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PHYSIOLOGIE Gut strukturiert Waren es in der 3. Auflage moder- ne molekularbiologische und biophysikalische Forschungstechni- ken, die dieses zeitgemäße Lehr- buch prägten, so sind in der noch- mals aktualisierten 4. Auflage weitere Details in Form neuer Hypothesen und kontrovers disku- tierter Sachverhalte dazugekom- men. Optisch fallen dabei sogleich die 32 technisch hochklassigen Farbtafeln auf, die sich beispiels- weise mit phagozytierenden Im- munzellen oder mit Biolumines- zenz befassen. Die breit gefächerte Themenpalette und die gut struk- turierte Aufbereitung der Lern- inhalte machen das Buch zu einer hilfreichen Lern- und Nachschlag- Lektüre für Studierende der „Life Sciences“ aus allen Bereichen. So stellen die Autoren die Abhän- gigkeitsbeziehungen zwischen hetero- und autotrophem Stoff- wechsel den ausführlich bearbeite- ten Kapiteln zu Energiehaushalt und Funktionen der daran beteilig- ten Organe als Hinführung voran. Kürzer betrachtet werden dagegen membrangebundene Transportvor- gänge, der Wasserhaushalt sowie Vorgänge der Muskeltätigkeit. Weitere Kapitel befassen sich mit Immunologie, Herz-Kreislauf- Funktionen, vegetativen und hormonellen Regelungsprozessen. Besonders hervorzuheben sind diejenigen Abschnitte, in denen es um elektrophysiologische Vorgän- ge geht. Die dazugehörigen Zu- sammenhänge aus der Biophysik und Biochemie sind erfahrungsge- mäß eher „abschreckend“ für den Lernenden. Aber dem Autorenteam gelingt es, diese Themen inhaltlich und fachsprachlich zu „entschär- fen“ und durch – wo es sich anbie- tet – Bezugnahme auf Alltagsphä- nomene nachvollziehbar zu ma- chen. Das Gleiche gilt für die Immunbiologie, auch wenn „Pflan- zen und wirbellose Tiere vielerlei weitere antimikrobielle (...) Sub- stanzen mit zum Teil abenteuer- licher chemischer Struktur“ nicht „erfunden“ haben (S. 160). Neben dem Hör- und Sehsinn sowie den chemischen Sinnen wer- den mechanische Sinnesleistungen behandelt, mit Fokus auf beson- dere Sinnesleistungen, beispiels- weise der Objektwahrnehmung und Körperkontrolle bei Dunkel- heit und Stille. Kurze Kapitel zu Lernvorgängen, Kommunikations-, Orientierungs- und Navigationsme- chanismen bei Wirbellosen, zu cir- cadianen und circannualen Rhyth- men und die Anpassungsstrategien an Extremstandorte runden das Themenangebot ab. Zu allen Kapi- teln gibt es Boxen mit vertiefenden Informationen und in den Fließtext integrierte Kästen mit unmittelbar ergänzenden Details, so physika- lisch und medizinisch relevante Fakten über die Niere, eine Ein- führung in die Historie der „Psy- chophysik“ oder die zunächst ver- blüffend anmutende, sich sehr spannend lesende Abhandlung „Geist und Seele – nichts als Che- mie und Physik?“. Dabei wird auch mal die eine oder andere Modell- vorstellung „geradegerückt“ oder „kritisch“ mit den „Terminologi- schen Eigenwilligkeiten der Physio- logen“ (S. 336, Potenziale einer Nervenzelle) abgerechnet. Ein Lehrbuch muss nicht nur trockene Theorie verbreiten, wie es uns die Autoren durch ihr Werk beweisen, nicht zuletzt den teilweise salop- pen Schreibstil: „Schnell in der Ar- beit, doch rasch erschöpft: die pha- sische Skelettmuskulatur“, S. 388, als ein Beispiel für die regelmäßig eingefügten, auf den Inhalt vorbe- reitenden Unterüberschriften. Wie der Titel schon andeutet, ist dies Kompendium eher auf die Tierphysiologie ausgerichtet. Aber auch zu Struktur- und Funktionsbe- ziehungen im menschlichen Kör- per gibt es viel Wissenswertes. Wo nötig gehen die Autoren über die eigentliche Physiologie hinaus und schalten die zum Verständnis not- MAGAZIN | BÜCHER 278 | Biol. Unserer Zeit | 4/2010 (40) www.biuz.de © 2010 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim wendigen anatomischen Grundla- gen vor. Die klaren, auf das Wesent- liche reduzierten Schemaabbildun- gen sind eine adäquate Verständ- nishilfe. Als zusätzliche Lernhilfe erweisen sich die Zusammenfas- sungen am Ende eines jeden Kapi- tels. Wer erst einmal probeweise einige Passagen gelesen hat, wird bald Lust auf mehr bekommen und sich die „Tier- und Humanphysiolo- gie“ als angemessene Lektüre ins- besondere zur Prüfungsvorberei- tung sicherlich gerne anschaffen. Tier- und Humanphysiologie – Eine Einführung. W. Müller, S. Frings, 4. überarb. u. aktualisierte Aufl., Springer, Heidelberg, 2009. 674 S., 49,95 R. ISBN 978-3-642-00461-2. Christiane Högermann, Osnabrück HYDROLOGIE Wasserzeichen Wenn sich Strömungstechniker, Naturwissenschaftler, Designer und Erlebnispädagogen mit dem Naturstoff Wasser befassen, darf man auf das Ergebnis gespannt sein: Obwohl im Prinzip nur eine dreiatomige Verbindung, sind Wassermoleküle mit ihren vielen Anomalien und Wirkungen unab- sehbar folgenreich. Viele seiner ungewöhnlichen Eigenschaften zeigt das Wasser vor allem als fließende Flüssigkeit, als bewegtes und bewegendes Medium, und genau davon handelt dieses Buch.

