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Südasien: Uganda: Wasser: Den Schock überwinden Die Menschen brauchen Hilfe Mindestens fünf Liter täglich 1/2005 Akut: www.aerzte-ohne-grenzen.de

Südasien: Uganda: Wasser: Mindestens fünf Liter täglich · dass medizinische Hilfe allein nic ht ausreicht. Die Helfer treffen auf eine stark traumatisierte Bevölkerung: Die meisten

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Südasien: Uganda: Wasser:

Den Schock überwindenDie Menschen brauchen HilfeMindestens fünf Liter täglich

1/2005Akut:www.aerzte-ohne-grenzen.de

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ImpressumAnschrift der Redaktion:ÄRZTE OHNE GRENZEN e.V.Am Köllnischen Park 110179 BerlinTel.: 030 – 22 33 77 00Fax: 030 – 22 33 77 88E-Mail: [email protected]: www.aerzte-ohne-grenzen.de

Mitarbeit an dieser Ausgabe:Sergio Cecchini, Alina Kanitz, Christiane Löll, Petra Meyer, Ulrike von Pilar, Verena Schmidt, Florence Testa

Redaktion: Alina Kanitz, Verena SchmidtVerantwortlich: Petra MeyerFotos: Carla Ahlander, ÄRZTE OHNE GRENZEN,Christian Aslund, Sebastian Bolesch, Chris de Bode, Theresia Hupe, Roger Job, Gary Knigth/VII Photos, Stefan Pleger,Reveman/Wilkins, Dieter Telemans, Lui Thenu,Juan Carlos Tomasi, Francesco Zizola

Layout: moniteurs, BerlinLitho: highlevel, BerlinDruck: Druckhaus Mitte, BerlinErscheinungsweise: vierteljährlichAuflage: 152.000Gedruckt auf Envirotop: 100% Altpapier, mit dem blauen Umweltengel ausgezeichnet

Titelbild:Zwischen zerstörten Häusern in Banda Aceh im Norden Sumatras hat ÄRZTE OHNE GRENZEN einen Gesund-heitsposten zur Vorbeugung gegen Tetanus (Wundstarrkrampf ) errichtet. Die lebensbedrohliche Krankheit wird durch Bakterien übertragen, die durch offene Wunden in den Körper gelangen.© Francesco Zizola

Editorial:

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Seebeben: Stichwort verpflichtetDie Hilfe für die vom Seebeben betroffenen Menschen ist noch immerin vollem Gange. Insgesamt hat ÄRZTE OHNE GRENZEN seit der Naturkatas-trophe Hunderte von Mitarbeitern entsandt und viele Hundert TonnenHilfsgüter in die Region gebracht. Auch finanziell zählen die Projekte dortim Moment zu den größten - für die ersten Wochen liegt das Projektbudgetbei 24 Millionen Euro.Weshalb hat ÄRZTE OHNE GRENZEN trotzdem bereits einige Tage nach derKatastrophe die Spender gebeten, nicht mehr zweckgebunden für die Opferdes Seebebens zu sammeln? Angesichts der täglichen Fernsehbilder überdie Not der Menschen schien diese Nachricht widersprüchlich. Und in derTat, leicht ist uns diese Entscheidung nicht gefallen – doch schon nach denersten Tagen waren wir völlig überwältigt von der Hilfsbereitschaft und der Großzügigkeit unserer Spender. Das internationale Netzwerk von ÄRZTE OHNE GRENZEN hat bis Redaktions-schluss über 90 Millionen Euro erhalten. Allein die deutsche Sektion hattebereits in der ersten Woche über 20 Millionen Euro bekommen – mehr alsdie Gesamteinnahmen des Jahres 2003. Unserer Erfahrung nach sind beiKatastrophen mit großer medialer Aufmerksamkeit etwa 80 Prozent derSpenden mit einem Stichwort belegt. Rechtlich sind wir durch ein Stichwortverpflichtet, das Geld für den genannten Zweck auszugeben. Auch moralischfühlen wir uns an den Wunsch unserer Spender gebunden. Zum Zeitpunktdes Spendenstopps konnten wir bereits nicht mehr versprechen, allezweckgebundenen Gelder auch wirklich sinnvoll in der Seebebenregionausgeben zu können.Denn ÄRZTE OHNE GRENZEN konzentriert sich auf medizinische Nothilfe. Das bedeutet, dass wir vorrangig in der akuten Phase Soforthilfe leisten, uns aber meist nicht mit großen Projekten am jahrelangen Wiederaufbaubeteiligen. Deshalb sahen wir uns gezwungen, die Notbremse für Stich-wortspenden zu ziehen.Als wir die Diskussion um zweckgebundene Spenden angestoßen haben,waren zahlreiche Spender überrascht. Viele wussten nicht, wie sehr sie unsmit einem Stichwort binden und haben nachträglich ihre Spende freigege-ben. Wir selbst werden einen Großteil der anderen Spender ansprechenund um eine Freigabe der Stichwortspenden bitten. Denn wir brauchendringend weiterhin Unterstützung für unsere Arbeit im Sudan, im Kongo, in Uganda und vielen anderen Ländern. Für das Verständnis vieler Spender und ihr Vertrauen in unsere Arbeitmöchte ich mich an dieser Stelle ausdrücklich bedanken.

Dr. Ulrike von PilarGeschäftsführerin

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Inhalt:

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Südasien: Stichwort verpflichtet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Editorial von Dr. Ulrike von Pilar

Kurz notiert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Nachrichten aus aller Welt

Südasien: Den Schock überwinden . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Psychologen helfen Überlebenden des Seebebens

Seebeben: Per Helikopter zu den Menschen . . . . . . . .

