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Ton, Stein und Stuck. Materialaspekte in der Bilderfrage des Früh- und Hochmittelalters Author(s): Hans-Rudolf Meier Source: Marburger Jahrbuch für Kunstwissenschaft, 30. Bd. (2003), pp. 35-52 Published by: Verlag des Kunstgeschichtlichen Seminars der Philipps-Universität Marburg Stable URL: http://www.jstor.org/stable/1348745 . Accessed: 20/08/2013 15:12 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . Verlag des Kunstgeschichtlichen Seminars der Philipps-Universität Marburg is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to Marburger Jahrbuch für Kunstwissenschaft. http://www.jstor.org This content downloaded from 143.207.2.50 on Tue, 20 Aug 2013 15:12:21 PM All use subject to JSTOR Terms and Conditions

Ton, Stein und Stuck. Materialaspekte in der Bilderfrage des Früh- und Hochmittelalters

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Ton, Stein und Stuck. Materialaspekte in der Bilderfrage des Früh- und HochmittelaltersAuthor(s): Hans-Rudolf MeierSource: Marburger Jahrbuch für Kunstwissenschaft, 30. Bd. (2003), pp. 35-52Published by: Verlag des Kunstgeschichtlichen Seminars der Philipps-Universität MarburgStable URL: http://www.jstor.org/stable/1348745 .

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TON, STEIN UND STUCK

Materialaspekte in der Bilderfrage des Frih- und Hochmittelalters

Hans-Rudolf Meier

+ CVM PETRA SIT DICTVS STABILI P[ro] NVMINE / XPC ILLIVS / IN SAXO SATIS APTE CONSTAT IMAGO - diese Verse rahmen das Relief des thronenden Salvators, das den Mit-

telpfeiler des Doppelnischenportals der ehemali- gen Benediktinerabtei St. Emmeram in Regens- burg ziert (Abb. 1).1 Sie erliutern damit ein Fak- tum, das auf den ersten Blick banal erscheinen mag, namlich die Tatsache, dafi dieses Relief aus Stein gefertigt ist. Erst angesichts der Datierung ins mitt- lere 11. Jahrhundert und damit in die Friihzeit je- ner Epoche, in der nach einem halben Jahrtausend Unterbrechung sich groBffigurige dreidimensiona- le Steinskulptur allmahlich wieder etablierte, ge- winnt die Thematisierung des Werkstoffs im Sal- vator-Relief an Bedeutung und Interesse. Die Da- tierung des Reliefs laft sich aus einer weiteren Inschrift erschlietfen, welche das Stiftermedaillon am Suppedaneum Christi umgibt und den als Bii- ste dargestellten Auftraggeber nennt: ABBA RE- GINWARDVS HOC FARE IVSSIT OPVS. Abt Reginward amtierte von 1048 bis 1064 als Vorste- her der M6nche von St. Emmeram und verfolgte in dieser Zeit ehrgeizige Plane fur sein Kloster, die er nicht zuletzt mit kiinstlerischen Mitteln zu reali- sieren trachtete. Darauf wird abschlieftend zu- ruckzukommen sein; vorerst soll der in der In- schrift angesprochenen Materialthematik nachge- gangen und ihre Bedeutung fir die Bilderfrage des Friihmittelalters untersucht werden.

Inhaltlich rekurriert die Salvator-Inschrift mit dem Begriffspaar ,,petra" und ,,saxum" zwar auf die neutestamentlichen Metaphern, in denen Chri- stus in jeweils unterschiedlicher Weise als Fels oder Stein bezeichnet wird, doch greifen die Verse nicht wortlich auf eine Stelle in der Vulgata zuriick. Zu- sammen treten ,,petra" und ,,saxum" im Neuen Te- stament lediglich einmal auf und dies ausgerechnet

in einem Kontext ohne grofge sinnbildliche Kraft: Im Matthaus-Evangelium (27, 60) wird beschrie- ben, wie Josef von Arimathaa sein eigenes, eben er- worbenes Grab fur den Leichnam Christi zur Ver- fiugung stellt. Lapidar heifit es da: ,,et posuit illud in monumento suo novo quod exciderat petra et ad- volvit saxum magnum ad ostium monumenti et abiit." Fuir ,,saxum" ist dies iiberhaupt der einzige Nachweis im Neuen Testament, wahrend ,,petra" mehrfach und in verschiedenen Zusammenhangen genannt wird: als Grundlage eines festen Funda- ments (Mt 7, 24f.; 16, 18; Lk 6, 48), als Fels, der im Augenblick des Todes Christi am Kreuz gespalten wird (Mt 27, 51), in den sein Grab gehauen ist (Mk 15,46) oder in dessen Kliiften sich beim Offnen des sechsten Siegels die Machtigen der Welt verstecken (Off 6, 15f.), autferdem als humuslose Oberflache, aufwelcher der Samen verdorrt (Lk 8, 6 und 13). Im 1. Korintherbrief (10, 4) schreibt Paulus vom ,,geistlichen Fels", der Christus war, und mit die- sem Sinngehalt erscheint ,,petra" auch im R6- merbrief (9, 33) und im 1. Petrusbrief (2, 8), wo der ,,Fels des Argernisses (petra scandali)" synonym zum ,,Stein des Anstoftes (lapis offensionis)" ge- nannt wird. ,,Lapis" ist denn auch der Begriff, der in den biblischen Texten fur Steinmetaphern weit- aus am haufigsten gebraucht wird. Bei den Synop- tikern und in der Apostelgeschichte beispielsweise in dem bereits in Psalm 118, 22 gepragten Bild vom Stein, den die Bauleute verworfen haben und der zum Eckstein wird, als solcher auch im Epheser- brief und im 1. Petrusbrief als lebendiger Stein, den die Menschen verp6nt haben.2 Es ist also primar der funktionale Aspekt als Werkstiick, der mit ,,la- pis" bezeichnet wird, wahrend ,,petra" eher fir die materiellen Qualitaten, vor allem die Festigkeit steht. Eine scharfe Trennung der Termini erscheint freilich weder m6glich noch n6tig, ist doch mit ,,la-

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1 Regensburg, St. Emmeram, Hauptportal, Salvatorrelief

pis offensionis" und ,,petra scandali" schon in den Apostelbriefen im Dienste der Satzrhetorik eine synonyme Verwendung zweier Bezeichnungen fiir ,Stein' feststellbar.

Diese begriffliche Pluralitit setzt sich fort in der Exegese der entsprechenden Bibelstellen, und auch in der iibrigen Literatur friiher kirchlicher Autoren werden die Steinmetaphern in unter- schiedlicher Weise kombiniert. Eusebius von Ca- sarea etwa spricht in seiner Festpredigt zur Weihe der Kathedrale von Tyros von den ,,lebendigen und starken und festen Steinen der Seelen", die sich im Kirchengebiude offenbarten.3 Dem Wortsinn der Regensburger Inschrift niher kommen wir dann mit Hrabanus Maurus' Enzyklopidie ,De universo', die der einstige Abt von Fulda nach der

Niederlegung seiner Abtswiirde im Jahre 842 ver- fafite und Ludwig dem Frommen widmete. Hra- banus fiihrt unter der Kapiteliiberschrift ,De lapi- dibus vulgaribus' zuerst die aus den ,Etymologiae' von Isidor von Sevilla iibernommenen Begriffser- klirungen und Qualitaten der Steine auf. Anschlie- fiend konstatiert er die Bedeutungsvielfalt der

Steinmetapher: ,,Lapis vel petra multiplicem signi- ficationem habet." Doch, so fihrt er fort (immer noch auf ,,lapis vel petra" bezogen): ,,Aliquando enim significat Christum propter firmitatem fidei

atque soliditatem veritatis",4 womit Hrabanus - wie in der Inschrift von St. Emmeram - die Dau- erhaftigkeit des Materials mit dem unerschuitterli- chen Glauben Christi zusammenbringt. Wihrend in der Regensburger Inschrift mit ,,numen" und

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,,imago" ein zweites Begriffspaar die Bildwerdung dieses Gedankens thematisiert, ist eine solche skulpturale Umsetzung fir den karolingischen Abt und Enzyklopadisten kein Thema - was an- gesichts des iiberlieferten Bestandes an karolingi- schen Kunstwerken nicht erstaunt.

Gr6ofere plastische Bildwerke aus Stein sind we- der aus der Zeit des Hrabanus noch aus den Jahr- hunderten davor erhalten und scheinen noch min- destens weitere hundert Jahre kaum gefertigt wor- den zu sein. Zwar gibt es aus karolingischer Zeit Schriftzeugnisse, die von steinernen Skulpturen be- richten, doch sind bisher alle Versuche, sie mit er- haltenen Werken zu verbinden und so ein Corpus figiirlicher karolingischer Steinplastik zusammen- zustellen, gescheitert. Fur keine der vor allem von Christian Beutler prasentierten Steinfiguren hat sich die karolingische Datierung in der Forschung durchsetzen konnen. 5 Ein typisches Beispiel fir die schriftliche Uberlieferung sind die ,Versus de ever- sione monasterii Glonnensis'. Sie berichten, dag in der Zeit zwischen 848 und 851 der gegen Karl den Kahlen aufstandische Bretonenherzog Nomenoi von den Monchen des Klosters Glanfeuil ein prach- tiges Standbild forderte, das auf dem nach Osten ge- richteten Giebel anzubringen sei: ,,jubet suam mox statuam effigiari splendidam."6 Diese Statue sollte ein Zeichen dafiir sein, dagf der Herzog Karl als Herren nicht fiirchte. Der von den konigstreuen Monchen benachrichtigte Karl befahl daraufhin, dafg das herzogliche Geld fir sein eigenes Standbild zu verwenden sei, das aus weigfem Stein gefertigt und an Stelle der geplanten Herzogsstatue aufzu- stellen sei: ,,Illius albo lapide sculpta visus imagine / quam ponerent pinnaculo ad Orientem patulo." Ob es aber solche Statuen tatsaichlich gegeben hat oder ob hier vielmehr der Topos der Herrschersta- tue als Sinnbild der politischen Gewalt zitiert wird, wissen wir nicht. Auch mufg offen bleiben, welches Material allenfalls mit ,,weifgem Stein" gemeint war. Doch selbst wenn Herrscherbilder effektiv die sprichwortliche Ausnahme von der Regel gebildet haben sollten, so besteht noch immer weitgehend Konsens dariiber, dafi die grotfformatige figiirliche Steinplastik sich erst nach der ersten Jahrtausend- wende wieder etablieren konnte.7

