198

Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

  • Upload
    others

  • View
    0

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung
Page 2: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Birgit Bodenstein-Köppl

Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China

Page 3: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

GABLER RESEARCH

Markt- und Unternehmensentwicklung /Markets and Organisations

Herausgegeben von

Professor Dr. Dres. h. c. Arnold Picot

Professor Dr. Professor h. c. Dr. h. c. Ralf Reichwald

Professor Dr. Egon Franck

Professorin Dr. Kathrin Möslein

Der Wandel von Institutionen, Technologie und Wettbewerb prägt in vielfältiger

Weise Entwicklungen im Spannungsfeld von Markt und Unternehmung. Die

Schriftenreihe greift diese Fragen auf und stellt neue Erkenntnisse aus Theorie

und Praxis sowie anwendungsorientierte Konzepte und Modelle zur Diskussion.

Page 4: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Birgit Bodenstein-Köppl

Transformationvon Fernsehformatenin die Volksrepublik China Eine institutionenökonomische Betrachtung der Internationalisierung

Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Dres. h.c. Arnold Picot

RESEARCH

Page 5: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Bibliografi sche Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der

Deutschen Nationalbibliografi e; detaillierte bibliografi sche Daten sind im Internet über

<http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

Dissertation Universität München, 2010

1. Aufl age 2011

Alle Rechte vorbehalten

© Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011

Lektorat: Stefanie Brich | Sabine Schöller

Gabler Verlag ist eine Marke von Springer Fachmedien.

Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media.

www.gabler.de

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede

Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist

ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere

für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfi lmungen und die Einspei-

cherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem

Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche

Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten

wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.

Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg

Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier

Printed in Germany

ISBN 978-3-8349-2282-3

Page 6: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Geleitwort

Während sich die Internationalisierung des Handels und der Unternehmenstätigkeit im All-gemeinen in der Literatur vor allem auf die Produktion und den Vertrieb von Sachgütern er-streckt, ist der internationale Handel von immateriellen Gütern und Dienstleistungen bisher weniger stark untersucht worden. Auf der anderen Seite sind große Teile der weltweiten Wirt-schaftsbeziehungen durch Finanzdienstleistungen und andere eher immaterielle Güter und Leistungen gekennzeichnet. Eine Kategorie, die in manchen Ländern (z. B. in den USA) eine besondere internationale Bedeutung für die nationale Wirtschaft erlangt hat, ist die Medien-wirtschaft, insbesondere die Film- und Fernsehindustrie. Die Frage, ob und wie Film- und Fernsehformate für den internationalen Handel und Transfer in andere Länder und Kulturen geeignet sind, ist in der Theorie und Empirie internationaler Unternehmenstätigkeit bislang kaum behandelt worden. Sieht man von einer „imperialistischen“ Perspektive der Übertra-gung von Kulturgütern von einem Raum in den anderen einmal ab, so dürfte es naheliegend sein, dass Medienprodukte, die stets eine gewisse regionale und kulturelle Bindung aufwei-sen, nicht ohne weiteres in andere Räume übertragen werden können. Insofern muss es – so-fern internationaler Handel und Transfer auf dem Gebiet überhaupt möglich sind – zu spezifi-schen Vereinbarungen und Anpassungen kommen, damit Geschäfte realisiert werden können.

Vor diesem Hintergrund setzt sich die vorliegende Arbeit mit der wichtigen Frage auseinan-der, ob und wie das Medienprodukt „Fernsehformat“ von einem Kulturraum in einen anderen erfolgreich übertragen und vermarktet werden kann. Dies soll am Beispiel der Volksrepublik China als Empfänger und aufnehmendes Land eines Fernsehformats untersucht werden. Ba-sierend auf den Erkenntnissen des theoretischen Rahmens der Neuen Institutionenökonomie wird dabei analysiert, wie der Prozess der Transformation eines Fernsehformats in ein Land wie China verläuft. In diesem Zusammenhang geht es v. a. um die Beantwortung der Fragen, welche Bedeutung das zu übertragende Wirtschaftsgut Fernsehformat in einem solchen Trans-formationsprozess hat, welche Rolle die Rahmenbedingungen des Ziellandes für diesen Transformationsprozess spielen, welche Kosten-Nutzen-Relationen aus der Sicht der Akteure den Transformationsprozess bestimmen und wie sich der Transformationsprozess insgesamt inhaltlich, ökonomisch und zeitlich gestaltet. Neben einer theoretischen Durchdringung wird die Problematik zusätzlich durch eine empirische Untersuchung anhand von ausgesprochen interessanten Fallstudien anschaulich illustriert und vertieft. Im Ergebnis verdeutlicht die Ar-beit, dass die Transformation eines Fernsehformats in einen ganz anderen Kulturraum wie den Chinas einen spezifischen Prozess darstellt, der insbesondere von drei Faktoren weitgehend bestimmt wird: den besonderen Eigenschaften des Gutes, den spezifischen Rahmenbedingun-gen des Ziellandes und den Verhaltensweisen der Akteure.

Page 7: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Geleitwort VI

Somit ist die Arbeit sehr beachtenswert, da sie eine neuartige, gleichzeitig aber sehr relevante Frage aufgreift und diese sowohl theoretisch als auch empirisch fundiert betrachtet. Die Er-gebnisse sind sowohl für die Wissenschaft als auch für die Praxis interessant und weiter zu verfolgen. Vor diesem Hintergrund ist zu hoffen, dass die Arbeit in Wissenschaft und Praxis die verdiente Aufmerksamkeit und Resonanz findet und dazu beiträgt, den Prozess und die Einflussfaktoren der Transformation von Fernsehformaten in andere Kulturräume besser zu verstehen und zu gestalten.

Arnold Picot

Page 8: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Vorwort

Es ist zu beobachten, dass die Internationalisierung im Medienbereich zunehmendes Interesse weckt. Medienprodukte sind in der Regel kulturraumabhängig. Somit ist es spannend zu hin-terfragen, ob und wie ein bestehendes Fernsehformat in einen anderen Kulturraum transfor-miert werden kann. Besonders reizvoll scheint in diesem Zusammenhang eine Untersuchung einer Transformation in einen Kulturraum, welcher sich in seinen Rahmenbedingungen von demjenigen des Formatanbieters erheblich unterscheidet. Die Arbeit widmet sich deshalb ei-nem der größten Fernsehmärkte der Welt zu: China.

Ausgehend von der These, dass der Transformationsprozess von den Eigenschaften des Wirt-schaftsgutes, bestimmten Rahmenbedingungen des Ziellandes und Verhaltensweisen der be-teiligten Akteure geprägt ist, wird zunächst der Begriff des Fernsehformats diskutiert und die chinesische Fernsehlandschaft vorgestellt. Die empirische Analyse der Transformation von fiktionalen und nonfiktionalen Fernsehformaten erfolgt anhand von drei Fallstudien. Theore-tisch begleitet wird die Untersuchung von der Neuen Institutionenökonomie, welche in einen chinesischen Kontext gestellt wird. Die Erarbeitung eines theoretischen Bezugsrahmens und die Zusammenführung der Ergebnisse liefern sowohl Formatanbietern wertvolle Handlungs-empfehlungen als auch Wissenschaftlern weitere Forschungsmöglichkeiten.

Die Arbeit entstand am Institut für Information, Organisation und Management von Professor Dr. Dres. h.c. Arnold Picot an der Ludwig-Maximilians-Universität in München und wurde im Februar 2010 vom Promotionsausschuss für Betriebswirtschaftslehre als Dissertation an-genommen.

Jede Arbeit trägt die Handschrift ihres Verfassers und auch derer, die eine solche begleitet und unterstützt haben.

Besonders herzlicher Dank gebührt zuerst meinem Doktorvater Professor Dr. Dres. h.c. Ar-nold Picot für die exzellente fachliche und persönliche Betreuung. Für die freundliche Über-nahme des Korreferats gilt mein Dank darüber hinaus Professor Dr. Thomas Hess.

Für zahlreiche fachliche Diskussionen und Anregungen im Rahmen gemeinsamer Doktoran-denseminare möchte ich mich bei meinen Mitdoktoranden bedanken, die der Arbeit immer wieder neue Impulse verliehen. Großer Dank gilt Frau Dr. Rahild Neuburger, die mir während der gesamten Dissertationsphase als treue Ansprechpartnerin zur Seite stand. Nicht missen möchte ich auch die Unterstützung des gesamten Lehrstuhlteams.

Weiterhin möchte ich mich ganz herzlich bei meinen Interviewpartnern und Experten bedan-ken. Durch ihre Fachinformationen und Diskussionsbereitschaft haben sie wesentlich zum Gelingen der Arbeit beigetragen.

Page 9: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Vorwort VIII

Ein ganz besonderer Dank gilt meinen Eltern Maria und Hermann Köppl. Ihr habt mir meine akademische Laufbahn ermöglicht, mich in jeder nur erdenklichen Form unterstützt und ge-fördert und mir damit ein wertvolles Fundament geschenkt.

Mein größter Dank während der Dissertation gilt meinem Ehemann Frank. Du hast mir stets den Rücken freigehalten und gestärkt und mir in jeder Phase der Dissertation Kraft gegeben.

Nun darf ich auf eine wunderbare Zeit und auf einen enormen Erfahrungsgewinn zurückbli-cken.

Ich wünsche allen Lesern eine interessante und aufschlussreiche Lektüre und wertvolle Anre-gungen sowohl aus der praxisorientierten als auch aus der wissenschaftlichen Perspektive.

Birgit Bodenstein-Köppl

Page 10: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Inhaltsverzeichnis

Geleitwort ................................................................................................................................. V

Vorwort ................................................................................................................................. VII

Inhaltsverzeichnis ................................................................................................................... IX

Abbildungsverzeichnis ........................................................................................................XIII

Abkürzungsverzeichnis ........................................................................................................ XV

1 Einleitung ......................................................................................................................... 1

1.1 Problemstellung, Motivation und Relevanz ........................................................... 1

1.2 Zielsetzung, Forschungsfrage und Forschungsdesign ........................................... 3

1.3 Aufbau der Arbeit .................................................................................................... 5

2 Das chinesische Fernsehsystem ...................................................................................... 7

2.1 Das Fernsehsystems Chinas von der Planwirtschaft zur sozialistischen Marktwirtschaft ....................................................................................................... 7

2.2 Der heutige Fernsehmarkt Chinas .......................................................................... 8

2.3 Rechtliches und technisches Umfeld ....................................................................... 9

2.4 Ökonomisches Umfeld ............................................................................................ 13

2.5 Zusammenfassung .................................................................................................. 15

3 Begriffsabgrenzung Fernsehformat ............................................................................ 16

3.1 Fernsehen und Fernsehsendung ............................................................................ 16

3.2 Fernsehformat ......................................................................................................... 19

3.3 Zusammenhang Fernsehsendung und Fernsehformat ....................................... 22

3.4 Fernsehformat als Wirtschaftsgut ........................................................................ 25

3.5 Zusammenfassung .................................................................................................. 32

4 Begriffsabgrenzung Internationalisierung ................................................................. 33

4.1 Internationalisierung .............................................................................................. 33

4.2 Internationalisierungstheorien .............................................................................. 36

4.3 Zusammenfassung .................................................................................................. 42

Page 11: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Inhaltsverzeichnis X

5 Das Theoriegebäude der Neuen Institutionenökonomie ........................................... 44

5.1 Property-Rights-Theorie ........................................................................................ 46

5.2 Transaktionskostentheorie .................................................................................... 48

5.3 Principal-Agent-Theorie ........................................................................................ 51

5.4 Zusammenfassung .................................................................................................. 52

6 Theoretischer Bezugsrahmen im chinesischen Kontext aus Sicht der Neuen Institutionenökonomie (NIÖ) ....................................................................................... 55

6.1 Das Institutionengefüge der Neuen Institutionenökonomie ............................... 56

6.2 Ebene der fundamentalen Institutionen: Menschenrechte, Geld, Kultur ......... 61 6.2.1 Entscheidungsrechte, Menschenrechte, Freiheitsrechte ....................................... 62 6.2.2 Geld ...................................................................................................................... 63 6.2.3 Kultur .................................................................................................................... 63

6.2.3.1 Sprache ......................................................................................................... 64 6.2.3.2 Religion ........................................................................................................ 64 6.2.3.3 Geschichte .................................................................................................... 66 6.2.3.4 Kulturfaktoren der VR China ....................................................................... 67 6.2.3.5 Guanxi als zentraler Kulturfaktor ................................................................. 69

6.2.4 Die Ebene der fundamentalen Institutionen im Kontext des Bezugsrahmens ...... 73

6.3 Die Ebene der abgeleiteten Institutionen: Gesetzliche Rahmenbedingungen .. 75 6.3.1 Verträge ................................................................................................................ 75 6.3.2 Gesetze ................................................................................................................. 76 6.3.3 Gerichtsurteile ...................................................................................................... 79 6.3.4 Die Ebene der abgeleiteten Institutionen im Kontext des Bezugsrahmens .......... 79

6.4 Ebene der Marktbeziehungen ............................................................................... 80 6.4.1 Informelle Regeln einer Transaktion .................................................................... 81 6.4.2 Antrieb einer Transaktion ..................................................................................... 82 6.4.3 Kosten/Nutzen-Relation einer Transaktion .......................................................... 82 6.4.4 Die Ebene der Marktbeziehungen im Kontext des Bezugsrahmens ..................... 86

6.5 Theoretischer Bezugsrahmen ................................................................................ 90

7 Fallstudien zur Transformation von Fernsehformaten nach China ........................ 92

7.1 Forschungsstrategie ................................................................................................ 92

7.2 Fallauswahl und methodische Vorgehensweise ................................................... 94

Page 12: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Inhaltsverzeichnis XI

7.3 Fallstudie „Wanna Challenge?“ ............................................................................ 95 7.3.1 Ausgangslage ........................................................................................................ 96

7.3.1.1 Das deutsche Format „Wetten, dass..?“ ........................................................ 96 7.3.1.2 Akteure ......................................................................................................... 98 7.3.1.3 Motivation .................................................................................................... 99

7.3.2 Verhandlungsphase ............................................................................................. 102 7.3.2.1 Anbahnung ................................................................................................. 102 7.3.2.2 Vereinbarung .............................................................................................. 103 7.3.2.3 Abwicklung ................................................................................................ 107

7.3.3 Betriebsphase ...................................................................................................... 108 7.3.3.1 Einführung .................................................................................................. 109 7.3.3.2 Wachstum ................................................................................................... 112

7.3.4 Rückblick ............................................................................................................ 116

7.4 Fallstudie: „Super Girl“ ....................................................................................... 117 7.4.1 Ausgangslage ...................................................................................................... 117

7.4.1.1 Das deutsche Format: „Deutschland sucht den Superstar“ ........................ 117 7.4.1.2 Akteure ....................................................................................................... 119 7.4.1.3 Motivation .................................................................................................. 120

7.4.2 Transformation ................................................................................................... 120 7.4.3 Rückblick ............................................................................................................ 122

7.5 Fallstudie „Derrick“ ............................................................................................. 124 7.5.1 Ausgangslage ...................................................................................................... 124

7.5.1.1 Das deutsche Format „Derrick“ .................................................................. 125 7.5.1.2 Die Akteure ................................................................................................ 126 7.5.1.3 Motivation .................................................................................................. 127

7.5.2 Transformation ................................................................................................... 127 7.5.3 Rückblick ............................................................................................................ 128

7.6 Definition Transformationsprozess .................................................................... 129

8 Analyse der Fallstudien mittels des Theoretischen Bezugsrahmens und der bisherigen Ergebnisse ................................................................................... 130

8.1 Analyse der Ebene der fundamentalen Institutionen: Menschenrechte, Geld, Kultur ............................................................................ 131

8.1.1 Entscheidungsrechte, Menschenrechte, Freiheitsrechte ..................................... 131 8.1.2 Geld .................................................................................................................... 132 8.1.3 Sprache, Religion, Geschichte ............................................................................ 132

8.1.3.1 Sprache ....................................................................................................... 132 8.1.3.2 Religion ...................................................................................................... 133 8.1.3.3 Geschichte .................................................................................................. 134

8.1.4 Guanxi und die Kulturfaktoren ........................................................................... 135 8.1.5 Kulturelle Lücke auf der Ebene der fundamentalen Institutionen ...................... 138

Page 13: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Inhaltsverzeichnis XII

8.2 Analyse der Ebene der abgeleiteten Institutionen: Gesetzliche Rahmenbedingungen ....................................................................... 139

8.2.1 Verträge .............................................................................................................. 139 8.2.2 Gesetze ............................................................................................................... 142 8.2.3 Gerichtsurteile .................................................................................................... 146 8.2.4 Kulturelle Lücke ................................................................................................. 146

8.3 Analyse der Ebene der Marktbeziehungen ........................................................ 148 8.3.1 Informelle Regeln ............................................................................................... 149 8.3.2 Analyse des Transformationsprozesses „Derrick“ ............................................. 150 8.3.3 Analyse des Transformationsprozesses „Wanna Challenge?“ ........................... 151

8.3.3.1 Verhandlungsphase: Spannungszustand Anbahnung ................................. 151 8.3.3.2 Verhandlungsphase: Spannungszustand Vereinbarung .............................. 153 8.3.3.3 Lizenz versus Kopie ................................................................................... 155 8.3.3.4 Betriebsphase .............................................................................................. 156

8.4 Der Bezugsrahmen im Kontext existierender Internationalisierungstheorien ........................................................................... 158

9 Ausblick ........................................................................................................................ 161

Anhang ................................................................................................................................... 163

Literaturverzeichnis ............................................................................................................. 165

Stichwortverzeichnis ............................................................................................................ 181

