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Ticks Deutsche Börse AG Media Relations Mergenthalerallee 61 65760 Eschborn Postanschrift 60485 Frankfurt am Main Telefon +49-(0) 69-2 11-17854 Fax +49-(0) 69-2 11-11501 Internet deutsche-boerse.com E-Mail social-media@ deutsche-boerse.com Folge 2: Clearing und Zentrale Kontrahenten Der Mensch handelt. Das hat er immer schon getan, es liegt praktisch in sei- ner Natur. Man trifft sich, der eine hat etwas, was der andere nicht hat, aber gerne hätte, also bietet man ihm etwas zum Tausch an. Was früher Felle, Werkzeuge oder Nahrungsmittel waren, sind heute Schuldscheine und Wert- papiere. Je zivilisierter wir wurden, desto strukturierter wurde auch der Han- del - bis hin zu festen Handelsplätzen. Eine Börse ist zunächst einmal nichts anderes als ein solcher Handelsplatz. Ein Marktplatz auf dem verschiedene Marktteilnehmer verschiedene Waren handeln. Früher geschah dies zumeist in Form eines Tauschgeschäftes: Gibst Du mir 3kg Zucker, gebe ich Dir 10kg Mehl. Das kannte man schon von den Marktplätzen im Altertum. Später fielen darunter regelmäßige Zusammenkünf- te von Kaufleuten. So auch im Brügge des beginnenden 15. Jahrhunderts, als eine Kaufmannsfamilie maßgeblich zur Schöpfung des heutigen Begriffs der Börse beitrug: die Familie van der Bourse. Regelmäßig luden sie in ihrem Haus befreundete, meist italienische Kaufleute zum Handel mit Waren, Schuldscheinen und Münzen ein. Neu daran war, dass dieser Tausch nicht, wie beispielsweise im Italien der Renaissance, an nicht festgelegten Orten zu nicht festgelegten Zeiten stattfand, sondern viel- mehr ein gemeinsamer Handelsplatz und eine einheitliche Handelszeit einge- halten wurden. Später übertrug man den Familiennamen zunächst auf die Treffen, dann auf das Handelsgebäude selbst. So wurde 1409 in Belgien die erste Börse der Welt geboren. Die Frankfurter Wertpapierbörse war zwar nicht die erste Börse in Deutschland, wurde aber nach ihrer Gründung 1585 schnell zum wichtigsten deutschen Handelsplatz – und das ist sie heute noch immer. On-Exchange Heute ist eine Börse ein organisierter Markt für den Handel mit Vermögens- werten. Kennzeichen eines solchen Handels sind: - eine Vielzahl von miteinander konkurrierenden Anbietern und Nachfragern nach vertretbaren Gütern - der Kontrahierungszwang, d.h., dass als Grundlage eines jeden Handels ein Vertrag aufzusetzen ist - die Erfordernis einer bestimmten Zulassung der Handelsteilnehmer (Bonität) - der Handel nach festgelegten, von der Börse definierten Regeln - eine nach vorgeschriebenen Regeln stattfindende Preisbildung - die ständige Veröffentlichung von Preisen und Umsätzen - Überwachung der Regeln

T folge3 börsen- und otc-handel

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Folge 2: Clearing und Zentrale Kontrahenten

Der Mensch handelt. Das hat er immer schon getan, es liegt praktisch in sei-

ner Natur. Man trifft sich, der eine hat etwas, was der andere nicht hat, aber

gerne hätte, also bietet man ihm etwas zum Tausch an. Was früher Felle,

Werkzeuge oder Nahrungsmittel waren, sind heute Schuldscheine und Wert-

papiere. Je zivilisierter wir wurden, desto strukturierter wurde auch der Han-

del - bis hin zu festen Handelsplätzen.

Eine Börse ist zunächst einmal nichts anderes als ein solcher Handelsplatz.

