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Lernen Besser lernen in neuen Lernräumen HRM Mitarbeitende erfahrungsgeleitet fördern International MIND: Innovative internationale Bildungsidee Arbeitshilfen Kompetenzprofil Wissenschaft Weiterbildung Zeit schrift für Grund la gen, Pra xis und Trends www.weiterbildung-zeitschrift.de Ausgabe 4 | 2016 August/September G 21100 ISSN 1861-0501 Art.-Nr. 07800604 Erasmus+ Mehr Austausch in Europa Weiterbildung für alle ermöglichen Neue Impulse für die Erwachsenenbildung Förderung von Beschäftigung und Wachstum

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LernenBesser lernen in neuen Lernräumen

HRMMitarbeitende erfahrungsgeleitet fördern

InternationalMIND: Innovative internationale Bildungsidee

ArbeitshilfenKompetenzprofil Wissenschaft

Wei ter bil dungZeit schrift für Grund la gen, Pra xis und Trends

www.wei ter bil dung-zeit schrift.deAus ga be 4 | 2016August/SeptemberG 21100ISSN 1861-0501Art.-Nr. 07800604

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Erasmus+ Mehr Austausch in Europa

Weiterbildung für alle ermöglichen

Neue Impulse für die Erwachsenenbildung

Förderung von Beschäftigung und Wachstum

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Edi to ri al

4|2016

Erasmus+ Die neue Welt der EU-Bildungsprogramme

3Weiterbildung

Wer auf die Bildungsprogramme der EU angesprochen wird,nennt zumeist Erasmus an erster Stelle. Gegründet wurde dasMobilitätsprogramm für Studierende bereits 1987 als eine derersten großen Initiativen beziehungsweise Maßnahmen der EUim Bildungsbereich. Der Name entstand als sprachliches Akro-nym von „European community action scheme for the mobili-ty of university students“ und verstand sich als ehrende Remi-niszenz an Erasmus von Rotterdam, der heute als einer derbedeutsamsten und wirkmächtigsten Gestalten des Europasder frühen Neuzeit gesehen wird. 2016 jährt sich zum 500. Maldie Herausgabe eines der großen Werke des Erasmus, die Neu-übersetzung der Bibel.

Das aber ist nicht der historische Grund, warum wir mit demaktuellen Heft auf das Bildungsprogramm Erasmus eingehen wol-len. Zu Beginn dieses Jahrzehnts kam Bewegung in die stetiggewachsene Zahl der EU-Bildungsprogramme. Vor allem dieKommission erkannte, dass die Förderlandschaft einem schnellgewachsenen Patchwork glich, das immer weniger Ordnungs-strukturen und Verbindungslinien aufwies. Transparenz, Effi-

zienz und eine überschaubare Verwaltung der Einzelprogrammedrohten im Gesamtpaket auf der Strecke zu bleiben.

Daher wurden die Förderprogramme für die Phase von2014 bis 2020 umfassend neu strukturiert. Das neue ProgrammErasmus+ hat das Programm für lebenslanges Lernen, Jugendin Aktion sowie die internationalen EU-Hochschulprogrammeabgelöst. Wir zeigen auf, wie die neuen Programmstrukturenumgesetzt werden und stellen die drei Schlüsselaktionen heraus.Dazu gehören: die Mobilität für Einzelpersonen, die Partner-schaften und die Politikunterstützung.

Der Zeitpunkt für den thematischen Schwerpunkt EU-Bil-dungsprogramme erscheint uns gut gewählt: Vor wenigenWochen, am 10. Juni 2016, hat die Europäische Kommissionihre lang angekündigte „Agenda für neue Kompetenzen“, kurzSkills Agenda, verkündet. Diese soll den Schwerpunkt für dieEU-Bildungspolitik in den kommenden Jahren bilden und dürftedamit auch die Weiterentwicklung der EU-Bildungsprogrammeprägen.

Jörg E. Feuchthofen/Rudolf Egger

Deutscher Personalwirtschaftspreis Gesundheit

Liebe Leserin, lieber Leser,

die heutige Arbeitswelt ist digital vernetzt, flexibel und mobil. Das hat Auswirkungen auf die Gesundheit derMitarbeiter und stellt neue Anforderungen an die Personalarbeit. Wie ist Ihr Unternehmen darauf vorberei-tet? Können die Mitarbeiter und Führungskräfte mit dem Veränderungsdruck umgehen? Werden insbeson-dere ältere Mitarbeiter ausreichend für eine Arbeitswelt 4.0 qualifiziert?Die Zeitschrift „Personalwirtschaft“ ruft gemeinsam mit der Techniker Krankenkasse (TK) erstmalig zur Teil-nahme an einem Wettbewerb für gesundes Arbeiten in der digitalisierten Welt auf.Gesucht werden tragfähige Praxiskonzepte, die die Beschäftigungsfähigkeit (Employability) der Mitarbeiterpräventiv in den Blick nehmen. Berichten auch Sie von Ihrer guten BGM-Praxis und bewerben Sie sich fürden Deutschen Personalwirtschaftspreis Gesundheit. Bewerbungsschluss ist der 31. August 2016.Die besten Konzepte werden als Sonderpreis im Rahmen der offiziellen Verleihung des 24. Deutschen Per-sonalwirtschaftspreises am 19. Oktober in Köln feierlich prämiert.

Nähere Informationen zum Preis und zu den Teilnahmebedingungen finden Sie unter: http://www. personalwirtschaft.de/der-job-hr/personalwirtschaftspreis/personalwirtschaftspreis-gesundheit.html

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4|2016

Inhalt | Weiterbildung

4

Förderung von Beschäfti-gung und Wachstum

Seite 6

Die Neuorganisation des EU-Bil-

dungsressorts betont ganz klar eine

Aufwertung der beruflichen Bildung

in Europa. Eine positive Entwicklung,

denn mit Blick auf die hohe Arbeitslo-

senquote und den enormen Anstieg

der Jugendarbeitslosigkeit muss die

Förderung von Beschäftigung und

Wachstum an oberster Stelle der

politischen Agenda der EU stehen.

Barbara Fabian

Weiterbildung für alleermöglichen

Seite 12

Die Bedeutung der beruflichen

Weiterbildung ist unumstritten.

Dennoch bestehen zwischen den

einzelnen EU-Mitgliedstaaten erheb-

liche Unterschiede in puncto Weiter-

bildungsrealität. Aufgabe der

europäischen Bildungspolitik ist es

daher, den Entwicklungsbedarf zu

erkennen und die berufliche Weiter-

bildung insgesamt zu verbessern

sowie die Weiterbildungsbeteiligung

zu erhöhen

Alexandra Dehmel

Professionelle Weiterent-wicklung von Lehrenden

Seite18

Obwohl es nicht der eigentliche Sinn

eines Peer Reviews ist, das Lernen der

Peers aktiv zu fördern, stellt deren

Professionalisierung einen durchaus

positiven Nebeneffekt dar. Dies zeigen

die Erfahrungen aus einer breit

angelegten europäischen Peer-Review-

Initiative, die für den Bereich der

beruflichen Bildung entwickelt wurde.

Maria Gutknecht-Gmeiner

Erasmus+

„Angesichts einer hohen Arbeitslosenquote und eines dramatischen Anstieg

der Jugendarbeitslosigkeit steht die Förderung von Beschäftigung und Wachs-

tum ganz oben auf der politischen Agenda der EU.“

Barbara Fabian

Weiterbildung

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4|2016

In halt | Weiterbildung

5

Mediendienst

Literaturschau

Buchbesprechung zum

Schwerpunkt

Seite 42

Online

Linktipps zum Schwerpunkt

Seite 45

Aktuelle Titel

Bücher kurz vorgestellt

Seite 47

Service

News

Seite 49

Recht und Politik

Seite 51

Termine

Seite 53

Rubriken

Vorschau/Impressum

Seite 54

Arbeitshilfen

Kompetenzprofil

Wissenschaft

Seite 55

Stärkung der Rolle derHochschulen

Seite 24

Im Rahmen des Bologna-Prozesses soll

das europäische Hochschulwesen refor-

miert werden, um seine Position inter-

national zu stärken und konkurrenzfähig

zu machen. Welche Rolle kommt dabei

aber der Weiterbildung zu? Auch wenn

die Möglichkeiten hochschulischer Wei-

terbildung im Bologna-Prozess nicht

explizit betont werden, ist Bologna rele-

vant für die Weiterbildung, wenn auch

oft in indirekter Weise.

Lorenz Lassnigg

Weiterbildung

Erasmus+ Seite 28

Zwischen Weiterbildungstraditionen und

Transnationalität:

Das Lernen Erwachsener in Europa

Regina Egetenmeyer/Reinhard Lechner

HRM Seite 32

Veränderte Anforderungen an

Bibliotheken: Besser lernen in

neuen Lernräumen

Helmut Kausler

Lernen Seite 35

Das Projekt ProNaK – Produktions -

bezogenen Nachhaltigkeitskompetenz:

Mitarbeitende erfahrungsgeleitet

fördern

Jost Buschmeyer/Florian Gasch/Claudia Munz

Erasmus+ Seite 38

MIND – Erasmus-Mundus-Master -

programme in Industrial Ecology:

Innovative internationale Bildungsidee

Ralf Aschemann

Neue Impulse für dieErwachsenenbildung

Seite 21

Unter der Dachmarke „Europäische

Erwachsenenbildung in Deutschland“

vereint die Nationale Agentur Bildung

für Europa beim Bundesinstitut für

Berufsbildung die drei Bereiche Eras-

mus+, EPALE und Europäische Agenda

für Erwachsenenbildung. Sie schafft

somit eine Schnittstelle zwischen

Europa und der deutschen Erwachse-

nenbildungscommunity und rückt die

Frage nach Möglichkeiten und Ausge-

staltung der Europäischen Erwachse-

nenbildung in Deutschland in den Blick.

Christian Bernhard

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Schwerpunkt | Erasmus+

6 Weiterbildung4|2016 • S.6-10

nen, mit der politischen Koordination für die BereicheArbeitsplätze, Wachstum, Investitionen und Wettbe-werbsfähigkeit beauftragt. Als wichtige Neuerung wurdedas EU-Bildungskommissariat aufgeteilt. Die Zustän-digkeit für die berufliche Bildung wurde der neuen bel-gischen Arbeitskommissarin Marianne Thyssen über-tragen, deren Ressort ebenfalls die Themen Beschäf-tigung, soziale Angelegenheiten, Qualifikationen undMobilität der Arbeitnehmer umfasst. Somit erfolgteeine klare bildungspolitische Weichenstellung in Rich-tung Beschäftigungsfähigkeit und Verbesserung desÜbergangs vom Bildungssystem in den Arbeitsmarkt.Der Bereich der allgemeinen Bildung sowie auch Kul-tur, Jugend und Sport wurden dem aus Ungarn stam-menden Kommissar Tibor Navrasics übertragen. In sei-nen Zuständigkeitsbereich fällt ebenfalls das neue euro-päische Bildungsprogramm Erasmus+.

Berufliche Bildung in Europa aufwerten

Erfreulicherweise hat die Neuorganisation des EU-Bil-dungsressorts zu einem klaren politischen Bekenntnisfür die Aufwertung der beruflichen Bildung in Europageführt. So hatten die für Berufsbildung verantwortli-chen europäischen Ministerinnen und Minister im Juni2015 unter lettischen EU-Ratsvorsitz in Riga mit derEuropäischen Kommission und Vertretern der Europäi-schen Wirtschafts- und Sozialpartner über die künfti-

Für die Umsetzung des oben beschriebenen Anspruchs wurdeeiner der Kommissionsvizepräsidenten, der Finne Jyrki Katai-

gen Herausforderungen der Arbeitswelt diskutiert. AlsErgebnis wurden in den Rigaer Schlussfolgerungen mit-telfristige Ziele für die Berufsbildung in Europa verein-bart. Zentrales Ziel ist die Förderung einer innovativenund wettbewerbsfähigen beruflichen Aus- und Weiter-bildung. Diese erhöhe einerseits die Beschäftigungs-fähigkeit des Einzelnen und trage so zur Reduzierungder Jugendarbeitslosigkeit und auch des „Skills Mis-match“ angesichts rund zwei Millionen unbesetzterArbeitsstellen in der EU bei. Gleichzeitig fördere einequalitativ hochwertige Berufsbildung auch die persön-liche Entwicklung und Lebensqualität der Menschen inEuropa. Die Rigaer Schlussfolgerungen legen für dieJahre 2015 bis 2020 fünf Schwerpunktbereiche fest:l Förderung von „Work-based Learning“, das heißt

betrieblicher Ausbildungsmodelle in Europa,l Weiterentwicklung von Mechanismen zur Qualitäts-

sicherung,l Verbesserung des Zugangs zu Berufsbildung durch

Erhöhung der Durchlässigkeit,l Stärkung von Schlüsselkompetenzen,l systematische Ansätze für die Aus- und Weiterbil-

dung von Lehrpersonal in der Berufsbildung.

Aus Sicht der IHK-Organisation ist zum einen hervor-zuheben, dass das Riga-Kommuniqué ein klares politi-sches Bekenntnis insbesondere auch von Mitgliedstaa-ten mit hoher Jugendarbeitslosigkeit ist, die beruflicheBildung in ihren Ländern aufzuwerten und in Hinblickauf Praxisnähe und betriebliche Lernelemente auszu-

Förderung von Beschäftigung undWachstum Die aktuelle europäische Bildungspolitik fügt sich ein in die von Kommissionspräsident Junckeram 15. Juli 2014 präsentierten politischen Leitlinien für die von ihm geführte Europäische Kommission 2014 bis 2019. Angesichts einer hohen Arbeitslosenquote und eines dramatischenAnstiegs der Jugendarbeitslosigkeit steht die Förderung von Beschäftigung und Wachstum ganzoben auf der politischen Agenda der EU.

Europäische Bildungspolitik: Schwerpunkte der Juncker-Kommission

Autorin |Barbara Fabian, Leiterindes Referates „EU-Bil-dungspolitik“, Bereich„Weiterbildung“, DIHK –Deutscher Industrie- undHandelskammertag e.V.,Vertretung bei der EU,Brüssel

[email protected]

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Schwerpunkt | Erasmus+

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bauen. Zum anderen wird explizit die Rolle von Kammernund Unternehmen als wichtige Berufsbildungsakteurean mehreren Stellen des Kommuniqués hervorgeho-ben (vgl. https://eu2015.lv/images/notikumi/VET_RigaConclusions_2015.pdf).

Integration in den Arbeitsmarkt verbessern

Den Schwerpunkt für die EU-Bildungspolitik in den kom-menden Jahren wird die am 10. Juni 2016 von der Euro-päischen Kommission präsentierte „Agenda für neueKompetenzen“ bilden. Laut Angaben der EU-Kommis-sion verfügen rund 70 Millionen Menschen in Europanur über unzureichende Grundkompetenzen (Lesen,Schreiben, Rechnen). Ungefähr 40 Prozent der EU-Bevölkerung haben keine ausreichenden digitalen Kompetenzen. Gleichzeitig finden rund 40 Prozent derUnternehmen in Europa nicht die Fachkräfte mit dengeeigneten Kompetenzen. Angesichts dieses Missver-hältnisses will die Kommission mit einer „EuropäischenKompetenzagenda“ zahlreiche Maßnahmen in den Mit-gliedstaaten anstoßen.

Die sogenannte „Skills Agenda“ umfasst ein ehr-geiziges und umfangreiches Vorschlagspaket mit Doku-menten et cetera, die Themen aus allen Bildungsberei-chen behandeln. Obwohl darin Bildungsthemen ange-sprochen werden, die sich keineswegs aufArbeitsmarktaspekte beschränken, wurde die Agenda

federführend in der der BeschäftigungskommissarinThyssen unterstellten Generaldirektion für Beschäfti-gung, Soziales und Integration entworfen. Sie setzt sichaus einer „Mantel-Mitteilung“ sowie zwei Empfehlungs-vorschlägen an die Mitgliedstaaten zusammen, mitdenen der Boden für die operative Umsetzung der SkillsAgenda bereitet werden soll. Die Kommission kündigtin der Mantel-Mitteilung zehn vorrangige Maßnahmenan, die in den Jahren 2016 und 2017 angegangen wer-den sollen. Im Vordergrund stehen dabei eine Empfeh-lung des Rates der EU-Bildungsminister zur Einführungeiner sogenannten „Kompetenzgarantie“ sowie eineÜberarbeitung der 2008er EU-Empfehlung zum Euro-päischen Qualifikationsrahmen (EQR).

Europäische Kompetenzgarantie

Der Entwurf für eine Europäische Kompetenzgarantiesieht eine Selbstbindung der Mitgliedstaaten vor, gering-qualifizierten Erwachsenen über 25 Jahre ein Mindest-niveau an Lese-, Schreib- und Rechenfertigkeiten sowiedigitalen Kompetenzen zu verschaffen. Als geringqua-lifiziert werden dabei Personen angesehen, welche dieallgemeine Bildung oder die berufliche Erstausbildungohne Abschluss der Sekundarstufe II oder eine gleich-wertige Qualifikation verlassen haben. Ihnen soll derZugang zu möglichst maßgeschneiderten Weiterbil-dungspfaden geboten werden. Dabei wird die Eintei-

Weiterbildung4|2016 • S.6-10

Abb. 1: Jugendarbeitslosigkeit in der EU

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lung des Angebots in Lernergebnis-Einheiten empfoh-len, damit diese einzeln dokumentiert, bewertet undvalidiert werden können. Der Empfehlungsvorschlagsieht Monitoring und Evaluierung der Maßnahmen vor.Geringqualifizierte sollen die Möglichkeit erhalten, ihreKompetenzen bewerten zu lassen, um vorhandene Kom-petenzen und den Bedarf einer Steigerung des vorhan-denen Niveaus zu ermitteln. Die Mitgliedstaaten sollenauf bestehenden Validierungsregelungen, auch denenfür non-formales und informelles Lernen, aufbauen, umdie im Rahmen der Kompetenzagenda erworbenen Kom-petenzen, einschließlich des Lernens am Arbeitsplatz,zu bewerten und zu zertifizieren sowie ihre Anerkennungals Qualifikation im Einklang mit nationalen Qualifika-tionsrahmen und -systemen sicherstellen. Als überausehrgeiziges bildungspolitisches Ziel soll dabei ein Min-destqualifikationsniveau auf Stufe 4 des EuropäischenQualifikationsrahmens angestrebt werden. Die Mitglied-staaten sollen dazu innerhalb eines Jahres einen Akti-onsplan für die nationale Umsetzung vorlegen.

Durch Beschluss des EU-Bildungsrates will sichdie Kommission zur Umsetzung der „Kompetenzgaran-tie“ auch ein Mandat geben lassen, eine Bestandsauf-nahme der Maßnahmen in den Mitgliedstaaten vorzu-nehmen und den Einsatz von Kompetenz- und Refe-renzrahmen für Lese-, Schreib-, Rechen- und digitaleKompetenzen sowie von Bewertungsinstrumenten zufördern. Zudem wird im Empfehlungsentwurf vorge-schlagen, dass die Kommission in Zusammenarbeit mitanderen Einrichtungen und Organisationen wie derOECD Forschungsarbeiten und Analysen zu Kompe-tenzen Erwachsener und zur Bewertung von Kompe-tenzen durchführen soll.

Der Empfehlungsvorschlag zur Kompetenzgarantieist allerdings wenig seriös, da sie von den EU-Ländernde facto nicht zu leisten ist. Zudem weckt der Begriff„Garantie“ bei den Betroffenen falsche Erwartungen,statt notwendige Eigeninitiative zu fördern. Zudem isteine Zielvorgabe, für alle EU-Länder auf das Qualifika-tionsniveau EQR-Stufe vier, zu rigide und dürfte in derPraxis kaum zu erreichen sein. Deutschland etwa hatauf dieser Stufe vier das Abitur und den Abschluss drei-jähriger dualer Ausbildungsberufe vorgesehen. Dassman auch mit Qualifikationen unterhalb der EQR-Stufevier gut auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen kann, zeigendie zweijährigen Ausbildungsberufe wie der für produ-zierende Unternehmen wichtige Maschinen- und Anla-

geführer, der im EQR auf Stufe drei angesiedelt ist.Somit besteht bei den weiteren Verhandlungen in Brüs-sel erheblicher Nachbesserungsbedarf für die zum Teilunrealistischen Vorschläge für eine europäische Kom-petenzgarantie.

Überarbeitung des EQR

Inhaltliches Ziel des Empfehlungsvorschlages zur Über-arbeitung des Europäischen Qualifikationsrahmens istes, das Verständnis von Qualifikationen und den dazu-gehörigen Kompetenzen zu vereinfachen und ihre effizien-tere Nutzung im EU-Arbeitsmarkt zu fördern. Die von derKommission vorgeschlagene Überarbeitung würde zahl-reiche Neuerungen umfassen, so sollen unter anderemKriterien und Verfahren entwickelt werden, die den Ver-gleich nationaler und regionaler Qualifikationsrahmenvon Ländern außerhalb der EU mit dem EQR ermögli-chen. Angesichts wachsender Migrationsströme in dieEU ist aus Kommissionssicht ein besseres Verständnisvon Drittstaatenqualifikationen unerlässlich. Zudem sol-len gemeinsame Grundsätze für Leistungspunkte-Syste-me formuliert werden. So sollen die Mitgliedstaatensicherstellen, dass – unbeschadet nationaler Entschei-dungen über die Verwendung von Credit-Systemen – mitnationalen Qualifikationsrahmen und -systemen verbun-dene Credit-Systeme diesen Grundsätzen entsprechen.Leider hält die EU-Kommission – trotz negativer Evalu-ierung des von ihr 2008 vorgeschlagenen europäischenLeistungspunktesystems für die Berufsbildung, ECVET– daran fest, ein insbesondere auch von Deutschlandkritisch bewertetes Leistungspunktesystem für die Berufs-bildung weiter voranzubringen.

Ebenfalls thematisiert wird eine Verzahnung desEQR mit anderen EU-Instrumenten: Dies gilt sowohl fürdie Schaffung gemeinsamer Ausbildungsrahmen gemäßArtikel 49 a der EU-Berufsanerkennungsrichtlinie fürreglementierte Berufe als auch für die noch im Aufbaubefindliche Europäischen Klassifizierung für Fähigkei-ten/Kompetenzen, Qualifikationen und Berufe ESCO.

Die Kommission beabsichtigt zudem, die bisherigeberatende EQR Advisory Group aus Vertretern der natio-nalen Bildungsministerien und der Europäischen Sozi-alpartner abzuschaffen. Sie soll durch eine Plattformfür die Zusammenarbeit von Kommission, Mitgliedstaa-ten und Interessenträgern bei der Umsetzung der Emp-fehlung und der Begleitung des weiteren EQR-Prozes-

Schwerpunkt | Erasmus+

Weiterbildung4|2016 • S.6-10

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ses ersetzt werden. Auch die Verwaltungsstrukturenauf nationaler Ebene sollen vereinheitlicht werden. DieMitgliedstaaten sollen für die Koordinierung der Auf-gaben sorgen, die von den nationalen Koordinierungs-stellen für den EQR ausgeführt werden, wobei auch dieZusammenlegung nationaler Verwaltungsstrukturen imGespräch ist. Der Entwurf sieht zudem die Finanzie-rung von sogenannten „Peer Reviews“ (Vergleich derFortschritte unter den EU-Mitgliedstaaten) aus Mittelndes EU-Bildungsprogrammes ERASMUS+ vor. Darüberhinaus soll die Entwicklung eines europäischen Regis-ters für Stellen, die Qualitätssicherungssysteme fürQualifikationen kontrollieren, geprüft werden.

Der Empfehlungsentwurf ist in mehrerer Hinsichtkritisch zu bewerten. So hält die EU-Kommission – trotznegativer Evaluierung der 2009er EU-Empfehlung zurSchaffung eines europäischen Leistungspunktesystemsfür die Berufsbildung, ECVET – daran fest, einen insbe-sondere auch von Deutschland kritisch bewertetenmodularen Ansatz für die ganzheitlich ausgerichteteduale Ausbildung weiter voranzubringen. Leider hat dieEU-Kommission auch nicht das mehrheitliche Votumder EQR Advisory Group berücksichtigt, dem EQR, derbisher europaweit keinesfalls in seiner Funktion alsTransparenzinstrument vollständig umgesetzt und umfas-send referenziert ist, zunächst mehr Zeit für seine natio-nale Implementation, Konsolidierung und Anwendungzu geben. Stattdessen soll er mit neuen Elementen völ-

lig überfrachtet werden. Es wird insbesondere Aufgabedes Rates der EU-Bildungsminister sein, diese weit überdas Ziel hinausschießenden Kommissionsvorschläge inrealistische bildungspolitische Bahnen zu lenken.

Berufsausbildung als erste Wahl

Als positives Element der „Skills Agenda“ ist die Ankün-digung der Kommission hervorzuheben, dass die Umset-zung der Schlussfolgerungen von Riga für hochwertigeund arbeitsmarktrelevante Kompetenzen und Qualifika-tionen eine bedeutende Rolle spielen soll. Berufsaus-bildung sollte von einer zweiten zu einer ersten Wahlwerden, eine starke berufspraktische Dimension umfas-sen und möglichst auch internationale Lern- und Arbeits-erfahrung ermöglichen. Die Kommission will dazu unteranderem den Ausbau und den Bekanntheitsgrad vonMöglichkeiten höherer beruflicher Aus- und Weiterbil-dung mittels Partnerschaften zwischen Bildungsein-richtungen und der Wirtschaft fördern. Allerdings hatsie dabei einen branchenspezifischen und keinen bran-chenübergreifenden Ausbau im Auge.

Als konkrete Maßnahme soll vom 5. bis 9. Dezem-ber 2019 erstmals eine europäische Woche der beruf-lichen Kompetenzen („VET Skills Week“) in den Mit-gliedstaaten durchgeführt werden.

Die Mantelmitteilung für die Europäische Kompe -tenz agenda nennt sieben weitere Prioritäten mit Ankün-

Literatur |Die Dokumente zur „SkillsAgenda“ der EuropäischenKommission sind zugäng-lich über das Internet: Mantel-Mitteilung „Eineneue Europäische Agendafür Kompetenzen“:http://ec.europa.eu/trans-parency/regdoc/rep/1/2016/DE/1-2016-381-DE-F!-1.PDFVorschlag für eine Empfeh-lung des Rates zur Einfüh-rung einer Kompetenzga-rantie:http://ec.europa.eu/trans-parency/regdoc/rep/1/2016/DE/1-2016-382-DE-F!-1.PDFVorschlag für eine Empfeh-lung des Rates über denEuropäischen Qualifikati-onsrahmen:http://ec.europa.eu/trans-parency/regdoc/rep/1/2016/DE/1-2016-383-DE-F!-1.PDF

Weiterbildung4|2016 • S.6-10

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Schwerpunkt | Erasmus+

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Abb. 2: Neuorganisation des EU-Bildungsressorts

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Schwerpunkt | Erasmus+

digungen für zahlreiche verschiedene Maßnahmen inder allgemeinen und beruflichen Bildung:l Im Jahr 2017 soll der EU-Referenzrahmen für Schlüs-

selkompetenzen überarbeitet werden. Ziele sind eingemeinsames Verständnis der Schlüsselkompeten-zen und deren weitere Einbindung in die Lehrpläneder allgemeinen und beruflichen Bildung. Außerdemsollen die Entwicklung und Bewertung dieser Kom-petenzen unterstützt werden.

l Die Kommission plant, eine „Koalition für digitaleKompetenzen und Arbeitsplätze“ ins Leben zu rufen,um ein großes Reservoir an IT-Fachkräften zu schaf-fen und digitale Kompetenzen zu fördern. Die Mit-gliedstaaten werden aufgefordert, bis Ende 2017umfassende nationale Strategien für die Vermittlungund den Erwerb digitaler Kompetenzen auf der Grund-lage von Zielen zu entwickeln, die bis Ende 2016 fest-zulegen sind. Dies umfasst die Einrichtung nationa-ler Koalitionen für digitale Kompetenzen zwischenstaatlichen Behörden, der Wirtschaft, allgemeinenund beruflichen Bildungseinrichtungen sowie desArbeitsmarktes.

l Um die Integration von Drittstaatsangehörigen zubeschleunigen, beabsichtigt die Kommission – insbe-sondere auch vor dem Hintergrund anhaltender Flücht-lings- und Mi grantenströme – mehrere Maßnahmenanzugehen. So soll ein „Instrument zur Erstellung vonKompetenzprofilen für Drittstaatsangehörige“ entwi-ckelt werden. Dieses soll Dienststellen in den Aufnah-mestaaten helfen, Kompetenzen, Qualifikationen undErfahrungen neu ankommender Drittstaatenangehö-riger zu ermitteln und zu dokumentieren. Außerdemwill die Kommission die Ausbildung des Personals inden Aufnahmeeinrichtungen unterstützen, um dieAnerkennungsverfahren zu beschleunigen und denAustausch von Informationen und bewährten Verfah-ren intensivieren. Darüber hinaus soll neu angekom-menen Migranten und Flüchtlingen im Rahmen derOnline-Sprachhilfe von Erasmus+ Zugang zu Sprach-lernangeboten im Internet gewährt werden – überdrei Jahre hinweg sollen hierfür 100.000 Lizenzenfür Online-Sprachkurse für Flüchtlinge bereitgestelltwerden.

l Die Kommission wird eine Überarbeitung des Euro-pass-Rahmens vorschlagen und eine intuitive undintegrierte Plattform für Online-Dienste einrichten.Zudem wird geplant, die Datenlage in Bezug auf Kom-

petenzbedarf und Kompetenztrends durch Web-Craw-ling und Big-Data-Analyse zu verbessern und durchDaten aus unterschiedlichen Sektoren zu ergänzen.

l Die Kommisison beabsichtigt zudem, die Frage derAbwanderung hochqualifizierter Fachkräfte („braindrain“) eingehend zu analysieren und den Austauschbewährter Verfahren zur Bekämpfung dieses Pro-blems zu fördern.

l Außerdem wird eine Blaupause zur Branchenzusam-menarbeit für Kompetenzen angekündigt, um dieErfassung von Daten über Kompetenzen zu verbes-sern und dem Fachkräftemangel in verschiedenenWirtschaftszweigen zu begegnen. BranchenbezogeneKompetenzpartnerschaften im Industrie-und Dienst-leistungssektor sollen zunächst auf EU-Ebene einge-richtet und anschließend auf die nationale oder regio-nale Ebene übertragen werden. Hierbei wird auchdie Förderung von Vereinbarungen zur Anerkennungbranchenbezogener Qualifikationen und Zertifikateangedacht.

l Die Kommission plant für das Jahr 2017 eine Initia-tive zur Nachverfolgung des Werdegangs von Hoch-schulabsolventen, um Mitgliedstaaten dabei zu unter-stützen, die Datenlage über den Erfolg von Hoch-schulabsolventen auf dem Arbeitsmarkt zuverbessern.

Neben diesen prioritären Aktionen strebt die Kommis-sion weitere Maßnahmen an. So soll die grenzüber-schreitende Mobilität von Lernenden stärker unter-stützt werden. Hier wird unter anderem die Langzeit-mobilität von Auszubildenden (sechs Monate bis ein Jahr)angesprochen. 2016 soll ein Mobilitätsanzeiger für dieberufliche Aus- und Weiterbildung eingeführt werden.Zur Unterstützung von Lehr- und Ausbildungspersonalbeabsichtigt die Kommission, einen Austausch bewähr-ter Verfahren zu unterstützen, wobei die pädagogischeInnovation im Mittelpunkt stehen soll. Um das Lernenam Arbeitsplatz zu fördern, prüft die Kommissiongemeinsam mit dem Europäischen InvestitionsfondsFördermöglichkeiten in Form günstiger Bankdarlehenfür kleine und mittlere Unternehmen mittels eines spe-ziellen Kompetenz-Finanzinstruments. Zur Unterstüt-zung der Modernisierung des Hochschulwesens solldie Entwicklung von Bewertungsrahmen für Kompe-tenzen für verschiedene Hochschuldisziplinen im Fokusstehen.

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Schwerpunkt | Erasmus+

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Berufliche Weiterbildung gewinnt zunehmend an Bedeutung.Sie bietet Individuen und Organisationen, aber auch der Wirt-

schaft und Gesellschaft eines Landes als Ganzes, viel-fältige Potenziale (Cedefop 2014): Sie trägt zu Beschäf-tigungsfähigkeit und persönlicher Weiterentwicklungdes Einzelnen bei, hilft Unternehmen, dem globalenWettbewerb und technologischen Veränderungen zubegegnen, und hat für ein Land nicht nur wirtschaftli-che Relevanz (zum Beispiel Förderung von Wirtschafts-wachstum), sondern leistet auch einen bedeutendengesamtgesellschaftlichen Beitrag (zum Beispiel Förde-rung von Integration).