Page 14: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Wertkette der Fernsehwirtschaft .......................................................................... 2Abbildung 2: Aufbau der Dissertation ....................................................................................... 6Abbildung 3: Der administrative Aufbau des Fernsehsystems in der VR China ....................... 8Abbildung 4: Wertkette Fernsehen ............................................................................................. 9Abbildung 5: Kanäle CCTV ..................................................................................................... 12Abbildung 6: Werbung als Wachstumsindikator...................................................................... 14Abbildung 7: Klassifizierung von Fernsehsendungen .............................................................. 18Abbildung 8: Auswahl Definitionen Fernsehformat ................................................................ 20Abbildung 9: Formatarten ........................................................................................................ 21Abbildung 10: Definition Fernsehformat ................................................................................. 22Abbildung 11: Die mediale Wertschöpfungskette.................................................................... 23Abbildung 12: Zusammenhang Fernsehsendung und Fernsehformat ...................................... 24Abbildung 13: Klassifikation von Wirtschaftsgütern ............................................................... 25Abbildung 14: Objektbündel eines Fernsehformats ................................................................. 31Abbildung 15: Markteintrittsformen ........................................................................................ 34Abbildung 16: Theorien mit der Frage der Temporalität ......................................................... 37Abbildung 17: Theorien mit der Frage der Lokalität ............................................................... 39Abbildung 18: Theorien mit der Frage der Modalität .............................................................. 41Abbildung 19: Analyserahmen aus Sicht der NIÖ (graphisch) ................................................ 53Abbildung 20: Analyserahmen aus Sicht der NIÖ (inhaltlich) ................................................ 54Abbildung 21: Drei Regelungsebenen ...................................................................................... 58Abbildung 22: Analyseebenen aus Sicht der NIÖ ( graphisch) ............................................... 60Abbildung 23: Kulturfaktoren der VR China ........................................................................... 68Abbildung 24: Die Rationalitätsfalle im Gefangenendilemma ................................................ 77Abbildung 25: Struktur eines Problems ................................................................................... 82Abbildung 26: Quellen von Nutzen und Kosten ...................................................................... 83Abbildung 27: Analyseebene der Marktbeziehungen aus Sicht der NIÖ (graphisch) ............. 86Abbildung 28: Spannungszustand Anbahnung ........................................................................ 87Abbildung 29: Spannungszustand Vereinbarung ..................................................................... 88Abbildung 30: Theoretischer Bezugsrahmen ........................................................................... 91Abbildung 31: Vorgehen Fallstudie „Wanna Challenge?“ ...................................................... 96Abbildung 32: Top 15 im Jahr 2003 ......................................................................................... 97Abbildung 33: Organigramm CCTV ...................................................................................... 101Abbildung 34: Top 10 Fernsehstationen in Bezug auf Werbeeinahmen in China ................. 106Abbildung 35: Werbepreis pro Sekunde in USD, Fernsehstationen China ............................ 106Abbildung 36: Handlungsablauf „Wetten, dass..?“ ................................................................ 110

Page 15: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Abbildungsverzeichnis XIV

Abbildung 37: Handlungsablauf der ersten Sendung "Wanna Challenge?" .......................... 111Abbildung 38: Handlungsablauf "Wanna Challenge?" .......................................................... 113Abbildung 39: Vorgehen Fallstudie "Super Girl" .................................................................. 117Abbildung 40: Kanäle Hunan TV ........................................................................................... 119Abbildung 41: Vorgehen Fallstudie „Derrick“ ....................................................................... 124Abbildung 42: Einschaltquoten von Derrick von 1974 bis 1998, Deutschland ..................... 125Abbildung 43: "Wetten, dass..?" und "DSDS" im Vergleich zum chinesischen

Pendant ......................................................................................................... 155Abbildung 44: Der Transformationsprozess von "Wetten, dass..?" nach China .................... 157

Page 16: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Abkürzungsverzeichnis

AFM American Film Market AGF Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung ARD Allgemeiner Rundfunk Deutschland BFS Bayerisches Fernsehen BGH Bundesgerichtshof BMG Bertelsmann Media Group BTV Beijing TV CAGR Compound Annual Growth Rate CCTV China Central Television CMM China Media Monitor CSM CVSC und Sofres Media CVSC Central Viewer Survey and Consulting Center D Deutschland DIW Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung DRS Deutsche und Rätoromanische Schweiz DSDS Deutschland sucht den Superstar DSF Deutsches Sportfernsehen FRAPA Format Recognition and Protection Association FS Fernsehen GFK Gesellschaft für Konsumforschung KPC/KPCh Kommunistische Partei Chinas MAZ Magnetaufzeichnung MDR Mitteldeutscher Rundfunk MII Ministerium für Informationsindustrie MIPCOM Marché International des Programmes pour la Télévision, la Vidéo, le Cable

et le satellite MIP-TV Marché International des Programmes de Télévision NAPTE National American Program Exhibition NDR Norddeutscher Rundfunk NIÖ Neue Institutionenökonomie NJW Neue Juristische Wochenschrift NVK Nationaler Volkskongress NZZ Neue Züricher Zeitung OLG Oberlandesgericht ORF Österreichischer Rundfunk RBB Rundfunk Berlin-Brandenburg RTL Radio Télévision Luxembourg SAIC State Administration of Industry and Commerce SARFT State Administration of Radio, Film, and Television SF Schweizer Fernsehen

Page 17: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Abkürzungsverzeichnis XVI

SW FS Südwest Fernsehen TF Technisches Format USP Unique Selling Proposition VR Volksrepublik WDR Westdeutscher Rundfunk WF Wahrnehmungsformat WiSt Wirtschaftswissenschaftliches Studium WTO World Trade Organisation ZDF Zweites Deutsches Fernsehen ZDFE ZDF Enterprises GmbH zfbf Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung ZUM Zeitschrift für Urheber und Medienrecht

Page 18: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

1 Einleitung

Auch eine Reise von 1000 Meilen fängt mit dem ersten Schritt an. (chinesisches Sprichwort)

Das einleitende Kapitel wird die Problemstellung, die Zielsetzung und den Aufbau der Disser-tation skizzieren.

1.1 Problemstellung, Motivation und Relevanz

Insgesamt wird dem Forschungsgebiet der Internationalisierung große Aufmerksamkeit in der Wissenschaft geschenkt. Man findet zahlreiche wissenschaftliche Forschungsbemühungen, die sich zum einen mit der Internationalisierung der Wirtschaft und zum anderen mit der in-ternationalen Unternehmenstätigkeit auseinandersetzen.

Der Schwerpunkt der Forschung auf dem Gebiet der internationalen Unternehmenstätigkeit liegt einerseits in einer anwendungsorientierten Managementlehre und andererseits die Wirt-schaftsgüter betreffend bei den Industriegütern. Konkrete Forschungsvorhaben einer Interna-tionalisierung von Mediengütern stellen Randthemen dar. Im Mittelpunkt dieser Arbeit steht das Medienprodukt „Fernsehformat“. Während sich in der Medienpraxis der Begriff „Fern-sehformat“ fest etabliert hat, fehlt in der Theorie eine eindeutige Begriffsdefinition. Des Wei-teren zeigt sich bei einer näheren Betrachtung eines Fernsehformats, dass es sich dabei um ein Wirtschaftsgut handelt, welches mehrere Eigenschaften unterschiedlicher Wirtschaftsgüter miteinander vereint. So bspw. diejenigen einer Dienstleitung, die im Allgemeinen in der wis-senschaftlichen Forschung zur Internationalisierung wenig fokussiert wird. Insofern steht mit einem „Fernsehformat“ ein Wirtschaftsgut im Mittelpunkt der Betrachtung, welches durch seine besondere Konstellation, bedingt durch die Vereinigung mehrerer Gütereigenschaften eine konkrete wissenschaftliche Untersuchung im internationalen Kontext rechtfertigt.

Vollprogrammsender sind gefordert, täglich 24 Stunden bzw. 1440 Minuten Programm zu füllen. Daraus resultiert ein hoher Bedarf an Fernsehformaten. Die Programmbeschaffung nimmt somit eine zentrale und bedeutende Rolle bei den Fernsehveranstaltern ein. Die Integ-ration der Stufe „Handel mit Fernsehrechten“ in die Wertkette der Fernsehwirtschaft hebt die Bedeutung der Programmbeschaffung noch einmal hervor (siehe Abbildung 1):1

1 Vgl. Wirtz (2005), S. 352, Auszug aus Abbildung.

B. Bodenstein-Köppl, Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China, DOI 10.1007/978-3-8349-6505-9_1, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011

Page 19: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

2 Kapitel 1

Abbildung 1: Wertkette der Fernsehwirtschaft

Aus Sendersicht gibt es unterschiedliche Formen der Programmbeschaffung: die Eigenent-wicklung und Eigenproduktion von Inhalten, die Vergabe von Auftragsentwicklung und Auf-tragsproduktion von Inhalten an wirtschaftlich abhängige oder unabhängige Unternehmen und Produktionsfirmen, der Programmeinkauf von fertigen Produktionen und der Formathandel.2 Der Formathandel stellt eine Kombination aus Eigenproduktion, Auftragsproduktion und Pro-grammeinkauf dar.3 Für welche Art von Programmbeschaffung sich ein Fernsehsender ent-scheidet, hängt von zahlreichen internen und externen Rahmenbedingungen ab.

Interessante Fragestellungen ergeben sich nun aus der Tatsache, dass sich der Formathandel auf internationaler Ebene abspielt. Dem asiatischen Raum, insbesondere China, wird in die-sem Zusammenhang in der deutschen Literatur zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. China hat sich in den letzten zwei Dekaden zu einer der dynamischsten Wirtschaftsmächte der Welt entwickelt. Der Aufstieg Chinas und die Olympiade 2008 in Peking haben dazu geführt, dass die ganze Welt ihren Blick auf das Reich der Mitte richtet. Der Fortschritt der Globalisierung führt zu einem starken Interesse der globalen Medienkon-zerne an China. Mit einer Bevölkerung von 1,3 Mrd. Chinesen, über 300 Mio. Fernsehhaus-halten und einer durchschnittlichen wöchentlichen Fernsehzeit von 180.000 Stunden, verfügt China über einen der größten Fernsehmärkte der Welt. Im Vergleich dazu stehen in Deutschland eine Bevölkerung von 82 Mio. Einwohnern, 39 Mio. Fernsehhaushalten und eine durchschnittliche wöchentliche Fernsehzeit von 10.000 Stunden gegenüber.4 Fast eine Milli-arde Zuschauer verfolgen bspw. die alljährliche Chinese New Year Party im Fernsehen.5 Dass diese Zahlen ausländische Investoren in die Medienbranche drängen lässt, ist nicht verwun-

2 Vgl. Hallenberger (2004/2005), S. 159, Karstens/Schütte (2005), Kapitel 2. 3 Vgl. Hallenberger (2004/2005), S. 159. 4 Vgl. Kops/Ollig (2007), S. 11. 5 Vgl. Faber/Xiaomei (2005), S. 9.

Beschaffung der Input-faktoren

Programm-produktion

Programm-handel

Programm-gestaltung

Programm-distribution

Drehbuchautoren, Nachrichten-, Schauspiel-, Werbe-agenturen

Planung, Steue-rung und Ausfüh-rung der Produk-tion

Handel mit Film- und Sportrechten

Planung und Zusammenstel-lung des Sende-ablaufs Platzierung von Werbespots

Sendetechnik Nutzung der Telekommunika-tionsinfrastruktur

Beschaffung von Drehbüchern, Mode-ratoren, Schauspie-lern, Redakteuren, Technik, Beiträgen, Spielfilmen, etc. und von Werbeleistungen

Programmdirek-tor, Programmre-daktion

Redaktionen Produktionsfir-men

Rechtehandel, Programmhandel

Kernaufgaben:

Anbieter: Kabelnetzbetrei-ber, Satellitenbe-treiber

Page 20: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 1 3

derlich. Jedoch stehen der Faszination China zahlreiche Barrieren gegenüber. Insbesondere aufgrund der rechtlichen und politischen Struktur der Volksrepublik China erscheint die Me-dienbranche sowohl für viele Unternehmen als auch Wissenschaftler unerreichbar. Hier möchte die vorliegende Arbeit ansetzen. Das Forschungsvorhaben greift das Forschungsgebiet des speziellen Wirtschaftsgutes „Fern-sehformat“ auf und widmet sich insbesondere der Transformation eines Fernsehformats in den Kulturraum China aus der Sicht eines deutschen Akteurs. Vor dem Hintergrund, dass dieser Akteur in das bestehende Institutionengefüge des Ziellandes „China“ eindringt, wird anhand des Instrumentariums der Neuen Institutionenökonomie die Transformation theoretisch be-gleitet und ausgestaltet. In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass die Neue Institutio-nenökonomie bis dato kaum für eine theoretische Fundierung internationaler Forschungspro-jekte Anwendung findet.6 Des Weiteren wird der Transformationsprozess empirisch durch eine Fallstudienforschung untermauert.7

1.2 Zielsetzung, Forschungsfrage und Forschungsdesign

Die Ausführungen in Kapitel 1.1 implizieren, dass die Transformation eines Fernsehformats nach China besondere Fragestellungen bei einer Internationalisierung aufwirft. Einerseits sind diese zurückzuführen auf die Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes „Fernsehformat“ und ande-rerseits auf die Betrachtung des speziellen Kulturraumes „China“.

Ausgangspunkt der Arbeit ist folgende These:

Die Transformation eines Fernsehformats in die Volksrepublik China ist ein spezifi-scher Prozess, der geprägt ist von den Eigenschaften des Wirtschaftsgutes, bestimmten Rahmenbedingungen des Ziellandes und Verhaltensweisen der beteiligten Akteure.

Ausgehend von dieser These verfolgt die Dissertation das Ziel, den Transformationsprozess eines Fernsehformats nach China theoretisch anhand der Neuen Institutionenökonomie und empirisch mittels der Fallstudienforschung zu analysieren.

Folgende zentrale Frage lässt sich daraus formulieren:

Wie verläuft eine Transformation eines Fernsehformats nach China?

6 Vgl. Kutschker/Schmid (2008), S. 451 und die Ausführungen in Kapitel 4.2 (Internationalisierungstheo-rien).

7 Vgl. die Ausführungen in Kapitel 7.1 (Forschungsstrategie) und Kapitel 7.2 (Fallauswahl und methodische Vorgehensweise).

Page 21: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

4 Kapitel 1

Die zentrale Fragestellung kann in weitere spezifische Forschungsfragen aufgegliedert wer-den. Zunächst ist zu vermuten, dass das Wirtschaftsgut Fernsehformat mit seinen Eigenschaf-ten den Verlauf des Transformationsprozesses mitbestimmt. Daraus ergibt sich die erste For-schungsfrage:

Welche Bedeutung hat das zu transformierende Wirtschaftgut Fernsehformat inner-halb des Transformationsprozesses?

Betrachtet man die Transformation eines deutschen Formats in ein kulturfremdes Land wie China, ist ferner zu prüfen, inwieweit die Rahmenbedingungen des Ziellandes im Transforma-tionsprozess eine Rolle spielen. Es stellt sich somit die zweite Forschungsfrage:

Welche Bedeutung haben die Rahmenbedingungen des Ziellandes für den Transforma-tionsprozess?

Des Weiteren ist davon auszugehen, dass das Handeln der beteiligten Akteure an einem Transformationsprozess, die zusätzlich unterschiedlichen Kulturkreisen angehören, von be-stimmten Kosten/Nutzen-Relationen bestimmt wird. Daraus schließt sich die dritte For-schungsfrage an:

Welche Kosten/Nutzen-Relationen der Akteure bestimmen den Transformationspro-zess?

Vor diesem Hintergrund ist schließlich der Transformationsprozess zu konkretisieren. Es stellt sich die vierte Forschungsfrage:

Wie gestaltet sich der Transformationsprozess (inhaltlich, ökonomisch, zeitlich)?

Zusammenfassend gilt: Im Mittelpunkt der Untersuchung stehen das Wirtschaftsgut „Fernsehformat“, dessen Trans-formation in die Volksrepublik China und die beteiligten Akteure am Transformationsprozess. Der Transformationsprozess soll theoretisch mittels der Neuen Institutionenökonomie und empirisch mittels der Fallstudienforschung analysiert werden.

Page 22: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 1 5

1.3 Aufbau der Arbeit

Der Aufbau der Arbeit ist darauf ausgelegt, mittels des Forschungsdesigns Antworten auf die Forschungsfragen zu finden.

Nach der Einleitung in diesem Kapitel erläutert Kapitel 2 das chinesische Fernsehsystem. Dieses wird anhand seiner Geschichte und seiner Verwaltung vorgestellt. Des Weiteren wird das rechtliche, technische und ökonomische Umfeld beleuchtet.

Kapitel 3 nimmt eine begriffliche Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes „Fernsehfor-mat“ vor. Ausgehend von den Begriffen „Fernsehen“ und „Fernsehsendung“ wird eine Ar-beitsdefinition eines „Fernsehformats“ und der Zusammenhang zwischen einem Fernsehfor-mat und ähnlichen Begriffen ermittelt. Abschluss dieses Kapitels bildet die Eingliederung des Fernsehformats in das Klassifizierungsmuster von Wirtschaftsgütern.

Kapitel 4 beschäftigt sich mit dem Gebiet der Internationalisierung. Hier stehen verschiedene Begriffsabgrenzungen und Theorien zur Internationalisierung im Fokus der Betrachtung. Es wird eine erste Annäherung gestartet, die zentrale Forschungsfrage mit den vorhandenen The-orien zur Internationalisierung zu beleuchten.

Nachdem in Kapitel 5 das Theoriegebäude der Neuen Institutionenökonomie vorgestellt wur-de, wird darauf aufbauend in Kapitel 6 der theoretische Bezugsrahmen im chinesischen Kon-text ermittelt.

In Kapitel 7 folgt die empirische Analyse des Transformationsprozesses. Zunächst werden die Forschungsstrategie und die methodische Vorgehensweise dargelegt und anschließend drei Fallstudien erörtert.

Kapitel 8 umfasst die Analyse dieser Fallstudien anhand des in Kapitel 6 erarbeiteten theore-tischen Bezugsrahmens unter Berücksichtigung der bereits gewonnenen Erkenntnisse.

Abschluss der Dissertation bildet das Kapitel 9 mit einem Ausblick.

Page 23: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

6 Kapitel 1

Abbildung 2 stellt den Aufbau der Untersuchung zusammenfassend dar:8

8 Eigene Darstellung.

Abbildung 2: Aufbau der Dissertation

Kapitel 1: Einleitung

Kapitel 2: Das chinesische Fernsehsystem

Kapitel 4: Begriffsabgrenzung Internationalisierung

Kapitel 3: Begriffsabgrenzung

Fernsehformat

Kapitel 5: Das Theoriegebäude der Neuen Institutionenökonomie

Kapitel 6: Theoretischer Bezugsrahmen im

chinesischen Kontext aus Sicht der NIÖ

Kapitel 7: Fallstudien zur Transformation von

Fernsehformaten nach China

Kapitel 8: Analyse der Fallstudien mittels des Theoretischen Bezugsrahmens

und der bisherigen Ergebnisse

Kapitel 9: Ausblick

Page 24: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

2 Das chinesische Fernsehsystem

Die Betrachtung des chinesischen Fernsehsystems ist Thema dieses Kapitels. In den ersten beiden Kapiteln 2.1 und 2.2 wird das chinesische Fernsehsystem anhand seiner Geschichte und seiner Verwaltung vorgestellt. Anschließend in Kapitel 2.3 wird das rechtliche und tech-nische Umfeld und in Kapitel 2.4 das ökonomische Umfeld betrachtet. Das Kapitel mündet in einer Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse.