Zu sehr galt zuvor noch das friihchristliche Ver- dikt gegen die Idolatrie als ,,principale crimen ge-

neris humani",8 ein Bann, der sich nicht nur auf Form und Inhalt der paganen Bildwerke bezog, sondern seinen Schatten auch auf das Material warf. Aus einer Vielzahl von Belegen sei hier nur Hieronymus' ,,Beschreibung" des Kalvarienbergs zitiert, wo davon die Rede ist, dagf an diesem Ort in hadrianischer Zeit eine Marmorstatue der Venus (,,statua ex marmore Veneris") gestanden habe.9 Augustin wiederum setzte in seinem Kommentar zu Psalm 96, 7 (97, 7) die ,,scultilia", die ,,G6tzen- bilder", mit Steinskulpturen gleich, seien doch de- ren Verehrer jene, ,,qui adorant lapides".10 Da die steinernen Gotterbilder zumeist aus Marmor ge- fertigt waren, wird das Material haufig metony- misch fiir die Bildwerke genannt. 11 So auch bei den - letztlich gescheiterten - Versuchen von Pruden- tius, den Kunstwert der antiken Statuen von ihrer einstigen Funktion zu trennen und sie als Kunst- werke, als ,,monumenta artis", zu bewahren. ,,Tunc pura ab omni sanguine / tandem nitebunt marmo- ra" heift es im ,Peristephanon', und in der Rede ge- gen Symmachus folgt die Aufforderung ,,Marmora tabenti respergine tincta lauate".12 Noch im friihen 13. Jahrhundert berichtet Magister Gregorius iiber Papst Gregor den Grofgen, dafi dieser ,,signa mar- morea" zerstort habe, womit pagane Bildwerke ge- meint sind.13 Auch in den zahlreichen hoch- und spatmittelalterlichen Legenden, die sich um antike Venusstatuen ranken, wird beinahe zwangslaufig hervorgehoben, dag diese aus Marmor geschaffen seien.14 Nun ist die Gleichsetzung eines Teils be- ziehungsweise einer Qualitat fiir das Ganze, wie sie insbesondere in den Versen von Prudentius deut- lich wird, eine beliebte rhetorische Figur; mogli- cherweise ist sie aber noch mehr als das und liege sich als Hinweis auf eine synchrone Wahrnehmung von Sujet und Material, als Mitwahrnehmung des Mediums verstehen. Dies jedenfalls, wenn man mit Michael Podro das Medium als ,,material in use" definiert, das auf die ikonische Aquivalenz von Su- jet und Material hin tendiert.15 Dafg die Figuren aus Marmor bestanden, der zugleich zum Inbegriff des skulptural bearbeiteten Steins geworden war, scheint den Idolatrievorwurf begiinstigt zu haben. Die Vermutung liegt nahe - so meine These - darin mit einen Grund zu sehen, warum noch in Regens- burg die Bildwerke aus Stein eine theologische Rechtfertigung benotigten.

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2 Cividale, S. Maria in Valle, Stuckfiguren weiblicher Heiliger an der Ostwand

Friihmittelalterliche Stuckfiguren

Dafg die Liicke zwischen Spatantike und Romanik im Bestand an Steinplastik jedenfalls nicht der Un-

gunst der Uberlieferung in den dark ages zuzu- schreiben ist, wird indirekt am betrachtlichen Be- stand deutlich, der sich vom wesentlich unbestan-

digeren Material Stuck aus dem Friihmittelalter erhalten hat. Vor allem aus dem 8. / 9. Jahrhundert - und damit aus jener Zeit, in der Hrabanus sein zi- tiertes Werk verfafite - sind Stuckplastiken seit lan-

gem bekannt, und in den letzten Jahrzehnten konnte der Bestand friihmittelalterlicher Figuren

aus demselben Material durch zahlreiche archaolo- gische Fundstiicke vermehrt werden.

Zu den Standardbeispielen der fruhmittelalterli- chen Kunstgeschichte gehoren die nahezu vollpla- stischen und ungefahr lebensgrof3en weiblichen Heiligenfiguren in S. Maria in Valle, dem soge- nannten Tempietto Longobardo, in Cividale, die einen qualitativen Hohepunkt der friihmittelalter- lichen Plastik iiberhaupt darstellen (Abb. 2). Die Datierung und die Frage der Herkunft der Kiinst- ler sind noch immer umstritten, wobei es in der Zeitbestimmung weniger um grofge numerische Differenzen geht als vielmehr darum, ob die Figu-

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ren vor oder nach der Eroberung des Langobar- denreichs durch die Karolinger im Jahre 774 ge- schaffen wurden.16 Es geht letztlich immer noch um die alte Frage, ob die Kunst der Langobarden- zeit als eine der Wurzeln der sogenannten karolin- gischen Renaissance zu verstehen ist oder ob erst die Karolinger qualitativ hochstehende Werke in Oberitalien eingefiihrt haben, eine Frage, die frei- lich durch jiingere kunstwissenschaftliche Studien zugunsten der Langobarden entschieden werden konnte.17

Unter den nordalpinen Stuckarbeiten des Friih- mittelalters sind an erster Stelle die lebensgrofgen Figuren im sogenannten Johannes-Chor des spit- karolingischen Westwerks in Corvey zu nennen, deren Sinopien erst vor wenigen Jahren entdeckt wurden und mit Stuckfragmenten, die bereits in den 1960er Jahren als Bodenfunde geborgen wor- den waren, zusammengebracht werden konnten.18 In ihrem Habitus mit kurzer Tunika und Chlamys erinnern die Corveyer Figuren an die Stuckstatue von Karl dem Grofgen in Miistair, deren Datierung nach wie vor umstritten ist, wobei in jiingster Zeit einer Entstehung im 11. Jahrhundert gegeniiber der karolingischen oder spatromanischen der Vorzug gegeben wird.19

Neben diesen spektakularen Beispielen belegen zahlreiche Alt- und Neufunde aus ganz Europa die weite Verbreitung gr6oferer figiirlicher Stuckplasti- ken auch bereits in vorkarolingischer Zeit: Im Be- nediktinerkloster Disentis in Graubiinden wurden bereits 1908 und dann erneut anlaflich der Gra- bungen 1980-83 insgesamt rund 10'000 zum Teil fi- giirliche Stuckfragmente gefunden (Abb. 3).20 We- nigstens ein Kopffragment stammt aus dem Ab- bruchschutt des vorkarolingischen Gotteshauses und gelangte beim Bau der karolingischen Martins- kirche in deren Fundierung, so dafi seine Entste- hung vor der Karolingerzeit stratigrafisch bezeugt ist. Als Bildthemen konnte man fur die Stuckdeko- ration in Disentis bisher Apostel, eine monumen- tale Christusfigur, Evangelistendarstellungen so- wie weibliche und wahrscheinlich auch mannliche Heilige rekonstruieren. Deutlich wird an den bis- lang bekannten Fragmenten die Bedeutung der kraftigen Bemalung: Erst durch sie gewinnen die im Vergleich zu den Heiligenfiguren von Cividale wesentlich rudimentarer gestalteten Disentiser Fi-

3 Disentis, Klostermuseum, Stuckfragmente aus der Martinskirche

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guren an plastischem Profil. Dasselbe gilt fur die Stuckreste aus Vouneuil-sous-Biard, die den Frag- menten aus Disentis in Machart und Farbigkeit sehr nahe stehen. Die heute im Musee Sainte-Croix in Poitiers aufbewahrten Funde stammen aus ei- nem friihmittelalterlichen Vorgangerbau der ehe- maligen Pfarrkirche St-Pierre, der iiber einer gallo- romischen Villa errichtet und 1984 archaologisch erforscht wurde.21 Diese erste Vorgangerkirche, zu deren Ausstattung die Stuckfiguren gehorten, wird ins 7. oder in die erste Halfte des 8. Jahrhunderts datiert. Fur die Stuckfragmente hat Marie-Therese Camus zuletzt aufgrund der Nahe zu den Funden in Disentis die erste Halfte des 8. Jahrhundert vor-

geschlagen und damit den friiher postulierten Zu-

sammenhang mit der karolingischen Renaissance

aufgegeben. Diese und weitere Neufunde haben die friih- und

hochmittelalterliche Stuckplastik in den letzten Jahren wieder zu einem vitalen Thema kunstge- schichtlicher Forschung werden lassen: Eine ICO-

MOS-Tagung in Hildesheim fafite im Juni 1995

Umfang und Verbreitung des Bestandes an friher

Stuckplastik sowie den Stand ihrer Forschung ein- driicklich zusammen.22 Inzwischen ist auch eine

Nachfolgetagung publiziert, die im Marz 2000 vom

Graduiertenkolleg ,Kunstwissenschaft - Baufor-

schung - Denkmalpflege' in Bamberg durchgefiihrt wurde und sich mit den jiingeren Stuckzeugnissen des Hoch- und Spatmittelalters beschaftigte.23 Die

Tagungsbande beider Kolloquien sind Grundlagen jeder weiteren Forschung iiber diese Gattung. Ne- ben der Fiille an prasentierten Beispielen sind es vor allem die technologischen Aspekte, die kiinftigen Arbeiten eine neue Differenziertheit erlauben soll- ten. Nicht diskutiert wurde allerdings die Frage, ob die im Vergleich zur Steinskulptur ungleich gro6fere Verbreitung von Stuckplastik im Friihmittelalter nicht auch Aspekte enthalten habe, die mit der Se- mantik der spezifischen Materialien zusammen-

hangen. Diese Frage hat etwa gleichzeitig, aber un-

abhangig von der Hildesheimer Tagung Berthold Hinz angesprochen und zwar im Zusammenhang mit Herrscherstatuen. Die oben zitierte Schrift-

quelle zu den Auseinandersetzungen im bretoni- schen Kloster Glanfeuil ist ein Beleg fur deren Kenntnis und Bedeutung bereits in karolingischer Zeit. Materielle Zeugen von plastischen Herrscher-

figuren dieser Zeit konnten die erwahnten Neuent- deckungen im Corveyer Westwerk oder - folgt man der Friihdatierung - die Karlsstatue in der Kloster- kirche Miistair sein. Hinz nimmt an, dag ,,fiir die

wenigen Beispiele profaner Plastik" aus vorroma- nischer Zeit ,,eng begrenzte Konditionen" galten. ,,Es hat den Anschein, dafB der dafiir iiberwiegend verwendete Werkstoff, namlich Stuck / Gips, als Material eine Aussage enthielt, die aufgrund des minderen Wertes und der minderen Bestandigkeit Ausnahmen vom allgemeinen Skulptur-Verdikt er- leichterte."24 Die Verganglichkeit des Abbildes ware damit der Verganglichkeit des menschlichen