Obwohl die Bedeutung beruflicher Weiterbildungmittlerweile unumstritten ist, zeigt ein Blick auf die Wei-terbildungsrealität in Europa, dass es deutliche Unter-schiede zwischen den einzelnen EU-Mitgliedstaatengibt und insgesamt noch Entwicklungsbedarf herrscht.Im Rahmen europäischer Bildungspolitik werden dahergemeinsam Anstrengungen unternommen, beruflicheWeiterbildung in Europa nachhaltig zu verbessern unddie Weiterbildungsbeteiligung zu erhöhen.

Weiterbildung für alle

Bildung gilt als Schlüsselfaktor für die Implementationder „Europa 2020 Strategie“ (Europäische Kommissi-on 2010), deren Ziel intelligentes, nachhaltiges und inte-gratives Wachstum für Europa ist. In diesem Zusam-menhang haben die Europäische Kommission, die Mit-gliedsländer und die europäischen Sozialpartner im Jahr2009 eine verstärkte Zusammenarbeit im Bildungsbe-

reich beschlossen und den „strategischen Rahmen fürdie Zusammenarbeit auf dem Gebiet der allgemeinenund beruflichen Bildung“ (ET 2020) angenommen (Ratder Europäischen Union 2009). Dabei einigte man sichauf verschiedene Ziele, unter anderem die Erhöhungder Beteiligung Erwachsener (25 bis 64 Jahre) am lebens-langen Lernen auf 15 Prozent bis zum Jahr 2020. Da Wei-terbildung ein zentraler Bestandteil lebenslangen Ler-nens ist, spielt die Steigerung der Weiterbildungsbetei-ligung eine wichtige Rolle für die Zielerreichung.

Gemeinsame Ziele in der Berufsbildung für denZeitraum 2011-2020 sowie ein Aktionsplan mit kon-kreten Maßnahmen wurden in dem Kommuniqué vonBrügge festgelegt. Zu den vereinbarten Zielen gehörtunter anderem die Förderung der Teilnahme aller –auch benachteiligter – Bevölkerungsgruppen an derberuflichen Weiterbildung und die Erhöhung ihrer Qua-lität und Effizienz. In diesem Sinne sollen beispiels-weise unter Einsatz geeigneter Anreize, Rechte undVerpflichtungen Rahmenbedingungen geschaffen wer-den, die Unternehmen dazu veranlassen, in die Ent-wicklung ihrer Mitarbeiter und die berufliche Weiter-bildung zu investieren und die Weiterbildung allen glei-chermaßen zugänglich zu machen. Weiterbildung sollFlexibilität zulassen und alle Formen des Lernens, ins-besondere auch das Lernen am Arbeitsplatz, umfas-sen. Die Vision, berufliche Weiterbildung attraktiver,leichter zugänglich und flexibler zu gestalten, wurdeals Zwischenbilanz auch 2015 in Riga bestätigt.

Die Europäische Agenda für Erwachsenenbildunghebt ebenfalls die Bedeutung der Weiterbildung für alle

Weiterbildung für alle ermöglichenBerufliche Weiterbildung gilt als Schlüsselfaktor für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum in Europa und ist daher auch zentraler Bestandteil europäischerBildungspolitik. Doch wie entwickelt sich berufliche Weiterbildung in Europa, undwodurch kann sie gefördert werden? Die Analysen des Europäischen Zentrums zur Förderung der Berufsbildung (Cedefop) zeigen aktuelle Herausforderungen auf undbeschäftigen sich mit Weiterentwicklungsmöglichkeiten.

Berufliche Weiterbildung in Europa: Entwicklungen und Fördermöglichkeiten

Autorin |Dr. Alexandra Dehmel,Expertin im BereichErwachsenenbildung undberufliche Weiterbildung,Europäisches Zentrum fürdie Förderung der Berufs-bildung (Cedefop)

[email protected]

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hervor und fordert verstärktes Engagement, unter ande-rem der Arbeitgeber in Bezug auf arbeitsplatzgestütz-tes Lernen (Rat der Europäischen Union 2011).

Weiterbildung ist ein zentraler Bestandteil euro-päischer Bildungspolitik geworden, und wird über ver-schiedene Maßnahmen, beispielsweise im Rahmen vonErasmus+, dem EU-Programm für allgemeine und beruf-liche Bildung, Jugend und Sport, unterstützt. Doch wieentwickelt sich berufliche Weiterbildung in Europa, waskennzeichnet sie, und wodurch kann sie gefördert wer-den? Die Analysen des Cedefop geben Einblicke. „Beruf-liche Weiterbildung, Erwachsenenbildung und Lernenam Arbeitsplatz“ ist eine der drei mittelfristigen the-matischen Prioritäten des Cedefop für den Zeitraum2012 bis 2016 (Cedefop 2016).

Berufliche Weiterbildung in Europa

1. Diversität: Die Landschaft beruflicher Weiterbildungin Europa ist geprägt durch Diversität, die eng mitihren spezifischen Charakteristika zusammenhängt(Cedefop 2014; 2015a). Berufliche Weiterbildung

l findet in spezifischen (nationalen, regionalen, sek-toralen und lokalen) Kontexten statt und ist stark inden jeweiligen Länderkontext eingebunden, zum Bei-spiel Wirtschaftsstruktur (unter anderem Branchen,Unternehmensgrößen), Bildungssystem und Lern-kultur;

l ist eng mit dem Arbeitsmarkt verbunden und damit,wie dieser strukturiert ist (zum Beispiel die Rege-lung des Zugangs zu bestimmten Professionen undFunktionen);

l wird von einer Vielzahl verschiedener Anbieter undInstitutionen angeboten, sowohl im Bereich des for-malen Bildungssystems, als auch im non-formalenBereich;

l kann unterschiedlichste Formen des Lernens umfas-sen (siehe auch Abbildung 2).

Diese Diversität ist ein Schlüsselfaktor, um dem Bedarfvon Arbeitsmarkt, Gesellschaft und Individuen zu ent-sprechen. Sie ist gleichzeitig aber auch eine Heraus-forderung wenn es um Aspekte von Transparenz, Koor-dination und Qualität beruflicher Weiterbildung geht.

2. Länderunterschiede: Statistische Daten zu Ange-bot, Zugang und Teilnahme Erwachsener an Bil-

dungsmaßnahmen zeigen, dass es deutliche Unter-schiede zwischen den einzelnen Mitgliedsländernder EU gibt. Gemäß Eurostat betrug beispielsweisedie Teilnahmerate von Erwachsenen (25 bis 64 Jahre)an lebenslangem Lernen (gemessen an der Bildungs-/Weiterbildungsteilnahme in den vier Wochen vorder Erhebung) im Jahr 2015 in der EU-28 im Durch-schnitt lediglich 10,7 Prozent. Während einige Län-der überdurchschnittlich hohe Raten aufweisen, blei-ben andere weit unter dem Durchschnitt (siehe Abbil-dung 1). Um das gemeinsame ET 2020-Ziel zuerreichen, dass 15 Prozent aller Erwachsenen sichbis 2020 am lebenslangen Lernen beteiligen, bestehtnoch Handlungsbedarf. Dabei ist auch die Steige-rung der Weiterbildungsteilnahme zentral.

Bezüglich der Weiterbildungsteilnahme sind positiveEntwicklungen zu verzeichnen. Die Europäische Erhe-bung zur beruflichen Weiterbildung (continuing voca-tional training survey – CVTS) zeigt zwischen 2005 und2010 einen Zuwachs bei der Teilnahme an Weiterbil-dungskursen von 33 auf 38 Prozent (siehe Abbildung2). Doch auch hier unterscheiden sich die Teilnahme-raten in den einzelnen Ländern (Cedefop 2015b). In2010 schwankten sie zwischen 16 und 61 Prozent.Diese Differenzen scheinen sich seit 2005 kaum geän-dert zu haben. Ein Trend zu einer Annäherung ist indiesem Zeitraum nicht zu erkennen. Zu den Ländern

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Das Europäische Zentrumfür die Förderung derBerufsbildung (Cedefop) istdas Referenzzentrum derEuropäischen Union für Fra-gen der beruflichen Bil-dung. Es stellt Informatio-nen und Analysen zuBerufsbildungssystemensowie Politik, Forschungund Praxis bereit. Sein Auf-trag ist es, die Entwicklungder europäischen Berufsbil-dungspolitik zu unterstüt-zen und zu ihrer Umsetzungbeizutragen. Das Cedefopwurde 1975 durch die Ver-ordnung (EWG) Nr. 337/75des Rates errichtet.www.cedefop.europa.eu

Abb. 1: Beteiligung Erwachsener (25-64 Jahre) an Bildungsmaßnahmen 2015

Quelle: Eurostat Labour Force Survey [trng_lfs_01], extraction: 20.05.2016

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mit geringen Teilnahmeraten (unter 25 Prozent) zäh-len unter anderem Bulgarien, Griechenland, Rumänienund Ungarn. Drei Länder – Belgien, Tschechische Repu-blik, Luxemburg – weisen Teilnahmeraten über 50 Pro-zent auf. In Deutschland stieg die Teilnahmequote derBeschäftigten an Weiterbildungskursen um 9 Prozent-punkte auf 39 Prozent in 2010 (siehe BIBB 2013 fürdetaillierte Analysen). Im Vergleich zu anderen euro-

päischen Mitgliedstaaten nimmt Deutschland dahereinen Platz im Mittelfeld ein.

3. Weiterbildungsteilnahme und -angebot: Einfluss-faktoren: Weiterbildungsteilnahme und -angebotwerden nicht nur vom jeweiligen Länderkontextbeeinflusst, sondern auch von anderen Faktoren,wie (Cedefop 2014; 2015b, c, d):

l Bildungs- und Qualifikationsniveau sowie Alter: Inallen europäischen Mitgliedstaaten nehmen jüngere,höher qualifizierte Erwachsene, die in qualifiziertenBerufen beschäftigt sind, am häufigsten an lebens-langem Lernen und beruflicher Weiterbildung teil(siehe Abbildung 3 und 4). Dies hat unterschiedli-che Ursachen, beispielsweise entsprechende Weiter-bildungsstrategien von Unternehmen.

l Arbeitsmarktstatus: Das Adult Education Survey(AES) zeigt, dass die Beteiligung an nicht formalenberufsbezogenen Weiterbildungsmaßnahmen beiarbeitslosen Erwachsenen zweieinhalb Mal geringerist als bei beschäftigten Erwachsenen (siehe Abbil-dung 5).

l Unternehmensgröße: Der Anteil der Beschäftigten,die Weiterbildungsmaßnahmen in Anspruch nehmen,variiert je nach Unternehmensgröße. 2010 lag die Teil-nahmequote an Weiterbildungsmaßnahmen beiBeschäftigten in kleinen Betrieben bei 25 Prozent,in mittleren bei 34 Prozent und in großen bei 46 Pro-zent. Die Art der Angebote, das heißt das Nutzenalternativer Lernformen, scheint flexibler gewordenzu sein (siehe Abbildung 2). Um die Weiterbildungs-beteiligung zu erhöhen, sollte es mehr Weiterbildungin kleinen und mittleren Unternehmen geben. DieEuropäische Erhebung zur beruflichen Weiterbildung(CVTS) verzeichnet diesbezüglich positive Entwick-lungen: zwischen 2005 und 2010 hat sich der Anteilder Unternehmen, die ihren Beschäftigten Weiter-bildungsmaßnahmen anbieten, bei großen Unter-nehmen von 91 auf 93 Prozent, bei mittleren von 79auf 81 Prozent und bei kleinen von 55 auf 63 Pro-zent erhöht. Bei großen Unternehmen sind die Län-derunterschiede am kleinsten.

In Europa herrschen noch erhebliche Ungleichheitenhinsichtlich Weiterbildungszugang und -teilnahme vor(Cedefop 2015d) – über alle Mitgliedstaaten hinweg.Insgesamt verstärkt eine geringere Beteiligung an der

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2005 alle Größen

2010 alle Größen

2010 kleine Unternehmen (10-49 Beschäfigte)

2010 mi�lere Unternehmen (50-249 Beschäfigte)

2010 große Unternehmen (>250 Beschäfigte)

Abb. 2: Beteiligung Erwachsener an beruflicher Weiterbildung

Quelle: Eurostat CVTS4 [trng_cvts42]; Cedefop 2014, S. 20

nach Unternehmensgröße und Lernform, EU-Durchschnitt 2005 und 2010in Prozent

Abb. 3: Beteiligung Erwachsener an nicht formalen arbeitgeberfinanzierten Maßnahmen

nach Berufshauptgruppen (*BHG), EU-Durchschnitt 2011 in Prozent

Quelle: Eurostat Adult Education Survey (AES); Cedefop 2015c, S. 3

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Erwachsenenbildung bestehende Ungleichheiten. InLändern mit geringeren Teilnahmeraten sind dieUngleichheiten am größten.

4. Barrieren: Warum nehmen Erwachsene nicht anBildungsangeboten teil, und warum bieten Unterneh-men keine Bildungsmaßnahmen an? Laut Adult Educa-tion Survey (AES) waren die im Jahr 2011 von Erwach-senen am häufigsten genannten Gründel Zeitmangel wegen familiärer Verpflichtungen (21 Pro-

zent),l Überschneidungen mit der Arbeitszeit (18 Prozent),l Kosten (13 Prozent).

Und Unternehmen? Die Europäische Erhebung zurberuflichen Weiterbildung (CVTS) von 2010 zeigt, dassetwa ein Drittel aller Unternehmen, die keine Weiter-bildungsmöglichkeiten anboten, als Gründe Zeit- oderGeldmangel oder beides angaben (Abbildung 6). Dervon 77 Prozent der Unternehmen genannte Haupt-grund war jedoch, dass die Kompetenzen des Perso-nals dem Bedarf entsprachen, und daher kein Weiter-bildungsbedarf gesehen wurde.

Empfehlungen zur Weiterentwicklung

Der Überblick zur aktuellen Situation der Weiterbil-dung in Europa zeigt, dass noch Weiterentwicklungs-bedarf besteht. Wie kann berufliche Weiterbildunggefördert werden? Was kann getan werden, um ein fle-xibles, qualitativ hochwertiges Angebot zu unterstüt-zen, und die Weiterbildungsteilnahme aller – insbeson-dere auch benachteiligter Gruppen – zu erhöhen? ImFolgenden werden zentrale Punkte aufgezeigt. Diesekönnen auch im Handbuch Weiterbildung (Cedefop2014) nachgelesen werden, das sich an Fachleute ausPolitik und Praxis richtet. Es liefert eine aktuelleBestandsaufnahme der Weiterbildung in Europa, zeigtihren Nutzen auf und identifiziert insbesondere Erfolgs-faktoren, die mit konkreten Praxisbeispielen und Umset-zungshinweisen illustriert sind.

1. Transparenz, Qualitätssicherung, Kohärenz undZusammenarbeit: Berufliche Weiterbildung wird vonverschiedenen Institutionen in unterschiedlichen For-maten und Umfeldern angeboten, mit variierendenZuständigkeiten. Diese Diversität und Fragmentierung

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Quelle: Eurostat Adult Education Survey (AES); Cedefop 2015c, S. 3.

Abb. 4: Beteiligung Erwachsener an Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen

nach höchstem Bildungsabschluss, EU-Durchschnitt 2011 in Prozent

Quelle: Eurostat Adult Education Survey (AES); Cedefop 2015c, S. 5

Abb. 5 Beteiligung Erwachsener an nicht formalen berufsbezogenen Maßnahmen

nach Arbeitsmarktstatus, EU-Durchschnitt 2011 in Prozent

Quelle: Eurostat CVTS4; Cedefop 2015c, S. 5

Abb. 6: Hindernisse für die Bereitstellung von Weiterbildungsmöglichkeiten

EU, Prozent der Unternehmen, die keine Möglichkeiten anboten, Mehrfach-antworten möglich, 2010

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stellt eine Herausforderung hinsichtlich Koordinierung,Qualität und Transparenz dar, und kann negative Fol-gen haben. Sie kann zum Beispiel Zugang zu Weiter-bildung behindern, etwa wenn Lernenden Informatio-nen über geeignete Angebote und Zugangs- sowie För-dermöglichkeiten fehlen, oder wenn UnternehmenUnsicherheiten bezüglich der Qualität von Weiterbil-dungsangeboten haben und daher nicht in sie inves-tieren. Veränderungen, durch die Lernen leichter zugäng-lich und attraktiver wird, müssen unter Einbindungsämtlicher Akteure und Interessensträger gestaltetund darüber hinaus kommuniziert, koordiniert undkohärent umgesetzt werden. Mögliche bildungspoliti-sche Maßnahmen sind:l Systeme zur Qualitätssicherung beruflicher Weiter-

bildung etablieren;l leicht zugängliche und umfassende Informations-

und Beratungsdienste schaffen, die helfen, geeig-nete Weiterbildungsangebote, Fördermöglichkeitenet cetera zu finden;

l verschiedene Maßnahmen, Anreize und Unterstüt-zungsangebote kombinieren, um flexible, qualitativhochwertige berufliche Weiterbildung zu fördern undWeiterbildungsangebot und -teilnahme zu erhöhen.Dabei sollte auch auf spezifische Bedürfnisse, bei-spielsweise von kleinen und mittleren Unternehmen,eingegangen werden;

l Kommunikation, Kooperation, Koordination und Kohä-renz innerhalb und zwischen allen Akteuren auf natio-naler, regionaler, lokaler und sektoraler Ebene för-dern, und alle Interessensgruppen einbeziehen. Beruf-liche Weiterbildung als gemeinsame Verantwortungetablieren.

2. Nutzung und Anerkennung aller Formen des Ler-nens: Berufliche Weiterbildung zielt oft auf die Ent-wicklung von Fähigkeiten für bestimmte beruflicheTätigkeiten ab, führt aber nicht zu anerkannten Quali-fikationen. Dies hält Interessenten möglicherweise voneiner Teilnahme ab. Des Weiteren geschieht Lernen zueinem großen Teil außerhalb des formalen Bildungs-systems, durch nicht formales oder informelles Ler-nen, direkt am Arbeitsplatz oder anderswo. ÄltereArbeitnehmer haben in ihrem Arbeitsleben beispiels-weise häufig wertvolle Kompetenzen erworben, dieallerdings nicht entsprechend dokumentiert sind. WennMöglichkeiten zur Validierung – das heißt Identifizie-

rung, Beurteilung und Anerkennung – aller Arten vonLernen geschaffen und diese auf einen weiterführen-den Lernweg und/oder anerkannten Abschluss ange-rechnet würden, könnte sich die Weiterbildungsteil-nahme erhöhen. Trotz Fortschritten bei der Entwick-lung von Validierungssystemen bestehen noch großeHerausforderungen, zum Beispiel:l Validierungssysteme bekannt machen und Zugang

erleichtern, unter anderem über Beratungsdienste;l umfassende Systeme entwickeln und Fragmentie-

rung verhindern. Bislang bleiben die meisten Sys-teme Sammlungen einzelner Initiativen, Projekte undVerfahren;

l Verbindungen zwischen Validierung im privaten undöffentlichen Sektor herstellen. Viele Unternehmennutzen Validierung innerbetrieblich, aber sie intera-gieren selten mit den öffentlichen Systemen, obwohldies Wege zu weiterführender Bildung öffnen undgesellschaftliche Anerkennung von Validierung stär-ken könnte.

Generell ist es wichtig, alle Formen des Lernens zunutzen, und insbesondere dem informellen Lernen amArbeitsplatz mehr Bedeutung zu schenken, denn hierliegen noch viele ungenutzte Potenziale (Dehmel/Lett-mayr 2013). Auch die Ergebnisse des Cedefop Europe-an skills and jobs survey bestätigen, wie wichtig es ist,die Kompetenzen der Beschäftigen am Arbeitsplatzweiterzuentwickeln und zu nutzen (Cedefop 2015e).Dies lässt sich zum Beispiel über die Gestaltung lern-förderlicher Arbeitsumgebungen unterstützen. Zu ihrenMerkmalen gehören:l Autonomie und Selbständigkeit bei der Arbeit, zum

Beispiel Freiheiten bei der Planung der Arbeitsschritte,der zeitlichen Gestaltung, der Wahl eingesetzterArbeitsmittel;

l Komplexität und Variabilität der Tätigkeit, zum Bei-spiel wechselnde Funktionen an den Arbeitsplätzen,Übernahme neuer Tätigkeiten, Notwendigkeit, unvor-hergesehene Probleme zu lösen und Neues zu ler-nen;

l Kommunikation und Kooperation, zum Beispiel Team-work.

3. Flexible und zielgruppengerechte Weiterbildungs-angebote sowie Fördermaßnahmen: BeruflicheWeiterbildung sollte die individuellen Bedürfnisse

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der Lernenden in Bezug auf Zeitpunkt, Form undInhalt des Lernens berücksichtigen, und muss fle-xibel genug sein, um zeitnah auf veränderten Bedarfvon Lernenden, aber auch von Arbeitgebern, rea-gieren zu können. Ein Ansatz sind modulare Ange-bote, die eine flexible Organisation und Sequenzie-rung des Lernens ermöglichen, und den jeweiligenBedürfnissen entsprechend angepasst und genutztwerden können. Bestimmte Lernformen, wie E-Lear-ning und selbstgesteuertes Lernen, erlauben zeitli-che Flexibilität und können Zugangsbarrieren redu-zieren. Grundsätzlich sollten alle Formen des Ler-nens genutzt und auch miteinander kombiniertwerden, um flexible und bedarfsgerechte Angebo-te zu schaffen.

Des Weiteren müssen Barrieren reduziert werden. DaKosten als eines der Haupthindernisse genannt wer-den, gilt es unter anderem, innovative Finanzierungs-modelle – beispielsweise solche mit Kostenteilungs-mechanismen (wie Bildungsgutscheine oder Steuer-anreize) – zu nutzen, um Anreize zu schaffen.

Perspektiven

Die berufliche Weiterbildung in Europa unterliegt viel-fältigen und raschen Veränderungen, und auch dieeuropäische Dimension wird immer wichtiger. Um dienotwendigen Handlungsperspektiven für Weiterbil-dungspolitik, -forschung und -praxis abzuleiten, sindumfassende Analysen der Ausgangsituationen und Ent-wicklungen unabdingbar. Cedefop leistet hierzu auchzukünftig einen entscheidenden Beitrag.

Literatur |Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB): Datenreport zumBerufsbildungsbericht 2013. Informationen und Analysenzur Entwicklung der beruflichen Bildung. Bonn 2013.https://datenreport.bibb.de/media2013/BIBB_Datenre-port_2013.pdfCedefop: Policy handbook. Access to and participation incontinuous vocational education and training (CVET) inEurope. Luxembourg 2014.http://www.cedefop.europa.eu/files/6125_en.pdf Cedefop: Work-based learning in continuing vocational edu-cation and training: policies and practices in Europe. Luxem-bourg 2015a. http://www.cedefop.europa.eu/en/publicati-ons-and-resources/publications/5549Cedefop: Job-related adult learning and continuing vocatio-nal training in Europe: a statistical picture. Luxembourg2015b. http://www.cedefop.europa.eu/en/publications-and-resources/publications/5548Cedefop: Erwachsenenbildung fördern. Kurzbericht. Thessa-loniki 2015c. http://www.cedefop.europa.eu/de/publicati-ons-and-resources/publications/9099Cedefop: Unequal access to job-related learning: evidencefrom the adult education survey. Luxembourg 2015d.http://www.cedefop.europa.eu/de/publications-and-resources/publications/5552 Cedefop: Skills, qualifications and jobs in the EU: themaking of a perfect match? Evidence from Cedefop’s Euro-pean skills and jobs survey. Luxembourg 2015e.http://www.cedefop.europa.eu/en/publications-and-resources/publications/3072.Cedefop: Work programme 2016. Luxembourg 2016.http://www.cedefop.europa.eu/en/publications-and-resources/publications/4143 Dehmel, A./Lettmayr, C. F.: Dem globalen Wettbewerbbegegnen. Analysen des Cedefop zur beruflichen Weiterbil-dung in Europa. In: Weiterbildung. Zeitschrift für Grundla-gen, Praxis und Trends (2013) 6, S. 8-12.Europäische Kommission: Europa 2020: eine Strategie fürintelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum.http://ec.europa.eu/europe2020/index_de.htmKommuniqué von Brügge zu einer verstärkten europäischenZusammenarbeit in der beruflichen Bildung für den Zeitraum2011-2020. http://ec.europa.eu/education/lifelong-learning-policy/doc/vocational/bruges_de.pdfRat der Europäischen Union: Entschließung des Rates übereine erneuerte europäische Agenda für die Erwachsenenbil-dung. 2011 http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:C:2011:372:0001:0006:DE:PDFRat der Europäischen Union: Schlussfolgerungen zu einemstrategischen Rahmen für die europäische Zusammenarbeitauf dem Gebiet der allgemeinen und beruflichen Bildung (ET 2020). Amtsblatt der Europäischen Union, C 119 vom28.5.2009. http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:C:2009:119:0002:0010:DE:PDF

InfoAlle Publikationen des Cedefop sind unterhttp://www.cedefop.europa.eu/en/publications-and-resources frei verfügbar. Ein monatlicher Newsletterinformiert über aktuelle Neuerscheinungen, Projekteund Veranstaltungen.

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Schwerpunkt | Erasmus+

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In einer breit angelegten europäischen „Peer-Review-Initiati-ve“ wurde im Zeitraum 2004 bis 2009 in drei aufeinanderfolgen-

de Projekten (Peer Review in initial VET, von 2004 bis2007; Peer Review Extended, 2007; Peer Review Exten-ded II, von 2007 bis 2009; siehe dazu die Website derEuropäischen Peer-Review-Vereinigung, auf der auch dieNachfolgeprojekte gelistet sind: www.peer-review-net-work.eu) ein Peer-Review-Verfahren für den Bereich derberuflichen Bildung konzipiert und getestet (in einemersten Schritt für die berufliche Erstausbildung, in Folgeauch für die Weiterbildung). Das Verfahren stellt eineAdaptierung und Weiterentwicklung gängiger Modelleaus dem Hochschulbereich dar. Es wird in einem Hand-buch beschrieben (Gutknecht-Gmeiner et al. 2007) undhat folgende Merkmale: l Peer Review ist eine freiwillige, entwicklungsorientierte,

qualitative Evaluation von Bildungseinrichtungen.l Das Peer Team setzt sich aus vier externen Personen

zusammen, die überwiegend Lehrende aus einer ande-ren, ähnlichen Einrichtung sind.

l Die Fragestellungen sind auf die SchlüsselprozesseLehren und Lernen ausgerichtet.

l Peer Review baut auf einer Selbstevaluation auf und bein-haltet als wichtiges Verfahrenselement den Peer Besuchals Vor-Ort-Erhebung.

Als Besonderheit wird die grenzüberschreitende Gestal-tung des Peer Reviews empfohlen: Peer Teams umfassenmindestens einen Peer aus einem anderen Land.

Seit 2010 wird das Peer-Review-Verfahren auch inandere Bereiche übertragen, zum Beispiel in die Bildungs-beratung sowie aktuell in die Validierung von informell undnon-formal erworbenen Kompetenzen. Auch die Erwachse-nenbildung wurde noch einmal in den Fokus genommen.

Lerneffekte bei den Peers

Sämtliche Peer Review Projekte wurden in umfassenderWeise intern und teilweise auch extern (meta)evaluiert: Eswurden sowohl die evaluierten Einrichtungen als auch diePeers in jedem Durchgang mittels einer Online-Erhebungsowie in qualitativen Interviews befragt. Um Lerneffektebei den Peers gezielt untersuchen zu können, wurde nachden ersten drei Durchgängen eine zusätzliche Online-Befra-gung bei diesen durchgeführt. Dies ist die Grundlage für diefolgenden Ausführungen. Ausgeprägt qualitativ wurde unter-sucht, in welchem Ausmaß die Peers selbst Lerneffektewahrgenommen haben, worauf sich diese bezogen und wiesie zustande gekommen sind.

Grundsätzlich ist es nicht Zweck eines Peer Reviews,das Lernen der Peers während ihrer Tätigkeit als Evaluato-

Professionelle Weiterentwicklung von Lehrenden Eine externe Evaluation soll der Weiterentwicklung der evaluierten Einrichtung dienen.Das Lernen der Evaluatorinnen und Evaluatoren, die meist aus anderen Zusammenhängenstammen, ist dabei für gewöhnlich kein Thema für die Erwachsenenbildung/Weiterbildung. Was aber, wenn Lehrende selbst in einem Peer Review als externe Evaluatoren tätig werden? Dann profitieren sie als Peers davon im besten Falle genausostark wie die von ihnen evaluierte Weiterbildungseinrichtung. In welchen Bereichen undauf welche Weise die Professionalisierung von Lehrenden durch Peer Review gefördertwerden kann, wird anhand von Erfahrungen aus einer Reihe von europäischen Projektenzum Thema Peer Review näher untersucht.

Beispiel: Erfahrungen aus europäischen Peer-Review-Projekten

Autorin |Dr. Maria Gutknecht-Gmeiner, GeschäftsführerinIMPULSE – Evaluation undOrganisationsberatung, Wien

[email protected]

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Schwerpunkt | Erasmus+

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ren gezielt zu fördern, stehen doch die Informationsbedarfeder evaluierten Einrichtung im Vordergrund. Die Peers sindangehalten, ihre eigenen Interessen zurückzustecken. DieProfessionalisierung der Peers stellt daher einen – durch-aus gewünschten, aber nicht aktiv verfolgten – Nebenef-fekt dar.

Was sind mögliche Lernanlässe und welche Kompe-tenzbereiche sind betroffen?l Naheliegend ist die Weiterentwicklung von Kompeten-

zen in Evaluation und im Qualitätsmanagement durcheine Schulung der Peers. Diese beinhaltet eine detail-lierte Einführung in Peer Review und ermöglicht eine pra-xisorientierte Vorbereitung durch Fallstudien. Der gezielteAufbau der notwendigen Evaluationskompetenzen betrifftvor allem qualitative Methoden der Datenerhebung sowiedie Evaluationsplanung, aber auch Sozial- und Selbst-kompetenzen in den Bereichen Auftragsklärung und Kom-munikation (Interviewführung, Feedback) (vgl. Gutknecht-Gmeiner 2013, S. 242ff.). Auch ein grundlegendes Ver-ständnis von Evaluation und ihrer Einbettung in eininstitutionelles Qualitätsmanagement ist Thema. Die ver-mittelten Kompetenzen werden während des Peer Reviewsweiter eingeübt und gefestigt.

l Zusätzlich kann man davon ausgehen, dass im Sinneeines „Prozessnutzens“ von Evaluation (der für gewöhn-lich für die Evaluierten angenommen wird, vgl. Patton2008, S. 151ff.) die Evaluierenden sozusagen „en pas-sant“ profitieren können: Peer Review verbindet eine Eva-luationstätigkeit von Lehrenden mit interinstitutionellemAustausch. Es ermöglicht, eine andere Einrichtung ken-nen zu lernen, die zwar in Grundzügen der eigenen ähn-lich ist, aber dennoch auch Neues bietet. Von Horizont-erweiterung ist die Rede, aber auch von konkreten Anre-gungen und Ideen für die eigene Praxis der Peers.

Reflexions- und Diskursfähigkeit: Reflexions- und Dis-kursfähigkeit der Peers sind eine Vorbedingung für die Teil-nahme an einem Peer Review. Gleichzeitig vertieft das PeerReview diese Kompetenzen und die zugrundeliegende pro-fessionelle Haltung der Offenheit, eines kritischen, aberempathischen Zugangs sowie die Fähigkeit, sich vom eige-nen Tun zu distanzieren. Peers berichten, dass ihnen dasPeer Review „Impulse zur Reflexion“ gebracht habe: in Bezugauf ihre Tätigkeit als Lehrende, aber auch in Hinblick aufihre eigene Organisation und allgemein zu organisationa-len Veränderungsprozessen (die mit Peer Review ja voran-gebracht werden sollen).

Auch die Überzeugung, dass Evaluation ein wichtiger Teilder professionellen Tätigkeit ist, wurde verstärkt, ebensowie die Bereitschaft, selbst weiter als Peer tätig zu sein;die praktische Erfahrung mit Peer Review führte sowohlzur Ausbildung von einschlägigen methodischen Evaluati-onskenntnissen und -fertigkeiten als auch zu einem besse-ren Verständnis von Evaluation und Qualitätsmanagementallgemein.

