereMitgliedstaat der Europäischen Union, entsprechend derEU-Amtshilferichtlinie verpflichtet, diese Daten unauf-gefordert an Deutschland zu übermitteln.

Anlage 48

Antwort

des Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Frageder Abgeordneten Dr. Barbara Höll (DIE LINKE)(Drucksache 17/1107, Frage 84):

Auf welchen Gesetzesnormen bzw. anderweitigen Normenberuht die Abführung eines pauschalen Einkommensteuerbe-trags in Höhe von 10 Prozent der Prämiensumme in Fällenwie beim Ankauf der Daten über potenzielle Steuerhinterzie-her durch das Land Nordrhein-Westfalen, und unter welchenUmständen unterliegt – bitte mit Angabe der Gesetzesnormenund der Fundstelle der entsprechenden Normen bzw. der Ver-einbarung – ein solcher Ankauf der Umsatzsteuer mit wel-chem Steuersatz?

Die Abführung eines pauschalen Steuerbetrags für diean Informanten gezahlten Vergütungen geht auf Verein-barungen der obersten Finanzbehörden des Bundes undder Länder aus dem Jahr 1963, zuletzt bestätigt im Jahr1998, zurück. Die umsatzsteuerliche Behandlung des An-kaufs hängt von den genauen Umständen des Einzelfallsab, deren Offenbarung aber gegen das Steuergeheimnisverstoßen würde. Genauere Angaben zur steuerlichen Be-handlung sind deshalb nicht möglich.

Anlage 49

Antwort

des Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Frageder Abgeordneten Dr. Barbara Höll (DIE LINKE)(Drucksache 17/1107, Frage 85):

Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung aus der Be-wertung der EU-Kommission zum Stabilitäts- und Konver-genzprogramm der Bundesrepublik Deutschland vom17. März 2010 vor dem Hintergrund der Äußerung durch dieEU-Kommission, dass der Konsolidierungspfad ab 2011durch keinerlei konkrete Maßnahmen gestützt werde, und wieviel Spielraum für steuerliche Mindereinnahmen durch dieEinführung eines Stufentarifs bei der Einkommensteuer siehtdie Bundesregierung vor diesem Hintergrund?

Der ECOFIN-Rat hat am 2. Dezember 2009 in seinenEmpfehlungen im Defizitverfahren gegenüber Deutsch-land gefordert, die konjunkturstimulierenden Maßnah-men in 2010 wie beabsichtigt durchzuführen, ab 2011 zukonsolidieren und das strukturelle Defizit um mindes-tens 0,5 Prozent des BIP durchschnittlich pro Jahr abzu-bauen. Bis 2013 läuft die Frist zur Rückführung desübermäßigen Defizits unter 3 Prozent des BIP. Die Vor-gaben im Defizitverfahren in Bezug auf Deutschland

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010 3081

(A) (C)

(D)(B)

sind in völliger Übereinstimmung zu den Vorgaben derdeutschen Schuldenbremse.

Im Rahmen des Defizitverfahrens muss Deutschlandbis zum 2. Juni 2010 über die Fortschritte bei der Umset-zung der Empfehlungen vom 2. Dezember 2009 berich-ten. Diese Halbjahresfrist ist im Stabilitäts- und Wachs-tumspakt festgelegt. In diesem Stabilitätsprogramm wardaher noch keine Konkretisierung der Konsolidierungs-maßnahmen gefordert.

Die neue mittelfristige Konjunkturprognose im Früh-jahr und die Steuerschätzung im Mai werden höhere Pla-nungssicherheit über die notwendigen Konsolidierungs-schritte geben. Wir werden sie vorlegen, sobald wir überden Entwurf für den Bundeshaushalt 2011 und den Fi-nanzplan bis 2014 verfügen.

Zur Frage nach den Steuerplänen hat die Bundesre-gierung wiederholt auf die Bedeutung der Steuerschät-zung im Mai hingewiesen.

Anlage 50

Antwort

des Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Frageder Abgeordneten Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN) (Drucksache 17/1107, Frage 86):

Welche konkreten Pläne zur Änderung der Dienstwagen-besteuerung verfolgt die Bundesregierung (siehe Focus vom6. März 2010), und wie bewertet sie die Auswirkungen dergeplanten Änderungen auf die Erreichbarkeit des von derBundesregierung beschlossenen Klimaschutzziels, die CO2-Emissionen bis 2020 um 40 Prozent zu senken?

Gegenstand des Koalitionsvertrages ist (Zeilen 195 ff.)„die Besteuerung von Jahreswagenrabatten für Mitarbei-ter zügig auf ein realitätsgerechtes Maß bringen; in die-sem Zusammenhang werden wir auch die Angemessen-heit der Besteuerung des geldwerten Vorteils aus derPrivatnutzung betrieblicher Fahrzeuge überprüfen“. DieBundesregierung wird dem Prüfauftrag im Koalitions-vertrag nachkommen. Derzeit stehen noch keine Ände-rungspläne hinsichtlich der Dienstwagenbesteuerungfest.

Anlage 51

Antwort

des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Otto auf dieFrage der Abgeordneten Viola von Cramon-Taubadel(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/1107,Frage 88):

Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung aus den Zah-len des jüngsten Berichts des Stockholmer Friedensfor-schungsinstituts SIPRI, nach denen Griechenland derzeit35 Prozent seiner Rüstungsgüter von deutschen Unternehmenbezieht, und wird sie, wie dies der Bundesminister des Aus-wärtigen, Dr. Guido Westerwelle, auf seiner Griechenland-reise am 2. Februar 2010 bereits getan hat, weiter für neueRüstungsgeschäfte werben?

Die Bundesregierung hat keine Kenntnis über denAnteil deutscher Rüstungsgüter an den aktuellen griechi-schen Rüstungsimporten. Die Exportzahlen, die das

schwedische Friedensforschungsinstitut SIPRI im März2010 veröffentlicht hat, beruhen auf einer eigenständi-gen Methodik, sodass sie sich für die Bundesregierungnicht nachvollziehen lassen.

Die Bundesregierung übt eine verantwortungsvollePolitik bei der Kontrolle von Rüstungsexporten aus. Sieentscheidet im jeweiligen Einzelfall nach einer sorgfälti-gen Prüfung unter Berücksichtigung aller vorliegendenUmstände. Grundlage dafür sind die Politischen Grund-sätze der Bundesregierung für den Export von Kriegs-waffen und sonstigen Rüstungsgütern aus dem Jahr 2000und der Verhaltenskodex der Europäischen Union vom8. Juni 1998 bzw. der entsprechende Gemeinsame Stand-punkt, der am 8. Dezember 2008 durch den Rat verab-schiedet wurde. Nach den Politischen Grundsätzen sindAusfuhren von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgü-tern in NATO-Länder und EU-Mitgliedstaaten grund-sätzlich nicht zu beschränken.

