10
Training aktuell 25. Jahrgang Nr. 7/2014, 30. Juni 2014 EUR 9,80 | G 25220 Die Zeitschrift für Trainer, Berater und Coachs www.trainingaktuell.de NEUER TRAININGSANSATZ Achtsamkeit lernen und lehren ANLÄSSLICH DES TODES VON KIRKPATRICK Das Vier-Ebenen-Modell in der Trainingsevaluation ICF-COACHINGSTUDIE Deutschland hinkt in Sachen Coaching hinterher NEUE ZIELGRUPPE FÜR TRAINER Warum der Trainingsbedarf von Azubis wächst NEUES BDVT-PRÄSIDIUM Was der neue Präsident Stephan Gingter für seine Amtszeit plant

Training aktuell – die Zeitschrift für Trainer, Berater ...ICF-Vorsitzende Damian Goldvarg. Seiner Ansicht nach bietet sie Coachs wichtige Hilfestellungen für Entschei-dungen rund

  • Upload
    others

  • View
    1

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Training aktuell – die Zeitschrift für Trainer, Berater ...ICF-Vorsitzende Damian Goldvarg. Seiner Ansicht nach bietet sie Coachs wichtige Hilfestellungen für Entschei-dungen rund

Trainingaktuell25. Jahrgang Nr. 7/2014, 30. Juni 2014

EUR 9,80 | G 25220

Die Zeitschrift für Trainer, Berater und Coachs

www.trainingaktuell.de

NEUER TRAININGSANSATZ

Achtsamkeit lernen und lehren

ANLÄSSLICH DES TODES VON KIRKPATRICK

Das Vier-Ebenen-Modell in der Trainingsevaluation

ICF-COACHINGSTUDIE

Deutschland hinkt in Sachen

Coaching hinterher

NEUE ZIELGRUPPE FÜR TRAINER

Warum der Trainingsbedarf von

Azubis wächst

NEUES BDVT-PRÄSIDIUM

Was der neue Präsident Stephan

Gingter für seine Amtszeit plant

Page 2: Training aktuell – die Zeitschrift für Trainer, Berater ...ICF-Vorsitzende Damian Goldvarg. Seiner Ansicht nach bietet sie Coachs wichtige Hilfestellungen für Entschei-dungen rund

Trainingaktuell | Juli 2014 3

Noch immer scheint Coaching für viele hierzulande eine Blackbox zu sein. Das belegt eine neue Stu-die der ICF. Und zeigt damit Handlungsfelder für Coachs und ihre Interessenvertreter auf.

Nicole BußmannChefredakteurin

Das Ergebnis dürfte Coachs aufschrecken: Fast 80 Prozent der Deutschen wissen nicht, was sich hinter Coaching verbirgt. Diese Zahl entstammt einer jüngst von der International Coach Federa-tion (ICF) veröffentlichten Studie: der 2014 ICF Global Consumer Awareness Study.

Deutschland und die Coaching-Dummies

Wie gewohnt bei Studien des weltweit größ-ten Berufsverbands für Coachs ist das Ergebnis aufgrund der großen Teilnehmerzahl und der Auswahl der Stichprobe nicht nur repräsentativ, sondern bietet durch den internationalen Zu-schnitt auch Vergleichsmöglichkeiten. Befragt wurden 18.810 potenzielle Coachingkunden aus 25 Ländern – darunter 752 Personen aus Deutsch-land. Und da zeigt sich: Deutschland liegt mit sei-nem Anteil der „Coaching-Dummies“ weit vorn.

Hierzulande wissen fast doppelt so viele Menschen nichts mit Coaching anzufangen wie im weltweiten Durchschnitt (Letzterer liegt bei 42 Prozent). Warum das so ist und dass das Ergebnis keinen Einfluss auf die Zufriedenheit mit Coa-ching hat, lesen Sie in unserem Bericht ab S. 8.

Coachingkompetenz sichtbarer machen

Ein Ergebnis wie das der ICF-Studie dürfte Stephan Ging-ter zwar nicht freuen, ihm aber doch Wasser auf die Mühlen geben. Er ist der neu gewählte Präsident des BDVT Berufs-verbands für Trainer, Berater und Coachs und hat sich un-ter anderem die Aufgabe gesetzt, die Coachingkompetenz des gerade 50 Jahre alt gewordenen Verbands sichtbarer zu machen. Seine Vision des BDVT verriet Gingter in unserem Interview: der BDVT als Qualitätsführer unter den Verbän-den und als Partner der Wirtschaft (nachzulesen ab S. 6). Zu letzterem gehört auch, bekannt zu machen, was Coaching ist, was es kann, und was es nicht zu leisten vermag.

