35
Teil 2 Therapiemanagement Frühzeitige Hepatitis C-Therapie bei Suchtpatienten

Teil 2 Therapiemanagement Frühzeitige Hepatitis C-Therapie bei Suchtpatienten

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Teil 2 Therapiemanagement Frühzeitige Hepatitis C-Therapie bei Suchtpatienten

Teil 2

Therapiemanagement

Frühzeitige Hepatitis C-Therapie bei Suchtpatienten

Page 2: Teil 2 Therapiemanagement Frühzeitige Hepatitis C-Therapie bei Suchtpatienten

Frühzeitige HCV-Therapie bei Substituierten

• Die meisten Guidelines lehnten bisher die Behandlung Substituierter ab weil die Patienten als unzuverlässig, undankbar, wenig belastbar und asozial gelten

• Patienten und Arzt sehen und fühlen keine Krankheit

• Angst vor Komplikationen in einem ohnehin Angst beladenen Umfeld bei Arzt und Patient

• „echte“ Kontraindikationen

Hinderungsgründe ?

Page 3: Teil 2 Therapiemanagement Frühzeitige Hepatitis C-Therapie bei Suchtpatienten

Kontraindikationen

• Schwere Leberfunktionsstörungen• Dekompensierte Leberzirrhose• Schwere vorbestehende Herzerkrankungen• Schwere Niereninsuffizienz• Schwere psychiatrische Störungen• Schwere Autoimmunerkrankungen• Maligne Erkrankungen• Haemoglobinopathien• Schwangerschaft/aktueller Kinderwunsch• Stillzeit

Page 4: Teil 2 Therapiemanagement Frühzeitige Hepatitis C-Therapie bei Suchtpatienten

- mehr als 40 g reiner Alkohol pro Tag (1 l Bier; 0,3 l Wein )

- Diazepam und Analoga oder sedierende Antidepressiva /

Neuroleptika ohne Verordnung

- polyvalenter Beigebrauch

- häufiger Beigebrauch (1/3 aller Uk´s pos)

Kontraindikation für INF-Therapie

…wegen Beigebrauch

Page 5: Teil 2 Therapiemanagement Frühzeitige Hepatitis C-Therapie bei Suchtpatienten

Komplikationen?

• Können Wechselwirkungen zwischen Methadon und Interferon zu erhöhter Toxizität führen?

• Ist eine Dosisanpassung der Substitution unter Interferontherapie nötig?

• Welche Wechselwirkungen mit Psychopharmaka (Begleitmedikation) können auftreten?

Substitution + Interferontherapie

Page 6: Teil 2 Therapiemanagement Frühzeitige Hepatitis C-Therapie bei Suchtpatienten

Substitution und Interferon

• Aus der Literatur kein signifikanter Einfluss auf die Substitution durch Interferonbehandlung zu erwarten

• 10-15%iger Anstieg der Methadonserumspiegel nach Woche 4 nicht signifikant

(Sulkowski, M. et al., Clinical Pharmacology and Therapeutics 2005)

Page 7: Teil 2 Therapiemanagement Frühzeitige Hepatitis C-Therapie bei Suchtpatienten

Substitution und Begleitmedikation

• Antidepressive Begleittherapie kann Methadonabbau verzögern (Dosisanpassung bis -30% Methadon)

• Antiepileptika und Barbiturate können Methadonabbau beschleunigen

(Dosisanpassung bis + 40% Methadon)

Page 8: Teil 2 Therapiemanagement Frühzeitige Hepatitis C-Therapie bei Suchtpatienten

Therapieerfolg durch Compliance

80 % Dauer/Dosis-RegelAusreichender Therapieerfolg nur, wenn:

• Über mindestens 80 % der Therapiedauer

• Mindestens 80 % der Interferondosis

• Und 80 % der Ribavirindosis

verabreicht wurden !

Page 9: Teil 2 Therapiemanagement Frühzeitige Hepatitis C-Therapie bei Suchtpatienten

Durchhalten ist wichtig!