Die Bundesregierung weist die in der Frage enthal-tene Unterstellung zurück, dass der Bundesminister desAuswärtigen auf seiner Griechenlandreise am 2. Februar2010 für neue Rüstungsgeschäfte geworben habe.

Anlage 52

Antwort

des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Otto auf dieFrage des Abgeordneten Dr. Frithjof Schmidt (BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/1107, Frage 89):

Wie groß war der Weltmarktanteil Deutschlands im Be-reich Rüstungsexporte in den vergangenen fünf Jahren – bitteaufschlüsseln nach Jahreszahlen –, und wie erklärt die Bun-desregierung eventuelle Abweichungen zur neuen Erhebungdes Friedensforschungsinstituts SIPRI?

Eine belastbare Angabe zum Weltmarktanteil Deutsch-lands im Bereich Rüstungsexporte ist der Bundesregie-rung nicht möglich, da es keine weltweit gültigen, um-fassenden Standards zur Erfassung und Veröffentlichungvon Rüstungsexporten gibt. Die Bundesregierung infor-miert das Parlament über ihre Rüstungsexportpolitik indem jährlich erscheinenden Rüstungsexportbericht.

Die Erhebungen des FriedensforschungsinstitutsSIPRI zu den weltweiten Rüstungsexporten basieren aufbesonderen analytischen Methoden, die im SIPRI-Jahr-buch detailliert erläutert werden. SIPRI verwendet einenRüstungsgüterbegriff, der von den international verein-barten Kategorien zum Teil signifikant abweicht. Daherlassen die SIPRI-Angaben einen Vergleich mit den Er-gebnissen anderer Institute oder mit amtlichen Veröf-fentlichungen wie zum Beispiel dem EU-Jahresberichtnicht zu.

Anlage 53

Antwort

des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Otto auf dieFrage des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele (BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/1107, Frage 90):

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3082 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010

(A) (C)

(D)(B)

Inwieweit trifft zu, dass deutsche Unternehmen 2003 bis2005 ohne Beanstandung des Bundesamtes für Wirtschaft undAusfuhrkontrolle sogenannte Tetra-Technik sowie sensibleKrypto-Technik an das sudanesische Innenministerium liefer-ten (vergleiche ARD-Sendung Monitor vom 14. Mai 2009),und welche Hinweise hat die Bundesregierung darauf, dassdie Lieferungen durch den sudanesischen Geheimdienst indessen Zentrale in Khartoum verwendet werden?

Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse da-rüber vor, dass deutsche Unternehmen 2003 bis 2005 so-genannte Tetra-Technik sowie sensible Krypto-Technikan das sudanesische Innenministerium lieferten. DerBundesregierung liegen keine Hinweise vor, dass Liefe-rungen von Tetra-Technik sowie sensibler Krypto-Tech-nik aus Deutschland durch den sudanesischen Geheim-dienst in dessen Zentrale in Khartoum verwendet werden.

Anlage 54

Antwort

des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Otto auf dieFrage des Abgeordneten Hans-Josef Fell (BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/1107, Frage 91):

Befürwortet die Bundesregierung die Pläne der polnischenRegierung, den Bau von Atomkraftwerken in Polen zuzulas-sen, und schließt die Bundesregierung generell deutsche odereuropäische Finanzhilfen für polnische Atomkraftwerke aus?

Nach Auffassung der Bundesregierung steht es jedemStaat frei, über die Zusammensetzung seines Energiemi-xes einschließlich des Einsatzes der Kernenergie selbstzu entscheiden. Dies gilt auch für die Pläne Polens zurNutzung der Kernenergie.

Anträge auf Finanzhilfen für den Bau von Kernkraft-werken in Polen sind der Bundesregierung nicht be-kannt.

Anlage 55

Antwort

des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Otto auf dieFrage der Abgeordneten Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/1107, Frage 93):

Wie hoch sind jeweils die finanziellen Anfragen/Anträgefür Hermesbürgschaften im Bereich der Atomtechnologie, dieder Bundesregierung momentan vorliegen, und wann wird vo-raussichtlich darüber entschieden?

Derzeit liegen dem Interministeriellen Ausschuss fürExportkreditgarantien des Bundes keine weiteren Anfra-gen oder Anträge auf Übernahme einer Exportkreditga-rantie für Exporte von Nukleartechnologie vor. Aller-dings sind vier Anträge in Bearbeitung, bei denen es sichum Lieferungen für Kernkraftwerke in der RussischenFöderation und der Volksrepublik China handelt. DieAnträge betreffen insgesamt ein Volumen von rund50 Millionen Euro zu kurzfristigen Zahlungsbedingun-gen.

Es handelt sich um die Kernkraftwerke Leningrad-skaja 3 und Novovoronezhkaja 4 in Russland sowie umKernkraftwerke in Taishan und Hawei in China. DerZeitpunkt der Antragsentscheidung ist unbestimmt.

Anlage 56

Antwort

des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Otto auf dieFrage der Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch (DIELINKE) (Drucksache 17/1107, Frage 94):

Welche Delegationsreisen hat der Bundesminister fürWirtschaft und Technologie in dieser Wahlperiode durchge-führt, und wer gehörte zu den jeweiligen Delegationen?

Der Bundesminister für Wirtschaft und TechnologieRainer Brüderle hat in dieser Wahlperiode bisher zweiDelegationsreisen unternommen, und zwar vom 5. bis7. Dezember 2009 nach China und vom 18. bis 19. Fe-bruar 2010 nach Russland.

Auf der China-Reise wurde Bundesminister Brüderlebegleitet von vier Abgeordneten des Deutschen Bundes-tages, 14 Wirtschaftsvertretern und 25 Journalisten. Aufder Russland-Reise waren vier Wirtschaftsvertreter inder Delegation.

Anlage 57

Antwort

des Parl. Staatssekretärs Dr. Ralf Brauksiepe auf dieFrage der Abgeordneten Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/1107, Frage 95):

Welche Konsequenzen haben nach Auffassung der Bun-desregierung die von den Fraktionen der CDU/CSU und FDPbeschlossenen Haushaltssperren in Höhe von 300 MillionenEuro bei den Verwaltungskosten für die Durchführung derGrundsicherung für Arbeitsuchende und in Höhe von600 Millionen Euro bei den Leistungen zur Eingliederung inArbeit – unter Berücksichtigung der Szenarien der Bundes-agentur für Arbeit – im schlimmsten Falle auf die einzelnenTräger der Grundsicherung nach dem Zweiten Buch Sozialge-setzbuch, und wann legt die Bundesregierung ein Konzeptvor, mit dem die Aufhebung der Sperren veranlasst werdenkann, um so diese Konsequenzen so weit wie möglich dochnoch abzuwenden?