Bewusstsein für die Evaluation geweckt

Was das Vier-Ebenen-Modell ist, was es kann, und was es nicht zu leisten vermag, lesen Sie ab S. 37. Der Anlass für die Berichterstattung ist ein trauriger: Der Begründer des Modells, Donald Kirkpatrick, ist Anfang Mai im stolzen Al-ter von 90 Jahren gestorben. Ihm ist die Branche zu großem Dank verpflichtet: Er hat durch sein Evaluationsmodell für Bildungsprozesse das Bewusstsein für ein Stiefkind der Weiterbildung geweckt und somit das moderne Bildungs-controlling begründet. Wie eigentlich alle richtungweisen-den Werke bietet auch sein Vermächtnis trotz aller Popula-rität viel Anlass zur Kritik. Mehr zum Modell und zur Kritik gibt es in unserem Beitrag.

EDITORIAL

Zu viele Coaching-Dummies

Page 3: Training aktuell – die Zeitschrift für Trainer, Berater ...ICF-Vorsitzende Damian Goldvarg. Seiner Ansicht nach bietet sie Coachs wichtige Hilfestellungen für Entschei-dungen rund

4 Trainingaktuell | Juli 2014

Fast 80 Prozent der Deutschen ist Coaching unbekannt

Achtsamkeit bringt mehr Klarheit, Ruhe und Effektivität in die Arbeit

Der Pionier der Trainingsevaluation Donald Kirkpatrick ist tot

Beim Flipped Learning erfolgt die Wissensvermittlung digital

Information InteraktionInspirationPräsidiumsneuwahl BDVT Stephan Gingter im Interview:

„Die Menschen mitnehmen“ 6

2014 ICF Global Consumer Awareness StudyCoaching – wenig bekannt, aber

beliebt 8

Branchenticker 10

Achtsamkeit am ArbeitsplatzVom Ich zum Wir 12

Serie Neuro-Training

Lernen durch Ablenkung 15

Intuition als Business-ToolBrücken bauen fürs

Bauchgefühl 20

Serie Seminarbausteine

Stress, lass nach 24

Serie Train the Coach

Neue Wege aus dem

Schachmatt 27

Rezensionen

Medien des Monats 30

Praxistest „Tricky Team Tarp“Mit Ballgefühl nicht

einlochen 32

Serie Zielgruppen für Trainer und CoachsTraining für Azubis 34

Trainingsevaluation nach KirkpatrickTrotz Kritik weit verbreitet 37

Apps für Trainer, Teil 4Auch dazwischen dabei 40

Flipped Learning mit VideosZwischen Seminarraum und

Studio 44

Terminticker 48

Organisation

8 12 37 44

IMPRESSUM

Training aktuell erscheint zwölf Mal im Jahr. Herausgeber: Nicole Bußmann, Jürgen Graf, Ralf Muskatewitz. Redaktion: Nicole Bußmann (verantw.),

Miriam Wagner (CvD), Nadine Fischer, Catja Kauffmann, Sylvia Lipkowski, Nina Peters, Sascha Reimann. Freie Autoren: Martina Cyriax, Helmut

Fischer, Richard Graf, Jimmy Gut, Franz Hütter, Albrecht Kresse, Margit Kühne-Eisendle, Hubert Kuhn, Sandra Mareike Lang, Cornelia Löhmer, Leo

Molatore, Nico Rose, Thea Stäudel, Rüdiger Standhardt, Manfred Tischler, Julika Zwack. Titelbilder: Yuri/istock; Kirkpatrick Partners. Anzeigen: Uwe

Schmitt (verantw.), Anna Effertz-Köllen, Jens Röhler, Petra Weyers, Jutta Zeranski-Killich. Verlag: managerSeminare Verlags GmbH, Endenicher Straße

41, D-53115 Bonn, Tel.: 0228-977 91-0, Fax: 0228-977 91-77, www.trainingaktuell.de. Druck: Druckkontor Emden, Emden. Das Abonnement kostet jährlich

99,60 Euro, im Paket mit managerSeminare 178,- Euro. Die Preise verstehen sich inkl. MwSt. und Versandkosten. Erfüllungsort und Gerichtsstand:

Bonn. ISSN 0939-2688.

