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Gynäkologe 2012 · 45:406–408 DOI 10.1007/s00129-012-2951-7 Online publiziert: 6. April 2012 © Springer-Verlag 2012 T. Höhn Neonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin, Klinik für Allgemeine Pädiatrie und Neonatologie,   Heinrich-Heine-Universität, Düsseldorf Steroide zur  Lungenreifung bei  drohender Frühgeburt Änderung der Grenzwerte für  die RDS-Prophylaxe? Der Einsatz antenataler Steroide zur Prävention eines Atemnotsyndroms (RDS) bei Frühgeborenen hat sich von dessen Beginn in den 1970er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts bis heute langsam, aber kontinuierlich zur Standardtherapie entwickelt [1, 2]. Doch trotz dieser weiten Verbrei- tung sind zentrale Fragen dieser Prä- ventionsstrategie bis heute nicht ab- schließend beantwortet. So herrscht beispielsweise Uneinigkeit bezüg- lich der zu verwendenden Substanz [3], der Wiederholungsnotwendig- keit [4], der Wirkungsverteilung bei Mehrlingsschwangerschaften [5] und des Schwangerschaftsalters (wie früh sollten schon bzw. wie spät sollten noch Steroide verabreicht werden). Das letztgenannte Problem wird weltweit sehr unterschiedlich beantwortet. Die ak- tuellen AWMF-Leitlinien der DGGG, des Boards für Pränatal- und Geburtsmedizin und der DGPM geben sowohl einen Ges- tationsaltersbereich als auch ein Präparat vor: Schwangeren Frauen zwischen (23 + 5) 24 + 0 [ab Erreichen der Lebensfähigkeit] und 33 + 6 SSW mit drohender oder me- dizinisch indizierter Frühgeburt (Einlinge und Mehrlinge)….. 12 mg Betamethason i.m., nach 24 Stunden einmalige Wieder- holung mit 12 mg… [6]. Ähnlich sieht das britische RCOG den Sachverhalt: 1. Klini- ker sollten Frauen mit Frühgeburtsbestre- bungen zwischen 24 + 0 und 34 + 6 SSW einen einmaligen Zyklus antenataler Ste- roide anbieten. 2. Antenatale Steroide kön- nen für Frauen mit Frühgeburtsbestrebun- gen zwischen 23 + 0 und 23 + 6 SSW in Betracht gezogen werden. 3. Die Entschei- dung, Steroide vor 24 + 0 SSW anzubie- ten, sollte unter Einbeziehung aller klini- schen Aspekte auf erfahrenem Level getrof- fen werden [7]. Dabei zeigen sich offen- sichtlich zwei Unterschiede: Das RCOG erwähnt auch die Möglichkeit antenata- ler Steroide ab 23 + 0 SSW, der obere Ges- tationsaltersbereich der Empfehlung geht sogar bis 34 + 6 SSW. Etwas unterschied- lich wiederum die amerikanischen Emp- fehlungen: Schwangere zwischen 24 und 34 Gestationswochen, die ein Risiko haben in- nerhalb der nächsten 7 Tage zu entbinden, sollten einen einmaligen Zyklus Kortikoste- roide bekommen... Es gibt keine Daten zum Wirksamkeitsnachweis von Kortikosteroi- den vor Erreichen der Lebensfähigkeit (i. e. vor 24 abgeschlossenen SSW) und es wird nicht empfohlen [8]. Dies wiederum führt deutlich vor Augen, dass die Entschei- dung für eine antenatale Steroidgabe von der Perzeption der angenommenen Le- bensfähigkeit abhängt und damit im na- tionalen Vergleich starken Variationen unterworfen ist [9]. Zusätzlich kommt man in der Diskus- sion um antenatale Steroide um einen semantischen Aspekt nicht herum: Im deutschsprachigen Raum wird oft von der Lungenreifung gesprochen, was auch dem tierexperimentell nachgewiesenen Effekt entspricht. Allerdings wissen wir heute sehr gut, dass der Effekt auf die Lunge nur Teil eines allgemeinen Reifeschubs ist, der dazu führt, dass auch andere Komplika- tionen von Frühgeburtlichkeit, wie Mor- talität [10], Hirnblutung [11], offener Duc- tus arteriosus [12], nekrotisierende Ente- rokolitis [13], seltener auftreten. Konse- quent wäre es, das primäre Zielorgan aus der Begrifflichkeit zu entfernen und ledig- lich von einer Reifeinduktion oder Rei- fung zu sprechen. Problem In vielen Ländern werden Frühgeborene entsprechend dem nationalen Konsens erst ab 24 abgeschlossenen Schwanger- Gynäkologie aktuell Redaktion W. Janni, Düsseldorf R. Kimmig, Essen N. Maass, Aachen Infobox. Abkürzungen F ACOG: American College of Obstetricians  and Gynecologists F AWMF: Arbeitsgemeinschaft der Wissen- schaftlichen Medizinischen Fachgesell- schaften F DGGG: Deutsche Gesellschaft für Geburts- hilfe und Gynäkologie F DGPM: Deutsche Gesellschaft für Perina- tale Medizin F RCOG: Royal College of Obstetricians and  Gynaecologists F RDS: „Respiratory distress syndrome“  (Atemnotsyndrom) 406 | Der Gynäkologe 5 · 2012 Gynäkologie aktuell

