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Studien fiber Pflanzenkoiloide, X. Ueber die Einwirkung yon Formaldehyd auf Stirke. Vo.n M. Samec und Anka Mayer. (Aus dem chenlischen hlstitut det Oniv~sit~it Liubliana.) ( ~'ingegaeigr ate, (i. ~ept.(,mber 1~20.) in der 1. Mitteilung der Studien fiber Pflanzenkolloides) konnte gezeigt werden, da6 eine Reihe yon Kristalloiden die Quellungs- temperatur der Stiirke herabsetzt und daiS letztere mit geniigend konzentrierten LOsungen dieser Kristaltoide bereits bei gewShnlicher Temperatur Kleister bilclet. Als Ursache dieser Ver~derung konnten mit gro~er Wahrscheinlichkeit .lyotrope Wirkungen der Kristalloide angenommen werden. Nach den in der VI. Mitteilung") dargelegten Erfahrungen bildet die Stw bei gew6hnlicher Temperatur Kleister auch mit AIkalien, welche sich an die Stirke addieren und in hohen Konzentrationen einen Abbau der St~trke einleiten. Ein besonderes Augenmerk verdient im Rahmen dieser Onter- suchungen die Einwirkung yon Formalin auf Stiirke, weft letztere auch unter dem Einflut3 yon Pormaldehyd bei gewShnlicher Temperatur verkleistert, in Ltisung geht und darin den Charakter einer sta~k hydratisierten Substanz beibehillt, welche durch llingere Zeit yon deutlicher verfolgbaren Aiterungsprozessen verschont bleibt. Die Reaktion zwischen Sttirke und Formaldehyd hat in letzter Zeit neuerdings das Interesse der Fachwelt gefesselt, well O. W o k e r a) in der Formalinwirkung eine Analogie mit dem diastatischen Abbau 1) M. Samec, Kolloidchem. Beth. 3, 123 (1911). ~) M. Samec, Kolloidchem. Beih~ 8, 33 (1916). a) O. Woker, Bet. d. Deulsch.chem. Oes. 49, 2311 (1916).

Studien über Pflanzenkolloide, X

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Studien fiber Pflanzenkoiloide, X. Ueber die Einwirkung yon Formaldehyd auf Stirke.

Vo.n M. S a m e c und A n k a Maye r .

(Aus dem chenlischen hlstitut det Oniv~sit~it Liubliana.) ( ~'ingegaeigr ate, (i. ~ept.( ,mber 1~20.)

in der 1. Mitteilung der Studien fiber Pflanzenkolloide s) konnte gezeigt werden, da6 eine Reihe yon Kristalloiden die Quellungs- temperatur der Stiirke herabsetzt und daiS letztere mit geniigend konzentrierten LOsungen dieser Kristaltoide bereits bei gewShnlicher Temperatur Kleister bilclet. Als Ursache dieser Ver~derung konnten mit gro~er Wahrscheinlichkeit .lyotrope Wirkungen der Kristalloide angenommen werden.

Nach den in der VI. Mitteilung") dargelegten Erfahrungen bildet die Stw bei gew6hnlicher Temperatur Kleister auch mit AIkalien, welche sich an die Stirke addieren und in hohen Konzentrationen einen Abbau der St~trke einleiten.

Ein besonderes Augenmerk verdient im Rahmen dieser Onter- suchungen die Einwirkung yon Formalin auf Stiirke, weft letztere auch unter dem Einflut3 yon Pormaldehyd bei gewShnlicher Temperatur verkleistert, in Ltisung geht und darin den Charakter einer sta~k hydratisierten Substanz beibehillt, welche durch llingere Zeit yon deutlicher verfolgbaren Aiterungsprozessen verschont bleibt.

Die Reaktion zwischen Sttirke und Formaldehyd hat in letzter Zeit neuerdings das Interesse der Fachwelt gefesselt, well O. W o k e r a) in der Formalinwirkung eine Analogie mit dem diastatischen Abbau

1) M. Samec, Kolloidchem. Beth. 3, 123 (1911). ~) M. Samec, Kolloidchem. Beih~ 8, 33 (1916). a) O. Woker, Bet. d. Deulsch. chem. Oes. 49, 2311 (1916).

| ~ 6 KOLLOIDCHEMISCHE BEIHEFTE BAND g i l l , HEFT f~: l

der Stiirke gefunden zu haben glaubte. Das Verschwinden der blauen Jodfarbe in St~irkeformalingemischen, das Auftreten der M o o r e - l-I e ! I e r'schen Reaktion, die positive Karamelreaktion, die Verfliissigung yon St[irkekleister-Zylindern, Arrosionen und Aufl('~sung yon St~irke- k0rnern, eine Volumabnahme der Stiirkeformalingemische. die an- f~ingliche Viskosit'atsdepression solcher Mischungen, die lsoiierung yon Osazonen u n d ein positiver Ausfall yon O~irproben an Dialysaten sowie eine erh6hte Reduktionsffihigkeit solcher Dialysate, dies waren die Argumente, mit welchen ('J. W o k e r und H. M a g g i I) ihre Ansicht gegen alle Angriffe aufrecht erhalten haben.

Oestiitzt auf die Tatsache, dab es durch verhiiltnism~iBig sehr zarte Eingriffe gelingt, die blaue J'odfarbe in solchen Mischungen wieder herzustellen, sowie aus ihnen durch Alkohol dieselbe Menge Stiirke wieder auszufiillen wie aus St~irkel/Ssungen ohne Formalinzusatz, haben W . v . , K a u f m a n n Z ) , M. J a c o b y a ) , W. v K a u f r a a n n und A. L e w i t e 4 ) , H. S a l l i n g e r s) und .l. W o h l g e m u t h ~) die Ansicht G. W o k e r s lrotz der inzwischen erschienenen ausf6hrlichen Mit- teiiu'ng tier Versuchsergebnisse yon H. M a g g i 7) bestritten and sehen in der St~rkeformaldehydreaktion lediglich die Bildung einer iabilen Additionsverbindung, nach deren Zerlegung die Stiirke wieder quan- titativ und unver'andert r~ckerhalten werden kann.

Wenn auch die Versuche der letztgenanten Autoren sehr schwer- wiegende Bedenken gegen die Ansicht G. W o k e r s gezeittgt haben, erscheint die Kontroverse noch nicht eindeutig entschieden, da G. W o k e r allen diesen Versuchen eine wirkliche Beweiskraft abspricht und nile einem Abbau widersprechenden Befunde durch Annahme yon Reversions-, isomerisations- und Hemmungsprozessen zu erkliiren versucht.