Inhalt

Page 4: Training aktuell – die Zeitschrift für Trainer, Berater ...ICF-Vorsitzende Damian Goldvarg. Seiner Ansicht nach bietet sie Coachs wichtige Hilfestellungen für Entschei-dungen rund

Personalentwickler im Seminar können Trainern die Hölle bereiten

ReflexionSerie „Die Trainerhölle“Eine bunte Mischung aus

Katastrophen 50

TrainingsspitzenGeh heim,

Geheimniskrämer! 52

Institut im InterviewForum – Institut für Manage-

ment GmbH: Am Anfang war der

Briefkasten 54

50

Vernetzen Sie sich mit Training aktuell:

www.facebook.com/

trainingaktuell

www.twitter.com/

trainingaktuell

Services für Abonnenten

Die Studie „WeiterbildungsSzene 2014“ als kostenloses eBookFast 2.500 Trainer, Coachs und Berater be-

fragte der Verlag managerSeminare in sei-

ner Methodenstudie „WeiterbildungsSze-

ne 2014“. Sie ist seit April erhältlich – mit

interessanten Ergebnissen und Analysen

zum methodisch-didaktischen Rüstzeug von

Weiterbildnern. Regulärer Preis: 99,50 Euro.

Abonnenten von Training aktuell erhalten

die Studie als kostenloses eBook. Infos unter

www.training aktuell.de/abonnement

Themen-DossiersDie Dossiers von Training aktuell bündeln die

wichtigsten Beiträge zu einem Thema in einem

E-Paper. Neu: „Vom Trainer zur Marke“. Das

Dossier erklärt, wie Trainer ihre Kunden emoti-

onal ansprechen und sich als Marke etablieren

können. Regulärer Preis: 19,80 Euro. Abonnen-

ten von Training aktuell erhalten das Dossier

kostenlos. Download unter bit.ly/1jCDBjz

Bücher zu SonderkonditionenNeu aufgelegt in der Edition Training aktu-

ell ist der Seminarfahrplan „Kommunikati-

onstrainings erfolgreich leiten“ von Thomas

Schmidt. Abonnenten erhalten Bücher der

Edition zu Sonderkonditionen. Für „Kommu-

nikationstrainings erfolgreich leiten“ zahlen

sie 39,90 statt 49,90 Euro – nur zu bestellen

über www. managerSeminare.de/EditionTA.

>>

>>

>>

Leser finden hier

100 Methoden für

den Einsatz von

Bildkarten in unter-

schiedlichen Set-

tings in Beratung

und Training.

Der Seminarfahrplan

von Thomas Schmidt

enthält ein fertig

d u r c h k o n z i p i e r t e s

Trainings-Design zu

den Grundlagen der

Kommunikation – mit

allen gefragten Inhal-

ten und Methoden.

Page 5: Training aktuell – die Zeitschrift für Trainer, Berater ...ICF-Vorsitzende Damian Goldvarg. Seiner Ansicht nach bietet sie Coachs wichtige Hilfestellungen für Entschei-dungen rund

8 Trainingaktuell | Juli 2014

Wie groß ist das Bewusstsein für professionelles Coaching in der brei-ten Öffentlichkeit? Was denken die Menschen über Coaching? Und was bringt sie dazu, einen Coach aufzusu-chen? Diesen Fragen widmet sich eine jüngst von der International Coach Fe-deration (ICF) veröffentlichte Studie, die 2014 ICF Global Consumer Aware-ness Study.

Wie gewohnt bei Studien des welt-weit größten Berufsverbands für Coachs hat das Ergebnis aufgrund der großen Teilnehmerzahl und der

2014 ICF GLOBAL CONSUMER AWARENESS STUDY

Coaching – wenig bekannt, aber beliebt

InformationInformation

Eine aktuelle Studie untersucht, wie weit Coaching weltweit bereits ins allgemeine Bewusstsein vorgedrungen ist. Die Ergebnisse für Deutschland sind eher ernüchternd. Allerdings: Wer sich hierzulande coachen lässt, ist mit dem Ergebnis meist besonders zufrieden. Trai-ning aktuell mit den wichtigsten Ergebnissen.

wissenschaftlichen Fundierung glo-bale Relevanz. Befragt wurden 18.810 potenzielle Coachingkunden in 25 Ländern – darunter neben den angel-sächsischen und vielen europäischen Staaten etwa auch Schwellenländer wie China, Indien, Südafrika und Bra-silien.