Steroide zur Lungenreifung bei drohender Frühgeburt : Änderung der Grenzwerte für die RDS-Prophylaxe?

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Gynäkologe 2012 · 45:406–408DOI 10.1007/s00129-012-2951-7Online publiziert: 6. April 2012© Springer-Verlag 2012

T. HöhnNeonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin, Klinik für Allgemeine Pädiatrie und Neonatologie,  

Heinrich-Heine-Universität, Düsseldorf

Steroide zur Lungenreifung bei drohender FrühgeburtÄnderung der Grenzwerte für die RDS-Prophylaxe?

Der Einsatz antenataler Steroide zur Prävention eines Atemnotsyndroms (RDS) bei Frühgeborenen hat sich von dessen Beginn in den 1970er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts bis heute langsam, aber kontinuierlich zur Standardtherapie entwickelt [1, 2]. Doch trotz dieser weiten Verbrei-tung sind zentrale Fragen dieser Prä-ventionsstrategie bis heute nicht ab-schließend beantwortet. So herrscht beispielsweise Uneinigkeit bezüg-lich der zu verwendenden Substanz [3], der Wiederholungsnotwendig-keit [4], der Wirkungsverteilung bei Mehrlingsschwangerschaften [5] und des Schwangerschaftsalters (wie früh sollten schon bzw. wie spät sollten noch Steroide verabreicht werden).

Das letztgenannte Problem wird weltweit sehr unterschiedlich beantwortet. Die ak-tuellen AWMF-Leitlinien der DGGG, des Boards für Pränatal- und Geburtsmedizin und der DGPM geben sowohl einen Ges-tationsaltersbereich als auch ein Präparat vor: Schwangeren Frauen zwischen (23 + 5) 24 + 0 [ab Erreichen der Lebensfähigkeit] und 33 + 6 SSW mit drohender oder me-dizinisch indizierter Frühgeburt (Einlinge und Mehrlinge)….. 12 mg Betamethason i.m., nach 24 Stunden einmalige Wieder-holung mit 12 mg… [6]. Ähnlich sieht das britische RCOG den Sachverhalt: 1. Klini-ker sollten Frauen mit Frühgeburtsbestre-