Korpers angemessen. Bei Hrabanus Maurus und in dessen Quelle, den ,Etymologiae' des 636 verstor- benen Isidor von Sevilla, wird zum Stichwort ,,Cor- pus" im Kapitel ,de homine' gerade dies - die Ver-

ganglichkeit - als Hauptcharakteristikum des menschlichen K6rpers hervorgehoben: ,,Solubile enim atque mortale est, et aliquando solvendum."25 Ein weiterer Hinweis, der den Befund der Uberlie-

ferung stiitzt, findet sich in Hrabanus' Enzyklopa- die dort, wo mit dem Stuck, anders als im Abschnitt uiber Stein, das plastische Gestalten thematisiert wird. In Buch 21, cap. 8 von ,De universo' heift es: ,,De plastis: Plastice est parietum ex gypso effigies signaque exprimere, pingereque coloribus. Plattein autem dictum Graece, quod Latine est fingere terra vel gypso similitudines. Nam et impressa argilla formam aliquam facere, plastis est, unde et proto- plastus est dictus homo, qui ex limo primus est con- ditus."26 Nun stammt auch diese Sentenz nicht von Hrabanus selbst, sondern ist w6rtlich aus Isidors

,Etymologiae' (Buch 19, Kap. 15) iibernommen.27 Anders als im bereits erwahnten Stein-Kapitel er-

ganzt Hrabanus Isidors Text hier aber nicht mit Bi-

belexegesen, und anders als im Kapitel iiber die Holzhandwerker (,de Lignariis', cap. 12) verzichtet Hrabanus in seinem Lemma zur Plastik auch dar-

auf, die damals rund zweihundertjihrige Vorlage mit biblischen Verweisen gegen die Idolatrie kom- mentierend anzureichern. Die Ausfiihrungen zu Plastik und Stuck diirften folglich kein Problem be- inhaltet haben, das weiterer Erliuterungen bedurft

hatte, um fur karolingische Leser verstindlich und

akzeptabel zu erscheinen. Fur Isidor und Hrabanus ist das Arbeiten mit

Stuck beziehungsweise Gips also die Plastik schlecht-

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hin und ihre Nahe zur Malerei, die bei Hrabanus un- mittelbar im nachst anschlieBfenden Kapitel abge- handelt wird, evident. Das laift an die oben gezeigten Beispiele aus Disentis und Vouneuil-sous-Biard mit ihrer ganz offensichtlichen und fur deren Wirkung konstituierenden Bedeutung der Polychromie den- ken. Aber auch jiingere, hochmittelalterliche Stuck-

plastiken waren in der Regel kraftig koloriert, so daf Willibald Sauerlander - im konkreten Zusammen-

hang mit den Chorschranken von Hildesheim und Halberstadt - zu Recht bemerkte, Stuckfiguren ,,k6nnten ebenso gemalt sein wie skulptiert".28 Die- se Ahnlichkeit zur Malerei und damit auch die Bin-

dung an die Wand bedeutete eine wesentliche Diffe- renz zu den freiplastischen Figuren, den Idolen und ,,G6tzenbildern" der Antike, und begunstigte die

Akzeptanz von Stuckfiguren. Beispiele wie die ar- chitektonisch reich gerahmten figurlichen Reliefs im Baptisterium der Orthodoxen in Ravenna aus dem 3. Viertel des 5.Jahrhunderts oder die Beschrei-

bung einer Kirche durch Gregor von Nazianz, die dessen im Jahre 374 verstorbener Vater gegriindet und mit lebensechten ,,Plasmata", d. h. wohl Stuck-

figuren ausgestattet haben soll, belegen, dafB figiirli- che Dekorationen in diesem Material genau wie in den Gattungen Malerei und Mosaik bereits seit frihchristlicher Zeit fir Kirchenausstattungen ak- zeptiert waren. Dagegen sind Freiplastiken kaum anzutreffen, und die grofe Ausnahme - Konstantins Schenkung von lebensgrofgen Silberstatuen von Christus und den Aposteln in die Lateransbasilika -

fand typischerweise keine Nachfolge und wurde nach der Zerst6rung durch die Goten im fruihen 5. Jahrhundert nicht wieder hergestellt.29

Relieftendenz in der spdtantiken Plastik

Die Ursachen fur die Ablehnung von Statuen lagen freilich nicht allein im mosaischen Bilderverbot be- griindet, das grundsatzlich auch fur das triumphie- rende Christentum galt. Die Forschung hat langst einen allgemeinen, bereits im 3. Jahrhundert einset- zenden Bedeutungsriickgang der Plastik konsta- tiert;30 schon Alois Riegl hat die Veranderung des ,,Kunstwollens" der Spatantike in seiner ,Spatr6- mischen Kunstindustrie' in grundlegender Weise beschrieben. Zwar stellt er einleitend zu seinen

Ausfiihrungen zur Skulptur einen Riickgang an

,,Plastik in weichen Rohstoffen" fest, meint damit

allerdings Ton und Metall, wahrend er die Stuck- monumente ganzlich unberiicksichtigt lait.31 Dafg

Riegl der Materialfrage keine Bedeutung einraumt, erstaunt nicht, richtet er sich doch mit seinem te-

leologischen Ansatz explizit gegen die ,,materiali- stische Metaphysik" der Semperschen Kunsttheo- rie. Baue diese auf Gebrauchszweck, Rohstoff und Technik auf, so kamen diesen drei Faktoren nun keine positiv-sch6pferische, sondern nur mehr eine negativ hemmende Rolle zu.32 Fur den Bedeu-

tungsverlust der Rundplastik zugunsten der Reli- efs machte Riegl dann nicht den Zufall verantwort- lich, sondern sah darin ,,tiefere Griinde", die er im

,,Gegensatze der spatheidnisch-christlichen Welt-

anschauung zur vorangegangenen orientalisch- heidnischen und klassisch-heidnischen zu erblik- ken geneigt" war.33 Schon Varro und Seneca hatten

,,gegen das Ungereimte protestiert, das darin laige, das Gottliche als Statue in tote Stoffe gebannt zu denken; und der Neuplatonismus hat diese Stim-

mung zum Gemeingut fast aller Gebildeten im Rei- che erhoben." So sei vom 5. Jahrhundert an jeder Anschein, ,,als ob der Marmor geistigen Lebens fa- hig ware [...] als eine unstatthafte Materialisierung des Ewigen befunden" worden.34 Konkret ver- glich dann etwa Gerhart Rodenwaldt eine fur die immer seltenere Statuenproduktion der Spatantike typische Beamtenstatue aus Aphrodisias aus dem spaten 5. Jahrhundert in ihrer Flachigkeit der Vor- deransicht mit Mosaikfiguren, wahrend die Seiten- ansicht zur flachen Attrappe verkuimmert sei.35 Es sind jene Phanomene, welche fir die Gattung der figurlichen Grofgplastik der Spatantike die Fest- stellung zulassen, diese habe ihr Verschwinden zu- gunsten zweidimensionaler Darstellungen quasi in sich getragen: Der Verlust an Plastizitat und die Tendenz zur Frontalitat, durch welche Statuen des fortgeschrittenen 5. und 6. Jahrhunderts von der Seite betrachtet oft einen geradezu grotesken Wi- derspruch zur Frontalansicht zeigen. Sie erschei- nen masselos, gleichsam als Brett oder als Fassade geschaffen und damit fiir die Aufstellung in einer Nische oder vor einer Wand pradestiniert. Diese Bindung an die Flache hat wiederum die kirchliche Akzeptanz solcher Bildwerke gef6rdert, denn - wie juingst der Theologe Reinhard Hoeps mit Blick

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4 Venedig, San Marco, Genesiskuppel: Erschaffung Adams

auf byzantinische Marienbilder und -reliefs zur Zeit des zweiten Konzils von Nicaea bemerkte - diese wurden ,,dadurch legitimiert, dafi sie auf diese Weise der Differenz zwischen sichtbarer Erschei- nung und Entriickung zu Gott entsprachen. Der Status der Abbildlichkeit war in den bildnerischen Resultaten auch dann an die zwei Dimensionen der Fliche gebunden, wenn die theoretische Begriin- dung mit Argumenten der Sch6pfertatigkeit Got- tes oder seiner Fleischwerdung in Jesus Christus und also mit plastischen Kategorien operierte."36

,, Gebildet aus Erde vom Ackerboden" (Gen 2,7)

Hoeps spricht damit auch ein Argument an, das ne- ben der Nahe zur Malerei bereits Isidor und Hra- banus als Charakteristika der Stuckplastik auffiihr- ten: den Zusammenhang mit dem Sch6pfungsmy- thos der Genesis. Schon der Sch6pfer habe sich als Plastiker betatigt, wodurch das figiirliche Arbeiten mit Ton und - aufgrund der situativen und vor allem der kunsttechnologischen Nihe - auch mit Stuck / Gips legitimiert erscheint. Diese vielleicht seltsam erscheinende Parallelisierung von Stuck und Ton findet sich auch in den ,Libri carolini', wo ebenfalls auf die gemeinsame und gegeniiber dem Stein un- terschiedliche Verarbeitungsart insistiert wird, in-

dem in einer laingeren Aufzahlung der kiinstleri- schen Techniken das Arbeiten mit diesen beiden Materialien in ihnlicher Weise zusammengefafit wird wie zum Beispiel die Treibarbeiten aus Silber und Gold: ,,Ecce cernuntur plures stare imagines, quarum quaedam sunt colorum fucis conpaginate, quaedam auro argentove conflate, quaedam in ligno celatoris scalpello figurate, quaedam in marmore incise, quaedam in gypso vel testa formate."37