Tier- und Humanphysiologie – Eine Einführung. Von W. Müller und S. Frings

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PH YS I O LO G I E

Gut strukturiertWaren es in der 3. Auflage moder-ne molekularbiologische undbiophysikalische Forschungstechni-ken, die dieses zeitgemäße Lehr-buch prägten, so sind in der noch-mals aktualisierten 4. Auflageweitere Details in Form neuerHypothesen und kontrovers disku-tierter Sachverhalte dazugekom-men. Optisch fallen dabei sogleichdie 32 technisch hochklassigenFarbtafeln auf, die sich beispiels-weise mit phagozytierenden Im-munzellen oder mit Biolumines-zenz befassen. Die breit gefächerteThemenpalette und die gut struk-turierte Aufbereitung der Lern-inhalte machen das Buch zu einerhilfreichen Lern- und Nachschlag-Lektüre für Studierende der „LifeSciences“ aus allen Bereichen. So stellen die Autoren die Abhän-gigkeitsbeziehungen zwischenhetero- und autotrophem Stoff-wechsel den ausführlich bearbeite-ten Kapiteln zu Energiehaushaltund Funktionen der daran beteilig-ten Organe als Hinführung voran.Kürzer betrachtet werden dagegenmembrangebundene Transportvor-gänge, der Wasserhaushalt sowieVorgänge der Muskeltätigkeit.Weitere Kapitel befassen sich mitImmunologie, Herz-Kreislauf-Funktionen, vegetativen undhormonellen Regelungsprozessen.Besonders hervorzuheben sinddiejenigen Abschnitte, in denen esum elektrophysiologische Vorgän-ge geht. Die dazugehörigen Zu-sammenhänge aus der Biophysikund Biochemie sind erfahrungsge-mäß eher „abschreckend“ für denLernenden. Aber dem Autorenteamgelingt es, diese Themen inhaltlichund fachsprachlich zu „entschär-fen“ und durch – wo es sich anbie-tet – Bezugnahme auf Alltagsphä-nomene nachvollziehbar zu ma-chen. Das Gleiche gilt für dieImmunbiologie, auch wenn „Pflan-zen und wirbellose Tiere vielerlei

weitere antimikrobielle (...) Sub-stanzen mit zum Teil abenteuer-licher chemischer Struktur“ nicht„erfunden“ haben (S. 160).