Für die Dauer der vom Haushaltsausschuss des Deut-schen Bundestages in seiner Bereinigungssitzung am4. März 2010 beschlossenen qualifizierten Sperrenkönnte das für das Jahr 2010 für die Durchführung desSGB II zur Verfügung stehende Verwaltungskostenbudgetvorerst nur in Höhe von 4,1 Milliarden Euro in Anspruchgenommen werden. Im Eingliederungsbudget wärendurch die Sperre zunächst nur 6,0 Milliarden Euro ver-fügbar. Die Grundsicherungsstellen partizipieren an diesenAnsätzen für Eingliederungsleistungen und Verwaltungs-kosten entsprechend den in der Eingliederungsmittelver-ordnung 2010 festgelegten Verteilschlüsseln. Nach diesenwären auch die gesperrten Beträge auf alle Grundsiche-rungsstellen umzulegen.

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gehtdavon aus, dass die Sperren zügig schon kurz nach In-krafttreten des Haushaltsgesetzes 2010 aufgehoben wer-den können. Es wird das vom Haushaltsausschuss gefor-derte Konzept, wie dies Bundesministerin Dr. von derLeyen bereits erklärt hat, bis April 2010 vorlegen. Damitwird sowohl den berechtigten Interessen arbeitsuchenderMenschen und der Grundsicherungsstellen als auch denInteressen des Haushaltsausschusses, der Arbeitnehmer

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010 3083

(A) (C)

(D)(B)

und der anderen Steuerzahler Rechnung getragen. ImLichte des beabsichtigten zügigen Entsperrungsverfah-rens erscheint es daher nicht opportun, eine umfangrei-che Vergleichsberechnung für die einzelnen Grundsiche-rungsstellen über potenzielle Auswirkungen der Sperrenvorzunehmen.

Anlage 58

Antwort

des Parl. Staatssekretärs Dr. Ralf Brauksiepe auf dieFrage der Abgeordneten Brigitte Pothmer (BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/1107, Frage 96):

Wie beurteilt die Bundesregierung die Wirkung des§ 421 q des Dritten Buches Sozialgesetzbuch, SGB III – Er-weiterte Berufsorientierung –, seit seiner Einführung, und be-absichtigt die Bundesregierung vor dem Hintergrund ihrer Bi-lanz, den § 421 q SGB III in identischer oder gegebenenfallsmodifizierter Form über den 31. Dezember 2010 hinaus zuverlängern?

Die bis Ende 2010 befristete Regelung zur Erweiter-ten Berufsorientierung hat sich nach Angaben der Bun-desagentur für Arbeit und Rückmeldungen aus der Pra-xis bewährt. Nach Auffassung der Bundesregierung sollsie deshalb in einem zukünftigen Gesetzgebungsvorha-ben der Bundesregierung verlängert werden.

Durch diese Regelung konnte insbesondere das Enga-gement der Länder, die großteils die 50-prozentige Ko-finanzierung leisten, deutlich vergrößert werden. DieVerlängerung entspräche den Intentionen von Koali-tionsvertrag, Ausbildungspakt und Qualifizierungsinitia-tive, in denen ein Ausbau der Berufsorientierung gefor-dert wird. Die Verlängerung wird es ermöglichen, dieWirkung über einen längeren Zeitraum besser beurteilenzu können und den für eine Evaluation erforderlichenzeitlichen Spielraum zu schaffen.

Anlage 59

Antwort

des Parl. Staatssekretärs Dr. Ralf Brauksiepe auf dieFrage der Abgeordneten Anette Kramme (SPD)(Drucksache 17/1107, Frage 97):

Wie steht die Bundesregierung zu in den Medien zitiertenPlänen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, nochim Mai 2010 die Liberalisierung des Arbeitsmarktes voranzu-treiben und die Befristung von Arbeitsverträgen zu erleich-tern, indem Unternehmen mehr Möglichkeiten eingeräumtwerden, Arbeitsverträge zeitlich zu begrenzen, ohne dafüreine juristisch überprüfbare Begründung liefern zu müssen,und würde die Bundesregierung solche Schritte unabhängigvon konkreten Plänen begrüßen, obwohl aktuelle Zahlen bele-gen, dass schon heute jeder zweite neu abgeschlossene Ar-beitsvertrag befristet ist und sich die Wissenschaft in weitenTeilen darin einig zeigt, dass die damit verbundene Unsicher-heit für die weitere Lebensplanung der Arbeitnehmer auchvolkswirtschaftlich kontraproduktive Effekte zeigt, da insbe-sondere die überdurchschnittlich häufig betroffenen jüngerenArbeitnehmer Konsumentscheidungen und Familienplanungzurückstellen und sich zudem die mit Befristungen meist ver-bundene geringere Motivation der Arbeitnehmer wiederumauf die Produktivität auswirkt?

Die Bundesregierung wird sachgrundlos befristeteEinstellungen erleichtern, wie es im Koalitionsvertragvom 26. Oktober 2009 vorgesehen ist. Die Begründungfür die geplante Maßnahme ist ebenfalls dem Koalitions-vertrag zu entnehmen.

Anlage 60

Antwort

des Parl. Staatssekretärs Dr. Ralf Brauksiepe auf die Fra-gen der Abgeordneten Dr. Eva Högl (SPD) (Drucksache17/1107, Fragen 98 und 99):

Aus welchen Gründen lehnt die Bundesregierung die vonder Europäischen Kommission für die neue Strategie „Europa2020“ vorgeschlagene Reduzierung der Armutsrisikoquote alsquantitatives Ziel in Europa ab, und wird die Bundesregierungdies auch beim Europäischen Rat am 25./26. März 2010 ver-treten?

Welches sind die Gründe dafür, dass die Bundesministerinfür Arbeit und Soziales, Dr. Ursula von der Leyen, als zustän-diges Mitglied der Bundesregierung auf diversen Veranstal-tungen zum Europäischen Jahr gegen Armut und soziale Aus-grenzung die Reduzierung und Verminderung von Armut alszentrales politisches Ziel herausstellt, aber im Rat für Be-schäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutzam 8. März 2010 dieses Ziel im Rahmen der Strategie „Eu-ropa 2020“ abgelehnt hat?

Zu Frage 98:

Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, dass diekünftige EU-2020-Strategie auch als weiterer Schritt zueiner nachhaltigen sozialen Marktwirtschaft begriffenwird, die dem sozialen Ausgleich und der Solidaritätverpflichtet ist. In der neuen Strategie soll aus Sicht derBundesregierung der Dreiklang aus wirtschaftlichem Er-folg, sozialem Zusammenhalt und ökologischer Verant-wortung weiter verfolgt werden.