Mehrere Indizien lassen vermuten, die Argu- mentation mit dem biblischen Sch6pfungsmythos habe nicht nur der pers6nlichen Sichtweise von Isi- dor entsprochen, sondern sei weit verbreitet gewe- sen: So tritt der Sch6pfergott bildlich als Plastiker im Genesismosaik im Atrium von S. Marco in Ve- nedig in Erscheinung, wo nicht nur das plastisch handwerkliche Formen anschaulich gezeigt, son- dern Adam auch deutlich in der dunklen Farbe der Erde dargestellt wird (Abb. 4). Das Mosaik des 13. Jahrhunderts geht bekanntlich auf die 1731 ver- brannte Cotton-Genesis und damit auf eine Minia- turvorlage des 5. Jahrhunderts zuriick.38 Ob diese ihrerseits eine noch iltere Tradition spiegelt, ist in der Forschung bis heute umstritten. Unbestritten (und bereits von Tikkanen konstatiert) ist dagegen, dag das Bildformular des menschenformenden Sch6pfers Vorliufer in Prometheusdarstellungen hat. Die iltesten derartigen Bilder sind auf Gem-

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5 Prometheus-Sarkophagfragment, Madrid, Prado

men aus dem vierten vorchristlichen Jahrhundert iiberliefert. Ist auf diesen friihen Darstellungen stets nur Prometheus und der von ihm geschaffene Mensch abgebildet, so wird seit der friihen Kaiser- zeit das Bildformular erweitert um Athena, die den von Prometheus geformten Menschen beseelt.39 Es sind vor allem solche Szenen, die im 2. und 3. Jahr- hundert ofters auf Sarkophagen dargestellt sind (Abb. 5), wobei - dem Bildtrager bzw. Verwen- dungszweck angemessen - die Szenerie zu einem Zyklus erweitert wurde, der neben dem Entstehen auch das Vergehen, zuweilen auch die Wiederkehr umfafit. Diesen inhaltlichen Erweiterungen brau- chen wir hier nicht zu folgen; es geniigt festzuhal- ten, dafi durch die Prometheuslegende das Motiv des sitzenden bartigen Schopfers, der ein Bildwerk in Menschengestalt formt, vorgegeben war.

Allerdings mag dabei eine Detaildifferenz zu den nachfolgenden christlichen Bildern charakte- ristisch sein: Das auf Prometheussarkophagen hau- fig anzutreffende Postament, auf der die Men- schenplastik steht, fehlt in der biblischen Szene, da damit wohl allzusehr ein Statuensockel und damit wieder eine gefahrliche Nahe zu Idolen evoziert worden w.re.40

Zeitlich zwischen den Prometheussarkophagen und der Cotton-Genesis liegen die friihchristlichen Sarkophage des 4. Jahrhunderts mit Genesissze-

nen, die Helga Kaiser-Minn untersucht hat. Ihr Hauptinteresse gait dabei der ,Verwandtschaft zwischen diesen paganen und christlichen Monu- menten".41 Im Bemiihen, auf verschiedenen Ebe- nen die Gemeinsamkeiten zu betonen, und frei von jedem Blick fur Gender-Aspekte hat Kaiser-Minn nicht thematisiert, dagi auf keinem der Genesissar-

kophage gesichert eine Erschaffung Adams abge- bildet ist, sondern die kurzen Zyklen in der Regel mit der Erschaffung Evas beginnen - wenn nicht sogar auf die Darstellung der Erschaffung ganz ver- zichtet und nur die Beseelung gezeigt wird. Darin liegt, wie dann Martin Biichsel hervorgehoben hat,

zugleich die Hauptdifferenz zwischen diesen frii- hen Genesis-Darstellungen und jener der Cotton- Genesis und ihrer Nachfolger, wo die Erschaffung des ersten Menschen dargestellt ist.42 Offenbar scheute man sich im 4. Jahrhundert noch davor, den. Schopfer als Plastiker abzubilden, der aus Erde den Protoplastus schafft. Zu nah war die Verwandt- schaft mit der idolatrietrachtigen Bildhauerkunst, als deren Erfinder Prometheus gait. In leicht modi- fizierter Redaktion des antiken Schopfungsmy- thos' hob etwa der christliche Rhetor Laktanz in seinen ,Institutiones divinae' (II, c.11) hervor, alle Statuen seien Menschenwerk und als solches nur Abklatsch der g6ttlichen Schopfung; wer sie anbe- te, sei einfaltig und von Sinnen.43 Danach erlautert

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6 Tonroboter, Titelblatt des NZZ-Folios vom Juni 2000

er die Genese der plastischen Kunst: In grauer Vor- zeit hatte sichJupiter zum Gott machen wollen und jemanden gesucht, der die menschliche Figur imi- tieren konnte. In Prometheus wurde er fiindig, der nun aus Lehm ein Menschenbild schuf, das wegen seiner mimetischen Qualitat als Wunderwerk galt. Die Dichter hatten dann verbreitet, Prometheus sei der Sch6pfer der wirklichen Menschen, dabei sei er nur der Erfinder tonerner Bilder gewesen. Spater sei man seinem Tun gefolgt und habe begonnen, auch Menschenbilder aus Marmor und Bronze zu schaffen. Schliefilich seien noch Gold und Elfen- bein zur Verzierung hinzugekommen.44 Bereits Tertullian setzte dem den wahren Schopfer entge- gen: ,,deum unicum esse, qui universa condiderit, qui hominem de humo struxerit (hic enim est verus Prometheus [...]).,,45

Anders als spater Isidor und Hrabanus hatten die friihchristlichen Autoren mit ihrem Rekurs auf das erste Bild aus Ton gewifg keinerlei legitimato- rische Absichten, konnte es doch fur sie noch keine christliche Rechtfertigung von Bildwerken geben. Nur in Klammern sei die Folgerung angefiigt, dafi

- in Umkehrung eines Datierungsarguments von Kaiser-Minn, die aus der Nahe der Cotton-Gene- sis-Szene zu Prometheusbildern einen Hinweis auf eine friihe Genesis-Bildredaktion aus dem ersten Drittel des 4. Jahrhunderts ableitete46 - die Vorlage fur das venezianische Genesis-Mosaik damit weg- riickt von den Diskussionen um die Entstehung im 4. Jahrhundert. Das ergibt ein weiteres Mosaik- steinchen in der komplexen Debatte um die Cot- ton-Genesis und starkt die Argumente fur ihre Ur- Redaktion im 5. Jahrhundert.

Neben der Bindung an die Wand und damit der Nahe zur Malerei ist also das mittelbar damit zusammenhangende Material ein zweiter, ergan- zender Grund fur die grfoiere Akzeptanz von Stuckfiguren im bilderkritischen Friihmittelalter. Anders als Stein im allgemeinen und Marmor im speziellen wurden Stuck und Ton nicht sofort mit Gotzenbildern assoziiert; selbst Prometheus hatte ja ein Menschen-, nicht ein Gotterbild geschaffen. Diese Schopfungslegenden und damit der Lehm als archaisches Grundmaterial des ersten Abbilds wirkten iibrigens in der Kunst noch lange und als Metaphern bis heute nach:47 Auguste Rodin etwa stellte 1898 mit ,La main de Dieu' den Schopfungs- akt als plastisch gestaltende manuelle Tonbearbei- tung dar - materialisiert allerdings nicht ohne Hin- tersinn in Marmor. Und noch heute scheint der Griff zur t6nernen Sch6pfungsmetapher nahezu- liegen; jedenfalls wahlte die Neue Zuircher Zeitung im Juni 2000 dieses Bild, um in ihrem Monatsma- gazin ,Folio' das Thema Roboter als vom Men- schen geschaffenes Abbild seiner selbst zu illustrie- ren (Abb. 6).

Exkurs: Holz und die Spur des Gdttlichen

Diskutiert man Materialfragen im Zusammenhang mit figuirlicher Grofiplastik, so mufi zumindest kurz auch das Holz zur Sprache kommen, auch wenn die damit verbundenen Fragen nicht in extenso ab- gehandelt werden k6nnen.48 Holz war insofern ein spezielles Material, als seine Bedeutung schon in der Spatantike mit dem Kreuz des Erlosers verkniipft wurde. Wahrend noch in Eusebs Bericht vom Traum Konstantins vor der Schlacht gegen seinen Mitregenten Maxentius an der Milvischen

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Bruicke das Christusmonogramm als unkorperli- ches ,,signum" erscheint, soll gemaig der Kreuz- auffindungslegende schon zwei Jahrzehnte spater die Heilswirkung von der Materie des Kreuzes aus-

gegangen sein und damit eine Konkretisierung ein- gesetzt haben, die das Gewicht vom ,,signum cru- cis" zum ,,lignum crucis" verschob.49 Dem Kreuz kam nun herausragende Bedeutung nicht mehr nur als Zeichen der zentralen Heilstat des Christen- tums zu, sondern auch als materielles Oberbleibsel des durch die Himmelfahrt den Menschen korper- lich entzogenen Gottessohnes. Gerade weil es von Christus keine primaren Reliquien geben konnte, war das Holz des Kreuzes, an dem er gewisserma- Ben eine Spur des Gottlichen hinterlassen hatte, von besonderer Wichtigkeit. So sah beispielsweise Leontius von Neapolis in seiner um 600 verfafiten Schrift ,Gegen die Juden' im Holz gleich mehrfach biblisch bezeugte Anlasse zur dankbaren Erinne- rung an das Heilswirken Gottes: vom Lebensbaum und dem Baum der Erkenntnis bis zum Holz des Kreuzes. Gerade dieses erlangt beispielhafte Be- deutung: ,,Kann nun der durch so viele Holzer Wunder vollbringende Gott nicht auch, sagen wir, durch das ehrwiirdige Holz des heiligen Kreuzes Wunder tun?" Wobei dann klarend nachgeschoben werden mufi, dafB, wenn man das Kreuz verehre, man ,,dem gekreuzigten Christus die Verehrung erweise und nicht dem Holz."50 Auch bei Johannes von Damaskus, bei dem sich im Material, ahnlich wie im Sakrament, die gottliche ,,energeia" offen- bart, wird Holz an erster Stelle genannt: ,,Ist nicht Materie das Holz des Kreuzes, dreimal gliicklich und dreimal selig? Ist nicht Materie der vereh- rungswiirdige und heilige Berg, die Schadelstatte? Ist nicht Materie der nahrungsspendende und le- benstragende Felsen, das heilige Grab - die Quelle unserer Auferstehung? Ist nicht Materie die Tinte und das hochheilige Evangelienbuch? Ist nicht Ma- terie der lebensspendende Tisch, der uns das Brot des Lebens darbietet? Sind nicht Materie das Gold und das Silber, aus denen Kreuze, Patenen und Kel- che gefertigt werden? Sind nicht Materie vor allen diesen Dingen der Leib und das Blut meines Herrn?"51 Trotz der Tendenz zur generellen Hei- ligung des Materials sind es somit beim Damasze- ner, der fur die Bildauffassung des zweiten Nicae- ums wichtige Grundlagen legte, nicht alle Werk-

stoffe, die in den Genug dieser Heiligung kommen: es ist das Holz (des Kreuzes) und die Edelmetalle (der liturgischen Gefaige) und damit jene Materia- lien, die - neben Stuck - fur die friihesten mittelal- terlichen Statuen Verwendung fanden.