II

Unverinderte St,-Irkek6rner treten mit kaltem Wasser (20 o) in keine n ~ e r e Beziehung und bilden etnen Kleister erst bei einer h6heren f~r jede Pflanzenart typischen Temperatur. Lgtit m a n den

z) C~. Woker und H. Magg i , Bcr. d. Deutsch. chem. Oes. 52, 1594 (1919). s) W. v. K a u f m a n n , Ber. d. Deutsch. chem. Cles. S0, 198 (1917). s) M. J a c o b y, Ber. d. Deatsch. chem. Ges. 52, 558 (1919). 4) W. v. K a u f m a n n und A. L c w i t e , Bet. d. Deutsch. chem. Oes. 52, 616

(1919). s) H. Salllnger, Ber. d. Deutsch. chem. Oes. 52, 651 0919). ~') J. Wohlgemuth, Biochem. Zeitschr. 04, 213 (1919) und ~, 316 (19191. 7) H. M a g gl, Fermenfforschung 2, 304 (1919).

S~MEt.: UND MAYPL!~., SrUDiP.N 0BER PFLANZENKOLLOIDE, X. 167

Kleister bei der Quellungstemperatur oder |rgendciner hSheren Tem- peratur aseptisch stehen, so lauft der Quel lungsi)rozeg welter, die KSrner bltihen sich immer mehr auf und geben einen immer grS[leren Bruchteil ihrer Substanz an die sic umgebende Fltissigkeit ab, doch bleibt die [teterogenit~it - - eine Gel-Phase neben einer Sol-Phase - - selbst bei mehrere Stunden auf welt tiber 120 0 erhitzten Kleistern erhalten'). I)ir Reibung ~fes Kleisters steigt zeitlich bis zu einem Maximum aiJ ulld sinkt dann alimiihlich ab. Das Sol zeig t eine priichtig blaue .lodfarbe, das Gel aber f~rbt sieh nach sorgf'~ltigem Entfernen des in l.Ssung gegangenen Anteiles mit geringen .h)dmengen violettblau, violettbraun oder gar nicht. Wie unzweideutig nachgewiesen werden konnte, handelt es sich beim geschilderten ProzeB nut um Zuslands- ~ftdern~r,e~ der Sttirkebeslandteile und um Verschiebungen des Elek- trolytgehaltes, ftir eine Abbaureaktion tieferer Art fehlt jeder Anhalts- punkt z).

Ersetzt man das Wasser durch verschiedene geniigend konzentrierte Kristalloidl6sungen, so tritt unter enormem Anstieg der Ztihigkeit die Kleisterbildung sehon bei gewShnlicher Temperatur auf. Wfihrend neutrale Salze und organische Kristalloide diese Erscheinung a l i e m Anscheine nach lediglich au[ Grund ihrer lyotropen Wirkungen'~) her- vorrufen, bilden Basen m i t d e r Sttirkesubstanz Verbindungen und leiten in genfigender Konzentration einen Abbau der Stiirke ein4).

Bringt man in analoger Weise Sflirkek6rner (K a h I b a u m ' s St~irke entfettet) mit frisch fiber Ca CO a destiiliertem also praktisch neutralem s) F0rmaidehyd in Beriihrung, so quillt das St~irkekorn immer mehr auf, in der Fifissigkeit biidet sich ein ituflerst zilhes Gel, w~ihrend der Stilrkegehalt des Sols mit l~ingerer Versuchsdauer namentlich bei hSherer Temperatur (50 a) zunimmt. Das Volumen des Gels steigt konstant welter, bis sich schlie$1ich die aus den St~irkek0rnern entstandene Oallerte vollkommen in der Flfissigkeit verteilt und eine Jlui~erst z~he LSsung liefert. (Tabelle l und ii.) Bei 25 0 braucht dieser Vorgang in 36prozent igem Formalin etwa 4 Tage, bei 50 0 erfolgt vSlliges L6sen schon withrend des ersten Tages.

s) M. Samec , Kolloiddhem. Beih. 12, 281 (1920). s) bl. S a m e c und F. v. H o e f f t , Kolloidchem. Beih. 5, 141 (1913). ~) M. Samer Kolloidchem. Beih. 3, 12.3 (1911). 4) _M. Sam ec, Kolloidchem. Beih. 8, 33 (1916). ~) Mit Rticksicht auf die enorme Empfindlichke~t der St~irke gegeni~ber

S-auren etschetnt die Verwendtmg van nicht neuiralem Formalin sehr bcdenklicb Vgl. M. S a m e e uud S. Jen~ti~, Kolloidchem. Beih. 7, ~137 (1915).

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] 7() KOLLOIDCHEMI.SCHE BEIHEI'TE BAND Xlfl, HEFT 6 - ' i

Die St~irkequellung in Formalin ~ihnelt autlerorden tlich den Quelhmgs-- vorgangen in A!kalien. Auch in diesen (fiber 1,10-:'n) quillt das Stilrke. korn bis zur Kleisterbildung fort. Wiihrend iedoch die Zahigkeit des mit Basen erhahenen Kleisters zeitlich zun,achst zunimmt, dann aber infolge yon Allerungs- und Abbauprozessen absinkt~), beh~ilt der mit Formaldehyd erhaltene Kleister seine hohe Z~ihigkeit auch nach Monalen m~r bei. Auf keinen Fall liefert un~. die Ver/indertmg der inneren l,~"Jbu,~g, welche em ~iut~erst empfindliches Miltel darslellt, um Z~lstam]s'anderungen der Stiirke zu verfoigen, eiuen I-linweis auf einen Abb'~u der Stiirke durt:h For~aldehyd.

Bei mikroskopischer Betrachtung zeigt das in Formalin eingelegte St/irkekorn iihnliche Ver~tnderungen wie bei Beriihrung mit genfigend wirksamen diastatischen Fermenten (Speicbel) , docb ist bier das Quelhmgsbild, wenn man auf alle Erscheinungen aehtet, yon den im Formalin erf,,Igenden Veriinderungen wesentlich verschieden.