„Die Studie ist ein unschätzbares Tool, weil sie einen direkten Einblick in die Ansichten der Konsumenten gewährt“, erklärt der internationale ICF-Vorsitzende Damian Goldvarg. Seiner Ansicht nach bietet sie Coachs

wichtige Hilfestellungen für Entschei-dungen rund um ihre professionelle Entwicklung, ihre Weiterbildung und ihr Marketing.

78 Prozent der Deutschen wissen nicht, was Coaching ist

Zentrales Ergebnis der Studie: Welt-weit gaben 58 Prozent der Befragten an, dass sie sich Business und/oder Life Coaching bewusst sind. Damit stieg dieser Wert seit der vergange-nen Befragung vor drei Jahren um sie-ben Prozent. Für Deutschland ergibt sich allerdings ein deutlich anderes Bild. Hierzulande erklärten ledig-lich 22 Prozent, eine Vorstellung von Coaching zu haben, 78 Prozent ver-neinten dies. Damit ist der Anteil der Coaching-„Dummies“ unter den Deut-schen nicht nur fast doppelt so hoch wie im weltweiten Durchschnitt, er ist auch in den vergangenen Jahren deut-lich weniger stark gesunken – nur um etwa ein Prozent.

Das liegt u.a. auch daran, dass die Studienteilnehmer in Deutschland äl-ter als im globalen Durchschnitt sind. Denn das Alter – so ein weiteres wich-tiges Ergebnis – hat einen starken Ein-fluss darauf, ob der Befragte Coaching kennt und schon einmal in dessen Ge-nuss gekommen ist. So herrscht welt-weit das größte Coaching-Bewusstsein in der Gruppe der 25- bis 34-Jährigen (67 Prozent), das geringste in der Ko-horte 55+ (48 Prozent) – zwischen den Geschlechtern sind hingegen kaum Unterschiede festzustellen.

Allerdings lassen sich die Unter-schiede, inwieweit Coaching bekannt ist, nicht alleine auf demografische Aspekte zurückführen, wie die Studie betont. Die Erhebung zeigt auch: Ge-nerell hinkt nicht nur Deutschland, sondern ganz Kontinentaleuropa dem angelsächsischen Raum in Sachen Coaching noch immer deutlich hinter-her.

Foto: Ojo Images

Wie weit ist Coaching der brei-ten Öffentlichkeit bekannt? In Deutschland gibt es hier noch Nachholbedarf, wie eine international angelegte Studie zeigt.

Page 6: Training aktuell – die Zeitschrift für Trainer, Berater ...ICF-Vorsitzende Damian Goldvarg. Seiner Ansicht nach bietet sie Coachs wichtige Hilfestellungen für Entschei-dungen rund

12 Trainingaktuell | Juli 2014

Beim Training Achtsamkeit am Arbeitsplatz (TAA) lernen die Teilnehmer nicht nur die Grundlagen der populären Medita-tionstechnik kennen, sondern auch, wie sie die Übungen in ihren Arbeitsalltag integrieren können. Was das Konzept aus-macht und wie Trainer es selbst anwenden können, erklären Cornelia Löhmer und Rüdiger Standhardt.

„Mit unseren Handys und elektroni-schen Organizern sind wir inzwischen in der Lage, mit allem und jedem in Kontakt zu treten. In diesem Prozess laufen wir jedoch Gefahr, niemals in Kontakt mit uns selbst zu sein.“ So beschreibt der weltweit bekannte Achtsamkeitsforscher Jon Kabat-Zinn ein zentrales Dilemma der moder-

nen Arbeits- und Lebens-welt: Die Anforderungen und die Geschwindigkeit nehmen ständig zu, gleich-zeitg verlieren immer mehr Menschen die Fähigkeit, in ihrem durch Hektik und Arbeitsdruck geprägten All-tag mit wachem Geist zu

TRAININGSANSATZ ACHTSAMKEIT AM ARBEITSPLATZ

Vom Ich zum Wir

Inspiration

Foto:Yuri/ istock

agieren. Stattdessen funktionieren sie mehr oder weniger unbewusst, mit der Folge, dass sie ihre physischen und seelischen Bedürfnisse übergehen. Geschieht dies langfristig, entwickeln Menschen die bekannten Stresssymp-tome.