Professionsbewusstsein: Die eigene Profession und sichselbst als Experte oder Expertin wahrzunehmen, ist ein zen-trales Anliegen von Peer Review. Dazu gehört nach Anga-ben der Peers die „Verbesserung des Selbstwertgefühls“als Lehrende: einerseits aufgrund der Bewältigung der fürLehrende ungewohnten Herausforderung eine anspruchs-volle Evaluation im Team durchzuführen, andererseits auf-grund der Erkenntnis, dass selbst „vielfach ausgezeichne-te [Einrichtungen] mit ähnlichen Problemen konfrontiert“sind wie man selbst. Das Wiedererkennen der eigenenSituation als Lehrender auch in einem anderen Land undunter gänzlich anderen Ausgangsbedingungen bei gleich-zeitiger „Wertschätzung der Bemühungen der Lehrenden“vor Ort führt zu einer starken Identifikation mit der eige-nen Profession. Chancen und Grenzen der eigenen Tätig-keit treten durch die Beobachtung der fremden Institutionklarer hervor.

Kollegialität: Das positive Erleben von Kollegialität undder „Produktivität von Kooperation“ zeigt sich über alleBefragungen hinweg deutlich als gutes Ergebnis. Hervor-gehoben wurden die gute und respektvolle Atmosphäresowie das rasche Entstehen von Vertrauen in den interna-tional besetzten Teams, die sich vorher nicht kannten.Besonders eindrucksvoll war die Erfahrung von Effektivitätund Effizienz in der Zusammenarbeit, die unter starkemZeitdruck und hohen Qualitätsansprüchen stand und einehohe Flexibilität und Problemlösungskompetenz im Umgangmit Unvorhergesehenem verlangte. Für manche war dieseine neue Erfahrung, die sie über Möglichkeiten von Team-arbeit in ihrem eigenen Arbeitsumfeld nachdenken ließ.Insgesamt zeigen die Rückmeldungen ein erhöhtes Ver-trauen in Teamarbeit.

Sozial- und Selbstkompetenzen: Die Weiterentwicklungder sozialen, kommunikativen und Selbstkompetenzen wirdgut belegt. Peers berichten über eine Verbesserung derKooperationsfähigkeit (siehe oben), der interkulturellen

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Literatur |Gutknecht-Gmeiner, M.:Experten, Gutachterinnenoder Dilettanten: WelcheEvaluationskompetenz undSchulung benötigen Peers?In: Zeitschrift für Evaluation12/2, 2013, S. 235-256Gutknecht-Gmeiner,M./Lassnigg, L./Stöger,E./de Ridder, W./Strahm,P./Strahm, E./ Koski,L./Stalker, B./Hollstein,R./Allulli, G./Kristensen, O.B.: Europäisches PeerReview Handbuch für dieberufliche Erstausbildung.Wien, Juni 2007Patton, M. Q.: Utilization-Focused Evaluation. LosAngeles 2008

Schwerpunkt | Erasmus+

Kompetenzen sowie der Moderations- und Konfliktmana-gementkompetenzen. Speziell genannt werden unter ande-rem die Fähigkeit zur Distanzierung und zum Abwarten („Ichhabe gelernt, nicht zu rasch mit meinen eigenen Lösungenzu kommen“) sowie die Sensibilisierung für die Notwendig-keit von „tragfähigen Konsenslösungen“ und für „Takt undDiplomatie in Aushandlungsprozessen“.

Die Einsicht in Mechanismen („warum Dinge so pas-sieren, wie sie passieren“) sowie das „Kennenlernen ver-schiedener Perspektiven“ innerhalb der evaluierten Einrich-tung waren vor allem für die (auch) in Managementfunk-tionen tätigen Peers nützlich. Auch „einfache“ Peersprofitierten von „wertvollen Einblicken“ in die Management-strukturen, in das „Denken und Handeln von Vorgesetzten“und in verschiedene Organisationskulturen.

Fachkompetenz: Die Fachlichkeit als integrative Disziplinverknüpft alle Dimensionen der Professionalität und bet-tet sie ein in die Praxis. Die Evaluation von Lehren und Ler-nen stellte ein unverzichtbares Element jedes Peer Reviewsdar und hilft aus Sicht der Peers, die „Black Box“ diesesSchlüsselprozesses zu öffnen. Konkret lernten Peers unteranderem kennen:l neue didaktische Methoden und Modelle (einschließlich

Einsatz von technischen Hilfsmitteln und E-Learning), l andere Arten der Bewertung, Beratung und Förderung

von Lernenden und l (im Bereich der beruflichen Bildung) verschiedene For-

men des Praxisunterrichts.

Auch „weiche Faktoren“ wie die Lernkultur gaben Denkan-stöße und Veränderungsimpulse.

Internationalisierung: Als zusätzliche Querschnittsdimen-sion wurde aufgrund der europäischen Ausrichtung derProjekte die Internationalisierung berücksichtigt. Trotz der(bereits in früheren Prozessanalysen thematisierten) Heraus-forderungen (vor allem sprachlicher Natur) und des zusätz-lichen Aufwands für die evaluierten Einrichtungen, stelltder interkulturelle europäische Austausch eine wichtigeQuelle für die Professionalisierung der Peers dar. Von fastallen Peers werden erhellende und nachdenklich machen-de Einblicke in fremde Bildungssysteme und deren Kultu-ren sowie andere Modelle und Formen der Qualitätssiche-rung und Evaluation genannt. Kein Studienprogramm, keinSeminar, kein vergleichbarer Auslandsaufenthalt kann der-artig tiefe Einsichten in andere Systeme vermitteln. Mehr-

fach genannt wurden auch die Erweiterung interkulturellerKompetenzen und die Erfahrung von Kollegialität in eineminternationalen Team. Die Verwendung einer Fremdsprache(meist Englisch) wird ebenfalls thematisiert, jedoch nichtals Hindernis, sondern als persönlicher Lernanlass („guteWeiterbildungsmöglichkeit“, „Verbesserung der Sprach-kenntnisse“, „Motivation, Unterricht zu nehmen“).

Professionelle Weiterentwicklung

Peer Review trägt zur professionellen Weiterentwicklungder Peers bei. Das zeigen die Ergebnisse der quantitativenAuswertung, die für alle Lernbereiche deutlich über demErwarteten liegen, für die Bereiche „Peer Review“ und „inter-kultureller Austausch“ sogar zwischen „sehr viel“ und „vielLernen“ attestieren.l Lernen findet vor allem durch die Konfrontation mit

Neuem statt. Diese bewirkt eine Reflexion und in derFolge ein tieferes Verständnis der eigenen Situation, aberauch der Profession.

l Zusätzlich werden vor allem „weiche“ Kompetenzen, wieKommunikations- und Kooperationsfähigkeit und Selbst-kompetenzen, weiterentwickelt.

l Auch methodische Kenntnisse und Fähigkeiten, vor allemim Bereich der Evaluation, werden ausgebaut.

l In Bezug auf die Fachlichkeit kommt es zum Teil zu instru-mentellem Lernen (Kennenlernen neuer Unterrichtsme-thoden et cetera). Zusätzlich erschließen sich für diePeers aus den kulturellen und sozialen Kontexten – wieder Organisationskultur – wichtige Impulse für die eigenePraxis.

l Die hohe Bedeutung des interkulturellen Austausches fürdie Peers bestätigt (im Nachhinein) die Sinnhaftigkeit undNützlichkeit grenzüberschreitender Peer Reviews sowohlfür die mitwirkenden Lehrenden als auch – auf der Meta-ebene – für die Förderung der europäischen Zusammen-arbeit in der beruflichen Bildung/Weiterbildung.

Insgesamt zeigt sich, dass instrumentelles Lernen vor allemin Bereichen stattfindet, die im Peer Review eingeübt – wiezum Beispiel die Evaluationskompetenzen oder die Koope-rationsfähigkeit – oder als Thema behandelt werden. Diesgilt beispielsweise für den Schlüsselprozess „Lehren undLernen“. Das Lernen von Peers bleibt dabei weitgehendein selbstgesteuerter, nicht aktiv beeinflussbarer Prozess,der jedoch positive Wirkungen in wichtigen Bereichen derProfessionalisierung zeitigen kann.

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Schwerpunkt | Erasmus+

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Mit dem Übergang des Programms für Bildung, Jugendund Sport vom Programm für Lebenslanges Lernen (PLL)zu Erasmus+ hat die Europäische Kommission im BereichErwachsenenbildung über die Förderung von Projektenhinaus zwei Politikinstrumente als flankierende Maßnah-men eingeführt: Neu ist die ePlattform für Erwachsenen-bildung in Europa – kurz: EPALE – ebenfalls wird die Euro-päische Agenda für Erwachsenenbildung näher an dasProgramm gerückt. Die jeweiligen nationalen Koordinie-rungsstellen sind in Deutschland ebenso wie die Projekt-förderung in der Nationalen Agentur Bildung für Europabeim Bundesinstitut für Berufsbildung (NA beim BIBB)angesiedelt. Nicht nur um die entstehenden Synergien zunutzen, sondern auch, um sich als Ansprechpartnerin undKompetenzzentrum für europäische Fragen der Erwach-senenbildung in Deutschland sichtbar zu positionieren,haben sich die drei Bereiche unter einer Dachmarke zusam-mengeschlossen. Mit den neuen Instrumenten ergeben sichauch neue Impulse zwischen europäischer Politik und dennationalen Erwachsenenbildungscommunities.

Die genannten Instrumente setzen je auf ihre eigeneWeise europäische Politik im Bereich Erwachsenenbil-dung um, indem sie Themen der so genannten ET2020(„Education and Training 2020“) europäisch (!) in Szenesetzen.

Drei Jahre Erasmus+

So fördert Erasmus+ Projekte im Bereich Erwachsenen-bildung entlang europäischer Prioritäten. Möglich ist eineFörderung in den Bereichen der Leitaktion 1 „Mobilität“von Erwachsenenbildungspersonal zu Fortbildungen, Job -shadowings oder Hospitationen in einem der mehr als

30 weiteren Erasmus+ Staaten. In der Leitaktion 2 „Stra-tegische Partnerschaften“ werden länderübergreifendeProjekte mit mindestens drei und maximal zehn Partnernaus anderen Programmländern gefördert. StrategischePartnerschaften beinhalten den gegenseitigen fachlichenAustausch in Workshops oder gemeinsame Aktivitäten zurEntwicklung von guter Praxis. Die NA beim BIBB ist fürdie Betreuung und Umsetzung unter anderem im BereichErwachsenenbildung* zuständig, berät und informiertdiesbezüglich. Darüber hinaus begleitet und unterstütztsie bewilligte Projekte in der Projektumsetzung.

Seit Beginn des Programms Erasmus+ wurden imBereich Erwachsenenbildung die in Abbildung 1 darge-stellten Antragszahlen erreicht.

Diese (aufgrund des kurzen Zeitraums nur einge-schränkt aussagekräftige) Rückschau über die bisheri-gen Antragsrunden in Erasmus+ im Bereich Erwachsenen-bildung zeigt einerseits einen Rückgang in der Anzahl dereingereichten Projektanträge als auch in der Anzahl derbewilligten Projekte. Andererseits haben die beantragtenwie auch die bewilligten Projekte ein sehr großes undtendenziell größer werdendes Finanzvolumen. Eine Etab-lierung großer und ambitionierter Projekte ist somit fest-zustellen. Die Förderzahlen für 2016 stehen aktuell nochnicht fest. In den Antragszahlen zeigt sich bereits dieerfolgreiche Neueinführung eines alten Formats für dieAntragsrunde 2016. Während im Programm Erasmus+bisher „große“ strategische Partnerschaften, die gemein-sam Produkte entwickeln, bessere Chancen auf Berück-sichtigung hatten, erhielten 2016 in Deutschland Anträgefür „kleine“ strategische Partnerschaften, die stärker mul-tilateralen Austausch von bestehender guter Praxis fokus-sieren, einen fest Budgetanteil. Diese Neuerung ist auch

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Autor |Christian Bernhard, Leitungder NKS EPALE Deutsch-land, Nationale Agentur Bil-dung für Europa beim Bun-desinstitut für Berufsbil-dung (BIBB), Bonn

[email protected]

Neue Impulse für die Erwachsenenbildung Die Nationale Agentur Bildung für Europa beim Bundesinstitut für Berufsbildung (NA beim BIBB)macht mit der Dachmarke „Europäische Erwachsenenbildung in Deutschland“ einen Schritt zursichtbaren Schnittstelle zwischen Europa und deutscher Erwachsenenbildungscommunity. Siearbeitet so weiter an einem stärkeren Bewusstsein für und einem Engagement um EU-Initiativenin der deutschen Weiterbildungslandschaft und lädt zur Diskussion ein.

Beispiel: Europäische Dimensionen in Deutschland verankern

*Die europäische Definitionvon „Erwachsenenbildung“weicht in der Projektförderpo-litik von der in Deutschlandweit verbreiteten Definitionder Kultusministerkonferenzab. Während letztere berufli-che, betriebliche sowie allge-meine, politische und kultu-relle Weiterbildung ein-schließt, separiert dieeuropäische Kommission inder Förderpolitik nicht berufs-bezogene Erwachsenenbil-dung von Berufsbildung undsomit auch von beruflicherWeiterbildung.

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Schwerpunkt | Erasmus+

als Reaktion auf den integrierten Gesamtansatz von Eras-mus+ zu sehen und wurde mit dem Ziel eingeführt, dieNutzungsfreundlichkeit des Programms in den einzelnenBildungsbereichen zu erhöhen. Ebenso sollte der Zugangfür kleine Projekte erleichtert werden. Dies zeigt einenersten Erfolg: 24 der 99 Anträge der Erwachsenenbil-dung in der Leitaktion 2 fallen in das neu etablierte For-mat.

Positiv zu betonen ist ein großer Anstieg des Bud-gets und somit auch der geförderten Organisationen. Sowurden 2013, dem letzten Jahr des Programms für Lebens-langes Lernen, 371 Mobilitäten in der Erwachsenenbildunggefördert, also weniger als die Hälfte des ersten Eras-mus+ Jahres.

Europäische Agenda für Erwachsenenbildung

Die Europäische Agenda für Erwachsenenbildung istzunächst eine Mitteilung des europäischen Rates an dieEU-Kommission, die politische Prioritäten beschreibt,damit Erwachsenenbildung einen Beitrag zu den ET2020leisten kann. Laut Vorschlag der EU-Kommission sinddies folgende (Europäische Kommission 2015):l „Governance“: Anzustreben ist eine bessere Vernet-

zung und Abstimmung der für Erwachsenenbildungrelevanten Politikbereiche in Bezug auf die Anforde-

rungen von Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt sowiedie Erhöhung der Investitionen in Erwachsenenbildung.

l Die Priorität „Angebot und Inanspruchnahme“beschreibt die Erhöhung der Weiterbildungsteilnahmeinsbesondere von Geringqualifizierten in Bezug auf die„Grundfertigkeiten (Lesen, Schreiben, Rechnen unddigitale Kompetenz)“ (ebd.) durch den Ausbau des ent-sprechenden Angebots.

l „Flexibilität und Zugang“ betont die Erhöhung des Qua-lifikationsniveaus von Geringqualifizierten bis auf Niveau-stufe 3 des EQRs, hier soll ein breiter Zugang geschaf-fen werden über Lernen am Arbeitsplatz, digitale For-mate sowie die Validierung dieser Lernformen.

l Mit „Qualität“ beschreibt die EU-Kommission sowohldie Verbesserung der Qualität von Weiterbildungsan-geboten durch Professionalisierung des Lehrpersonalssowie die datengestützte Evaluation der Wirksamkeitvon Bildungsmaßnahmen und -politik.

Die Agenda für Erwachsenenbildung beauftragt die EU-Kommission und die an Erasmus+ beteiligten Staaten,eine Struktur zu schaffen, die ermöglicht, dass Erwach-senenbildung diese so zugeschriebene Rolle einnehmenkann. Sie ist damit ebenfalls ein daraus folgender politi-scher Prozess, der in den Mitgliedsstaaten durch Natio-nale Koordinierungsstellen umgesetzt wird. In Deutsch-land arbeitet die Nationale Koordinierungsstelle dement-sprechend mit Verbänden, Ministerien, Wissenschaft undanderen Stakeholdern der Erwachsenen- und Weiterbil-dung zusammen, um immer wieder für europäische Bezü-ge und prioritäre Themen zu sensibilisieren und diese zuvertreten. Dies tut sie in Konferenzen, thematischen Sta-keholdermeetings und Fachartikeln. In Deutschland fokus-siert sie dabei aktuell die Themen Grundbildung und Ler-nen mit digitalen Medien und bringt so EU-Perspektivenin die deutsche Fachdiskussion ein.

Grenzüberschreitende Vernetzung

EPALE ist ein mehrsprachiges Online-Portal zur grenz-überschreitenden Vernetzung und von Erwachsenenbil-dung in Europa. Es soll ermöglichen, über europäischeErwachsenenbildungsthemen sowie über Erwachsenen-bildung in anderen europäischen Ländern Informationenzu beziehen, online zu diskutieren sowie auch Partner fürProjekte zu finden. Es handelt sich auch um ein Begleit-instrument für Projekte in Erasmus+ zur zentralen und

22 Weiterbildung4|2016 • S.21-23

Abb. 1: Anzahl und Volumina der Erasmus+-Projektanträge

Leitaktion 1 „Mobilität“ in der Erwachsenenbildung

Anzahl der beantragten Projekte

Anzahl der geförderten Projekte

Budget beantragt in Euro (gerundet)

Anzahl der zur Mobilität beantragten Teilnehmenden

Anzahl der zur Mobilität bewilligten Teilnehmenden

Budget gefördert in Euro (gerundet)

Leitaktion 2 „Strategische Partnerschaften“ in der Erwachsenenbildung

Anzahl der beantragten Projekte

Anzahl der geförderten Projekte

Budget beantragt in Euro (gerundet)

Budget gefördert in Euro

2015

71

25

2,77 Mio

1.524

722

1,36, Mio

2015

112

21

29,93 Mio

5,25 Mio

2016

66

27

3,57 Mio

1.862

941

1,69 Mio

2016

99

noch keineZahlen

22,24 Mio

noch keineZahlen

Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Nationale Agentur Bildung für Europa 2016, S. 74-77 und aktueller Zahlen.Eine aktuelle Liste von in Erasmus+ geförderten Projekten, die von der NA beim BIBB begleitet werden, einschließlichName und Projektträger finden Sie auf www.na-bibb.de. Ebenso sind dort Projektkompendien zu finden.

Literatur |Nationale Agentur Bildungfür Europa (2016): Jahresbe-richt 2015. https://www.na-bibb.de/uploads/tx_ttpro-ducts/datasheet/Jahresbe-richt_2016.pdf (abgerufenam 31.05.2016)Europäische Kommission(2015): Entwurf des gemein-samen Berichts des Ratesund der Kommission überdie Umsetzung des strategi-schen Rahmens für die euro-päische Zusammenarbeit aufdem Gebiet der allgemeinenund beruflichen Bildung.Neue Prioritäten für die euro-päische Zusammenarbeit aufden Gebieten der allgemei-nen und beruflichen Bildung.http://www.agenda-erwach-senenbildung.de/filead-min/user_upload/agenda-erwachsenenbildung.de/PDF/1_DE_ACT_part1_v2.pdf(abgerufen am 31.05.2016)Europäischer Rat (2009):Schlussfolgerungen desRates vom 12.Mai 2009 zueinem strategischen Rahmenfür die europäische Zusam-

2014

90

41

3,64 Mio

2.063

1.100

1,84 Mio

2014

127

24

30,24 Mio

5,52 Mio

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Schwerpunkt | Erasmus+

23Weiterbildung4|2016 • S.21-23

journalistisch aufbereiteten Verbreitung von Ergebnis-sen. Darüber hinaus aber verfolgt EPALE in Deutschlanddas langfristige Ziel, Austausch-Plattform der nationalenCommunities untereinander sowie zwischen nationalenCommunities und der europäischen Politik zu werden.Hierzu bietet die Plattform verschiedene Funktionen, wieBlogs mit Kommentarfunktion, Diskussionsforen undeinen europäischen Veranstaltungskalender. Die Natio-nale Koordinierungsstelle in Deutschland versucht überSchwerpunkthemen, zusammen mit den europäischenKollegen, Themen der nationalen Erwachsenenbildung-scommunity in europäische Kontexte und europäischeThemen in die nationalen Kontexte zu bringen.

Sowohl EPALE als auch die Agenda für Erwachse-nenbildung bilden dabei zunehmend auch die beruflicheWeiterbildung ab.

Mehrwert der Zusammenarbeit

Die drei Koordinierungsstellen vereinen eine große Exper-tise zu europäischen Themen und unterstützen sichgegenseitig in Bezug auf die jeweiligen Aktivitäten. Solädt die NKS Agenda Erasmus+ Projekte zu Konferen-zen und Fachgesprächen ein und bringt sie so in natio-nale Kontexte. EPALE nutzt die Nähe zu Erasmus+, umInhalte zu generieren, und die Projekte profitieren vonder sichtbaren Darstellung an zentraler Stelle. Das wie-der erhöht die Präsenz europäischer Themen in der Com-munity.

Ein sichtbares Kernstück der Zusammenarbeit zwi-schen Erasmus+, EPALE und Europäischer Agenda fürErwachsenenbildung sind die gemeinsamen Social MediaAccounts auf Facebook und Twitter „Europäische Erwach-senenbildung in Deutschland“. Hier wird die Definition alsSchnittstelle deutlich: Die Erwachsenenbildungscommu-nity erhält über die Web2.0-Kanäle eine weitere Möglich-keit, sich sichtbar aktiv einzubringen. Die Verantwortli-chen hoffen so nicht nur auf eine erhöhte Aufmerksam-keit für ihre eigene Arbeit, sondern auch auf eineintensivere Diskussion über Europäische Erwachsenen-bildung in Deutschland, deren Möglichkeiten und Ausge-staltung.

Europäische Erwachsenenbildung gestalten

Der Schlüssel zur europäischen Politik liegt in den The-men, die die einzelnen Instrumente finanzstark umsetzen.

Diese speisen sich aus den „Education and Training 2020“(Europäische Kommission 2009), einer Selbstverpflich-tung des Rates der Europäischen Union, das den strate-gischen Rahmen für die Zusammenarbeit auf dem Gebietder allgemeinen (Education) und beruflichen Bildung (Trai-ning) beschreibt. Abgleitet aus den allgemeinen Zielender Europäischen Union für intelligentes, nachhaltigesund integratives Wachstum „EUROPA 2020“, benenntder Rat der Europäischen Union darin die großen Heraus-forderungen von Bildungssystemen und beauftragt alsKonsequenz daraus die Europäische Kommission, koor-dinierend zwischen den Staaten in diesen Feldern derBildungspolitik aktiv zu werden. ET 2020 ist somit Aus-gangspunkt für jegliche Aktivität der Europäischen Kom-mission in Bezug auf die weiter nationalen beziehungs-weise föderalen Bildungssysteme.

Gemeinsam setzen Erasmus+, die europäischeAgenda für Erwachsenenbildung und EPALE diese Poli-tik um, indem sie die in den ET 2020 formulierten Prio-ritäten entsprechend ihrer unterschiedlichen Rollenbespielen. Die Agenda als Vermittlerin politischer Pro-zesse, Erasmus+ als Förderinstrument und EPALE alsDiskussionsforum, Netzwerk- und Verbreitungsplattformvon Ergebnissen. Die Nationale Agentur lädt herzlichdazu ein, hier durchaus kritisch mitzudiskutieren und soeuropäische Dimensionen der Erwachsenenbildung zugestalten.

EPALE Erasmus+ Erwachsenenbildung

NKS Agenda für Erwachsenenbildung

Strategischer Rahmen – allgemeine und berufliche Bildung 2020

Europa 2020

Europäische Agenda für Erwachsenenbildung

Vernetzung,Wissensmanagement Förderung

Politik,Benchmarks

Praxis der Erwachsenenbildung

Abb. 1: Das Zusammenspiel der drei Policy-Instrumente

Quelle: Nationale Agentur Bildung für Europa 2015

menarbeit auf dem Gebietder allgemeinen und berufli-chen Bildung. In: Amtsblattder Europäischen UnionC119/2. http://www.agenda-erwachsenenbildung.de/file-admin/user_upload/agenda-erwachsenenbildung.de/PDF/1_DE_ACT_part1_v2.pdf(abgerufen am 31.05.2016)

Links |Europäischer Erwachsenen-bildung in Deutschland aufFacebook und Twitter:https://www.facebook.com/EU.Erwachsenenbildung/https://twitter.com/EUEB_DENA beim BIBB – Bildungsbe-reich Erwachsenenbildung:http://www.na-bibb.de/eras-mus_erwachsenenbildung.htmlNationale Koordinierungs-stelle der Agenda für Erwach-senenbildung:www.agenda-erwachsenen-bildung.deEPALE – ePlattform fürErwachsenenbildung inEuropa: https://ec.europa.eu/epale/de

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Grundfragen und Trends | Erasmus+

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Im Folgenden wird erstens die Weiterbildung in den Dokumen-ten des Bologna-Prozesses verortet, zweitens werden die Anknüp-

fungspunkte zu Weiterbildung ausgelotet, und drittenswerden einige Beispiele und Probleme im Zusammen-spiel zwischen Weiterbildung und Hochschulen aufdem Hintergrund von Bologna diskutiert; als Material-basis wird auf Literaturrecherchen und die österrei-chische LLL-Strategie zurückgegriffen. (Eine weitereFassung mit Informationen über Österreich und Deutsch-land ist auf www.equi.at/dateien/WB- Bologna.pdf zufinden.)

Grundzüge des Bologna Prozesses

Bologna war gedacht als Bewegung zur Entwicklungund Reform des europäischen Hochschulwesens, umdieses in der Welt stärker zu positionieren und konkur-renzfähig zu machen (vgl. http://www.ehea.info/arti-cle-details.aspx?ArticleId=43, dort sind die offiziellenUnterlagen von der Deklaration 1999 über die Kommu-niqués und die Unterlagen der neueren Konferenzendokumentiert). Es wurden Zieldimensionen formuliert:verständliche und vergleichbare Abschlüsse, ursprüng-lich zwei und später erweitert auf drei Zyklen (Bache-lor, Master, PhD), ein Credit-System das explizit auchaußerhalb von Hochschulen erworben werden kann,Mobilität von Studierenden und Hochschulangehöri-gen, Qualitätssicherung, und explizite Maßnahmen zurStärkung der europäischen Dimension. Der Fokus liegtbei den Hochschulen, Entwicklungen finden aufgrundvon freiwilliger Verpflichtung zu politischer Zusammen-

arbeit unter den ursprünglich 29 Unterzeichnerstaaten(die dann auf bereits fast 50 gewachsen sind) statt, diepolitische und gesetzliche Beschlüsse zur Umsetzungder Vereinbarungen auf nationaler Ebene treffen sol-len. Die eigentliche Umsetzung erfolgt durch die Hoch-schulen, wobei der Schutz und die Stärkung der Hoch-schulautonomie ein wichtiges Prinzip ist.

Im Vordergrund steht die Stärkung des Hochschul-wesens, und der Prozess hat seit der Deklaration 1999eine beträchtliche Dynamik erzielt. Es gibt einen Appa-rat und einen formalisierten Ablauf, der vor allem durchdie zwei- und später dreijährigen Ministertreffen getak-tet wird. Auf Basis eines Implementationsberichts wer-den (neue) Prioritäten gesetzt. Aufgrund der Freiwil-ligkeit sind bei mangelndem Fortschritt keine Sanktio-nen möglich. Die Hochschulinstitutionen und derenVerbände sind in diesem Prozess beteiligt, und es wur-den Instrumentarien der Datengewinnung entwickelt.Der Prozess hat im Laufe der Jahre an Umfang gewon-nen. Ein wesentliches Element besteht in der Beob-achtung der Entwicklung in den Hochschulsystemen derTeilnehmerländer durch die Gewinnung und Auswertungvon Daten (Befragungen der staatlichen Autoritätenzur Umsetzung, Auswertung von Datenbasen, wie Euro-student oder internationalen Statistiken von Eurostatet cetera).

Vielfältige Interpretationsspielräume

Aus der Außensicht werden dem Bologna-Prozessvielfältigste Absichten und Folgewirkungen zuge-

Stärkung der Rolle der HochschulenIm Gegensatz zur verbreiteten Wahrnehmung eines kompakten Top-Down-Prozesses istBologna ein komplexer, differenzierter Mehrebenen-Prozess, der auf nationaler Ebene imZusammenspiel/Widerstreit zwischen Politik und Hochschulen umgesetzt wird. Weiterbil-dung ist im Verhältnis zu den Hochschulen ein unklar umrissenes und wenig entwickeltesFeld, von dem es Anknüpfungspunkte zu Bologna gibt, die jedoch im Prozess nur sehrgeringe Aufmerksamkeit erfahren.

Bologna und der Hochschulraum – Relevant für Weiterbildung?

Autoren |Lorenz Lassnigg, SeniorResearcher in der For-schungsgruppe equi:in_equality and education(www.equi.at) am Institutfür Höhere Studien (IHS).Forschungsschwerpunkte:Bildungspolitik- und Finan-zierung, Berufsbildung,Erwachsenenbildung,Governance.

[email protected]

Martin Unger, Leiter derHochschulforschung amInstitut für Höhere Studien(IHS). Forschungsschwer-punkte: Soziale Situationvon Studierenden, AbsolventInnen, Bologna-Prozess.

[email protected]

Weiterbildung4|2016 • S.24-27

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Grundfragen und Trends | Erasmus+

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schrieben. Tatsächlich werden aber auf der trans-nationalen Ebene nur relativ allgemeine Eckpunktegesetzt, und die Konkretisierung obliegt im Wesent-lichen den Ländern und den Hochschulinstitutionen.Die Implementationsberichte zeigen weite Spielräu-me in der Umsetzung. In einer Konferenz unabhän-giger Forscherinnen und Forscher über den Bolog-na-Prozess wird hervorgehoben, dass es sich vorallem um die Konstituierung einer weltweit einmali-gen Diskursgelegenheit handelt: “[…] the Bolognaprocess has been the creation of a European spacefor dialogue in higher education, which is unique inthe world” (Conference report 2014, S. 6). Holzerund Jütte (2007, S.27) schreiben dem Bologna-Pro-zess ebenfalls eine diskursive Wirkung zu.

Die Mehrebenen-Politik zwischen der transna-tionalen, der nationalen und der Hochschulebeneimpliziert vielfältigste Interpretationsspielräume (vorallem an den Übergängen zwischen den Ebenen),die auch von Interessenkonflikten im Zusammen-spiel mit den spezifischen Konfigurationen der natio-nalen und institutionellen Kontexte geprägt sind. Aufder transnationalen Ebene müssen Konsens und frei-willige Verpflichtung hergestellt werden, daher sindVereinfachung und Fassbarkeit der Vorgaben sehrwichtig, was auf Kosten der Konkretisierung geht.Die nationale Ebene ist das Vermittlungsglied zwi-schen diesen allgemeinen Beschlüssen und der Diver-sität der institutionellen Kontexte, hier kommen auchdie nationalen Politikpraktiken und -restriktionengegenüber den Hochschulen ins Spiel. Die Umset-zung aller Beschlüsse hängt letztlich von der „Wil-ligkeit“ der Hochschulen, deren Handlungsspielräu-men und -fähigkeiten und deren Verhältnis zueinan-der und zur Politik im nationalen Kontext ab.Österreich und Deutschland haben hier sehr unter-schiedliche Strukturen, die sich auch im Verlauf desBologna-Prozesses grundlegend geändert haben. InDeutschland besteht mit dem Föderalismus einevierte Ebene, auf der die Hochschulpolitik konzen-triert ist, und das Hochschulwesen ist viel stärker dif-ferenziert. In Österreich ist das Hochschulwesen inden Universitäten konzentriert, und 2002 wurde eineradikale Autonomisierung der Universitäten einge-leitet, die den politischen Zugriff der Anfangszeitdes Bologna-Prozesses stark reduziert hat (vgl. Baum-gart 2012; Wanken et al. 2010).