Im Zuge dessen ist die Bekämpfung der Armut unddie Förderung der sozialen Teilhabe ein wesentlichesAnliegen der Bundesregierung. Die von der Europäi-schen Kommission ins Spiel gebrachte Armutsrisiko-quote ist jedoch keine geeignete Zielgröße zur Festle-gung von Fortschritten auf diesem Gebiet. DieArmutsrisikoquote ist eine reine Kennziffer für die Ein-kommensverteilung und liefert keine Information überindividuelle Bedürftigkeit im Sinne von Armut. Insbe-sondere steht sie in keinem Zusammenhang mit dem so-ziokulturellen Existenzminimum. Außerdem gehen ge-rade auf die Nachhaltigkeit der Armutsreduzierungzielende Sachleistungen nicht in die Berechnung ein.Die Armutsrisikoquote ist zudem eine sensible statisti-sche Größe. Unterschiede in der Datenbasis, bei der He-ranziehung unterschiedlicher Haushaltsgrößen sowieUnterschiede bei den Berechnungsmethoden könnengroße Auswirkungen haben.

Zu Frage 99:

Wie zu Frage Nr. 98 ausgeführt, ist die Bekämpfungder Armut und die Förderung der sozialen Teilhabe einwesentliches Anliegen der Bundesregierung. Daher be-teiligt sich die Bundesregierung nachdrücklich an dervon der EU-Kommission initiierten Kampagne zum Eu-

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3084 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010

(A) (C)

(D)(B)

ropäischen Jahr gegen Armut und soziale Ausgrenzung.Die Kampagne der Bundesregierung steht unter demMotto „Mit neuem Mut“ und zielt darauf ab, das Be-wusstsein für Armut und soziale Ausgrenzung sowie diegesellschaftliche Verantwortung zu schärfen. Das Bun-desministerium für Arbeit und Soziales, das in Deutsch-land die Durchführung des Europäischen Jahres 2010gegen Armut und soziale Ausgrenzung organisiert, hat40 Projekte ausgewählt, die in diesem Jahr von der EU-Kommission und dem Bund mit rund 1,4 Millionen Eurogefördert werden. Betroffenenvertreter, Verbände sowieLänder und Kommunen sind in die Aktion eingebunden.

Auch durch dieses Engagement stellt die Bundesre-gierung unter Beweis, dass sie sich mittels vieler einzel-ner praktischer Maßnahmen der Armutsbekämpfungwidmet. Wie unter Frage Nr. 98 deutlich gemacht, ist dieFestlegung einer Armutsrisikoquote hingegen kein ge-eignetes Mittel zur Armutsbekämpfung.

Anlage 61

Antwort

des Parl. Staatssekretärs Dr. Ralf Brauksiepe auf die Fra-gen der Abgeordneten Silvia Schmidt (Eisleben) (SPD)(Drucksache 17/1107, Fragen 100 und 101):

Wird die Bundesregierung bei der Erstellung eines Natio-nalen Aktionsplanes zur Umsetzung der UN-Behinderten-rechtskonvention die Abstimmung mit den Ländern suchen,und in welchen Artikeln der Konvention sowie Ressortberei-chen der Bundes- und Landesregierungen erkennt die Bundes-regierung insbesondere großen Abstimmungsbedarf mit denLändern?

Welche konkreten Maßnahmen wird die Bundesregierungergreifen, um die Assistenz für Eltern mit Behinderung zurErfüllung ihrer Erziehungspflichten als Leistungspflicht ein-zuführen bzw. klarzustellen, und wie wird die Bundesregie-rung insbesondere die Situation von Kindern mit psychischkranken Eltern verbessern?

Zu Frage 100:

Die Bundesregierung steht bei der Entwicklung einesAktionsplans zur Umsetzung der UN-Behindertenrechts-konvention in engem Kontakt zu den Ländern und wirddie Länder auch in den weiteren Entwicklungsprozessdes Aktionsplans einbeziehen. Gleichzeitig möchte dieBundesregierung die Länder anregen, eigene Aktions-pläne zur Umsetzung der Konvention zu initiieren, dieden Aktionsplan der Bundesregierung ergänzen.

Neben konkreten Maßnahmen und gesetzlichen Wei-terentwicklungen muss es bei der Entwicklung von Ak-tionsplänen auf den verschiedenen Ebenen vor allem da-rum gehen, das Leitbild der inklusiven Gesellschaft inder Lebenswirklichkeit zu verankern. Hierfür brauchenwir eine übergreifende gesellschaftspolitische Diskus-sion und eine Kultur des Denkens in gemeinsamer Ver-antwortung vonseiten aller Akteure.

Der Umfang des konkreten Abstimmungsbedarfszwischen Bund und Ländern wird sich insbesondere beider Entwicklung von Maßnahmen für die jeweiligen Ak-tionspläne im Laufe des Verfahrens zeigen.

Zu Frage 101:

Die 18. Gleichstellungs- und Frauenministerkonferenz(GFMK) hat eine Entschließung „Rechtsanspruch auf ,El-ternassistenz‘: Mütter und Väter mit Behinderungen beider Erfüllung ihres Erziehungsauftrages unterstützen“formuliert und diese der Arbeits- und Sozialministerkon-ferenz, ASMK, und der Jugend- und Familienminister(in-nen)konferenz, JFMK, übermittelt mit der Bitte, sich mitdem Thema zu befassen. Nachdem die 85. ASMK dasThema „Elternassistenz“ der Bund-Länder-Arbeitsgruppe„Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe“ zugewie-sen hat, befasst sich dort eine interkonferenzielle Unter-arbeitsgruppe auch mit diesem Thema. Die interkonferen-zielle Arbeitsgruppe, UAG V, „Sicherung der Teilhabevon Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen sowieRechtsanspruch auf Elternassistenz“ besteht aus Vertrete-rinnen und Vertretern der Arbeits- und Sozialminister-konferenz, der Kultusministerkonferenz, der Jugend- undFamilienministerkonferenz, der Gleichstellungs- und Frau-enministerkonferenz und des Bundes, BMAS, BMBF undBMFSFJ. Das Thema der sogenannten Elternassistenz istdort noch nicht abschließend behandelt worden. Dienächste Sitzung findet im April 2010 statt. Das Ergebnisder Unterarbeitsgruppe soll abgewartet werden.

Anlage 62

Antwort

des Parl. Staatssekretärs Dr. Ralf Brauksiepe auf dieFrage der Abgeordneten Sabine Zimmermann (DIELINKE) (Drucksache 17/1107, Frage 102):

Bis wann und zu welchen Konditionen wird die Bundesre-gierung das von ihr in Aussicht gestellte Gesetzgebungsver-fahren zur Entfristung der freiwilligen Weiterversicherung inder Arbeitslosenversicherung abschließen, um für die Betrof-fenen schnell Planungssicherheit herzustellen?