Um den Herausforderungen des All-tags gewachsen zu sein und Stress-erkrankungen vorzubeugen, braucht es wirksame Gegenpole: Innehalten, Stille und Entschleunigung. In der Praxis hat sich dafür das Konzept der Achtsamkeit bewährt, das seit einigen Jahren immer populärer wird (siehe Kasten rechts).

Achtsamkeit lernen

Auf der Basis unserer eigenen Er-fahrungen mit Achtsamkeit sowie unserer langjährigen Trainings- und Coachingerfahrung haben wir das Training Achtsamkeit am Arbeitsplatz (TAA) entwickelt. Dabei handelt es sich um ein systematisches Programm zur Stress- und Burnout-Prophylaxe. Wichtigstes Ziel des Trainings ist es, Mitarbeitern und Führungskräften eine bestimmte Grundhaltung der Achtsamkeit zu vermitteln und sie da-durch in einen tieferen Kontakt mit sich selbst zu bringen.

Wer Achtsamkeit übt, lernt, im All-tag bewusster mit sich selbst und an-deren umzugehen und Aufgaben mit mehr Klarheit, Ruhe und Effektivität auszuführen. Im besten Fall erwächst daraus eine höhere Arbeitszufrieden-heit und mehr Lebensenergie.

Von der PE zur OE

Das Konzept setzt auf der individu-ellen Ebene an. Das heißt: Zunächst

Page 7: Training aktuell – die Zeitschrift für Trainer, Berater ...ICF-Vorsitzende Damian Goldvarg. Seiner Ansicht nach bietet sie Coachs wichtige Hilfestellungen für Entschei-dungen rund

Trainingaktuell | Juli 2014 37

Sie gehört wohl zu den wichtigsten, aber auch unbeliebtesten und damit am stärksten vernachlässigten Aufgaben von Trainern und Personalentwicklern: die Evaluation von Weiterbildungsmaß-nahmen. Wenn sie denn stattfindet, beschränkt sich die Evaluation meist auf den klassischen Feedback-Bogen, den die Teilnehmer unmittelbar im An-schluss an das Seminar ausfüllen.

In der Regel finden sich dort Fragen wie „Wurden Ihre Erwartungen er-füllt?“ oder „Ging der Dozent auf Ihre Fragen ein?“ Antworten darauf liefern zwar erste Indizien über die Teilneh-merzufriedenheit und stimmige or-ganisatorische Rahmenbedingungen – mehr aber auch nicht.

Als alleiniges Instrument ist ihr Nutzen zweischneidig, gerne werden sie auch als sogenannte „Happiness-Sheets“ belächelt: Die Teilnehmer sind begeistert über den sympathischen Trainer, Personalabteilungen und Ver-anstalter haben ihr Gewissen beru-higt, weil eine Grundvoraussetzung für den Lernerfolg abgefragt wurde. Nur fünf bis zehn Prozent der Trainer und Personalabteilungen, so schätzen Experten, bemühen sich um Antwor-ten auf darüber hinausgehende Fra-gen:

A Was konkret haben die Teilnehmer gelernt? A Wird das Gelernte vom Teilnehmer am Arbeitsplatz auch umgesetzt? A Sind in Folge der Anwendung neuen Wissens messbare Verbesserungen im Unternehmen nachweisbar? A Haben diese positive Auswirkungen auf wirtschaftliche Kennzahlen?Diese Fragen stehen nach der Ein-

gangsfrage der Teilnehmerzufrieden-heit für vier Ebenen des Trainingsnut-zens – und damit für ein Denkmodell, das bereits in den 1950er-Jahren von dem US-Professor Donald Kirkpatrick entwickelt wurde und bis heute häu-fig für die Evaluation von Weiterbil-dungsmaßnahmen genutzt wird.

Die Begriffe reaction, learning, be-havior und results bezeichnen dabei die Kriterien, die in diesem Modell Schritt für Schritt analysiert werden müssen, um brauchbare Aussagen über die Wirksamkeit von Trainings-maßnahmen machen zu können.

TRAININGSEVALUATION NACH KIRKPATRICK

Trotz Kritik weit verbreitet

Organisation

>>

Der Vater der Trainingsevalua-tion, Donald L. Kirkpatrick, ist tot. Er entwickelte vor 60 Jahren einen Ansatz, der noch heute oft im Bildungscontrolling genutzt wird: das Vier-Stufen-Modell. Training aktuell mit einer kriti-schen Würdigung.