Hilfe zu Land, zu Wasser und aus der Luft

Uganda: Die Menschen brauchen Hilfe . . . . . . . . . .

Eine Ärztin berichtet aus den Vertriebenenlagern

Wasser: Mindestens fünf Liter täglich . . . . . . . . . . .

Wie das Wasser in die Wüste kommt

Kleines Spenden-Einmaleins: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Bei Anruf Spende?

Leserbriefe und Spendenaktionen . . . . . . . . . . . . . .

Wer ist wo? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Unsere Mitarbeiter in den Projekten

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1516Wasser

Südasien

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Irak: ÄRZTE OHNE GRENZEN beendet ProjektarbeitEnde 2004 wurden im Irak alleProjekte von ÄRZTE OHNE GRENZENbis auf weiteres geschlossen, dadie Helfer extremen Sicherheits-risiken ausgesetzt waren. ZumZeitpunkt des Rückzugs waren alle gefährdet, die mit internatio-nalen Hilfsorganisationen inVerbindung gebracht wurden.Weder für internationale noch fürnationale Mitarbeiter konnte dieSicherheit gewährleistet werden.ÄRZTE OHNE GRENZEN bedauertdiesen Schritt zutiefst, da dieirakische Bevölkerung weiterhinauf humanitäre Hilfe angewiesenist. Alle Kriegsparteien im Irakhaben jedoch wiederholt gezeigt,dass sie unabhängige humanitäreHilfe nicht respektieren.

Tschad: Meningitisimpfung für 70.000 MenschenIm Tschad startete ÄRZTE OHNEGRENZEN Ende Januar eine Impf-aktion gegen Meningitis. Die Orga-nisation reagierte damit auf denAusbruch der hochansteckendenKrankheit in mehreren überfülltenFlüchtlingslagern an der Grenzezum Sudan. Die Impfkampagne,die mit lokalen Gesundheitsbe-hörden durchgeführt wurde, rich-tete sich an die Flüchtlinge und dielokale Bevölkerung. Meningitis isteine Entzündung der Hirnhaut.Auslöser der Epidemie waren Me-ningokokken (Bakterien) des TypsW135. „Ohne Behandlung könnenzwischen 50 und 80 Prozent derKranken sterben“, sagte Paul vanHaperen, Projektleiter von ÄRZTEOHNE GRENZEN im Tschad.

Kurz notiert: Nachrichten aus

Sudan: Die Gewalt in Darfur hält an Anfang Januar wurde ein Friedens-abkommen zwischen der sudane-sischen Regierung und denRebellen im Süden des Landesgeschlossen. Der Krieg im Süd-sudan dauerte zuvor 21 Jahre lang.ÄRZTE OHNE GRENZEN fürchtet,dass vor dem Hintergrund desFriedensabkommens der Konfliktin Darfur im Westen des Landesaus dem Blickpunkt der Welt-öffentlichkeit gerät. Gewalt undVertreibung halten dort nach wievor an. Im Dezember mussten beiÜberfällen auf ein Dorf, in demrund 1.500 Vertriebene Schutzgesucht hatten, auch fünf Mitar-beiter von ÄRZTE OHNE GRENZENvorläufig evakuiert werden. DieVertriebenen mussten mit denDorfbewohnern flüchten. „Es istsehr Besorgnis erregend, dassMenschen wiederholt zur Fluchtgezwungen werden und keinensicheren Ort finden“, sagt JeromeOberreit, Programmleiter vonÄRZTE OHNE GRENZEN. Im Sudansind etwa 280 internationale undmehr als 3.500 nationale Mitar-beiter im Einsatz.

Geduldig warten die Menschen in einem Vertriebenenlager in Darfurvor dem Gesundheitszentrum vonÄRZTE OHNE GRENZEN. Ein leichtesDach bietet Schutz vor der Sonne. © Theresia Hupe

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Nigeria: Mehr HIV/Aids-Kranke in BehandlungÄRZTE OHNE GRENZEN weitet dasAids-Behandlungsprogramm inder nigerianischen MillionenstadtLagos aus und wird die Zahl derPatienten von derzeit 250 auf fast1.000 zum Jahresende erhöhen.Das Projekt zur Versorgung vonHIV-Infizierten mit einer umfas-senden kostenlosen Behandlungund Beratung begann im Sommer2003 in einem städtischen Kran-kenhaus. Laut UN-Angaben sindvier Millionen Nigerianer mit demHI-Virus infiziert. Von 500.000Menschen, die dringend eineBehandlung mit antiretroviralenMedikamenten benötigen, erhal-ten derzeit nur 15.000 dieseTherapie. Dieses Projekt soll auchals Modell für die Verbesserungund Ausweitung der nationalenProgramme dienen.

aller Welt

Haiti: Zentrum fürGewaltopfer eröffnetSeitdem Präsident Aristide imFebruar 2004 Haiti verlassen hat,hält die Gewalt in dem politischinstabilen Land unvermindert an.Allein in Haitis Hauptstadt Port au Prince wurden seit Septembermehrere hundert Menschen beiBanden- und Rebellenkämpfenermordet. Zur Versorgung derGewaltopfer richtete ÄRZTE OHNEGRENZEN im Dezember ein Trau-ma-Zentrum in einem Slum derHauptstadt ein. Die Notaufnahmeist rund um die Uhr geöffnet, esgibt Operationssäle, Beratung fürOpfer sexueller Gewalt, Labor- undRöntgenräume. Bereits innerhalbder ersten fünf Wochen kamen 325Notfälle, fast alle mit chussverlet-zungen. Für die Rehabilitation derPatienten ist ÄRZTE OHNE GRENZENmit einer darauf spezialisiertenOrganisation in Kontakt.