Wann allerdings der Schritt vom Holzkreuz zum holzernen Kruzifix vollzogen wurde, laigt sich kaum mehr bestimmen. Aus karolingischer Zeit kennen wir Belege, die sowohl isolierte Einzelfigu- ren als auch plastische Darstellungen des Gekreu- zigten als selbstverstandlich erscheinen lassen: So erwahnt etwa Jonas von Orleans in ,De cultu ima- ginum' das plastische Bild des Gekreuzigten, das an die Leiden des Herrn erinnere.52 Moglicherweise hat sich aus karolingischer Zeit sogar ein holzerner Kruzifixus materiell erhalten- sofern man den Re- sultaten der juingst durchgefiihrten Restaurierung des Volto Santo aus der Marienkirche in Borgo Sansepolcro folgt.53 Vermutet wurde, dag es sich dabei um das Original des Luccheser Volto Santo handeln konnte,54 das - typisch fuir ein sehr friihes Bildwerk - zu den grogen Acheiropoietoi, den nicht von Menschenhand geschaffenen Bildern, ge- zahlt wurde.55

Der Regensburger Kontext

Doch kehren wir abschliegend zu den hier haupt- sachlich interessierenden Materialien Stuck und Stein zuriick. In der Zeit des Ubergangs vom Friih- zum Hochmittelalter wurden auch Neuerungen wie das plastische figiirliche Grabmal mit Vorzug in Stuck ausgefiihrt. LaiBt man die singulare Inku- nabel der Gattung, das aus Bronze gegossene Grabbild des Gegenk6nigs Rudolf von Rheinfel- den (t 1080) im Dom zu Merseburg, beiseite, so be- stehen auffallig viele der friihesten figiirlichen Grabplatten aus Stuck: Genannt seien nur die Grabreliefs der drei Quedlinburger Abtissinnen, das um 1100 gefertigte Grabbild Widukinds in der Stiftskirche Enger oder das moglicherweise noch altere Grabmal Bischof Gebhards in Petershau- sen.56 Umso aufregender muiissen vor diesem Hin- tergrund die in Stein gemeigelten Skulpturen in Regensburg gewirkt haben. Jedenfalls sah man sich in St. Emmeram veranlagt, erneut auf die Bibel zu rekurrieren, um den Werkstoff zu rechtfertigen:

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7 Regensburg, St. Emmeram, Doppelnischenportal

Ganz offensichtlich wurde das an sich banale Ma- terial angesichts der kiinstlerischen Neuerungen als nicht unproblematisch empfunden. Tatsachlich wirken Christus und die ihn flankierenden Kir-

chenpatrone Emmeram und Dionysius vom nor- malen Betrachterstandpunkt aus wie losgel6st vom Hintergrund und damit in einer fur die damalige Zeit neuen und aufregenden Plastizitat. Hinzu kommt vor allem beim Salvator eine unter dem straff gespannten Gewand deutlich erkennbare Korperlichkeit - was nicht zuletzt durch einen Vergleich mit dem ikonografisch weitgehend iden- tischen Deckel des nur wenig alteren und ebenfalls aus dem Regensburger Emmeram-Kloster stam- menden Uta-Codex deutlich wird.57 Insgesamt re- sultiert daraus eine hohe Prasenz, die den Betrach- ter, der schrag unter und zwischen den Relief in die Kirche eintritt, unmittelbar anspricht. Dag diese

Neuerungen, die einhergingen mit der Riickkehr zu einem traditionell den ,,G6tzen" zugewiesenen Material, eine Rechtfertigung erforderten, wird da- mit verstindlich. Dies vor allem dann, wenn man sich vergegenwartigt, dafi nur wenige Jahrzehnte zuvor Bernhard von Angers noch als communis opinio iiberlieferte, das rundplastische Medium stehe aufgrund seines Wirklichkeitscharakters nur dem Gekreuzigten zu, ansonsten sei es absurd, Sta-

tuen aus Gips, Holz oder Bronze zu formen - Stein scheint Bernhard gar nicht in Betracht zu ziehen.58

Movens dieser Innovationen diirften die ehrgei- zigen Plane Abt Reginwards gewesen sein, fur wel- che die Heiligen der Seitenreliefs stehen: Wahrend Emmeram als Griindungspatron in der Regensbur- ger Abtei spatestens seit dem 8. Jahrhundert verehrt wurde, - er wird in der Umschrift entsprechend als ,,custos fidissim(us) templi" bezeichnet59 -, war der Dionysiuskult in Regensburg eine Neuerung, mit der man nichts Geringeres anstrebte, als mit der frankischen Konigsabtei St-Denis bei Paris in Kon- kurrenz zu treten. So heift es in der Inschrift, die das Relief des griechisch-frankischen Heiligen rahmt: GALLIA TRANSLATV[m] GEMIT HVC QVEM TRINA / PATRONV[m] EXSTAT / IMAGO TVI PIE MACHARIOS DIONISI.60 Es wird also nicht zuletzt der Kraft des Bildes zuge- traut, jene (gewifi auch bereits fur Zeitgenossen) h6chst gewagte Legende zu unterstiitzen, wonach anno 1049 - und damit im Jahr nach der Abtswahl Reginwards - die wahren Gebeine des heiligen Dio-

nysius in St. Emmeram gefunden worden seien. Be- reits unter Kaiser Arnulf sollen diese in Frankreich entwendet worden und zusammen mit dem Codex Aureus und dem Arnulfziborium nach Regensburg gelangt sein; dort habe man sie dem Kloster ge-

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schenkt, zwischenzeitlich aber verloren und verges- sen.61 Neben den real prasenten Kunstwerken soll- ten Tonplatten mit gefalschten Inschriften, die man ,,zufallig" beim Abbruch des alten Chores fand, der Mifggunst der anderen Kleriker der Stadt begegnen und der Verifizierung der Legende dienen.62 Wie wichtig in diesem Prozefg materielle Zeugnisse - und nicht zuletzt die Skulpturen - waren, wird auch aus dem um 1080 im selben Kloster ebenfalls ge- falschten Papstprivileg deutlich, wo ,,uralte Skulp- turen" als Zeugen fur die Echtheit der Dionysius- reliquien aufgefiihrt wurden.63

Wenn auch die Emmeramer Dionysius-Ge- schichte letztlich eine Episode blieb - die allerdings noch in der Schedelschen Weltchronik rapportiert wurde64 -, so trug sie zum enormen Aufschwung des Klosters unter Abt Reginward bei, ein Auf- schwung, der nicht nur den Heiligen an sich, son- dern gerade auch ihrer neuartigen Inszenierung zu verdanken war (Abb. 7). Zu dieser geh6rte auch die neue Krypta fur den hl. Wolfgang und der Diony- siuschor, zu dem die rechte Tiir des Doppelportals direkten Zugang gewahrte. Die Kraft, die man im 11. Jahrhundert kiinstlerischen Innovationen zu- traute, um eigene Positionen durchzusetzen und als wahr kundzutun, aber auch das Kompensati- onsbediirfnis, das solche Neuerungen generieren konnte, werden in den neuartigen Steinreliefs von St. Emmeram damit in ahnlicher Weise sichtbar, wie wenigeJahrzehnte spater in der noch aufregen- deren Neuerung des Bronzegrabmals K6nig Ru-

dolfs von Rheinfelden (t 1080) in Merseburg.65 Als nochmals wenige Jahre spater, nach 1088, fur Bi- schof Benno von Osnabriick ein Grabmal herge- stellt und die Materialwahl thematisiert wurde, fand der Stein nur mehr Erwahnung, weil der Werkstoff quasi zweite Wahl war - urspriinglich war ebenfalls Bronze vorgesehen, doch lieBf sich dies nicht realisieren.66 Im 12. Jahrhundert schlief3- lich war dann die Steinskulptur so etabliert, daft in Inschriften, die sich entsprechend aufBerten, nur mehr vom Stein als gegenstandlichem Werkstiick und nicht mehr als erklarungsbediirftigem Material die Rede ist, so zum Beispiel im Grabmal des Pres- byters Bruno in Hildesheim, wo es heiit: +BRV- NONI CVIVS SPECIEM MONSTRAT LAPI[S] ISTE QVI SVA [P]AVPERIBVS TRIBVIT DE G[A]V[DI]A XPE.67 Ging es allerdings darum, ei- nen politischen Gegner der Idolatrie zu bezichti- gen - ein noch im ganzen Mittelalter latenter und bei Bedarf abrufbarer Vorwurf -, so konnte das Material erneut mit ins Spiel gebracht werden. Wenn 1167 Papst Alexander III. den K6olnern droh- te, er werde den Nachfolger des verstorbenen Erz- bischofs und Kanzlers Kaiser Friedrich Barbaros- sas, Rainald von Dassel, so lange nicht bestatigen, bis das ,,ydolum ad honorem Renoldi hostis eccle- sie Romane sculptum" nicht aus dem Dom ge- schafft sei, so fallt jedenfalls auf, daig dabei der Werkstoff, aus dem dieses Grabbild geschaffen war, ausdriicklich genannt wird: ,,imaginem ipsius in la- pide sculptam."68

Anmerkungen

Fur die Hilfe bei der Bildbeschaffung danke ich Peter Ferstl (Regensburg), Elisabeth Fischer und Dani Ryser (Basel), Guntram Koch (Marburg), Matthias Untermann (Heidelberg) und Daniel Weber (Zurich).

1 ,,Weil Christus wegen seiner unerschiitterlichen Gottlichkeit Fels genannt wird, besteht sein Bild zu Recht aus einem Steinblock" (w6rtlicher: ,,[...] steht sein Bild in Stein geniigend fest"). Zur In- schrift: Giinter Lorenz, Das Doppelnischenportal von St. Emmeram in Regensburg, Frankfurt a. M. 1984, lOof.; Richard Strobel, in: Richard Strobel / Markus Weis, Romanik in Altbayern, Wiirzburg 1994, 74f.; Thomas Raff, Die Sprache der Materia- lien. Anleitung zu einer Ikonologie der Werkstoffe,

Miinchen 1994, 37f.; Calvin B. Kendall, The Alle- gory of the Church. Romanesque Portals and Their Verse Inscriptions, Toronto / Buffalo / London 1998, 260f., Nr. 124b.