Die Bundesregierung prüft, ob die freiwillige Weiter-versicherung über den 31. Dezember 2010 hinaus fortge-führt werden soll. Bei dieser Prüfung wird sie auch diebisherigen Erfahrungen mit der freiwilligen Weiterversi-cherung berücksichtigen. Die Beratungen innerhalb derBundesregierung werden rechtzeitig abgeschlossen, umden bereits freiwillig weiterversicherten Personen unddenjenigen, die vor der Entscheidung stehen, sich frei-willig weiter zu versichern, Planungs- und Rechtssicher-heit bieten zu können.

Anlage 63

Antwort

des Parl. Staatssekretärs Dr. Ralf Brauksiepe auf dieFrage der Abgeordneten Sabine Zimmermann (DIELINKE) (Drucksache 17/1107, Frage 103):

Wie hat sich die Zahl der Personen entwickelt, die sich seit2006 selbstständig gemacht haben, bezogen auf die Herkunftaus Erwerbstätigkeit, dem Arbeitslosengeld-I-Bezug, dem Ar-beitslosengeld-II-Bezug und möglichen anderen relevantenBereichen, aus denen Menschen den Schritt in die Selbststän-digkeit machen – bitte die einzelnen Bereiche für einzelneJahre aufschlüsseln –, und plant die Bundesregierung, den

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010 3085

(A) (C)

(D)(B)

Kreis der Selbstständigen, die sich in der Arbeitslosenversi-cherung versichern können, über den derzeitigen Kreis hinauszu erweitern?

Statistische Daten, die in der gewünschten Detailtiefedanach differenzieren, aus welcher Situation herausMenschen eine Existenzgründung aufnehmen, liegen derBundesregierung nicht vor.

Der Gründungsstatistik lassen sich folgende allge-meine Daten über die Anzahl von Existenzgründungenentnehmen:

Quelle: IfM Bonn (Basis: Gewerbeanzeigenstatistik des StatistischenBundesamtes, ohne Angaben zu freiberuflich Selbstständigen)

Die Bundesagentur für Arbeit hat die Aufnahme einerselbstständigen Tätigkeit im Rechtskreis SGB III in denJahren 2006 bis 2009 wie folgt gefördert:

Es kann aus den Datensätzen der Bundesagentur fürArbeit keine Aussage über Arbeitslosengeldbezieher ge-troffen werden, die sich ohne Förderleistungen selbst-ständig machen.

Der nachfolgenden Tabelle lässt sich die Anzahl derArbeitslosengeld-II-Bezieher entnehmen, die durch den

Existenzgründungen

2006 471 200

2007 425 800

2008 399 400

geförderte Personen

2006 194 700

2007 125 000

2008 119 700

2009 135 000

Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende bei Auf-nahme der selbstständigen Tätigkeit gefördert wurden:

1 Vorläufige Daten der Bundesagentur für Arbeit, revidierte Datenwerden erst Ende April 2010 vorliegen.

Der Bundesregierung liegen keine Datensätze vor, dieArbeitslosengeld-II-Bezieher erfassen, die sich ohne dieFörderung mit Einstiegsgeld selbstständig machen.

Die in der Antwort zu Frage Nr. 102 genannte Prü-fung der Bundesregierung bezieht auch die Frage mitein, wie der zur freiwilligen Weiterversicherung berech-tigte Personenkreis zu bestimmen ist.

Anlage 64

Antwort

des Parl. Staatssekretärs Dr. Ralf Brauksiepe auf dieFrage des Abgeordneten Werner Dreibus (DIE LINKE)(Drucksache 17/1107, Frage 104):

Wie hat sich in den letzten zehn Jahren die Zahl der Solo-Selbstständigen entwickelt, und wie hat sich seit Einführungder Hartz-Gesetze die Zahl der Selbstständigen entwickelt,die aufstockende Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozial-gesetzbuch – bitte jeweils Jahreszahlen aufführen – beziehen?

Die amtliche Statistik der Bundesagentur für Arbeitdifferenziert nicht nach Solo-Selbstständigen und ande-ren Formen der Selbstständigkeit.

Die Anzahl der Selbstständigen, die aufstockendeLeistungen nach dem SGB II beziehen, können dernachfolgenden Tabelle entnommen werden.

geförderte Personen

2006 32 600

2007 30 000

2008 22 600

2009 19 7001

Selbstständig erwerbstätige Leistungsbezieher

Deutschland, West, Ost 2005 bis 2009

Monat(Daten für 2006 liegen nicht vor)

Selbstständig erwerbstätige Leistungsbezieher

Deutschland Westdeutschland Ostdeutschland

1 2 3

September 2005 47 522 26 450 21 071

September 2007 78 965 43 096 35 869

September 2008 100 442 52 819 47 623

September 2009 114 977 61 663 53 314

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3086 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010

(A) (C)

(B)

Anlage 65

Antwort

des Parl. Staatssekretärs Dr. Ralf Brauksiepe auf dieFrage des Abgeordneten Werner Dreibus (DIE LINKE)(Drucksache 17/1107, Frage 65):

Wie hat sich die Anzahl der Personen entwickelt, die ausder Erwerbstätigkeit, aus dem Bezug von ALG I und aus demBezug von ALG II – ALG: Arbeitslosengeld – eine Tätigkeitim Ausland aufgenommen haben, und wie viele davon fallenunter die Regelungen des § 28 a des Dritten Buches Sozialge-setzbuch?

Statistische Daten, die in der gewünschten Detailtiefedanach differenzieren, aus welcher Situation herausMenschen eine Tätigkeit im Ausland aufnehmen und zu-gleich unter die Regelung des § 28 a SGB III fallen, lie-gen der Bundesregierung nicht vor.

Der folgenden Statistik lässt sich entnehmen, wie vielAnträge auf ein Versicherungspflichtverhältnis nach§ 28 a SGB III von Arbeitnehmern, die im Ausland tätigsind, verteilt auf die Jahre 2006, 2007, 2008 und 2009gestellt wurden.

Anträge pro Jahr

2006 2007 2008 2009

Auslandsbeschäftigte gestellte Anträge bewilligte Anträge

1 678 1 445

2 478 2 187

2 776 2 474

3 382 2 967

(D)

Anlage 66

Antwort

des Parl. Staatssekretärs Dr. Gerd Müller auf die Frageder Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE)(Drucksache 17/1107, Frage 106):

Welche pflanzenartspezifischen Vorgaben zur guten fach-lichen Praxis gemäß der Gentechnik-Pflanzenerzeugungsver-ordnung wird die Bundesregierung rechtzeitig vor demBeginn des kommerziellen Anbaus der gerade neu zugelasse-nen gentechnisch veränderten Amflora-Kartoffel erlassen,und welche dieser Maßnahmen sind geeignet, die Schutzgütergemäß § 1 des Gentechnikgesetzes vor negativen Auswirkun-gen des Amflora-Anbaus zu schützen?