Seit Ende 2004 läuft ein neuer Werbespot auf einigen

TV-Kanälen. Präsentiert wird dieArbeit von ÄRZTE OHNE GRENZEN.

© Reveman/Wilkins

Bei den Dreharbeiten:Vorbereitungen für die Kamerafahrt. © Reveman/Wilkins

Neuer TV-Spot präsentiertÄRZTE OHNE GRENZENEin Werbespot präsentiert seitEnde 2004 die Arbeit von ÄRZTEOHNE GRENZEN. In kostenlosenSchaltungen wird der „Count-down-Spot“ in TV-Kanälen undKinos ausgestrahlt. Der 50 Sekun-den lange Film wurde ÄRZTE OHNEGRENZEN unentgeltlich zur Ver-fügung gestellt. Gezeigt wird einelange Straße in Afrika. Eine Ärztinwill aus ihrem Fahrzeug springen,um zu helfen. Sie verharrt jedochwie eingefroren, während auf demBildschirm der Aufruf eingeblen-det wird: „Insert Coin to continue“– Spenden Sie, damit wir weiter-machen können. Die Idee stammtvon Marc Raymond Wilkins undJoakim Reveman. Der aktuelleWerbefilm schließt sich an denSpot „Game over“ an, der 2003beim internationalen Werbefestivalin Cannes ausgezeichnet wurde.Unterstützt wurde die Produktionu. a. von Scholz & Friends Berlinund Bigfish. Zu sehen ist der Spotauch auf unserer Internetseite www.aerzte-ohne-grenzen.de

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Zwei indonesische Mitarbeiter bilden daserste psychologische Team von ÄRZTE OHNEGRENZEN in Aceh. Sie erkennen schnell, wiedringend psychosoziale Hilfe gebraucht wird.Mit vier weiteren Kollegen – zwei Indonesiernund zwei internationalen Helfern – machen sie sich an die Arbeit. Alle verfügen über Erfahrung in akuten Krisensituationen.Um die Menschen möglichst schnell zu errei-chen, fahren sie mit den Teams der mobilenKliniken mit, die die Menschen entlang derNordküste medizinisch versorgen. Klagt einPatient über Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit,Angstgefühle, Magenprobleme oder ähnlichemöglicherweise psychosomatische Beschwer-den, wird ein Psychologe hinzugezogen.„Das erste Problem war der Mangel an Infor-mation“, sagt die Psychologin Laetitia deSchoutheete. „Nur wenige Menschen wussten,was ein Tsunami ist und interpretierten dieKatastrophe als Strafe Gottes, um dem Ereigniseinen Sinn zu geben. Um die Angst zu min-dern, hilft es sehr, wenn man den Tsunami als ein Naturphänomen versteht.“

Südasien:

Am 31. Dezember, fünf Tage nach dem schrecklichen Seebeben,

erreichen die ersten Psychologen von ÄRZTE OHNE GRENZEN die Region

Aceh im Norden der indonesischen Insel Sumatra. Denn schnell ist klar,

dass medizinische Hilfe allein nicht ausreicht. Die Helfer treffen auf

eine stark traumatisierte Bevölkerung: Die meisten Menschen vermis-

sen Kinder, Eltern oder Nachbarn und haben erlebt, wie ihr Dorf

von der Flutwelle weggespült wurde. Viele stehen unter Schock

und haben Angst vor einem neuen Tsunami.

Den Schock überwinden

Zwei Tage nach der verheerendenFlutwelle suchen die ÜberlebendenTrost – wie hier in Sri Lanka. © Gary Knigth / VII Photos

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Zur Information werden Handzettel gedrucktund verteilt. Auf Indonesisch und in der regio-nalen Sprache von Aceh erklären die Faltblät-ter, was ein Tsunami ist und welche Reaktionender Schock bei den Überlebenden hervorrufenkann. Denn Angst, Unruhe, Schlafstörungen,emotionale Verwirrung, Verhaltensänderungenund psychosomatische Erkrankungen sindtypische Reaktionen auf ein so außergewöhn-liches und unvorhersehbares Ereignis.„In den ersten 72 Stunden nach einer Katas-trophe befinden sich die Menschen in einemSchockzustand“, erklärt de Schoutheete.„Danach setzt die akute Stressphase ein. DieMenschen müssen deshalb so schnell wie mög-lich das Gefühl zurückgewinnen, dass sie dieKontrolle über ihr Leben selbst in der Handhalten.“ Zu Anfang können viele nicht einmalweinen, weil sich ihre Energie auf das bloßeÜberleben konzentriert. „Doch wenn der Alltagzurückkehrt, wird den Menschen richtig be-wusst, was passiert ist“, sagt die Psychologin.Der Ansatz, den ÄRZTE OHNE GRENZEN ver-folgt, ist eine kurze lösungsorientierte Thera-pie. Im ersten Schritt wird den Menschen dabeigeholfen, eine Verbindung zwischen demStress und ihren körperlichen Beschwerden

herzustellen. Sie erhalten die Möglichkeit, sich zu öffnen und zu reden. „Im zweitenSchritt fragen wir die Patienten, ob sie nach der Katastrophe Situationen erlebt haben, indenen sie sich etwas besser fühlten“, sagt dieindonesische Psychologin Faye. „Dadurcherkennen sie kleine positive Momente selbstund können sie als eigene Ressource nutzen.“Parallel dazu lernen sie Atem- und Entspan-nungsmethoden – und erhalten immer wiederdie Möglichkeit, über das Erlebte zu sprechen.Ein kleines Zelt oder eine Plane, die am Heckder Einsatzfahrzeuge angebracht ist, ermög-lichen etwas Vertraulichkeit. „Es ist wichtig,dass die Menschen ihre Gefühle und ihreTrauer ausdrücken können“, so Faye. Entschei-dend ist auch, dass der Zuhörende nicht selbstbetroffen ist und sich so wirklich auf dasErzählte konzentrieren kann.Um den Menschen längerfristig zu helfen,haben Psychologen-Teams von ÄRZTE OHNEGRENZEN inzwischen begonnen, in Zusam-menarbeit mit den örtlichen Gesundheitsein-richtungen an festen Orten zu arbeiten. Zudemsollen die Betroffenen in so genannten „Zuhör-Häusern“ reden oder sich ausruhen können. Sergio Cecchini