2 Mt 21, 42; Mk 12, 10; Lk20, 17; Apg 4,11 (,,lapidem quem reprobaverunt aedificantes, hic factus est in caput angoli"); Eph 2, 21 (,,summo angulari lapi- de"); 1 Petrus 2, 4-8 (,,lapidem vivum / lapides vivi / lapis offensionis"). Zur Ecksteinmetapher vgl. Ursula Maiburg, Christus als Eckstein. Ps. 118, 22 und Jes. 28,16 im Neuen Testament und bei den la- teinischen Vatern, in: Vivarium. Festschrift fur Theodor Klauser zum 90. Geburtstag (Jahrbuch fiur Antike und Christentum, Erganzungsband 11), Muiinster 1984, 247-256; im Zusammenhang mit

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dem mittelalterlichen Kirchenbauwesen: Giinther Binding, Der friih- und hochmittelalterliche Bau- herr als ,sapiens architectus', Darmstadt 1996, 237- 336.

3 Eusebius Caesariensis, Historia ecclesiastica X, 4, 65, zitiert nach: Eusebius von Caesarea. Kirchenge- schichte, hg. von Heinrich Kraft, iibersetzt von Philipp Haeuser, Miinchen 31989, 428.

4 ,,Zuweilen freilich bezeichnet [Stein] Christus, we- gen dessen Stirke des Glaubens und der Dichte sei- ner Wahrheit"; Hrabanus Maurus, De universo li- bri XXII, 17. 2, in: Patrologiae cursus completus, series latina, hg. von Jacques-Paul Migne, Bd. 111, 462; vgl. dazu die sog. Clavis (6, 54. 2) des Pseudo- Melito (Melito, Clavis. Spicilegium Solesmense complectens Sanctorum patrum scriptorumque ec- clesiasticorum, hg. von Jean-Baptiste Pitra, Bd. II, Paris 1855, 326), eine ihrerseits aus verschiedenen Vaterstellen zusammengestellte Allegorienkompi- lation. Zu den Quellen von Hrabanus: Elisabeth Heyse, Hrabanus Maurus' Enzyklopadie ,De rerum naturis'. Untersuchungen zu den Quellen und zur Methode der Kompilation (Miinchner Bei- trage zur Mediavistik und Renaissance-Forschung 4), Miinchen 1969, bes. 36, 131.

5 Christian Beutler, Bildwerke zwischen Antike und Mittelalter. Unbekannte Skulpturen aus der Zeit Karls des Grof;en, Diisseldorf 1964; ders., Statua. Die Entstehung der nachantiken Statue und der eu- ropaische Individualismus, Miinchen 1982. Zur durchwegs kritischen Rezeption vgl. beispielsweise die Rezensionen von Victor H. Elbern, in: Zeit- schrift fur Kunstgeschichte, 28,1965,261-269, oder von Francoise Monfrin, in: Bulletin monumental, 142, 1984, 473f.

6 MGH Poet. lat. aevi carolini II, 147; Julius von Schlosser, Schriftquellen zur Geschichte der karo- lingischen Kunst, Wien 1892 (Nachdruck Hildes- heim / New York 1974), 368f., Nr. 1016.

7 Als alteste Beispiele gelten die Fragmente lebens- und iiberlebensgrofger Figuren von Muldenni- schenreliefs an der Westwerkfassade von St. Panta- leon in K6oln, die baugeschichtlich zwischen 984 und 1002 datiert werden; dazu Matthias Unter- mann, Die ottonischen Skulpturfragmente von St. Pantaleon, in: Jahrbuch des Kolnischen Ge- schichtsvereins, 48, 1977, 279-290.

8 So einleitend der friihe Kirchenschriftsteller Tertul- lian, De idolatria, in: Corpus Christianorum, Series Latina, Bd. 2,1099-1124, bes. 1101, fiir den der Teu- fel pers6nlich die Maler und Bildhauer in die Welt gesetzt hatte. Aus der Menge der Literatur zur Bil- derfrage in der Spitantike seien nur genannt: Hugo Koch, Die altchristliche Bilderfrage nach den lite- rarischen Quellen (Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen Testaments N. F.

Heft 10), G6ttingen 1917; Ernst Kitzinger, The Cult of Images in the Age before Iconoclasm, in: Dumbarton Oaks Papers, 8, 1954, 83-150 (dort 131f. zur besonders ausgeprigten Abneigung christlicher Schriftsteller der Friihzeit gegen die Rundplastik); Thomas Pekary, Der r6mische Bil- derstreit, in: Friihmittelalterliche Studien, 3, 1969, 13-26; Hans Belting, Bild und Kult. Eine Geschich- te des Bildes vor dem Zeitalter der Kunst, Miinchen 1990, bes. 42-59.

9 Jerome Labourt (Hg.), Saint Jerome, Lettres, T. III, LVIII, Paris 1953, S. 77; (aus dem Jahre 395).

10 Aurelius Augustinus, Enarrationes in Psalmos, XCVI 11, in: Corpus Christianorum, Series Latina, Bd. 39, 1362f.; Joseph C. Plumpe, Vivum Saxum, Vivi Lapides. The Concept of ,,Living Stone" in Classical and Christian Antiquity, in: Traditio. Stu- dies in Ancient and Medieval History, Thought and Religion, 1, 1943, 1-14, bes. 9.

11 Auf die Bildwerke aus Bronze soll hier nicht einge- gangen werden; interessant sind aber die unter- schiedlichen Konnotationen von Marmor und Bronze im Mittelalter: Marmor wird zum dominie- renden Symbol fur G6tterbilder, wahrend Bronze die Tradition der ehrwiirdigen Dauerhaftigkeit an- tiker Rechtsstatuen und damit quasi die ,,gute" an- tike Tradition verk6rpert; vgl. dazu Raff (wie Anm. 1), 33f.; Ingo Herklotz, Der Campus lateranensis im Mittelalter, in: R6misches Jahrbuch fur Kunst- geschichte, 22, 1985, 1-43 (und ders., Gli eredi di Costantino. Il papato, il Laterano e la propaganda visiva nel XII secolo, Rom 2000, 57-94); Norberto Gramaccini, Zur Ikonologie der Bronze im Mittel- alter, in: Stadel Jahrbuch, 11, 1987, 147-170.

12 A. Prudentius Clemens, Peristephanon II, 480f. (als letzte Worte des Laurentius); ders., Contra Symma- chum I, 501; zit. nach Pascal Weitmann, Sukzession und Gegenwart. Zu theoretischen Aufierungen iiber bildende Kiinste und Musik von Basileios bis Hrabanus Maurus (Spitantike - friihes Christen- tum - Byzanz: Kunst im ersten Jahrtausend, Reihe B: Studien und Perspektiven, Bd. 2), Wiesbaden 1997, 54f.; zu Prudentius' Versuchen, die ehemali- gen G6tterstatuen als Kunstwerke zu bewahren

vgl. auch Hans-Rudolf Meier, Christian Emperors and the Legacy of Imperial Art, in: Imperial Art as Christian Art - Christian Art as Imperial Art. Ex-

pression and Meaning in Art and Architecture from Constantine to Justinian, Acta ad Archaeologiam et Artium Historiam Pertinentia, 15 (N. S. 1), 2001, 63-75, bes. 72f.

13 Magister Gregorius, Narracio de mirabilibus urbis Rome, hg. von Robert B.C. Huygens (Textus mi- nores Bd. 42), Leiden 1970,20; dazu: Tilmann Bud-

densieg, Gregor the Great, the Destroyer of Pagan Idols. The History of a Medieval Legend Con-

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cerning the Decline of Ancient Art and Literature, in: Journal of the Warburg and Courtauld Institu- tes, 28, 1965, 44-65.

14 Vgl. die Beispiele bei Berthold Hinz, Statuenliebe. Antiker Skandal und mittelalterliches Trauma, in: Marburger Jahrbuch fir Kunstwissenschaft, 21, 1989, 135-142; vgl. auch ders., Aphrodite. Ge- schichte einer abendlandischen Passion, Miinchen 1998, bes. 116-122; 149-154; 171-173 (jeweils ohne Diskussion des Materialaspekts).

15 Michael Podro, Fiction and Reality in Painting, in: Funktionen des Fiktiven, hg. von Dieter Henrich und Wolfgang Iser (Poetik und Hermeneutik X), Miinchen 1983, 225-237; dazu Max Imdahl, Kreide und Seide. Zur Vorlage ,,Fiction and Reality in Painting" von M. Podro, ebd., 359-363, wobei Imdahls Kritik, Podros Theorie spreche eine vor- kiinstlerische Sinnschicht an (ebd., 361), gerade fur unser Beispiel den Nutzen einer solchen Betrach- tungsweise nicht in Frage stellt.

16 Zuletzt dazu: Adriano Peroni, Frihmittelalterli- cher Stuck in Oberitalien. Offene Fragen, in: Mat- thias Exner (Hg.), Stuck des friihen und hohen Mit- telalters. Geschichte, Technologie, Konservierung (ICOMOS-Hefte des Deutschen Nationalkomi- tees 19), Miinchen 1996,25-36; Paolo Casadio / Te- resa Perusini / Piera Spadea, Zur Stuckdekoration des ,Tempietto Longobardo' in Cividale: Techni- sche und naturwissenschaftliche Untersuchungser- gebnisse, ebd., 37-51; John Mitchell, L'arte nell'Ita- lia longobarda e nell'Europa carolingia, in: II futuro dei Longobardi. L'Italia e la costruzione dell'Euro- pa di Carlo Magno. Saggi, hg. von Carlo Bertelli und Gian Pietro Brogiolo, Mailand 2000, 173-187; Carlo Bertelli, La decorazione del tempietto di Ci- vidale, in: Paolo Diacono e il Friuli altomedievale (secc. VI-X). Atti del XIV Congresso internaziona- le di studi sull'Alto Medioevo (Cividale del Friuli - Bottenicco di Moimacco 24-29 settembre 1999), Spoleto 2001, 437-453.