Wahrend das Volumen der Starkek6rner in Formaldehyd-, Laugerr- oder Salzl~isungen auf das 5 0 - - - 6 0 l a t h e ansteigt, quillt im Speichel bei 250 das St."irkekorn nur auf etwa das doppelte Volumen auf. Bei 50 0 is1 die Volumzunahme noch geringer und weicht nacb f/mf- tiigiger Speichelwirkung einer ausgiebigen Volumabnahme. Bei 25 0 geheu innerhalb dreier Tage kaum nennenswerte Mengen Substanz aus dem St~rkekorn in L6sung, wohl aber l;Sst der Speichei bei 500 gr6t~ere Mengen der St,~rkesubstanz auf, ein Teil der St~irkek6rner bleibt iedocb stets ungel6st la-Amy!ose A. Mayer ' :~ : ) l . Trotzdem die Konzentratiou des Sols an Stiirkesubstanz zeitlich ansteigt, bleibt seine innere keibung auf einem sehr niedrigen Werte 11,09~1,07) . Nach dem Findampfen hinterl/iBt die St~rke-Speichel-l .6sung einen :~tark nach Karamel riechenden R/ickstand, die St~rke-Formalin-Li~sung aber liefert eine weiBe, geruchlose Masse.

Zweifelh:.s isl das I n - L 6 s u n g - G e h e n der Starke bei Formalin- wi~kung yon einer Zunahme, bei der Speichelwirkung yon einer Ab- nahme der |lydratation begleitet.

II I:ine Steigerung der Hydratation konnte unter alien ~ehr zahl-.

reichen you uns studierten Zustandsiinderungen der St~rke nur beim Uebergaltg der St~irke aus dem suspensoiden in den emul*~ndeu Zt~- ~taud uud bei der Reaktion der St/lrke mit Basen konsta~ieri wcrden,

~) M S a m e c , Kolloidcheal. Beih. 8, 33 (1916) ~) A. Maye r , Untersuehungen tiber die Sttirkekorner (dena 1895).

~AM[~r l IND MAVEI-', S'I'UDI[~N I'?Bt-.R PFLANZENKOI.r.oI|)F~, ~.. 17t

welche, ailer Wahrscheinlichkeit nach ztm:ichst mit der im ,.qtalke.. moiel~tii gebundenen Phosphorsaure und nach Abs~ittigung delselben nnler Sprengung yon Sauerstoffringen mit alkoholischen Hydroxyl- gtuppen del Stitrke in Reaktion tretenJ}. Jedem bisher bekannten Abbau- prozel~,, mag er unter dem Einflut~ you Siiuren, Basen, Glyz-erin, Diastase oder vom iiberhitzten Wasser eintreten, folgt ein Abfail der i,mereu Reibung, weleher fiir alle Abbaureaktionen so typisch ist. dall W. Biltz2~ aus der Abnahme der Zabigkeit auf die Molekulargri~,l~e der Abbau.. produkte geschlossen hat.

lm (3egensalz zu allen die St~irke abbauenden Agenzien abet steigert der Formaldehyd nicht nur die Hydratation des Stilrkekornes, sondern auch die der gel~'~sten Starke, ganz gleichgiiltig, unter welchen Bedingungen die Starkel6sung bereitet worden war.

Die Tabellen I!I -.V enthalten die Resultate einer Versuchsreike, bei welcher eine zweq)rozentige verschieden lange auf 120 '~, 138. f' bzw. auf 155 ~ erhitzte St l i rke l6sungmit der gleichen Menge 3{;pro- zentigen neutralen Formalin versetzt und br 25 o st.ehen gelassen wurde. Die innere Reibung der nunmehr einprozentigen Stiirke-. IOsungen nimmt unter allen Umst~.nden zeitlich zu, w~ihrend eine w~isserige Starkel6sung infolge von Alterungsprozessen irtnerhalb der-

�9 selben Zeit wesentlich an Z~il:igkeil einbiiI~t.

Auf keinen Fall kann demnach in der \rer~inderung der irl,:elei~ Reibung einer Stitrke-Formalinmischung .eine Stfllze ffir eine Abbal~.. reaklion ge[-unden werden. Die anfangliche Viskosithtsdepr{:ssion. welche bei genfigend zilhen Sttirkel6sungen nach Znsatz voH I?ormatil~ festgestellt werden kann und welcher G. W o k e r a~ eine ~rof3e Be. dentung beimiBt, liiBt sieh mit beliebigen .anderen Kristallolden repro- duzieren und ist besonder.~ ausgiebig bei saurer Reakfi~m der zuge- setzten Kristalloidltisung4). Dat$ iibrigens -nieht die anf,mgliche Viskosit~itsdepression, Sondern der allm~hliche Reibun'gsanstieg jenem ProzeB entsprieht, welcher yore Wandei der .lodfarbe begleitet ist, folgl daraus, daft zu jener Zeil, wo d~e l.iSsung nur mehr eine braun- vio|ette Jodfarbe gibt, auch der ausgiehig e Viskositatsanslieg aufh6rt (Tabellen Iii .... V).

~) M. S a m e c , Kolloidchem. Beih. 8,.~33 (1916). �9 z.~ W. B l i t z , Bet. d. Deutsch. chem. (ies. 46, 1532 (1!113). ;4) O. W o k e r und H. M a g g i , Bet. d. Deutsch. chem. lhes. 52, 1594 (191:~). 4.) M. Sam ec, Kolloidchem. Beih. 4, 132 (1912).

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[ 7 8 KOLLOIDCHEMISCHE BEIHEFTE BAND Xlll, HEFT 0-=7

(i. W o k e r ~) h~it es fflr mOglich, dal~ die im Stiirke-Formalin- gemische erfolgende Volumabnahme ausreicht, um einen eventueUen Reibungsabfa|l zu parallisieren.

Wie aber die Bestimmung des spezifischen Gewichtes der Stiirke-Formalinl6sung gezeigt hat, nimmt das Volumen nur um un- gef~hr 0,02 Proz. ab, w~ihrend innerhalb derselben Zeit die innere Reibung um 40,3 Proz. des Anfangswertes zunimmt (Tabelle VI), so dab auf keinen Fall dutch die Volumabnahme der Z[ihigkeitsanstteg erklart werden kann.

T a b e l l e Vi. K a r t o f f e i s t ~ r k e , z w e i p v o z e n t i g , I S t u n d e b e i 1 2 0 ~ u n d m i t d e r g l e i c h e n M e n g e 3 6 p r o z e n t i g e m F o r m a l i n bzw. W a s s e r g e m i s c h t u n d b e i 25 o s t e h e n g e l a s s e n .