2.1 Das Fernsehsystems Chinas von der Planwirtschaft zur sozialistischen Marktwirtschaft

Am 1. Mai 1958 beginnt die Fernsehgeschichte der Volksrepublik Chinas mit der Gründung des ersten chinesischen Fernsehsenders „Beijing Television“ durch die chinesische Regierung unter der Herrschaft von Mao Zedong. Hauptaufgabe des Massenmediums war, den kommu-nistischen Gedanken im Sinne der Kommunistischen Partei Chinas (KPC) zu verbreiten. In den ersten zwanzig Jahren seit der Einführung des Fernsehens hat sich das Fernsehen nicht grundlegend weiterentwickelt. Insofern existierten neben dem staatlichen Sender lediglich weitere 29 Provinzsender sowie weniger als 20 städtische Relay Stations (Verstärkungs- und Weiterverbreitungsstationen). Nach der Mao-Ära und mit den von Deng Xiaoping eingeleite-ten Wirtschaftsreformen 1978 wurde der Siegeszug des Fernsehens eingeläutet. Als Zeichen der Veränderung wurde der staatliche Sender „Beijing Television“ in den offiziellen nationa-len Sender Chinas „China Central Television“ (CCTV) unbenannt. Als ein wichtiger Meilen-stein in der Fernsehgeschichte galt die Einführung des vierstufigen Verwaltungssystems des Fernsehens in Zentral-, Provinz-, Stadt- und Kreisebene im Jahre 1983. Mit dem Ziel der Re-gierung, die politische Propaganda auf das gesamte Land auszuweiten durften dem administ-rativen Aufbau der VR China entsprechend, ab Kreisebene aufwärts, Fernsehstationen errich-tet werden. Mit dem politischen Übergang von der Planwirtschaft auf die Sozialistische Marktwirtschaft 1993 öffnete sich der Medienbereich weiterhin dahingehend, dass sich ein zweigleisiges System entwickelte: staatliches Eigentum und Kontrolle einerseits und Kom-merzialisierung andererseits. Eine Folge dieser Entwicklung war eine explosionsartige Grün-dungsflut an Fernsehsendern. Weitere Konsequenzen zeigten sich in der einhergehenden Un-kontrollierbarkeit der Programminhalte und in sinkenden Zuschauerzahlen beim Staatsfernse-hen, so dass der Staat den Verlust der Funktion von CCTV als Sprachrohr Chinas befürchtete. In Folge dessen wurden Mitte der 90iger Jahre zahlreiche rechtliche Regeln erlassen, um die Kontrolle des Medium Fernsehens wiederherzustellen. So hat die Regierung bspw. begonnen, ab 1995 keine weiteren Anträge auf Errichtung von Fernsehsendern auf Kreisebene mehr zu erlassen.9

9 Vgl. Eickhoff/Hutt (2004), S. 35-36, Junhao (2007), S. 25-40.

B. Bodenstein-Köppl, Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China, DOI 10.1007/978-3-8349-6505-9_2, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011

Page 25: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

8 Kapitel 2

2.2 Der heutige Fernsehmarkt Chinas

Am 1. September 1997 trat die „Regulierung für die Verwaltung von Radio und Fernsehen“ in Kraft mit dem Ziel, die Verwaltung von Radio und Fernsehen zu stärken und den sozialisti-schen Geist sowie den materiellen Aufbau zu erleichtern (Artikel 1).10 Betrachtet man den heutigen administrativen Aufbau des Fernsehsystems Chinas erkennt man nach wie vor die starke Einflussnahme der Kommunistischen Partei Chinas auf das chinesische Fernsehsys-tem (siehe Abbildung 3):11

Der Fernsehsektor ist in drei Ebenen organisiert, welche von der KPC direkt oder indirekt kontrolliert und verwaltet wird: die Stadtebene, die Provinzebene und die Landesebene. Auf jeder Ebene existiert eine Verwaltungsbehörde für Radio, Film und Fernsehen. Hauptaufgabe

10 Vgl. Ollig (2002), S. 17 und die dort angegebene Literatur. 11 Vgl. Eickhoff/Hutt (2004), S. 38.

Abbildung 3: Der administrative Aufbau des Fernsehsystems in der VR China

Nationaler Volkskongress

Staatsrat

Zentral-kommitee der Kommunist-ischen Partei

Chinas (KPC)

State Administration of Radio, Film and Television

(SARFT)

State Administration of Industry and Commerce

(SAIC)

Ministry of Information

Industry (MII) Propaganda-abteilung der KPC

Propaganda-abteilung

Provinzebene

Propaganda-abteilung

Stadtebene

Infrastruktur Kabelnetzwerk

Frequenzen

China Central Television (CCTV)

Fernsehsender Provinzebene

Fernsehsender Stadtebene

Werbe-einahmen

Rundfunkbüro Provinzebene

Rundfunkbüro Provinzebene

Volksregierung Provinzebene

Rundfunkbüro Provinzebene

finanziert

Politische Kontrolle AdministrativeAdministrative Führung Zugehörigkeit

Page 26: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 2 9

des Verwaltungsapparats liegt in administrativen Tätigkeiten, wie die Erteilung von Geneh-migungen, die Aufstellung von Entwicklungsplänen und die Kontrolle des Fernsehwesens. Die Verwaltungsbehörden unterstehen einer doppelten Zuständigkeit: einerseits der entspre-chenden Volksregierung bzw. Propagandaabteilung und andererseits der übergeordneten obersten Behörde der Verwaltung von Radio, Film und Fernsehen, der sogenannten „State Administration of Radio, Film and Television“ (SARFT) auf zentraler Ebene. SARFT ist di-rekt dem Staatsrat unterstellt. Eine Aufgabe von SARFT ist die Formulierung der Pläne für die Entwicklung der Rundfunkbranche. Der Aufgabenbereich der technischen Infrastruktur ist zwischen SARFT und dem Ministerium für Informationsindustrie (MII) aufgeteilt: Während das MII für die Verwaltung der Planung, Administration und technischen Standards von Rundfunk und Telekommunikation zuständig ist, ist Aufgabe von SARFT die Zuteilung der Frequenzen und die Überwachung und Regulierung der Entwicklung des Kabelnetzes.12

Über die derzeitige Anzahl der Fernsehveranstalter und Fernsehkanäle gibt es widersprüchli-che Aussagen. Dies hängt einerseits mit der grundsätzlichen Datenproblematik zusammen13 andererseits dadurch, dass durchgängig Sendeanstalten verboten und wiedereröffnet werden.14 Man kann von ca. 360 Fernsehsendern ausgehen, davon der nationale Sender CCTV, der nati-onale Ausbildungssender China Education TV, mindestens 30 Sender auf Provinzebene und ca. 330 Sender auf Stadtebene. Zusätzlich gibt es ca. 1300 Relay Stations auf der Kreisebene, die für die Weiterverbreitung von Signalen zuständig sind und nur einen Fernsehsender.15

2.3 Rechtliches und technisches Umfeld

Anhand der Wertkette des Fernsehens (siehe Abbildung 4) können wesentliche rechtliche und technische Umfeldbedingungen für ausländische Akteure identifiziert werden:16

Abbildung 4: Wertkette Fernsehen

12 Vgl. Eickhoff/Hutt (2004), S. 37-39. 13 Vgl. Ausführungen in Kapitel 7.2 (Fallauswahl und methodische Vorgehensweise). 14 Vgl. Ollig (2002), S. 23. 15 Vgl. Eickhoff/Hutt (2004), S. 40. Zum besseren Verständnis sei erwähnt, dass China in 22 Provinzen, fünf

autonome Regionen, vier regierungsunmittelbare Städte und zwei Sonderverwaltungszonen eingeteilt ist: Vgl. Heilmann (2004), S. 105. Die Hauptstadt Chinas ist Beijing bzw. Peking (die Bezeichnung Peking wird in Deutschland favorisiert).

16 Vgl. Wirtz (2005), S. 352, Auszug aus Abbildung.

Beschaffung der Input-faktoren

Programm-produktion

Programm-handel

Programm-gestaltung

Programm-distribution

Page 27: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

10 Kapitel 2

Im Bereich der Programmproduktion sind die Möglichkeiten für ausländische Akteure be-grenzt, da die kommunistische Regierung die kommunistische Ideologie nicht gefährden möchte. Grundsätzlich bestehen sowohl im Rahmen einer Direktinvestition die Möglichkeiten eines Joint Ventures (1), einer Koproduktion (2), einer sogenannten Repräsentanz (3) als auch die Möglichkeit des Imports bspw. durch Lizenzierung (4):17

(1) In einem am 7.7.2005 erlassenen Verbot durch SARFT wurde klargestellt, dass die Gründung von ausländisch investierten Rundfunkunternehmen in Form eines Joint Ventures mit dem Gegenstand der „Ausstrahlung von Fernsehprogrammen“ verboten ist. Eine ausländische Teilhabe im Bereich Produktion ist dagegen unter strengen Vo-raussetzungen zulässig. Zu den Bedingungen zählen bspw. die Gründung einer GmbH chinesischen Rechts, eine Minderheitsbeteiligung des ausländischen Investors, ein Mindeststammkapitel von 2 Mio. USD, die Ernennung des höchsten Organs der Ge-sellschaft vom chinesischen Partner, kein schädigendes Verhalten des ausländischen Partners gegenüber Chinas während der letzten drei Jahre und ein mehrstufiges, kom-pliziertes Genehmigungsverfahren durch SARFT und die nur einmalige Möglichkeit der Gründung eines Joint Ventures in China.

(2) Bei der Koproduktion müssen beide Akteure neben den allgemeinen Bedingungen ei-ne Investition in der Form von Sachen oder einer Bargeldeinlage, der Bereitstellung von Werbezeit oder Dienstleistungen erbringen. Auch hier ist ein Genehmigungsver-fahren erforderlich, das wiederum das Einreichen zahlreicher Dokumente wie einen „Letter of Intent“ oder eine Kooperationsvereinbarung impliziert.

(3) Die Errichtung einer sogenannten Repräsentanz in China, welche keine eigene Rechtspersönlichkeit besitzt stellt in China eine Möglichkeit dar, vor Ort Präsenz zu zeigen und Akquise von Partnern und Behördenmanagement zu betreiben. Die Ge-nehmigung erfolgt ebenfalls durch SARFT und wird zunächst auf drei Jahre be-schränkt.

(4) Die Ausstrahlung ausländischer Formate ist lediglich über chinesische Programmver-anstalter möglich. Grundsätzlich ist die Einfuhr ausländischer Fernsehformate bis auf aktuelle Nachrichtenformate zulässig, bedarf jedoch juristischer Vorbereitung und die Beachtung diverser Spezialgesetze. So kommen neben den bereits angesprochen in-haltlichen Kontrollen des Formats und der diversen Quotenvorgaben noch zahlreiche formelle Vorgaben von SARFT hinzu, die in chinesischer Sprache einzureichen sind.

Aufgrund der großen Anzahl von Fernsehsendern in China besteht eine hohe Nachfrage nach Programminhalten, ebenfalls an ausländischen Programminhalten. Um den Einfluss aus dem Ausland einzudämmen, kommt SARFT im Bereich des Programmhandels und der Pro-grammgestaltung eine hohe Bedeutung zu: SARFT legt die Gesamtimportquoten fest. So dürfen ausländische Fernsehspiele oder –filme eines Senders höchstens 25 % des Tagespro-gramms ausfüllen und andere importierte Inhalte höchstens 15 %. Um die chinesische Kultur

17 Vgl. hier und im Folgenden Faber/Xiaomei (2005), S. 10-14.

Page 28: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 2 11

nicht zu verdrängen und die chinesische Fernsehindustrie nicht zu schwächen, bedarf es in der Hauptsendezeit zwischen 19 und 22 Uhr einer speziellen SARFT-Erlaubnis.18 Des Weiteren überprüft SARFT ausländische Programme auf deren Inhalt. Es gelten Inhalte als verboten, welche u.a. die Wiedervereinigung, Souveränität und territoriale Integrität des Staats angrei-fen, die nationale Sicherheit und nationale Einheit beeinflussen, Staatsgeheimnisse veröffent-lichen oder beleidigen und Pornographie und Aberglaube verbreiten oder Gewalt propagie-ren.19 Bei der Programmgestaltung und auch bei den Programmimporten steht die Einhaltung der vom Staat vorgegebenen Rahmenbedingungen im Vordergrund. Zu den Rahmenbedin-gungen zählen bis heute noch das Festhalten an den vier Grundprinzipien in der Präambel der chinesischen Verfassung: Das Festhalten am sozialistischen Weg, das Festhalten an der de-mokratischen Diktatur des Volkes, das Festhalten an der Führung durch die kommunistische Partei und das Festhalten an der Leitung durch den Marxismus-Leninismus und die Mao-Zedong-Gedanken.20 Die Bindung der Zuschauer ist zweitrangig.21 Betrachtet man die Kontrolle des Staates im Rahmen der Programmproduktion, des Pro-grammhandels und der Programmgestaltung, kann man feststellen, dass die reelle Überwa-chung teilweise undurchsichtig verläuft: “Controls generally have operated in a diffuse and informal manner, with self-censorship an important element. (…) What gets aired in public forums, or what gets suppressed, may have more to do with time, place, circumstance and personality than with official mechanisms of decision making and control.”22 Ähnliche Erfah-rungen machte das ZDF: ”Jedes Programm musste durch die Zensur, die nach vorab nicht bekannten und auch nach ihrer Entscheidung nicht erläuterten Maßstäben verfuhr.”23

Was die Programmdistribution betrifft, existieren in China die Übertragungsformen Terrest-rik, Kabel und Satellit.24 Die Informationsverteilung geschieht analog des administrativen Aufbaus des chinesischen Fernsehsystems (siehe Abbildung 3) auf den vier Ebenen Staat, Provinz, Stadt und Kreis. Das nationale Staatsfernsehen CCTV und das nationale Bildungsfernsehen, China Education TV, haben das Recht, im gesamten Land auszustrahlen.

18 Vgl. Faber/Xiaomei (2005), S. 14, Guo (2003), S. 18. 19 Vgl. Faber/Xiaomei (2005), S. 13. 20 Vgl. Ollig (2002), S. 18 in Bezug auf Maurer (1990), S. 28. 21 Vgl. Ollig (2002), S. 47. 22 Polumbaum (2003), S. 217 f. 23 Coridaß (2004), S. 174. 24 Vgl. Eickhoff/Hutt (2004), S. 41.

Page 29: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

12 Kapitel 2

Abbildung 5 gibt einen Überblick über die 16 Kanäle von CCTV, die jeweils mit fortlaufen-der Nummer benannt sind (CCTV 1, CCTV 2 usw.) und bestimmte Programmgenres aus-strahlen:25 CCTV-1 Nachrichten und Allgemeines CCTV-2 Wirtschaft und Lifestyle CCTV-3 Kunst, Kultur und Unterhaltung CCTV-4 International (Chinesisch) CCTV-5 Sport CCTV-6 Kino- und Fernsehfilme CCTV-7 Kinder, Militär und Bauern CCTV-8 Drama CCTV-9 International (Englisch) CCTV-10 Wissenschaft und Bildung CCTV-11 Chinesische Oper und Musik CCTV-12 Regionaler Kanal westlicher Regionen Chinas CCTV-13 24 Stunden Nachrichtenkanal CCTV-14 Kinder CCTV-15 Musik CCTV-16 International (Spanisch, Französisch)

Abbildung 5: Kanäle CCTV

Die Kanäle von CCTV werden über Satellit landesweit verbreitet und lokal in Kabelnetze eingespeist bzw. terrestrisch weiterverbreitet. Zumindest der Nachrichtensender CCTV 1 muss von den lokalen Sendeanstalten in alle terrestrischen Haushalte durchgeleitet werden.26 Die Anzahl der Fernsehhaushalte liegt derzeit bei über 300 Millionen.27 CCTV 1 hat dadurch die höchste Abdeckungsrate der VR China mit 1,083 Mrd. Menschen.28

25 Eigene Darstellung mit inhaltlicher Anlehnung an CCTV (2007). Als „Programmgenre“ bezeichnet man eine bestimmte Fernsehart: Vgl. Rusch (1993) und die Ausführungen in Kapitel 3.1 (Fernsehen und Fern-sehsendung).

26 Vgl. Eickhoff/Hutt (2004), S. 41, Ollig (2002), S. 20. 27 Vgl. Kops/Ollig (2007), S. 11. 28 Vgl. Eickhoff/Hutt (2004), S. 41 in Bezug auf CMM (China Media Monitor).

Page 30: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 2 13

Jede Provinz, die über einen eigenen Fernsehsender mit mehreren Kanälen verfügt, darf einen Kanal über Satellit landesweit verbreiten und je nach Abkommen zwischen den Provinzen in die entsprechenden Kabelnetze einspeisen.29 Häufig wird jedoch der terrestrische Vertrieb zur Verbreitung der Programme genutzt.30 Fernsehsender auf Stadtebene dürfen einen eigenen Kanal ausstrahlen, dienen ansonsten lediglich der Verstärkung und Weiterverbreitung von Signalen.31 Fernsehkanäle dieser Ebene können nur über Kabel empfangen werden.32

Wegen der staatlichen Kontrollmöglichkeit ausländischer Fernsehprogramme gibt die chinesi-sche Regierung ausländischen Fernsehanbietern vor, Programme gegen eine jährliche Gebühr über den staatlichen Satelliten SinoSat zu verbreiten. Jedoch dürfen lediglich Hotels mit min-destens drei Sternen, Wohngebiete für Ausländer und bestimmte akademische Einrichtungen Satellitenfernsehen legal empfangen. Das Aufstellen privater Satellitenschüsseln ist nicht er-laubt.33

2.4 Ökonomisches Umfeld

Seit Beginn des Bestehens des Fernsehsystems in China wurde Fernsehen vollständig durch den Staat finanziert, mit strikten Vorgaben zu Einnahme- und Ausgabeplänen ohne kommer-zielle Motivation. Die chinesische Medienbranche ist seit dem Rückzug des Staates aus der Vollsubvention 1992 von zunehmender Kommerzialisierung geprägt. Die entstandenen Fi-nanzierungslücken konnten nur durch eine Kommerzialisierung der Medieninhalte, also durch den Erfolg bei den Konsumenten und durch Werbeeinnahmen kompensiert werden.34 Heutzutage werden die Fernsehanstalten zu ca. 90 % über den Markt finanziert. Insofern ist das Fernsehen in China von Zweigleisigkeit geprägt: So erhält CCTV ca. 98 % seiner finanzi-ellen Ausstattung aus der Wirtschaft, steht dennoch unter direkter Kontrolle der Zentralregie-rung. Außer geringen Subventionen erhalten Fernsehanstalten keine staatlichen Einnahmen. Auch vergleichbare deutsche Rundfunkgebühren existieren in China nicht.35 Werbung ist zur zentralen Finanzierungsquelle auf dem Mediensektor geworden und gilt als Schlüsselindikator für die Entwicklung des Medienmarktes an sich. Mit einer durch-schnittlichen Wachstumsrate von 14 % bis 2010 bestehen attraktive Aussichten für Investo-ren, wie Abbildung 6 verdeutlicht:36

29 Vgl. Eickhoff/Hutt (2004), S. 41. 30 Vgl. Ollig (2002), S. 20. 31 Vgl. Eickhoff/Hutt (2004), S. 41. 32 Vgl. Ollig (2002), S. 21. 33 Vgl. Ollig (2002), S. 20-21, Eickhoff/Hutt (2004), S. 41-42. 34 Vgl. Heilmann (2004), S. 218. 35 Ergebnis Interview (2), Ollig (2002), S. 24, Eickhoff/Hutt (2004), S. 1. 36 Vgl. Skillnet (2006), S. 46.