Ein Mann sitzt vor denTrümmern seiner Stadt in derstark zerstörten Region Aceh.ÄRZTE OHNE GRENZEN schicktemehr als 100 Helfer dorthin. © Christian Aslund

Mit mobilen Kliniken unterstützenÄrzte, Krankenschwestern undPsychologen die Menschen in dernördlichen Provinz Aceh, Indonesien. © ÄRZTE OHNE GRENZEN

Weitere Informationen über die Aktivitätenin den Seebeben-Gebieten finden Sie in diesem Heft auf den Seiten 8/9 und unter www.aerzte-ohne-grenzen.de

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Die Region Aceh im Norden der indonesischen Insel Sumatra und die Küstengebiete Sri Lankas werden bei dem verheerenden Seebeben am 26. Dezember besonders schwer getroffen.ÄRZTE OHNE GRENZEN ist zwei Tage später mit den ersten Helfern vor Ort. Insgesamt schickt dieOrganisation rund 200 Mitarbeiter und mehr als 2.000 Tonnen Hilfsgüter * in die betroffenen Länder.(*Stand bei Redaktionsschluss, mehr Informationen unter: www.aerzte-ohne-grenzen.de)

Seebeben:Hilfe zu Land, zu Wasser und aus der Luft

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Das Greenpeace-Schiff „Rainbow Warrior“bringt Hilfsgüter nach Sumatra. DieUmweltschutzorganisation und ÄRZTEOHNE GRENZEN arbeiten zusammen, umNahrungsmittel, medizinisches Material, ein Feldlazarett, Generatoren und Treibstofffür Helikopter in die verwüstete Region zutransportieren. Einige Häfen sind so starkzerstört, dass die Fracht in kleineren Bootenan Land gebracht werden muss. © Christian Aslund

Per Helikopter fliegen medizinische Teams mitHilfsgütern schwer zugängliche Dörfer in derRegion Aceh an. Die Teams bleiben für einigeStunden, behandeln Verletzte und bringen aufdem Rückflug Verwundete in Krankenhäuser.Weil die Flutwelle Straßen und Brücken zerstörthat, sind viele Menschen von der Hilfe auf demLandweg abgeschnitten. © Francesco Zizola

In einem Krankenhaus in Banda Aceh aufSumatra installiert ÄRZTE OHNE GRENZENein Notwassersystem. Mangelndes Wasserund fehlende Sanitäranlagen sind nach der Flutkatastrophe ein großes Problem. © Lui Thenu

Kinder unter fünf Jahren sind besondersgefährdet. Sie sind anfälliger für Infektionen,leiden stärker unter Nahrungsmangel undKälte. Die häufigsten Krankheiten, die ÄRZTEOHNE GRENZEN in der Seebeben-Regionbehandelt, sind entzündete Wunden, Knochen-brüche, Atemwegs- und Durchfallerkran-kungen sowie Tetanus (Wundstarrkrampf ). © Francesco Zizola

In den ersten Tagen nach der Katastropheprüfen Erkundungsteams von ÄRZTE OHNEGRENZEN die Notlage. Zerstörung undHilflosigkeit sind vielerorts groß. In Indien(Foto), Thailand und Somalia hilft ÄRZTEOHNE GRENZEN mit kleineren Projekten. In Sri Lanka und Indonesien laufen großeHilfsprogramme an. © Dieter Telemans

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Was sind die größten Probleme der Menschen in den Camps von Lira? Ganz wichtig ist natürlich die Sicherheit. DieLager werden zwar von der ugandischen Armeebewacht, aber außerhalb haben die Menschenkeinerlei Schutz vor Gewalt. Zudem leben siesehr beengt in selbstgebauten Hütten oderZelten. Meist liegen die Lager in kleinen Ort-schaften, die durch die Vertriebenen aus allenNähten platzen. Es fehlt an Trinkwasser, teil-weise auch an Nahrung, denn oft haben dieMenschen keinen Platz, um etwas anzubauen.Die Grausamkeiten des Krieges sind allgegen-wärtig und viele leiden an den seelischenFolgen. Arbeitslosigkeit und die aussichtsloseLage befördern außerdem Alkoholprobleme.Die alten sozialen Strukturen der Dörfer sind in den Lagern nicht mehr vorhanden.

2on.B. / 32o ö.L.Uganda:

Katja Hilgenstock untersucht einen kleinenPatienten in Lira.© privat

Seit 18 Jahren tobt im Norden Ugandas ein brutaler

Bürgerkrieg zwischen der Regierung und den Rebellen der

Lord's Resistance Army (LRA). 1,6 Millionen Menschen sind

vor Angriffen, Folter und Entführungen aus ihren Heimat-

dörfern geflohen und in Lagern untergekommen. Viele

von ihnen sind krank oder traumatisiert, zahlreiche Kinder

unterernährt. Trotz internationaler Hilfe ist die Anzahl

der Todesfälle in den Lagern alarmierend hoch, wie eine

Studie von ÄRZTE OHNE GRENZEN dokumentiert. Die Ärztin

Katja Hilgenstock hat bis zum Jahresende im Distrikt

Lira gearbeitet, wo rund 300.000 Vertriebene leben.