Mehr als 70.000 Mal verkaufte sich das Buch von Donald Kirkpatrick über Trai-ningsevaluation. Sein Modell erfreut sich auch noch heute großer Beliebtheit, obwohl es auch stark in die Kritik geraten ist.

Foto

: Kir

kpat

rick

Par

tner

s

Page 8: Training aktuell – die Zeitschrift für Trainer, Berater ...ICF-Vorsitzende Damian Goldvarg. Seiner Ansicht nach bietet sie Coachs wichtige Hilfestellungen für Entschei-dungen rund

44 Trainingaktuell | Juli 2014

Für viele Trainer ist es nicht nur ein abstrak-ter Trend, sondern harte Business-Realität: Un-ternehmen buchen immer seltener umfassende, mehrtätige Präsenzschulungen. Der Grund: Im-mer mehr Personalentwickler monieren, dass herkömmliche Seminare teuer und organisati-onsaufwändig sind – und dabei immer nur einer relativ kleinen Zahl von Mitarbeitern zugute kommen. Zudem fürchten die HR-Entscheider,

FLIPPED LEARNING MIT VIDEOS

Zwischen Seminarraumund Studio

Das neue Lernformat Flipped Learning dreht die Interaktion zwi-schen Trainer und Teilnehmer um: Die reine Wissensvermittlung erfolgt über digitale Kanäle, während im Seminar die praktische Anwendung im Mittelpunkt steht. Warum sich Trainer auf den Trend einstellen sollten und was das für sie bedeutet, erklärt Video-Lern-Experte Leo Molatore.

Interaktion

Foto: Pink University

die intern zunehmend den Erfolg der von ihnen gewählten Maßnahmen nachweisen müssen, dass der Lernef-fekt von solchen einmaligen Veran-staltungen zu schnell verpufft.

Innovativ interagieren

Die Personalentwickler schauen sich deshalb nach alternativen Lern-formaten um – und erwarten auch von ihren Weiterbildungspartnern, dass diese ihnen die Vorteile neuer Ansät-ze bieten können. Die Einbindung von Digital-Learning-Tools wird dabei immer mehr zum Standard. Insbeson-dere Videos setzen sich durch. Kein Wunder: Sie bieten von allen digitalen Lernmedien die persönlichste Anspra-che der Lernenden und sind besonders eingängig, weil sie durch die Verwen-dung von Bild, Text und Ton mehrere Sinne ansprechen. Außerdem sind sie dank hoher Internet-Bandbreiten heu-te jederzeit, überall und so oft wie ge-wünscht abrufbar.

Trainer und Coachs werden dadurch keineswegs ersetzt. Trotzdem dür-fen sie diese neuen Entwicklungen nicht ignorieren. Vielmehr sollten sie die Situation als Chance begreifen, sich am Markt zu behaupten, indem sie ihr Angebotsspektrum um einen neuen Interaktionskanal erweitern. Beispielsweise im Rahmen von Flip-ped-Learning-Formaten, die in der schulischen und universitären Lehre nicht nur in den USA immer mehr An-hänger finden (siehe Kasten rechts).

Die Qualität von Lern videos fällt immer auf den Trainer zu-rück. Deshalb lohnt es sich, mit Profis zu arbeiten.

Page 9: Training aktuell – die Zeitschrift für Trainer, Berater ...ICF-Vorsitzende Damian Goldvarg. Seiner Ansicht nach bietet sie Coachs wichtige Hilfestellungen für Entschei-dungen rund

50 Trainingaktuell | Juli 2014

Die Seminarthemen passen nicht zusammen, die Teilnehmer sind zu heterogen – und schließlich taucht auch noch der Chefpersonal-entwickler auf, um den Teilnehmern auf den Zahn zu fühlen. Albrecht Kresse mit einem neuen Fall unserer Serie „Die Trainerhölle“.

Reflexion

Wir hatten offensichtlich alles richtig ge-macht: ein neuer Kunde mit mehreren Tausend Mitarbeitern, ein Mittelständler, innovativ und erfolgreich. Das moderne Firmengelände – beein-druckend! Die Ausstattung überall vom Feinsten. Auch die Räume im Trainingszentrum ließen kei-ne Wünsche offen. Wir hatten mehrere Stunden lang den Seminarraum vorbereitet, alle Charts gezeichnet, das Material und die Ausrüstung ge-checkt, alles genauestens arrangiert für unseren perfekten Start bei einem hoffentlich langjähri-gen künftigen Kunden.