bungen zwischen 24 + 0 und 34 + 6 SSW einen einmaligen Zyklus antenataler Ste-roide anbieten. 2. Antenatale Steroide kön-nen für Frauen mit Frühgeburtsbestrebun-gen zwischen 23 + 0 und 23 + 6 SSW in Betracht gezogen werden. 3. Die Entschei-dung, Steroide vor 24 + 0 SSW anzubie-ten, sollte unter Einbeziehung aller klini-schen Aspekte auf erfahrenem Level getrof-fen werden [7]. Dabei zeigen sich offen-sichtlich zwei Unterschiede: Das RCOG erwähnt auch die Möglichkeit antenata-ler Steroide ab 23 + 0 SSW, der obere Ges-tationsaltersbereich der Empfehlung geht sogar bis 34 + 6 SSW. Etwas unterschied-lich wiederum die amerikanischen Emp-fehlungen: Schwangere zwischen 24 und 34 Gestationswochen, die ein Risiko haben in-nerhalb der nächsten 7 Tage zu entbinden, sollten einen einmaligen Zyklus Kortikoste-roide bekommen... Es gibt keine Daten zum Wirksamkeitsnachweis von Kortikosteroi-den vor Erreichen der Lebensfähigkeit (i. e. vor 24 abgeschlossenen SSW) und es wird nicht empfohlen [8]. Dies wiederum führt deutlich vor Augen, dass die Entschei-dung für eine antenatale Steroidgabe von der Perzeption der angenommenen Le-bensfähigkeit abhängt und damit im na-tionalen Vergleich starken Variationen unterworfen ist [9].

Zusätzlich kommt man in der Diskus-sion um antenatale Steroide um einen semantischen Aspekt nicht herum: Im deutschsprachigen Raum wird oft von der

Lungenreifung gesprochen, was auch dem tierexperimentell nachgewiesenen Effekt entspricht. Allerdings wissen wir heute sehr gut, dass der Effekt auf die Lunge nur Teil eines allgemeinen Reifeschubs ist, der dazu führt, dass auch andere Komplika-tionen von Frühgeburtlichkeit, wie Mor-talität [10], Hirnblutung [11], offener Duc-tus arteriosus [12], nekrotisierende Ente-rokolitis [13], seltener auftreten. Konse-quent wäre es, das primäre Zielorgan aus der Begrifflichkeit zu entfernen und ledig-lich von einer Reifeinduktion oder Rei-fung zu sprechen.

Problem

In vielen Ländern werden Frühgeborene entsprechend dem nationalen Konsens erst ab 24 abgeschlossenen Schwanger-

Gynäkologie aktuell

RedaktionW. Janni, DüsseldorfR. Kimmig, EssenN. Maass, Aachen

Infobox. Abkürzungen

FACOG: American College of Obstetricians and Gynecologists

FAWMF: Arbeitsgemeinschaft der Wissen-schaftlichen Medizinischen Fachgesell-schaften

FDGGG: Deutsche Gesellschaft für Geburts-hilfe und Gynäkologie

FDGPM: Deutsche Gesellschaft für Perina-tale Medizin

FRCOG: Royal College of Obstetricians and Gynaecologists

FRDS: „Respiratory distress syndrome“ (Atemnotsyndrom)

406 |  Der Gynäkologe 5 · 2012

Gynäkologie aktuell

schaftswochen oder sogar später ver-sorgt und erhalten gemäß den vorliegen-den Empfehlungen antenatale Steroide . Die weltweite Einzigartigkeit der Situa-tion in Deutschland und in Österreich besteht darin, dass die AWMF-Leitlinien ein Entscheidungsfeld im Graubereich der Überlebensfähigkeit zwischen 22 + 0 und 23 + 6 SSW sehen [14]. Sollten sich also El-tern für eine maximale Therapie bei dro-hender Frühgeburt jenseits von 22 abge-schlossenen Schwangerschaftswochen entscheiden, wäre es für den betreuen-den Neonatologen paradox, nicht alles zur Optimierung der Ausgangssituation für dieses Frühgeborene getan zu haben, d. h. auch antenatale Steroide verabreicht zu haben.

Datenlage

An dem positiven Effekt antenataler Ste-roide auf den postnatalen Reifegrad der Lunge von Frühgeborenen gibt es keinen vernünftigen Zweifel [3, 15, 16], selbst die Bildgebung mittels Magnetresonanzto-mographie (MRT) kann dies bestätigen [17]. Zumindest tierexperimentell konnte gezeigt werden, dass diese Effekte zum Teil auch unabhängig von der verfügba-ren Surfactant-Gesamtmenge sind [18]. Dabei ist nicht entscheidend, ob Dexa-methason oder Betamethason zum Ein-satz kommen [3], auch wenn Betame-thason im klinischen Alltag entsprechend den nationalen Leitlinien häufig der Vor-zug gegeben wird. Zusätzlich finden sich für diese Präferenz Daten von Stabilisato-ren aus neuronalen Zellkulturexperimen-ten [19].