Die Menschenbrauchen Hilfe

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Unter welchen Krankheiten leiden die Menschen am meisten? Sehr häufig unter Malaria, Atemwegserkran-kungen oder Durchfall. Oft kamen auch schwerunterernährte Kinder, die wir in unserem Ernäh-rungszentrum aufgepäppelt haben. Es gaberschreckend viele Tuberkulosefälle unter den Vertriebenen und viele Menschen mit HIV-Infektionen. Wegen der vielen psychischenErkrankungen gehörte zu den medizinischenTeams immer auch ein Psychologe.

In der Studie von ÄRZTE OHNE GRENZEN wird von schrecklichen Gräueltaten berichtet:Ganze Dörfer wurden niedergebrannt, Kindersystematisch von den Rebellen entführt,Männer getötet und Frauen vergewaltigt. Was hast du davon mitbekommen? Die Überfälle sind in der Zeit, in der ich dortwar, weniger geworden. Doch fast jeder hatteSchreckliches erlebt, auch unsere ugandischenMitarbeiter. Viele erzählen direkt davon, beianderen merkt man es nur am Verhalten, etwawenn eine Mutter völlig apathisch ist und nichtmehr auf ihre Kinder reagiert. Manche Men-schen wirken abgestumpft oder depressiv, esgibt auch Selbstmorde. Zum Teil haben dieMenschen selbst versucht, das Geschehene mitGesang, Tanz und Theater zu verarbeiten. Dashaben unsere Psychologen natürlich gefördert.Manchmal war es für mich fast befremdlich,wenn in einem Theaterstück über etwasGrausames gelacht wurde.

Wie hast du selbst diese Grausamkeit verarbeitet? Als ich zum ersten Mal eine Patientin behan-delte, deren Lippen und Ohren abgeschnittenworden waren, bin ich hinterher in Tränen aus-gebrochen. Aber es war sehr positiv, zu sehen,wie diese Frau sich im Laufe der Zeit wiedererholte. Sie wurde später von ugandischen plastischen Chirurgen operiert. Zum Glück war ich mit solchen Erlebnissen nicht allein,sondern konnte mit meinen Kollegen darübersprechen. Ein starkes Gegengewicht warenauch die Dankbarkeit und Freundlichkeit, die uns die Menschen entgegenbrachten.

Was ist nötig, um den Menschen dauerhaft zu helfen? Das Allerwichtigste wäre ein Ende des Krieges.Solange Frieden aber nicht in Sicht ist, müssendie Lebensbedingungen in den Vertriebenen-Camps verbessert werden. Dazu ist mehr koordinierte Hilfe nötig, sowohl von außen alsauch von der ugandischen Regierung, denn dieKapazitäten der Nichtregierungsorganisatio-nen sind begrenzt. Durch unsere Hilfe und dieanderer Organisationen hat sich vieles schonverbessert, aber es ist noch nicht genug.Das Gespräch führte Verena Schmidt

In den Vertriebenen-Camps in Lira leben oft acht bis zehn Menschen in einem Zelt oder einer selbst gebauten Lehmhütte.© Stefan Pleger

Die zehnjährige Evelyn musste vorden Rebellen aus ihrem Dorf fliehen.

Die rote Schultasche, die ihrGroßvater für sie gemacht hat,

ist alles, was sie von Zuhause mitnehmen konnte.

© Chris de Bode

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Täglich fünf Liter Trinkwasser sind dasMinimum für eine Person. 20 Liter gelten alsRichtwert für einen längeren Zeitraum. „FünfLiter reichen gerade mal zum Trinken undKochen“, sagt David Treviño, der die logistischeHerausforderung kennt, wenn tausende Men-schen mit sauberem Wasser versorgt werdenmüssen. So wie 1994 in Tansania, als innerhalbweniger Tage 350.000 Flüchtlinge aus dembenachbarten Ruanda ins Land kamen. „Wirbetreuten ein anderes Flüchtlingslager undwaren deshalb in der Nähe. Als die vielen Men-schen kamen, mussten wir schnell reagierenund improvisieren“, erinnert er sich. ZweiMillionen Liter Wasser wurden pro Tag ge-braucht. Als Quelle gab es nur einen kleinenSee. So gut es ging, konstruierten die Mitar-beiter eine Anlage mit Pumpstation, Tank und 50 Wasserhähnen. Ständig mussten Druck und Hähne kontrolliert werden. „Doch fürsErste hat es gereicht.“

Logistik:

Für die Wasserblase wurde einErdhügel angehäuft. David Treviñoschließt den Abfluss an, bevor die2.000-Liter-Blase gefüllt wird. © Juan Carlos Tomasi, Indien

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Wie kommt das Wasser in die Wüste?Die Ladung auf dem Lkw sieht aus wie eine Großlieferung vom Baumarkt. Rohre,

Pumpen, Wasserhähne, Tanks und Kanister werden abgeladen und auf der staubigen

Erde abgestellt. Viele Hände packen an, damit nach wenigen Stunden das erste

Trinkwasser fließen kann. „Wasser ist das Wichtigste überhaupt“, sagt David Treviño,

Logistiker bei ÄRZTE OHNE GRENZEN. Im Flüchtlingslager, nach einem Erdbeben oder

bei einer Flut – auf sauberes Wasser können die Menschen nicht verzichten.