Bis zum Beginn des diesjährigen Anbaus, der sich auf20 Hektar an einem Standort in Mecklenburg-Vorpom-mern beschränken wird, wird die Bundesregierung keineÄnderung der Gentechnik-Pflanzenerzeugungsverordnungmit pflanzenartspezifischen Vorgaben für Kartoffeln er-lassen.

Folgende Regelungen sind bereits im Rahmen desBeschlusses der EU-Kommission und dessen Nebenbe-stimmungen zur Verhinderung eines unbeabsichtigtenVorhandenseins/Anbaus vorgesehen, die der Genehmi-gungsinhaber und anbauende Landwirte (Vertragsanbau)einzuhalten haben: die räumliche Trennung der gv-Stär-kekartoffel von nicht gv-Kartoffeln während Pflanzung,Aufwuchs, Ernte, Transport, Lagerung und Verarbei-tung, der Anbau von nicht gv-Kartoffeln ist im Folgejahrauf diesen Flächen nicht zulässig und die Flächen sindim Folgejahr auf Durchwuchs von Kartoffeln zu über-prüfen und möglicher Durchwuchs ist zu vernichten.

Der Genehmigungsinhaber ist verpflichtet, die Kar-toffeln ausschließlich an bestimmte Stärkeverarbeitungs-betriebe zur Verwendung im geschlossenen System zuliefern.

Weiterhin gelten die allgemeinen Bestimmungen desGentechnikgesetzes, insbesondere zur Haftung, und derGentechnik-Pflanzenerzeugungsverordnung (Koexistenzver-ordnung), in denen die notwendigen Koexistenzmaßnah-

men allgemein beschrieben werden. Der Entwurf einesAnhangs der Koexistenzverordnung für Kartoffeln ist inVorbereitung.

Die Überwachung der Einhaltung der Zulassungsbe-dingungen sowohl beim Anbau als auch beim weiterenInverkehrbringen fällt in die ausschließliche Kompetenzder Überwachungsbehörden der Länder.

Anlage 67

Antwort

des Parl. Staatssekretärs Dr. Gerd Müller auf die Frageder Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE)(Drucksache 17/1107, Frage 107):

Welche Chancen und Risiken sieht die Bundesregierung inder Zertifizierung der Bundesforstflächen nach FSC-Kriterien– FSC: Weltforstrat – vor dem Hintergrund, dass solche Über-legungen aktuell in der CDU-FDP-Landesregierung in Hessenfür die dortigen Landesforstflächen vorangetrieben werden?

Die Zertifizierbarkeit der Waldflächen des Bundesnach den Kriterien des FSC wurde in der 15. Legislatur-periode eingehend geprüft. Dabei hat sich herausgestellt,dass der weitaus größte Flächenteil, dies sind insbeson-dere militärisch genutzte Waldflächen, nicht nach denFSC-Kriterien zertifizierbar ist. Die Waldflächen, diekeiner derartigen Zweckbindung unterliegen und die bisdahin nicht von einem in Deutschland akkreditiertenZertifizierungssystem erfasst waren, wurden nach FSCKriterien zertifiziert. Dies entspricht einer Fläche vonrund 34 000 Hektar.

Anlage 68

Antwort

des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Fra-gen des Abgeordneten Burkhard Lischka (SPD)(Drucksache 17/1107, Fragen 108 und 109):

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010 3087

(A) (C)

(D)(B)

Ist es zutreffend, dass – wie Der Spiegel in seiner Ausgabe11/2010 berichtet – im Bundesministerium der Verteidigungeine Abteilung oder eine andere Organisationsstruktur – Refe-rat, Stabsstelle oder Ähnliches – eingerichtet worden ist odersich in Planung befindet, die sich um das Ansehen des Bun-desministers kümmern soll, und, wenn ja, wie viele Mitarbei-ter sind dort beschäftigt?

Mit welchen Aufgaben sind diese Mitarbeiter gegebenen-falls beauftragt, und welche Kosten verursacht diese Organi-sationseinheit?

Im Bundesministerium der Verteidigung ist keine Ab-teilung oder andere Organisationseinheit eingerichtetworden, die sich um das Ansehen des Ministers küm-mern soll. Es ist nicht geplant, eine solche einzurichten.

Anlage 69

Antwort

des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf dieFrage des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/1107,Frage 110):

Aus welchen Gründen wurden die Verhandlungen übernachhaltige Entschädigungen, die über die im Februar 2010geleistete „Winterhilfe“ für die Opfer bzw. Hinterbliebenendes Bombardements von Kunduz vom 4. September 2009durch Hilfspakete an Nahrung und Decken hinaus gewährtwerden sollen, und deren Abschluss seit über sechs Monatenimmer wieder hinausgeschoben, etwa indem vereinbarteTermine kurzfristig abgesagt werden, und welches Bundes-ministerium ist für die Verhandlungen, die Finanzierung, Ab-wicklung sowie eine etwaige Durchführung der einzelnen ge-planten Projekte – laut Presse unter anderem ein Waisenhaus,Milchviehfabrik – letztlich zuständig?

Im Rahmen der Gespräche des Bundesministeriumsder Verteidigung mit den Rechtsanwälten mutmaßlicherOpfer und Hinterbliebener des Luftangriffs der NATOvom 4. September 2009 wurde auf anwaltlichen Wunschlediglich ein Termin um zwei Tage verschoben. DasBundesministerium der Verteidigung hat einseitig keinenTermin abgesagt.

Die Federführung für die Gespräche über möglicheProjekte, die den Opfern und Hinterbliebenen in der Re-gion um Kunduz zugutekommen sollen, liegt beim Bun-desministerium der Verteidigung; es stimmt sich hierbeimit dem Auswärtigen Amt und dem Bundesministeriumfür wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklungab.

Anlage 70

Antwort

des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Fragedes Abgeordneten Dr. Frithjof Schmidt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/1107, Frage 111):

Treffen Medienberichte (Spiegel Online vom 18. März2010) über eine „Gruppe 85“ oder entsprechende Initiativenim Bundesministerium der Verteidigung zu, die den COMISAF-Bericht zu den Vorfällen in Kunduz „im deutschen Interessebeeinflussen“ sollten, und, falls ja, warum hat der Parlamenta-rische Staatssekretär beim Bundesminister der VerteidigungChristian Schmidt auf meine mündliche Frage – „Hat dieBundesregierung in irgendeiner Form Einfluss auf den Zeit-punkt der Veröffentlichung oder den Inhalt des COMISAF-

Berichtes über die Vorfälle am 4. September 2009 am Kun-duz-Fluss genommen?“; Bundestagsdrucksache 17/191, Fra-ge 26 – dies in seiner Antwort – „Das Bundesministerium derVerteidigung hat von Anfang an großes Interesse an einerSachverhaltsaufklärung durch COMISAF bekundet. Es hatsich erfolglos um die Herabstufung des durch die NATO ein-gestuften Berichtes bemüht“ – nicht erwähnt und dem Parla-ment insofern die Wahrheit vorenthalten?