Eher klinisch relevant stellt sich die Frage nach der Effektivität antenata-ler Steroide bei Amnioninfektionssyn-drom dar. Je nachdem, ob histologische oder klinische Chorioamnionitis als Kri-terium herangezogen wurde, fanden sich signifikante Vorteile für verschiedene Endpunkte nach Gabe von Steroiden [20]. Dass ein kompletter Zyklus antenataler Steroide Vorteile hat gegenüber einem begonnen oder gar keinen Steroiden, legt nicht nur die klinische Erfahrung nahe, sondern ließ sich auch in einer monozen-trischen, retrospektiven Untersuchung zeigen [21]. Dementsprechend lässt sich der Effekt auf die Reduktion pulmonaler

Morbidität weiter senken, wenn im Ab-stand von 14 Tagen regelmäßig Steroide gegeben werden. Allerdings ist der Preis dafür eine reduzierte Gewichts-, Längen- und Kopfumfangszunahme und vor allem eine erhöhte Rate an Zerebralparesen in der repetitiven Behandlungsgruppe [22]. Deshalb enthält die RCOG-Empfehlung auch den Passus einer einmaligen Wie-derholung der Steroidgabe bei stattge-habter antenataler Steroidgabe vor 26 + 0 und einer später bestehenden geburtshilf-lichen Indikation zur Reifeinduktion [23]. Auch diese Indikation sollte auf entspre-chend erfahrenem Niveau gestellt werden.

Nun zur aktuell zentralen Frage des Zeitpunkts der ersten antenatalen Ste-roidgabe. Aus Untersuchungen an emb-

ryonalem bzw. fetalem menschlichen Ge-webe ist bekannt, dass im Alter zwischen 8 bis 12 SSW Glukokortikoidrezeptoren ex-primiert und entsprechend nachgewiesen werden können [24]. Ob allerdings eine Reifeinduktion mit antenatalen Steroiden in diesem Reifealter auch zu einem akze-lerierten Lungenwachstum führt, ist nicht bekannt. Für das Reifealter ab 23 + 0 SSW hingegen ist die Datenlage sehr different. In einer monozentrischen, retrospekti-ven Arbeit aus dem Jahr 2010 konnte ge-zeigt werden, dass in diesem Reifestadium durch antenatale Steroide sowohl Morta-lität als auch die Häufigkeit höhergradi-ger Hirnblutung gesenkt werden konn-ten [25]. Sollten werdende Eltern nach entsprechender Aufklärung über Risiken

Zusammenfassung · Abstract

Gynäkologe 2012 · 45:406–408   DOI 10.1007/s00129-012-2951-7© Springer-Verlag 2012

T. Höhn

Steroide zur Lungenreifung bei drohender Frühgeburt. Änderung der Grenzwerte für die RDS-Prophylaxe?

ZusammenfassungSeit fast 40 Jahren werden Steroide bei Schwangeren mit Frühgeburtsbestrebun-gen eingesetzt, nicht nur zur Induktion der Reifung der fetalen Lunge, sondern auch um Mortalität und Morbiditäten wie Hirn-blutung, offenen Ductus arteriosus und nekrotisierende  Enterokolitis zu reduzieren. Trotz dieser langen Geschichte sind noch viele  Detailfragen unbeantwortet, vor allem die Frage , ab welchem Gestationsalter ante-natale Steroide gegeben werden sollen. Mit-entscheidend dafür ist die regionale Strategie im Hinblick auf die Versorgung von sehr un-reifen Frühgeborenen und die lokalen Inter-

ventionsgrenzen bezüglich des Gestationsal-ters. Entsprechend sinnvoll erscheint es, da-für zu sorgen, dass zum Zeitpunkt der Ge-burt antenatale Steroide bereits verabreicht sind. Einschränkend bleibt allerdings zu ver-merken, dass für die Wirksamkeit antenataler Steroide vor 23 + 0 SSW keine zuverlässigen Daten vorliegen.