Der Bezug zur Weiterbildung kann in zwei Richtungenhergestellt werden. Erstens, indem die Hochschulenselbst sich als Weiterbildungsinstitutionen betätigen– wobei zwischen Weiterbildung für die Absolventinnenund Absolventen und einer Öffnung über diese Grup-pe hinaus unterschieden wird. Die Weiterbildung kannentweder in den regulären formalen Studiengängenoder in zusätzlichen (non-formalen) Veranstaltungenstattfinden. Zweitens kann hochschulische Weiterbil-dung auch auf nicht-hochschulische Weiterbildungs-institutionen ausgedehnt werden, indem dort anre-chenbare Credits für den Zugang oder das Lernen anHochschulen vermittelt werden können. Dies wurdebereits in der Deklaration 1999 explizit als Ziel erwähnt,jedoch nicht weiter entwickelt.

In der ersten Richtung entsteht eine Überschnei-dung zwischen dem Hochschulraum und dem institu-tionellen Bereich der Weiterbildung. Diese Überschnei-dung kann Formen der Kooperation und der Konkur-renz annehmen. Wenn man davon ausgeht, dass dasEngagement in der Weiterbildung eine neue und wach-sende Aktivität der Hochschulen darstellt, die auchMittel generieren soll, so liegt nahe, dass die Konkur-renz überwiegt. Andererseits hängt das Verhältnis auchdavon ab, inwieweit die Hochschulen für ihre Weiter-bildungsaktivitäten zusätzliche Ressourcen oder auchPersonal benötigen, so dass dadurch die Verbindungengestärkt werden können und gleichzeitig zusätzlicheReputation für Personen/Institutionen aus der Weiter-bildung außerhalb der Hochschulen geschaffen wird.In der zweiten Richtung kann die institutionelle Grenzezwischen Hochschulen und nicht hochschulischen Insti-tutionen – auch in Abhängigkeit davon, wie ausgeprägtdiese im nationalen Rahmen ist – abgeschwächt unddie Kooperation gestärkt werden. Der Bologna-Prozesshat also potenziell eine ambivalente Bedeutung für dieWeiterbildung, wenn man diese als eigenen institutio-nellen Kontext betrachtet.

Lifelong Learning im Hochschulwesen

Aspekte der Weiterbildung werden in der Abfolge derKommuniqués unter dem Begriff des Lifelong Learningabgehandelt und spielen im Gesamtzusammenhang einesehr untergeordnete Rolle. Bildungsinstitutionen außer-halb des Hochschulwesens werden fast überhaupt nichterwähnt. Unter dem Gesichtspunkt des Lifelong Lear-

Weiterbildung4|2016 • S.24-27

Literatur |Baumgart, F.: ZwischenReformlyrik und Fundamen-talkritik – Anmerkungenzum Bologna-Prozess. In:Schäffer, B./Schemmann,M./Dörner, O. (Hrsg.):Erwachsenenbildung imKontext. Theoretische Rah-mungen, empirische Spiel-räume und praktische Regu-lative. Bielefeld 2012, S. 17-29Brämer, M./Heufers, P.:Soziale Öffnung der Univer-sität? WissenschaftlicheWeiterbildung zwischenAnspruch und Wirklichkeit.bwp@ Berufs- und Wirt-schaftspädagogik – online,Ausgabe 19, 2010, S. 1-17,http://www.bwpat.de/aus-gabe19/braemer_heufers_bwpat19.pdfConference report Future ofHigher Education – BolognaProcess Researchers’ Confe-rence. Bucharest, 24-26November 2014. GeneralRapporteur: Liviu Matei.http://bologna-yere-van2015.ehea.info/files/06052015_FOHE-BPRC2_Final%20report.pdfHolzer, D./Jütte, W.: Wissen-schaftliche Weiterbildungim Kontext des Bologna-Prozesses. In: Zeitschrift fürHochschulentwicklung ZFHE2(2 Juni), 2007, S. 15-30Lisbon Recognition Conven-tion,http://www.ehea.info/Uploads/qualification/Lisbon_Recognition_Convention.pdfReport of the 2012-2015BFUG working group on thesocial dimension and life-long learning to the BFUG,17.April 2015.http://bologna-yere-van2015.ehea.info/files/Report%20of%20the%202012-2015%20BFUG%20WG%20on%20the%20Social%20Dimension%20and%20Life-long%20Learning%20to%20the%20BFUG.pdf

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Grundfragen und Trends | Erasmus+

nings werden vor allem Aspekte der Diversität der Stu-dierenden, und damit auch höhere Altersgruppen undderen Studienbedingungen und Fragen der Anerkennungvon Qualifikationen oder Kompetenzen im Studienzu-gang oder -fortgang angesprochen. Mit der verstärktenPriorität der sozialen Dimension des Hochschulwesenswird der Aspekt des Widening Access und der Diversi-tät im Zugang zu den regulären Studien verstärkt beach-tet, dabei geht es vor allem um die Repräsentation derverschiedenen gesellschaftlichen Gruppierungen imHochschulzugang, sowohl aus Gründen der Gerechtig-keit als auch, um den Zugang insgesamt zu erweitern(vgl. Report of the 2012-2015 BFUG working group).

Lifelong Learning sollte ein integraler Teil des Hoch-schulwesens werden, aber hauptsächlich in der Bedeu-tung, dass die reguläre Hochschulbildung als Teil deslebenslangen Lernens konzipiert wird (siehe zum Bei-

spiel das Berlin-Kommuniqué 2003 sowie die Euro-pean Universities’ Charter on Lifelong learning 2008),mit Erleichterungen und Förderungen des Hochschul-zuganges und -fortgangs im späteren Alter. Diese Dimen-sion wurde vor allem mit der Systematik und Beschrei-bung der Abschlüsse zuerst für den Hochschulraumdurch die Dublin Descriptors, und dann durch den Euro-päischen Qualifikationsrahmen (EQR) abgedeckt, dieauch als Grundlage für die Anerkennung von non-for-mal und informell auch außerhalb der Bildungsinstitu-tionen erworbenen Kompetenzen genutzt werden sol-len (vgl. als Grundlage die Lisbon Recognition Conven-tion). Ein spezieller Aspekt sind die Kompatibilitätenzwischen den beiden Rahmen, und insbesondere dieEinordnung der sogenannten Short-Cycle-Programmeund -Abschlüsse aus dem später entwickelten EQR(Beschluss 2008), die in den Indikatoren für den Hoch-

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Fortsetzung Literatur |Smidt, H./Sursock A.: Enga-ging in Lifelong Learning:Shaping Inclusive andResponsive University Stra-tegies. EUA Publications2011. Brussels, EUA, Wanken, S./Schleiff,A./Kreutz, M.: Durchlässig-keit von beruflicher undhochschulischer (Weiter-)Bildung – Die Paradoxie vonAnspruch und Wirklichkeitaus steuerungstheoreti-scher Perspektive. In:bwp@ Berufs- und Wirt-schaftspädagogik – online,Ausgabe 19, 2010, S. 1-18.http://www.bwpat.de/aus-gabe19/wanken_etal_bwpat19.pdf

1,9

1,8

1,6

1,5

1,1

0,0 1,0 2,0

Gewicht

20,5

18

14

13,5

5,5

11 (61%)

10 (56%)

9 (50%)

9 (50%)

5 (28%)

0 5 10 15 20 25

flexible formale Programme

professionelles Upgrading für Abs.

offene nicht formale Programme

maßgeschneidert für Wirtschaft

Vorbereitung für Aufnahmeprf. Summe

Länder (18)

10

8 87

6 6 65 5

4,5

3 3

0 0 0 0 0 0

4,0

0123456789

1011

FR LU SE IE FI NO

SCO

** DK NL BE* AT CH DE EL ES IT PT

EWNI

** AV

SUMME (nur Wert)

Vorbereitung für Aufnahmeprf.

maßgeschneidert für Wirtschaft

offene nicht formale Programme

professionelles Upgrading für Abs.

flexible formale Programme

Abb. 1: Lernformen für Erwachsene in ausgewählten Bologna-Ländern

Erläuterung: Summe zählt über die 18 Länder (oberer Teil) bzw. pro Land (unterer Teil) das Vorkommen der Lernformen in den Ausprägungen 0=no/very little/not estimated,1=some provision, 2=well-established provision; * in Belgien sind die französische und niederländische Community gesondert ausgewiesen, es wurden Durchschnitswertegebildet; ** in UK sind Schottland (SCO) und England-Wales-Nordirland (EWI) in zwei getrennten Kategorien ausgewiesen, es gibt nur Angaben für Schottland, daher wurdenkeine Durchschnittswerte gebildet. Quelle: eigene Auswertung und Darstellung von Implementationsbericht 2015, Fig.5.1, S.149

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Grundfragen und Trends | Erasmus+

schulraum nicht enthalten waren. Diese haben einenunklaren Status. De facto besteht eine große Variationihrer Einordnung und Anerkennung in den Bologna-Ländern, teilweise als hochschulisch, teilweise als post-sekundär, teilweise als Teil der Berufsbildung. Weiterezentrale Aspekte des Lifelong Learnings im Hochschul-wesen sind flexible Lernpfade, studierendenzentrier-tes Lernen und Partnerschaften.

Implementation meist noch schwach

Die oben skizzierten verschiedenen Möglichkeiten hoch-schulischer Weiterbildung werden in den Vorgaben desBologna-Prozesses nicht betont, wohl aber in den Imple-mentationsberichten dargestellt, die Abschnitte undIndikatoren zu Lifelong Learning und Qualifikations-rahmen sowie zur Anerkennung enthalten. Die Haupt-botschaften sind große empirische Variation und ins-gesamt schwache Implementation der Vorgaben aufLänder- und Institutionen-Ebene (vgl. zum Beispiel dieImplementationsberichte von Leuven 2009 oder Yere-van 2015; der Bericht des SIRIUS-Projekts Smidt/Sur-sock 2011 gibt einen Überblick und Ausblick zur Imple-mentation der Charter on Lifelong Learning zwischen2008 und 2011). Selbst wenn auf nationaler EbeneBeschlüsse gefasst werden, ist die Implementation imHochschulwesen meistens sehr schwach ausgeprägt– es gibt aber auch in den meisten Ländern einzelneHochschulen, die als Vorreiter mit umfassenden Ansät-zen fungieren (auch wenn es keine nationalen Vorga-ben gibt).

Abbildung 1 zeigt einerseits, wie das Engagementin der Weiterbildung im Implementationsbericht 2015konzipiert wird, und welche Angaben über die EU-15plus Schweiz und Norwegen verfügbar sind. Für diemediterranen Länder, aber auch für Deutschland sindkeine Angaben verfügbar. Am stärksten ist das Enga-gement in der Errichtung von flexiblen Programmenim formalen (Erst-)Studium und in der professionellenWeiterbildung von Absolventinnen und Absolventen(etwa 60 Prozent der ausgewählten Länder, in neunbeziehungsweise acht Ländern voll etabliert), gefolgtvon offenen nicht formalen Programmen auch für nichthochschulisch Qualifizierte und von Programmen fürFirmen (je 50 Prozent, in nur je fünf Ländern voll etab-liert), in geringerem Maß gibt es Vorbereitung für Auf-nahmeverfahren. In den nordischen Ländern, teilweise

in den anglophonen, französischen und niederländi-schen Regionen ist das Engagement weitgehend etab-liert, in den deutschsprechenden Regionen deutlichweniger (vgl. auch Brämer/Heufers 2010, S.3). DerImplementationsbericht 2009 (S.86) hat festgestellt,dass die Eintrittsrate in das Hochschulwesen für Über-25-Jährige in fast allen Bologna-Ländern unterzwei Prozent lag. Neuere Indikatoren in der Eurostu-dent-Erhebung ergeben aber teilweise beträchtlicheAnteile (bis zu 40 oder 50 Prozent) von um zwei Jahrever zögerten Hochschuleintritten oder Eintritten mitein jähriger Berufserfahrung in die Hochschulen (http://www.eurostudent.eu/download_files/documents/EVSynopsisofIndicators.pdf).

Relevanz für Weiterbildung

Bologna ist relevant für Weiterbildung, oft in indirek-ter Weise. Es wird vor allem eine Stärkung der Rolle derHochschulen in der Weiterbildung verfolgt, die auf derinstitutionellen Ebene in der Haupttendenz eher denWettbewerb mit der nicht hochschulischen Weiterbil-dung verstärkt. Kurzfristig ist das Gewicht der Hoch-schulen trotz starker Initiativen noch gering. Dennochsollten sich letztere stärker um diese Entwicklungenkümmern, um in den Entwicklungen mitzuspielen undkooperative Vorgangsweisen zu entwickeln.

27Weiterbildung4|2016 • S.24-27

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Grundfragen und Trends | Erasmus+

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Die Grundlegung der Zusammenarbeit mit anderen Ländern in denProgrammen von ERASMUS+ könnte die Vermutung nahe legen, dass

Erwachsenenbildung/Weiterbildung ursprünglich eng anstaatliche Strukturen gebunden ist, wie sie üblicherweisein Schulsystemen gegeben sind. Solche nationalstaatlich-öffentliche Gebundenheit kann in der Erwachsenenbildung/Weiterbildung aber weniger gefunden werden. Hier findensich europaweit stärker von staatlichen Strukturen losge-löste Formationen, die von verschiedenen anderen gesell-schaftlichen Subbereichen gestützt werden.

Es sind dynamische Formationen zu beobachten, dievon den jeweiligen gesellschaftlichen Anforderungen getra-gen werden (Schemmann/Seitter 2014). Erwachsenenbil-dung/Weiterbildung weist dabei Bindungen an ihre jeweili-gen gesellschaftlichen Träger auf (wirtschaftliche, zivilge-sellschaftliche oder auch jene der öffentlichen Hand), derenübergeordnete Bildungsideen möglicherweise innerhalbeines Landes weiter auseinanderreichen, als Ideen vonEB/WB transnational, das heißt zwischen verschiedeneneuropäischen Ländern, dies tun (zum Beispiel konfessio-nelle Erwachsenenbildung oder betriebliche Weiterbildunginnerhalb einer Branche). Durch solche mehrdimensionalenKonstitutionen von Erwachsenenbildung/Weiterbildung stelltsich die Frage, ob und wie eine länderbezogene Betrachtungdem Phänomen gerecht werden kann.

Kulturtheoretische Ansätze erforschen derzeit gezieltZwischenräume intersubjektiver Kultur schaffender Ord-nung, etwa die „postcolonial studies“, wobei Bhabha (2000)

zu den bedeutendsten Vertretern zählt. Bhabhas Kulturkon-zept beruht auf einer Einschreibung und Artikulation derHybridität von Kultur durch die Subjekte. Dabei stellt das„inter“ das entscheidende Phänomen bei jedem Überset-zen und Verhandeln dar, der Raum dazwischen trägt denHauptanteil kultureller Bedeutung in sich (vgl. ebd., S. 58).In einem solchen so genannten dritten Raum kann es gemein-sam gelingen, einer Politik der zwei Fronten zu entkommen,Bhabha nennt dies das “zu den anderen unserer selbst wer-den“ (ebd., S. 58). Das Reflektieren solcher dritten Räumestellt sich auch bei der Planung und Durchführung von Wei-terbildungsveranstaltungen als wichtig heraus, da sie dieOrte des Lernens Erwachsener konstituieren. Und dieseweisen meist plurale kulturelle, nationale oder ethnischeDimensionen auf, die im Sinne einer zeitgemäßen Erwach-senenbildung nicht vereinzel- und trennbar sind.

Welsch (1997) führte in diesem Kontext den Begriff derTranskulturalität ein, der die kulturellen Verflechtungen undunterschiedlichen Gruppenzugehörigkeiten von Individuenin einer internationalen Gesellschaft in den Raum stellt. PaulMecheril spricht von einer „lebensweltlichen Mehrfachzu-gehörigkeit“, vor der sich Bildungsinstitutionen so verän-dern müssen, dass sie den mehrfachzugehörigen Selbst-verständnissen, Handlungsvermögen und Loyalitätserfah-rungen der Teilnehmenden entsprechen (vgl. Mecheril 2011,S. 100).

Wird nun der Versuch einer länderbezogenen Betrach-tung von Erwachsenenbildung/Weiterbildung unternom-

Das Lernen Erwachsener in Europa Globalisierungs- und Internationalisierungsentwicklungen zeigen sich gerade auch in derdurch den gesellschaftlichen Wandel beeinflussten Erwachsenenbildung/Weiterbildung.Innerhalb der Europäischen Union werden Internationalisierungsentwicklungen durch dieeuropäische Bildungspolitik und deren Steuerungsinstrumente forciert. Das ProgrammERASMUS+ verstärkt die Zusammenarbeit in der Erwachsenenbildung/Weiterbildung inEuropa. Internationalisierungsprozesse in der Erwachsenenbildung/Weiterbildung sindaber nicht nur als Reaktionen auf gesellschaftliche Veränderungsprozesse zu verstehen.Vielmehr werden die europäischen Kontexte von Verantwortlichen in der Erwachsenenbil-dung/Weiterbildung genutzt, um eigene Internationalisierungsprojekte voranzutreiben.

Zwischen Weiterbildungstraditionen und Transnationalität

Autoren |Prof. Dr. phil. Regina Ege-tenmeyer, Julius-Maximi-lans-Universität Würzburg,Professur für Erwachsenen-bildung/Weiterbildung,Institut für Pädagogik,Fakultät für Humanwissen-schaften

[email protected]

Mag. Reinhard Lechner,Julius-Maximilans-Universi-tät Würzburg, Wissen-schaftlicher Mitarbeiter,Professur für Erwachsenen-bildung/Weiterbildung,Institut für Pädagogik,Fakultät für Humanwissen-schaften

[email protected]

Weiterbildung4|2016 • S.28-31

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Grundfragen und Trends | Erasmus+

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men, bedarf es daher Interpretationsmuster, die außerhalbvon eindimensionalen kulturellen Begründungslinien liegen.Wie aufgezeigt, sind dies Perspektiven, die sich auf Zwi-schenräume der einzelnen nationalstaatlichen Strukturenvon Erwachsenenbildung/Weiterbildung und ihren Lernen-den richten. Im Rahmen des LLL2010s-Projektes (vgl. Life-Long Learning 2010) wurde eine Ländertypologie für dieinternational-vergleichende Erforschung von Erwachsenen-bildung/Weiterbildung sowie ihrer Teilnehmenden entwi-ckelt, die sich auf zu unterscheidende Grundmuster in derArbeitsmarktstruktur und in den Bildungssystemen der Län-der bezieht. Mit ihr wird angenommen, dass sich gesell-schaftliche Makrostrukturen von Erwachsenenbildung/Wei-terbildung (Arbeitsmarkt, Bildungssystem et cetera) auchauf die Mikroebene der lernenden Erwachsenen beziehenlassen (vgl. Saar/Ure 2013, Boeren et al. 2012). Diese natio-nalstaatenbezogene Typologie wurde im Anschluss an Esping-Andersen (1990) und das Wohlfahrtsstaatsregime entwi-ckelt und beinhaltet einen stark europäischen und nord-amerikanischen Bezug. Die finanziellen und sozialpolitischenStrukturierungs- und Verteilungsmechanismen von Natio-nalstaaten bei der Erwachsenenbildung/Weiterbildung wei-sen damit typische Differenzierungen in ihrer Organisationund Gewichtung auf. Dieses Modell wird nach und nachauch von anderen Wissenschaftlern und Wissenschaftle-rinnen im Kontext der vergleichenden Auswertung von inter-nationalen Datensätzen (zum Beispiel AES, CVTS) genutztund weiterentwickelt. Markowitsch et. al. (2013) differen-zieren folgende fünf Wohlfahrtsstaaten-Regime, denen dieLänder der Europäischen Union zugeordnet werden kön-nen:1. sozial-demokratische Wohlfahrtsstaaten (unter anderem

nordische Länder)2. konservative Wohlfahrtsstaaten (unter anderem zentral-

europäische Staaten)3. familienorientierte (sub-protektive) Wohlfahrtsstaaten

der mitteleuropäischen Länder4. liberale Wohlfahrtsstaaten (unter anderem UK und Irland)5. neo-liberale und neo-konservative Wohlfahrtsstaaten

(unter anderem europäische Staaten der ehemaligenSowjetunion).

Im Folgenden soll, orientiert an dieser Typologie, überprüftwerden, ob sich in solchen Länderkategorien Indizien fürgemeinsame beziehungsweise verschiedene Weiterbildungs-traditionen finden lassen. Dazu werden für jeden Typus zweiLänder auf der Basis von verfügbaren Länderberichten zur

Erwachsenenbildung/Weiterbildung analysiert. Dabei stehtzuerst die Frage nach deren Weiterbildungstradition im Mit-telpunkt. In einem weiteren Schritt wird mit der Verwen-dung der Typologie der Frage nachgegangen, welche Gemein-samkeiten von und welche Verbindungen zwischen Weiter-bildungstraditionen sowie zwischen dem LernverhaltenErwachsener festzustellen sind.

Zu Weiterbildungstraditionen in Europa

l Sozialdemokratische Wohlfahrtsstaaten weisen weit-gehend unabhängig von der Verfügbarkeit familialer Hilfensoziale Leistungen und Dienste auf hohem Niveau auf (vgl.Motel-Klingebiel/Tesch-Römer 2006, S. 294). Dazu zählendie skandinavischen Länder, die durch stark sozial-demo-kratisch tradierte Weiterbildungsideen geprägt sind, die teilsauf eine gemeinsame Entwicklung, teils aber auch auf Län-derspezifika deuten lassen. In Finnland wurde bereits Endeder 1970er-Jahre das Prinzip eines lebenslangen Lernens bil-dungsprogrammatisch propagiert (vgl. Heinonen 2007, S.8). Damit konnten früh Möglichkeiten eines an einem bildungs-politischen Modell von Chancengleichheit orientiertenErwachsenenlernens erkannt und gefördert werden. DieEinführung von kompetenzorientierten Qualifikationen (vgl.Heinonen 2007, S. 12) in den 1990er-Jahren bedeutete einenweiteren länderspezifischen Schritt hin zu einem basisde-mokratischen Weitebildungssystem. Das finnische Systembasiert auf einem ausgeprägten staatlichen Rückhalt derAnerkennung von allgemeinen und erwerbstätigkeitsbezo-genen Fähigkeiten, Kenntnissen und Fertigkeiten. Qualifi-kationsprüfungen, die von Bildungseinrichtungen relativunabhängig sind, eröffnen hier direkte Wege zu höheren Bil-dungsstufen. Auch Dänemarks Erwachsenenbildung entwi-ckelte sich historisch gesehen wesentlich aus einem Leit-motiv der europäischen Aufklärung heraus – die mündigenBürger gestalten aktiv Gesellschaft, Staat und Kultur mit(vgl. Brems 2003, S. 11). Im Anschluss daran begründeteGrundtvig im 19. Jahrhundert die Tradition der dänischenVolkshochschulen, in deren Sinn Erwachsenenlernen alsinhaltlich betont praxisorientiert galt und anfangs an hand-werklich-technische Inhalte einer agrarisch geprägten Gesell-schaft anschloss. Mit dem 20. Jahrhundert erfolgte die Ent-wicklung hin zu einer stärker arbeitsmarkt- und technolo-gieorienierten Weiterbildung in beiden Ländern. l Konservative Wohlfahrtsstaaten sind durch versiche-rungsbasierte Leistungen gekennzeichnet und verweisendarüber hinaus auf die familiären Hilfesysteme, die allenfalls

Weiterbildung4|2016 • S.28-31

Literatur |Bhabha, H. K.: Die Veror-tung der Kultur. Tübingen2000Boeren, E./Holford,J./Nicaise, I./Baert, H.: Whydo adults learn? Developinga motivational typologyacross 12 European coun-tries. In: Globalisation,Societies and Education,10:2, 2012, S. 247-269Brems, J.: Portrait AdultEducation Denmark. Biele-feld 2003Dämmrich, J./Vono de Vil-hena, D./Reichart, E.: Parti-cipation in Adult Learning inEurope: The Impact ofCountry-Level and Indivi-dual Characteristics. In:Blossfeld, H.-P./Klipi-Jako-nen, E./Vono de Vilhena,D./Buchholz, S. (Hrsg.):Adult Learning in ModernSocieties. An internationalComparison form a Life-course Perspective. Chel-tenham 2014, S. 29-53EAEA (2015): Adult Educa-tion in Europe 2015 – A CivilSociety View. Aufgerufenam 12.5.2016 unter:http://www.eaea.org/media/policy-advocacy/adult-education-policy-in-europe-country-reports/country-reports_2015.pdfEgetenmeyer, R.: Informallearning in betrieblichenLernkulturen. Eine interkul-turelle Vergleichsstudie.Hohengehren, Baltmanns-weiler 2008Egetenmeyer, R.: Im Fokus:International-vergleichendeForschung in der Erwachse-nenbildung/Weiterbildung –zwischen bildungspoliti-scher Steuerung und diszip-linärer Konfiguration. In:REPORT – Zeitschrift fürWeiterbildungsforschung02/2014, Jg. 37, S. 15-28

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Fortsetzung Literatur |Egetenmeyer, R.: Interpre-tationsmuster für die inter-national-vergleichendeErforschung von Erwachse-nenbildung/Weiterbildung.In: Borgmann, S./Eysel,N./Selbert, S. K. (Hrsg.):Zwischen Subjekt undStruktur. Suchbewegungenqualitativer Forschung.Wiesbaden 2016, S. 141-153Egger, R./Fernandez, K.:Grundversorgung Bildung.Über die Gefährdung sozia-ler Kohäsion durch die Aus-dünnung der Weiterbil-dungsstruktur. Wiesbaden2014Elias, N.: Über den Prozeßder Zivilisation, Band 1.Frankfurt/M. 1969Esping-Andersen, G.: Thethree words of welfare capi-talism. Cambridge 1990Gomez, J.: Portrait Weiter-bildung Spanien. Bielefeld2001Heinonen, V.: Portait Wei-terbildung Finnland. Biele-feld 2007Knoll, J. H.: InternationaleWeiterbildung und Erwach-senenbildung. Konzepte,Institutionen, Methoden.Darmstadt 1996Lenz, W.: Portrait Weiterbil-dung Österreich. Bielefeld2005LifeLong Learning (2010):Towards a Lifelong LearningSociety in Europe: The Con-tribution of the EducationSystem. Aufgerufen am9.6.2016 unter:http://lll2010.tlu.ee/Markowitsch, J. et al.: Firm-provided Training in Europeand the Limits of NationalSkills Strategies. In: Euro-pean Journal of Education,Vol. 48, No. 2, 2013

Grundfragen und Trends | Erasmus+

grundsichernd, das heißt, im Rahmen der Armutsvermei-dung gesellschaftlich gestützt sind (vgl. Motel-Klingebiel/Tesch-Römer 2006, S. 294). Deutschland undÖsterreich gelten als konservative Wohlfahrtstaaten mit Tra-ditionen von Weiterbildung, welche Parallelen erkennen las-sen. Diese betreffen in beiden Ländern ihre Entwicklungaus den Traditionen der Volks- und Arbeiterbildung, der Kir-che sowie auch aus bürgerlich-liberalen Einflüssen heraus(vgl. Lenz 2005, S. 19). Aktuelle Herausforderungen stelleneine regionen- und milieubezogen gerechte Versorgung mitWeiterbildung dar (vgl. dazu für Österreich unter anderemEgger/Fernandez 2014), weiters die pädagogische Profes-sionalisierung, als auch rechtliche und finanzielle Grundla-genfragen, die Personal und Einrichtungen betreffen. Beimangelnder Ausfinanzierung besteht die Gefahr, dass bil-dungsfernere Gruppen weiterhin benachteiligt bleiben.Zudem sind auch das deutsche und das österreichischeWeiterbildungssystem vom demografischen Wandel betrof-fen (vgl. EAEA 2015, S. 22). Mit intergenerationellen Lern-konzepten soll dem Verlust von implizitem Wissen und Kön-nen auf Seiten der Akteure und der Teilnehmenden entge-gengesteuert werden. l Die familienorientierten (sub-protektiv) Wohlfahrtsstaa-ten der mitteleuropäischen Länder zeichnen sich durchhohe Lohnscheren am Arbeitsmarkt, niedrige Sozialausga-ben und einen familialen Schwerpunkt in der staatlichenAbsicherung aus (vgl. Markowitsch et. al 2013, S. 283). Inden vergangenen Jahrzehnten hat Spanien mit dem Endeder Diktatur 1978 grundlegende wirtschaftliche und politi-sche Veränderungen durchlaufen, die auch die Geschichteseiner Erwachsenenbildung geprägt haben. Die gegenwär-tigen Trends werden auch von den Herausforderungen derEU und einer zunehmenden Transnationalisierung beein-flusst. Ein soziales spanisches Modell der Erwachsenenbil-dung geht vom dialektischen Prinzip der Gleichheit der Unter-schiede zwischen seinen Teilnehmenden aus (vgl. Gomez2001, S. 10). Drei Beispiele für Institutionen, die in SpaniensErwachsenenbildung von hoher Bedeutung sind, stellen dieVolkshochschulen, Radio ECCA und die La Verneda-SantMarti Schule für Erwachsene dar. Darunter gilt der 1965gegründete Kulturradiosender ECCA als besonders erwäh-nenswert, der landesweit Programme, von Alphabetisierungbis über berufliche Bildung und Lehrerbildung, anbietet (vgl.Gomez 2001, S. 17). Künftige Schlüsselaufgaben der spa-nischen Weiterbildung stellen der demografische Wandelund mit ihm die Inklusion von älteren Lernenden sowie vonMigrantinnen und Migranten dar (vgl. EAEA 2015, S. 43). Diese

Aufgaben stellen sich ebenso für Italien, wo die finanzielleKrise und eine zunehmende Zahl Arbeitssuchender den Wei-terbildungsmarkt vor die Herausforderung beruflicher Re-Integration stellen (vgl. EAEA 2015, S. 29).l Liberale Wohlfahrtsstaaten bieten bedürftigkeitsge-prüfte Leistungen auf einem niedrigem Niveau an und sindvon einem Vorrang privat organisierter Sicherung gekenn-zeichnet (vgl. Motel-Klingebiel/Tesch-Römer 2006, S. 294).Darunter fallen Großbritannien und Irland oder, außerhalbEuropas, auch die USA und Australien. So zeigt die jüngs-te EAEA-Studie zu Irland Budgetkürzungen im Bildungs-system und außerdem, dass im Weiterbildungssektor vor-rangig Maßnahmen zur beruflichen Bildung finanziell unter-stützt werden (vgl. EAEA 2015, S. 27). In Großbritannienwerden dagegen zunehmend auch Maßnahmen zur Unter-stützung bildungsferner Zielgruppen aufgebaut. Das pri-vate National Institute of Adult Continuing Education(NIACE) forciert dort den Ausbau des beruflichen Weiter-bildungssektors. Weiterbildungsmaßnahmen mit ehema-ligen Strafgefangenen oder „What Employers Want“, einOnline-Portal, das den Austausch jugendlicher Arbeitssu-chender und Arbeitgeber stärkt, sind Vorzeigeprojekte(vgl. EAEA 2015, S. 47). l Als neo-konservative Wohlfahrtsstaaten gelten nachder Typologie (vgl. Saar/Ure 2013) schließlich die europäi-schen Länder der ehemaligen Sowjetunion. Die postkom-munistischen Länder traten ab 2004 der EuropäischenUnion bei, darunter Tschechien, Zypern, Ungarn, Polen oderdie Slowakei (vgl. Spolar et al. 2014, S. 4). Ihre Weiterbil-dungsideen orientierten sich in der staatlichen Souveräni-tät zuerst am Ausbau einer freien Marktwirtschaft und Sozi-alpolitik. Unter dem kommunistischen Regime existiertenzwar Erwachsenenbildungssektoren in jenen Staaten, diesewaren aber strukturell streng zentralistisch gegliedert. Erstmit dem Beitritt zur Europäischen Union wurde das Kon-zept eines transnationalen und lebenslangen Lernens indie staatliche Agenda aufgenommen (vgl. Spolar 2014, S.5). Entsprechend existieren noch wenige empirische Datenzur Partizipation an Weiterbildung, zu ihrer Finanzierung, zumPersonal oder zu den Praxen der Institutionen in den neo-konservativen Wohlfahrtsstaaten. In Rumänien trug bisherinsbesondere die berufliche Bildung den wirtschaftlichenund sozialen Veränderungen des Landes sowie den Anfor-derungen der EU noch nicht genügend Rechnung (vgl.Sava/Matache 2003, S. 55). In Ungarn soll die Teilnahmean Prozessen des lebensbegleitenden Lernens durch Wei-terbildung weiter gestärkt werden (vgl. EAEA 2015, S. 25),

30 Weiterbildung4|2016 • S.28-31

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Grundfragen und Trends | Erasmus+

wobei damit insbesondere auch dem Analphabetismus inbildungsfernen Milieus gegengesteuert werden soll.