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In Indien, wo im Januar 2001 ein schweresErdbeben die Region Gujarat an der Westküsteerschütterte, existierte ein funktionierendesWassersystem. „Leitungen waren da, aber dieendeten plötzlich unter eingestürzten Häusernund niemand traute sich dorthin“, berichtetTreviño. Doch die Menschen brauchten Wasser.Zwei, drei Kilometer entfernt gab es einenBrunnen. Neue Leitungen zu verlegen, hätte zulange gedauert. „Also bauten wir im Lager eineAnlage mit einer Wasserblase, die 15.000 Literfasste und an die eine Zapfstation mit mehre-ren Hähnen angeschlossen war“, erklärt derLogistiker. „Dann holte der Tank-Lkw Wasseraus dem Brunnen. Das wurde in die Wasserblasegefüllt und gechlort, um Keime und Krank-heitserreger abzutöten. Während die Menschenan der Zapfstation ihre Kanister füllten, war der Lkw längst wieder zum Brunnen unterwegs.Der 34-Jährige „Watsan“-Fachmann Treviñoarbeitet seit elf Jahren für ÄRZTE OHNE GREN-ZEN. „Watsan“ steht für die englische Bezeich-nung water and sanitation, also Wasser undHygiene - neben Nahrung, Unterkunft undmedizinischer Betreuung eine wichtige Voraus-setzung für die Versorgung in Krisengebieten.„In Lagern leben viele Menschen auf engstemRaum zusammen. Sie haben ihr Zuhause verlo-ren und sind oft körperlich geschwächt“, sagtDavid Treviño. So können Krankheitserreger im Wasser im schlimmsten Fall Epidemien aus-lösen. Damit das nicht passiert, wird mit Chlor

entkeimt. Das ist schnell und effektiv, für15.000 Liter brauchen die Wasser-Experten nur eine halbe Stunde. Eine Methode, die auchin Deutschland, z. B. bei der Aufbereitung vonSeewasser, üblich ist. Danach ist es fast geruch-,geschmack- und farblos und ohne Problemegenießbar. „Außerdem bleibt ein Rest Chlor im Wasser und reinigt dadurch indirekt dieKanister, mit denen die Leute das Wasserholen.“ In Tansania floss der erste Tropfen Trinkwassernach zwölf Stunden. „Nachts um eins began-nen wir zu bauen“, berichtet Treviño. Morgensum sechs hatte er schon 500 Helfer. Mittagskonnten die ersten ihre Kanister füllen. In denfolgenden Tagen errichtete das Team auf einerFläche, groß wie drei Fußballfelder, eine kom-plette Anlage mit mehreren Wasserblasen undeinem Rohrleitungssystem. Ein wichtigerSchritt zur Versorgung der Flüchtlinge wargeschafft.Und wie kommt das Wasser in die Wüste?„Flüchtlinge lassen sich fast immer in Wasser-nähe nieder oder werden gezielt dort angesie-delt“, antwortet David Treviño. „Und wenn es überhaupt kein Wasser gibt oder Brunnen bohren keine Alternative ist, müssen wir eseben mit Tankwagen zu den Menschen bringen- aus entfernteren Seen oder Flüssen. Lieber viel schmutziges Wasser als wenig sauberes.Reinigen können wir es immer, aber nicht produzieren.“Alina Kanitz

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Die Wasserblasen können bis zu 15.000 LiterWasser aufnehmen. © Roger Job, Liberia

Bau einer Trinkwasseranlage an einem See oder Fluss

Benötigt werden Schläuche, Wasser-hähne, Pumpen und eine oder mehrereWasserblasen. Eine Wasserblase ist ein flacher Tank mit flexibler Außenhautfür 5.000 bis 15.000 Liter.Für die Wasserblasen wird meist eineAnhöhe gebaut, damit das Wasser ohnePumpe durch Schläuche nach unten fließen kann. Dort wird eine Verteilstationmit mehreren Wasserhähnen ange-schlossen.Rohre werden verlegt, durch die dasWasser aus dem See oder Fluss in dieWasserblasen gepumpt wird.Stark verschmutztes Wasser wird in einem Extra-Tank sedimentiert: ein Verfahren, bei dem sich dieSchmutzteilchen absetzen.In die gefüllten Wasserblasen wird schließ-lich flüssiges Chlor gegeben. Eine halbeStunde später ist das Wasser entkeimt.

Logistiker David Treviño © Carla Ahlander

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Form der Werbung gemacht. „Erst fand ich, ein Brief seianständiger. Aber er ist auch unpersönlicher, man lässt ihn eher liegen. Am Telefon höre ich eine Stimme, und dieAnrufer waren auch sehr freundlich und zurückhaltend.“Nach ihrer früheren Spende an ÄRZTE OHNE GRENZEN warihr positiv aufgefallen, dass nicht zu häufig „Bettelbriefe“kamen. Die Sympathie für die Organisation war da, und sie entschied sich während des Anrufs, regelmäßige Unterstützerin zu werden.Damit war Juliana Fiebig nicht allein: Mehr als 20 Prozentder Angerufenen tätigten eine Spende. Viele weitere batenum die Zusendung von Informationen oder Überweisungs-trägern. Negative Reaktionen gab es auch, aber nur wenige.„Aus unserer Sicht war der Test ein Erfolg“, sagt JulianeKreutziger, die die Aktion in der Spendenabteilung vonÄRZTE OHNE GRENZEN betreut. „Auch viele, die nicht spenden wollten, zeigten Verständnis für den Anruf.“