Die Unterstellung, die Wahrheit sei zurückgehaltenworden, weise ich deutlich zurück.

Die von den Angehörigen dieser kleinen Arbeits-gruppe selbst so bezeichnete „Gruppe 85“ wurde in Ver-antwortung von Sts Dr. Wiehert am 9. September 2009eingerichtet. Sie hatte den Auftrag, die Situation im Um-feld der Ereignisse in Kunduz vom 4. September 2009zu prüfen und dahin gehend auszuwerten, dass das Bun-desministerium der Verteidigung auf den NATO-Ab-schlussbericht (sogenannter COMISAF-Bericht) reagie-ren kann.

Hierbei ist wichtig festzustellen, dass damit keine ei-gene nationale Untersuchung eingeleitet worden ist, son-dern nur die Begleitung, gegebenenfalls Unterstützungder ISAF-Untersuchung Ziel war. Daneben war es auchdas Ziel, die operativen Zusammenhänge, in denen sichdie Geschehnisse des 4. September 2009 ereignet haben,zusammenzutragen und darzustellen. Einer Analyse derSicherheitslage zum Zeitpunkt des Ereignisses kam undkommt hier entscheidende Bedeutung zu.

Die Gründung dieser Arbeitsgruppe durch Sts Dr.Wiehert ist auch im Zusammenhang mit dem als „Reise-bericht“ bekannten Anfangsbericht des sogenannten Ini-tial Action Teams zu sehen, der im Hinblick auf die Be-gleitung dieses Teams durch Medien nicht immer dieGewissheit gefördert hatte, dass eine vorzeitige, nichtauf der Kenntnis aller Fakten beruhende Bewertung aus-geschlossen war.

Nach den Informationsunsicherheiten der ersten Tagehatte sich das in meiner schriftlichen Antwort auf Ihremündliche Frage vom 16. Dezember 2009 genanntegroße Interesse des Bundesministeriums der Verteidi-gung an einer Sachverhaltsaufklärung durch COMISAFals richtig dargestellt. Die Existenz der „Gruppe 85“wurde auch nicht durch das BMVg zurückgehalten, son-dern schon sehr frühzeitig in der Öffentlichkeit bekanntgemacht. Der damalige Sprecher des Bundesministe-riums der Verteidigung, Dr. Thomas Raabe, hatte in derBundespressekonferenz vom 11. September 2009 mitge-teilt, dass ein eigenes Team aus verschiedenen Vertreternder verschiedenen Abteilungen im Haus zusammenge-stellt worden sei, das im Zusammenhang mit dem Reise-bericht des Initial Action Teams die Untersuchungen derNATO begleiten sollte. Dr. Raabe hat dann „begleiten“wie folgt definiert: „Wir tun das natürlich seriös und so,dass wir jederzeit Hilfestellung bieten können, wenn dieNATO das will. Das ist selbstverständlich.“

Hinsichtlich der Bewertung des COMISAF-Reportsdurch diese zwischenzeitlich nicht mehr existierende Ar-beitsgruppe sehe ich mich im Hinblick auf die nach wievor besehende Einstufung des COMISAF-Berichts alsGEHEIM an einer offenen vertieften Auswertung gehin-dert. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die ent-

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3088 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010

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sprechenden Einsichtnahmemöglichkeiten für Mitglie-der des Deutschen Bundestages, die bekannt sind. DieTatsache, dass sich in Medienberichten angebliche odertatsächliche Zitierungen aus diesem Bericht finden, än-dert nichts an der Behandlung des Berichts durch dieBundesregierung. Die Entscheidung über einen Zeit-punkt der möglichen Veröffentlichung des COMISAF-Berichts liegt ausschließlich und allein bei der NATO.Auf den Zeitpunkt der Veröffentlichung des Berichts istinsofern Einfluss genommen worden, als im Dezember2009 leider erfolglos versucht worden ist, diesen von derNATO eingestuften Bericht zu veröffentlichen, das heißtherabzustufen.

Hinsichtlich der konkreten Arbeitsweise, einschließ-lich der schriftlichen und mündlichen Kontakte von Mit-gliedern der sogenannten Gruppe 85 zur NATO, ver-weise ich auf das umfängliche Ablaufprotokoll derTätigkeit dieser Gruppe, das dem Untersuchungsaus-schuss übermittelt worden ist.

Anlage 71

Antwort

des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Frageder Abgeordneten Ute Kumpf (SPD) (Drucksache17/1107, Frage 112):

Wie plant die Bundesregierung die konkrete Ausgestal-tung der Verkürzung von Wehrpflicht und Zivildienst, die, wiemit dem offensichtlich mit dem Bundesministerium für Fami-lie, Senioren, Frauen und Jugend nicht abgestimmten Vorstoßdes Bundesministers der Verteidigung diese Woche angekün-digt, anders als im Koalitionsvertrag festgelegt, nicht erst zum1. Januar 2011, sondern für Zivildienstleistende schon zum1. August 2010 in Kraft treten soll, um das von Caritas, Dia-konie, Deutschem Rotem Kreuz und Paritätischem Wohl-fahrtsverband übereinstimmend angedrohte Chaos in den Ein-satzstellen zu verhindern, und durch welche Maßnahmen imAusbau der Freiwilligendienste will die Bundesregierung Pla-nungssicherheit und echte Alternativen für Einsatzstellen undJugendliche schaffen?

Der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDPfür die 17. Legislaturperiode gibt vor, dass die Koali-tionsparteien an der allgemeinen Wehrpflicht mit demZiel festhalten, die Wehrdienstzeit bis zum 1. Januar2011 auf sechs Monate zu reduzieren. Zum Zivildienstwird ausgeführt, dass sich in ihm die künftige Strukturder Wehrpflicht widerspiegeln wird.

Der Vertrag lässt den tatsächlichen Stichtag, zu demdie neue Regelung wirksam wird, ebenso offen wie dieFrage, wie der Übergang mit Blick auf diejenigenGrundwehrdienstleistenden zu gestalten ist, die zum1. Juli 2010 bzw. 1. Oktober 2010 einberufen werden.