Zwischen gesellschaftlichen Kontexten …

Betrachtet man die Weiterbildungstraditionen von National-staaten mit den Kategorien der fünf Wohlfahrtsstaatenre-gime, so lassen sich zusammenfassend Gemeinsamkeitensowie Unterschiede durch die je gesellschaftlichen Einflüs-se von Arbeitsmarkt, Sozialsystem und historisch gewach-sener Weitebildungsideen identifizieren. Vergleichende Unter-suchungen über das konkrete Lernen Erwachsener in ver-schiedenen europäischen Ländern gibt es bislang wenige.Diese deuten jedoch darauf hin, dass es gewisse Bezüge zuderen jeweiligen gesamtgesellschaftlichen Kontexten gibt.

In einem Vergleich des informellen Lernverhaltens imBetriebskontext in drei Unternehmen in Deutschland, Groß-britannien und Spanien (vgl. Egetenmeyer 2008) wurde die-ses im Arbeitsalltag von Führungskräften eines Maschinen-bauunternehmens untersucht. Fokussiert wurden Unter-schiede und Gemeinsamkeiten in ausgewähltenLerngegenständen, Lernmotiven und Lernwegen. Diese sub-jektiven Lernfaktoren der Führungskräfte ließen dabei eineNähe zur jeweiligen länderbezogenen Bildungstraditionerkennen: zur Zielorientierung (im britischen Betrieb), zumInklusions-Gedanken (im spanischen Betrieb) oder aber zumemanzipatorischen Gedanken (im deutschen Betrieb). Kenn-zeichen solcher Studien ist, dass vorab möglichst keinefixierten theoretischen Modelle zum Vergleich herangezo-gen werden. Vielmehr werden dann dem Forschungsgegen-stand inhärente Merkmale genutzt, anhand derer Unter-schiede und Gemeinsamkeiten herausgearbeitet werden(vgl. Egetenmeyer 2016).

Boeren et. al. (2012) untersuchten in der genanntenLLL 2010-Studie Unterschiede in der Weiterbildungsmoti-vation beim non-formalen Lernen in zwölf europäischen Län-dern. Dabei konnten sie Unterschiede und Gemeinsamkei-ten im individuellen Weiterbildungsverhalten, orientiert ander Wohlfahrtsstaatsregime-Typologie, feststellen. Sie ent-wickelten sie weiter in zwei westeuropäische Cluster (in einangelsächsisches und in ein zentraleuropäisches) und zweiosteuropäische Cluster (Bulgarien und Litauen versus Ungarn,Russland, Tschechien, Estland und Slowenien). Dabei konn-ten Boeren et. al. geringere extern-geleitete (so genannterexternal pressure) Weiterbildungsmotive in zentraleuropäi-schen Staaten und stärkere soziale Bildungsmotive in angel-sächsischen Ländern feststellen. In Bulgarien und Slowenien

konnten die stärksten extern-geleiteten Bildungsmotive undarbeitsplatzorientierten Verpflichtungen festgestellt wer-den. Diese Ergebnisse wurden in Bezug zum Arbeitsmarktgesetzt: In den Ländern, in denen eine starke verzögertemarktorientierte Wirtschaftsentwicklung zu beobachten ist,finden sich die stärksten extern-geleiteten und arbeitsplatz-bezogenen Weiterbildungsmotive. Während in zentraleuro-päischen Ländern ein Arbeitsplatz mit Zugang zu sozialenSicherungssystemen verbunden ist, findet sich in diesenLändern der geringste extern-geleitete Druck in den Teil-nahmemotiven an non-formaler Weiterbildung. Teilnahme-motive finden sich vielmehr in einem intrinsischen Interessean einem jeweiligen Thema. Die Studie liefert damit weitereIndizien „for the view that broader environmental structu-res at country level interfere with motives to learn throug-hout life“ (ebd. S. 261).

… und Transnationalität

Dämmrich/Vono de Vilhena/Reichart (2014) untersuchtenin einer international-vergleichenden Studie länderbezoge-ne und individuelle Einflüsse auf die Weiterbildungsteilnah-me anhand der Daten des Adult Education Survey. Die Aus-wertung der Daten zeigte transnationale Gemeinsamkeitenhinsichtlich eines sozial verankerten Matthäus-Effektes: jebesser die Vorbildung, desto höher die Wahrscheinlichkeitan einer Weiterbildungsteilnahme. Eine höhere Weiterbil-dungsteilnahme zeigte sich auch über die europäischen Län-der hinweg für jüngere Personen. Eine höhere Chance fürarbeitgeberfinanzierte Weiterbildung zeigte sich bei Vollzeit-beschäftigen sowie bei unbefristet Beschäftigten. Hinsicht-lich der Teilnahmewahrscheinlichkeit kann die Studie nurgeringe Unterschiede zwischen den Wohlfahrtsstaatsregimenzeigen. Bestehende Unterschiede werden mit unterschied-lichen berufsbiografischen Ausbildungen und der Beschäf-tigungssituation in den einzelnen Ländern interpretiert.

Der gegenwärtige Stand international-vergleichenderWeiterbildungsforschung verweist darauf, dass Unterschiedeoder Gemeinsamkeiten als Spezifika im Lernen Erwachse-ner in verschiedenen europäischen Ländern auf die jeweili-gen spezifischen gesellschaftlichen Kontexte, wie etwa denArbeitsmarkt oder das Bildungssystem, zurückzuführen sind.Es zeigen sich zugleich aber auch Gemeinsamkeiten überdie europäischen Länder hinweg, die auf weitgehende trans-nationale Ähnlichkeiten im Weiterbildungsverhalten Erwach-sener verweisen und die es als mehrdimensionale Zwischen-räume in der Weiterbildungspraxis zu beachten gilt.

Fortsetzung Literatur |Mecheril, P.: Anerkennungvon Mehrfachzugehörigkei-ten. Eine Leitlinie fürErwachsenenbildung in derMigrationsgesellschaft. In:Holzer, D./Schröttner,B./Sprung, A. (Hrsg.): Refle-xionen und Perspektivender Weiterbildungsfor-schung. Münster 2011, S.93-105Motel-Klingebiel, A./Tesch-Römer, C.: Familie im Wohl-fahrtsstaat – zwischen Ver-drängung und gemischterVerantwortung. In: Zeit-schrift für Familienfor-schung, 18. Jahrgang, Heft3/2006. S. 290-314Saar, É./Ure, O. B.: Lifelonglearning systems: overviewand extension of differenttypologies. In: Saar, ./Ure,O. B./Holford, J. (Hrsg.):Lifelong learning in Europe.National patterns and chal-lenges. Cheltenham 2013Sava, S./Matache, M.(Hrsg.): Portrait Weiterbil-dung Rumänien. Bielefeld2003Schemmann, M.: Perspekti-ven auf den Einfluss vonsupra- und internationalenOrganisationen auf natio-nale Weiterbildungspolitik.In: Education permanente.Heft 1, 2011, S. 4-6Schemmann, M./Seitter, W.:Weiterbildung in Hessen.Eine mehrperspektivischeAnalyse. Wiesbaden 2014Spolar, V. M. et al.: AdultEducation and LifelongLearning in PostcommunistCountries. In: EuropeanEducation 46(4) online,2014 S. 3-8

31Weiterbildung4|2016 • S.28-31

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Grundfragen und Trends | Lernen

32

In einer Zeit, in der Wissen immer mehr zu jeder Zeit und an jedemOrt verfügbar ist und in der zunehmend mehr Inhalte digital publi-

ziert werden, müssen Bibliotheken neue Wege entwickeln,Wissen verfügbar zu machen und dem Lernen Raum zugeben.

„Bibliotheken müssen aufhören, sich allein über ihregroße Tradition zu definieren. Stattdessen müssen wir dieBeziehung zwischen Nutzern, Räumen, Möblierungen undInformationen neu definieren und uns klar darüber wer-den, für was Bibliotheken tatsächlich stehen sollten“, sagtLee Van Orsdel, Leiterin der Universitätsbibliotheken derGrand Valley State University in Allendale, Michigan.

Dabei ist es nicht mehr damit getan, ein Archiv, eineArt offenes Lager für Bücher zu sein, vielmehr müssenKonzepte erarbeitet werden, die das Lernen als sozialenProzess verstehen und entsprechend unterstützen. Nochheute ist die Bibliothek der Ort des stillen Lernens, alleinund konzentriert. Ein Ort, der die Aura des reinen Wis-sens ausstrahlt und demgemäß, allein schon durch dieArchitektur vieler beeindruckender Bibliotheksbauten aufder ganzen Welt, eine besondere Wirkung auf den Besu-cher hat. Aber darüber hinaus sind Bibliotheken nach wievor auch ein Raum, l in dem sich viele Informationsquellen an einem Ort fin-

den lassen,l in dem in Ruhe konzentriert gearbeitet werden kann,l wo technische Mittel, wie Drucker, Kopierer, Scanner

bereitstehen,l der die Möglichkeit bietet sich auszutauschen und sich

gegenseitig zu motivieren.Viele Studierende sehen die Bibliothek als das Zentrumdes Lernens außerhalb der Unterrichtsräume, aber hierin

liegt noch viel Potenzial. Denn oftmals ist zu beobachten,dass Gruppenarbeitsbereiche in der Nähe der Bereiche fürkonzentriertes Lesen und Lernen liegen. Das führt zu einerUnzufriedenheit auf beiden Seiten: Studenten, die in Ruhearbeiten wollen, fühlen sich gestört, und Gruppen von Ler-nenden finden keine geeigneten Bereiche für effektiveTeamarbeit. Warum sollten Studentengruppen sich, wie oft-mals zu sehen, in für das Lernen unzulängliche Orte, wieCafès begeben, wenn eine Bibliothek diese Räume eigent-lich anbieten kann, dies aber oftmals nur ineffektiv tut. Bes-ser wäre es, diese Bereiche komplett voneinander zu tren-nen und etwa auf verschiedenen Stockwerken verfügbarzu machen, um somit den Bedürfnissen besser zu ent-sprechen.

Neue Aufgaben erkennen

Eine Studie der Steelcase Workplace Futures aus demJahr 2009 brachte sechs wesentliche Erkenntnisse zuTage:l Die Überschneidung unterschiedlich genutzter Berei-

che ist ineffektiv.l Bibliotheken dienen zwar als Erweiterung der Unter-

richtsräume, sind bislang zur Förderung neuer pädago-gischer Methoden aber ungeeignet.

l Die Rolle der Bibliothekare als potenzielle Lehrer bleibtmeist ungenutzt.

l Lounge-Bereiche erfüllen nur selten, was sie verspre-chen: die Unterstützung des informellen Lernens.

l Studenten sind sich des großen Angebots der Bibliothe-ken oft nicht bewusst oder wissen nicht, wie sie es nut-zen können.

Besser lernen in neuen Lernräumen Gleich den formellen Lernräumen, werden auch andere Bereich der Hochschule derzeit neu gedacht. Ausgehend von den Veränderungen des Lernens, die die Lernendenund deren eigenverantwortliche Steuerung des Lernfortschritts immer mehr in das Zentrum rücken und durch Methoden wie das forschungsbasierte Lernen, das der Zusammenarbeit in Projektgruppen größere Bedeutung einräumt, werden auch an Bibliotheken neue Anforderungen gestellt.

Veränderte Anforderungen an Bibliotheken

Autor |Helmut Kausler, WorkplaceConsultant bei SteelcaseEducation, berät in seinerFunktion Universitäten,Hochschulen, Schulen undsonstige Bildungseinrich-tungen in Deutschland,Österreich und der Schweizhinsichtlich der Gestaltungvon Lernumgebungen, dieaktives Lernen unterstützen

[email protected]

Weiterbildung4|2016 • S.32-34

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Grundfragen und Trends | Lernen

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l Bereichen für konzentriertes Arbeiten fehlt es an Ergo-nomie und Privatsphäre.

Hinzu kommt, dass Bibliothekare heute, neben ihremeigentlichen Fachgebiet, auch weitere Aufgaben über-nehmen müssen, wie etwa die Beratung in technischenFragen, oder die Unterstützung von Studenten, beispiels-weise bei der Frage, wie korrekt zitiert werden muss.Dabei sind die oftmals nur als Info-Desks gedachten Berei-che am Eingang für diese Betreuungsleistung meist nurunzulänglich geeignet. Es wäre ein Einfaches, diese rea-len und subjektiv empfundenen Barrieren zu Informatio-nen und Wissensquellen neu zu gestalten. So könntendie Lernenden beispielswiese mithilfe eines gemeinsamnutzbaren oder zweiten Monitors einem Profi „live“ beider Arbeit zuschauen und könnten erfahren, wie in Sys-tematiken und wie mit Stich- und Schlagwörtern gesuchtwerden kann.

Was bedeutet das nun für die Bibliotheken? Müssen siesich grundlegend neu erfinden? Sind sie durch elektroni-sche Medien bald obsolet? Keineswegs! Aber Bibliothe-ken müssen sich lösen von der traditionellen Vorstellungdes Archivs, das Bücher aufbewahrt. Es kann nicht mehrnur der Lerner im Fokus stehen, der konzentriert allein arbei-ten will. Auch muss die klassische Planung „Bücher prolaufenden Meter“ überdacht werden. Die Bibliothekenmüssen auch heute wieder das werden, was sie seit Jahr-hunderten sind, ein Lernzentrum. Das bedeutet aber auch,sich der neuen Art des Lernens, den neuen Lernendenund selbstredend auch, wie oft schon umgesetzt, den ver-änderten Inhalten, anzupassen.

Lernzentrum für die neue Art des Lernens

Wie können nun Bibliotheken gestaltet werden, um die-sen Anforderungen gerecht zu werden? Wie muss eine

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Literatur |Scott-Webber, L. et al.:Built Environments ImpactBehaviors: Results of anActive Learning Post-Occu-pancy Evaluation. In: Plan-ning for Higher EducationJournal, V42N1 Oktober-November 2013, S. 1-12

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Grundfragen und Trends | Lernen

Bibliothek neu gedacht werden, die ihr Ziel in der bestmög-lichen Unterstützung ihrer Nutzer, der Lernenden, sieht?Nun, Lernen in der Bibliothek findet in den Gegensatzpaa-ren allein und gemeinsam sowie privat und in der Öffent-lichkeit statt. Diese Struktur bedenkend, ergibt sich eineReihe von Gestaltungsgrundsätzen, die den Ansprüchender Lernenden optimal entgegenkommt:

Allein/öffentlich: Dieses Konzept findet sich bereitsin den heutigen Bibliotheken wieder; Studierende lesen undlernen alleine an langen Tischen, sind aber in der Öffent-lichkeit, sichtbar und beeinflussbar durch andere. Augen-merk sollte hier auf die ausreichende Arbeitsfläche, aberauch auf technische Aspekte, wie Stromversorgung, Netz-werkzugang und ein gewisses Maß an optischer Trennungdurch kleine Sichtschutzwände, gelegt werden, um dasGefühl „das ist mein Bereich“ zu unterstützen.

Allein/privat: Wie aber ist es um die Lernendenbestellt, die konzentriert, ohne potenzielle Ablenkung vonaußen arbeiten wollen? In manchen Bibliotheken findensie Räume, in die sie sich zurückziehen und die Außenweltausschließen können. Aber oftmals ist das nur für Dokto-randen oder Lehrende möglich, nicht aber für die Mehr-heit der Studierenden, wobei diese Räume meist nur inunzureichender Anzahl angeboten werden. Auch Biblio-theken haben nicht unbegrenzt Platz zur Verfügung, kön-nen also wohl kaum neue Räume anbauen, die diese Umge-bung bieten. Was aber ist mit Bereichen, die durch Sicht-wände ein hohes Maß an Privatheit erzeugen und in denenLernende, wie in einem abgeschlossenen Raum, in Ruheund mit voller Konzentration arbeiten können, etwa inForm eines Lern-Nests oder einer Lern-Höhle?

Gemeinsam/privat: Dieses Szenario beinhaltet dieNutzung der Lernumgebung Bibliothek durch die Lernen-den, die sich hier zu Lerngemeinschaften treffen und dafürentsprechende Orte brauchen, die Kommunikation, ohneandere zu stören, erlauben. Zudem müssen diese Räume,gleich den formalen Lernumgebungen, flexible Konfigu-rationsmöglichkeiten bieten und Informationen hierin digi-tal oder analog teilen lassen. Für die Lernenden werdendamit Räume für die Gruppenarbeit geschaffen, die effek-tives Lernen innerhalb der Bibliothek, also innerhalb desZentrums des Wissens, ermöglichen. Entfernt von denBereichen des konzentrierten, stillen Arbeitens(allein/öffentlich), müssen diese nicht etwa über eine Türeverfügen, sondern hier genügt oftmals eine Art mobilerParavent, der das Gefühl der Abgeschlossenheit für dieGruppe herstellt. Sehr dankbar wurde hier die Ausstat-

tung der Wände als beschreibbare Flächen angenommen,die die Teamarbeit effektiv durch die Möglichkeit desschnellen Teilens von Gedanken und Informationen, för-dern.

Gemeinsam/öffentlich: Lernen ist auch ein sozialerProzess, sei es in einer Lerngruppe, einer Projektgruppeoder als Lernen in einer Gemeinschaft ohne direkten Kon-takt zueinander. Für ein entspanntes Lernen in solchensozialen Kontexten brauchen Lernende angenehme Umge-bungen, in denen sie sich gerne aufhalten und konzen-triert arbeiten können. Den Beratungs- und Betreuungs-zentren, wie wir sie an Bibliotheken immer öfter finden,kommt dabei eine wachsende Rolle zu. Hier erhalten dieLernenden Hilfe zu akademischen Methoden, etwa demSchreiben von Arbeiten, dem richtigen Zitieren, oder auchpraktische Unterstützung, beispielsweise bei der Auffin-dung von relevantem Material oder bei Computerproble-men. Darüber hinaus fungieren Bibliotheken oftmals alsZentren, in denen Veranstaltungen stattfinden. Diese Ver-anstaltungen bieten dabei auch die Möglichkeit, sich derStadt zu öffnen und Nicht-Studierenden Einblick in dieakademische Welt zu ermöglichen. Nebenbei bringen sol-che Veranstaltungen den Bibliotheken den nicht zu unter-schätzenden Vorteil, Finanzmittel über die Vermietung derRäumlichkeiten zu erwerben. Selbstredend müssen dieRäumlichkeiten dafür ein hohes Maß an Variabilität undFlexibilität aufweisen, so dass sie beispielsweise sowohlals Cafeteria als auch als Vortragssaal genutzt werdenkönnten.Bibliotheken müssen sich verändern, um den neuen, erwei-terten Anforderungen gerecht zu werden. In ihrer Planungmüssen sich nunmehr Grundsätze wiederfinden, die nichtnur das Lernen „allein/privat“ oder „allein/öffentlich“ermöglichen, sondern auch sozialem Lernen Raum geben,in dem gemäß der oben beschriebenen Lernmodelle gear-beitet und gelernt wird.

Es ist an der Zeit, der Lernumgebung, und hier nichtnur den formalen Lernräumen, sondern allen Räumen aufdem Campus, die Rolle zukommen zu lassen, die sie fürden Lernerfolg hat. Die Untersuchungen von SteelcaseEducation haben gezeigt, dass diese interaktiveren unddynamischeren Methoden zu höherer aktiver Beteiligungseitens der Lerner führen (Scott-Webber 2013). Damithaben wir ein bedeutendes Werkzeug in unseren Händen,das neben guter Pädagogik, Technologie, den Lernerfolgpositiv beeinflussen kann; wir müssen es nur richtig ein-setzen.

Info |Seit mehr als 100 Jahrenunterstützt Steelcase welt-weit führende Organisatio-nen mit fundiertem Wissenund seinem bedeutendenErfahrungsschatz – undzwar überall dort, wo Arbeitstattfindet. Steelcase ver-steht, wie Menschen arbei-ten und wie intelligentgestaltete Räume Men-schen dabei unterstützen,produktiver, engagierterund inspirierter zu sein.

Weiterbildung4|2016 • S.32-34

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Grundfragen und Trends | HRM

Mitarbeitende erfahrungsgeleitet fördern Der fortschreitende Klimawandel rückt die Frage nach der Reduktion von Treibhausgasen und allgemein einer ressourceneffizienten Produktion in den Fokus desbetrieblichen Handelns. Viele Unternehmen sind hier bereits sehr aktiv und haben technische Optimierungswege mehr und mehr ausgereizt. Häufig übersehen wird dabeieiner der vielversprechendsten Hebel: die Förderung der Nachhaltigkeitskompetenz der Beschäftigten. Dabei geht es um deutlich mehr als um das klassische „Licht aus“ und „Tür zu“.

Das Projekt ProNaK – Produktionsbezogene Nachhaltigkeitskompetenz

Im Rahmen des vom Bundesumweltministeriumgeförderten Projektes „ProNaK – Produktionsbezo-gene Nachhaltigkeitskompetenz“ wurde ein Konzeptzur Förderung von Nachhaltigkeitskompetenz entwi-ckelt und erfolgreich umgesetzt, das das Arbeitshan-deln von Mitarbeitenden im Produktionsprozess in denMittelpunkt stellt. Das Ziel ist dabei ein doppeltes: Zumeinen geht es um die Identifikation von bisher unge-nutzten Einsparpotenzialen, die sich durch die Art undWeise des Produktionsprozesses und des damit ver-knüpften Handelns der Beschäftigten ergeben und dieerst aus der praxisorientierten Perspektive der Mitar-beitenden sichtbar werden. Zum anderen – und diesist entscheidender – werden diese Potenziale durchdie Beschäftigten selbst im Rahmen von Veränderungs-projekten aufgegriffen, analysiert, umgesetzt und aus-gewertet. Produzierende Fachkräfte können somitNachhaltigkeitshandeln als wichtigen Bestandteil inihre alltägliche Arbeit integrieren, was neben Ressour-ceneinsparungen zu einem erheblichen Kompetenzzu-wachs sowohl auf der fachlichen und nachhaltigkeits-bezogenen Ebene wie auch auf den Ebenen der sozia-len und personalen Kompetenzen führt.

Erfahrungsgeleitet arbeiten und lernen

Im Zentrum des ProNaK-Konzeptes steht der Ansatz deserfahrungsgeleiteten Arbeitens und Lernens. Hier wer-den das Erfahrungswissen und die Eigenmotivation derBeteiligten ins Zentrum gestellt: Es geht nicht darum,

Fachkräfte zu schulen, sondern deren eigene Experti-se sichtbar zu machen. Dafür wird ein Rahmen geschaf-fen, in dem sie ihre Erfahrungen und Kenntnisse, aberauch ihre eigenen Veränderungswünsche und -ansät-ze ganzheitlich einbringen und sich dazu möglichstinformell und konkret austauschen können. Auf dieserGrundlage werden die Beteiligten eingeladen, neueErfahrungen zu machen, in ihrem Arbeitshandeln neueVorgehensweisen und Handlungsansätze zu erprobenund ihre Kompetenzen im praktischen Tun weiterzu-entwickeln. Dabei spielen subjektivierende Elemente,wie umfassende Wahrnehmung mit allen Sinnen, bild-haft-assoziatives Denken, dialogisch-exploratives Vor-gehen sowie die persönliche Beziehung zum Arbeits-gegenstand, eine wesentliche Rolle.

Wie sieht das ProNaK-Konzept konkret aus? Ent-wickelt und pilothaft umgesetzt wurde es bei dem Pro-NaK-Betriebspartner BSH Hausgeräte GmbH, WerkTraunreut. Mittlerweile wird es in verschiedenen Indus-trieunternehmen erfolgreich angewandt. Im Zentrumsteht eine Workshopreihe, die mit Praxisphasen imbetrieblichen Alltag verbunden ist. Im Rahmen vonhalbtägigen Workshops können die Fachkräfte auf Basisihres Erfahrungswissens konkrete Projekte entwickelnund diese in den mehrwöchigen Praxisphasen zwischenden Workshops erproben.

Die Praxisphasen sind hier von besonderer Bedeu-tung. Sie sind es, in denen die Teilnehmenden die Ideenaus den Workshops in Form von Praxisprojekten umset-zen und so ihren eigenen Gestaltungsspielraum und

Autoren |Jost Buschmeyer, FlorianGasch, Claudia Munz, GABMünchen – Gesellschaft fürAusbildungsforschung undBerufsentwicklung mbH

[email protected]://www.gab-muen-chen.de

Weiterbildung4|2016 • S.35-37

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ren. Dabei geht es darum, den Teilnehmenden immerwieder neue „Brillen“ anzubieten, mit denen sie aufihre Arbeitspraxis schauen und sich dazu austauschenkönnen. Im Workshop werden die Projekte geplant undausgewertet. Hier geht es nicht nur um die inhaltliche,sondern auch die strategische Umsetzungsperspekti-ve: So werden die Teilnehmenden etwa dazu befähigt,die Effekte ihrer Praxisprojekte auch zu quantifizieren(zum Beispiel durch die Ermittlung von Zahlen zur CO2-oder Energieeinsparung, Verringerung von Störungenund ähnliches), nicht nur um deren Wirkung einschät-zen, sondern auch vor allem, um damit innerhalb desBetriebs argumentieren zu können. Jeweils in der letz-ten halben Stunde der Workshops stellen die Fachkräf-te ihre Projektideen ihren Vorgesetzten vor und holensich deren Zustimmung zur Erprobung und Umsetzungein.

Von entscheidender Bedeutung ist es dabei, dieTeilnehmenden für das Thema Ressourceneffizienz zugewinnen. Oftmals ist den Beteiligten von vornhereindie gesellschaftliche und ökologische Bedeutung klar,es mangelt also nicht an Achtsamkeit oder einer ent-sprechenden Sensibilisierung, jedoch am Gefühl derSelbstwirksamkeit des eigenen Handelns. Was kanneine einzelne Person im Unternehmen schon tun? DerSchlüssel liegt darin, die Bedeutung des persönlichenErfahrungswissens der Beschäftigten herauszustellen,das heißt die intime Kenntnis der eigenen Arbeitspro-zesse und Anlagen, die besonderen Fähigkeiten imUmgang mit Unwägbarkeiten und das Gespür für die„eigenen“ Maschinen und Anlagen. Da dieses Erfah-rungswissen von Beschäftigten meist stillschweigendeingebracht wird, bleibt sein Stellenwert oft verbor-gen – obwohl es von entscheidender Bedeutung nichtnur für Nachhaltigkeitshandeln, sondern insgesamt fürdas Gelingen von Produktionsprozessen ist.

Begleitet werden die Workshopreihen mit den Pro-duktionsfachkräften durch die Arbeit mit den betrof-fenen Führungskräften, um die Freiräume der Work-shops auch von Seiten der betrieblichen Organisationgarantieren zu können.

Positive Effekte

Die wissenschaftliche Evaluation der bisherigen Umset-zungserfahrungen des ProNaK-Ansatzes zeigen einerhebliches Potenzial auf unterschiedlichsten Ebenen:

die Bedeutung ihres Erfahrungswissens erleben kön-nen. Um Ideen für diese Praxisprojekte zu entwickeln,werden die Workshops so gestaltet, dass sie die Erfah-rungen der Fachkräfte und ihre Rolle als „Experten fürdie eigene Arbeit“ in den Mittelpunkt stellen. Gemein-sam werden Einsparpotenziale in der alltäglichen Arbeitbeispielsweise von Anlagenbediener/innen, Instand-halter/innen oder Werkzeugbauer/innen identifiziert.Dabei zeigt sich, dass die Teilnehmenden bereits vieleIdeen im Kopf haben, die sich aus ihrer engagiertenArbeit ergeben. In den Worten eines Teilnehmers: „Dahabe ich eine Idee, da stört mich etwas schon seit Jah-ren, und da mache ich mich jetzt endlich mal dran“.

Mut, Neues auszuprobieren

Kurze Impuls-Inputs und gezielte Nachfragen unter-stützen und ermutigen dazu, neue Wege auszuprobie-

Grundfragen und Trends | HRM

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Abb. 1: Das ProNaK-Konzept

Abb. 2: Praxisbeispiel

Optimierung der Störungsmeldungen bei prozesskritischen Anlagen.Ausgangslage: Bei Spritzgussmaschinen kann ein verspätetes Eingreifen im Störungsfall dazu führen,dass Material in der Maschine verbäckt und die Störungsbeseitigung wesentlich auf-wendiger wird. Die ProNaK-Beteiligten entwickelten hier die Idee, die bisherige opti-sche (Warnlampe) durch eine akustische Störungsmeldung zu ersetzen.

Maßnahmen: • Probeweise wurden dafür an einer besonders prozesskritischen Maschine eine Hupe

angebracht, • die Zeitspanne bis zur Störungsmeldung von 150 auf 60 Sekunden verringert • und die reduzierten Eingriffszeiten gemessen.

Ergebnis: Eine Einsparung von 60 Prozent Zeitverlust und damit eine Verbesserung der Maschi-nenverfügbarkeit wurden erreicht. Aufs Jahr bezogen ergibt sich damit eine Reduzierungvon Stillstandszeiten von früher 6,49 Tagen auf nun 2,6 Tage. Als weitere Optimierungder Störmeldungen ist vorgesehen, diese den Mitarbeitern auf Smartphones zu senden.

WorkshopI

Einbeziehung von Fachkräften

Praxisteil WorkshopII Praxisteil Workshop

III

Kompetenz-

entwicklung

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Grundfragen und Trends | HRM

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Zunächst einmal sind die reinen CO2-Einsparungen zunennen, die in den beteiligten Unternehmen durch diePraxisprojekte erreicht werden konnten. Darüber hinausentstanden – man könnte fast sagen, als Nebenprodukt– auch nennenswerte Kosten- und Zeiteinsparungen,die sich direkt auf die Kostenziele und indirekt auf denKlimaausstoß der Produktion auswirken.

Neben diesen quantifizierbaren Ergebnissen tra-ten noch weitere positive Effekte auf, die durch dengemeinsamen Austausch, das Schaffen von Freiräu-men und die Würdigung des Erfahrungswissens derMitarbeitenden entstanden. Dazu gehören eine Stei-gerung der Arbeitsmotivation, die Verbesserung derKooperation zwischen beteiligten Akteursgruppen unddie Verbesserung des Arbeitsklimas der Beteiligten.

Von zentraler Bedeutung sind aber vor allem diezu beobachtenden Kompetenzzuwächse der Produkti-onsmitarbeitenden auf fachlicher, sozialer und perso-naler Ebene: l Fachlich gehören dazu unter anderem die Kompeten-

zen, Einsparpotenziale zu identifizieren, diese zuberechnen und zu bewerten und umzusetzen. Diesumfasst auch die Fähigkeiten zur Problemanalyse, zurEntwicklung von Nachhaltigkeitslösungen und auchdie Sensibilisierung für das Thema über reines Ener-gieeinsparen hinaus (zum Beispiel Vermeidung vonAbfällen et cetera).

l Sozial konnten die kommunikativen Kompetenzenweiterentwickelt, die Schnittstellenkommunikationzwischen unterschiedlichen Akteursgruppen verbes-sert und auch die Kooperationsbereitschaft zwischenden Beteiligten gefördert werden.

l Auf der personalen Ebene beschrieben die Beteilig-ten vor allem eine Steigerung der Selbstwirksam-keitserfahrung und eine stärkere Lösungs- statt Pro-blemorientierung. Sie lernen, Veränderungsprojekteinitiativ anzugehen und innerbetrieblich zu vertre-ten und die eigene Verantwortung, aber auch dieeigenen Ressourcen in ihrem täglichen Arbeitshan-deln mit Bezug auf Nachhaltigkeit wahrzunehmen.

ProNaK-Schlüsselelemente für den Erfolg

Damit dies gelingt, auch dies zeigen die ProNaK-Erfah-rungen, bedarf es aber einer Reihe von Schlüsselele-menten, die für den Erfolg von hoher Wichtigkeit sind:Zentral ist dabei natürlich die Betonung des Erfah-

Weiterbildung4|2016 • S.35-37

Das ProNaK-Konzept wurdein Kooperation von der GABMünchen, dem Institut fürSozialwissenschaftlicheForschung München sowieder Professur für Arbeits-wissenschaften der Techni-schen Universität Chemnitzentwickelt. Die wissen-schaftliche Evaluationerfolgte durch den Lehrstuhl für Soziologie der Universität Hohenheim. Weitere Informationen finden sich unter:http://www.nachhaltig-keitskompetenz.de

rungswissens und der Erfahrungsfähigkeit der Betei-ligten als entscheidende Ressourcen für Nachhaltig-keit. Dabei geht es um mehr als um Lippenbekenntnis-se: Die Beteiligten müssen zum einen in der Art der Inter-aktion mit den Moderatoren erleben können, dass diesesie als Experten ihres Arbeitsbereiches ernst nehmenund wertschätzen. Zum anderen muss verhindert wer-den, dass Erfahrungswissen einfach nur „abgeschöpft“wird. Vielmehr entscheiden die Beteiligten selbst, wiedieses im Kontext Nachhaltigkeit eingesetzt wird undsind dabei die entscheidenden Akteure.

