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Stickstoff und Phosphor in der aquatischen Umwelt W. Kinzelbach Grundzüge Wasserhaushalt

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Stickstoff und Phosphor in der aquatischen Umwelt

W. Kinzelbach

Grundzüge Wasserhaushalt

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Verhalten von N und P

• N als Nitrat gut löslich, mobil, Transport über Grundwasser und in Oberflächenabfluss

• P als Phosphat stark adsorbierend, Transport an Partikeln durch Erosion, kein Grundwasserpfad

• Nitrat unter anaeroben Bedingungen denitrifiziert, unter aeroben Bedingungen persistent

• Phosphat an Gewässersohle unter anaeroben Bedingungen freigesetzt, unter aeroben Bedingungen festgelegt

• N hat gasförmige Verbindungen, grosser Kreislauf• P hat keine gasförmigen Verbindungen, kleine Kreisläufe• N und P sind essentielle Nährstoffe für das

Pflanzenwachstum

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Eutrophierung

• Eutrophierung ist der Übergang von geringer zu hoher biologischer Produktivität in Seen

• Eutrophierung ist ein natürlicher Vorgang über geologische Zeitspannen, der aber durch den Menschen stark beschleunigt wird, indem Nährstoffe in grossen Mengen in die Seen eingebracht werden

• Eutrophierung bedeutet verminderte Wasserqualität für Fische und Trinkwasser

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Photosynthese der Algen

• Durchschnittliche Zusammensetzung des Phytoplanktons C106H263O110N16P1

• Phytoplanktonmasse wird aus CO2, H2O, NO3-, HPO4

2- und Spurenelementen unter Verwendung der Energie des Sonnenlichts gebildet: Photosynthese

• Die Umkehrreaktion ist die Respiration• Verhältnis C:N:P = 106:16:1 in Algenbiomasse (Redfield-

Verhältnis)• P ist meist der limitierende Wachstumsfaktor in

Binnenseen

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Limitierung durch Phosphor

• Liebigsches Prinzip des Minimums

• Ideales Verhältnis C:N:P = 106:16:1

• Tatsächliche Verhältnisse in Schweizer Seen:– Z. B. Vierwaldstättersee C:N:P=2600:50:1

• Damit ist P limitierender Faktor

• Auch Licht und Temperatur können limitieren

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Relevante Phosphorverbindungen

In Sediment

In Algen

In AbwasserWaschmittel

Quelle: Stumm

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Stöchiometrie

Quelle: Stumm

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Produktivität und Phosphor

in Alpenrandseen

Quelle: Stumm

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Kriterium nach Vollenweider

Quelle: Benndorf

Kann verwendet werden zur Klassifizierung und Sanierungsplanung, aber auch zur Prognose, der Wasserqualität in einem zukünftigen Stausee.

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Phosphatquellen• Abwasser

– P-Abgabe pro EW und d vor 1987: 3 g P (1.5 g aus Fäkalien, 1.5 g aus Waschmitteln)

– C-Abgabe pro EW und d: 35 g C– P vor allem in Fäkalien, N in Urin

• Landwirtschaftliche Düngung– Mit Dünger wird N, P und K zugeführt

• Atmosphäre– P in Staub

1980: Abwasser 4800 t/a, Dünger 700 t/a, Atmosphäre und unbewirtschafteter Boden 500 t/aHeute liefert die Landwirtschaft den grössten Teil. Weitere Minderung muss aus vor allem aus diesem Sektor kommen.

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Beispiel Bodensee

Austrag aus Einzugsgebiet

Quelle: IKBG

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Beispiel Bodensee

Austrag aus Einzugsgebiet

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Prozesse im See

Imboden, Gächter, 1980GP gelöster PhosphorPP partikulärer Phosphor (Biomasse)Bis zu 2/3 des zur Photosynthese verwendeten P werdenintern zirkuliert

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Massnahmen zur Minderung der Eutrophierung

• Massnahmen im Einzugsgebiet – Biologische Klärung (ohne P-Fällung) beseitigt 33%

von P gegenüber 92% von C– Biologische Klärung plus P-Fällung– Verbot von phosphathaltigen Waschmitteln (weniger

effizient als P-Fällung!)– Abwasser in Ringleitung um See– Fernhaltung von sauberem Regenwasser von der

Kanalisation (bessere P-Fällung)– Massnahmen in der Landwirtschaft

(Düngebeschränkung)

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Massnahmen zur Minderung der Eutrophierung

• Massnahmen im See (Symptombekämpfung)– Belüftung (Pressluft oder Sauerstoff)– Selektive Ableitung von Tiefenwasser– Tiefeneinschichtung von Abwasser zur Verminderung

der Photosynthese (Vorsicht Kurzschluss zur Trinkwasserversorgung)

– Fällung von Phosphat in Zuflüssen (durch Zugabe von Eisen- und Aluminiumsalzen)

– Oxidation von Sedimenten– Mechanische Entfernung von Sedimenten– Aussetzen von Graskarpfen (und Abernten)– Spülung

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Belüftung (Pressluft oder Sauerstoff)

• Winterbetrieb: Lufteinpressung zur Erzeugung von Walzen, Belüftung an Seeoberfläche

• Sommerbetrieb: Oxigenierung des Hypoliminions, Wahl der Blasengrösse so, dass Auflösung vor Erreichen der Thermokline erfolgt (Schichtung soll nicht gestört werden)

.