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Dauer der Einwirkung: 10 Minuten 15 Stunden

t/h 4,99 7,00 1 Proz. St~irke

+ 18 Proz. Formalin Spez. Gewicht 1,0378 1,0380 bei 25 o

I Proz. Starke 4-Wasser t /h

Spez. Gewicht

4,42

1,0039 3,40

1,0040

Die Ansicht G. W o k e r 's , dab eine in der Viskosimeterkapillare besonders begfinstigte Retrogradation der Reibungsabnahme, welche unter dem Einfiusse yon Formaldehyd m6glicherweise erfolgt, ent- gegenwirkt, ist e~perimentell nicht fundiert, da bei der Retrogradation die innere Reibung infolge yon Dehydratationsprozessen abnimmta).

Ebensowenig stichhaltig erweist sich die Anschauung yon einem Abbau der St,~rke dutch Formaldehyd im Hinblick auf das Verhalten der Stiirke-Formalinmischungen im Osmometer.

Um die herrschenden Verhaltnisse zu iiberblicken, wurde eine durch einstiindiges Erhitzen auf. 120~ 138 0 bzw. 155~ bereitete vierprozentige St~trkelbsung mit der gleiehen Menge Wasser bzw. 38prozentigem Formalin gemischt und, dutch Thymol vor lnfektion geschfitzt, iiingere Zeit bei 25 0 stehen gelassen. Nach verschieden langer Formalinwirkang wurden in der fiblichen Weise der osmotische l)ruck und der ~tialysable Anteil in Koliodiumosometern ertnittelt, wobei

1) O. Woker , Ber. d. Deutsch. chem. Oes. 49, 2311 (1916). 'z~ M. S amec, Kol|oidchem Beih. 4, 132 (l,q12).

SAMEC UND MAYER, S's OBER PFLA.MZF.NKOLLOIDI', X. I 79

je nach Zusammensetzung der SVirkel6sung als Auflenfliissigkeit Wasser oder 18prozentiges Formalin diente Fast ansnahmslos s|nkt im Steigrohr die Pliissigkeit nach Er~eichen einer MaximalhObe auf einetr konstant bleibenden Weft. Dieser wurde in die Tabelle VII aufge- nommen, welche daneben die GrOBe des dialysablen Anteiles nnd die Jodfarbe der Auflenflfissigkeit entbiilt.

T a b e l l e VII. V i e r p r o z e n t i g e S t l t r k e i O s u n g d u r c h e i n s t i i n d i g e s Er- h i t z e n a u f 120 ~ 138Obzw. 1 5 5 O b e r e i t e t , m i l d e r g l e i c h e n M e n g e W a s a e r bzw. 3 6 p r o z e n t i g e m F o r m a l i n v e r d / i n n t

u n d be i 250 s t e h e n g e l a s s e n .

Art der LOsung des Dtaly.,mts

StSrkel0sung bei 120 ~

Stirke + Wasser

St~'ke + Formalin

0 2 5

17

0 2 5

17

4,71

4,5~

6,3~ 20 7,8~ 19 8,0~ 17 7,9~ 16

Starke + Wasser

Stitrke + Formalin

SUrkelosung bei 138o

o 2,51 !

bereitet

20 16 15 19

3 15

0 3

15

berettet

14 1,96' 16 1,48 2 i

2,831 17 4,30; 18 4,21: 22

S~rke .+ Wasser

Stttrke + Formalin

Starkel6sung bei 15,50

0 2

15

1,80 1,58 1,25

2,45 3,09 3,09

bereitet

20 21 18!

21 21 22

0 2

15

0,82 graublau 0,95 graublau 1,08 graublau 0,34 graublau

1,48 braun i ,48 braun 0,88 braun !, 15 braun

1,00 blau 1,57 blau 1,13 blau

2,25 braun 2,33 brmm 0,85 braun

i ,34 blau 2,16 blau 2,55 blau

2,62 braun 2,07 braun 2,55 braun

l 80 KOLLOIDCHEMISCHE BEIHEFTE BAND XIII, HEFT 6---7

Die osmotischen Steigh6hen der Stlirke-Wassermischungen und der Si~trke-Formalinmischungen sind innerhalb der Versuchsfehler bei allen Versuchen einander gleich und geben keinen Hinweis auf eine wesentliehe Ver~inderung der Molatgr6Be durch Formalin. lm Ein- klange damit enthlilt die L6sung der Formalinstarke nicht mehr dialy- sable Substanz ais die wlisserige St~rkel6sung.

Wollte man entgegen diesen experimentelSen Befunden doch die Ansicht aufrecht erhalten, dab die St~irke dutch Formalin zwar ab- gebaut, jedoch dutch Reversion wieder r~ckgebildet wird, so m~Bte man zur Annahme greifen, dat~ durch Reversion das Molatgewicht der abgebauten St~irke gerade so viel zunimmt, wie es dnrch den Formalin- abbau abgenommen hatte.

Es ist zwar bekannt, daft iihnlich wie die Stltrke auch ihre h0heren Abbauprodukte in w~asseriger L~Ssung einem AiterungsprozeB unter- liegen, welcher zu einer Assoziation und Koagulation der dispersen Phase fiihrt; bringt man aber das Koagulum wieder in L6sung, so beobachtet man sofort jene Molatgr6fie, welehe die Substanz vor dem Alterungsprozet~ hatte and niemals ein hOheres, was der Fall sein mfil~te, wenn die geschilderte Assoziation einer Riickkondensation in der Amylosenreihe gleichkiime. Wiirde unter dem EinfluB yon Form- aidehyd eine Abspaltung yon Monoamyloseresten erfolgen, so m~gte man dieselben gravimetrisch in der Aufienflt'issigkeit der Osmometer feststeilen k6nnen~), was aber bei der Formaldehydst~rke nicht ge- lungen ist.

Gegen eine Reversionswirkung des Formatdehyds spricht ferner der folgende Versuch.

Eine dutch einstiindiges Erhitzen auf 120 0 bereitete zweiprozentige Starkel6sung w,rde mit der gleichen Menge Speichel versetzt u n d sobald die Jodreaktion verschwunden war, die weitere Diastasewirkung dutch Erhitzen der Flfissigkeit unterbrochen. Die eine Hlilfte des Reaktionsgemisches wurde nun mit Wasser, die andere mit 36pro- zentigem Formalin versetzt, 24 Stunden stehen gelassen und dann der osmotische Druck bestimmt.