Neben dem Hör- und Sehsinnsowie den chemischen Sinnen wer-den mechanische Sinnesleistungenbehandelt, mit Fokus auf beson-dere Sinnesleistungen, beispiels-weise der Objektwahrnehmungund Körperkontrolle bei Dunkel-heit und Stille. Kurze Kapitel zuLernvorgängen, Kommunikations-,Orientierungs- und Navigationsme-chanismen bei Wirbellosen, zu cir-cadianen und circannualen Rhyth-men und die Anpassungsstrategienan Extremstandorte runden dasThemenangebot ab. Zu allen Kapi-teln gibt es Boxen mit vertiefendenInformationen und in den Fließtextintegrierte Kästen mit unmittelbarergänzenden Details, so physika-lisch und medizinisch relevanteFakten über die Niere, eine Ein-führung in die Historie der „Psy-chophysik“ oder die zunächst ver-blüffend anmutende, sich sehrspannend lesende Abhandlung„Geist und Seele – nichts als Che-mie und Physik?“. Dabei wird auchmal die eine oder andere Modell-vorstellung „geradegerückt“ oder„kritisch“ mit den „Terminologi-schen Eigenwilligkeiten der Physio-logen“ (S. 336, Potenziale einerNervenzelle) abgerechnet. EinLehrbuch muss nicht nur trockeneTheorie verbreiten, wie es uns dieAutoren durch ihr Werk beweisen,nicht zuletzt den teilweise salop-pen Schreibstil: „Schnell in der Ar-beit, doch rasch erschöpft: die pha-sische Skelettmuskulatur“, S. 388,als ein Beispiel für die regelmäßigeingefügten, auf den Inhalt vorbe-reitenden Unterüberschriften.

Wie der Titel schon andeutet,ist dies Kompendium eher auf dieTierphysiologie ausgerichtet. Aberauch zu Struktur- und Funktionsbe-ziehungen im menschlichen Kör-per gibt es viel Wissenswertes. Wonötig gehen die Autoren über dieeigentliche Physiologie hinaus undschalten die zum Verständnis not-

M AG A Z I N | B Ü C H E R

278 | Biol. Unserer Zeit | 4/2010 (40) www.biuz.de © 2010 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

wendigen anatomischen Grundla-gen vor. Die klaren, auf das Wesent-liche reduzierten Schemaabbildun-gen sind eine adäquate Verständ-nishilfe. Als zusätzliche Lernhilfeerweisen sich die Zusammenfas-sungen am Ende eines jeden Kapi-tels.

Wer erst einmal probeweiseeinige Passagen gelesen hat, wirdbald Lust auf mehr bekommen undsich die „Tier- und Humanphysiolo-gie“ als angemessene Lektüre ins-besondere zur Prüfungsvorberei-tung sicherlich gerne anschaffen.

Tier- und Humanphysiologie – Eine Einführung. W. Müller, S. Frings, 4. überarb. u. aktualisierte Aufl., Springer,Heidelberg, 2009. 674 S., 49,95 R.ISBN 978-3-642-00461-2.

Christiane Högermann,Osnabrück

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WasserzeichenWenn sich Strömungstechniker,Naturwissenschaftler, Designerund Erlebnispädagogen mit demNaturstoff Wasser befassen, darfman auf das Ergebnis gespanntsein: Obwohl im Prinzip nur einedreiatomige Verbindung, sindWassermoleküle mit ihren vielenAnomalien und Wirkungen unab-sehbar folgenreich. Viele seinerungewöhnlichen Eigenschaftenzeigt das Wasser vor allem alsfließende Flüssigkeit, als bewegtesund bewegendes Medium, undgenau davon handelt dieses Buch.