Wasseroberfläche

Walze

Belüfter

Epilimnion

Hypolimnion

Sauerstoffeintrag

Pressluft reiner Sauerstoff

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Selektive Ableitung von Tiefenwasser

• Bei temperaturgeschichteten Seen: Höhere P-Gehalte in Tiefenwasser, Syphonausfluss kann mehr P austragen als Oberflächenausfluss

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Einschichtung von Abwasser

• Bei temperaturgeschichteten Seen: Zufluss sucht Schicht gleicher Temperatur. Durch Beimischung von Tiefenwasser kann Temperatur des Zulaufs gesteuert werden.

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Lösung des Problems

Angestrebt:Maximal30 gP/l

Grossteil ist durchMassnahmen im Abwasserbereicherreicht. Jetzt müssen Massnahmen in Land-wirtschaft und beimatmosphärischen Eintrag ergriffen werden.

Problem: N immer noch hoch.Neue bisher nicht dage-wesene Situation

Quelle: Gächter, EAWAG

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Beispiel: Der Greifensee

Quelle: EAWAG

See auf dem Weg derBesserung.Aber Stickstoff nochansteigend.

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Ursachen der Nitratbelastung

• Intensive landwirtschaftliche Produktion• Überdüngung (Zugabe > Entzug)• Nettoimport von Futtermitteln• Gülleausbringung• Grünlandumbruch (BRD 1965-1988 1/12 der LNF)

• Trockenlegung von Feuchtgebieten• Einträge aus der Atmosphäre• Abtrag von „Altlasten“

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Entwicklung der Bodennutzung• 1890

– Pflanzenschutzmittel keine– Düngemittel 17 kgN/ha LNF– Produktion 13 dt GE/ha LNF

• 1951– Pflanzenschutzmittel 0.7 kg/ha LNF– Düngemittel 50 kgN/ha LNF– Produktion 30 dt GE/ha LNF

• 1987– Pflanzenschutzmittel 2.6 kg/ha LNF– Düngemittel 200 kgN/ha LNF– Produktion 56 dt GE/ha LNF

LNF Landwirtschaftliche Nutzfläche, GE Getreideeinheiten, dt Dezitonnen

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Stickstofffixierung (Flüsse in 106 tN/a)

N2

DüngerproduktionNH4

+, NO3-

BlitzeNO→NO2→NO3-

Biol. FixierungNH4

+

(Land und Ozean)

VerbrennungNO→NO2→NO3

-

32(16)

190 (150)

8 (4)80

(80)

In Klammern: N-Flüsse auf Landfläche(Quellen: Jenkins,1990McElroy et al. 1976,Daffre, 1992)

Atmosphäre

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Stickstoffbilanz BRD1990

INPUT OUTPUT ÜBERSCHÜSSE

Mineraldünger 135 Tierproduktion 21 Akkumulation 20

Nat. N-Fixierung 15 Pflanzenproduktion: Atmosphäre 46

Futtermittelimport 67 Nahrungsmittel 20 Grundwasser 40

Atmosphäre 30 Futtermittel 90 Oberflächengew. 10

Summe 247 Summe 131 Summe 116

(Zahlen in kgN/ha LNF)

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BRD: Potentielle Nitratkonzentration (mg/l)

BRD: Jährlicher N-Überschuss (t)

1993

Nitratatlas BRD

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Charakteristika des Nitrattransports in Boden und Grundwasser

• Grosse Mobilität des Nitrations (keine Adsorption)

• Bei üblichen Konzentrationen Dichteeffekte vernachlässigbar

• Unter aeroben Verhältnisse praktisch keine chemische Umwandlung

• Unter anaeroben Verhältnissen Denitrifikation möglich– Heterotroph (mit org. Kohlenstoff)– Autolitotroph (mit FeS zu Sulfat und N2)

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Massnahmen

• Massnahmen für Zeitgewinn– Tiefere Brunnen– Selektive Entnahme– Alternative Trinkwasserbeschaffung

(Oberflächenwasser, Flaschen)– Nitratentfernung im Wasserwerk

• Wirkliche Lösungen– Abstellen von groben Missständen (Gülle,

Sonderkulturen)– Extensivierung mit Flächenstilllegung (mit

Nettoproduktionsminderung und Entzug)– Reglementierung der Düngung in Einzugsgebieten

Im Prinzip instantan wirksam

Lange Zeitspanne bis zur Wirkung an Wasserfassung

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Selektive Grundwasserentnahme

Das Konzentrationsprofil von Nitrat fällt in der Regel mit der Tiefe ab.

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Strategie

• Die Wasserwirtschaft setzt auf Kooperation– Aufkauf von Flächen in Einzugsgebieten– Belohnung von Landwirten mit Ausgleichzahlungen

für Produktionsausfälle bei nachweislich schonender Düngepraxis (Nmin-Test)

– Methoden zur Abgrenzung von Einzugsgebieten existieren und die Ausweisung des „Zuströmbereichs“ ist jetzt auch in der Schweiz Gesetz

– Zeitskala bis zur Wirkung von Massnahmen ist generell gross: Jahre bis Jahrzehnte

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Stickstoffhaushalt der Schweiz 1990

Atmosphäre

Pedosphäre HydrosphäreOberflächenwasser Grundwasser

Antroposphäre

Export

Export

Import

Nahrungsmittelexporte

Import

in t N/a

70

4169

104

13

275

180

66

29

97 (Dünger etc.)

61 6213

Import 21

49