Wie TabeUe VIII zeigt, sinkt bei beiden L6sungen die Fliissigkeit nacb Erreichen einer MaximalhOhe v~ ca. 47 mm in den Steigq'0hren auf einen konstanten Wert yon 9 mm bei der w~sserigen und 1 ! mm bei der mit Formalin versetzten Mischung. Das Gros der Substanz

~) bl. Samec , Koilotdchem. Beih. 10, 289 (19|9).

SA~F./2 UND MAYER, STUDIEN 08ER P~LANZENKOLLO|DF~ g, I 8 |

(93Proz.) ist in beiden F~lilen in dlalysabler Form vorhanden, der koiloide Rest aber zeJgt etne MolatgrO~e yon 13 .... 15,000.

T a b e l l e VIII.

Z w e i p r o z e n t i g e S t / i r k e l 0 s u n g d u r c h e i n s t f i n d t g e s P.r- h i t z e n a u f 120 e b e r e i t e t , m t t d e r g l e i c h e n M e n g e S p e i c b e ! b l s z u m A c b r o o d e x t r i n s t a d t u m a b g e b a u t u n d n a c h U n t e r - b r e c h e n d e r D i a s t a s e w i r k u n g w i t de r g l e t c h e n M e n g e

W a s s e r bzw. 3 4 p r o z e n t i g e m F o r m a l i n g e m t s c h t .

. . . . . . . . . . . . M o i a t - "" [ Dialysabler gewicht

Art der LOsung !~ max. h konst. [ Anteil des koIlotden mha , , mm [ ]'roz. RP.S~$

),5 Proz. Achroodextrin 47 9 93,2 in Wasser

0,5 Proz. Achroodextrin in 17 Proz. Formalin

43 10 I 93,8

15,000

13,000

Etne Riickbildung hOherer Molekularkomplexe ist lm gescbilderten Falle nicht erfoJgt, ebensowentg, wie tier Formaldehyd innerhalb 24 Stunden die bei der Diastasewtrkung gebildeten h6her molekularen Abbauprodukte der Starke welter zu spalten vennocht hat J).

Wesentlicb anders werden die Verhilitnisse, wenn die Fonnalin- Stirkemischung anstatt bei 25o bei etner hOheren Temperatur aufbe- wahrt wird (Tabelle IX).

Die innere Reibung steigt anfaags an, erreicht ein Maximum zur Zeit, wo die Stilrket6sung ihr FarbevermOgen wit Jod verioren hat und beginnt am dritten Tage wieder zu fallen. In Uebereinstimmung damit zeigt der osmotische Druck am zweiten Tage noch eine volJ- kommene Uebereinsfimmung der Molatgrt~6e zwischen der wdsse~igen and tier Formaldehyd-St~lrkelSsung, nach 30t':igtger Einwirkung aher ist in der Formaldehydstarke eine wesen|liche Vermehrung der dialy- sablen /r festzustellen; ebenso ist die Molatgr/Sfle des kolloiden Auteils merklich gesunken.

Der geschilderte Versuch iiefert jedoch keinen Beweis fiir eine diastattsche Wirkung des Formatdehyds. Wie n~hnlich aus der elek-

~) Auf die geiiage Diffetenz der osmotischen Steigh6ben, aus welcher eble Molaige~icl~t'sdifferenz yon 2000 tolgen wfirde, daft bei der bl'eiten Fehler grenze der btethode kein Schlu9 aufgebaut werden.

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tr ische. Leitf~ihigkei! ers|chtlich ist, steigt bei 50 ~ die Elektrolytmenge der LOsung in einem ganz anderen Verh~iltnis als bei 25 0. Aucb ist bereits nach wer~igen Tagen rail Lackmus eine deuftich saure l~eaktior) der l,iisung nachwelsbar, welche innerhalb yon 6 Wochen den Weft yon ,5.10-::n-S~iure erretcht. Dieser S/luregrad reicht vollau[ aus, um eine allm~hliche Abnahme der tnneren Reibung and der Molatgr0t~e zu bewirken i).

Viel ausgepr~tgter ist der Stilrkeabbau, wen . man die St/irke- Formalinmischung auf 100 0 erhitzt. Selbsf wenn man die l uft im Reaktionsgefat~e ..... sc welt als eben. mOglich .... dm'ch Wasserdampf verdriingt hat, entsteht innerhalb 5 Stunde. I . lO"~'n-S~iure. Der dialy- sable Anteil der Starke ist auf nahezu 10Proz . gest~egef; urrd d~e Molalgr61~e auf 1 I0 ,000 gesunken. Auch in diesem Falle reicht im F]inblick auf die sehr zahlreichen diesbezfiglichen Untersu,~hungenq der S'huregehalt tier Lt~sung roll aus, urn den Abbau der Starke einz'aleiten.

Ill.

Auf Grund def vorliegend mltgeteilten physikochemischen Merk- male der Pornaalin-Stirkel6sung miissen wit die Annahme, daft die Stitrke dutch Formaldehyd abgebaut wird, abweisen. Der Umstand, dab die inhere Reibung der St~irke unter dem Einflusse yon Formalin so aul3erordentlich stark zunimmt, spricht vielmehr zugunsten der Ansicht W. v. K au f m ann ' s , welcher im Oeffnen yon Sauerstoffringen unter Anlagerung yon Formaldehyd einen Grund f/it den Wechsel der Jodfarbe erblickt. Es ist schon wiederho[t beobacbtct worden, dab sich die stark hydratisierten St~irkeformen (Amylopektin) mit Jod viei we. iger intensiv f~irben ais die wenig hydra(isierten, so da6 aller Wahrscheinlichkeit nach die Hydrophilie und die Fahigkeit, ge~tsse .Jodf~rbungen zu geben, in einer engeren Beziehung stehen dihften. Bekanntlich gelingt es dutch anhaltendes Erhitzen, die hohe innere Reibung der St&rkel6sul|gen zu verntchten und einen Tell der Starke- substanz zur Koagulation zu bringe/1. In der VI. Mitteilung tibet" |.~flanzenk(~lloide konnte der Vorgang durch die Annahme erkl~irt werden, dab hierbei eine Abspaliung der Phosphors~.re and e i .e d~rauffolgende innere Anhydrisierung erfolgt~).