Ein Marktplatz auf dem verschiedene Marktteilnehmer verschiedene Waren

handeln. Früher geschah dies zumeist in Form eines Tauschgeschäftes: Gibst

Du mir 3kg Zucker, gebe ich Dir 10kg Mehl. Das kannte man schon von den

Marktplätzen im Altertum. Später fielen darunter regelmäßige Zusammenkünf-

te von Kaufleuten. So auch im Brügge des beginnenden 15. Jahrhunderts, als

eine Kaufmannsfamilie maßgeblich zur Schöpfung des heutigen Begriffs der

Börse beitrug: die Familie van der Bourse.

Regelmäßig luden sie in ihrem Haus befreundete, meist italienische Kaufleute

zum Handel mit Waren, Schuldscheinen und Münzen ein. Neu daran war,

dass dieser Tausch nicht, wie beispielsweise im Italien der Renaissance, an

nicht festgelegten Orten zu nicht festgelegten Zeiten stattfand, sondern viel-

mehr ein gemeinsamer Handelsplatz und eine einheitliche Handelszeit einge-

halten wurden. Später übertrug man den Familiennamen zunächst auf die

Treffen, dann auf das Handelsgebäude selbst. So wurde 1409 in Belgien die

erste Börse der Welt geboren. Die Frankfurter Wertpapierbörse war zwar nicht

die erste Börse in Deutschland, wurde aber nach ihrer Gründung 1585

schnell zum wichtigsten deutschen Handelsplatz – und das ist sie heute noch

immer.

On-Exchange

Heute ist eine Börse ein organisierter Markt für den Handel mit Vermögens-

werten. Kennzeichen eines solchen Handels sind:

- eine Vielzahl von miteinander konkurrierenden Anbietern und Nachfragern

nach vertretbaren Gütern

- der Kontrahierungszwang, d.h., dass als Grundlage eines jeden Handels ein

Vertrag aufzusetzen ist

- die Erfordernis einer bestimmten Zulassung der Handelsteilnehmer (Bonität)

- der Handel nach festgelegten, von der Börse definierten Regeln

- eine nach vorgeschriebenen Regeln stattfindende Preisbildung

- die ständige Veröffentlichung von Preisen und Umsätzen

- Überwachung der Regeln

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Zusammengefasst hat eine Börse vier Funktionen: Das Zusammenführen von

Angebot und Nachfrage, das Bereitstellen eines Umfeldes, in dem Unterneh-

men durch Emission von Wertpapieren Geldkapital aufnehmen können, das

Gewährleisten der Verkaufs- und Übertragungsmöglichkeit von Wertpapieren

zu jeder Zeit sowie das Feststellen des aktuellen Marktpreises für einzelne

Wertpapiere und damit der Marktwerte der betreffenden Unternehmen.

Unterscheiden lassen sich Börsen beispielsweise nach Handelsobjekten. Da-

runter fallen Wertpapierbörsen, Edelmetall-, Devisen- und Warenbörsen. Des-

weitern kann man ganz traditionell nach der Geschäftsart unterscheiden. So

gibt es einerseits den Kassamarkt (bspw. Xetra), also den Bereich der Börse,

bei dem die Ausführung einer Wertpapierorder und ihre Erfüllung zeitlich eng

beieinander liegen. In Deutschland beträgt dieser Zeitraum zwei Börsentage.

Dem gegenüber steht zudem der Terminmarkt (z.B. die Eurex), an dem Ter-

minkontrakte auf Waren oder Finalprodukte gehandelt werden, bei denen

Abschluss und Erfüllung zeitlich getrennt voneinander erfolgen. Letztlich die

Unterscheidung nach Organisationsform, sprich Parketthandel (traditionell,

wie ehemals an der FWB) und Computerhandel (modern, wie derzeit der

Handel über Xetra).