0

20

40

60

80

100

frühzeitigerAbbruch

< 80 %Compliance

> 80 %Compliance

% P

atie

nte

n

SVR bei GT 2/3

91%

75%

33%

M. Shiffman et al., EASL 2003

Page 10: Teil 2 Therapiemanagement Frühzeitige Hepatitis C-Therapie bei Suchtpatienten

Gründe für Non-Compliance

• Nebenwirkungen

• Wechselwirkungen mit Begleittherapie

Effizientes Nebenwirkungsmanagement

ist entscheidend !

Page 11: Teil 2 Therapiemanagement Frühzeitige Hepatitis C-Therapie bei Suchtpatienten

Ribavirin-bedingte Nebenwirkungen

• Kumulation in Erythrocyten

– evt. Hb-Abfall auf < 10 g/dl

– Anämie bei ca. 10 % aller Pat.

• Kumulation in Spermien und Eizellen

– Kontrazeption!

(potenziell teratogen)

Page 12: Teil 2 Therapiemanagement Frühzeitige Hepatitis C-Therapie bei Suchtpatienten

Ribavirin

sichere Empfängnisverhütung …

Kondom

indiziert!

…nach Therapieende

bis 4 Monate

bis7 Monate

Page 13: Teil 2 Therapiemanagement Frühzeitige Hepatitis C-Therapie bei Suchtpatienten

Interferon-bedingte Nebenwirkungen

PEG-IFN• Fieber, grippeähnliche Symptome• Schlaflosigkeit• Übelkeit• Blutbildungsstörungen• Inappetenz, Gewichtsverlust• Haarausfall • Juckreiz• Knochen- und Muskelschmerzen• Verstimmungen, Psychosen• Schilddrüsenfunktionsstörungen• Lichen ruber, Psoriasis, Sarkoidose,…

Page 14: Teil 2 Therapiemanagement Frühzeitige Hepatitis C-Therapie bei Suchtpatienten

Zeitlicher VerlaufS

chw

ergr

ad

86420 10 12

IFN/Riba Therapie (Wochen)

1 3 5 7 9 11

Müdigkeitpsychische

Nebenwirkungen

grippeartige Symptome

Neutropenie / Thrombopenie Anämie

Nebenwirkung Interferon / Ribavirin

Page 15: Teil 2 Therapiemanagement Frühzeitige Hepatitis C-Therapie bei Suchtpatienten

Nebenwirkungen

• Die Beschwerden unter IFN-Behandlung können Entzugserscheinungen ähneln

Rückfallrisiko

• Nach exakter Aufklärung können Patienten die Symptome aber unterscheiden.

• Hohe Rate psychiatrischer Vorerkrankungen

Spezielle IFN-Problematik

Page 16: Teil 2 Therapiemanagement Frühzeitige Hepatitis C-Therapie bei Suchtpatienten

Therapieüberwachung

Blutbild (Hb, Granulozyten, Thrombozyten)

GPT/GOT

Leberfunktion

Blutzucker

TSH (Schilddrüse)

Notwendige Untersuchungen

Page 17: Teil 2 Therapiemanagement Frühzeitige Hepatitis C-Therapie bei Suchtpatienten

Therapieanpassung

Dosisreduktion

Ribavirin reduzieren auf 600 mg

Ribavirin absetzen

Pegasys reduzieren auf 135/90/45 Mikrogramm

Pegasys absetzen

Kombinations-therapie beenden

Absoluter Neutro-philenwert

< 750 /mm3 < 500/mm3

Thrombozytenzahl < 50 000 /mm3

> 25 000/mm3

< 25 000/mm3

Hämoglobin

- keine Herzerkrankung

< 10 g/dl und

≥ 8,5 g/dl

< 8,5 g/dl

Hämoglobin

- stabile Herzerkrankung

Abnahme um ≥ 2 g/dl während

4 Wochen

< 12 g/dl trotz reduzierter Dosierung über

4 Wochen

Page 18: Teil 2 Therapiemanagement Frühzeitige Hepatitis C-Therapie bei Suchtpatienten

• Physische Müdigkeit: 86%• Reizbarkeit: 75%• Depression: 70%• Psychische Erschöpfung: 70%

n = 188

Lang et al., EASL 2004, Abstr. 485

Psychiatrische Symptomatik

Hepatitis C und die Psyche

Page 19: Teil 2 Therapiemanagement Frühzeitige Hepatitis C-Therapie bei Suchtpatienten

Management neuropsychiatrischer Nebenwirkungen

• neuro-psychiatrische Basisdiagnostik: psychiatrische Eigenanamnese, Drogenanamnese, Familienanamnese, Persönlichkeitsdiagnostik, Medikamentenanamnese

• Eruierung psychosozialer Problemfelder: Berufsanamnese, Krisenfelder, Kinder, Partnerschaftsberatung, etc.