1) l.iteratur vgl. M. S a m e c und F. v. H o e f f t , Kotloidr Beih, 5, |4| (1913"~ and M. Sarrlec and S. Jen~i/i , Kolloidchem. Beih. 7, 137 (1915).

~) M, S a m e c , Koiloidchem. Beih. 8, 33 (1916).

] 8 4 KOLLOiI[~t 'IEMISCI'IE I~E[HIEIffTE aAND XIII, HEPT 6-.-I

Umgekehrt konnte dargetan werden, dal~ sich Basen an das Starkemolekfil unter Sprengung yon O-Rtngen anlagern und enorm hydratisierte Komplexe bilden. Wtlhrend das Absinken der Hydro- philie und die Zunahme der Jodfarbe beim Kochen der Stiirke mR Wasser yon etner Zunahme des optischen l)rehungsvermOgens begleitet ist, nimmt die optische Aktivittlt unter dem Einflufl yon Basen ab.

Ganz dieselbe Veriinderung erleidet die Sttirkel6su,lg aber auch unter dem Einflu6 yon Formaldebyd. Die geringe yon H. M a g g i I) beobachtete Abnahme des Drehungsverm6gens konnte yon uns an nativer Starke zweifelios reproduziert wcrden (Tabetle X) und entspricht nahezu quantitativ jenem Betrage, um welcheu tier Drehungswinkel durch eine 5.10 "~ bis 1.10 "~ normale Natronlauge abnimmt.

T a b e l l e X.

Z w e i p r o z e n t l g e S t ~ r k e d u t c h e i n s t 0 n d i g e s E r h i t z e n a u f 1200 b e r e i t e t , m i t der g l e i c h e n M e n g e W a s s e r , F o r m a l i n bzw. Nati, o n l a u g e v e r m i s c h t u n d b e i 2 0 0 s t e h e n g e | a s s e n .

T e m p e r a t u r der M e s s u n g e n 25 0 .

I Proz. Stltrke in Wasser

1 Proz. Stiirke in 17 Proz. Formalin

I Proz. Stilrke in 5,10-3n NaOH

Dauer der Einwirkung:

t/h

a[~ im 2dm Rohr

t/h aN im 2 d m Rohr

t/h a% ira 2 dm Rohr

0

4,42

3,630 o

4,99 3,6320

4,96

3,350o

4 Stunden -1

4,22

3,632 ~

6,90

3,5680

6,60

3,2900

Die zahlenmliBige Uebereinstimmung finden wir nicht nur in der Vertinderung des Drehungsvorm6gens, sondern auch im Anst ieg tier Viskosit.at. Derselben Abnahme der Drehung entspricht bei der Formalinstiirke ein Reibungsanstleg yon 4,99 auf 6,90 und bei der Alkalist~rke yon 4196 auf 6,80.

Mit dieser Feststellung steht die Beobachtung W. v. Kauf- mann's2), dab die in Formalin gel6ste Sttirke nach dem Abdampfen

z) H. Maggi, Fernmtfeorsch. 3, 365 (1919), W. v. Kattfmann, Bet. d. Oeutsch. chem. Oes. 50, 198 (1917).

SAbiEC UND M/hYER, STUDIEN 0BER PPLANZENKOLLOIDE, X. | 8 ~

im Vakuum und Wiederl/Sseu dasselbe Drehungsverrn6gen besitzt xvle die Ausgangsst/lrke, in keinem Widerspruche und dient nut als Be- weis, daft nach gr~ndltchem Entfernen des Formaldehyds die Aus- gangssubstanz unver/lndert riickerhalten werden kann. H. S a l l i n g e r L) konnte nach 44 st~ndiger Digestion mlt Formalin am A m y I o d e x t r i n Li n t n e r keine Drehungsitnderung nachweisen. So bewei~end diesel Befund daKir ist, daft dem Pormaldehyd keine abbauende WIrkung zukommt, so wenig dfirfen wlr die am Amylodextrin festgestellten Erscheinungen zur Charakteristik der an nativer St~lrke ablaufenden Prozesse herbeiztehen.

IV.

Die symbate Aenderung der imleren Reibung und der .Indfarbe uuter dem Einflut$ yon Formaldehyd spricht dafiir, dab der Formal- dehyd nicht nur mit dem die hobe innere Reibung bedinge1~den Starke- anteii (Amylopcktin, Amylophosphat) in Bezlehung tritt, sondern auch mit den die blaue Jodst~rkereaktion verursaehenden Amylosen. P-ine experimente|le Stiitze finder diese Polgerung im nachstehend beschtie- benen Versuche.

Eine dutch etnst/indiges Erhitzen aul 120 o bereitete L~sung yon Kartoffelstirke wurde durch Elektrodialyse in einen Amylopektin- und einen Amylosen-Anteil zerlegt :). Die hierbei entstehende etwa zehn- prozentlge Amylopektingalterte wurde dutch Verdfinnen, die etwa 0,3prozentige Amylosenl6sung durch vorsiehtiges Eindnnsten, F/lllen mit Alkohol und LGsen bei 120 o auf 2 Proz. gebracht und analog wie die nicht zerlegte St~rkeli~sung mit der gleichen Menge Wasser bzw. Formalin vermischt.

Wie Tabelle XI zeigt, ver,~indern slch die pt~ysikochemischen M.erk- male der Amylophosphat-Formalinmischung v6111g analog wie die Eigen- scbaften der St/trke-Formalinmischung: die innere Reibung steigt, das F/trbeverm6gen mit Jod geht verloren, die elektrische Leitfithlgkeit nimmt ein wenig zu. Die entsprechende witsserige LOsung be, fit in der gleichen Zeit einen Teii der inneren Reibung ein und beh/tlt die blaue Jodfarbe bei.

Die witsserige Amylosenl6sung retrogradiert in der Konzentration yon I Proz. sehr rasch und verwandelt sich schon innerhalb des ersten Tages in eine miichige Flfissigkeit, so dab ein Verfolgen der zeitlichen Aenderuug ihrer Elgenschaften nich~ mOglich ist.

!) H. S s l l i n g e r , Bet. d. Deatsch. hot. (Ses. 52, 651 (1919). 2) M. Samee und H. H a e r d t l , Kolloidchem. Beih. 12, 281 (1920).