17 Zur Fragestellung bereits Hans Belting, Probleme der Kunstgeschichte Italiens im Fruhmittelalter, in: Fruhmittelalterliche Studien, 1, 1967, 94-143. Neuere Forschungen zur Bedeutung der spatlango- bardischen Kunst z. B. Carola Jaggi, San Salvatore in Spoleto. Studien zur spatantiken und fruhmittel- alterlichen Architektur Italiens (Spatantike - fruhes Christentum - Byzanz: Kunst im ersten Jahrtau- send, Reihe B: Studien und Perspektiven, Bd. 4), Wiesbaden 1998; Mitchell (wie Anm. 16).

18 Hilde Claussen, Vorzeichnungen und Fragmente karolingischer Stuckfiguren. Neue Funde im Cor- veyer Westwerk, in: Exner (wie Anm. 16), 61-71.

19 Jean Wirth, Die Bildnisse von St. Benedikt in Mals und St. Johann in Miistair, in: Fur irdischen Ruhm und himmlischen Lohn. Stifter und Auftraggeber in

der mittelalterlichen Kunst, hg. von Hans-Rudolf Meier, Carola Jaggi und Philippe Biittner, Berlin 1995, 76-90; zusammenfassend Roland Bohmer, Die Stuckfigur Karls des Grofgen in Miistair, in: Kunst + Architektur in der Schweiz, 48/4,1997,62- 65.

20 Die Grabung und der Fundkomplex als Ganzes sind noch unpubliziert; vgl. vorerst: Hans Rudolf Sennhauser, Friih- und hochmittelalterlicher Stuck in der Schweiz, in: Kunst + Architektur in der Schweiz, 48/4, 1997, 13-23, bes. 15-17, sowie die Vorberichte von Walter Studer, in: Jahresbericht des Archiologischen Dienstes und der Denkmalpflege Graubiinden 1999ff. Farbige Abb. einiger Kopf- fragmente bei Carola Jaggi, Vom romischen Pan- theon zur christlichen Kirche, in: Andres Furger u. a., Die Schweiz zwischen Antike und Mittelalter. Archaologie und Geschichte des 4. bis 9. Jahrhun- derts, Zurich 1996, 61-125, hier: 120, Abb. 116.

21 Marie-Therese Camus, in: Romains et barbares ent- re Loire et Gironde IVe-Xe siecles, Ausst.-Kat. Poitiers 1989,76-79, Kat.-Nr. 66-79; dies., Les stucs peints de Vouneuil-sous-Biard, in: Exner (wie Anm. 16), 56-60.

22 Exner (wie Anm. 16). 23 Martin Hoernes (Hg.), Hoch- und spatmittelalter-

licher Stuck. Material - Technik - Stil - Restaurie- rung, Regensburg 2002.

24 Berthold Hinz, Das Grabmal Rudolfs von Schwa- ben. Monument der Propaganda und Paradigma der Gattung, Frankfurt 1996, 22.

25 Isidor, Ethymolog., lib. XI.2.14, in: Patrologiae cursus completus, series latina, hg. von Jacques- Paul Migne, Bd. 82, 399; wortlich gleich bei Hraba- nus (wie Anm. 4), 142 (lib. VI).

26 Hrabanus (wie Anm. 4), 563C; Ubersetzung nach Beutler, Bildwerke (wie Anm. 5), 33: ,,Plastisch ist, Bildnisse und Zeichen an Wanden in Gips auszu- driicken und sie mit Farben zu bemalen. Plattein heift auf griechisch, was auf lateinisch Ahnlichkei- ten aus Erde oder Gips zu formen heifgt. Und auch irgendeine Form mit eingedriicktem Ton herzustel- len, ist plastisch, weswegen protoplastus derjenige Mensch genannt wird, der als erster aus dem Schlamm gebildet ward."

27 Isidor (wie Anm. 25), 676. 28 Willibald Sauerlainder, Die bildende Kunst der

Stauferzeit, in: Die Zeit der Staufer. Geschichte - Kunst - Kultur, Ausst.-Kat. Stuttgart 1977, Bd. III: Aufsatze, Stuttgart 1977, 205-229, hier: 216.

29 Kaiser Valentinian liefI zwar das sogenannte Fasti- gium reparieren (Le Liber pontificalis, hg. von L. Duchesne, Paris 1886, I, 233), scheint aber nur des- sen Silberverkleidung erneuert und auf die Statuen verzichtet zu haben; dazu: Sible De Blaauw, Cultus et decor. Liturgia e architettura nella Roma tar-

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doantica e medievale. Basilica Salvatoris, Sanctae Mariae, Sancti Petri (Studi e testi 355), Vatikanstadt 1994, Bd. 1,126; zum Fastigium auch ders., Das Fa- stigium der Lateransbasilika: Sch6pferische Inno- vation, Unikat oder Paradigma?, in: Innovation in der Spatantike, Kolloquium Basel 6. und 7. Mai 1994, hg. von Beat Brenk (Spatantike - friihes Chri- stentum - Byzanz: Kunst im ersten Jahrtausend, Reihe B: Studien und Perspektiven, Bd. 1), Wiesba- den 1996, 53-65.

30 Juingste Umdatierungen von einigen ehemals dem 2. Jahrhundert zugeschriebenen Skulpturengrup- pen in die Spatantike haben das Bild von der spat- antiken Skulptur zwar bereichert und den besagten Befund relativiert, aber - zumal wenn es um die Zeit nach 400 geht - nicht grundsatzlich in Frage ge- stellt. Anstofi zu den noch nicht abgeschlossenen Datierungsdiskussionen gab Niels Hannestad, Tra- dition in Late Antique Sculpture. Conservation - Modernization - Production, Aarhus 1994; vgl. dazu die Rezensionen von Amanda Claridge, in: Journal of Roman Archaeology, 10, 1997, 447-453; Marianne Bergmann, in: Gnomon, 73, 2001, 56-66 (Hinweise dazu verdanke ich der Lizentiatsarbeit von Vera Stehlin, Magis quam exemplum virtutis. Die Herkulesreliefs aus Chiragan, Philosophisch- Historische Fakultat der Universitat Basel, Som- mersemester 2002).

31 Alois Riegl, Spatromische Kunstindustrie, Wien 21927, 83.

32 Ebd., 9; vgl. zum Ganzen: Margaret Iversen, Alois Riegl: Art History and Theory, Cambridge / Lon- don 1993, 70-90.

33 Riegl (wie Anm. 31), 204. 34 Ebd., 204-208; zur Bedeutung des Neuplatonismus

im Prozef der Ablosung der Plastik durch die Ma- lerei vgl. auch Weitmann (wie Anm. 12), 220f.

35 Versammlungsberichte des Vereins von Altertums- freunden im Rheinlande (Gerhart Rodenwaldt, Ara Pacis und S. Vitale), in: Bonner Jahrbiicher, 133, 1928, 228-235, bes. 234; vgl. dazu auch Hans-Peter L'Orange, Studien zur Geschichte des spatantiken Portrats, Rom 1965, 81; Dieter Metzler, Bilderstiir- me und Bilderfeindlichkeit in der Antike, in: Bil- dersturm. Die Zerstorung des Kunstwerks, hg. von Martin Warnke, Miinchen 1973, 14-29, bes. 29; Franz Alto Bauer, Stadt, Platz und Denkmal in der Spatantike. Untersuchungen zur Ausstattung des 6ffentlichen Raums in den spatantiken Stadten Rom, Konstantinopel und Ephesos, Mainz 1996, 333-336.

36 Reinhard Hoeps, Aus dem Schatten des Goldenen Kalbes. Skulptur in theologischer Perspektive (Ikon Bild + Theologie), Paderborn u. a. 1999, 79f.

37 ,,Es sind verschiedene Bildwerke zu unterscheiden, von denen welche [...] aus Marmor geschnitten, an-

dere wiederum aus Gips oder Lehm / Ton geformt sind"; Libri Carolini I, 2 (MGH Legum sect. III. Concilia, t. II suppl. 13; Schlosser [wie Anm. 6], 307, Nr. 886).

38 Johan Jacob Tikkanen, Die Genesismosaiken von S. Marco in Venedig und ihr Verhaltnis zu den Mi- niaturen der Cottonbibel nebst einer Untersu- chung uber den Ursprung der mittelalterlichen Ge- nesisdarstellung besonders in der byzantinischen und italienischen Kunst, in: Acta societatis scien- tiarum Fennicae, 17, 1891, 205-357; zur Cotton- Genesis zuletzt Martin Biichsel, Die Schopfungs- mosaiken von San Marco. Die Ikonographie der Erschaffung des Menschen in der friihchristlichen Kunst, in: Stadel-Jahrbuch, 13, 1991, 29-80; ebd., 61, zur Neulokalisierung in Rom um die Mitte des 5. Jahrhunderts.

39 Helga Kaiser-Minn, Die Erschaffung des Men- schen auf den spatantiken Monumenten des 3. und 4. Jahrhunderts (Jahrbuch fur Antike und Chri- stentum, Erganzungsbd. 6), Muinster 1981, 32-55.

40 Selbst in der Erschaffungsszene auf dem Sarko- phagfragment in Campli, von der Tikkanen (wie Anm. 38), 232, glaubte, in diesem Fall stiinde der Mensch sogar ,,auf einer Plinthe, ganz wie eine Sta- tue", handelt es sich nicht um eine solche Basis, son- dern wohl um eine Erdscholle; vgl. die Abb. bei Kaiser-Minn (wie Anm. 39), Tf. 2 und 3. Zur Saule als geradezu topischer Sockel von ,,G6tzenbildern" im Mittelalter vgl. die zahlreichen Beispiele bei Mi- chael Camille, The Gothic Idol. Ideology and Image-Making in Medieval Art, Cambridge 1989; zusammenfassend: Hans-Rudolf Meier, Saule / Saulenmonument, in: Der neue Pauly. Enzyklopa- die der Antike, Bd. 15/2, Stuttgart / Weimar 2002, 1042-1044.

41 Kaiser-Minn (wie Anm. 39), 1. 42 Biichsel (wie Anm. 38). 43 L. Caelius Firmianus Lactantius, Epitome divi-

narvm institvtionvm, hg. von Eberhard Heck und Antonie Wlosok, Stuttgart / Leipzig 1994, 24.

44 Zur langen Reihe von Sch6pfungsmythen mit der Erschaffung des Menschen aus Ton oder Erde vgl. auch Claus Westermann, Genesis. Biblischer Kom- mentar, Bd. I/1, Neukirchen-Vluyn 1974, 276-282.

