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Tüchtig und/oder Süchtig? Suchtprobleme am Arbeitsplatz aus juristischer Sicht Frank Achilles, Heisse Kursawe Eversheds 21.05.2015

Suchtprobleme am Arbeitsplatz aus juristischer Sicht · Krankheitsbedingte Fehlzeiten, Sicherheitsrisiken im Betrieb, Verlust von Fachkräften etc. I. Stoffgebundene Sucht Das arbeitsrechtliche

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Tüchtig und/oder Süchtig?

Suchtprobleme am Arbeitsplatz aus

juristischer Sicht

Frank Achilles, Heisse Kursawe Eversheds 21.05.2015

Übersicht Suchtprobleme am Arbeitsplatz

Stoffgebundene Sucht

- Alkohol

- Medikamente

- Sonstige (illegale) Drogen

„Arbeitssucht“/ Workaholism

- Ständige Erreichbarkeit

- Burnout

Krankheitsbedingte Fehlzeiten, Sicherheitsrisiken im Betrieb, Verlust von Fachkräften etc.

I. Stoffgebundene Sucht Das arbeitsrechtliche Gestaltungsrepertoire

• Prävention

• Reaktion

• Repression

I. Stoffgebundene Sucht Das arbeitsrechtliche Gestaltungsrepertoire

• Prävention

• Reaktion

• Repression

Suchtprävention Paradigmenwechsel (auch in der Rechtsberatung)

• Gesetzlicher Rahmen

• Gestaltung des Arbeitsumfeldes

• Insbesondere: Die Rolle des Vorgesetzten

Suchtprävention Der gesetzliche Rahmen

• Betäubungsmittelgesetz (BtMG)

• Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG)

• Unfallverhütungsvorschriften (DGUV Vorschrift 1)

• Vorschriften für bestimmte Berufsgruppen (Kraftfahrer)

Für den Großteil der Betriebe gilt gesetzlich kein generelles

Alkohol-/Drogenverbot oder gar feste Promillegrenzen!

Suchtprävention Gestaltung des Arbeitsumfeldes: Betriebliche Verbote

• arbeitsvertragliche Nebenpflicht?

• Betriebsvereinbarung

– absolutes oder relatives Verbot?

– Kontrollverfahren?

– Konsequenzen bei Verbotsverstoß?

• Arbeitsvertrag

Problem: Freiwillige Einwilligung zum Drogentest?

Suchtprävention Die Rolle des Vorgesetzten

• Schlüsselstellung bei Kontrolle von Verboten

– wesentliche vertragliche Führungsaufgabe

• Tätigkeitspflicht (!) des Vorgesetzten

– Beschäftigungsverbot

– anderweitige Arbeitsplatzzuweisung?

• Entsprechende Schulung der Vorgesetzen

Sensibilisierung und Qualifizierung

I. Stoffgebundene Sucht Das arbeitsrechtliche Gestaltungsrepertoire

• Prävention

• Reaktion

• Repression

I. Stoffgebundene Sucht Das arbeitsrechtliche Gestaltungsrepertoire

• Prävention

• Reaktion

• Repression

Reaktion Bildung eines schlüssigen Handlungskonzepts

• Früherkennung von Verbotsverstößen

– Arbeits- und Lebenserfahrung (Schulung!) und/oder

– Technische Hilfsmittel und/oder

– Vermutungswirkung bei Drogentestverweigerung?

• Datenerhebung und Dokumentation

– große Bedeutung auch hinsichtlich Prävention und Repression

– Bundesdatenschutzgesetz (BDSG)?

Reaktion Bildung eines schlüssigen Handlungskonzepts

• Rekuperation und „Co-Alkoholismus“

– Interventionsgespräch(e) mit geschultem Vorgesetzten

– Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)

I. Stoffgebundene Sucht Das arbeitsrechtliche Gestaltungsrepertoire

• Prävention

• Reaktion

• Repression

I. Stoffgebundene Sucht Das arbeitsrechtliche Gestaltungsrepertoire

• Prävention

• Reaktion

• Repression

Repression Ultima Ratio eines schlüssigen Gesamtkonzepts

• Lohnkürzung

– § 3 Abs. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG): „Wird ein Arbeitnehmer durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert, ohne dass ihn ein Verschulden trifft, so hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (…).“

– Beurteilung bei Abhängigkeit?

– BAG vom 18.03.2015, 10 AZR 99/14: Wird ein alkoholabhängiger Arbeitnehmer nach der Therapie rückfällig, kann er im Regelfall erneut Entgeltfortzahlung ver-langen.

Repression Ultima Ratio eines schlüssigen Gesamtkonzepts

• Abmahnung

– Vorbereitung der Kündigung v.s.

– Aufbau konstruktiven „Leidensdruckes“

• Kündigung

– Verhaltens-/ oder personenbedingt? LAG Berlin vom 12.08.2014, 7 Sa 852/14

– Voraussetzungen

– Außerordentliche Kündigung

– Gestaltungsmöglichkeiten nach Kündigung?

II. „Arbeitssucht“ Müssen Arbeitnehmer vor sich selbst geschützt

werden?

• Unbeschränkte Verfügbarkeit?

• Schutzpflichten

• Psychische Gefährdungsbeurteilung

Unbeschränkte Verfügbarkeit Schutzpflichten zwischen „Privat“ und „Arbeit“

Ständige Erreichbarkeit

Fürsorgepflicht des Arbeitgebers

Vorgaben des Arbeitszeit-gesetzes

Vorgaben des Bundesurlaubs-

gesetzes

„Neu“: Psychische

Gefährdungs-beurteilung

Kennen Sie das? Morbus Blackberry

• Der Arbeitnehmer „checkt“ vor dem zu Bett gehen noch kurz seine E-Mails.

§ 3 ArbZG Die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden (…) verlängert werden. § 5 ArbZG

(1) Die Arbeitnehmer müssen nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden haben.

§ 16 ArbZG

(2) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die über die werktägliche Arbeitszeit des § 3 Satz 1 hinausgehende Arbeitszeit der Arbeitnehmer aufzuzeichnen (…)

Kennen Sie das? Morbus Blackberry

• Ein dringendes Telefonat wird im Urlaub erledigt, der geplante Familienausflug muss warten.

§ 7 BUrlG

(2) Der Urlaub ist zusammenhängend zu gewähren (…). Kann der Urlaub (…) nicht zusammenhängend gewährt werden, und hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaub von mehr als zwölf Werktagen, so muss einer der Urlaubsteile mindestens zwölf aufeinanderfolgende Werktage umfassen.

§ 13 BUrlG

(1) (…) Im übrigen kann, abgesehen von § 7 Abs. 2 Satz 2, von den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht zuungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden.

Psychische Gefährdungsbeurteilung Forderungen des Betriebsrats 2016?

• Arbeit auf Abruf und umfangreiche Überstunden sind zu vermeiden

• Arbeitsaufgaben sind vollständig zu stellen, nur vorbereitende oder nur ausführende Aufgabenstellungen sind zu vermeiden

• Der Beschäftigte muss Einfluss haben auf Inhalt, Pensum, Methode und Reihenfolge der Arbeitstätigkeit

• Tätigkeiten müssen der Qualifikation entsprechen, Über-/ Unterforderungen sind zu vermeiden

Neuerungen im Arbeitsschutzgesetz Die psychische Gefährdungsbeurteilung

Heisse Kursawe Eversheds befragte 545 Unternehmen:

www.heisse-kursawe.com