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14 Bunte Bilder auf der Haut haben vor zehn Jahren noch Außenseiterwirkung erzeugt. „Tätowiert“ wurde häufig abfällig verwendet für Menschen am Rand der Gesellschaft. Heute ist das ganz anders. Tattoos sind zur Kunst geworden. Viele Jugendliche machen aus bunter Kunst auf ihrer Haut eine Insze- nierung. Sogar Stars und Sternchen kommen kaum noch ohne Tattoos aus – und auch „normale“ Erwachsene tragen Tattoos ganz selbstverständlich. Der Trend zur Farbe auf der Haut kennt aktuell keine Grenzen. In der Medizin wird diese Entwicklung aber mit einer gewissen Besorgnis gesehen. Das Ein- bringen in die Haut und eine spätere Ent- fernung des Körperschmucks werden als gesundheitliche Risiken eingestuft. Von Mag. Conny Wernitznig Viele Psychologen sind überzeugt davon, dass die Haut eine gute Projektionsfläche ist, auf der man alles Mögliche zum Ausdruck bringen kann. Eine Identitätskrise bewäl- tigen, sich an den letzten Urlaub erinnern, den Namen des oder der Liebsten verewigen, die Geburtsdaten der Kinder festhalten oder künstlerische und gesellschaftliche Standpunkte abbilden. Viele Tattoo-Fans wollen einfach mit der Mode gehen und haben bei der Auswahl des Motivs keine besonderen Ansprüche, daher machen sie sich auch über Folgen und mögliche gesundheitliche Risiken keine oder nur wenige Gedanken. Erst ab 18 ohne Einverständnis der Eltern erlaubt In Österreich sind Tattoos für Menschen unter 16 Jahren tabu. Bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres ist eine schriftliche Einverständniserklärung der Eltern oder Er- ziehungsberechtigten notwendig. „Auch Betroffene von bestimmten Krankheiten dürfen nicht tätowiert werden. Zu den Ausschlussdiagnosen gehören Diabetes, Hepatitis, Blutgerinnungsstörungen, Geschlechtskrankheiten, fie- berhafte Infekte, Ekzeme oder bestimmte Allergien“, sagt OMR Dr. Johannes Neuhofer, Facharzt für Dermatologie in Linz. Bevor es schließlich dann so weit ist, dass das lang ersehnte Tattoo auf der Haut verewigt werden soll, gibt es noch eine Hürde. Der Tätowierer, der über eine Gewer- beberechtigung und einen Befähigungsnachweis verfügen muss, ist verpflichtet, seine Kunden über die damit ver- bundenen Risiken aufzuklären und sie im Falle von Kom- plikationen an Fachärzte zu übergeben. Tattoos – die bunte Hautgefahr

Tattoos – die bunte Hautgefahr - gesund-in-ooe.at file16 Gut überlegen und Experten aussuchen Neuhofer empfiehlt allen, die Lust auf Tattoos haben, sich diesen Schritt genau zu

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Bunte Bilder auf der Haut haben vor zehn Jahren noch Außenseiterwirkung erzeugt. „Tätowiert“ wurde häufig abfällig verwendet für Menschen am Rand der Gesellschaft. Heute ist das ganz anders. Tattoos sind zur Kunst geworden. Viele Jugendliche machen aus bunter Kunst auf ihrer Haut eine Insze-nierung. Sogar Stars und Sternchen kommen kaum noch ohne Tattoos aus – und auch „normale“ Erwachsene tragen Tattoos ganz selbstverständlich. Der Trend zur Farbe auf der Haut kennt aktuell keine Grenzen. In der Medizin wird diese Entwicklung aber mit einer gewissen Besorgnis gesehen. Das Ein-bringen in die Haut und eine spätere Ent-fernung des Körperschmucks werden als gesundheitliche Risiken eingestuft.