• Erörterung möglicher Nebenwirkungen von IFN- (Schlafstörungen, Depressionen, Gereiztheit, Suchtdruck, etc.) vor und regelmäßig während der Therapie mit dem Patienten (und wenn möglich mit einer Bezugsperson)

Maßnahmen vor Therapie

Page 20: Teil 2 Therapiemanagement Frühzeitige Hepatitis C-Therapie bei Suchtpatienten

Psychiatrische Nebenwirkungen unter INF-α

Page 21: Teil 2 Therapiemanagement Frühzeitige Hepatitis C-Therapie bei Suchtpatienten

Reizbarkeit, Impulskontrolle

Therapeutische Optionen

• Schlafregulation !! (AD oder niedrig potente Neuroleptika bei Drogenabhängigkeit)

• Benzodiazepine (Tavor, Diazepam) wirksam, aber im Falle von Drogenabhängigkeit zu vermeiden

Page 22: Teil 2 Therapiemanagement Frühzeitige Hepatitis C-Therapie bei Suchtpatienten

IFN-α assoziierte Schlafstörungen

Allgemeine Therapie

Page 23: Teil 2 Therapiemanagement Frühzeitige Hepatitis C-Therapie bei Suchtpatienten

IFN-α assoziierte Depressionen

Therapie

Eine begonnene anti-depressive Therapie sollte

für mindestens 3 Monate, evtl. auch 6-12 Monate

nach Therapieende

fortgesetzt werden, um ein Wiederauftreten von

Depressionen und Suizidalität zu verhindern.

* Alternativen: Paroxetin, S-Citalopram, Sertralin

Page 24: Teil 2 Therapiemanagement Frühzeitige Hepatitis C-Therapie bei Suchtpatienten

Konzentrations-/Gedächtnisstörungen

Therapieoptionen

• Schlafregulation• Antidepressiva• - SSRI: z.B. S-Citalopram 10-20mg/Tag • Paroxetin/Citalopram 20-40mg/Tag • - NRI: Reboxetin 2-8mg/Tag

• experimentell: Tryptophan, Memantine, etc.

Page 25: Teil 2 Therapiemanagement Frühzeitige Hepatitis C-Therapie bei Suchtpatienten

Take home

Psychiatrische Nebenwirkungen

• psychiatrische Symptome sind häufig bei HCV-Patienten (vor Interferontherapie)

• Nach Optimierung vorbestehender Medikamente bzw. affektiver Stabilisierung ist eine HCV-Therapie jedoch möglich

• Interferon- α induzierte unerwünschte psychische Wirkungen sind– neurobiologisch erklärbar– durch pharmakologische und psychoedukative Massnahmen

behandelbar

Page 26: Teil 2 Therapiemanagement Frühzeitige Hepatitis C-Therapie bei Suchtpatienten

Dermatologische Nebenwirkungen der IFN-Therapie

Überblick• Haarausfall• Pruritus/Prurigo/Ekzem/Xerostomie• Lichen ruber planus• Psoriasis vulgaris• Vitiligo• Autoimmunphänomene/-dermatosen• Sarkoidose

Übersichtsarbeiten:Trefzer et al, DMW 128: 1782 (2003)Hauschild et al, Hautarzt 51: 793 (2000)Asnis et al, J Am Acad Dermatol 33: 393 (1995)

Page 27: Teil 2 Therapiemanagement Frühzeitige Hepatitis C-Therapie bei Suchtpatienten

Haarausfall

• Interferon-Therapie alleine induziert nie einen kompletten Haarausfall („Alopezie“ = Haarlosigkeit)

• Typisch: „Diffuses Effluvium“ = Haarausfall• Normaler (physiologischer) Haarausfall 150 Haare/Tag• Bei Patientenverunsicherung (besonders Frauen!): Haare zählen

lassen (Patiententagebuch)