Dann nahm das Verhängnis seinen Lauf. Ge-nau genommen hatte es schon lange vorher ange-fangen. Denn erstens stimmte das Thema nicht bzw. die Kombination. Für Führungskräfte und solche, die es erst noch werden sollten, sollten

LITERATURDer Beitrag stammt aus dem

Buch: Schulze-Seeger, Jürgen u.a.:

Abenteuer aus der Trainerhölle.

Strategien und Lösungen für 49

kritische Seminarsituationen. Beltz,

Weinheim 2013, 39,95 Euro.

an zwei Tagen Themen aus dem Bereich Kommunika-tion mit Selbst- und Zeit-management kombiniert werden. Passt das wirklich zusammen? Wir hatten ver-sucht, den Kunden davon abzubringen, es war uns aber nicht gelungen.

Zweitens war die Ziel-gruppe offensichtlich viel zu heterogen. Gestandene Führungskräfte mit jeder Menge Erfahrung zusam-men mit Nachwuchsfüh-rungskräften mit Potenzial und jungen Führungskräf-

ten, die gerade erst benannt worden waren. Macht das Sinn?

Drittens: Auf der Teilnehmerliste war plötzlich der Name einer Mitar-beiterin aus der Personalentwicklung aufgetaucht. Wir hatten das noch zu verhindern versucht, aber die Liste er-reichte uns erst wenige Tage vor dem Training. Jetzt hatten wir schon so viel investiert, und nun alles platzen lassen, nur wegen einer Personalerin? Man versicherte uns, dies sei im Un-ternehmen üblich. Wir müssten uns keine Sorgen machen, es handle sich keineswegs um ein Assessment. Die Mitarbeiter seien dies gewohnt, und die Kollegin werde auch nicht unan-genehm auffallen. Wir einigten uns auf den Kompromiss: Die Personalerin würde als normale Teilnehmerin beim Seminar mitmachen.

Wir wollten das volle Programm zeigen

Viertens: Wir hatten die Trainings-kultur bei dem Kunden nicht wirklich sauber geprüft. Aber schließlich waren wir ja als bunte Edutainment-Trai-ningsgruppe eingekauft worden. Und bei einem neuen Kunden wollten wir natürlich das volle Programm zeigen. Kann man so viele Fehler auf einmal machen? Ja, man kann.

Am Ende wurde es eine wunderbar bunte Mischung aus verschiedenen Katastrophen. Es begann damit, dass wenige Minuten vor Seminarbeginn noch zwei andere Damen aus der Per-sonalabteilung kamen, die ebenfalls

SERIE „DIE TRAINERHÖLLE“

Eine bunte Mischung aus Katastrophen

Illustration: Jürgen Schulze-Seeger

Reflexion

Page 10: Training aktuell – die Zeitschrift für Trainer, Berater ...ICF-Vorsitzende Damian Goldvarg. Seiner Ansicht nach bietet sie Coachs wichtige Hilfestellungen für Entschei-dungen rund

Jetzt Training aktuell bestellen: Oder einfach anrufen:

www.trainingaktuell.de/abo 0228/97791-23

Warum ich Training aktuell lese ...

Trainer lesen Training aktuell. Coachs auch!

Trainingaktuell24. Jahrgang Nr. 11/2013, 4. November 2013

EUR 9,80 | G 25220

Die Zeitschrift für Trainer, Berater und Coachs

www.trainingaktuell.de

COACHINGAUSBILDUNGEN IM TEST

Was qualifiziert zum Coach?

AUSGEZEICHNETE COACHING-METHODE

Mit Tetralemma und Timeline-Arbeit aus dem Entscheidungsdilemma

WEITERBILDUNGSVERHALTEN

Warum Führungskräfte Coaching

wollen, aber selten buchen

WEBSEITEN-ANALYSE

Durch optimierte Homepages

neue Kunden gewinnen

SERIE NEURO-TRAINING

Mit Hilfe der Hirnforschung

Teilnehmereinwände entkräften

„Als Abonnent der Zeitschrift spare ich mit jedem Buch

aus der Edition 10 Euro. Letztes Jahr habe ich so

50 Euro weniger gezahlt.“

TA-Abowerbung2014.indd 6 28.05.14 10:32