12a

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SAMEC UND MAYER, ~TUDIEN OBER PFLANZENKOL1.OIDE, X. ] 87

in Formalin gel~st aber sind die Amylosen 10sungsstabil, die Flhssigkeit bleibt dauernd klar, verliert in derselben Zeh wic die Stiirke- oder die AmylopektinlSsung das Fiirbeverm6gen mit Jod, die innere Reibung nimmt auch bier zu, wenn aucb die Aenderung der Viskosit/lt lange nicbt jenen Betrag erreicht wie in St~irke- oder Amylo- pektinl6sungen.

Da die Elektrodesintegration bei der Kartoffelst/trke nicht zu einer v6Uigen Trennung der St~kebestandtelle fflhrt]), ist es dnrch den beschriebenen Versuch nicht entschieden, ob die Anlagerung yon For- malin an die Amylosen eine $teigerung der Viskosit~t ihrer L6sung bedingt oder ob die geringe Reibungszunahme durch die kleine Menge beigemengten Amylopektins verursacht wtrd; daft aber auch die Hydr%- philie der Amylosen dutch die Paarung mit Formalin wesentlich ge- steigert wird, folgt aus dem Umstande, dab in der Formalinl6sung die Amylosen nicht retrogradieren.

Die Formaldehydrcaktion wirft auf die Frage nach der gegen- seitigen Beziehung der Stirkebestandteile einiges neues Licht.

Nach Ansicht A. M e y e r ' s ~ bildet die resistente hydrophobe a-Amylose ein Anhydrid der 16slichen kleisterbildendcn #-Amylose. Wenn der Unterschied zwischen den beiden Stlirkebestandteilen nur in einer Anhydrisierung der einen Orundsubstanz bestfinde und durch die Formulierung

t J HC'~ t IC- -OH

H C / t i C - - O H t i

gegeben w/ire, w/ire es zu erwarten, dab dutch die Anlagerung yon Formalin aus beiden St~rkebest~dteilen ein und dasselbe Deflvat

I I H C - O H HCOCH~OH

I oder t HC--OCH~OH HCOCH~OH

entstitnde. Es mfifite demnach der hydrophobe Anteil in ein Derivat des kleisterbiidenden Stiirkeanteiles fibergehen .and der Llnterschied zwischen den beiden StArkebestamiteilen miifite verschwinden.

Tabelle XI zeigt, daft zwar die Amylosen durch Pormalinanlagerung an Hydrophilie gewinnen, daft es aber bei weitvm nicht m6glich ist, ihnen auch nut ann~ihernd lhnliche Elgenschaflen zuerteilen, wie sie

r) M. Samr162 uad H. t l ae rd t l , Kolioldchem. Beih. 12, 281 (1920, s) A. Meyer, Untersuchunflen itber die Stlrkek0mer (Jena 1895).

] ~ 8 KOLLOIDCHEMISCHE BEIHEFTE BAND XIlI, HEPT 6---?

die nicht zerlegte Sttirkel6sung oder die w~isserige Amylopektinlttsung besitzt.

Umgekehrt steigt auch die Hydrophilie des Amylopektinanteiles unter dem EinfluB yon Formalin, ein Beweis, dab auch dieses analoge Atomgruppierungen enthalten mut] wle die. Amylosen. L. M a q u e n n e I) nennt bekanntlich den kleisterbi!denden Bestandteil der Sttirke Amylo- pektin, die ,echte" L6sung bildenden Anteile der Sttlrkesubstanz abet Amylosen und ~tellt sich vor, dab die Retrogradation tier Amylosen eine Riickkondensation niedriger Glieder zu htiheren Molekularkomplexen ist, die yon einer inneren Anhydr|sierung unter Bildung yon Lakton- ringen begleitet ist. Ueber .die Beziehung yon Amylopektin tJnd Amylosen spricht sich L. M a q u e n n e nicht aus.

Unaerer Aasicht~) nach gehtirt zu den wesentlichen Ontersthieden zwischen dem kleisterbildenden und nichtkleisterbildenden B~tandteil der Oehailt des ersteren an Elektrolyten (Phosphors~ure). Da sonst ein prinzipieller konstitutioneller Unterschied nicht zu bestehen scheint, ist es verstandlich, dal~ der Formaldehyd mit beiden Stlirkebestand- teilen in analoger Welse reagiert. Dutch die Anlagerung desseiben werden Laktonringe getfffnc~t und die alkoholischen Hydroxyle dutch die O Cl-la O H-Oruppe ersetzt. "Dadurch wird die innere Anhydrisierung verhindert, und es ist verstandlich, dat~ die in Formaldehyd gei~sten Amylosen nicht retrogradieren.

Das MengenverhtUtnis der beiden dutch Elektrodesintegration er- hllltlichen St/lrkebestandteile ist In tier Formalinl6sung nahezu dasselbe wie in rein wiisserigen L6sungen.

Lira diese Verh~iItnis.se zu fiberbllcken, wurde eine durch ein- stiindiges Erhitzen auf 120 0 bereitete zweiprozentige L6sung yon }~rtoffelstlirke "einmal mit der gleichen Menge Wasser, ein andermal mit der gleichen Menge 36prozentigem Formalin gemischt und nach verschieden langem Stehen elektrodialysiert.

Sowohl In wisr, eriger als auch In formaldehydischer L6sung tritt das Pau ii- Phtinomen auf, und naeh 4 Stunden ist die Amylopektin- gallerte ~charf abgeschieden.

Die physikochemischen Merkmale der beiden Schichten enthitlt die Tabeile XII.

1) L. Maqu enne und E. Roux, Aan. Phys. et Cbem.~8. Serie,9, 179 (1906). ~) M. Samer und F. v. l ' loeff t , Kolloidehem. Beih. 5, 141 (1913).

SAMEC UND �9 STUDIEN OBER PFLANZJENKOLLOIDE, X. |~9~

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] 9 0 K O L L O I D C H E M I $ C H E B E I H E F T E B A N D X I I I , H E F T 6 4 7

In wasseriger L6sung betragen die Amyiosen 25---26 Proz., in formaldehydischer ca. 27 Proz. der gesamten Starkesubstanz. Die innere Reibung des Amylosenanteiles ist in Formalin etwas gr6iser als in Wasser, ganz entsprechend den in Tabelle XI zusammengestellten Daten. Das Verhitltnis der beiden St~irkebestandteile hat sich durch die Formalinwirkung nicht verschoben, e|n Ausgleich der Eigenschaften ist nicht erfolgt.