• Nach Absetzen der IFN-Therapie ist das diffuse Effluvium normalerweise innerhalb von 3-4 Monaten rückläufig

Page 28: Teil 2 Therapiemanagement Frühzeitige Hepatitis C-Therapie bei Suchtpatienten

„Trockene, juckende Haut“

Xerosis cutis/Exsikkationsekzem

Prurigo simplex subacuta

Prurigo nodularis(Hyde)

Page 29: Teil 2 Therapiemanagement Frühzeitige Hepatitis C-Therapie bei Suchtpatienten

Pruritus-Behandlung

Ursache: Cholestase

• Colestyramin (z.B. Quantalan)+/- Lichttherapie

Pruritus ohne Hautausschlag („sine materia“)

• Topisch: 5% Thesit in Unguentum leniens (Rp. „ad 200,0“)• UV-Licht-Behandlungen (z.B. UVA-1 oder UVB)• Ggf. sedierende Antihistaminika (z.B. Atarax)

Page 30: Teil 2 Therapiemanagement Frühzeitige Hepatitis C-Therapie bei Suchtpatienten

Lichen ruber

• Bei 5 bis 30% aller Hepatitis-Patienten• Beschrieben mit und ohne IFN-Therapie• Normalerweise gutes Ansprechen auf topische Steroide und ggf.

Photochemotherapie (PUVA);

alternativ: Bade-PUVA+/- Neotigason (Acitretin); in schweren Fällen lokal oder systemisch Cyclosporin A verwenden

und chronische Virushepatitis

Page 31: Teil 2 Therapiemanagement Frühzeitige Hepatitis C-Therapie bei Suchtpatienten

Vitiligo

• T-Zell-mediierte Depigmentierung der Haut• Zumeist symmetrisch auftretend

(Hände, Gesicht, etc)• Spontane Repigmentierung möglich; therapeutische

Applikation von UV-Licht kann sinnvoll sein• Häufig starke psychische Belastung betroffener

Patienten (besonders bei dunkler Hautfarbe)

Page 32: Teil 2 Therapiemanagement Frühzeitige Hepatitis C-Therapie bei Suchtpatienten

Take home

• Hautveränderungen bei Hepatitis C Behandlung mit pegylierten

Interferonen +/- Ribavirin sind relativ häufig

• Keine Unterschiede zwischen drogenabhängigen/substituierten zu

anderen Hepatitis C-Patienten zu erwarten!

• Zusammenarbeit mit Dermatologen für Verbesserung der Patienten-

Compliance empfehlenswert!

dermatologische Nebenwirkungen

Page 33: Teil 2 Therapiemanagement Frühzeitige Hepatitis C-Therapie bei Suchtpatienten

Warum also HCV behandeln?

Es ist machbar – Compliance unter Substitution höher als in normalen Kohorten

(Sylvestre/Schäfer)

– Vergleichbare Rate an Nebenwirkungen

– Unter Substitution lassen sich Nebenwirkungen sehr gut

verfolgen, gute Arzt-Patienten-Beziehung

– Bessere Interferone (Peg), bessere Regimes, besserer Outcome

Page 34: Teil 2 Therapiemanagement Frühzeitige Hepatitis C-Therapie bei Suchtpatienten

Warum also HCV behandeln?

Es ist notwendig– Die Folgen einer unbehandelten HCV-Infektion sind die

zweithäufigste Todesursache bei i.v.-Drogengebrauchern

– Die Weiterverbreitung der Infektion wird eingedämmt

– Der Patient erhält durch Therapieerfolg Motivation für Bewältigung der Suchterkrankung

– Früher Therapiebeginn erhöht die Heilungschancen

Page 35: Teil 2 Therapiemanagement Frühzeitige Hepatitis C-Therapie bei Suchtpatienten

Psychiatrische und suchtmedizinische Spezialambulanzen

Hepatologische Spezialambulanzen

Suchtschwerpunkt- Praxen

Hepatologische

Schwerpunktpraxen

Integrierte Behandlung der chronischen Hepatitis C im Netzwerk

HCV-Patient Sucht, keine psych. Psych. Komorbidität Vorgeschichte