45 Tertullian, Apologeticum XVII, 2, in: Corpus Chri- stianorum, Series Latina Bd. 1, 118; zum Zusam- menhang zwischen den Mythen mit dem Schopfer als Figurenbildner und dem juiidischen Bilderverbot vgl. nun auch Hans Belting, Bild-Anthropologie. Entwiirfe fur eine Bildwissenschaft, Muinchen 2001, 176f.

46 Kaiser-Minn (wie Anm. 39), 110. 47 Zur neuzeitlichen Tradition vgl. Reinhard A. Stei-

ner, Prometheus: ikonologische und anthropologi- sche Aspekte der bildenden Kunst vom 14. bis zum

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17. Jahrhundert, Miinchen 1991; Meredith Shedd, Prometheus the Primeval Sculptor: Archaeology and Anatomy in Emeric-David's ,Recherches sur l'art statuaire', in: Zeitschrift fur Kunstgeschichte, 54, 1991, 88-106.

48 Generell dazu die zahlreichen Erwahnungen bei Raff (wie Anm. 1); zuletzt zum Thema: Bruno Klein, Das Gerokreuz - Revolution und Grenzen figiirlicher Mimesis im 10. Jahrhundert, in: Nobilis arte manus. Festschrift zum 70. Geburtstag von Antje Middeldorf Kosegarten, hg. von Bruno Klein und Harald Wolter-von dem Knesebeck, Dresden / Kassel 2002, 43-60, wo die Materialfrage freilich an- ders als hier beurteilt wird. Bruno Klein danke ich herzlich fir die prompte Zusendung seines Artikels.

49 Josef Engemann, Der ,,corna"-Gestus - ein antiker und friihchristlicher Abwehr- und Spottgestus?, in: Pietas. Festschrift B. K6tting (Jahrbuch fur Antike und Christentum Erginzungsbd. 8), Miinster 1980, 483-98, bes. 485; zur Uberlieferungsgeschichte der verschiedenen Legenden zuletzt Han J.W. Drijvers / Jan Willem Drijvers, The Finding of the True Cross and Judas Kyriakos Legend in Syriac (Cor- pus scriptorum Christianorum orientalium 565, Subsidia Bd. 93), Louvain 1997, 12ff. Vgl. auch die friih einsetzende Kritik an der Magie des ,,lignum crucis" z.B. bei Hieronymus, Comment. in evange- lium Mt. 4,23 (Corpus christianorum seu nova Pa- trum collectio series Latina 77), 212.

50 Zit. nach Hoeps (wie Anm. 36), 27; vgl. auch Belting (wie Anm. 8), 73.

51 Verteidigungsschriften I, 16; zit. nach Hoeps (wie Anm. 36), 31.

52 Jonas Aurelianensis episcopus, De cultu imaginum libri tres, in: Patrologiae cursus completus, series la- tina, hg. von Jacques-Paul Migne, Bd. 106,305-388, bes. 340 (die erwihnten Kruzifixe sind aus Edelme- tall), dazu auch Belting (wie Anm. 8), 334.

53 Il Volto Santo di Sansepolcro. Un grande capola- voro medievale rivelato dal restauro, hg. von Anna Maria Maetzke, Cinisello Balsamo 1994; zur Datie- rung bes.: Marco Fioravanti / Luca Uzielli, La struttura del supporto ligneo, ebd., 89-99: Schlag- datum des Holzes aufgrund der C14-Analyse wohl zwischen 679 und 845, der linke Arm aus jiingerem Holz (904-1018 AD).

54 Jean-Claude Schmitt, Cendrillon crucifiee. A pro- pos du Volto Santo de Lucques (XIIIe-XVe siecle), in: Ders., Le corps des images. Essais sur la culture visuelle au Moyen Age, Paris 2002, 217-271, bes. 253-256.

55 Sonoch 1214/15 Gervasius von Tilbury (Gervase of Tilbury, Otia imperialia. Recreation for an Emper- or, hg. und iibersetzt von S. E. Banks und J.W. Binns, Oxford 2002, III.24, 598-605), der das Luc- cheser Bildwerk zusammen mit dem Mandylion

und dem Schweigtuch der Veronika als grofge ,,mi- rabilia" auffiihrt.

56 Zu Quedlinburg zuletzt: Elisabeth Riiber-Schiitte, Zum mittelalterlichen Stuck in Sachsen-Anhalt. Fragen der Bestandserfassung, Erforschung und Erhaltung, in: Exner (wie Anm. 16), 94-106, dort weitere - in der Datierung z. T. umstrittene - Bei- spiele; zum (1134 in einer Quelle beschriebenen) Petershausener Grabmal: Verena Fuchg, Das Grab des heiligen Gebhard in der Klosterkirche von Pe- tershausen bei Konstanz im 10. Jahrhundert, in: Hagiographie und Kunst. Der Heiligenkult in Schrift, Bild und Architektur, hg. von Gottfried Kerscher, Berlin 1993, 273-300, und zuletzt: Caro- line Hoch, Der Memorialgedanke und das Spek- trum seiner Funktionen in der Bildenden Kunst des Mittelalters, K6nigstein im Taunus 2001, 228-262.

57 Miinchen, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 13601; Regensburger Buchmalerei. Von friihkarolingischer Zeit bis zum Ausgang des Mittelalters. Bayerische Staatsbibliothek, Ausstellungskataloge 39, Miin- chen 1987, 33, Kat.-Nr. 17, Taf. 9; zuletzt: Adam S. Cohen, The Uta Codex. Art, Philosophy and Re- form in Eleventh Century Germany, University Park 2000.

58 Liber miraculorum Sancte Fidis, hg. von A. Bouil- let, Paris 1897,47, lib. I, 13: ,,Nam ubi solius summi et veri Dei recte agendus est cultus, nefarium absur- dumque videtur gypseam vel ligneam eneamque formari statuam, excepta crucifixi Domini. Cujus imago ut affectuose, ad celebrandam Domine pas- sionis memoriam, sculptili sive fictili formetur ope- re, sancta et universalis recipit ecclesia. Sanctorum autem memoriam humanis visibus vel veridica libri scriptura, vel imagines umbrose coloratis perietibus depicte tantum debent ostendere." Eine deutsche Ubersetzung bei Belting (wie Anm. 8), 596 (wobei dort ,,gypseam" mit ,,Stein" wiedergegeben ist).

59 W6rtlich: + EMMER/AMME TVI CVSTOS FI- DISSIME TEMPLI (,,Emmeram, treuester Hiiter deiner Kirche"); Lorenz (wie Anm. 1), 95; Kendall (wie Anm. 1), 261, Nr. 124d.

60 ,,Gallien beklagt den hierher iiberfiihrten Patron, den dreifach ein Bild Deines frommen Makarios Dionisios vorstellt"; Lorenz (wie Anm. 1), 96; Ken- dall (wie Anm. 1), 261, Nr. 124e.

61 Translationis et inventionis sancti Dionysii ratispo- nensis historia antiquor, in: MGH SS 30.2,823-837, bes. 830ff.; zur Begutachtung imJahre 1052 vgl. Ek- kehardi Chronicon Universale, in: MGH SS 6, 33- 231, bes. 196.

62 Inschrift II: SVB EBVLONE / ABBATE MON(asterii) / S(an)C(t)I DIONISII / GI- SALP(er)TUS / FVRAVIT; Lorenz (wie Anm. 1), 12f.; dazu auch: Franz Fuchs, Die Regensburger Dionysius-Steine von 1049, in: Vom Quellenwert

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der Inschriften. Vortrage und Berichte der Fachta- gung 1990, hg. von Renate Neumiillers-Klauser, Heidelberg 1992, 139-152.

63 Lorenz (wie Anm. 1), 20; vgl. zur ganzen Fal- schungsgeschichte Andreas Kraus, Saint-Denis und Regensburg: Zu den Motiven und zur Wirkung hochmittelalterlicher Falschungen, in: Falschungen im Mittelalter, Teil III: Diplomatische Falschungen (I) (MGH Schriften Bd. 33, III), Hannover 1988, 535-549, hierzu: 537.

64 Vgl. auch Klaus Schreiner, ,Discrimen veri ac falsi'. Ansatze und Formen der Kritik in der Heiligen- und Reliquienverehrung des Mittelalters, in: Ar- chiv fur Kulturgeschichte, 48, 1966, 1-53, bes. 51f.

65 Hinz (wie Anm. 24). 66 Norbert, Vita Bennonis II episcopi Osnabrugensis,

in: MGH SS 30.2, 869-892, cap. 20: ,,Postea autem

procedente tempore mauseolum ibi, quia metallis non potuit, extructo lapidibus [...]."

67 ,,Dem Bruno, dessen Gestalt dieser Stein zeigt und der seine Giiter den Armen schenkte, gib, Christus, Gliickseligkeit"; zum Grabmal zuletzt Christian Schuffels, Das Grabmal des Priesters Bruno - das steinerne Testament eines Hildesheimer Domherrn, in: Ego sum Hildensemensis. Bischof, Domkapitel und Dom in Hildesheim, 815 bis 1810 (Kataloge des Dom-Museums Hildesheim Bd. 3), hg. von Ulrich Knapp, Hildesheim / Petersberg 2000, 321-330 (die als Gottinger Beitrage zur Kunstgeschichte 5 ange- kuiindigte Monographie erscheint offenbar nicht).

68 Chronica regia Coloniensis, Annales maxime Co- loniensis (...) ex MGH, Script. rer. germ. in usum scholarum separatum editi, hg. von G. Waitz, Han- nover 1880,119; dazu auch Hinz (wie Anm. 24), 22.

Abbildungsnachweis

Bildarchiv Foto Marburg: 1 Kunsthistorisches Seminar der Universitat Basel, Foto:

Soprintendenza ai monumenti e alle gallerie della Vene- zia Giulia e del Friuli, Udine: 2 Matthias Untermann, Heidelberg: 3 Repro aus Otto Demus, The Mosaics of San Marco in Ve- nice. 2. The Thirteenth Century, Vol. II: Plates, Chicago / London 1994: 4

DAI Madrid, Foto: Peter Witte: 5 Redaktion NZZ-Folio, Bildgestaltung Max Griiten und Patrick Rohner: 6 Stadt Regensburg, Presse- und Informationsstelle, Bild- dokumentation, Foto: Peter Ferstl: 7

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