Page 31: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

14 Kapitel 2

Abbildung 6: Werbung als Wachstumsindikator

Seit der Reformpolitik sind die Werbeausgaben im chinesischen Werbemarkt und auch im Bereich Fernsehen kontinuierlich gestiegen. Der Brutto-Werbeumsatz im chinesischen Wer-besektor hat bereits im Jahr 2001 mit 9,054 Mrd. US-$ eine vergleichbare Höhe des Umsatzes in Deutschland erreicht (9,285 US-$). Dennoch beträgt der Pro-Kopf-Anteil in China nur 6,99 statt 90 US-$. Der Fernsehmarkt gilt noch als stark unterentwickelt.37

Fernsehwerbung unterliegt hinsichtlich des Inhalts und der Ausstrahlung einer strikten Kon-trolle. So kommt im Bereich der Programmgestaltung und -ausstrahlung SARFT bzw. der zweiten Zensurbehörde der „State Administration of Industry and Commerce“ (SAIC) eine weitere wichtige Rolle zu: Die Zensurbehörde SARFT legt die Gesamtausstrahlungsquoten fest. Insgesamt darf Werbung nur 20 % des täglich ausgestrahlten Programms eines Kanals ausmachen und in der Prime Time ist die Werbung auf 15 % der Zeit beschränkt.38 Alle Wer-bekampagnen müssen inhaltlich von SAIC genehmigt werden. Laut Gesetz darf Werbung bspw. keine obszöne, abergläubische oder gewalttätige Ausdrucksweise beinhalten, nicht dis-kriminierend sein und nicht gegen die öffentliche Ordnung verstoßen.39

37 Vgl. Ollig (2007), S. 22-23. 38 Vgl. Eickhoff/Hutt (2004), S. 40, S. 57-58. 39 Zahlreiche Regelungen und Gesetze wurden erlassen, wie bspw. die „Regulations on Television Adverti-

sing“ vom 1.1.2004, welche vulgäre und irreführende Werbebotschaften verbietet: Vgl. Bundesagentur für Außenwirtschaft (2004), S. 22-24, Eickhoff/Hutt (2004), S. 57-58.

Chinese Advertising Market

15,318,0

20,8

33,6

0

5

10

15

20

25

30

35

40

2004 2005 2006 2010

USD Bn.

CAGR ~ 14%

Page 32: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 2 15

Für den Vertrieb der limitierten Werbezeit wird eine Agentur des Fernsehsenders exklusiv für ein Fernsehformat beauftragt, welches dann Angebote bei der werbetreibenden Wirtschaft einholt oder selbst von dieser kontaktiert wird. In einem Bieterverfahren wird über die Verga-be der Werbung entschieden. Als Entscheidungskriterien fließen u.a. die Trailerlänge und der Buchungszeitraum ein.40

2.5 Zusammenfassung

Ein Markteintritt in China erweist sich als reizvoll einerseits aufgrund der potentiellen hohen Zuschaueranzahl und andererseits aufgrund des erhöhten Bedarfs an Medieninhalten, welcher auf die in den letzten Jahren entstandene Kommerzialisierung der Medieninhalte zurückzu-führen ist. Die Betrachtung der Historie des Fernsehens in China zeigt, dass sich die Fernseh-welt Chinas immer noch in einem Transformationsprozess befindet. Dennoch ist unumstritten, dass die Kontrolle der Medien in China noch als das stärkste Machtmittel der chinesischen Regierung gilt.41 Die starke staatliche Regulierung wirkt sich im Verwaltungssystem der Fernsehlandschaft Chinas aus und in der durchgängigen staatlichen Kontrolle innerhalb der gesamten Wertkette der Fernsehwirtschaft: in der Programmproduktion, im Programmhandel, in der Programmgestaltung und in der Programmdistribution. Insofern erwarten einen auslän-dischen Formatanbieter in China sowohl ein attraktiver Fernsehmarkt als auch hohe Barrieren.

40 Ergebnis Interview (2), Eickhoff/Hutt (2004), S. 59: Es bestehen unterschiedliche Mischformen über den Handel mit Werbezeit.

41 Vgl. zusätzlich Reisach/Tauber/Yuan (2007), S. 198, Hong (1998), S. 108.

Page 33: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

3 Begriffsabgrenzung Fernsehformat

Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit „Fernsehformaten“ ist bislang stiefmütterlich betrachtet worden. Es ist daher nicht verwunderlich, dass eine fundierte begriffliche Ausei-nandersetzung mit Fernsehformaten nicht besteht. Gerade für das Verständnis einer Trans-formation von Fernsehformaten spielt es eine entscheidende Rolle, den Untersuchungsgegen-stand klar zu skizzieren. Ziel des Kapitels ist es, einen begrifflichen Orientierungsrahmen für das vorliegende Forschungsvorhaben der „Fernsehformate“ zu konstruieren.

Ausgehend vom allgemeinen Begriff „Fernsehen“ und „Fernsehsendung“ in Kapitel 3.1 folgt eine Annäherung an den Untersuchungsgegenstand des „Fernsehformats“. Dabei steht zu-nächst eine Begriffsabgrenzung in Kapitel 3.2 und im Anschluss die Untersuchung des Zu-sammenhangs des Untersuchungsgegenstandes „Fernsehformat“ und dessen begrifflichen Umfeldes in Kapitel 3.3 im Fokus der Betrachtung. In Kapitel 3.4 wird anschließend die Fra-ge nach der Eingliederung des Fernsehformats in das Klassifizierungsmuster von Wirtschafts-gütern beantwortet. Abschluss des Kapitels bildet eine Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse.

3.1 Fernsehen und Fernsehsendung

„Fernsehen“ tritt als vermittelnde Instanz zwischen Sender und Empfänger bei der Kommu-nikation auf.42 Fernsehen ist ein „Medium“, d. h. ein Träger und Übermittler von Informatio-nen oder Unterhaltung.43 Dabei richtet sich das Fernsehen regelmäßig (Periodizität) an eine breite Öffentlichkeit (Publizität) mit einem Gegenwartsbezug (Aktualität).44 Diese Kriterien für Massenmedien begründen, dass das Fernsehen neben der Zeitung, der Zeitschrift und dem Buch (zusammengefasst unter dem Begriff Print) und neben dem Hörfunk den Massenmedi-en zugeordnet werden kann.

Nach der EU-Fernsehrichtlinie in Artikel 1 wird eine „Fernsehsendung“ als „die drahtlose oder drahtgebundene, erdgebundene oder durch Satelliten vermittelte (also Fernsehen als Me-dium)45, unverschlüsselte oder verschlüsselte Erstsendung von Fernsehprogrammen (also In-formationen)46, die zum Empfang durch die Allgemeinheit bestimmt ist“, bezeichnet.47 Eine Fernsehsendung charakterisiert sich weiterhin durch eine feste Anfangs- und Endzeit, unab-hängig vom Inhalt.48

42 Vgl. Schumann/Hess (2009), S. 8. 43 Vgl. Hiebel (1998), S. 12. 44 Vgl. Sennewald (1998), S. 8. 45 Anmerkung der Autorin. 46 Anmerkung der Autorin. 47 Vgl. Breyer-Mayländer/Werner (2003), S. 133. 48 Vgl. Heinkelein (2004), S. 11.

B. Bodenstein-Köppl, Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China, DOI 10.1007/978-3-8349-6505-9_3, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011

Page 34: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 3 17

In diesem Zusammenhang spricht man von einem Medienprodukt, wenn die Kombination aus Medium und Information in Form einer vermarktungsfähigen Ware oder Dienstleistung gemeint ist.49 Eine Fernsehsendung erfüllt die Kriterien eines Medienproduktes und kann als Medienprodukt bezeichnet werden. Medienprodukte vereinen somit eine immaterielle und eine materielle Komponente. Der primäre Nutzen eines Medienproduktes besteht aus der im-materiellen Komponente, dem Medieninhalt, mit instrumentell-informierender und/oder un-terhaltender Funktion.50 Man bezeichnet deshalb Mediengüter als Informationsgüter wenn der Medieninhalt meist handlungsrelevante Informationen beinhaltet oder als Kulturgüter wenn er primär unterhaltende Funktion besitzt.51 Die materielle Komponente besteht im o.g. Medium, welches die gewollte Vervielfältigung, Übertragbarkeit und Konservierbarkeit der immateriel-len Komponente ermöglicht und die Technologiedimension konstatiert.52

Analog der Sparteneinteilung eines Fernsehsenders können Fernsehsendungen inhaltlich in fiktionale und nonfiktionale Sendungen gegliedert werden.53 Bei den „fiktionalen“ Sendun-gen handelt es sich um Sendungen, die eine fiktive Realität widerspiegeln. Es sind „ausge-dachte, aus der Phantasie geborene Handlungen“.54 Zu der Sparte „Fiktion“ zählen die For-men Anthologien, Fernsehfilme, Miniserien, Reihen und Serien,55 wie beispielsweise die ZDF-Vorabendserie „Derrick“.56 Der Begriff der „nonfiktionalen“ Sendungen dient zur Negativabgrenzung und umfasst somit alles, was nicht in die Sparte „Fiktion“ fällt.57 Die Sparte „Nonfiktion“ integriert weitere Spar-ten wie die nonfiktionale Unterhaltung, Information, Sport und Musik.58 Im Rahmen der non-fiktionalen Sendungen möchte man die Wirklichkeit abbilden und Verfälschungen vermeiden. Die Rolle des Fernsehmachers ist deshalb auf die Einhaltung journalistischer Standards bzw. auf die Definition von Spielregeln beschränkt.59 Man kann unterscheiden, ob nonfiktionale Sendungen der obigen Kategorisierung der Medienprodukte entsprechend informativen Cha-rakter haben, dazu würden die zahlreichen Formen der Sparte Information wie bspw. Nach-

49 Vgl. Hass (2002), S. 18. Zu klären ist, ob eine Fernsehsendung nach der Klassifizierung von Wirtschaftsgü-tern den Waren bzw. Sachgütern und Dienstleistungen tatsächlich zugeordnet werden kann. Dies wird in Kapitel 3.4 (Fernsehformat als Wirtschaftsgut) erörtert.

50 Vgl. Kiefer (2001), S. 155. 51 Vgl. Habann (1999), S. 78, Neumann-Braun/Müller-Doohm (2000), S. 30. 52 Vgl. Habann (1999), S. 78. 53 Anstatt von Arten von Fernsehsendungen spricht man auch von Sparten, Genres, Typen oder Gattungen:

Vgl. Rusch (1993), S. 289. 54 Wilke/Geppert (1996), S. 172-173. 55 Vgl. Ernst & Young (2005), S. 127: Anthologien: In sich abgeschlossene Sendungen, die keine Kontinuität

bzgl. Thema, Personal und Handlungsort aufweisen; Fernsehfilme: In sich abgeschlossene Produktionen; Miniserien: Einige wenige Teile, die eine Gesamtproduktion ergeben; Reihen: Eine potenziell endlos fort-setzbare Produktion einzelner Sendungen, deren Handlung jeweils in sich abgeschlossen ist; Serien: Eine potenziell endlos fortsetzbare Produktion narrativ miteinander verbundener Sendungen.

56 Vgl. dazu Kapitel 7.5 (Fallstudie „Derrick“). 57 Vgl. Wilke/Geppert (1996), S. 172-173. 58 Vgl. Krüger/Zapf-Schramm (2007), S. 171. Die Sparte Werbung wurde nicht berücksichtigt. 59 Vgl. ebenda.

Page 35: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

18 Kapitel 3

richtensendungen zählen oder unterhaltender Natur sind. Diese letztere Kategorie integriert die Formen der nonfiktionalen Unterhaltung, was auch dem kommunikationswissenschaftli-chen Verständnis entspricht.60 Diese umfassen einerseits die journalistischen Unterhaltungs-formen, wie Talkshows61 und andererseits die konventionellen Unterhaltungsformen, wie die Shows und Spielshows.62 Zu den letzteren zählen die „Große Spielshow“ wie bspw. „Wetten, dass..?“ und das Glücksspiel, das Wissensspiel und das Könnensspiel.63 In die Kategorie des Könnensspiels ist bspw. die Sendung „Deutschland sucht den Superstar“ einzuordnen.64 Alle nonfiktionalen Sendungen können ihrem jeweiligen Charakter entsprechend eindeutig in das Schema eingeordnet werden, ansonsten bilden sie die Kategorie „Sonstiges“.65 Darüber hin-aus gibt es Fernsehsendungen, welche eine Zwitterstellung zwischen Information und Unter-haltung einnehmen, die so genannten Infotainmentsendungen, wie bspw. die Sendung „Quiz-Taxi“.66 Abbildung 7 fasst die Ergebnisse noch einmal zusammen:67

60 Vgl. Berghaus/Staab (1991), S. 21, Niehaus (1991), S. 105. 61 Vgl. Karstens/Schütte (2005), S. 182: Als Talkshow bezeichnet man eine Gesprächsrunde mit mehreren

Gästen, die von einem Moderator geleitet wird. 62 Vgl. Karstens/Schütte (2005), S. 183-184: Spielshow: Spiel mit Kandidaten nach festgelegten Regeln, mit

finaler Struktur und dem Wettbewerb als Kern; Show: Sendung, in der Menschen besondere Fähigkeiten zeigen, ohne stringente Regeln für den Ablauf.

63 Vgl. Karstens/Schütte (2005), S. 183-184: Große Spielshow: aufwändig vor großem Publikum produzierte Spielshow, die neben dem Basisspiel reine Showelemente und Talks mit Prominenten enthält. Diese Sen-dungsform etablierte sich zum Sendeplatz am Samstagabend zur Prime-Time. Deshalb wird auch der Name „Große Unterhaltungsshow“ für derartige Programme benutzt; Glücksspiel/Wissensspiel/Könnensspiel: eine Spielshow mit Glück/Wissen/Können als entscheidender Faktor.

64 Vgl. dazu Kapitel 7.3 (Fallstudie „Wanna Challenge?“) und Kapitel 7.4 (Fallstudie „Super Girl“). 65 Die Formen sind hier schwerpunktmäßig zusammengefasst, insofern sie für das Verständnis der Arbeit

dienen. Eine feinere Gliederung der konkreten Ausprägungsformen können bspw. der Programmanalyse von Krüger/Zapf-Schramm (2007), S. 171 entnommen werden.

66 Diese Sendung wir auf dem Sender „Kabel eins“ ausgestrahlt. 67 Eigene Darstellung mit inhaltlicher Anlehnung an die bisherigen Ergebnisse, Heinkelein (2003), S. 12 und

Krüger/Zapf-Schramm (2007), S. 171.

Abbildung 7: Klassifizierung von Fernsehsendungen

Anthologien, Fernseh-filme, Miniserien, Reihen, Serien

Nonfiktion Nonfiktionale Unterhaltung, Information, Sport, Musik, Sonstiges

unterhaltend z.B. journalistische Unterhaltungsformen und konventionelle Unterhaltungsformen

informierend z.B. Nachrichten

Fernsehsendungen

Fiktion

Formen

Sparte

Sonstiges

Page 36: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 3 19

Der Vollständigkeit halber ist zu berücksichtigen, dass die Abgrenzung zwischen fiktionalen und nonfiktionalen Sendungen immer mehr verschwimmt, dennoch diese Unterscheidung sowohl in der Praxis als auch in der Theorie breite Anwendung findet.68

3.2 Fernsehformat

„I can´t define it – but I´ll know it when I see it” Justice Potter Stewart, US Surpreme Court (1973)

Mit dem Begriff des Formats eröffnet sich zunächst ein Sammelsurium unterschiedlicher Vor-stellungen: So spricht man im Bereich der elektronischen Medien in der Textverarbeitung „vom Formatieren von Fließtext“ oder von bestimmten Speichermedien „file format“ oder „disc format“. Dann stellt man fest, dass ein Format für bestimmte Maße oder Größenverhält-nisse steht wie es bspw. beim „Buchformat“ oder „Fotoformat“ der Fall ist. Es stellt sich die Frage, was man in der Medienlandschaft unter einem Format versteht.

Seinen Ursprung hat der Begriff „Format“ in Deutschland aus dem Hörfunk Ende der 80iger Jahre.69 Hier wurde ein Format als die Kombination aus Struktur, Inhalt und Präsentation ei-nes Radioprogramms verstanden.70 Der Begriff Fernsehformat ist in der Medienpraxis fest etabliert und wird dort oft als Syno-nym für den Begriff der Fernsehsendung verwendet. Möchte man sich dem Begriff des Fern-sehformats annähern, stellt man fest, dass eine inhaltliche Auseinandersetzung mit Fernseh-formaten neben der Medienpraxis auch in der Rechtsprechung und in der juristischen Litera-tur stattfindet. Das ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass der Begriff „Format“ beson-ders Relevanz findet, wenn es zu Rechtsstreitigkeiten bzgl. des Formatschutzes geht oder Transformationsverhandlungen zwischen Medienunternehmen stattfinden. Einen Überblick einiger Definitionen zeigt Abbildung 8:71

68 Vgl. Karstens/Schütte (2005), S. 150-151: Bspw. hat das bewusste Erfinden von Realität in den nonfiktio-nalen Bereich Einzug gehalten, in dem „getürkte“ Szenen in ein Nachrichtenmagazin zur besseren Veran-schaulichung integriert werden.