Die eben angeffihrte Bestimmung der Mengenverhliltnisse del ~lirkebestandteile basiert auf der Voraussetzung, dab durch Eindampfen der Formaldehyd-StlirkelOsung mit dem Wasser auch der Formaldehyd abgeht. Dais dies tatsichlich erfolgt, geht aus nachstehendem Versuche hervor.

Eine dutch einstfindiges Erhitzen auf 120~ bereitete zweiprozentige L6sung yon Kartoffelstlirke wurde mit verschieden konzentrierter FormaldehydlOsung auf 1 Proz. verdiinnt und nach 48stiindigem Stehen in GlasgefiiBen bei 98 o his zur Gewichtskonstanz getrocknet (Tabelle XIII). Wie ersichtlich, flihrt das Trocknen in allen angewendeten Formal- dehydkonzentrationen sehr nahe zu demselben Werte der Trocken- substanz (Tabelle XIlIL

Die Frage, wie viel rFormaldehyd von der Starke gebunden wird, muB noch often gelassen werden. In dem Maise, in welchem .der Formaldehyd aus der L0sung entweicht, zerfallt allem Anscheine nach die lockere Starke- Formaldehydverbindung, und nach giinzlichem Ent- fernen des Formaldehyds erhalt man die Stirke unver;:ndert zurfiekJ).

�9 IEin ungefiihres Bild von der Gr6isenordnung der gebundenen Formaldehydmenge k6nnte man sich vioileicht auf folgendem Wege machen.

~). W. v. Kaafmann, Bet. d. Deutsch. chem. Oes. 50, 198 ~1917).

T a b e l l e XIII.

O u r c h e i n s t l i n d i g e s E r h i t z v n a u f t 2 0 0 b e r e i t e t e zwei- p r o z e n t i g e S t A r k e l O s u n g m i t v e r s c h J e d e n e n M e n g e n F o r m a l i n v e r s e t z t u u d bei 98 0 d ie T r o c k e n s u b s t a n z

b e s t i m m t . . . . . ~ . . . . �9 �9 • . . . . . . . . r . . . . . . . .

=lilo 1 Gefundene Menge Trockensubstanz 1,_5 1,09 1,07 I , I I in Proz.

SAMEC UND MAYER, STUD|EN OBER PFLANZENKOLLO1DE, X. ] ~ l

Die innere Reibung und die optische Drehung der Stirke werdeT~ durch genfigend konzentrlerten Formaldehyd in dem glelchen Aus- maise verandert wie dutch eine 5 .10 -a normale Lauge. In dieser Laugenkonzentration werden yon 10 g Starke 2,2.10 ~a Aequ. KOH und in einer 1.10 -2 normalen KOH 6.10 "~ Aequ. KOH gebunden. Macht man einstweilen die Annahme, daiS der Eintritt derselben Formaldehydmenge im Stltrkem01ekfil dieselben Veranderungen bedingt wle das Kalium- hydroxyd, so wfirden 10 g Stirke 2,2 bis 6. I0 "~ Mole Formaldehyd binden, oder es wfirden auf 4545 bis 1666 g Starke (28 his 10 CeHl006- Gruppen) ein Mol Formaldehyd enffallen. Auf | g Starke kamen unter dieser Voraussetzung maximal 0,018 g Formaldehyd, also eine Menge, d~e an der Genauigkeitsgrenze d e r in der Tabelle XIII verwendeten Bestimmungsmethode liegt. Es mag abet trotzdem kein ZufaU sein, daiS der Trockenriickstand yon Formaldehyd-Stirkel6sungen bei allen Bestimmungen etwas gr6Ber gefunden wurde ais der Trockenrfickstand der wtisserigen Strarkel6sungen. A~lch 1st das Aussehen der erhaltenen Substanzen verschieden: aus wilsserigen L6sungen bekommt man eine durchsichtige, leimartige Masse, aus formaldehydischen eine wei~e, pulverige Substanz. Ob dies durch sehr kleine Mengen polymerisierten Pormaldehyd v~erursacht wird oder ob die eventuell hitzebestandige Sfitrke-Formalinverbindung das Aussehen bedingt, muff dahingestellt bleiben.

Z u s a m m e n f a s s u n g .

I. Dutch den Einflufi yon Formaldehyd wird bei Zimmertempe- rarer die Starke nicht abgebaut, sond~rn in eine lockere Verbindung 6bergefiihrt, welche die Fah!gkeit der Jodiirbung ver|oren hat und weit mehr hydratisiert ist als die Starke.

2, Die mittlere Molatgr61~e der Formaldehydst~rke ist dieselbe wie die der nativen Starke, auch hat $ich der Gehalt der Stitrkelssung an niedrigmolekularen (dialysablen) Bestandteilen dutch Formalinzusatz nicht veritndert.

3. Das spezifische Gewicht der Formalin-St~irkel6sung ist etwas gr6~er als das der gewOhnlichen Starkel6sung, doch reicht die Volum- abnahme nicht aus, um den Anstieg der Zahigkeit zu decken.

4. Formaldehyd ist auBerstande, an diastatischen Abbauprodukten der Stltrke merkliche resynthetische Prozesse einzuleiten.

5. Bei h6herer Temperatur tritt in formaldehydischer StarkelOsung in dem Mal~e ein Abbau der Starke auf, in welchem durch Oxydation ,coil Formaldehyc[ Saure gebildet wird.

| . ~ KOLLOIDCHEMI~CHE BF.IHEPTE BA.ND Xill, HEFT 6--7

6. Das optische Drehungsverm~gen der nativen St~irke wird durch Pormalin um einen kleinen Betrag erniedrigt.

7. Die unter dem EinfluB yon Formaldehyd erfolgenden Eigenscbafts- ~inderungen der SUlrke glelchen nahezu v611ig den Verlh:derungen der St~lrke, die in einer 5 bis 10.10 -s normalen KOH-L/Ssung er- folgen. Beide k6nnen dutch die Annahme ether unter Oeffnung yon Sauerstoffringen erfolgendon Anlagerung der wirkenden Substanz er- klart werden.

8. Pormaldehyd reagiert mit dem Amylopektin und mtt den Amylosen in analoger Weise; das Verh/tltnis dieser beiden Stitrke- bestandteile wird durch Formaldehyd nicht wesentlich verschoben.

9. Die Retrogradation der Amylosen wird durch Formaldehyd v6Uig aufgehalten.