Das „System W6“ muss zum 1. Januar 2011 funk-tionsfähig sein. Vor dem Hintergrund der notwendigenorganisatorischen Änderungen der Ausbildungsabläufe,die auch Vakanzen im Funktionsdienst verursachen wer-den, und den bisherigen Planungen auf der Grundlage ei-nes neunmonatigen Grundwehrdienstes ließen mit Blickauf die Einsatzfähigkeit aus Sicht des Bundesministe-riums der Verteidigung eine Umstellung der Grundwehr-

dienstdauer auf sechs Monate erst zum 1. Januar 2011wünschenswert erscheinen.

Die nunmehr gefundene Regelung ab 1. August 2010ist das Ergebnis eines Einvernehmens zwischen BMVgund BMFSFJ, das sowohl den Erfordernissen des Wehr-dienstes als auch des Zivildienstes Rechnung trägt. ImErgebnis wirkt sich die Regelung nur auf diejenigenWehrpflichtigen aus, die zum 1. Oktober 2010 zumGrundwehrdienst einberufen werden. Nach unseren Pla-nungen ist keine Einberufung von Wehrpflichtigen zwi-schen dem 1. August 2010 und dem 30. September 2010vorgesehen.

Mit der Einführung eines freiwilligen zusätzlichen Zi-vildienstes wird der Vorgabe aus dem Koalitionsvertrag,dass sich die künftige Struktur der Wehrpflicht auch imZivildienst spiegeln wird, Rechnung getragen sowie dieeinstimmige Prüfempfehlung der Kommission „Impulsefür die Zivilgesellschaft“ umgesetzt. Schon gegenwärtigexistieren frei vereinbarte kurzzeitige Anschlusstätigkei-ten an den Zivildienst in einer Vielzahl von Rechtsfor-men, die für die jungen Männer, aber auch für ihreDienststellen mit erheblichen Nachteilen verbundensind.

Mit der an den freiwilligen zusätzlichen Wehrdienstangelehnten Regelung dieses Gesetzes gestaltet derBund als Dienstherr in Erfüllung seiner besonderen Für-sorgepflicht den jungen Männern gegenüber auch denfreiwilligen zusätzlichen Zivildienst als öffentlich-recht-liches Dienstverhältnis, das es den Dienstleistenden er-möglicht, ihre Tätigkeit in der Dienststelle und denKompetenzerwerb des Lerndienstes über die Dauer vonsechs Monaten hinaus sozial abgesichert fortzuführen.Für den Zivildienstleistenden und seine Dienststelle be-steht ein weiterer Vorteil dieser Form der Anschlusstä-tigkeit darin, dass sie kein befristetes Arbeitsverhältnisnach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz ist.

Anlage 72

Antwort

des Parl. Staatssekretärs Dr. Hermann Kues auf dieFrage der Abgeordneten Caren Marks (SPD) (Drucksa-che 17/1107, Frage 113):

Welche Fragestellungen liegen den – von der Bundesre-gierung in ihrer Antwort zu Frage 14 der Kleinen Anfrage aufBundestagsdrucksache 17/714 angekündigten – laufendenUntersuchungen der Qualifizierung sowie der wirtschaftli-chen Situation von Tagespflegepersonen zugrunde, und inwelcher Form werden diese Untersuchungsergebnisse demBundestag vorgelegt werden?

Bund und Länder haben in der abschließenden Sit-zung der Arbeitsgruppe „Steuer- und sozialversiche-rungsrechtliche Behandlung der Geldleistungen für Kin-der in Kindertagespflege“ am 20. Mai 2008 inWiesbaden ein Gesamtpaket für die Kindertagespflegegeschnürt, um die durch die Besteuerung der Einkünfteaus öffentlicher Kindertagespflege ab dem Veranla-gungszeitraum 2009 folgenden Belastungen abzufedern.

Kern der Vereinbarung sind die inzwischen mit demKinderförderungsgesetz (KiföG) umgesetzten hälftigen

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010 3089

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Erstattungen angemessener Kranken- und Pflegeversi-cherungsbeiträge durch das Jugendamt, sodass Tages-pflegepersonen im Ergebnis sozialversicherungsrecht-lich wie Arbeitnehmer behandelt werden, und dieEinführung einer „leistungsgerechten Vergütung“.

Weiterhin wurde vereinbart, durch eine befristete Son-derregelung im Fünften Buch Sozialgesetzbuch (§§ 10und 240 SGB V) für die Ausbauphase bis Ende 2013 Ta-gespflegepersonen in der Regel in der Gesetzlichen Kran-kenversicherung pauschal als „nebenberuflich selbstän-dig“ einzustufen, was zu erheblichen beitragsrechtlichenErleichterungen führt.

Um sicherzustellen, dass nach Ende dieser Über-gangszeit Tagespflegepersonen wirtschaftlich in derLage sind, die regulären Krankenversicherungsbeiträgezu leisten, haben Bund und Länder weiterhin vereinbart,die wirtschaftliche Situation der Tagespflegepersonen zubeobachten. Die wirtschaftliche Situation von Tagespfle-gepersonen ist dabei nicht zu trennen von der Frage derQualifikation der Tagespflegepersonen, die im Rahmender „leistungsgerechten Vergütung“ berücksichtigt wer-den soll.

Da diese Fragen in der jährlichen Kinder- und Ju-gendhilfestatistik nicht hinreichend erfasst werden, hatder Bund zu diesem Zweck Zusatzerhebungen bei Ta-gespflegepersonen durchgeführt mit Fragen nach demQualifizierungshintergrund und den Einkünften. DieseZusatzerhebungen werden zurzeit ausgewertet und dem

Deutschen Bundestag im Rahmen des Berichts nach§ 24 a Abs. 5 SGB VIII vorgelegt.

Anlage 73

Antwort

des Parl. Staatssekretärs Dr. Hermann Kues auf dieFrage der Abgeordneten Katja Dörner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/1107, Frage 115):

Wann wird die Bundesregierung dem UN-Ausschuss fürdie Rechte des Kindes über den Generalsekretär der VereintenNationen zu den Maßnahmen Bericht erstatten, die sie zurVerwirklichung der UN-Kinderrechtskonvention getroffenhat, und ist eine Kenntnisnahme oder Befassung des Deut-schen Bundestages geplant?

Die Bundesrepublik Deutschland ist als Vertragsstaatdes Übereinkommens verpflichtet, in periodischen Ab-ständen dem VN-Kinderrechteausschuss Bericht zu er-statten. Die Vorlage des nächsten Staatenberichts stehtnach Abschluss des aufwendigen Beteiligungsverfahrensunmittelbar bevor.

Die Kabinettbefassung ist für April geplant. Bei derErarbeitung des Berichts sind, wie vom zuständigenAusschuss der Vereinten Nationen ausdrücklich ge-wünscht, auch Nichtregierungsorganisationen einbezo-gen worden.

Der Bericht wird den zuständigen Ausschüssen desDeutschen Bundestages zur Kenntnisnahme übersandtwerden.

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