69 Vgl. Hagen (1999), S. 155-156. 70 Vgl. Haas/Frigge/Zimmer (1991), S. 159. 71

Entsprechend der o.g. Ausführungen ergeben sich einige Definitionen aus der juristischen Literatur: Vgl. Schwarz (1990), S. 203-204, von Have/Eickmeier (1994), S. 269-270, Litten (1997), S. 4, Lausen (1998), S. 14-15 und S. 18-19, Holzporz (2001), S. 14, Ingwersen (2005). Des Weiteren vgl. Biernat (2001), S. 16, Hallenberger (2004/2005), S. 160, Karstens/Schütte (2005), S. 77, Bodycombe (2007).

Page 37: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

20 Kapitel 3

BGH (1981), Quizmaster formgestaltende Elemente einer gesamten Sendeserie

OLG München (1990), Forsthaus Falkenau Konzept einer Sendung

Schwarz (1990) die Gesamtheit der den besonderen Stil einer Fernsehshow bildenden Elemente

OLG München (1993), Jux und Dallerei besondere Zutaten einer Sendung

von Have/Eickmeier (1994) die Gesamtheit der Erscheinungsform einer Show, so wie sie vom Zuschauer aufge-nommen wird

Litten (1997) eine die charakteristischen Merkmale einer Fernsehserie oder -show beinhaltende Grundstruktur, die in jeder Serien- oder Showepisode unterschiedlich ausgefüllt wird

Lausen (1998) die Gesamtheit aller charakteristischen Merkmale einer Fernsehsendung oder eines Fernsehfilms, die in jeder Folge wiederkehren. Negativ bedeutet dies, dass alle ein-maligen, sich nicht wiederholenden Abläufe oder Geschehnisse innerhalb einer Sendung nicht zum Format zu rechnen sind. Alle Sendungen, unabhängig von ihrem Charakter...weisen ein unverwechselbares, sie kennzeichnendes Erscheinungsbild auf, welches ihnen zu einer eigenen Identität verhilft. Dieses Erscheinungsbild nennt man Format.

Holzporz (2001) Fernsehshowformat als Synthese, aller konstitutiven gestalterischen Mittel und analytischen Aspekte, die der Fernsehshow einen stabilen Strukturrahmen verlei-hen, in den sich die wechselnden Besonderheiten der Einzelsendungen einfügen und damit das konkrete Erscheinungsbild der jeweiligen Show ausmalen.

Fey (2005) In short, it is describing the product by what you want to achieve with it. A concept becomes a format when you can take a television programme and format it so you can remake that TV show, for a different audience, in a different country.

Biernat (2001) Die Bestimmung eines Formats hängt mit Form, Inhalt sowie Art und Weise der Kom-munikation zusammen. Form meint das Genre, beim Inhalt geht es um die Regeln und die Zusammensetzung der verschiedenen Einzelelemente in ihrer speziellen Abfolge und Bedeutung bestimmt schließlich das Format.

Hallenberger (2004/2005) Zwei Varianten: In Sendungsform vorliegende serielle Fernsehproduktionen (1) und die unveränderlichen Elemente serieller Produktionen, also alles, was einzelne Folgen als Episoden der Gesamtproduktion erkennbar macht (2).

Karstens/Schütte (2005) Formate sind Basisideen von bereits produzierten Programmen.

Bodycombe (2007) A definitive description of what a format is doesn´t currently exist. However, there are two key formatting stages in the development of an idea: The “paper format” is the detailed written document that presents the initial concept for a TV programme format and the “TV programme format” as the recipe and ingredients that gives the knowl-edge to reproduce an existing TV programme in another country.

Abbildung 8: Auswahl Definitionen Fernsehformat

Den Definitionen eines Fernsehformats semantisch gemein ist, wenn von formgestaltenden Elementen, Zutaten, charakteristischen Merkmalen und gestalterischen Mitteln einer Sen-dung die Rede ist. Diese Merkmale wiederholen sich in jeder Sendung und haben eine bestimmte Bedeu-tung. Einmalige, nicht wiederholbare Abläufe oder Vorkommnisse sind nicht zum Format zu rechnen. Das Format ist also statisch. Auf diese Weise verleihen sie einer Sendung ein Grundgerüst, einen stabilen Strukturrahmen, ein unverwechselbares, konkretes Erscheinungs-bild und geben dieser ihre eigene Identität.

Die Ausführungen zeigen weiterhin, dass diese charakteristischen Merkmale von Fernsehfor-maten auf die Fernsehformen Serien, Filme und Shows Anwendung finden und im Zusam-menhang mit einer Fernsehsendung stehen.72 Deshalb kann man in Anlehnung an die Abbil-

72 Vgl. dazu die Ausführungen in Kapitel 3.3 (Zusammenhang Fernsehsendung und Fernsehformat).

Page 38: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 3 21

dung 7 in Kapitel 3.1 verschiedene Formatarten mit ihren jeweiligen Merkmalen unterschei-den. Auch in der Literatur ist eine Gliederung eines Fernsehformats in Showformate, Serien- und Filmformate üblich. Zu den Showformaten werden wegen ihrer ähnlichen Struktur eben-falls die nonfiktionalen Formate mit informativem Charakter gezählt.73 Abbildung 9 zeigt die unterschiedlichen Formatarten mit ihren wesentlichen Merkmalen:74

Zwischenfazit: Ein Fernsehformat ist grundsätzlich statischer Natur. Es definiert sich über bestimmte charakteristische Merkmale, die im Zusammenhang mit einer Fernsehsendung stehen. Diese Merkmale wiederholen sich in jeder Sendung und haben eine bestimmte Bedeu-tung. Ein Format erlangt somit eine eigene Identität. Formate können des Weiteren in fiktionale und nonfiktionale Formate unterschieden werden.

Als weitere Kriterien von „Formaten“ sind bei den angeführten Definitionen das Konzept einer Sendung, die Basisidee eines Formats und die Möglichkeit der Reproduktion des Formats in ein anderes Land bzw. in eine andere Kultur genannt worden.75

Das internationale Formatbusiness greift in seinem Formatverständnis diese Aspekte auf. Man nimmt eine Trennung des Formatbegriffs in das „Papierformat“ und in das „Fernsehformat i.e.S.“ vor. Das Papierformat zeigt das grundlegende Konzept einer Sendung und hebt insbe-sondere die dabei zugrundeliegende Idee hervor. Beim Fernsehformat i.e.S. handelt es sich um ein Wissenspaket, welches die Reproduktion in einem anderen Land ermöglicht.76 Grundsätzlich können sowohl im Papierformat als auch im Fernsehformat i.e.S. weitere Ele-mente aufgenommen werden, die die „Idee der Sendung“ und das „Wissenspaket“ näher kon-

73 Vgl. Lausen (1998), S. 16-18. 74 Eigene Darstellung mit inhaltlicher Anlehnung an die bisherigen Ergebnisse und Ausführungen in Lausen

(1998), S. 16-18. 75 Die thematische Idee wurde bereits als Merkmal bei den Formatarten aufgenommen. 76 Vgl. Bodycombe (2007).

Abbildung 9: Formatarten

NonfiktionFiktion

Formatarten

Merkmale: Thematische Idee, Titel, Titelmusik, Symbole festgeschriebene Charaktere, reale Orte als Schauplätze, Außenaufnahmen, Handlungsablauf im Sinne einer sich entwickelnden Geschichte

Merkmale: Thematische Idee, Titel, Titelmusik, Symbole Moderatoren Aufzeichnung oder Live-Show im Studio, bühnen-artige Kulisse Außenaufnahmen sind Ausnahmen, festgeschriebe-ner Handlungsablauf der einzelnen Sendungen, kein fortlaufender Zusammenhang einzelner Sen-dungen technische Hilfsmittel Anwesenheit von Publikum Fester Sendeplatz

Showformat unterhaltend Showformat informierend Serien- und Filmformat

Page 39: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

22 Kapitel 3

kretisieren. Dies ist bspw. von der Formatart77 und der Intension der Handhabung mit dem jeweiligen Format abhängig.78 Abbildung 10 fasst diese Definition zum Fernsehformat nochmals zusammen, welche auch der Arbeit zugrunde liegt:79

Zwischenfazit: Ein Fernsehformat i.w.S. definiert sich einerseits als ein sogenanntes Papierformat, wel-ches das grundlegende Konzept bzw. die Idee einer Sendung schriftlich fixiert und an-dererseits als ein Fernsehformat i.e.S., welches als ein Wissenspaket die Reproduktion in einem anderen Land ermöglicht.

In den Ausführungen hat sich bereits ein Zusammenhang zwischen einer Fernsehsendung und einem Fernsehformat angedeutet. Dieser soll nun konkret untersucht werden.

3.3 Zusammenhang Fernsehsendung und Fernsehformat

Die Ausführungen in Kapitel 3.1 haben eine Fernsehsendung als ein Medienprodukt definiert, welches sich aus einer immateriellen Komponente, dem Medieninhalt und einer materiellen Komponente, die sich bspw. in der Form der Ausstrahlung einer Sendung zeigt, zusammen-setzt. Des Weiteren wurde in Kapitel 3.2 ein Fernsehformat differenziert in das Papierformat und das Fernsehformat i.e.S. und wesentliche Merkmale bestimmter Formatarten aufgezeigt. Für das Verständnis einer Transformation eines Fernsehformats ist zu berücksichtigen, in welchem Zusammenhang eine Fernsehsendung zu einem Fernsehformat steht. Dieser Aspekt soll am Beispiel der Entstehung des Medienproduktes „Fernsehsendung“ anhand der medialen

77 Siehe dazu Abbildung 9 (Formatarten) in diesem Teilkapitel. 78 Es kann ein Ideenerfinder bzw. Formatinhaber ein grundlegendes Konzept oder ein bereits fest etabliertes

Format einem Sender verkaufen. Im Allgemeinen kann man zwischen einer Kurzform (1-2 Seiten) und ei-ner Langform (bis zu 10 Seiten) des Papierformats unterscheiden: Vgl. Bodycombe (2007).

79 Eigene Darstellung mit inhaltlicher Anlehnung an Bodycombe (2007) und Heinkelein (2003), S. 15-16.

Abbildung 10: Definition Fernsehformat

Fernsehformat i.e.S. Ein schriftliches Dokument, in dem das grundlegende Konzept der Sendung bzw. für ein Fernsehformat i.e.S. festgehalten ist. Inhaltliche Elemente: insbesondere die Idee (basic idea).

Ein Rezept und ein Wissenspaket, welches auf dem Papierfor-mat basiert und eine Vielzahl weiterer Elemente beinhaltet, welches die Reproduktion der Fernsehsendung in einem anderen Land und einer fremden Kultur ermöglicht. Inhaltliche Elemente: Beratung (consultancy), Produktionsbibel (production bible), Blueprint, Spezifikation des Bühnenbildes (Specification of set), Musik (music), visuelle Grafiken (visual graphics), Demokasset-ten (programme tapes), Einschaltquoten (ratings), Zeitfenster (scheduling slot) und Insiderwissen (all the inside knowledge that makes the format work).

Papierformat

Fernsehformat i.w.S.

Page 40: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 3 23

Wertschöpfungskette konkretisiert und ausgearbeitet werden. Für die weiteren Ausführungen siehe begleitend Abbildung 11:80

Man unterscheidet drei Stufen im Wertschöpfungsprozess einer Fernsehsendung: Inhalte er-zeugen, Inhalte bündeln und Inhalte distribuieren. Die zweite Stufe „Inhalte bündeln“ kann in die Zwischenschritte „wahrnehmbare Formgestaltung“ und „technische Formgestaltung“ wei-ter untergliedert werden. Diese Differenzierung ist vor dem Hintergrund des urheberrechtli-chen Schutzes entstanden. Juristisch gesehen erzeugt der Urheber des Medieninhalts zwei Güter, den Inhaltsgegenstand und den Ausdruck, durch den ein Medieninhalt dargestellt wird. Unter dem Inhaltsgegenstand wird in der Arbeit die reine Sendungsidee, mit dem „Ausdruck“ die schriftliche Fixierung der Idee bzw. des Konzepts der Sendung verstanden. Im Beispiel entsprechen diese vier einzelnen Wertschöpfungsstufen den Schritten „Sendung erfinden“, „Sendungskonzept“, „Produktion einer Sendung“ und „Ausstrahlung einer „Sendung“. Der in den einzelnen Stufen „veränderte Medieninhalt“ bildet dabei den zentralen Inputfaktor für die jeweils nachgelagerte Stufe. Der Medieninhalt bekommt Ressourcencharakter, wenn er durch die Aufbereitung mit speziellen Kompetenzen in einem Medienobjekt der nächsten Stufe Ein-gang findet.81 Es stellt sich die Frage nach Berührungspunkten zwischen einer Fernsehsendung und einem Fernsehformat innerhalb der Wertschöpfungskette (kurz: WS-Kette). Zur Klärung dieser Fra-ge wird die Abbildung 12 eingeführt:82

80 Vgl. Brack (2003), S. 17 mit eigenen Ergänzungen. 81 Vgl. Brack (2003), S. 16-20. 82 Eigene Darstellung in Anlehnung an die bisherigen Ergebnisse dieses Kapitels , Ergebnisse aus Kapitel 3.1

(Fernsehen und Fernsehsendung) und 3.2 (Fernsehformat) und Heinkelein (2004), S. 35.

Abbildung 11: Die mediale Wertschöpfungskette

Inhalte erzeugen Wertschöpfungs-stufe

Beispiel

Input aus Vorstufe

Allgemein zugängliche Informationen

Inhalte bündeln Wahrnehmbare Formgestaltung

Inhalte bündeln Technische Formgestaltung

Inhalte distribuieren

Sendung erfinden

Sendungs-konzept

Ausstrahlung einer Sendung

Produktion einer Sendung

Ergebnis

Technisches Format als Ressource

Wahrnehmungs-format als Ressource

Unformatierter Inhalt als Res-source

Wahrnehmungs-format

Technisches Format Medienprodukt Unformatierter

Inhalt

Page 41: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

24 Kapitel 3

Die ersten beiden WS-Stufen „Inhalte erzeugen“ und „Inhalte bündeln“ bzw. im Beispiel „ei-ne Sendung erfinden“ und „Sendungskonzept“ entsprechen der Definition des Papierformats: zunächst durch das Vorliegen der Sendungsidee und dann durch deren schriftliche Fixierung. Insofern kann das Papierformat mit dem Zwischenobjekt des Wahrnehmungsformats vergli-chen werden. Das Papierformat ist für jede Produktion einer Fernsehsendung relevant und wird in die ersten beiden Stufen der WS-Kette eingeordnet.

In der dritten WS-Stufe „Inhalte bündeln“ wird eine Fernsehsendung „produziert“ und in der vierten WS-Stufe „Inhalte distribuieren“ schließlich „ausgestrahlt“.83 Das dabei erzeugte „technische Format“ in der dritten WS-Stufe und das resultierende „Medienprodukt Fernseh-sendung“ in der vierten WS-Stufe nehmen eine wesentliche Rolle für das Verständnis des Fernsehformats i.e.S. ein. Die charakteristischen Merkmale eines Fernsehformats nehmen durch die Produktion und Ausstrahlung der Fernsehsendung Gestalt an: im fiktionalen Be-reich diejenigen der Film- und Serienformate, im nonfiktionalen Bereich diejenigen der Showformate. Insofern sind die statischen charakteristischen Merkmale eines Fernsehformats bzw. einer konkreten Formatart auch gleichzeitig diejenigen einer Fernsehsendung.84 Durch die Produktion und Ausstrahlung weiterer Folge-Sendungen (WS-Stufe 3 und WS-Stufe 4)

83 Hier kommen die einmaligen und dynamischen, nicht wiederholbaren Elemente einer Sendung, die nicht Bestandteil eines Formats sind, zur Geltung.

84 Vgl. Abbildung 9 (Formatarten) in Kapitel 3.2 (Fernsehformat).

Abbildung 12: Zusammenhang Fernsehsendung und Fernsehformat

Beispiel: Sendung erfinden und Sendungskonzept

WS-Stufe 1 (Inhalte erzeugen) und WS-Stufe 2 (Inhalte bündeln)

WS-Stufe 3 (Inhalte bündeln)

WS-Stufe 4 (Inhalte distribuieren)

Beispiel: Produktion einer Sendung

Beispiel: Ausstrahlung einer Sendung

Ergebnis: Unformatierter Inhalt und Wahrnehmungs-format

Ergebnis: Technisches Format

Ergebnis: Medienprodukt

Entspricht: Sendungsidee bzw. Papierformat

Entspricht: Produzierte Fernseh-sendung mit charakte-ristischen Merkmalen

Entspricht: Ausgestrahlte Fern-sehsendung mit cha-rakteristischen Merk-malen

Format i.e. S.

Page 42: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 3 25

kann sich das Wissenspaket des Formats i.e.S. weiter kontinuierlich aufbauen. Insofern steht das „technische Format“ und das „Medienprodukt Fernsehsendung“ im engen Zusammenhang mit dem Fernsehformat i.e.S.

Zwischenfazit: Zwischen einem Fernsehformat und einer Fernsehsendung besteht ein enger Zusam-menhang: Einerseits bildet das Format, insbesondere das Papierformat die Basis einer Fernsehsendung, andererseits werden durch die Fernsehsendung erst die charakteristi-schen Merkmale eines Formats sichtbar. Durch die Produktion bzw. Ausstrahlung wei-terer Fernsehsendungen kann sich das Format i.e.S. bzw. das Wissenspaket aufbauen.

3.4 Fernsehformat als Wirtschaftsgut

Untersucht man eine Transformation eines Fernsehformats in ein anderes Land oder in eine andere Kultur ist zu klären, um welche Art von Wirtschaftsgut es sich bei einem Fernsehfor-mat handelt. Als Wirtschaftsgüter werden knappe und zum Tausch geeignete Mittel verstan-den.85

Die Abbildung 13 zeigt die Güterklassifizierung nach Kosiol:86

Realgüter Nominalgüter

Materielle Realgüter Immaterielle Realgüter stets immaterielle Güter

Urs

prün

glic

he

Güt

er

Sachgüter: - Immobilien - Mobilien

Leistungswerte - Arbeitsleistungen - Dienstleistungen

Informationen Wirtschaftliche Tatbe-

stände Kapital

Geld

Abg

elei

tete

Güt

er

(Ver

fügu

ngsr

echt

e)

Ansprüche auf ursprüngliche Realgüter

Ansprüche auf ursprüngliche Realgüter

Ansprüche auf ursprüngliche Nominalgüter

Abbildung 13: Klassifikation von Wirtschaftsgütern

85 Vgl. Töpfer (2005), S. 88. 86 Vgl. Töpfer (2005), S. 96 in Bezug auf Kosiol (1968), Auszug aus Abbildung.

Page 43: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

26 Kapitel 3

Wirtschaftsgüter können zunächst in Realgüter und Nominalgüter eingeteilt werden. Realgü-ter haben einen konkreten Objektbezug und können weiter in materielle und immaterielle Re-algüter unterschieden werden. Nominalgüter sind grundsätzlich Geldmittel zum Erwerb von Realgütern und stellen deshalb stets immaterielle Güter dar. Des Weiteren können Real- und Nominalgüter in ursprüngliche Güter und abgeleitete Güter als Verfügungsrechte unterteilt werden.87

Anhand der Definition eines Fernsehformats in Kapitel 3.2 soll nun eine mögliche Einord-nung des Fernsehformats in das Schema der Wirtschaftgüter geprüft und kurz diskutiert werden.