Des Weiteren sollte alles vermieden werden, wasden Charakter von „Schulungen“ oder „Fortbildungen“entstehen lässt. Kompetenzentwicklung ist zwar dasZiel des ProNaK-Konzeptes, aber nicht der direkte Inhaltder Workshops. Vielmehr stehen im Zentrum der infor-melle arbeitsbezogene Austausch und das gemein-same Arbeiten an konkreten Ideen. Den größten Anteilder Kommunikation übernehmen die Beteiligten selbst,die Moderatoren haben die Aufgabe, diesen Prozessdurch Fragen und kleinere Impulse am Laufen zu hal-ten und dabei nicht methodisch zu überfrachten.

Schließlich bedarf es von Führungs- und Orga-nisationsseite zum einen der Bereitstellung von Hand-lungsspielräumen für Beschäftigte, um Praxispro-jekte arbeitsintegriert zu verfolgen, zum anderender Bereitschaft zu einer direkten dialogischen Kom-munikation mit den Beschäftigten und deren Verän-derungsideen.

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Grundfragen und Trends | Erasmus +

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In Summe bildet Erasmus+ das „Dach“ für die Programme fürlebenslanges Lernen (Erasmus, Leonardo da Vinci, Comenius, Grundt-

vig und Jean Monnet), für das Programm „Jugend in Akti-on“, für die neue Aktion „Sport“ und für die internationa-len Kooperationsprogramme (Tempus, Alfa, Edulink, dasProgramm zur Zusammenarbeit zwischen Industrielän-dern sowie Erasmus Mundus), von denen das letztge-nannte im Mittelpunkt dieses Beitrags steht.

Mit Hilfe von „Erasmus Mundus“ sollen auf Univer-sitätsebene sogenannte „Erasmus Mundus Joint MasterDegrees“ (EMJMDs, vor 2014 wurden diese Masterstu-diengänge mit EMMC abgekürzt, was für “Erasmus Mun-dus Master Courses“ steht) eingerichtet werden. Damitverfolgt die EU vor allem drei Zielsetzungen:l „Förderung der Exzellenz, Innovation und Internatio-

nalisierung von Hochschuleinrichtungen,l Steigerung der Attraktivität des Europäischen Hoch-

schulraums und Unterstützung der externen Aktivitä-ten der EU im Hochschulbereich,

l Verbesserung der Kompetenzen, der Qualifikationenund der Beschäftigungsfähigkeit der Absolventen vonMasterstudiengängen“ (EACEA 2016a).

Um diese ambitionierten Ziele erreichen zu können bestehtein wesentliches und auch namensgebendes Merkmalvon EMJMD-Masterprogrammen darin, deren Studieren-den nach dem erfolgreich absolvierten Studium „doubledegrees“ oder „joint degrees“ zu verleihen: Entwedererhalten die Absolventen Masterzeugnisse von zwei (odermehr) verschiedenen Universitäten, an denen sie im Ver-lauf des EMJMD studiert haben (“double degrees“, mehr-facher Hochschulabschluss), oder ein gemeinsames Mast-

erzeugnis von zwei (oder mehr) der Konsortiums-Univer-sitäten („joint degrees“, gemeinsamer Hochschulab-schluss). Derzeit (Juni 2016) werden mehr als 100 EMJMDsangeboten, die eine große Breite von Wissenschaftsdis-ziplinen und multidisziplinären Studienthemen repräsen-tieren (EACEA 2016b).

Industrial Ecology – Von der Natur lernen

Die Karl-Franzens-Universität Graz (KFU) koordiniert seitdem Wintersemester 2011/12 das „Erasmus MundusMaster’s Programme in Industrial Ecology“ (abgekürztals MIND), welches die Europäische Kommission zunächstbis 2017 fördert. Das Studium wird zur Gänze in englischerSprache abgehalten und umfasst vier Semester. Als Ein-gangsvoraussetzung gelten ein Bachelorabschluss inNatur-, Sozial- oder Umweltwissenschaften im Ausmaßvon 180 ECTS, von denen jeweils zwölf in Mathematik/Sta-tistik sowie Umwelt- oder Systemwissenschaften erreichtworden sein müssen, und nachgewiesene Englischkennt-nisse (zum Beispiel durch die Erreichung von mindestens575 TOEFL-Punkten). Im MIND-Konsortium, welches dieKFU koordiniert, sind drei weitere EU-Universitäten (Chal-mers University of Technology Göteborg, Universität Lei-den und Technische Universität Delft) sowie drei außer-europäische Mobilitätspartner (Asian Institute of Tech-nology/Thailand, Rochester Institute of Technology/USAund Waseda Universität Tokio) vertreten.

Hinter dem Begriff der „Industrial Ecology“ verbirgtsich ein aufstrebender Wissenschaftszweig, der sich mitden Stoff- und Energieflüssen durch industrielle Systemebeschäftigt und dabei auch ausdrücklich das Verhalten

Innovative internationale Bildungsidee Erasmus+ startete 2014 als „Programm für Maßnahmen der Union in den Bereichen allgemeine und berufliche Bildung, Jugend und Sport“ und ist für den Zeitraum 2014 bis 2020 mit einem Budget von knapp 15 Milliarden Euro ausgestattet. Mit Erasmus+ wurden frühere EU-Programme teilweise ersetzt und/oder zusammengeführt sowie ein neues kreiert.

MIND – Erasmus Mundus-Masterprogramm in Industrial Ecology

Autor |Dr. Ralf Aschemann, SeniorLecturer am Institut für Sys-temwissenschaften, Inno-vations- und Nachhaltig-keitsforschung der Karl-Franzens-Universität Grazund Koordinator des “Eras-mus Mundus Master’s Pro-gramme in Industrial Eco-logy“ (www.emmind.eu)

[email protected]

Weiterbildung4|2016 • S.38-41

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Grundfragen und Trends | Erasmus +

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der beteiligten Akteure berücksichtigt. Diese Systemekönnen lokaler Natur sein (zum Beispiel eine Fabrik), aberauch die Materialflüsse eines Landes mögen Gegenstanddes Forschungsinteresses sein. Mit einem systemischenAnsatz und darauf basierenden verschiedenen Metho-den möchte „Industrial Ecology“ von den Kreisläufen derNatur lernen (daher ist das Wort „Ecology“ im Titel ver-treten) und dabei Natur-, Sozial- und Ingenieurwissen-schaftler einbinden, um im Team zum Beispiel komplexeProblemstellungen im Verkehrsbereich mit all seinen viel-fältigen ökologischen, ökonomischen und sozialen Aspek-ten und Auswirkungen zu bearbeiten.

Seit 2011 bewerben sich jährlich etwa 200 Studie-rende aus aller Welt um einen MIND-Studienplatz, vondenen – je nach Finanzierung durch die EU – 13 bis 18pro Jahrgang vom Konsortium ausgewählt werden unddamit neben dem Studienplatz auch ein Erasmus Mun-dus-Stipendium erhalten. Dieses ist recht großzügigbemessen und umfasst neben den Studiengebühren auchReise-, Unterhalts- und Versicherungskosten. Neben die-sen Stipendiaten gibt es auch einige weitere MIND-Stu-dierende, welche sich das Studium aus anderen Quellenfinanzieren.

Im ersten Studienjahr erhalten die Studierenden eineumfassende Basisausbildung in „Industrial Ecology“ undentscheiden sich im dritten Semester für eine Vertie-fungsrichtung (jede der MIND-Universitäten bietet einesolche Spezialisierung an, die vom Asian Institute of Tech-nology beschäftigt sich etwa mit „Asian Perspectives onIndustrial Ecology“), bevor sie im vierten Semester ihreMasterarbeit schreiben. Alle MIND-Studierenden müs-sen, den Erasmus Mundus-Vorgaben folgend, mindes-tens je ein Semester (im Ausmaß von 30 ECTS) an zweiverschiedenen EU-Universitäten des Konsortiums studie-ren, haben teilweise auch die Möglichkeit für eine einse-

mestrige Mobilität an einer der drei genannten außereu-ropäischen Hochschulen. Zusätzlich gibt es eine Orien-tierungswoche zu Beginn des Studiums, eine Sommer-schule zwischen den beiden MIND-Jahren sowie eine Prä-sentation der Masterarbeiten anlässlich der Graduierungder Absolventen. Die drei genannten Veranstaltungen fin-den jeweils Ende August statt und bieten die didaktischsinnvolle Möglichkeit, dass sich bis zu drei verschiedeneMIND-„Generationen“ gemeinsam treffen und austau-schen können.

MIND-Studierende aus aller Welt

Die Aufschlüsselung der bisherigen 79 MIND-Studieren-den in Abbildung 1 zeigt, dass dieses EMJMD wirklichinternational ist und seine Studierenden aus allen Konti-nenten rekrutiert.

Die aus Abbildung 1 ablesbare kulturelle Vielfaltder Herkunftsländer der Studierenden stellt eine derStärken von MIND dar, da in den Kursen und Semina-ren, welche etwa die KFU für MIND anbietet, nebenden österreichischen Studierenden auch die „incomingstudents“ aus MIND, anderen internationalen Program-men oder Erasmus-Austauschstudierende sitzen. DieseZusammensetzung stellt für alle Seiten gleichermaßeneine Bereicherung und Herausforderung dar: So gibtes wechselseitige Lernerfahrungen, da zum BeispielStudierende aus Lateinamerika interessante Fallstu-dien liefern können, während die asiatischen Studie-renden oft eher als zurückhaltend erlebt werden, außer-dem sind sie eher an formellere Hierarchien gewöhnt,was sie in Europa dann zumindest teilweise anderserfahren. Auf der informellen Ebene ergibt sich dieMöglichkeit für die Studierenden, zahlreiche neue inter-nationale Kontakte zu knüpfen, was sowohl beruflich

Weiterbildung4|2016 • S.38-41

Abb. 1: Herkunftsländer der Studierenden der MIND-Jahrgänge 2011-15

Kontinent Anzahl der Studierenden Anzahl der Herkunftsländer

Afrika 3 2 (Ägypten, Äthiopien)

Asien 38 14 (vor allem China, Russland und Taiwan)

Australien/Neuseeland 1 1 (Neuseeland)

Europa 22 13 (vor allem Griechenland)

Latein- und Nordamerika 15 5 (Brasilien, Kolumbien, Mexiko, Nicaragua, USA)

Summe 79 35

Von den 79 MIND-Studierenden sind 46 Frauen und 33 Männer.

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Literatur |Amtsblatt der EuropäischenUnion: Nr. L 347 vom20.12.2013, S. 50-73, Brüs-sel 2013, (hier Artikel 1 aufS. 55)Aschemann R./LundqvistU./van der Voet, E.: Lessonslearned from the ErasmusMaster’s Mundus Pro-gramme in Industrial Eco-logy. Präsentation für die„International Society forIndustrial Ecology“-Konfe-renz 2015 in Surrey/Groß-britannien, 9. Juli 2015 EACEA: Exekutivagentur Bil-dung, Audiovisuelles undKultur, Erasmus+ Leitak-tion 1 Gemeinsame Eras-mus Mundus-Masterab-schlüsse, 2016a,https://eacea.ec.europa.eu/erasmus-plus/aktionen/leitaktion-1-lernmobilitat-von-einzelper-sonen/gemeinsame-eras-mus-mundus-masterabschlusse_de (letzter Zugriff am8.6.2016)EACEA: Exekutivagentur Bil-dung, Audiovisuelles undKultur, EMJMD catalogue,2016b, https://eacea.ec.europa.eu/erasmus-plus/library/emjmd-catalo-gue_en (letzter Zugriff am14.6.2016)

Grundfragen und Trends | Erasmus +

als auch privat überaus interessant und daneben auchsehr nützlich ist.

Eine spannende Beobachtung ergibt sich aus derAufschlüsselung, wie viele der insgesamt 79 Studieren-den MIND direkt nach ihrem Erststudium begonnen habenund wie viele vor MIND eine andere Tätigkeit verfolgthaben: Die Mehrheit, nämlich 46 Studierende (58 Prozent),hat zwischen dem Erststudium und MIND entweder über-wiegend eine (mindestens halbjährige) Berufstätigkeitausgeübt oder war in bezahlten oder unbezahlten „intern-ships“ für Firmen oder internationale Organisationenbeziehungsweise NGOs tätig. Diese 46 Personen ‒ vondenen 30 Frauen sind ‒ haben MIND also im weitestenSinne als Weiterbildungs-Studium genutzt, um sich wei-terzuqualifizieren, während die übrigen 33 MIND-Studie-renden die „klassische“ Reihenfolge gewählt haben ‒ alsoihr MIND-Studium direkt nach ihrem Bachelorstudiumbegonnen haben.

Wie schaut es mit der Beschäftigungsfähigkeit derMIND-Absolventen aus, deren Verbesserung von der EUals ein Ziel von EMJMDs deklariert wurde?

Hohe Beschäftigungsrate

Für die ersten drei MIND-Jahrgänge liegen die Ergebnis-se einer Befragung zur aktuellen Berufstätigkeit vor (Stich-tag 01.01.2016). Alle 51 Personen, die 2013, 2014 oder2015 ihr Studium abgeschlossen haben (oder haben soll-ten), gaben Auskunft, auch die fünf, die MIND noch nichtbeendet hatten. Von den 46 Absolventen sind 42 in einemBeschäftigungsverhältnis (91 Prozent). Diese hohe Rateliegt über dem Mittelwert aller EMJMDs, welcher für 2014mit 55 Prozent angegeben wurde (EC 2014). Selbst bei

Berücksichtigung der Noch-Studierenden ergibt sich einüberdurchschnittlich hoher Anteil von Berufstätigen (82Prozent). Die 42 MIND-Alumni arbeiten in folgenden Berei-chen:l 13 in der Industrie,l 7 in einer Universität (als Assistenzprofessoren, For-

scher oder Lecturer),l 7 haben ein bezahltes weiterführendes PhD-Studium

aufgenommen,l 5 in öffentlichen Behörden,l die übrigen 10 in verschiedenen Positionen (weiterfüh-

rendes Masterstudium mit Stipendium, in Forschungs-einrichtungen außerhalb der Universitäten, für NGOs,als Entrepreneurs, in bezahlten „internships“).

Interessant ist auch die geografische Zuordnung dieserBerufstätigkeiten (siehe Abbildung 2), welche um die Her-kunftsländer der Absolventen ergänzt ist.

Obwohl von den bisherigen 42 berufstätigen MIND-Absolventen lediglich 11 aus Europa stammen, arbeiten27 von ihnen ebenda: Dies stellt einen Indikator nicht nurfür die Attraktivität Europas als Hochschulraum, sondernauch als Beschäftigungsraum dar. Von den Absolventen,die zwischen ihrem Erststudium und MIND berufstätigwaren (21 Personen), sind nach Abschluss des MIND-Studiums 19 berufstätig, was den Stellenwert von MINDals Promotor für eine Verbesserung der beruflichen Kom-petenzen und Qualifikationen unterstreicht.

Erfahrungen aus fünf Jahren MIND

Ein Charakteristikum von EMJMDs ist es, dass dessenStudierende dem im Konsortium gemeinsam entwickel-

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Abb. 2: Länder, in denen Absolventen der MIND-Jahrgänge 2011-13 arbeiten

Kontinent Anzahl der arbeitenden in denen die Berufstätigkeit Anzahl der Absolventen ausAbsolventen in Länder, ausgeübt wird

Afrika 2 Ägypten, Äthiopien 2

Asien 5 Bangladesch, China, 19Indonesien, Taiwan, Vietnam

Australien/Neuseeland 1 Australien 1

Europa 27 Belgien, Deutschland, 11Großbritannien, Irland, Italien, Niederlande, Norwegen, Schweden

Latein- und Nordamerika 7 Mexiko, USA 9

Summe 42 18 42

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Grundfragen und Trends | Erasmus +

ten Curriculum an mindestens zwei verschiedenen Hoch-schulen (wie bereits erwähnt) folgen, dessen Kurse abervon verschiedenen Universitäten angeboten werden. Dashat den Vorteil, dass die Studierenden mit verschiedenenLehr- und Lernumfeldern konfrontiert sind, resultiert abermanchmal auch in inhaltlichen Überschneidungen, wenndas Curriculum nicht zur Gänze zwischen den Konsorti-ums-Universitäten abgestimmt ist. Dieses partielle Koor-dinationsdefizit wurde von den Studierenden mehrmalsin den Evaluationen genannt, welche das MIND-Konsor-tium jährlich durchführt.

Eine weitere wesentliche Erfahrung aus diesen Eva-luationen (Aschemann/Lundqvist/van der Voet 2015)zeigt, dass die Studierenden den interkulturellen Aus-tausch in dreierlei Hinsicht lobten und von ihm profitier-ten: durch den Austausch zwischen den MIND-Studie-renden selbst, durch den zwischen ihnen und den Stu-dierenden des Gastlandes und durch den zwischen ihnenund ihren Lehrenden. Der angesprochene Nutzen beziehtsich dabei unter anderem auf erlernte Methoden unddiskutierte Fallbeispiele zu „Industrial Ecology“, verschie-dene Lernkulturen und Perspektiven zum Fach oderunterschiedliche Anforderungen und Arbeitsbelastun-gen der Seminare und Kurse, je nach Universität. Beieinigen MIND-Studierenden führte der Wechsel zur neuenUniversität nach dem ersten Studienjahr zu gewissenAnpassungsschwierigkeiten, da plötzlich teilweise neue„Spielregeln“ zu beachten waren. Allerdings waren dieMIND-Studierenden so motiviert, dass viele von ihnengemeinsam mit anderen Studierenden von nationalenIndustrial Ecology-Masterstudiengängen 2014 das „Euro-pean Network of Industrial Ecologists“ gegründet haben(EMNIE 2016).

Die durch das EMJMD gegebenen Mobilitätsmög-lichkeiten wurden laut den Evaluationen der Studieren-den durchwegs positiv wahrgenommen und auch voneinigen Lehrenden in Anspruch genommen, da ein EMJMDauch ein gewisses Budget für einen solchen Austauschinnerhalb der Konsortiums-Universitäten bereitstellt.

Die gegenseitige Anerkennung des MIND-Curricu-lums sowie der Prüfungen und Abschlüsse innerhalb desKonsortiums wurden in einem Konsortiumsvertrag fest-gelegt, der sich in der Praxis gut bewährt hat. Allerdingswurden bis auf eine Ausnahme nur „double degrees“ ver-geben, da sich lediglich die Chalmers University of Tech-nology in Göteborg und die KFU auf die Verleihung eines„joint degrees“ einigten und deren jeweilige Gesetze dies

auch zuließen. Trotz eines EU-Wunsches nach mehrgemeinsamen Masterabschlüssen von Universitäten stehtdiesem Ansinnen oft der Wille des Gesetzgebers entge-gen, zum Beispiel in den Niederlanden.

Internationaler Wissenstransfer

Wichtige Aussagen einer EU-Analyse von 57 ErasmusMundus-Masterstudiengängen (EC 2013) gelten in star-kem Ausmaß auch für MIND: So trägt dessen interinsti-tutionelle Architektur (sieben Hochschulen aus drei Kon-tinenten) zum Bolognaprozess bei und hat die Employa-bility seiner Absolventen verbessert ‒ was die Kennwerteim Artikel belegen. Durch MIND wurde für den Wissen-schaftsbereich der „Industrial Ecology“ ein Wissenstrans-fer erreicht, der nationale Begrenzungen überschrittenund verschiedene Lern- und Lehrkulturen gefördert hat.Weiterhin ist der positive Beitrag der interkulturellenDimension von MIND hervorzuheben, der unter anderemdie Einbindung der MIND-Stipendiaten in die jeweiligenationale Universitätslandschaft unterstützt hat.

EMJMDs sind vielversprechende und erprobte Ansätzefür die Umsetzung einer innovativen internationalen Bil-dungsidee auf der Ebene von Masterprogrammen, wel-che die EU als attraktiven Hochschulraum für hochqua-lifizierte Studierende aus aller Welt präsentiert. Die nacherfolgreichem Abschluss verliehenen „double degrees“oder „joint degrees“ sind ein weiterer Mehrwert, welcherdie Employability der Absolventen verbessert. Neben demerworbenen Fachwissen bringen die Graduierten vonEMJMDs auch geschärfte interkulturelle Kompetenzenmit und verfügen über ein Netzwerk aus (ehemaligen)Studierenden und Lehrenden verschiedener Universitä-ten.

Um diese Idee gemeinsamer, internationaler Mas-terstudiengänge und die bereits zahlreich gewonnenenErfahrungen zu diskutieren, reflektieren und weiterzuent-wickeln, fand Ende Juni 2016 in Brüssel ein Treffen derEMJMD-Koordinatoren statt, an dem auch Vertreter derEuropäischen Kommission sowie der EMJMD-Studieren-den und -Alumni teilnahmen, welche sich in der „ErasmusMundus Association“ zusammengeschlossen haben.

MIND steht exemplarisch dafür, dass die im Anfanggenannten drei Zielsetzungen der EU, deren Erfüllung siesich von der Durchführung der EMJMDs erwartet, im kon-kreten Fall auch erreicht wurden, wie die Ausführungendieses Artikels hoffentlich hinreichend darlegen.

Fortsetzung Literatur |EC: Joint International Mas-ter Programmes – Lessonslearnt from Erasmus Mun-dus The first generation,EACEA synthesis report,Publications Office, EC-03-13-346-EN-C, DOI10.2797/26992, Brussels2013EC: European Commission,Education and Training –Erasmus Mundus GraduateImpact Survey, 2014,http://ec.europa.eu/educa-tion/news/2014/1112-eras-mus-mundus-survey_en.htm (letzterZugriff am 13.6.2016)EMNIE: European Networkof Industrial Ecologists,2016, http://emnie.wee-bly.com/emnie.html (letzterZugriff am 13.6.2016)

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Arnd-Michael Nohl/Florian v. Rosen-berg/Sarah Thomsen: Bildung und Ler-nen im biographischen Kontext. Empiri-sche Typisierungen und praxeologischeReflexionen. Wiesbaden (Springer VS)2015. 281 Seiten, 34,99€. ISBN 978-3-658-06601-7

Bildung und Lernen als zwei benachbar-te pädagogische Konzepte werden in ihrer Beziehung zuei-nander immer wieder thematisiert, jenseits vorsichtiger begriff-licher Bezugnahmen aber nur selten bestimmt. Eine solcheBestimmung aus Perspektive der Biografieforschung unterneh-men Nohl, Rosenberg und Thomsen in ihrem Band und zei-gen Verbindungslinien zwischen den beiden pädagogischenGrundprozessen Lernen und Bildung auf. Diese Verbindungs-linien thematisieren die Autoren sowohl konzeptuell als auchempirisch: Auf konzeptueller Ebene zeichnen sie Versuchebildungsphilosophischer Differenzierungen der Begriffe nach,wobei betont wird, dass philosophisch häufig ein Begriff kon-zeptuell geschärft wird, während der andere ein Nebenda-sein fristet. Dabei ist aus Sicht der Hochschulforschung gera-de die Verbindung von Lernen und Bildung dort interessant,wo lokale Lernprozesse sich in subjektiven Bildungsbewegun-gen niederschlagen. Eben dieser Verbindung widmet sich dervorliegende Band.

Besondere Aufmerksamkeit wird der Begriffsbestimmungvon Lernen und Bildung durch Marotzki geschenkt, der Lernen

als Prozess des Wissensaufbaus innerhalb eines Rahmens ver-steht, und davon Bildung als Prozess der Veränderung solcherRahmen unterscheidet. Neben bildungsphilosophischen Zugän-gen, Bildung und Lernen zu bestimmen, inter essieren sich dieAutoren auch für Zugänge aus der Biografieforschung, etwajenen von Alheit und Dausien, welche Lernen als „kleinräumi-geren Begriff“ vom „vielschichtigeren Bildungsbegriff“ (S. 11)unterscheiden. Aus hochschuldidaktischer Sicht wird dabei inte-ressant, wie räumlich und zeitlich begrenzte Lernmöglichkei-ten für den Bildungsprozess von Studierenden relevant werden.Unter den vorgestellten Zugängen der Biografieforschung wirdSchütze und seinem Konzept von Wandlung eine besondereStellung zugesprochen, denn die Autoren sehen in Marotzkis phi-losophisch gewonnenem Konzept von Bildung und Schützesempirisch gewonnenem Konzept von Wandlung konvergenteKonzepte. Abseits der Konvergenz machen sie vor allem einenzentralen Unterschied stark, nämlich zur Ursache jenes Pro-zesses, der einmal „Bildung“ und einmal „Wandlung“ genanntwird: Schütze sieht die Ursache von Wandlung in der „Innen-welt des Biografieträgers“ (S. 14), während Marotzki die Ursa-che für Bildung stärker an gesellschaftlichen Einflüssen, wieetwa der „Risikogesellschaft“ (S. 108), festmacht. Es sind ins-besondere diese Konvergenz und die von den Autoren gleich-zeitig nachgezeichneten feinen Unterschiede in der Konzeptua-lisierung, welche die im darauffolgenden Teil des Buchs entfal-tete empirische Analyse von Lern- und Bildungsprozessenanregen.

Perspektiven zur Erforschung von Lernenund Bildung in HochschulenHochschulen bieten Studierenden durch Programme wie Erasmus+ zunehmend Möglichkeiten,das eigene Studium durch Erfahrungen im Ausland zu bereichern, universitäre Kulturen inanderen Ländern kennenzulernen und neue Bekannte und Freunde zu finden. Diese Möglichkeiten haben fraglos Auswirkungen auf das Lernen und die Bildung von Studierenden.Begleitend dazu kann die Hochschulforschung in den Blick nehmen, wie Lernen und Bildungsich durch Internationalisierung verändern. Welche Perspektiven dazu aktuell in der Biografieforschung entwickelt werden, illustriert der im Folgenden vorgestellte Band.

Buchbesprechung zum Schwerpunkt

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Empirische Basis für die Suche nach typischen Verbindungenzwischen Lernen und Bildung sind rund 50 narrativ-biografischeInterviews, welche die Autoren in verschiedenen Projekten geführthaben. Die Interviews werden im Rahmen des Buchs hinsicht-lich „übergreifender Gemeinsamkeiten der Bildungs- und Lern-prozesse“ (S. 7) untersucht, um insbesondere Prozessstruktu-ren des Lernens und Bildens zu identifizieren. Dafür schlagen Nohl,Rosenberg und Thomsen drei Grundbegriffe (Kap 3.3) vor, diesie aus theoretischen Zugängen entlehnen: Lernhabit, Lernori-entierung, und Habitus.

Transformationen des Habitus

Lernhabit ist ein Konzept, das von Dewey übernommen wurdeund bezeichnet routinierte Herangehensweisen an potenzielleLerngegenstände und Lernanlässe, eine „stabilisierte, prakti-sche Verbindung von Mensch und Welt“ (S. 169). Das KonzeptLernhabit richtet den Blick damit nicht allein auf den Akteur,sondern auf ein Wissen um die transaktionale Beziehung zwischenMensch und Welt. In den Worten von Biesta (2010, S. 495): „Thetransactional view implies that all we can know concerns rela-tionships between actions and consequences that have occur-red in the past.“ Auf Basis ihres empirischen Materials unterschei-den die Autoren fünf Lernhabits – den Lernhabit des Aktionis-mus, der Exploration, des strukturierten Wissenserwerbs, derProtektion, und der Suspendierung (Kap. 3.4).

Lernorientierung ist ein Konzept, das ausgehend von derDokumentarischen Methode entwickelt wird. Durch Lernorien-tierungen stellt ein Subjekt eine Verbindung zwischen vorhan-denem und neuem Wissen her. Mit Lernorientierung bezeich-nen die Autoren mithin „die Art und Weise des Lernens“, wel-che auf der „Ebene von Habitualisierungen der Handlungspraxis“angesiedelt ist (S. 211). Auf Basis des gegebenen Materials unter-scheiden die Autoren sieben Lernorientierungen. Eine Unter-scheidung zwischen Orientierungen und Habits schlagen dieAutoren wie folgt vor: „Dort, wo sich die Praktiken zwischenMensch und Weltausschnitt stabilisiert haben, wo sie also einedauerhafte Verbindung eingegangen sind, kann man von einemHabit sprechen“ (S. 217). Orientierungen sind demgegenüber„Erfahrungs- und Bedeutungsstrukturen“, die sich durch Habitssedimentiert haben. Sowohl Lernhabits als auch Lernorientie-rungen formen nun den Habitus.

Mit „Habitus“ bezeichnen die Autoren nun das Gesamt anLernorientierungen und Lernhabits einer Akteurin. Habitus kon-stituiert sich somit aus verschiedenen gegenstands- und feld-bezogenen Lernorientierungen und Lernhabits. Lernprozesseals Transformation einzelner Habits finden in dieser Konzeptua-

lisierung vor dem Hintergrund eines weitgehend stabilen Habi-tus statt. Bildungsprozesse sind demgegenüber Transformatio-nen des Habitus selbst: Die Autoren machen hierzu fünf Phasenfest, in denen solche Transformationen stattfinden (Kap. 2). Erstbei einer Veränderung von Lernorientierung(en) sprechen sichdie Autoren dafür aus, von Bildung zu sprechen.

Konturen einer Lern- und Bildungstheorie

Nohl, Rosenberg und Thomsen zeichnen im abschließenden Kapi-tel Konturen einer Lern- und Bildungstheorie, indem sie nocheinmal auf die drei genannten Grundbegriffe Bezug nehmen. Indieser abschließenden Bezugnahme konturieren die Autoren ihrePositionen zu einigen Themen, welche die weitere Forschungzur Transformation von Wissen durch Lernen und Bildung anre-gen können. Zumindest drei dieser zentralen Themen sollen hierangesprochen werden:

Die integrative Konzeption von Wissen und Können: DieAutoren halten fest, dass durch Lernen „nicht nur Können, son-dern auch explizites Wissen angeeignet wird“ (S. 256). DieseAnnahme geht implizit davon aus, dass – etwa im Rahmen einesStudiums – neben Wissen immer auch Können gelernt wird undumgekehrt. Gegen diese Vorstellung lässt sich in der Professi-onsforschung eine deutliche Opposition festmachen (im deutsch-sprachigen Raum etwa Neuweg 2010; Reichenbach 2010; inter-national Biesta 2010; Cain 2015): Sowohl konzeptuelle Überle-gungen als auch empirische Befunde weisen darauf hin, dass inprofessionsorientierten Studien ein Aneignen von Wissen ebennicht zwangsläufig durch das Entwickeln von Können begleitetwird. Im Anschluss an diese Befunde lässt sich Wissen in Diffe-renz zu Können konzeptualisieren, wodurch zwei Felder von Wis-sen in den Blick kommen: persönliches Wissen als weitgehendexplizites Wissen eines Studierenden über einen Gegenstand, undpraktisches Wissen als situiertes Können eines Studierenden inBezug auf einen Gegenstand. Wie diese beiden Felder von einemStudierenden nun zueinander in Bezug gesetzt werden, und wel-che Relationen zwischen Wissen und Können sich daraus erge-ben, bietet Stoff für hochschuldidaktische Untersuchungen vonLern- und Bildungsprozessen.

Die Formung von Lernen durch institutionelle und gesell-schaftliche Kontexte: Insbesondere dort, wo Lernhabits undLernorientierungen starken strukturellen Rahmenbedingungenunterworfen werden, wird Lernen zumindest eingeschränkt. Dazuhalten die Autoren fest, dass im Rahmen institutioneller Bildungwohl insbesondere Lernhabits des strukturierten Wissenser-werbs auftreten werden, was auch impliziert, dass „dem Akteurvon ihm nicht antizipierte Bestände an Wissen und Können zuge-

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mutet werden, für die seine/ihre Neugier erst entfacht werdenmuss“ (S. 259). Die äußere Entfachung von Neugier scheint indiesem Habit also notwendig für Lernen. Demgegenüber sindandere Lernhabits stärker von der Intentionalität des Subjekts(Exploration, Protektion) beziehungsweise seiner Form von Auf-merksamkeit (Suspendierung, Aktionismus) geprägt. Mit dieserGegenüberstellung wird aus hochschuldidaktischer Sicht frag-lich, wie Lernhabits von einem sich selbst bildenden Subjektgesetzt werden, und wie sehr ebendiese Lernhabits bereits voninstitutionellen Kontexten geformt sind. Der institutionelle Kon-text von Hochschulen erzeugt eine spezifische Lernwelt, dieLernhabits und Lernorientierungen rahmt. Die Gestaltung vonLernen und Bildung in Hochschulen ließe sich ausgehend von die-ser Rahmung erforschen.