Von Mag. Conny Wernitznig

Viele Psychologen sind überzeugt davon, dass die Haut eine gute Projektionsfläche ist, auf der man alles Mögliche zum Ausdruck bringen kann. Eine Identitätskrise bewäl-tigen, sich an den letzten Urlaub erinnern, den Namen des oder der Liebsten verewigen, die Geburtsdaten der Kinder festhalten oder künstlerische und gesellschaftliche

Standpunkte abbilden. Viele Tattoo-Fans wollen einfach mit der Mode gehen und haben bei der Auswahl des Motivs keine besonderen Ansprüche, daher machen sie sich auch über Folgen und mögliche gesundheitliche Risiken keine oder nur wenige Gedanken.

Erst ab 18 ohne Einverständnis der Eltern erlaubtIn Österreich sind Tattoos für Menschen unter 16 Jahren tabu. Bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres ist eine schriftliche Einverständniserklärung der Eltern oder Er-ziehungsberechtigten notwendig. „Auch Betroffene von bestimmten Krankheiten dürfen nicht tätowiert werden. Zu den Ausschlussdiagnosen gehören Diabetes, Hepatitis, Blutgerinnungsstörungen, Geschlechtskrankheiten, fie-berhafte Infekte, Ekzeme oder bestimmte Allergien“, sagt OMR Dr. Johannes Neuhofer, Facharzt für Dermatologie in Linz. Bevor es schließlich dann so weit ist, dass das lang ersehnte Tattoo auf der Haut verewigt werden soll, gibt es noch eine Hürde. Der Tätowierer, der über eine Gewer-beberechtigung und einen Befähigungsnachweis verfügen muss, ist verpflichtet, seine Kunden über die damit ver-bundenen Risiken aufzuklären und sie im Falle von Kom-plikationen an Fachärzte zu übergeben.

Tattoos – die bunte

Hautgefahr

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human Sommer 2019

Tattoo-Farben sind nicht unproblematischRötungen und Schwellungen klingen als natürliche Re-aktion des Körpers auf das Verletzen der Haut mit der Tätowier-Nadel in der Regel rasch wieder ab, allerdings kann es manchmal zu hartnäckigeren Folgen wie Infek-tionen oder Allergien kommen. Denn während Kosmetik-produkte, die auf die Haut aufgetragen werden, strengen Zulassungsregeln unterliegen, ist es bei Tattoo-Farben noch immer recht ungewiss, welche Substanzen enthalten sind und was mit ihnen nach dem Einstechen in die Haut im Körper passiert. Bekannt ist, dass Forscher in den ver-gangenen Jahren immer wieder potenziell gefährliche oder gar giftige Inhaltsstoffe in den Farben nachgewiesen haben – etwa Verunreinigungen mit Schwermetallen wie Arsen, Nickel oder Kobalt. Auch verbotene Konservie-rungsstoffe und Krankheitserreger, wie Bakterien oder Viren, wurden schon gefunden. Allerdings gibt es bisher noch keine Langzeituntersuchungen, weshalb nicht mit Si-cherheit angenommen werden kann, welche Anteile der Tattoo-Farben im Körper verbleiben und wie viel wieder ausgeschieden wird. Das Gesundheitsrisiko durch Tattoos steht also im Raum, es kann aber nicht wirklich festge-macht werden. „Als Tätowiererin ist es mir ein großes Anliegen, meine Kunden nicht nur zufrieden zu stellen, was Farben und Motive betrifft, auch die Sicherheit und das Reduzieren möglicher Gesundheitsrisiken ist mir ein großes An-liegen“, erzählt Thea W., die in Wien ein Tattoo-Studio betreibt und als Künstlerin auch die Motive zum Großteil selbst zeichnet. Regelmäßige Fortbildungen, wissenschaft-liche Lektüre und die Aktivierung von Kundinnen, an Langzeitstudien teilzunehmen, sieht sie als einige ihrer na-türlichen Aufgaben. Solange es aber keine klaren Ansagen von Gesundheitsbehörden gibt, was Tattoo-Farben be-trifft, konzentriert sie sich darauf, bestmögliche Qua-lität (auch biologische Farben) zu kaufen und streng auf Hygiene und Sicherheitsrichtlinien zu achten.