Wie stehen Sie zu Spendenbitten am Telefon? Schreiben Sie uns Ihre Meinung! Per E-Mail an [email protected] oder per Post an ÄRZTE OHNE GRENZEN e.V., Juliane Kreutziger, Am Köllnischen Park 1, 10179 Berlin

Werbung am Telefon mag Juliana Fiebig eigentlich nicht.„Oft lege ich gleich auf“, erzählt die Nürnberger Lehrerinim Ruhestand. „Als mich das erste Mal eine Spendenorga-nisation anrief, fand ich es unerhört, mir so mit der Tür insHaus zu fallen. Ich hatte das Gefühl, mich viel zu schnellentscheiden zu müssen.“Anders als bei kommerzieller Werbung sind Anrufe mitSpendenbitten bei bekannten Spendern oder Interessentenohne ausdrückliche Einwilligung erlaubt. Doch lange über-wogen bei ÄRZTE OHNE GRENZEN die Bedenken – trotz guterErfolge anderer Organisationen. Im Frühjahr letzten Jahresentschieden wir uns dann für einen Test. In mehrerenPhasen riefen Mitarbeiter einer Telemarketing-AgenturSpender an und baten sie um erneute Unterstützung - imIdealfall über einen verwaltungstechnisch unaufwändigenBankeinzug. Wer jedoch im Gespräch darauf hinwies, der-artige Anrufe nicht zu wünschen, wurde aus der Telefonlistegestrichen.Juliana Fiebig gehörte zu der ausgewählten Test-Gruppe.Sie hatte vor Jahren einmal für die Projekte von ÄRZTE OHNEGRENZEN gespendet, seitdem nicht mehr. Als der Spenden-Anruf kam, hatte sie sich schon ihre Gedanken über diese

Der Zweck heiligt die Mittel? Das finden wir nicht, auch nicht bei derSpendenwerbung. ÄRZTE OHNE GRENZEN ist es wichtig, nicht nur ehrlich undtransparent zu informieren, sondern auch, Spender in keiner Weise zu bedrän-gen. Dennoch können wir auf gezielte Spenden-Bitten nicht verzichten. Am so genannten Telemarketing, der telefonischen Spendenwerbung, scheidensich allerdings die Geister. Was der eine als Belästigung empfindet, ist für denanderen willkommene Information und Spenden-Erinnerung. Wir haben dahereinen Testlauf gemacht: Im vergangenen Jahr beauftragten wir eine Telefon-Agentur damit, Spender anzurufen und um erneute Unterstützung zu bitten.

Kleines Spenden-Einmaleins:

Bei Anruf Spende?

ÄRZTE OHNE GRENZEN am Telefon:

Juliane Kreutzigerbetreut das

Telemarketing.© ÄRZTE OHNE GRENZEN

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Kirsten Schubert (ganz rechts) und ihre Freiburger Aktionsgruppebeim Spendensammeln. © privat

Hilfe für DarfurKontakt und Austausch über die Grenzen hinweg – darauf zielt dieMedizinstudierenden-Organisation International Federation of MedicalStudents’ Association. Ihr deutscher Zweig zeigt derzeit, was daraus entstehenkann. Angeregt durch den Vortrag einer sudanesischen Medizinstudentinstartete die Vereinigung eine Spendenaktion für die Nothilfe von ÄRZTE OHNEGRENZEN in Darfur. An 25 Universitäten ziehen Aktionsgruppen durch dieMedizin-Vorlesungen, informieren mit einer Präsentation über die Lage in Darfur und sammeln Spenden. Mit großem Erfolg: „So still habe ich denHörsaal mit 300 Leuten sonst nie erlebt“, erzählt die Initiatorin KirstenSchubert. „12.000 Euro haben wir aus den Sammeldosen schon gezählt.“ Die Freiburger Studentin und ihre Mitstreiter überlegten nach dem Seebebenin Südasien kurz, ob sie mit der Aktion jetzt nicht die Opfer dieser Katastrophebedenken sollten. „Aber dann wurde uns klar, dass die Menschen in Darfurvielleicht sogar umso mehr Aufmerksamkeit und Hilfe brauchen, wenn die ganze Welt nach Südasien schaut“. Wir bedanken uns herzlich für das großartige Engagement!

Bitte schreiben Sie uns, was Sie über die Berichte und Interviews in AKUT denken. Wir freuen uns über Ihre Anregungen und Kritik.

ÄRZTE OHNE GRENZEN e.V.Verena SchmidtAm Köllnischen Park 110179 Berlin [email protected]

Hallo und guten Tag,

mit großem Interesse habe ich die aktuelle Ausgabe von Akut und den

Begleitbrief gelesen, in dem das Problem der Versorgung von Kindern mit

HIV-Medikamenten geschildert wird. Eine Anregung meinerseits wäre es,

Informationen dahingehend zu konkretisieren, dass interessierte Leser/

Spender sich einschalten können. So würden mich die Namen und Adressen

der Firmen interessieren, die keine kindgerecht dosierten Medikamente

gegen die HIV-Infektion herstellen können bzw. wollen.

Dies gilt natürlich nur, falls es in Ihrem Interesse ist, dass Ihre Mitglieder,

Leser und Spender entsprechende kritische Schreiben verfassen, um

öffentlichen Druck zu erzeugen oder zumindest bestimmten Firmen oder

Regierungen zu dokumentieren, dass ihre Handlungsweisen in den

Blickpunkt der Öffentlichkeit geraten (sind).

Mit freundlichen Grüßen

Holger Knieper

Hinweis der Redaktion:

Wir begrüßen das Engagement

unserer Leser für kindgerechte

HIV-Medikamente. Wer zu diesem

Thema aktiv werden möchte,

kann unter der Leserbrief-Anschrift

weitergehende Informationen

und eine Adressliste anfordern.