Die Abbildung von Lernen und Bildung in Daten: Nohl, Rosen-berg und Thomsen entwickeln eine narrativ-biografische Per-spektive auf Lernen und Bildung weiter, indem sie Bildungspro-zesse an Lernprozesse koppeln. Die Auflösung von Lernen undBildung in Habits, Orientierungen und Habitus bietet drei Ebe-nen für empirische Untersuchungen, deren spezifische Reichweitebereits konzeptuell nachgezeichnet wird. Durch die Erweiterungdes Interesses der Biografieforschung von Bildungsprozessenhin zu Lernprozessen wird jedoch fraglich, in welcher Form eineNarration – als traditionelles Datum der Biografieforschung –auf die Praxis des Lernens verweisen kann. So verweisen bei-spielsweise Narrationen von Studierenden über ihr Studiumretrospektiv auf Ereignisse im Kontext von Hochschule, bietenex-post Erklärungen für Wahrnehmungen und Handeln, und ver-weisen auf situationsbezogene Orientierungen. Gleichzeitig hatgerade Bourdieu (1998, S. 97) darauf verwiesen, dass eine Reflek-

Literatur |Biesta, G.: Why ‘what works’ still won’t work: From evidence-based education to value-based education. Studies in Philosophy and Education, 29(5), 2010, S. 491-503Bourdieu, P.: Practical reason. On the theory of action. Stanford 1998Cain, T.: Teachers’ engagement with published research: addressing the knowledge problem, The Curriculum Journal, 26(3), 2015, S. 488-509Neuweg, G.: Distanz und Einlassung. Skeptische Anmerkungen zum Ideal einer „Theorie-Praxis-Integration“ in der Lehrerbildung. Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft, H.43, 2011, S. 33-46Reichenbach, R.: Two solidutes. Educational research and the pedagogical realm. European Educational Research Journal, 9(2), 2010, S. 138-146Wieser, C.: Technology and ethnography – will it blend? Technological possibilities for fieldwork on transformations of teacher knowledgewith videography and video diaries. Seminar.net – International journal of media, technology and lifelong learning, 11(3), 2015, S. 223-234

tion eben nicht „objektive soziale Mechanismen“ abbildet, indenen sich Lernen und Bildung praktisch entwickelt. Dieser Ver-weis verdeutlicht, dass neben dem Einsatz von biografischenPerspektiven auch praxeologische Perspektiven notwendig sind,um Lern- und Bildungs-Prozesse sowohl diachron als auch syn-chron in den Blick zu nehmen (Wieser 2015). Aus Sicht der Hoch-schulforschung scheint es demzufolge interessant, Bildungspro-zesse nicht nur ausgehend von Interviews in den Blick zu neh-men, sondern auch situierte Lernprozesse im Kontext vonLehrveranstaltungen, informellen Lerngruppen, und Technikendes Selbst, in denen Studierende sich reflexiv auf ihr Lernen anUniversitäten beziehen, zu untersuchen.

Perspektiven für die Erforschung von Lern- und Bildungs-prozessen in Hochschulen lassen sich, ausgehend von den imBand entworfenen Weiterentwicklungen der Biografieforschung,einige gewinnen. Die oben skizzierten Themen sprechen für einezunehmende Triangulation in der Forschung, einerseits um kon-zeptuelle Perspektiven zu schärfen, andererseits um die Lern-welt von Studierenden aus mehreren empirischen Blickwinkelnzu beleuchten. Auf diese Weise kann auch ein differenzierterBlick darauf geworfen werden, welche Bedeutung curriculareRahmungen und Programme für den Lern- und Bildungsprozessvon Studierenden hat.

Autor |Dr. Clemens Wieser, Arbeitsbereich AngewandteLernweltforschung, Institut für Erziehungs- undBildungswissenschaften der Universität Graz. [email protected]

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Erasmus+ (2014 bis 2020) – Europäische Kommission –Programme – Informationsseite der Europäischen Unionhttp://www.bildung-weltweit.de/bisy.html?a=8287Erasmus+ ist das Nachfolgeprogramm zu Erasmus Mundus (2009bis 2013), welches unter anderem die Entwicklung gemeinsa-mer Master- und Doktorandenprogramme in Europa zum Zielhatte. Erasmus+ soll von 2014 bis 2020 laufen und setzt einenSchwerpunkt auf allgemeine und berufliche Bildung, Jugend undSport. Das Erasmus-Programm der Europäischen Union wurde1987 ins Leben gerufen und fördert seitdem die Kooperationvon Hochschulen in Europa sowie die Mobilität von Studieren-den und Lehrenden.

Erasmus+: Die neue Welt der EU-Bildungsprogramme –Informationsseite des DAADhttp://www.bildungsserver.de/db/mlesen.html?Id=29204Für die Förderphase von 2014 bis 2020 wurden die EU-Bildungs-programme umfassend umstrukturiert. Das neue ProgrammErasmus+ löst das Programm für lebenslanges Lernen, Jugendin Aktion, sowie die internationalen EU-Hochschulprogrammemit Drittländern ab. Im Mittelpunkt stehen Schlüsselaktionen,nach denen das Programm in erster Linie strukturiert ist: 1.Mobilität für Einzelpersonen, 2. Partnerschaften, 3. Politikun-terstützung. Die Bildungsbereiche sind der Struktur untergeord-net, innerhalb der Bildungssektoren, bleiben die alten Programm-namen erhalten: COMENIUS (Schulbildung), Erasmus (Hoch-schulbildung), Leonardo da Vinci (berufliche Bildung), Grundtvig(Erwachsenenbildung). Informationsseite des Deutschen Aka-

demischen Austauschdiensts e.V. (DAAD) – Nationale Agenturfür EU Hochschulzusammenarbeit.

Erasmus+ und Erwachsenenbildung – Informationsseiteder NA-BIBBhttp://www.bildungsserver.de/db/mlesen.html?Id=51241Die Nationale Agentur Bildung für Europa beim Bundesinstitutfür Berufsbildung (NA-BIBB) informiert auf diesen Seiten über dasneue EU-Bildungsprogramm Erasmus+ im Bereich der der Erwach-senenbildung. Besondere Schwerpunkte sind „Lernen in Europa“und „Zusammenarbeit zur Förderung von Innovation und bewähr-ten Verfahren“. In einem Dokumentencenter stehen überdiesalle Unterlagen, Formulare, Leitfäden et cetera zur Verfügung,die zur Antragsstellung und Durchführung von Projekten benö-tigt werden.

Erasmus+ – Gemeinsames Internetportal der NationalenAgenturen in Deutschlandhttp://www.bildungsserver.de/db/mlesen.html?Id=51374Vier Nationale Agenturen setzen in Deutschland Erasmus+,das EU-Programm für allgemeine und berufliche Bildung,Jugend und Sport, um. Auf ihrem neuen gemeinsamen Inter-netportal wird über die Chancen und Möglichkeiten des Pro-gramms sowie über Bildungsbereiche und Leitaktionen infor-miert. In Erasmus+ werden die bisherigen EU-Programme fürlebenslanges Lernen, Jugend und Sport sowie die europäi-schen Kooperationsprogramme im Hochschulbereich zusam-mengefasst.

Portale

Die hier genannten Internetadressen können gesammelt beimDeutschen Bildungsserver abgerufen werden unter der Adressehttp://www.bildungsserver.de/link/linktipps-weiterbildung

ERASMUS+ löste 2014 das bis dahin bestehende EU-Bildungsprogramm für lebenslanges Lernen ab.Schwerpunkte der Förderung liegen nun auf Mobili-tät und strategischen Partnerschaften in den Bildungsbereichen Hochschule, berufliche Bildungund Erwachsenenbildung. Dazu werden hier mitbesonderem Blick auf die Erwachsenenbildung verschiedene Informationsportale, Instrumente zurAntragstellung, Projekte und erste Einschätzungenzum neuen Programm vorgestellt.

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Erasmus+: Neuausrichtung der europäischen Förderpolitikin Bildung, Ausbildung, Jugend und Sport http://www.fachportal-paedagogik.de/fis_bildung/suche/fis_set.html?FId=1061882Am 1. Januar 2014 begann das europäische Programm für Bildung undAusbildung, Jugend und Sport unter dem Namen Erasmus+. Das Pro-gramm bietet – aus deutscher Sicht – viel Potenzial für die Bildungs-praxis. Um dieses zu nutzen, gilt es, sich mit der neuen Programmatikund den veränderten Handlungsoptionen vertraut zu machen. Der Bei-trag skizziert den bildungspolitischen Rahmen, das gesellschaftspoli-tische Umfeld und die Rolle des Programms in der Strategie der Euro-päischen Union. Dabei stehen die für die berufliche Bildung relevan-ten Aspekte im Mittelpunkt. (Autorenreferat, BIBB-Doku). Der Beitragist erschienen in der Zeitschrift BWP, Heft 6/2014, S. 11f., und stehtim Internet zum freien Download zur Verfügung.

Inklusion – Ein Schwerpunktthema im Europäischen Bil-dungsprogramm Erasmus+http://www.fachportal-paedagogik.de/fis_bildung/suche/fis_set.html?FId=1065876Im europäischen Programm für Bildung, Ausbildung, Jugend undSport (Erasmus+) stellt die Förderung von Chancengleichheitund Inklusion ein prioritäres Ziel dar. Insbesondere die Strate-gischen Partnerschaftsprojekte bieten vielfältige Möglichkeiten,um dieses Ziel zu erreichen. Der Beitrag verdeutlicht das Ver-ständnis von Chancengleichheit und Inklusion im ProgrammErasmus+ und das Gestaltungspotenzial, das das Thema für Pro-grammaktivitäten in der Berufs- und Erwachsenenbildung bie-tet. (Autorenreferat, BIBB-Doku). Der Beitrag ist erschienen inder Zeitschrift BWP, Heft 2/2015, S. 38ff., und steht im Inter-net zum freien Download zur Verfügung.

Einschätzungen

EACEA – Education, Audiovisual and Culture Executive Agency (EACEA)http://www.bildungsserver.de/instset.html?Id=14212Die Exekutivagentur Bildung, Audiovisuelles und Kultur (EACEA) ist fürdie Durchführung bestimmter Teile der von der Europäischen Union(EU) finanzierten Programme in den Bereichen Bildung, Kultur, Audio-visuelles, Sport, Bürgerschaft und Freiwilligentätigkeit verantwortlich.Seit dem 1. Januar 2014 wurde eine neue Reihe von EU-Förderprogram-men unter anderem für die Bereiche allgemeine und berufliche Bil-dung, Jugend, Sport und Freiwillige für humanitäre Hilfe und Bürger-schaft aufgelegt. Seit dieser Zeit ist die EACEA auch für die Durchfüh-rung von Erasmus+ zuständig.

Programmleitfaden Erasmus+: Auszug zum Bereich der Berufs-und Erwachsenenbildung (deutsch)http://www.bildungsserver.de/db/mlesen.html?Id=57757Anhand dieses Programmleitfadens können sich Interessierte umfas-send über das Programm Erasmus+ informieren. Der Leitfaden rich-tet sich in erster Linie an Organisationen: Organisationen, Institutio-nen und andere Einrichtungen und Personen: Studierende, Praktikan-ten, Auszubildende, Schüler, erwachsene Lernende, junge Menschenund Freiwillige, Hochschul- und sonstige Lehrkräfte sowie Ausbilder,(ehren- und hauptamtliche) Fachkräfte der Jugendarbeit, Fachkräftein den Bereichen allgemeine und berufliche Bildung, Jugend und Sportund so weiter, die mit der Organisation von Aktivitäten im Rahmen

des Programms befasst sind. Der Leitfaden beinhaltet ausschließlichdie allgemeinen Informationen sowie die spezifischen Inhalte derBerufsbildung und Erwachsenenbildung. Der Leitfaden ist über dieInternetseite der NA-BIBB frei zugänglich. (PDF-Dokument, 154 Sei-ten, 2015)

EPALE – E-Plattform für Erwachsenenbildung in Europahttp://www.bildungsserver.de/db/mlesen.html?Id=51752EPALE ist ein multinationales Expertennetzwerk und eine frei zugäng-liche mehrsprachige Community-Plattform für Erwachsenenbildungin Europa. Sie ist eine neue Entwicklung im Rahmen eines nachhalti-gen Engagements zur Verbesserung der Qualität der Angebote in derErwachsenenbildung in Europa. Die Website richtet sich an alle in derErwachsenenbildung beruflich Tätigen, wie Lehrende, Trainer/innen,Forschende und politische Entscheidungsträger/innen. Ziel des durchErasmus+ geförderten Projekts ist es, die Qualität und Bereitstellungvon Angeboten für die Erwachsenenbildung in Europa zu verbessern,einen starken europäischen Erwachsenenbildungssektor aufzubauenund dafür zu sorgen, dass Fachkräfte und Multiplikator/innen in derErwachsenenbildung alle Erwachsenen erreichen können. Zudem gehtes auch um neue Entwicklungen zur Qualitätsverbesserung von Lern-inhalten in der Erwachsenenbildung in Europa und um neue Impulsezur Förderung des Austauschs mit anderen europäischen Bildungs-einrichtungen.

Instrumente

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Mediendienst | Aktuelle Titel

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Michael Brodowski/Johannes Verch(Hrsg.): Informelles Lernen vor Ort als Bei-trag zur nachhaltigen Kommunal- undRegionalentwicklung. Schriftenreihe Ökolo-gie und Erziehungswissenschaft der Kom-mission Bildung für eine nachhaltige Ent-wicklung der DGfE. Leverkusen Opladen(Verlag Barbara Budrich) 2016. 191 Seiten,

26,90 €. ISBN 978-3-8474-0690-7

Informelle Lernprozesse werden im Rahmen einer Bildung für nach-haltige Entwicklung immer wichtiger – nicht zuletzt im Kontext nach-haltiger Kommunal- und Regionalentwicklung. Mit Hilfe anwendungs-orientierter Beispiele analysieren die Autoren verschiedene Aspek-te solcher Lernprozesse aus transdisziplinärer Perspektive: Wieorganisieren sich Netzwerke auf kommunaler beziehungsweise regio-naler Ebene? Wie verknüpfen sich formale, non-formale und infor-melle Lernprozesse? Wie können die verschiedenen Akteure einge-bunden werden? Und wie lässt sich kommunal-informelles Lernenmethod(olog)isch beschreiben und umsetzen?

So gerät mittlerweile die Frage in den Vordergrund, wie sich selbst-beziehungsweise fremdorganisierte Netzwerke im kommunalen undregionalen Raum herauskristallisieren und dabei zugleich globale(BNE-)Perspektiven aufgreifen. Gleichzeitig interessiert hierbei, wiebeispielsweise formale, non-formale und informelle Lernprozesseim Zusammenhang von BNE in kommunalen Kontexten miteinan-der verknüpft werden, ohne dass die besondere Charakteristik infor-mellen Lernens zerstört wird. Außerdem rücken Synergieeffekte aussolchen Netzwerken für die Kommunal- und Regionalentwicklungins Blickfeld. Die Beteiligung der Lernenden (Stichwort: Einbindungzivilgesellschaftlicher Akteure und mitbestimmtes Lernen/Teilhabe)erlangt dabei besondere Aufmerksamkeit. Vor diesem Hintergrundwidmen sich die meisten Beiträge auch method(olog)ischen Frageneines kommunal-informellen Lernens, bezogen auf das Lernen alssolches, aber auch auf das Management von BNE-Lernprozessen alsBeispiele von (Good-)Governance-Prozessen. Schlussendlich wirdeinem naturästhetisch-informellen Lernen, bildungstheoretisch sowiehandlungsorientiert auf eine BE fokussiert, in der Kommune bezie-hungsweise Region nachgespürt. Die Herausgeber:Prof. Dr. Michael Brodowski, Professur „Leitung und Managementfrühkindlicher Bildungseinrichtungen“ und Prof. Dr. Johannes Verch,Gastprofessur für Gesundheitsförderung und -prävention, beide:Alice Salomon Hochschule Berlin.

Marius Harring/Matthias D. Witte/TimoBurger (Hrsg.): Handbuch informelles Ler-nen. Interdisziplinäre und internationalePerspektiven. Weinheim (Beltz Juventa)2016. 830 Seiten, 68,00 €. ISBN 978-3-7799-3295-6

Das Handbuch erfasst systematisch dasThema informelles Lernen in einer internationalen Perspektive undmittels unterschiedlicher theoretischer, methodischer und diszipli-närer Zugänge.

Lernen in einer individualisierten und zunehmend globalisier-ten Gesellschaft ist sowohl zeitlich als auch räumlich entgrenzt undlässt sich weder auf einzelne Lebensphasen noch auf institutionali-sierte oder organisierte Settings reduzieren. Das „Handbuch infor-melles Lernen“ greift diese Diskussion auf und beschäftigt sich auseiner interdisziplinären und internationalen Blickrichtung mit unter-schiedlichen Facetten der Thematik. Dabei wird ein systematischerÜberblick zu Geschichte, zentralen Begriffen, Theorie, Empirie, inter-nationalen Diskurslinien und Forschungsmethoden gegeben.

Gereon Wulftange: Fremdes – Angst –Begehren. Annäherungen an eine Theo-rie transformatorischer Bildungspro-zesse. Bielefeld (transcript-Verlag) 2015.280 Seiten, 36,99 €. ISBN 978-3-8376-3023-7

Bildung lässt sich nicht auf die Aneignungvon Wissen oder auf den Erwerb von Kompetenzen reduzieren. Bil-dungsprozesse lassen sich vielmehr als ein transformatorischesGeschehen verstehen, in dessen Verlauf Welt- und Selbstentwür-fe verändert werden. Ausgehend von diesem Bildungsverständ-nis, geht Gereon Wulftange der Frage nach, wie es zu solchen Ver-änderungen kommt. Er nimmt hierzu auch die im Rahmen der bil-dungstheoretisch orientierten Biografieforschung kaum erforschteaffektive Dimension des „Fremden“ (Waldenfels) in den Blick undpräzisiert sie, indem er Jacques Lacans psychoanalytische Über-legungen zu Angst und Begehren aus einer bildungstheoretischenPerspektive diskutiert. Der Autor:Gereon Wulftange (Dr. phil.) ist wissenschaftlicher Mitarbeiter ander Fakultät für Erziehungswissenschaft, Fachbereich Allgemei-

Bücher kurz vorgestellt

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Mediendienst | Aktuelle Titel

48 Weiterbildung4|2016

ne, Interkulturelle und International Vergleichende Erziehungs-wissenschaft der Universität Hamburg (Arbeitsbereich Bildungs-und Transformationsforschung).

Ursula Konnertz/Sibylle Mühleisen(Hrsg.): Bildung und Schlüsselqualifikatio-nen. Zur Rolle der Schlüsselqualifikationenan den Universitäten. Zivilisationen undGeschichte, Bd. 39. Frankfurt am Main/Ber-lin/Bern/Bruxelles/New York/Oxford/Wien(Peter Lang Verlag) 2016. 254 Seiten, 29,95 €. ISBN 978-3-631-66408-7

Können Schlüsselqualifikationen mehr als nur berufliche Handlungs-fähigkeit (Employability) fördern? Sind sie Teil eines erweitertenBildungsbegriffs oder nur die Bedingung der Möglichkeit von Bil-dung? Der Tagungsband dokumentiert Perspektiven aus Bildungs-wissenschaften, Philosophie, Erziehungswissenschaft, Kulturwis-senschaft, Soziologie und Hochschulforschung zum Spannungs-verhältnis von Schlüsselqualifikationen und Bildung. Diskutiertwerden zeitgemäße Ansätze von Bildung unter anderem anhandgeschichtlicher Konzepte, wie Studium Generale und Orientie-rungswissen. Viele Beiträge beziehen sich in unterschiedlicherWeise auf den Begriff der Persönlichkeitsentwicklung, analysie-ren die gesellschaftliche Rahmung der Lehre und geben Einblickein die Lehrpraxis anhand von Lehrformaten, wie in „Service Lear-ning“ und „Forschendes Lernen“.Die Autorinnen:Sibylle Mühleisen ist Mitarbeiterin des SQ-Zentrums der Univer-sität Konstanz.Ursula Konnertz leitet das „Studium Professionale und Orientie-rungswissen“ der Eberhard Karls Universität Tübingen und istDozentin für Philosophie am Leibniz Kolleg Tübingen.

Susanne Lochner: Integrationskurse alsMotor für gesellschaftlichen Zusammen-halt? Interethnische Kontakte und natio-nale Verbundenheit von MigrantInnen inDeutschland. Leverkusen Opladen (BudrichUniPress) 2015. 251 Seiten, 29,90 €. ISBN 978-3-86388-712-4

Die zentrale Maßnahme zur Eingliederung von Migrantinnen undMigranten in Deutschland stellt der Integrationskurs dar. Der staat-lich geförderte Spracherwerb soll Zuwanderer befähigen, Kontakte

zu Deutschen zu knüpfen und sich mit der vorherrschenden natio-nalen Identität auseinanderzusetzen. Die vorliegende Arbeit über-prüft erstmalig die Relevanz dieser wichtigsten staatlichen Integra-tionsmaßnahme in Bezug auf die soziale und emotionale Integra-tion von Migranten. Mit fortgeschrittenen Längsschnittanalysennähert sich die Autorin einem bislang einmaligen Paneldatensatzdes Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, der die Einstellungund das Verhalten von 3.400 Integrationskursteilnehmenden auchüber die Kursteilnahme hinaus erfasst. Die gefundenen Ergebnisseoffenbaren das große Potenzial, das Migranten durch ihre Beheima-tung in zwei Kulturen für Deutschland verkörpern.

Zunehmende globale Migrationsbewegungen führen zu einemAnstieg der kulturellen Diversität in Nationalstaaten. In den Sozial-wissenschaften wird Integration als Weg gesehen, die Annäherungzwischen Migranten und Aufnahmegesellschaft zu unterstützen undsomit gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern. Da der Integra-tionsprozess auf Sprachkenntnis basiert, fördert die deutsche Bun-desregierung die Integration von Migrantinnen und Migranten seitdem Jahr 2005 durch Einführung von Integrationskursen. WelchenEinfluss der staatlich geförderte Spracherwerb auf die Identifikationmit der Aufnahmegesellschaft und die Entstehung von interethnischenKontakten hat, wurde bislang nicht hinreichend untersucht. Ziel derAutorin ist es einerseits, die Relevanz von staatlichen Maßnahmenzur Unterstützung der gesellschaftlichen Integration in den Bereichender sozialen und identifikativen Integration zu überprüfen. Aus for-schungswissenschaftlicher Perspektive werden andererseits Bedin-gungsfaktoren und Interdependenzen der einzelnen Integrationsdi-mensionen beleuchtet.

Auf Basis des Integrationspanels, eines Längsschnittdatensat-zes an Integrationskursteilnehmenden, werden mithilfe von multi-variaten Panelanalysen und Strukturgleichungsmodellen Zusam-menhänge der Integrationsdimensionen im Zeitverlauf dargestellt.Die Analysen können bestätigen, dass Integrationskurse durch eineVerbesserung der Sprachkompetenz und der damit einhergehen-den Stärkung interethnischer Kontakte und nationaler Verbunden-heitsgefühle zu einer gesamtgesellschaftlichen Kohäsion beitragen.Erstmals konnte auch quantitativ nachgewiesen werden, dass exklu-sive, sich gegenseitig ausschließende Identitäten den empirischenGegebenheiten widersprechen, da sich die untersuchten Migrantin-nen und Migranten in großen Teilen sowohl mit ihrem Herkunfts-land als auch mit dem Aufnahmeland Deutschland identifizieren. Esgilt daher, eine Akzeptanz für den multiplen und nicht exklusivenCharakter von Identität in der Gesellschaft zu schaffen.Die Autorin:Susanne Lochner, arbeitete als wissenschaftliche Mitarbeiterinim Forschungszentrum des Bundesamtes für Migration und Flücht-linge.

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Der Wuppertaler Kreise ermittelt einmal im Jahr den sogenanntenGeschäftslage-Indikator Weiterbildung. Für 2016 verzeichnet er mit113 Indexpunkten ein positives Bild über die Lage auf dem Weiter-bildungsmarkt. So erwarten die Weiterbildungseinrichtungen auchin diesem Jahr eine Fortsetzung der positiven Entwicklung der ver-gangenen Jahre. Besonders bei firmeninternen Seminaren sind dieErwartungen hoch: Zwei Drittel der Institute rechnen hier mit Zuwäch-sen. Im Vergleich zu den Vorjahren ist die Stimmung dennoch etwasweniger euphorisch, insbesondere wegen der Auswirkungen derWettbewerbssituation und der Kostenentwicklung auf die betriebs-wirtschaftliche Situation der Weiterbildungsunternehmen.

Die Digitalisierung bringt für die Weiterbildungsbranche ent-scheidende Veränderungen. Sie gilt als Motor für eine noch stärkereIntegration der Weiterbildungsdienstleistungen in die Prozesse derUnternehmen. Weiterbildungsinstitute entwickeln sich zu Systeman-bietern, die als Outsourcing-Partner von Unternehmen alle Bildungs-

leistungen aus einer Hand anbieten. Sie sind auch Wissensmanager,die im laufenden Arbeitsprozess Bildung nachfrageorientiert „just intime“ organisieren.

Zwei Drittel der Institute bieten Online-Formate, wie das Ler-nen in virtuellen Klassenzimmern und Webinare, an. Für die Zukunfterwarten die Bildungsunternehmen, dass sich der Trend zum digita-len Lernen fortsetzt und dass Präsenzformate zunehmend durch digi-tale Angebote ergänzt werden.

Maßnahmen zur Führungskräfteentwicklung gehören zu denfesten Angeboten der Weiterbildungseinrichtungen. Denn eine guteQualifizierung der Führungskräfte trägt wesentlich zum Unternehmens-erfolg bei. Der Schwerpunkt liegt aus Sicht der Weiterbildungsdienst-leister im Bereich der Führungskompetenzen, hier sehen sie denhöchsten Entwicklungs- und Handlungsbedarf.Quelle: www.bildungsspiegel.de, nach einer Meldung des Wup-pertaler Kreises

Service | News

49Weiterbildung4|2016

Optimistische Stimmung am Weiterbildungsmarkt

Wuppertaler Kreis zeigt Weiterbildungstrends 2016

Die Berufsbildung in Deutschland „ist grundsätzlich gut aufge-stellt, um den anstehenden Herausforderungen gerecht zu wer-den. Dennoch müssen bestehende Instrumente auf den Prüfstand,muss die berufliche Aus- und Weiterbildung weiterentwickelt undzukunftsorientiert gestaltet werden“, betont der Präsident desBundesinstituts für Berufsbildung (BIBB), Professor FriedrichHubert Esser.

Sowohl die Integration von Flüchtlingen in Ausbildung und Arbeitals auch die Veränderung der beruflichen Anforderungen durch dieDigitalisierung sind zentrale aktuelle Aufgaben für die Berufsbildungin Deutschland

„Es bleibt wichtig, Betriebe bei der Ausbildung zu unterstützen, dieQualität in der beruflichen Bildung weiterzuentwickeln und die beruf-liche Bildung dadurch zu öffnen, dass sie unterschiedliche Lernvoraus-setzungen berücksichtigt“, so Esser weiter. Wie die Digitalisierung dasArbeiten und Lernen von morgen verändert, welche Fortbildungsfor-men chancenreich sind und zu welchem Zweck das BIBB eine Task Forcezum Thema „Geflüchtete“ gebildet hat – dies sind Fragen, auf die derBIBB-Jahresbericht 2015 unter anderem eingeht. Der Jahresbericht des BIBB steht kostenlos zur Verfügung unter:www.bibb.de/jahresbericht Quelle: Pressemeldung Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB)

Laut einer Studie des HIS-Instituts für Hochschulentwicklung, im Auf-trag des Hochschulforums Digitalisierung, setzen sich die deutschenHochschulen aktiv mit dem Thema „Digitalisierung der Hochschulleh-re“ auseinander. Im Rahmen der Studie wurden alle staatlichen undprivaten Hochschulen in Deutschland befragt.

Fast drei Viertel (73 Prozent) der Hochschulen verfolgen ein Kon-zept der Anreicherung ihrer Lehre durch digitale Elemente. Über ein

Drittel (36 Prozent) nennen einen Blended-Learning-Ansatz als Leit-idee, also die didaktisch konzipierte Integration von Präsenzveranstal-tungen und E-Learning-Angeboten. Digitale Lehre betrachten 42 Pro-zent der Hochschulen als ein Instrument, um ihr Studienangebot zuverbessern, mit dem Ziel, den Studienerfolg, die Qualität der Lehre oderdie Vereinbarkeit von Familie und Studium zu erhöhen. Auf der ande-ren Seite verzichten lediglich zwei Prozent der befragten Hochschu-

Berufliche Aus- und Weiterbildung in Deutschland

BIBB-Jahresbericht 2015

Digitale Lehre ausbauen und entwickeln

Studie zur Digitalisierung der Hochschullehre

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50 Weiterbildung4|2016

Mediendienst | News

Das Angebot, Schulabschlüsse an Volkshochschulen gebührenfreinachzuholen, erfreut sich in Mecklenburg-Vorpommern regen Zuspruchs.So sind die Teilnehmerzahlen in diesem Schuljahr 2015/2016 im Ver-gleich zum Vorjahr um 20 Prozent gestiegen. Dies zeigt eine Erhebungdes VHS-Landesverbandes Mecklenburg-Vorpommern. Insgesamt sind3.252 Teilnehmende zu verzeichnen, die Kurse der Grundbildung, derAlphabetisierung und Kurse zum Erlangen der Berufsreife und der Mitt-leren Reife besuchen.

„Ziel der Landesregierung ist es, dass mehr Menschen im Landeinen Schulabschluss erreichen“, sagte Bildungsminister Mathias Brod-korb. „Ich freue mich, dass das gebührenfreie Angebot stark nachge-fragt wird und sich auch diejenigen, die die Schule längst verlassenhaben, den Herausforderungen stellen. Ich wünsche ihnen viel Erfolgbeim Erlangen des jeweiligen Abschlusses. Außerdem begrüße ich,dass die Volkshochschulen für die Lehrerinnen und Lehrer ein höhe-

res Honorar zahlen, um diese anspruchsvolle Aufgabe angemessen zuvergüten“, betonte Brodkorb. „Nach knapp einem Jahr Gebührenfrei-heit können die Volkshochschulen in Mecklenburg-Vorpommern eineüberaus positive Bilanz ziehen: Mit ihren nunmehr kostenlosen Ange-boten konnten sie mehr Teilnehmende als in den Vorjahren erreichen.Endlich können auch Menschen einen Schulabschluss nachholen,denen diese Möglichkeit aufgrund fehlender finanzieller Mittel bislangverwehrt war. Ein wichtiger Schritt zu mehr Chancengleichheit undBildungsgerechtigkeit in unserem Land“, lobte die Direktorin des VHS-Landesverbandes, Ines Schmidt.

Kurse der Grundbildung, zum Erlangen der Berufsreife und derMittleren Reife werden von allen Volkshochschulen angeboten. DasLand unterstützt dieses Angebot mit insgesamt 760.000 Euro pro Jahr.

Quelle: Pressemeldung Ministerium für Bildung, Wissenschaftund Kultur Mecklenburg-Vorpommern

len gänzlich auf digitale Elemente in der Lehre, nur 15 Prozent sehenin der digitalen Lehre kein strategisches Ziel. 