Wie der Börsenhandel funktioniert, lässt sich anhand dieser Grafik erkennen:

http://www.boerse-frankfurt.de/DE/index.aspx?pageID=44&NewsID=97

Eine Börse bietet einen relativ unabhängigen Marktplatz mit hoher Transpa-

renz des Handels, da Preise und Handelsvolumina ständig veröffentlicht wer-

den müssen. Zudem findet sich an einer Börse dank der Zentralisierung des

Marktgeschehens eine hohe Liquidität. Für eine hohe Sicherheit des Handels

sorgen Aufsichtsorgane (wie der Börsenrat oder die Handelsüberwachungsstel-

le) und technische Sicherheitssysteme sowie die Standardisierung der gehan-

delten Produkte. Dem gegenüber steht der Over-the-Counter-Markt (OTC), also

der außerbörsliche Markt für Wertpapiere.

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Off-Exchange

Ein sog. OTC-Markt ist nicht lokalisiert und hat keine festen Handelszeiten.

Preise werden an diesem Markt zwischen zwei Marktteilnehmern direkt und

frei ausgehandelt. Transaktionen finden außerhalb der Verantwortlichkeit einer

Börse statt, unterliegen aber den gesetzlichen Bestimmungen für den Wertpa-

pierhandel. OTC-Märkte bieten zwar einen teilweise schnelleren Handel als

traditionelle Börsen, jedoch nicht die Möglichkeit des Einblicks in ein Order-

buch. Dadurch sind sie grundsätzlich weniger transparent als der Regulierte

Markt und multilaterale Handelsplattformen (ein von einem Marktbetreiber

oder einem anderen Finanzdienstleister eingerichtetes börsenähnliches Han-

delsnetzwerk ohne formale Anforderungen an Zulassung, gehandelte Instru-

mente und Emittenten). Aus diesem Grund treten hier vermehrt Informations-

verzerrungen auf. Diese führen nicht nur zu einer Diskriminierung kleinerer

Marktteilnehmer und Privatanleger, sondern wie sich in der aktuellen Krise

zeigt auch von institutionellen Investoren. Die fehlende Transparenz führt zu-

dem zu einer Erschwerung von Clearingprozessen.

Dadurch ist der OTC-Handel allerdings nicht per se schlecht. Eine Studie des

Frankfurter Finanzökonomen Peter Gomber hat ergeben, dass der Handelsum-

fang für die Platzierung der Order entscheidend ist. So seien gerade große Or-

der über OTC-Plattformen besser getätigt als über MTF oder Börsen. Die Be-

gründung liegt in dem von großen Order herbeigeführten Preiseffekt, dem so-

genannten Markteinfluss (Market Impact), der grundsätzlich nicht im Interesse

der Marktteilnehmer ist, daher eine Begründung für den Handel auf intranspa-

renten Plattformen liefert. Der Market Impact beschreibt den Einfluss, den ein

Marktteilnehmer auf den Preis eines gehandelten Finanztitels hat: Preissteige-

rungen bei Käufen (durch Erhöhung der Nachfrage) und Preisverfall bei Ver-

käufen (durch Erhöhung des Angebots). Findet eine Transaktion im Dunkeln,

also nicht-öffentlich, statt, kann man diesem Preiseffekt entgehen. Allerdings

machen laut Gombers Recherchen derzeit 40% der Trades im OTC-Markt

Volumina von durchschnittlich weniger als 7.500 Euro aus (Im Vergleich: auf

Xetra sind es im Schnitt 20.000 Euro). Vor diesem Hintergrund sinke die Ak-

zeptanz unregulierter Märkte.

Die Deutsche Börse spricht sich prinzipiell für mehr on-exchange und weniger

OTC aus. Der Handel sollte einer lückenlosen Überwachung unterliegen, um

maximale Transparenz und folglich umfassenden Schutz gewährleisten zu

können. Schutz für alle Marktteilnehmer, professionelle wie private. So kann

der einseitigen Übervorteilung von Einzelnen entgegengewirkt werden und der

Börsenhandel für die Allgemeinheit an Interesse gewinnen. Diesen Anforde-

rungen kann nur eine Börse entsprechen. Vor 425 Jahren wurde die Börse

Frankfurt als Antwort auf den intransparenten Handel der Wechselstuben ge-

gründet. Es gibt sie heute noch, sie hat sich bewährt und so sollte es bleiben.