Das Papierformat wurde als ein schriftliches Dokument bezeichnet, das das Konzept bzw. die Idee einer Sendung beinhaltet. Die schriftliche Fixierung in der Form eines Dokuments ist auf einen juristischen Hintergrund zurückzuführen, wie bereits die Ausführungen in Kapitel 3.3 bei der Betrachtung der WS-Kette darstellten. Juristisch gesehen ist die Idee als solches nach dem Urhebergesetz nicht schutzfähig. Unter bestimmten Voraussetzungen bspw. wenn diese Idee bzw. das Konzept der Sendung schriftlich kommuniziert ist, kann sie durchaus schutzfähig sein. Für die Einordnung in das Güterklasseschema ist primär die Idee als solche entscheidend, welche sich bspw. auf ein neues Thema einer Serie oder auf eine Spielidee ei-ner Unterhaltungssendung beziehen kann. Bei dieser Idee handelt es sich um das „geistige Eigentum“ des Erfinders. In der juristischen Literatur wurde der Begriff des geistigen Eigen-tums weitgehend verdrängt und durch den modernen Ausdruck „gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht“ bzw. „Intellectual Property Rights“ ersetzt.88 Das macht deutlich, dass sich der Schwerpunkt der Definition in Richtung eines Eigentums-Regimes verlagert, wie bspw. Copyrights. Es steht nicht ein immaterielles, ursprüngliches Wirtschaftsgut mit dessen Eigen-schaften im Vordergrund, sondern vielmehr die Regelung dieses Gutes, des geistigen Eigen-tums des Erfinders an sich. Unter diesem Verständnis könnte das geistige Eigentum in dem Güterklasseschema als ein immaterielles, abgeleitetes Gut bzw. als ein Verfügungsrecht an der getätigten Arbeitsleistung des Erfinders interpretiert werden.

Das Format i.e.S. wurde als ein Wissenspaket definiert. Wissen zeichnet sich vor allem durch seine Immaterialität aus und kann folglich in die Kategorie der immateriellen, ursprüng-lichen Realgüter eingeordnet werden. Wichtig ist, dass Wissen immer an Menschen gebunden ist, da es kontext- und erfahrungsabhängig ist.89 Man kann zwischen theoretischen (knowing that) und praktischen Wissen (knowing how) unterscheiden.90 Das praktische Wissen mani-festiert sich erst dann, wenn erworbenes Wissen in Fertigkeiten und Können umgesetzt

87 Vgl. Töpfer (2005), S. 95-97. 88 Vgl. Blümelhuber (2000), S. 136 und insbesondere Wadle (1996), S. 3 und Beier (1990), S. 390 f. Man

kann „Geistiges Eigentum“ auch „als Informationen, die den Kern des geistigen Eigentums“ bilden, definie-ren: Blümelhuber (2000), S. 138.

89 Vgl. Picot/Fiedler (2000), S. 16. 90 Vgl. Machlup (1980), S. 29 ff.

Page 44: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 3 27

wird.91 An einer Fernsehsendung sind zahlreiche Menschen in unterschiedlichen Funktionen beteiligt, die aufgrund ihrer Ausbildung über theoretisches Wissen verfügen und dieses durch ihr praktisches Handeln bspw. während der Produktion der Sendungen umsetzen und kontinu-ierlich aufbauen.

Die Ausführungen des Kapitels 3.3 zeigten den engen Zusammenhang zwischen einem Fern-sehformat und einer Fernsehsendung. Deshalb sollte bei der Güterklassifizierung eines Fern-sehformats gleichzeitig die Einordnung einer Fernsehsendung in das Güterklasseschema berücksichtigt werden.

In Kapitel 3.1 wurde eine Fernsehsendung als ein Medienprodukt definiert, d.h. als eine Kombination aus Medium (materielle Komponente) und Information (immaterielle Kompo-nente), welches sich in der Form einer vermarktungsfähigen Ware oder Dienstleistung ausge-staltet. Daraus wird ersichtlich, dass eine Fernsehsendung zunächst mehrere Eigenschaften von Wirtschaftgütern integriert und schließlich in einer vermarktungsfähigen Ware oder Dienstleistung mündet. Entscheidend ist nun, inwieweit das Medienprodukt „Fernsehsendung“ die Gestalt einer Dienstleistung oder Ware bzw. eines Sachgutes annimmt. Dazu muss geprüft werden, ob die konstitutiven Elemente einer Dienstleistung auf eine Fernsehsendung zutreffen. Zu den kon-stitutiven Elementen zählen die Immaterialität des Produktes, die Bereitstellung von Leis-tungsfähigkeiten in Form personeller, sachlicher oder immaterieller Ressourcen und die Integ-ration des externen Faktors.92 Die Immaterialität des Produktes zeigt sich anhand der immate-riellen Komponente einer Fernsehsendung. In diesem Zusammenhang spricht man auch von einem Informationsprodukt, wenn deren immaterielle Komponente informativer Natur bzw. von einem Kulturgut, wenn deren immaterieller Bestandteil unterhaltender Natur ist. Durch die immaterielle Komponente der Informationen erhält eine Fernsehsendung den Charakter eines immateriellen, ursprünglichen Realgutes, welches sich im Moment der Produktion kon-kret entfaltet. Das zweite Kriterium der Bereitstellung von Leistungsfähigkeiten besagt, dass für die Leistungserstellung Leistungspotentiale verfügbar sein müssen, die vor ihrer Realisie-rung unkörperlich und nicht sinnlich wahrnehmbar sind und die Dienstleistung somit erst zum Zeitpunkt ihrer Produktion und am Ort der Erstellung in Anspruch genommen werden kann.93 Diese Leistungspotenziale zeigen sich bspw. bei fiktionalen Sendungen durch die Schauspie-ler oder bei nonfiktionalen Sendungen durch die Moderatoren oder Gäste der Sendung. Erst zum Zeitpunkt der Produktion oder der Ausstrahlung einer Fernsehsendung können diese Leistungspotentiale beansprucht werden und zwar von dem dritten Kriterium einer Dienstleis-tung – dem externen Faktor. „Externe Faktoren sind solche Faktoren, die zeitlich begrenzt in

91 Vgl. North (1998), S. 42. 92 Vgl. Meyer (1993), S. 173 ff. In der Literatur hat sich bis heute noch keine klare und eindeutige Definition

von einer Dienstleistung herauskristallisiert. So wird bspw. bei moderneren Definitionsversuchen, die Im-materialität aus der Definition genommen, die anderen Kriterien aber beibehalten: Vgl. Blümelhuber (2000), S. 165-166.

93 Vgl. Wirtz (2005), S. 27.

Page 45: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

28 Kapitel 3

den Verfügungsbereich eines Dienstleistungsanbieters gelangen und mit den internen Produk-tionsfaktoren in einen Verarbeitungsprozess integriert werden.“94 Der externe Faktor, an dem die Dienstleistung sozusagen erbracht wird, in dem er unterhalten oder informiert wird, ist der Zuschauer. Er beansprucht die Dienstleistung Fernsehsendung als Medienprodukt entweder live vor Ort wenn er Teil des anwesenden Publikums im Studio bei einer nonfiktionalen Sen-dung ist oder evtl. zeitversetzt als Zuschauer vor dem Fernseher.95 Letztere Variante trifft auch bzw. insbesondere bei den fiktionalen Sendungen zu. Somit erfüllt eine Fernsehsendung die konstitutiven Elemente von Dienstleistungen und kann zu den immateriellen, ursprüngli-chen Realgütern eingegliedert werden. Da bei der Leistungserstellung die menschliche Leis-tung dominiert, spricht man bei einer Fernsehsendung von einer persönlich erbrachten Dienst-leistung. Bei der Definition zum Medienprodukt wurde weiterhin von einer vermarktungsfähigen Wa-re gesprochen. Besonders bei den fiktionalen Sendungen ist feststellbar, dass diese Art von Fernsehsendungen nach ihrer Erstausstrahlung häufig in der Form einer DVD im Handel er-hältlich ist. Bei nonfiktionalen Sendungen erfolgt dagegen eine Konservierung meistens zu Demonstrationszwecken. In diesem Zusammenhang spricht man von einer veredelten Dienst-leistung, die sowohl Sachgutcharakter (also der Klassifizierung eines materiellen, ursprüngli-chen Realgutes und somit einem Sachgut bzw. einer Ware entspricht) als auch Dienstleis-tungscharakter hat.96 Während bei nonfiktionalen Sendungen bzw. Showformaten der Dienst-leistungscharakter einer Fernsehsendung aufgrund seines Inhalts aus dem aktuellen Zeitge-schehen dominant sein dürfte97, sollte bei fiktionalen Sendungen bzw. Serien- und Filmforma-ten, die eher zeitneutral produziert sind und den narrativen Inhalt fokussieren, sowohl der Dienstleistungscharakter als auch der Sachgutcharakter Relevanz haben.

Bei der Betrachtung einer Fernsehsendung als Wirtschaftsgut sollten auch die Qualitätskrite-rien des Produktes betrachtet werden, die in der kommunikationswissenschaftlichen Literatur mit der kulturellen Dimension von Mediengütern in enger Verbindung stehen.98 Als objektive Qualitätskriterien werden in der Literatur die Aktualität, die Relevanz, die Richtigkeit und die Vermittlung von Informationen genannt. Diese Kriterien sind eher dem informativen Charak-ter einer Sendung zuzuschreiben.99 Bei Fernsehsendungen unterhaltender Natur können aus Rezipientensicht drei weitere Qualitätsmerkmale zur Prüfung der Qualität herangezogen wer-den: Die Sucheigenschaften (Beurteilung des Produktes kann durch Informationssuche vor dem Konsum erfolgen), die Erfahrungseigenschaften (Beurteilung des Produktes kann erst

94 Engelhardt/Kleinaltenkamp/Reckenfelderbäumer (1993), S. 401. 95 Der Integrationsgrad des externen Faktors ist bei einer Live-Show bspw. noch höher, wenn der externe

Faktor durch eine Interaktion bspw. in Form von Gewinnspielen aktiv involviert wird. 96 Insofern ist die Definition aus Kapitel 3.1 (Fernsehen und Fernsehsendung) begründet, dass Medienproduk-

te vermarktungsfähige Dienstleistungen oder Waren sind. 97 Die Aktualität des Inhalts ist nicht zwingendes Merkmal eines Showformats - unabhängig ob von unterhal-

tender oder informierender Natur. Jedoch trifft dies auf sehr viele Formate dieser Art zu. 98 Vgl. Knobloch/Schneider (1999), S. 13. 99 Vgl. Heinrich (1994), S. 93, Wirtz (1994), S. 90 f.

Page 46: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 3 29

nach dem Konsum erfolgen) und die Vertrauenseigenschaften (Beurteilung kann weder vor noch nach dem Konsum vollständig erfolgen).100 Da das Medienprodukt „Fernsehsendung“ während des erstmaligen Konsums verbraucht wird, ist eine Überprüfung der Qualität einer Fernsehsendung vor dem Konsum nicht möglich. Die Qualitätsbeurteilung bei einer Fernseh-sendung ist wenn überhaupt erst während der Sendung oder nach der Sendung möglich. Die-ses Phänomen bezeichnet man als Informationsparadoxon. Durch diese Eigenschaften entste-hen für Nachfrager von Informationsprodukten gewisse Informationsprobleme auf den Medi-enmärkten. Deshalb wird von den Anbietern versucht, eine Fernsehsendung mit den Eigen-schaften von Suchgütern auszustatten, wie bspw. durch den Einsatz eines bekannten Modera-tors oder bekannten Schauspielern. So können bspw. Rezipienten im Vorfeld eines Konsums Vermutungen über die Qualität einiger Elemente einer Fernsehsendung anstellen.101

Zwischenfazit: Die Einordnung des „klassischen Formatbegriffs“ in das Klassifizierungsschema nach Kosiol zeigt, dass das Papierformat bzw. die darin enthaltene „Idee einer Sendung“ dem Wirtschaftsgut eines immateriellen, abgeleiteten Realgutes entspricht. Das „Wissenspa-ket“, welches dem Format i.e.S. zugrundeliegt, kann als immaterielles, ursprüngliches Realgut identifiziert werden. Aufgrund des engen Zusammenhangs zwischen einem Fernsehformat und einer Fernsehsendung wird die Fernsehsendung ebenfalls als Wirt-schaftsgut betrachtet. Eine Fernsehsendung nimmt sowohl Sachgutcharakter als auch Dienstleistungscharakter an und ist dadurch einem materiellen, ursprünglichen bzw. einem immateriellen, ursprünglichen Realgut zuzuordnen. Die Qualität einer Fernseh-sendung kann anhand unterschiedlicher Kriterien beurteilt werden.

Nachdem das Fernsehformat in das Schema der Wirtschaftsgüter eingeordnet wurde, sollten die Merkmale eines Fernsehformats näher betrachtet werden, weil diese Merkmale sowohl ein Format an sich charakterisieren als auch dessen Einmaligkeit betonen.102 In diesem Zusam-menhang sei nochmals erwähnt, dass die Merkmale eines fiktionalen oder nonfiktionalen Fernsehformats erst durch eine Fernsehsendung sichtbar werden. Somit werden die Merkmale der produzierten und ausgestrahlten Fernsehsendung auch diejenigen des zugrundeliegenden Formats.103 Es ist zu prüfen, ob im Zusammenhang mit einem Fernsehformat bzw. einer Fern-sehsendung diese einzelnen Merkmale eigene Wirtschaftsgüter darstellen oder Bestandteil des bereits geprüften Wirtschaftsgutes „Formats“ bzw. der „Fernsehsendung“ sind oder lediglich Merkmale eines Formats ohne einen Charakter eines Wirtschaftsgutes darstellen. Diese Diffe-renzierung ist wichtig, um bei einer Transformation prüfen zu können, welche Bausteine eines Formats vermarktungsfähig und handelbar sind.

100 Vgl. Weiber/Adler (1995), S. 54. 101 Vgl. Wirtz (2005), S. 27-31. 102 Vgl. Abbildung 9 (Formatarten) in Kapitel 3.2 (Fernsehformat). 103 Vgl. die Ausführungen in Kapitel 3.3 (Zusammenhang Fernsehsendung und Fernsehformat).

Page 47: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

30 Kapitel 3

Bei der Kategorisierung der Fernsehsendung als Dienstleistung wurden die Merkmale eines Showformats, nämlich das Publikum oder der Moderator mit berücksichtigt. Sie stellen kei-ne eigenen Wirtschaftsgüter dar, sondern sind als wesentliche Kriterien für das Wirtschaftsgut „Dienstleistung Fernsehsendung“ (Showformat) mit integriert. Ähnlich verhält es sich mit den festgeschriebenen Charakteren und Schauplätzen bei Serien- und Filmformaten.

Das Merkmal des fest geschriebenen Handlungsablaufes einer fiktionalen oder nonfiktiona-len Sendung stellt ebenfalls kein eigenes Wirtschaftgut dar. Unter der Tatsache, dass ein Pa-pierformat die grundlegende Idee einer Sendung beinhaltet und dieses durchaus detaillierter ausgestaltet sein kann, ist denkbar, dass der fest geschriebene Handlungsablauf im Papierfor-mat integriert ist, aber nicht zwingend sein muss.104 Insofern kann der Handlungsablauf ent-weder als Merkmal eines Formats betrachtet werden oder unter dem Wirtschaftsgut des „Ver-fügungsrechtes der Sendungsidee“ eines Formats integriert werden. Wegen der hohen Bedeu-tung des festen Handlungsablaufs für das Konzept einer Sendung erscheint letztere Einteilung sinnvoll.

Die Merkmale des festen Sendeplatzes, der Außenaufnahmen und der Aufzeichnung bzw. der Live-Show stellen ebenfalls keine eigenen Wirtschaftsgüter dar, sondern bilden lediglich wesentliche Merkmale eines konkreten Fernsehformats bzw. einer konkreten Fernsehsendung.

Anders hingegen verhält es sich mit den Merkmalen der Technik, der Kulisse und den Sym-bolen bei nonfiktionalen Formaten. Diese Merkmale können in die Kategorie der Sachgüter bzw. der materiellen, ursprünglichen Realgüter eingeordnet werden. Die Titelmusik und der Titel, die Merkmale der fiktionalen und nonfiktionalen Formate sind, stellen immaterielle, abgeleitete Realgüter dar.

In den Ausführungen wurde zunächst ein Format in das Schema der Wirtschaftgüter einge-ordnet. Da ein Fernsehformat eng mit einer Fernsehsendung verknüpft ist, wurden zusätzlich eine Fernsehsendung und deren Merkmale auf den Charakter eines Wirtschaftgutes geprüft. Diese einzelnen Elemente aus den unterschiedlichen Wirtschaftgütern stehen nicht isoliert nebeneinander, sondern sind eng miteinander verbunden. Bei einem Fernsehformat kann man deshalb von einem Objektbündel aus einzelnen unterschiedlichen Wirtschaftsgütern spre-chen. Objektbündel sind „Verknüpfungen einzelner Objekte eines oder mehrerer Anbieter zu einem Angebot“.105 Abbildung 14 verdeutlicht dieses Objektbündel eines Fernsehformats graphisch:106

104 In den Ausführungen zum Papierformat in Kapitel 3.2 (Fernsehformat) wurde darauf verwiesen, dass das Papierformat in seiner Ausgestaltung durchaus detaillierter gestaltet sein kann.