„Die deutschen Hochschulen haben die Bedeutung der Digitali-sierung erkannt und nutzen sie aktiv in der Lehre. Gleichwohl sindmangelnde personelle und finanzielle Ressourcen oftmals ein Hinder-nis für Ausbau und Weiterentwicklung digitaler Lehre“, so der Präsi-dent der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), Professor Horst Hippler.Hochschulübergreifende Verbünde und Konsortien sind im Bereichdigitaler Lehre weit verbreitet. So kooperieren 70 Prozent der staatli-chen Hochschulen mit mindestens einer weiteren Hochschule. Die

Hochschulen wollen diese Kooperationen ausweiten und ihre Poten-ziale stärker nutzen: Über die Hälfte wünscht sich ein hochschulüber-greifendes Netzwerk von Kolleginnen und Kollegen. Circa 40 Prozentwünschen sich die Entwicklung eines Modells für den Austausch digi-taler Lehrleistungen. Die Studie wurde als quantitative Studie im Auf-trag der Themengruppe „Governance & Policies“ des Hochschulfo-rums Digitalisierung durchgeführt. Im Erhebungszeitraum März/April2016 beteiligten sich insgesamt 200 Hochschulen an der Befragung. Die Ergebnisse der Studie können hier eingesehen werden: https://hoch-schulforumdigitalisierung.de/organisationsstand-digital

Kostenlos Schulabschlüsse nachholen

Die Leistungen der deutschen Volkshochschulen in mehr als 30 Ent-wicklungsländern wurden anlässlich des 14. Deutschen Volkshoch-schultages von Bundesminister Dr. Gerd Müller gewürdigt. Bildung istder Schlüssel, Menschen Hoffnung und Zukunftsperspektiven zu bie-ten – vor allem in Krisensituationen und vor dem Hintergrund welt-weiter Flüchtlingsströme. Das Bundesministerium für wirtschaftlicheZusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) setzt sich daher aktiv fürdas weltweite Recht auf Bildung ein – auch auf der Flucht und in Län-dern, die von Gewalt und Konflikten geprägt sind.

Bundesminister Gerd Müller: „Die Hälfte der Flüchtlinge aus demSyrienkrieg sind Kinder und Jugendliche. Viele von ihnen haben seitJahren keine Schule besuchen können. Wir dürfen sie und die vielen

anderen Millionen ohne Zugang zu Bildung nicht im Stich lassen.Gesellschaften verlieren sonst ihre wichtigste Ressource, und neueFluchtbewegungen drohen. Der Deutsche Volkshochschul-Verband leis-tet einen herausragenden Beitrag mit Bildungsangeboten für Flücht-linge in ihren direkten Nachbarländern.“

Der DVV ist durch sein Institut für Internationale Zusammenar-beit (DVV International) bereits seit den 1960er-Jahren ein wichtigerPartner des BMZ und in mehr als 30 Ländern weltweit aktiv. In Pro-jekten setzt das BMZ Vorhaben der Jugend- und Erwachsenenbildungum. Damit erhalten auch diejenigen einen Zugang zu Bildung, die vomformalen Bildungssystem nicht erreicht werden.Quelle: Pressemeldung BMZ

Mit Bildung Zukunft schaffen

14. Deutscher Volkshochschultag

Angebot der Volkshochschulen in Mecklenburg-Vorpommern

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Service | Recht und Politik

51Weiterbildung4|2016

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) musste sich anhand des in der Wei-terbildungsbranche geltenden Mindestlohns erstmals grundlegend mitder Frage befassen, ob eine Mindestlohn regelung auch im Fall derFortzahlung des Entgelts bei Krank heit und an Feiertagen gilt, undhatte bei dieser Gelegenheit auch zu entscheiden, ob die bloße Aner-kennung einer Weiterbildungseinrichtung als vergleichbare Einrich-tung der beruflichen Rehabilitation der Anwendung der Mindestlohn -Verordnung sowie des Mindestlohn Tarifvertrages entgegensteht.

Der Leitsatz des Bundesarbeitsgerichts lautet: Findet für tatsächlich geleistete Arbeitsstunden eine Mindestlohn-regelung Anwendung (hier: TV-Mindestlohn für pädagogischesPersonal), ist diese für die Höhe der Entgeltfortzahlung an Feier-tagen und bei Arbeitsunfähigkeit nach § 2 Abs. 1 und § 4 Abs. 1Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) maßgeblich, wenn dieMindestlohn regelung selbst keine abweichenden Bestimmungenenthält.

Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 13.05.2015, 10 AZR 495/14

Mindestlohnregelung in der Weiterbildungsbranche

Das Verwaltungsgericht (VG) Leipzig musste sich aus Anlasseiner Fortbildungsmaßnahme zur Fachwirtin im Sozial- undGesundheitswesen mit IHK-Abschluss, bei der die Anzahl dernach dem Konzept der Fortbildungsstätte vorgesehenen Unter-richtsstunden (968 Stunden) die Stundenempfehlung gemäßdem Rahmenlehrplan des DIHK (620 Stunden) deutlich über-stieg, erstmals mit der Frage befassen, wie die zur Erreichungdes Fortbildungsziels angemessene Anzahl von Unterrichtsstun-den (i.S.d. § 2 Abs. 3 Satz 6 Aufstiegsfortbildungsförderungs-gesetz – AFBG/„Meister-BAföG“) zu ermitteln ist und wie dieAufstiegsfortbildungsförderung (anteilig) zu gewähren ist, wennder tatsächliche Umfang der Fortbildungsmaßnahme den ange-messenen Umfang übersteigt.

Die Leitsätze des VG Leipzig lauten: 1. Die Regelung in § 11 Abs. 2 AFBG, wonach der Unterhaltsbei-

trag von Beginn des Monats an geleistet wird, in dem mit demUnterricht tatsächlich begonnen wird, frühestens jedoch vom

Beginn des Antragsmonats an, und diese Leistungen mit Ablaufdes Monats, in dem planmäßig der letzte Unterricht abgehal-ten wird, enden, stellt nur eine äußere Grenze der Förderungs-dauer im Sinne einer Förderungshöchstdauer dar, welche imEinzelfall durch die Regelung des § 2 Abs. 3 Satz 6 AFBG,wonach nur die für das Erreichen des jeweiligen Fortbildungs-ziels angemessene Anzahl von Unterrichtsstunden förderfä-hig ist, zusätzlich beschränkt werden kann.

2. Als allgemeine Regelung gilt § 2 Abs. 3 Satz 6 AFBG sowohlfür den Maßnahmebeitrag als auch für den Unterhaltsbeitrag.

3. Zur Bestimmung der für das Erreichen des Fortbildungszielsangemessenen Anzahl von Unterrichtsstunden sind im Aus-gangspunkt die Stundenempfehlungen aus den Rahmenlehr-plänen der jeweiligen Dachverbände wie DIHK oder ZDH heran-zuziehen, um eine möglichst bundeseinheitliche Förderungs-praxis im Bereich der Aufstiegsfortbildungsförderung zugewährleisten.

Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 26.11.2015, 5 K 1017/13

Anteilige Gewährung der Aufstiegsfortbildungsförderung

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte zu prüfen, unter welchenVoraussetzungen ein Anspruch auf Bildungsurlaub – hier gemäßdem Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz Nordrhein-Westfalen(AWbG) – besteht, wenn es sich um eine Bildungsmaßnahmezum Thema „Weimarer Demokratie und faschistische Diktatur– Arbeitergeschichte im 20. Jahrhundert – Der Kampf um sozia-le Rechte“ eines gewerkschaftlichen Bildungsträgers – hier: IGMetall-Bildungszentrum Berlin – handelt und die Bildungsmaß-nahme Kenntnisse vermittelt, die gleichzeitig Inhalt von aner-

kannten Betriebsräteschulungen gemäß dem Betriebsverfas-sungsgesetz (§ 37 Abs. 7 BetrVG) sind.

Das Bundesarbeitsgericht hat hierzu folgende Leitsätze auf -gestellt: 1. Eine Veranstaltung dient dann dem Ziel der politischen Weiter-

bildung, wenn das Verständnis der Arbeitnehmer für gesellschaft-liche, soziale und politische Zusammenhänge verbessert sowiedie in einem demokratischen Gemeinwesen anzustrebende Mit-sprache und Mitverantwortung in Staat, Gesellschaft und Beruf

Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 21.07.2015, 9 AZR 418/14

Bildungsurlaub für eine politische Weiterbildungsmaßnahme

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Service | Recht und Politik

52 Weiterbildung4|2016

Das Sozialgericht (SG) Halle musste sich mit der Frage auseinan-dersetzen, ob ein im laufenden Bezug von Leistungen nach demZweiten Buch Sozialgesetzbuch – SGB II („Hartz IV“) stehender Maß-nahmeteilnehmer zum Abbruch einer Weiterbildungsmaßnahme– hier: Erwerb des Führscheins der Klasse C/ CE – aus wirtschaft-lichen Gründen wegen entstehender Fahrtkosten berechtigt ist,wenn sich der Leistungsträger in der Eingliederungsvereinbarungzur Fahrtkostenerstattung verpflichtet hat, und ob die anderen-falls greifende Sanktion einer 30-prozentigen Minderung desArbeitslosengelds II (Alg II) für drei Monate verfassungsmäßig ist.

Die Leitsätze des SG Halle lauten: 1. Neben der Feststellung einer Minderung des Auszahlungsan-

spruchs wegen einer Sanktion bedarf es keines gesondertenAufhebungsbescheides nach § 48 Zehntes Buch Sozialgesetz-buch (SGB X).

2. Es ist kein wichtiger Grund i.S.v. § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II dar-gelegt, wenn eine Weiterbildungsmaßnahme (hier: Fahrer-laubniserwerb) mit der Behauptung abgebrochen wird, dabeianfallende Fahrtkosten nicht verauslagen zu können, wennder Leistungsträger aus der Eingliederungsvereinbarung zurFahrtkostenerstattung verpflichtet ist und der Leistungsberech-tigte zuvor bei Abschluss der Eingliederungsvereinbarung nichtangedeutet hat, die Fahrtkosten bis zu einer Erstattung nichtaufbringen zu können.

3. Anhaltspunkte für eine Verfassungswidrigkeit der Sanktions-regelungen des SGB II bestehen nicht. Es ist nicht zu bean-standen, wenn existenzsichernde Leistungen für erwerbsfä-hige Leistungsberechtigte hinsichtlich der Höhe an zumutba-re Mitwirkungsobliegenheiten im Hinblick auf eine Überwindungder Hilfebedürftigkeit anknüpfen.

Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 26.08.2015, S 5 AS 2835/15 ER

Keine Berechtigung zum Abbruch einer Weiterbildungsmaßnahme

gefördert werden sollen. Dazu ist erforderlich, dass, nach demdidaktischen Konzept der Veranstaltung sowie der zeitlichen undsachlichen Ausrichtung der einzelnen Lerneinheiten, das Errei-chen dieses Ziels uneingeschränkt ermöglicht wird.

2. Grundsätzlich sind alle Themen, die sich mit der Stellung desArbeitnehmers im Betrieb befassen, geeignet, Gegenstandder Arbeitnehmerweiterbildung zu sein. Diese bezweckt nichtnur die Information über gesellschaftliche, soziale und politi-sche Zusammenhänge, sondern soll insbesondere auch denEinzelnen befähigen, sein soziales Umfeld mitzugestalten.Hierzu gehört auch die Mitwirkung in Arbeitnehmervertretun-gen. Eine gesellschaftspolitische Weiterbildung kann deshalbauch Kenntnisse vermitteln, die gleichzeitig Inhalt von Betriebs-räteschulungen nach § 37 Abs. 6 oder Abs. 7 BetrVG sind.

3. Die Zugänglichkeit der Weiterbildungsmaßnahme für jedermann(§ 9 Abs. 1 N. 3 AWbG) gehört zu den Tatbestandsmerkmalendes Entgeltfortzahlungsanspruchs. Wendet sich die Veranstal-tung nur an Gewerkschaftsmitglieder, ist sie nicht für jeder-mann zugänglich. Zur Begründung der Jedermannzugänglichkeitgenügt der Hinweis im Bildungsprogramm des Trägers, dassdie Veranstaltung auch anderen Personen als Gewerkschafts-mitgliedern offensteht, wenn er so verlautbart ist, dass auchnicht gewerkschaftlich organisierte Arbeitnehmer davon Kennt-nis nehmen können. Hierfür ist ausreichend, dass das Bildungs-programm für jedermann im Internet zugänglich ist, weil es sichhierbei mittlerweile um ein anerkanntes und gebräuchlichesInformationsmedium handelt, welches eine allgemein zugäng-liche Kenntnisnahmemöglichkeit gewährleistet.

Das Landessozialgericht (LSG) Bayern hatte zu prüfen, ob imRahmen einer Förderung der beruflichen Weiterbildung – hier zumAltenpfleger – ein Anspruch auf darlehensweise Übernahme vonReparaturkosten beziehungsweise Anschaffungskosten für einKraftfahrzeug (Kfz) besteht, wenn der Maßnahmeteilnehmer gel-tend macht, er werde mangels öffentlicher Verkehrsmittel ohneKfz seine Ausbildungsstelle wieder verlieren. Hierzu hat das LSGBayern folgenden Leitsatz aufgestellt: In § 83 Abs. 1 Drittes Buch

Sozialgesetzbuch (SGB III) ist für die Weiterbildungskostenabschließend geregelt, dass nur die durch die Weiterbildungunmittelbar entstehenden Lehrgangskosten und Kosten für dieEignungsfeststellung (Nr. 1), Fahrkosten (Nr. 2), Kosten für aus-wärtige Unterbringung und Verpflegung (Nr. 3) und Kosten fürdie Betreuung von Kindern (Nr. 4) übernommen werden können.Kosten für die Reparatur eines Kfz oder die Ersatzanschaffungeines Kfz fallen nicht hierunter.

Beschluss des Landessozialgerichts Bayern vom 02.11.2015, L 10 AL 253/15 B ER

Umfang der Förderung der beruflichen Weiterbildung

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Service | Termine

53Weiterbildung4|2016

Tagung „Lernen! Können! Nutzen?“

Am 10. Oktober 2016 veranstaltet die Arbeiterkammer Nie-derösterreich in Zusammenarbeit mit dem ÖsterreichischenAustauschdienst (ÖAD) eine Tagung unter dem Motto „Ler-nen! Können! Nutzen?“ Mit Instrumenten der Anerkennung von erworbenen Kompeten-zen und Fähigkeiten können zum einen die Überwindung vonUngleichheiten sowie die Durchlässigkeit im Bildungssystemvorangetrieben werden. Andererseits sind sie notwendig, umaktuelle wirtschaftliche Herausforderungen zeitgemäß in Angriffnehmen zu können. Die Sichtbarmachung und Anerkennung vonKompetenzen steht daher im Fokus der Veranstaltung. Vorträ-gen, Workshops und Diskussionen zeigen nationale und interna-tionale Beispiele für die Sichtbarmachung von Kompetenzen undbringen eine Auseinandersetzung über ihren Nutzen in Gang.Weitere Informationen unter: https://noe.arbeiterkammer.at/service/veranstaltungen/allgemein/uebersicht.html

OEB – The global, cross-sector conference on tech-nology supported learning and training

Vom 30. November bis zum 02. Dezember findet zum 22. Maldie Online Educa in Berlin statt. Die internationale, interdisziplinäre Konferenz zu technologie-unter-stütztem Lernen und Training steht in diesem Jahr unter dem Motto„Owning Learning“. Sie rückt die Lernenden von morgen in denBlick. Diese lernen vollständig selbstverantwortlich, kontrollierensich selbst, und entscheiden, was, wo, wann und wie sie lernen. Siegreifen auf Wissen zu, kombinieren und interpretieren es.Weitere Informationen unter: http://www.online-educa.com/

EXPOLINGUA Berlin 2016

Vom 18. bis 19. November findet in Berlin die Expolinguastatt.Die Expolingua Berlin ist die führende Sprachenmesse in Deutsch-land und Treffpunkt für all jene, die sich für kulturelle Vielfalt unddie verschiedenen Möglichkeiten des Fremdsprachenlernens inte-ressieren. Über 150 Aussteller aus mehr als 30 Ländern sowieein umfangreiches Programm mit Workshops, Präsentationenund kulturelle Darbietungen bieten ausführliche Informationen

über lokale, internationale und Online-Sprachkurse sowie über Prak-tikums- und Arbeitsmöglichkeiten im Ausland. Des Weiteren gebensie allgemeine Hinweise zum Reisen und zu verschiedenen Kul-turen.Näherer Informationen: http://www.expolingua.com/

Sozialpädagogiktag 2016

Am 25. und 26. November 2016 führt das Institut für Erzie-hungswissenschaft der Wirtschafts- und Sozialwissenschaft-lichen Fakultät an der Eberhard Karls Universität Tübingenihren Sozialpädagogiktag zum Thema „Integration – Inklu-sion. Querschnittsaufgaben im Widerstreit?“ durch. Integration und Inklusion zählen zu den Kernbegriffen SozialerArbeit. In ihrer Aktualität bezeichnen sie zentrale Querschnittsauf-gaben der Praxis und verweisen auf entsprechende Handlungsfor-men und Methoden. In Vorträgen werden verschiedene Aspekteder aktuellen Integrations- und Inklusionsdiskurse vorgestellt undin Workshops konkrete Indikatoren für Integration und Inklusiondiskutiert: Zugang zu Arbeit und Beschäftigung, Bildung und Spra-che, Wohnen und Gesundheit et cetera. Einen wichtigen Schwer-punkt bildet die Auseinandersetzung mit den möglichen Folgen derin Planung befindlichen Reform des Sozialgesetzbuches VIII.Weitere Infos dazu unter: http://www.erziehungswissenschaft.uni-tuebingen.de/abteilungen/sozialpaedagogik/sozialpaeda-gogiktag-2016.html

Internationale Tagung „Bildung und Emotion“

Am 21. und 22. Oktober 2016 veranstaltet das Institut für Bil-dungswissenschaft an der Universität Wien eine Tagung zumThema „Bildung und Emotion“.Obwohl Gefühle und Emotionen in allen Bildungs-, Erziehungs- undSozialisationsprozessen eine wichtige Rolle spielen, werden sieals Gegenstand wissenschaftlicher Reflexion häufig vernachläs-sigt. Waren Emotion und Gefühl noch zentrale Themen in der Ent-stehungsgeschichte der Erziehungswissenschaft, so verloren siemit Betonung des vernunftbegabten Menschen vermeintlich anBedeutung. Das damit einhergehende duale Verständnis vonMenschsein wird erst im erneuten Aufgreifen anthropologischerFragehorizonte am Übergang ins 21. Jahrhundert, markiert durchden Emotional Turn in der Wissenschaft, problematisiert.Näherer Informationen: http://emotion.univie.ac.at

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54 Weiterbildung

Weiterbildung | Impressum

Wei ter bil dung – Zeit schrift für Grund la gen, Pra xis und Trends, vor malsGdWZ (Grund la gen der Wei ter bil dung). Ti tel än de rung seit Ju ni 2005.

www.weiterbildung-zeitschrift.de

He raus ge ber: Dr. Ulrich Althauser, Forsthaus Thiergarten, 55496 Argen-thal (Hunsrück), Telefon: 06764/301213, E-Mail: [email protected];Prof. Dr. Wolfgang Beywl, Campus Brugg-Windisch, Bahnhofstraße 6,CH-5210 Windisch, Telefon: 0041/56/2028038, E-Mail: [email protected] (Re dak ti on Schweiz); Prof. Dr. Rudolf Egger, Karl- Fran-zens-Universität Graz, Merangasse 70, A-8010 Graz, Telefon:0043/316/380-2541, E-Mail; [email protected] (Re dak ti on Öster-reich); RA Jörg E. Feucht ho fen (Chef re dak ti on), Ahorn weg 68, 61440Obe r ur sel, Te le fon: 0173/6915838, Te le fax: 069/95808-5210, E-Mail:jfeucht ho [email protected]; Rai ner Gütt ler, c/o GBI – Ge sell schaft für in no -va ti ve Bil dungs pla nung und -för de rung mbH, Got land stra ße 5, 10439Ber lin, Te le fon: 030/44 650540, Te le fax: 030/446505 41, E-Mail: guett [email protected]; Prof. Dr. Mi cha el Ja gen lauf M.A., Klos ter kamp 43, 21337Lü ne burg, Te le fon: 04131/56343, Te le fax: 04131/836 65, E-Mail: ja gen -lauf@t-on li ne.de; Prof. Dr. Ar nim Kai ser, Universität der BundeswehrMünchen, E-Mail: ar nim.kai ser@unibw-mu en chen.de

Ehemalige He raus ge ber: Prof. Dr. Marc Ant, Hochschule Bonn-Rhein-Sieg; Prof. Dr. Karl Kalcsics, Graz; Prof. Dr. Karl We ber, Zürich; Prof. Dr.Mar tin Wie de mair (†)

Re dak ti on: Re na te Schmid, Te le fon: 04 31/28 99 10 83, Jür gen Scholl(Pro gramm lei tung), Te le fon: 0221/94373-7651, Wol ters Klu wer Deutsch -land GmbH, Luxemburger Straße 449, 50939 Köln, E-Mail: wei ter bil -dung@wol ters klu wer.com; Dr. Ste fa nie Fu le da (Ar beits hil fen), Strand-weg 58, 22587 Ham burg, Te le fon: 0151/21254751, E-Mail: info@fu le -da-karriere.de; Do ris Hirsch mann (Mediendienst), Deut scher Bil dungs -ser ver, Te le fon: 0 69/2 47 08-3 19, Te le fax: 0 69/2 47 08-3 28, E-Mail:hirsch [email protected]

Her stel lung: Nicole Holubicka, Köln

Part ner im Netz werk: Prof. Dr. Jean-Marie Barbier, Leiter des „Zentrumsfür Forschung in der Weiterbildung (CRF)“ am Conservatoire Nationaldes Arts et Métiers (CNAM), Paris; Prof. Dr. Dr. h. c. Gün ther Doh men,

Eber hard-Karls-Uni ver si tät Tü bin gen; Dr. Pe ter-Wer ner Klo as, Zent ral -ver band des Deut schen Hand werks, Ber lin; Prof. Dr. Joa chim H. Knoll,Ham burg; Prof. Dr. W. John Mor gan, PhD, FRSA., UNES CO Chair of thePo li ti cal Eco no my of Edu ca ti on, Di rec tor, Cen tre for Com pa ra ti ve Edu -ca tio nal Re se arch, Scho ol of Edu ca ti on, Uni ver si ty of Not ting ham, Hono-rary Professor, School of Sciences, Cardiff University, Wales; Prof. Dr.Er hard Schlutz, Uni ver si tät Bre men; Prof. Dr. Horst Sie bert, Uni ver si tätHan no ver

Hinweis an Autoren aus dem universitären Bereich: Weiterbildungist eine Zeitschrift, bei der Einzelbegutachtung der Artikel erfolgt.

Abon ne ment und Ein zel ver kauf: Wol ters Klu wer Deutsch land GmbH,Hed des dor fer Stra ße 31, 56564 Neu wied (Post fach 23 52, 56513 Neu -wied), Te le fon: 0 26 31/8 01-22 22, Te le fax: 0 26 31/8 01-22 23,E-Mail: in fo@wol ters-klu wer.de

An zei gen:Karin Kamphausen (Verkaufsleitung), Telefon: 02 21/9 43 73-76 29,E-Mail: karin.kamphausen@ wolterskluwer.comUlrike Dany (Anzeigendisposition), Telefon: 02 21/9 43 73-74 25, E-Mail: [email protected]

Er schei nungs wei se: 6-mal jähr lich, 27. Jahr gang 2016

Be zugs preis: Jähr lich 139,00 €, Ein zel preis 25,00 €, Stu den ten abon -ne ment 69,90 € zzgl. Ver sand kos ten. Das Jah res abon ne ment ver län -gert sich um 1 Jahr, wenn es nicht 6 Wo chen vor Jah res en de ge kün digtwird.

ISSN 1861-0501

Dru cke rei: Williams Lea & Tag GmbH, München

Satz und Lay out-Kon zep ti on: au ha ge|schwarz, Leichlingen

Co py right: Luchterhand – eine Marke der Wolters Kluwer DeutschlandGmbH, Köln.

Beilagenhinweis: Dieser Ausgabe liegen zwei Beilagen der Wolters Kluwer Deutschland GmbH bei. Wir bitten freundlich um Beachtung.

VorschauHeft 5/2016: Lernarchitektur

In diesem Heft sind unter anderem Beiträge zu folgenden Themen vorgesehen: Interview mit der Architektin Regine Geibel von Münchenarchitektur.com �

Mensch und Raum � Architekturpsychologie � Raum und Farbe � Raum und Akustik �

Flexible Gestaltung von Lernräumen durch Teilnehmende � Lernarchitektur mit Blickauf Digitalisierung

Heft 6/2016: Professionalisierung erwachsenenpädagogischen HandelnsHeft 1/2017: Digitale KompetenzHeft 2/2017: Integration

4|2016

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Arbeitshilfen | Kompetenzprofil Wissenschaft

55Weiterbildung4|2016

Wissen, was ich kann und weiß

Kompetenzprofile enthalten eine Selbsteinschätzung der Kompetenzen, die Sie im Laufe Ihrer Lern- undErwerbsbiografie erworben haben. Kompetenzprofile sind ein zentraler Baustein für professionelle Bewer-bungen in Wissenschaft und Wirtschaft. Während der Lebenslauf die Tätigkeiten Ihres Werdegangs auf-zeigt, spiegelt das Kompetenzprofil wider, was Sie können und wissen. Kompetenzprofile sind in der Wirt-schaft weit verbreitet und werden zunehmend auch im Wissenschaftsbereich wahrgenommen. Der Kom-petenzbegriff umfasst die Summe Ihres Wissens, Ihrer Fähigkeiten und Fertigkeiten. Ein Kompetenzprofilist die strukturierte Darstellung der Kompetenzen, die Sie als Wissenschaftlerin oder Wissenschaftlerinnerhalb bestimmter Kompetenzdimensionen mitbringen. Die Reihenfolge der Darstellung der Kompeten-zen ist nicht festgelegt. Eine Möglichkeit wäre, die Kompetenzen nach der Wichtigkeit der Aufgaben zuordnen und aufzulisten. Grafisch können Kompetenzen beispielsweise mit einer MindMap, in Kreisformoder quadratisch abgebildet werden.

Das folgende Kompetenzprofil Wissenschaft bezieht sich auf die Tätigkeit als Professorin/Professor.Das Berufsbild hat sich in den letzten fünfzehn Jahren stark verändert. War ein Professor früher haupt-sächlich Forscher, Lehrender und in Gremien aktiv, wird heute weit mehr erwartet. Die Leitende Redak-teurin des Magazins für Forscher und Wissenschaftsmanager, Christine Prusky, formuliert es auf denPunkt:

„Ein Erneuerer der Lehre, ein Motivator, ein Coach für Studierende und den wissenschaftlichen Nach-wuchs. Ein Diplomat im Umgang mit Geldgebern und Förderorganisationen, bei der Abwicklung und Abrech-nung von Projekten aber ein Kaufmann. Ein guter Chef. Ein genialer Forscher, ein Visionär. Ein GlobalPlayer am besten, international gefragt, sicher auf politischem Parkett. Und mediengängig, das muss erselbstverständlich noch dazu sein: der Professor.“

Im Folgenden erhalten Sie die allgemeingültigen Kompetenzdimensionen aufgezeigt, spezifiziert fürdas Berufsbild Professorin oder Professor, mit dem Ziel, dass Sie selbstständig oder mit Hilfe eines Coachsein Kompetenzprofil erstellen können.

Was ist eine Kompetenzdimension? Kompetenzdimensionen sind unspezifisch, das persönliche Kompetenzprofil hingegen ist kontextabhän-gig. Die Dimensionen sind auf pädagogisch-psychologische Ansätze der Handlungskompetenz zurückzu-führen. Handlungskompetenz stellt die Frage nach den erforderlichen Kompetenzen, um in verschiedenenSituationen erfolgreich handeln zu können. Die einzelnen Kompetenzen lassen sich idealtypisch in Dimen-sionen ordnen. In der Literatur und Praxis gibt es unterschiedliche Bezeichnungen für die Kompetenzdi-mensionen. Personale Kompetenzen sind beispielsweise auch als Persönlichkeits- oder Selbstkompeten-zen bezeichnet. In meiner Coaching-Praxis verwende ich die folgenden Kompetenzdimensionen. Sie dif-ferenzieren sehr gut, sind dennoch übersichtlich und in der Praxis anerkannt.

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Arbeitshilfen | Kompetenzprofil Wissenschaft

56 Weiterbildung4|2016

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Wie sieht ein Kompetenzprofil in der Wissenschaft aus?Der Professor oder die Professorin braucht in seinem/ihrem Kontext spezifische Kompetenzen. Aus dembewusst überzeichneten Bild eines genialen Forschers und Innovators in der Lehre, eines Coachs, Kauf-manns und Diplomaten lässt sich kein klares Profil ableiten. Aus den Tätigkeiten wie Lehre und Forschungist erkennbar, welche Kompetenzen von einer Professorin oder einem Professor gefordert werden. Bei-spielsweise sind didaktische Kompetenzen erforderlich, um gute Lehrangebote zu entwickeln. Auch sindwertschätzende Kommunikationsfähigkeiten eine Voraussetzung, um mit den Studierenden und Kollegenerfolgreich zusammenarbeiten zu können. Zudem ist in der Forschung die Kenntnis der Drittmittelverga-be sowie die Fähigkeit, Drittmittelanträge zu schreiben und wirtschaftlich umzusetzen, zentral. Diese Bei-spiele zeigen auf, wodurch die Tätigkeiten „Lehre“, „Zusammenarbeit“ und „Forschen“ erfolgreich durch-geführt werden.

Kognitive Kompetenzenl Neues lernen könnenl Probleme erkennen und lösen könnenl Logisch-abstraktes Denkenl Konzeptionelles Denkenl Transferfähigkeit

Kognitive Kompetenzen Fach- und Methodenkompetenzen

Sozial-kommunikative Kompetenzen Personale Kompetenzen

Kompetenzprofil

Kognitive Kompetenzen Fach- und Methodenkompetenzen

Sozial-kommunikative Kompetenzen Personale Kompetenzen

Kompetenzprofil

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Arbeitshilfen | Kompetenzprofil Wissenschaft

57Weiterbildung4|2016

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Fach- und Methodenkompetenzenl Vertiefte Fach-/Theoriekenntnissel Übergreifende Kenntnisse des Fachgebietsl Vertiefte Kenntnisse fachspezifischer Methoden und Verfahrenl Didaktische Fähigkeitenl Kenntnisse wissenschaftlichen Arbeitensl Projektmanagementfähigkeitenl Präsentationsfähigkeitl Zeitmanagement-Methodenl Prüfungs- und Evaluationskenntnissel Kenntnisse zu Drittmittelvergabe, -anträgen, -verwaltung

Sozial-kommunikative Kompetenzenl Kommunikationsfähigkeitl Kritik- und Konfliktfähigkeitl Kontaktfähigkeit/Empathiel Beratungsfähigkeitl Führungsfähigkeitl Kooperations- und Teamfähigkeitl Durchsetzungsfähigkeitl Diskussionsfähigkeitl Studierendenorientierungl Schriftliche und mündliche Ausdrucksfähigkeit

Kognitive Kompetenzen Fach- und Methodenkompetenzen

Sozial-kommunikative Kompetenzen Personale Kompetenzen

Kompetenzprofil

Kognitive Kompetenzen Fach- und Methodenkompetenzen

Sozial-kommunikative Kompetenzen Personale Kompetenzen

Kompetenzprofil

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Arbeitshilfen | Kompetenzprofil Wissenschaft

58 Weiterbildung4|2016

Personale Kompetenzenl Selbstständiges Arbeitenl Eigeninitiativel Kreativitätl Leistungsfähigkeitl Autorität/Glaubwürdigkeitl Zuverlässigkeitl Selbstmanagementfähigkeitenl Flexibilitätl Lernbereitschaftl Reflexionsfähigkeit

TippDie Arbeitshilfe „Kompetenzprofil Wissenschaft – Wissen, was ich kann und weiß“ zeigt Ihnen auf, wie SieIhr Kompetenzprofil erstellen können. So haben Sie und potenzielle Arbeitgeber in Wissenschaft und Wirt-schaft einen guten Überblick, was Sie Ihrer Selbsteinschätzung nach tatsächlich können. Um Ihren per-sönlichen Trainings- und Coaching-Bedarf zu ermitteln, ist es sinnvoll, die Kompetenzen in ihrer Ausprä-gung auf einer Skala zu bewerten. Nutzen Sie die Analyse Ihrer Kompetenzen, um bei ihren Bewerbungenan Universitäten und bei Unternehmen zu überzeugen.

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Kognitive Kompetenzen Fach- und Methodenkompetenzen

Sozial-kommunikative Kompetenzen Personale Kompetenzen

Kompetenzprofil