Leserbriefe und Spendenaktionen:

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Wer ist wo?

Unser Einsatz braucht Ihre UnterstützungSpendenkonto 97 0 97Sparkasse BonnBLZ 380 500 00

www.aerzte-ohne-grenzen.de

Träger des Friedensnobelpreises 1999

1 Angola Annegret Bek/Krankenschwester, Stefanie von Freyhold-Hünecken/Hebamme, Christoph Jankhöfer/Logistiker, Anja Kurz/Krankenschwester, Jens Schumacher/Logistiker 2 Äthiopien Carla Erler/Laborantin 3 Bangladesch Ursula Hof/medizinisch-technische Assistentin*, Susanne Stein/Krankenschwester 4 Burundi Rainer Baumann/Chirurg, Christa Därr/Krankenschwester, Julia Heermann/Hebamme, Katja Javaid/Krankenschwester, Kati Köppe/Krankenschwester, Elisabeth Riedewald/Ärztin, Jerg Seipel/Logistiker, Ulf Trostdorf/Chirurg, Birgit Walter/Ärztin 5 D.R. Kongo Tanja Brandenburg/Ärztin, Tobias Ballerstedt/Logistiker, Constanze Hach/Ärztin, Katja Hilgenstock/Ärztin, Bettina Klatt/Ärztin, Oliver Schulz/Logistiker, Roland Zech/Logistiker 6 Elfenbeinküste Jan Brommundt/Anästhesist, Christiane Fritz/Krankenschwester, Alexander Karl/Arzt 7 GuatemalaFrank Dörner/Arzt* 8 Guinea Silke Krämer/Chirurgin 9 Haiti Andreas Brüchle/Finanzen* 10 Indien Stefan Hilscher/Psychologe,Kirsten Resch/Ärztin 11 Indonesien Lucia Gunkel/Krankenschwester, Tim Haus/Logistiker, Andrea Oswald/Krankenschwester,Christian Pobloth/Logistiker, Peter Rehse/Logistiker, Angelika Scheack/Krankenschwester, Joachim Tisch/Logistiker, Sven Werner/Logistiker 12 Kenia William Nyabyenda/Logistiker 13 Kolumbien Isabel Heesen/Ärztin, Tina Langhans/Krankenschwester,Elisabeth Kley/Psychologin 14 Kongo-Brazzaville Nicolas Chretien/Logistiker*, Julia Hermes/Ärztin, Petra Maagh/Ärztin15 Liberia Miriam Bongartz/Krankenschwester, Gudrun Jellinghaus/Anästhesistin, Klaudia Lehmann/Ärztin, Tilmann Liebs/Krankenpfleger, Bernhard Mandrella/Chirurg, Eva Rempis/Ärztin, Dirk Zeiler/Anästhesist 16 Mosambik Heike Mertinkat/Krankenschwester 17 Myanmar (Birma) Michael Bader/Logistiker, Verena Dicke/Ärztin, Volker Westerbarkley/Arzt, Dagmar Wood/Finanzen* 18 Nigeria Judit Andreae/Ärztin, Sebastian Weber/Landeskoordinator* 19 Sambia Ralph Melcher/Logistiker, EstherMtumbuka/Ärztin 20 Sierra Leone Barbara Gutsche/Krankenschwester, Maria Overbeck/Ärztin 21 Somalia Oliver Adams/Arzt,Karl Eiter/Arzt, Ina Hammesfahr/Hebamme, Heiko Hering/Krankenpfleger*, Christoph Hippchen/Logistiker, Gisa Kohler/Krankenschwester, Gabriele Kortmann/Chirurgin, Volker Lankow/Krankenpfleger*, Michael Rogalli/Logistiker*, Melanie Silbermann/Krankenschwester 22 Sri Lanka Anne Pillot/Psychologin 23 Sudan Michael Bamme/Logistiker, Liane Behrens/Krankenschwester,Andreas Bründer/Logistiker*, Daniel Cobold/Krankenpfleger, Susanne Döring/Hebamme, Tirzah Falkenburg/Krankenschwester,Olivier Fiolleau/Administrator, Katrin Friedrich/Krankenschwester*, Fernando Galvan/Logistiker, Isabelle von Glasenapp/Ärztin,Katja Grahmann/Krankenschwester, Heinz Henghuber/Finanzen*, Frauke Jochims/Ärztin, Marius Müller/Arzt, Christine Nass/Krankenschwester, Tanja Reichl-Petsch/Ernährungswissenschaftlerin, Gabriele Reinelt/Ärztin, Joachim Scale/Logistiker, Yvonne Sobeslav/Krankenschwester, Ilva Tente/Ärztin, Rico Wallenta/Logistiker, Claudia Weidenbrück/Krankenschwester, Ulrich Wortmann/Arzt 24 Thailand Tanja Ebell/Ärztin 25 Tschad Rose Ansorge/Ärztin, Jade Pena/Ärztin* 26 UgandaIsabel Borrmann/Krankenschwester, Patricia Foucault/Administratorin, Matthias Hrubey/Arzt, Bernhard Thurner/Arzt27 Usbekistan Markus Fritz/Psychologe, Christine Roloff/Administratorin* Koordinator/in

Zurzeit werden 108 Projektstellen in 27 Ländern von Mitarbeiternaus Deutschland besetzt.(Stand: 1. Februar 2005, zusam-mengestellt von Florence Testa)

Als internationale Organisationbetreut ÄRZTE OHNE GRENZENweltweit Projekte in mehr als 75 Ländern.

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