SchlüsselwörterSteroide · Nekrotisierende Enterokolitis ·  Respiratory-distress-Syndrom ·  Amnioninfektionssyndrom ·  Intrazerebrale Blutung

Steroids to mature fetal lungs in threatened preterm labor. Change in cutoff value for prevention of respiratory distress syndrome?

AbstractSteroids have been used for almost 40 years not only in order to induce fetal lung maturity , but also to reduce mortality and morbidities such as intraventricular hemor-rhage, patent ductus arteriosus, and necro-tizing enterocolitis. Despite this long history many questions remain unanswered, in par-ticular the question above which gestational  age antenatal steroids should be given. Es-sential are regional strategies regarding the provision of care of very immature preterm infants and local attitude towards the border-

line of viability. Wherever this cutoff may be, it appears reasonable to assure that a course of antenatal steroids has been completed by the time of birth. However, it needs to be em-phasized that there are no reliable data con-firming efficacy of antenatal steroids prior to 23 + 0.

KeywordsSteroids · Respiratory distress syndrome ·  Necrotizing enterocolitis · Amniotic infection syndrome · Cerebral hemorrhage

407Der Gynäkologe 5 · 2012  | 

und Chancen zu dem Schluss kommen, ab 22 + 0 SSW alles für ihr Kind tun zu lassen, sollte dieser Wunsch in Anlehnung an die AWMF-Leitlinien unterstützt wer-den [14]. In diesen Fällen kann es sinnvoll sein, auch ohne vorliegenden Wirksam-keitsnachweis dieser Präventionsmaßnah-me antenatale Steroide zu verabreichen.

The Düsseldorf „way of doing it“

Die Standardgabe von antenatalen Ste-roiden erfolgt mit 23 + 5 SSW. In Einzel-fällen und nach neonatologischem Konsil mit den betroffenen Eltern und im Kon-sens mit diesen kann eine antenatale Ste-roidgabe auch schon ab 23 + 0 SSW erfol-gen. Eine Boosterung in Anlehnung an die britischen Empfehlungen erfolgt nach primär vor der 26. SSW durchgeführter Reifung mittels einmaliger Betametha-son- bzw. zweimaliger Dexamethason-gabe vor Erreichen von 28 + 0 SSW und nur im Falle weiter bestehender Frühge-burtlichkeitsbestrebungen.

Fazit für die Praxis

FDie Anforderungen an so scheinbar einfache Fragen wie die der antenata-len Steroidtherapie sind vielschichti-ger und komplexer geworden. 

FIn diesem Sinne ist die Ausgangsfrage mit ja zu beantworten. 

FEine zunehmend bessere Datenlage  führt zu einer Individualisierung der jeweiligen Prognoseeinschätzung und Beratung der Eltern. 

FDas beginnt mit der Frage des Ge-schlechts des Feten [26], beinhaltet neben dem Faktor antenatale Ste-roide aber auch weitere Parameter wie Gestationsalter, Gewicht, Einling/Mehrling und Amnioninfektionssyn-drom [27]. 

FIn diesem Umfeld ist es nur folgerich-tig, auch die Frage des Zeitpunkts einer Reifeinduktion durch antena-tale Steroide zu einer individuellen Entscheidung zu machen. 

FDabei ist selbstverständlich ein ver-antwortungsvoller Umgang auf dem Boden der zentrumseigenen Daten Voraussetzung für eine adäquate Be-ratung der werdenden Eltern. 

FSolange die Gabe antenataler Stero-ide nicht als Verpflichtung gesehen wird, in jedem Fall eine Maximalthe-rapie zu betreiben, kann die Steroid-gabe als Optimierung der Bedingun-gen für den Fall der drohenden frü-hen Geburt betrachtet werden. 

FUnabdingbare Voraussetzung für eine angemessene Beratung der werden-den Eltern ist ohnehin eine sehr enge  Vernetzung von Geburtshilfe und Neonatologie. 

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. T. HöhnNeonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin, Klinik für Allgemeine Pädiatrie und Neonatologie, Heinrich-Heine-UniversitätMoorenstr. 5, 40225 Dü[email protected]

Interessenkonflikt.  Der korrespondierende Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Literatur

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408 |  Der Gynäkologe 5 · 2012

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