105 Blümelhuber (2000), S. 173. 106 Eigene Darstellung. Das Objektbündel kann ebenfalls auf ein Serien- bzw. Filmformat angewendet werden:

Hier hat die Fernsehsendung den Charakter eines Sachgutes (wie oben dargestellt). Ferner sind lediglich für das Objektbündel die Elemente des Titels und der Titelmusik relevant. Die anderen Elemente sind bereits feste, unwiderrufliche Bestandteile der produzierten Fernsehsendung.

Page 48: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 3 31

Abbildung 14: Objektbündel eines Fernsehformats

Die Graphik verdeutlicht, dass sich ein Fernsehformat nicht in ein Schwarz-Weiß-Schema einer Güterklassifizierung von Wirtschaftsgütern einordnen lässt. Vielmehr setzt sich ein Fernsehformat aus einem Sammelsurium von unterschiedlichen Kategorien an Wirtschaftgü-tern zusammen, welches die Besonderheit des Untersuchungsgegenstandes des Fernsehfor-mats nochmals betont. Das Objektbündel „Fernsehformat“ umfasst in seinem Kern zunächst das „klassische“ Fernsehformat: den harten Kern und somit die grundlegende Basis in der Form der Sendungsidee (das Papierformat) und den weichen Kern in der Form des Wissens-paketes (das Fernsehformat i.e.S.). Aufgrund der engen Verbundenheit des Formats zur Fern-sehsendung bildet die Fernsehsendung mit ihren Merkmalen (mit Wirtschaftsgüter-Charakter) weitere Elemente des Objektbündels eines Fernsehformats. Die offene Gestaltung der Kreise in der Abbildung 14 verdeutlicht, dass der Übergang zwischen den einzelnen Elementen flie-ßend ist bzw. die einzelnen Wirtschaftsgüter nicht trennscharf voneinander zu verstehen sind. Die einzelnen unterschiedlichen Wirtschaftgüter des Objektbündels stellen nach der Definiti-on eines Wirtschaftgutes jeweils geeignete Mittel zum Tausch dar. Die Frage, welche Ele-mente des Objektbündels bei einer Transformation ausschlaggebend sind bzw. nach der Defi-nition des Objektbündels zu einem Angebot verknüpft werden, bleibt derzeit noch unbeant-wortet.

An dieser Stelle soll der Begriff der Transformation wie folgt festgelegt werden: Eine Transformation bedeutet, ein Format im Sinne eines handelbaren Objektbündels in ein anderes Land zu adaptieren.

Sachgut Fernsehsendung

Symbole

Technik

Harter Objektkern: Sendungsidee

Weicher Objektkern: Wissenspaket

Kulisse

Titel- musik Titel

Dienstleistung Fernsehsendung

Page 49: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

32 Kapitel 3

3.5 Zusammenfassung

Ein Fernsehformat definiert sich durch das Papierformat und durch das Fernsehformat i.e.S. Das Papierformat beinhaltet das Konzept bzw. die Idee einer Sendung. Das Fernsehfor-mat i.e.S. ist ein Wissenspaket, welches die Reproduktion in ein anderes Land ermöglicht. Es können verschiedene Formatarten mit spezifischen Merkmalen unterschieden werden: Se-rien- und Filmformate im fiktionalen Bereich und Showformate (unterhaltend oder informie-rend) im nonfiktionalen Bereich. Diese Merkmale wiederholen sich in jeder Sendung, haben eine bestimmte Reihenfolge und Bedeutung und verleihen einem Format eine eigene Identität. Insofern ist ein Fernsehformat statischer Natur. Eine Fernsehsendung steht dabei im engen Zusammenhang mit einem Format: Einerseits bildet das Papierformat die Basis einer Fernseh-sendung und andererseits werden durch die Fernsehsendung die Merkmale eines Formats erst sichtbar. Des Weiteren wird durch die Fernsehsendungen der Aufbau des Wissenspakets bzw. des Formats i.e.S. erst ermöglicht.

Die Ausführungen haben des Weiteren gezeigt, dass ein Fernsehformat sich aus einzelnen Bausteinen unterschiedlicher Wirtschaftsgüterkategorien zusammensetzt. Diese Bausteine bilden ein Objektbündel. Den harten Kern des Objektbündels bildet das Papierformat, also die Sendungsidee und den weichen Kern des Objektbündels das Format i.e.S., also das Wis-senspaket. Die Fernsehsendung und weitere Merkmale einer Fernsehsendung mit Wirt-schaftsgüter-Charakter bzw. eines Formats fließen ebenfalls in das Objektbündel mit ein. Das Objektbündel umfasst somit unterschiedliche Wirtschaftgüter, die jeweils geeignete Mittel zum Tausch darstellen. Welche einzelnen Wirtschaftsgüter des Objektbündels bei einer Trans-formation eines Fernsehformats Relevanz haben bzw. in ein Angebot fließen, bleibt offen.

Der Begriff der Transformation wurde wie folgt festgelegt: Eine Transformation bedeutet, ein Format im Sinne eines handelbaren Objektbündels in ein anderes Land zu adaptieren.

Page 50: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

4 Begriffsabgrenzung Internationalisierung

Das Gebiet der Internationalisierung kann aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet wer-den. So widmen sich wissenschaftliche Disziplinen wie bspw. die Volkswirtschaftslehre, die Wirtschaftsgeographie, die Soziologie, die Politologie, die Rechtswissenschaft und auch die Betriebswirtschaft diesem Forschungsthema. Innerhalb der Betriebswirtschaftslehre wiederum beschäftigen sich zahlreiche Teildisziplinen wie die Strategieforschung oder die Organisati-onsforschung mit der Internationalisierung.

Dieser Facettenreichtum um das Thema Internationalisierung zeigt sich zum einen in den un-terschiedlichen Begriffsabgrenzungen zur Internationalisierung und zum anderen in den zahl-reichen Möglichkeiten eines theoretischen, wissenschaftlichen Zugangs zur Internationalisie-rung. Diese beiden Aspekte bilden den Schwerpunkt des Kapitels 4.1 und 4.2. Eine Zusam-menfassung der wesentlichen Erkenntnisse rundet das Kapitel ab.

4.1 Internationalisierung

Mit dem Begriff der Internationalisierung werden in der Literatur vielfältige Phänomene be-schrieben. Zum einen findet man Definitionen, welche die Internationalisierung funktions-orientiert betrachten und bestimmte Fragestellungen und Probleme bei einer Internationali-sierung hervorheben und zum anderen eine funktionsübergreifende Denkweise, die Interna-tionalisierung mit einer allgemeinen Ausdehnung der Aktionsmöglichkeiten der Unterneh-mung ins Ausland verbindet. In diesem Zusammenhang wird Internationalisierung institutio-nell betrachtet, in dem die Internationalisierung mit dem Unternehmen verknüpft wird. An Stelle des Begriffs der Internationalisierung findet man in der Literatur die Begriffe der „in-ternationalen Unternehmenstätigkeit“ oder der „internationalen Unternehmung“.107

Es stellt sich weiter die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Unternehmen als internati-onal gilt. Eine der ersten Definitionen zur internationalen Unternehmung stammt von Lilien-thal, der diese als „corporations, which have their home in one country but which operate and live under the laws and costums of other countries as well“.108 Ein internationales Unterneh-men wird bei Lilienthal über das Kriterium der Auslandstätigkeit beschrieben. Bei den Auto-ren herrscht jedoch Uneinigkeit darüber, wann man von einer Auslandstätigkeit überhaupt sprechen kann.109 Die Form des Markteintritts stellt in der Literatur ein mögliches Kriteri-um für eine gegebene Auslandstätigkeit im Sinne einer internationalen Unternehmenstätigkeit dar.

107 Vgl. Perlitz (2004), S. 8-10. Einen Überblick an Definitionen zur internationalen Unternehmung gibt bspw. Söllner (2008), S. 342 und Kutschker/Schmid (2008), S. 243.

108 Lilienthal (1960), S. 119. 109 Vgl. Perlitz (2004), S. 10.

B. Bodenstein-Köppl, Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China, DOI 10.1007/978-3-8349-6505-9_4, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011

Page 51: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

34 Kapitel 4

Abbildung 15 verschafft einen Überblick über einige Markteintrittsformen:110

Export/Außenhandel: die Ausfuhr von im Heimatland hergestellten Waren und Dienstleis-tungen auf ausländischen Zielmärkten.

Lizenzierung:

ein vertragliches Abkommen, mit denen inländische Lizenzgeber Verfügungsrechte an einem immateriellen Vermögenswert an einen ausländischen Lizenznehmer zeitlich begrenzt zur Verfügung stel-len.

Joint Venture:

eine Unternehmung, die von zwei oder mehreren Partnern durchge-führt wird, wobei bei einer internationalen Unternehmung wenigs-tens ein Partner im Ausland angesiedelt ist. Von den beteiligten Partnern wird meist ein neues Unternehmen gegründet.

Strategische Allianz: eine strategische Partnerschaft zwischen zwei oder mehreren Unter-nehmungen, um in einem genau definierten Bereich zu kooperieren.

Betriebsstätte, Niederlassung, Filiale, Repräsentanz im Ausland:

ein rechtlich unselbstständiges Engagement einer Unternehmung im Ausland, das sich oft auf einzelne Funktionsbereiche beschränkt.

Tochtergesellschaft: ein rechtlich selbstständiges Engagement einer inländischen Unter-nehmung im Ausland.

Abbildung 15: Markteintrittsformen

Im engen Zusammenhang mit den Markteintrittsformen steht der Begriff der Direktinvestiti-onen. Darunter werden grenzüberschreitende Investitionen verstanden, die darauf abzielen, einen dauerhaften Einfluss auf eine Unternehmung in einem anderen Land zu erzielen.111 Sie können in unterschiedlichen Formen bspw. als Betriebsstätte, Niederlassung, Filiale, Reprä-sentanz oder Tochtergesellschaft realisiert werden.112

Über das Kriterium der Markteintrittsform für eine gegebene Auslandstätigkeit herrscht in der Literatur ebenfalls Uneinigkeit. Während manche Autoren eine internationale Unternehmung über unterschiedliche Formen des Markteintritts definieren und diese beiden Begriffe teilwei-se gleichsetzen, akzeptieren andere wiederum nur bestimmte Marktformen als notwendige Bedingung für eine vorliegende internationale Unternehmenstätigkeit.113

Einige Autoren heben quantitative und qualitative Größen als weitere Kriterien zur Beschrei-bung internationaler Unternehmen hervor. So definieren sich einige Unternehmen über be-stimmte Bestandsgrößen wie bspw. die Zahl der Beschäftigten im Ausland oder über be-stimmte Bewegungsgrößen wie bspw. die im Ausland erzielten Erlöse. Als qualitative Größen kann bspw. die strategisch-organisatorische Ausrichtung eines Unternehmens angeführt wer-den.114

110 Eigene Darstellung mit inhaltlicher Anlehnung an die Ausführungen von Kutschker/Schmid (2008), S. 253-255.

111 Vgl. Deutsche Bundesbank (1997), S. 81. 112 Vgl. Söllner (2008), S. 297. 113 Vgl. Kutschker/Schmid (2008), S. 244. 114 Vgl. Söllner (2008), S. 343-352.

Page 52: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 4 35

„Definitions are not right or wrong, just more or less useful.”115 Wenn man bei vorliegender Arbeit von Internationalisierung spricht, stellt sich die Frage nach einer Definition, die für das Forschungsvorhaben zutreffend ist. Vorliegende Arbeit untersucht die Transformation eines Fernsehformats nach China. Eine Definition, welche sich auf eine bestimmte Funktion bspw. auf den Absatz der Wertschöpfungskette fokussieren würde, wäre nicht zielführend. Das funktionsübergreifende Verständnis einer Internationalisierung, welches das Unternehmen in den Mittelpunkt stellt, scheint zunächst sinnvoll. Jedoch fassen die hier angesprochenen Ab-grenzungskriterien nicht den Kern des Forschungsvorhabens. Eine Abgrenzung von Interna-tionalisierung anhand qualitativer oder quantitativer Merkmale oder die Fokussierung auf bestimmte Markteintrittsformen würden das Vorhaben von Anfang an eingrenzen. Vielmehr muss der Arbeit eine Definition zugrunde liegen, welche offen gestaltet ist und zugleich einer institutionenökonomischen Betrachtung gerecht wird. Aus institutionenökonomischer Sicht geht es darum, zunächst die an der Auslandstätigkeit beteiligten Akteure zu betrachten und die damit verbundenen Motivations- und Koordinationsaspekte bei der Transformation. Unter diesem Verständnis rückt der Mensch in einer international vernetzten Welt in den Fokus und sein Streben nach Verbesserung seiner Situation bzw. Steigerung seines Wohlbefindens durch eine internationale Kooperationsentscheidung.116

Aus diesem Grund soll in der Arbeit unter Internationalisierung verstanden werden: Internationalisierung bedeutet, dass zwei oder mehrere Akteure innerhalb eines be-stimmten Institutionengefüges eine internationale Kooperation eingehen, um ihren Wohlstand zu verbessern.117

115 Buckley (1981), S. 71. 116 Vgl. Söllner (2008), S. 7-8. Das Theoriegebäude der NIÖ wird in Kapitel 5 (Das Theoriegebäude der NIÖ)

vorgestellt. 117 In Anlehnung an Söllner (2008), S. 342. Auf die Definition des Institutionengefüges wird in Kapitel 6

(Theoretischer Bezugsrahmen im chinesischen Kontext aus Sicht der Neuen Institutionenökonomie) näher eingegangen.

Page 53: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

36 Kapitel 4

4.2 Internationalisierungstheorien

Die Vielseitigkeit an Definitionen zur Internationalisierung zeigt sich in vergleichbarer Weise bei den Definitionen zu den Internationalisierungstheorien. Eine Vielzahl von Beiträgen zum internationalen Management beleuchtet funktionsorientierte Besonderheiten des internatio-nalen Managements. So findet man zahlreiche Forschungsvorhaben bspw. zum internationa-len Marketingmanagement oder zum internationalen Finanzmanagement.118 Weitere Beiträge stellen Besonderheiten einer Region oder eines Landes in den Vordergrund bspw. der Volks-republik China. Hier steht die Vermittlung von Faktenwissen über ein bestimmtes Land oder die Erfahrung mit diesem Land bei einem Auslandsengagement im Fokus.119 Daneben sind in der Wissenschaft zahlreiche Internationalisierungstheorien bzw. Internationalisie-rungsansätze entstanden, die Erklärungsvariablen zur Internationalisierung identifizieren.120

Es stellt sich die berechtigte Frage nach der Begründung einer Zugrundelegung eines theoreti-schen Gerüstes bei einem Forschungsvorhaben. Söllner sieht die Notwendigkeit einer soliden theoretischen Basis bei Forschungen im Bereich der Internationalisierung im permanenten Wandel begründet. Der rasante Wandel stellt neue Herausforderungen an die Tätigkeitsfelder der Personen, insbesondere an die Führungskräfte. Führung bedeutet demnach weit mehr als das Management von Funktionen und das Beherrschen von Faktenwissen. Mit einem theoreti-schen Grundlagengerüst, das genügend Raum für Gestaltung und Interpretation zulässt kann man dem Wandel gerecht werden.121

An die Rechtfertigung einer Internationalisierungstheorie als Basis von Forschungsbemühun-gen im Allgemeinen, schließt die konkrete Entscheidung für eine bestimmte Internationalisie-rungstheorie an. Es liegt in der Natur der Sozialwissenschaften begründet, dass reales Verhal-ten – wie die Internationalisierung von Unternehmen – nicht durch eine „Supertheorie“ be-gründet werden kann. Aufgrund der Komplexität des Erkenntnisgegenstandes und wegen der permanenten Veränderungen in der internationalen Unternehmenstätigkeit gibt es zahlreiche Partialansätze zur Erklärung der Internationalisierung.122

Kutschker vergleicht die Theorien der Internationalisierung mit einem Mosaik. Ähnlich einem Mosaik, welches aus zahlreichen Mosaiksteinen besteht und in seiner Gesamtheit ein ästheti-sches Gesamtbild ergibt, verhält es sich auch bei den Internationalisierungstheorien. Es gibt jedoch Unterschiede:123

118 Vgl. bspw. Perlitz (2004), Kutschker/Schmid (2008), Diller/Ivens (1998). 119 Vgl. bspw. Zinzius (2006), Dietz/Harnischfeger-Ksoll (1998). 120 Vgl. Söllner (2008), S. V. In der Literatur herrschen sprachliche Variationen zwischen Internationalisie-

rungstheorien und Internationalisierungsansätzen und deren klare Abgrenzung ist teilweise sehr umstritten: Vgl. Kutschker/Schmid (2008), S. 379.

121 Vgl. Söllner (2008), S. V. 122 Vgl. Kutschker/Schmid (2008), S. 378. 123 Vgl. Kutschker/Schmid (2008), S. 378.

Page 54: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 4 37

Die einzelnen Theorien sind nicht separierbar, d.h. sie sind nicht völlig unabhängig voneinander, sondern sie bauen aufeinander auf oder überschneiden sich.

Trotz der Vielzahl vorhandener Ansätze ergeben sie noch kein in sich konsistentes Gesamtbild.

Je nach dem bevorzugten Blickwinkel des Forschers und der generellen Themenstellung kön-nen unterschiedliche Theorien zur Internationalisierung Beiträge zu dessen Erkenntnisgewin-nung leisten. Vor diesem Hintergrund möchte dieses Kapitel erste Erklärungsvariablen für die Forschungsfrage „Wie verläuft eine Transformation eines Fernsehformats nach China?“ aufzeigen.

Aufgrund der Tatsache des Fehlens einer „Supertheorie“ zur Erklärung von Internationalisie-rung werden im Folgenden aus der Fülle der vorhandenen Theorien zur Internationalisierung einzelne klassische Theorien ausgewählt, die für den Untersuchungsgegenstand erwähnens-wert erscheinen. Neben der zentralen Frage der Internationalisierungstheorien nach dem „Wa-rum?“, beleuchten diese Fragen nach dem „Wann?“ (Temporalität), dem „Wo?“ (Lokalität) sowie dem „Wie?“ (Modalität) der Internationalisierung.124 Bei der Vorstellung dieser Theo-rien geht es nicht darum, die Theorien in ihrer Gesamtheit zu betrachten und zu diskutieren. Diese Vorgehensweise wäre für die vorliegende Arbeit nicht zweckmäßig. Stattdessen kon-zentrieren sich die Ausführungen auf die Hauptaussage der jeweiligen Theorie und auf we-sentliche Erkenntnisse, die für eine erste theoretische Annäherung an die Forschungsfrage relevant erscheinen.