Entfernung nicht ohne RisikoMarkus L. ist ein begeisterter Tattoo-Konsument. Sein Körper ist bunt, und so mag er ihn. Mit dem Thema Si-cherheit und Gesundheitsrisiko hat sich der Welser in den vergangenen 15 Jahren, seit er sich immer wieder Tattoos stechen lässt, intensiv auseinandergesetzt. „Vor einigen Jahren war es vor allem mangelnde Hygiene, die im Vor-dergrund stand. Mir klingt die Diskussion um die Gefahr, sich beim Tätowieren mit Hepatitis C anzustecken, noch im Ohr“, sagt der 38-Jährige. „Heute sind das alte Ge-schichten, lang von gestern“. Das Gesundheitsthema, das heutzutage beim Tätowieren beschäftigt, ist das Entfernen von unliebsam gewordenem Farb-Körperschmuck, denn das macht Hautärzten und anderen Fachärzten Sorge. „Je älter die Menschen werden und je stärker ihr sozialer Auf-stieg ist, desto eher neigen sie dazu, sich ihre ´Jugend-sünden , wie sie Tattoos oft nennen, wieder entfernen zu lassen“, sagt der Linzer Dermatologe und Vizepräsident der oberösterreichischen Ärztekammer, Dr. Johannes Neuhofer. „Durch die übliche Methode des Weglaserns der Farbstoffe – die Pigmente werden dabei regelrecht zer-trümmert – entstehen gefährliche Substanzen wie Blau-säure oder Blei. Wenn diese ins Blut gelangen, dann kann es ernsthaft gefährlich werden“, so Neuhofer. Ähnlich wie bei Sonnenbränden könnten sich in späteren Lebensjahren Hautprobleme ergeben, auch Hautkrebs ist nicht ausge-schlossen. Dabei gilt: je größer die zu entfernende Täto-wierung, desto größer das Risiko.

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Gut überlegen und Experten aussuchenNeuhofer empfiehlt allen, die Lust auf Tattoos haben, sich diesen Schritt genau zu überlegen und sich bei an-erkannten und zertifizierten Tätowierern genau nach den von ihnen verwendeten Farbstoffen zu erkundigen. Ge-nerell sei es langfristig klüger, den Körperschmuck an Stellen anbringen zu lassen, die sich – sollten die Tattoos irgendwann nicht mehr erwünscht sein – einfach mit der Kleidung verdecken lassen. Auch ein späteres Entfernen des Tattoos durch Hautärzte oder plastische Chirurgen sollte wohlüberlegt sein, denn dieser Vorgang ist – aus medizinischer Sicht – viel komplizierter und gefährlicher als das Auftragen der bunten Bilder auf der Haut. „Au-ßerdem bleiben sehr oft Narben zurück, und es entstehen natürlich auch entsprechende Kosten“, sagt Dr. Johannes Neuhofer.

Tattoo-Künstlerin Thea W. rät unsicheren Kunden vor einer Tätowierung zu Permanentmakeup zu greifen. Im Unterschied zu Tattoos, wo mittels einer elektrischen Maschine mit einer Frequenz von bis zu 10.000 Stichen pro Minute, die mit Farbe getränkten Nadeln in die Haut gestochen werden, wird beim Permanent Make-up die Farbe nicht sehr tief in die Haut eingebracht und verliert sich mit der Zeit. Von Henna-Tattoos rät die Tätowiererin ab, denn auch sie bergen gesundheitliche Risiken, weil sie sehr oft bedenkliche Chemikalien enthalten.Wer sich trotz aller gesundheitlicher Bedenken seine Freude an Tattoos nicht madig lassen machen möchte, dem sei das Buch „Bis ich dich finde“ von John Irving ans Herz gelegt, das von der Leidenschaft zu Tattoos geprägt ist. ■

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„Wer sich ein Tattoo stechen lassen möchte, ist gut beraten, sich diesen Schritt gründlich zu überlegen und Vor- und Nachteile abzuwägen. So schön die bunten Bilder auf der Haut auch sind und so wunderbar sie viele Menschen schmücken, so schwierig bis un-möglich und teuer ist es, sie ir-gendwann wieder zu entfernen.“

OMR Dr. Johannes Neuhofer, Facharzt für Dermatologie, Linz

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