(1) Theorien mit der Frage der Temporalität

Vernon gilt als Vertreter einer Internationalisierungstheorie, welche sich insbesondere mit der generellen Frage des „Wann?“ beschäftigt und sowohl Außenhandel als auch Direktinvestiti-onen zu erklären versucht. Die Hauptaussage und das Fazit dieser Theorie sind in Abbildung 16 dargestellt:125

Wann? Hauptaussage Fazit

Produktlebenszyklus (Raymond Vernon)

Zur Auslandstätigkeit kommt es nicht sofort bei Gründung einer Unternehmung, sondern erst im Zeitablauf der Unternehmungsgeschichte. Dabei werden zunächst Exporte getätigt und erst später Direktinvestitionen vorgenommen. In Abhängigkeit der Stellung eines Produktes im Lebenszyklus (Einführungsphase, Reifephase und Standardisie-rungsphase) wandeln sich Außenhandels- sowie Direktinvestitionsverhalten.

Die besondere Erklärungskraft liegt in der dynamischen Komponente. Vernon trifft Aussagen über die richtige Timing-Strategie einer internationalen Unterneh-menstätigkeit unter Berücksichtigung des Produktlebenszyklusses. Der Faktor Zeit wird zum wesentlichen Entscheidungskrite-rium eines internationalen Vorhabens.

Abbildung 16: Theorien mit der Frage der Temporalität

124 Vgl. Kutschker/Schmid (2008), S. 377. 125 Eigene Darstellung mit inhaltlicher Anlehnung an Kutschker/Schmid (2008), S. 437-439, Vernon (1966),

(1979).

Page 55: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

38 Kapitel 4

(2) Theorien mit der Frage der Lokalität

Die Standortansätze im Allgemeinen, der Standortansatz von Tesch und der Diamant-Ansatz von Porter fokussieren die geographische Dimension bzw. die Frage nach dem „Wo?“ der Internationalisierung. Während bei den Standortansätzen das Ziel der Internationalisierung im Mittelpunkt steht, ist es bei Porter der Ursprung der Internationalisierung.

Eine hohe Bedeutung der Standortfrage wird einer Direktinvestition zugewiesen mit der Be-gründung, dass die konstitutive Entscheidung über den Standort schwer revidiert werden kann. Jedoch sind Standortfragen auch für andere Formen der internationalen Unternehmens-tätigkeit relevant: Es stellen sich Fragen wie bspw. „aus welchen Ländern stammen Lizenz-partner?“.126 Tesch bspw. hat unter Rückgriff von Standortfaktoren die Wahl der drei Markt-eintrittsformen Export, Direktinvestitionen und Lizenzvergaben untersucht.127

Im Mittelpunkt der Standortansätze stehen die Betrachtung eines Standorts und dessen Stand-ortspezifika. Der Begriff „Standort“ kann für eine Gruppe von Ländern, für ein einzelnes Land, für eine Region oder für einen bestimmten Ort i.e.S. stehen.128 Als Standortfaktoren bezeichnet man diejenigen Faktoren, die in der umfangreichen Diskussion zur Umwelteinbet-tung der international tätigen Unternehmung auftauchen.129 Man stellt fest, dass grundsätzlich sowohl keine verbindliche Liste von Standortfaktoren als auch kein dominierendes Ordnungs-schema besteht.130 In der Regel wird die Auswahl und Kategorisierung der Standortvorteile vom jeweiligen Untersuchungszweck bestimmt.131 Eine Möglichkeit der Kategorisierung ist eine Untergliederung der Standortfaktoren nach der Makroumwelt und der Mikroumwelt.132 Eine erwähnenswerte Einteilung der Standortfaktoren macht Kappich. Er differenziert die Standortfaktoren „natürliche Standortfaktoren“ im Sinne von „nicht durch kurzfristig herbei-geführte Entscheidungen manipulierbar“ von den “staatlicherseits manipulierbaren Standort-faktoren“. Kappich hebt damit die unterschiedliche Qualität und den unterschiedlichen Grad der Manipulierbarkeit, sowohl die generellen Manipulationsmöglichkeiten als auch des dafür notwendigen Zeitbedarfs betreffend hervor.133

126 Vgl. Kutschker/Schmid (2008), S. 440. 127 Vgl. Kutschker/Schmid (2008), S. 444. 128 Vgl. Kappich (1989), S. 62. 129 Vgl. Kutschker/Schmid (2008), S. 442 und die dort angegebene Literatur. 130 Vgl. Kappich (1989), S. 62, Kutschker/Schmid (2008), S. 441. 131 Vgl. Kappich (1989), S. 62. 132 Vgl. Kutschker/Schmid (2008), S. 441. 133 Vgl. Kappich (1989), S. 62.

Page 56: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 4 39

Abbildung 17 fasst die Hauptaussagen und das Fazit der jeweiligen Theorien zusammen:134

Wo? Hauptaussage Fazit Standortansätze Zu Auslandstätigkeit kommt es nicht nur dort, wo die

externen Bedingungen im spezifischen Fall am güns-tigsten sind; entscheidend ist auch das Zusammenspiel mit unternehmensinternen Charakteristika sowie den Motiven der Auslandstätigkeit. Da sowohl die Bedingungen für jedes einzelne Engagement unter-schiedlich als auch die unternehmensinternen Faktoren hochgradig spezifisch sind, lassen sich keine eindeuti-gen theoretischen Aussagen treffen.

Die Standorttheorie basiert auf zahlrei-che Standortfaktoren, die bei der Wahl des Zielmarktes und bei der Wahl der Markteintrittsform für eine internatio-nale Unternehmstätigkeit zu berücksich-tigen sind. Welche Relevanz und Bedeu-tung einzelne Standortfaktoren bei einer Internationalisierung haben, hängt vom Zielland, vom Unternehmen selbst und vom Untersuchungszweck ab.

Peter Tesch Tesch nimmt eine ausführliche Auflistung von Stand-ortfaktoren bzw. Standortbedingungen vor. Standort-bedingungen in Kombination mit den Standortan-forderungen einer Unternehmung ergeben eine Standortqualität, die für die jeweilige Wahl der Markteintrittsform notwendig ist.

Teesch hebt die herausragende Rolle von Standortfaktoren bei der Standortwahl und bei der Wahl der Markteintrittsform hervor und spricht sogar von standort-bedingten Wettbewerbsvorteilen. Des Weiteren werden Unternehmensanfor-derungen an die Standortfaktoren und die Komponente zeitlicher Verände-rungen, denen sowohl die Standortan-forderungen als auch die Standortfakto-ren selbst unterliegen, berücksichtigt.135

Diamantansatz (Michael Porter)

Bei Porter geht es um den Ursprung der Internationali-sierung. Dabei spielt die Wettbewerbsfähigkeit von Nationen – besser: die Wettbewerbsfähigkeit von Branchen innerhalb von Nationen – eine wesentliche Rolle. Je besser das Zusammenspiel der sechs Dia-mant-Faktoren (Faktorbedingungen, Nachfragebe-dingungen, verwandte/unterstützende Branchen, Un-ternehmensstrategie/Struktur/Wettbewerb, Zufall und Staat) in einer Branche ist, umso wahrscheinlicher ist es, dass nationale Unternehmungen dieser Branche im Hinblick auf Exporte und Direktinvestitionen auch international wettbewerbsfähig sind.

Porter betont die Rolle von bestimmten nationalen Standortfaktoren für die inter-nationale Wettbewerbsfähigkeit. Er hebt die Branchenspezifizität der Standort-faktoren hervor und zeigt deren Bedeu-tung und deren Wirkungen beim Zu-sammenspiel auf – und diese sowohl innerhalb der einzelnen Komponenten als auch zwischen den Komponenten des Diamanten. Hinzu kommen Porters Gedankenspiele zum Aufbau von Wett-bewerbsvorteilen, die sich ebenfalls aus der Konstellation des Diamanten ergeben können.136

Abbildung 17: Theorien mit der Frage der Lokalität

134 Eigene Darstellung mit inhaltlicher Anlehnung an Kutschker/Schmid (2008) S. 440-451, Tesch (1980), Porter (1990).

135 In diesem Zusammenhang soll darauf hingewiesen werden, dass Tesch von Wettbewerbsvorteilen von Standorten spricht. Grds. sind jedoch Wettbewerbsvorteile Unternehmungen zuzuschreiben: Vgl. Kutsch-ker/Schmid (2008), S. 387.

136 Es sei nochmals darauf verwiesen, dass Wettbewerbsvorteile Unternehmungen zuzurechnen sind: Vgl. Kutschker/Schmid (2008), S. 387.

Page 57: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

40 Kapitel 4

(3) Theorien mit der Frage der Modalität

Zu den Theorien, die sich insbesondere mit der Frage der Markteintrittsform beschäftigen bzw. der Frage nach dem „Wie?“ der Internationalisierung nachgehen zählen u.a. Smith, Ri-cardo, Posner, Hymer, Aharoni und Dunning. Während sich Smith, Ricardo und Posner der Untersuchung des Außenhandels widmen, fokussieren Hymer und Aharoni insbesondere die Untersuchung von Direktinvestitionen.137 Hymer wendet dabei die analytischen Methoden der Theorie der Industrie-Organisationen nach Bain auf die internationale Unternehmenstätigkeit an.138 Wohingegen Aharoni die internationale Unternehmenstätigkeit aus verhaltenstheoreti-scher Sicht analysiert.139 Des Weiteren sollen noch zwei weitere Theorien erwähnt werden: die Internalisierungstheorie und das eklektische Paradigma von Dunning, die ihren Schwer-punkt darin setzen, unterschiedliche Formen der Internationalisierung zu analysieren.140 Dunning versucht mit seinem Ansatz des eklektischen Paradigmas, Internationalisierung um-fassend zu erklären, in dem er die Standorttheorie, die Theorie des monopolistischen Vorteils und die Internalisierungstheorie miteinander verbindet.141

Abbildung 18 stellt die Hauptaussagen der einzelnen Theorien und ein jeweiliges Fazit über-blicksartig dar:142

Wie ? Hauptaussage Fazit

Theorie der absoluten Kostenvorteile (Adam Smith) bzw. der relativen Kosten-vorteile (David Ricardo)

Zu Außenhandel kommt es, weil Länder sich auf die Produktion des Gutes spezialisieren, bei dem sie absolute/relative Kostenvorteile haben, dieses Gut dann exportieren und im Gegenzug das Gut importie-ren, bei dem sie absolute/relative Kostennachteile aufweisen.143

Diese Ansätze sind für die internationale Unternehmenstätigkeit interessant, weil sie die Bedeutung von bestimmten Vor-teilen insbesondere von Kostenvorteilen für den internationalen Wettbewerb und für die Existenz von Außenhandel her-vorheben.

Theorie der technologi-schen Lücke (Michael Posner)

Zu Außenhandel kommt es, weil nicht alle Länder den gleichen technologischen Entwicklungsstand haben und zwischen der Erfahrung einer Technologie in einem Land und deren Imitation durch andere Länder eine gewisse Zeit verstreicht. Der Export aus dem fokalen Land wird zunächst mit Technologievorteilen erklärt, der spätere Import in das fokale Land lässt sich ebenfalls mit Technologievorteilen, zudem aber auch mit Kostenvorteilen begründen.

Die Bedeutung von bestimmten Vortei-len bzw. Technologievorteilen für den internationalen Wettbewerb und für die Existenz von Außenhandel wird hier betont.

137 Vgl. Smith (1775/1976), Ricardo (1817/1970), Posner (1961), Hymer (1976), Aharoni (1966). 138 Vgl. Kutschker/Schmid (2008), S. 415 in Anlehnung an Bain (1956), (1959/1968). 139 Vgl. Aharoni (1966). 140 Vgl. Kutschker/Schmid (2008), S. 381. 141 Vgl. Dunning (1977), (1979), (1980). 142 Eigene Darstellung mit inhaltlicher Anlehnung an: Kutschker/Schmid (2008), S. 383-463, Smith

(1775/1976), Ricardo (1817/1970), Posner (1961), Hymer (1976), Aharoni (1966), Dunning (1977), (1979), (1980).

143 Komparative Kostenvorteile betreffen die Länderebene und sind nicht mit Wettbewerbsvorteilen zu ver-wechseln, welche die Unternehmensebene betreffen. Komparative Vorteile können von Unternehmen dabei ausgenutzt werden, um Wettbewerbsvorteile zu erzielen. Somit können komparative Vorteile eine mögliche Basis für Wettbewerbsvorteile von Unternehmungen sein: Vgl. Kutschker/Schmid (2008), S. 387.

Page 58: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 4 41

Theorie des monopolistischen Vorteils (Stephen Hymer)

Zu Direktinvestitionen kommt es, weil internationale Unternehmungen ihre Auslandsaktivitäten kontrollie-ren wollen (Kontrollmotiv) und sie es aufgrund unter-nehmungsspezifischer Wettbewerbsvorteile bzw. sogenannter monopolistischer Vorteile (ein bestimm-ter Vorteil eines Unternehmens, den ein Wettbewerber nicht hat) schaffen, die existierenden Markteintrittsbar-rieren zu überwinden. Das Kontrollmotiv wird als konstitutives Merkmal von Direktinvestitionen angese-hen, der Einsatz monopolistischer Vorteile als zentraler Erklärungsansatz für das Entstehen von Direktinvesti-tionen.

Hymer hält daran fest, dass eine interna-tionale Unternehmenstätigkeit als Vo-raussetzung einen monopolistischen Vorteil haben muss bzw. die Basis einer internationalen Unternehmenstätigkeit in einem unternehmensspezifischen Wettbewerbsvorteil liegt. Hymer betont die Vielfältigkeit der Ursachen von Wettbewerbsvorteilen und die Möglich-keiten, mit Hilfe eines monopolistischen Vorteils diverse Markteintrittsbarrie-ren des Ziellandes zu überwinden bzw. neue Markteintrittsbarrieren für Wettbe-werber zu schaffen.

Verhaltenstheorie (Yair Aharoni)

Zu Auslandstätigkeit kommt es aufgrund von internen und externen Anstößen, die in der Unternehmung einen Entscheidungsprozess auslösen. Der Prozess der Internationalisierungsentscheidung lässt sich – in Anlehnung an verhaltenswissenschaftliche Ansätze – als kollektiver Entscheidungsprozess mit irrationalen Elementen und satisfizierendem Streben erklären.

Interessant ist der Gedanke der Prozess-orientierung von Aharoni - sowohl der Entscheidungsprozess innerhalb der Unternehmung über eine Auslandstä-tigkeit eines Unternehmens als auch die Lernfähigkeit im Zeitablauf von im Ausland tätigen Unternehmen. Des Weiteren zeigen Aharonis Ausführun-gen, dass auch nicht-ökonomische Faktoren eine Entscheidung über eine Internationalisierung auslösen können.

Internalisierungstheorie Zur Internalisierung (d.h. in das Unternehmen hinein holen) von Aktivitäten in Form von Direktinvestitionen kommt es immer dann, wenn Transaktionen entweder intern günstiger abgewickelt werden können oder wenn Transaktionen beabsichtigt sind, die über den Markt aufgrund der marktlichen Unvollkommenheiten gar nicht oder erschwert möglich sind.

Die Internalisierungsansätze zeigen, dass mittels der Transaktionskostentheorie eine internationale Transaktion analysiert werden kann, insbesondere dient sie als Entscheidungshilfe für die Wahl einer bestimmten Markteintrittsform.144

Eklektisches Paradigma (John Dunning)

Zur Internationalisierung von Aktivitäten sind Eigen-tumsvorteile (Vorteile, die aus der Existenz oder aus der Internationalität einer Unternehmung resultieren oder die eine Unternehmung unabhängig exklusiv aufweist) eine zwingende Voraussetzung. Verfügt eine Unternehmung nur über Eigentumsvorteile, so wird sie sich innerhalb des Spektrums der Markteintritts- und Marktbearbeitungsformen für vertragliche Ressour-cenübertragung (z.B. Lizenzen) entscheiden. Hat sie darüber hinaus auch Internalisierungsvorteile (Vor-teile, die sich aus der Internalisierung ergeben), so kommt es zu Exporten. Nur wenn zusätzlich noch Standortvorteile im Ausland existieren, werden Di-rektinvestitionen vorgenommen.

Das eklektische Paradigma von Dunning stellt eine Möglichkeit dar, das Phäno-men der Internationalisierung durch Integration verschiedener Ansätze umfassend zu erklären. Des Weiteren wird von Dunning betont, dass das Vor-liegen eines Eigentumsvorteils eine Grundvoraussetzung einer internationa-len Unternehmenstätigkeit ist.

Abbildung 18: Theorien mit der Frage der Modalität

144 Spezifische und ausführliche Anwendungen, transaktionskostentheoretische Überlegungen auf die interna-tionale Unternehmenstätigkeit zu übertragen sind bis dato ausgeblieben: Vgl. Kutschker/Schmid (2008), S. 451, Braun (1988), S. 165-281, Becker (1996), S. 39-88.

Page 59: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

42 Kapitel 4

Es zeigt sich, dass die vorgestellten Theorien erste Anknüpfungspunkte für die zentrale For-schungsfrage liefern:

Wie verläuft eine Transformation eines Fernsehformats … fokussiert werden der Prozess der Transformation und das zu transformierende Objekt (Frage der Temporalität und der Modalität).

… nach China? fokussiert wird der Standort (Frage der Lokalität)

4.3 Zusammenfassung

Bereits die Begriffsabgrenzung der Internationalisierung zeigt einen großen Facettenreichtum an Definitionen. In den Mittelpunkt der Betrachtung rückt oft das Unternehmen, so dass in dem Zusammenhang von der „internationalen Unternehmenstätigkeit“ und einer „internatio-nalen Unternehmung“ gesprochen wird. Man findet ein Begriffsverständnis von Internationa-lisierung, welches bestimmte Funktionen im Wertschöpfungsprozess hervorhebt. Des Weite-ren tritt im engen Zusammenhang der Begriff der Internationalisierung mit den Markteintritts-formen in Erscheinung. Aus institutionenökonomischer Sicht wird der Mensch in den Fokus der Betrachtung gestellt und folgende Definition von Internationalisierung für die Arbeit fest-gelegt:

Internationalisierung bedeutet, dass zwei oder mehrere Akteure innerhalb eines be-stimmten Institutionengefüges eine internationale Kooperation eingehen, um ihren Wohlstand zu verbessern.

Die Betrachtung eines möglichen Forschungszugangs zum Thema der Internationalisierung zeigt ebenfalls eine große Vielfalt an wissenschaftlichen Möglichkeiten. Die Tatsache, dass Internationalisierung nicht durch eine „Supertheorie“ erklärt werden kann, impliziert zahlrei-che Internationalisierungstheoerien, welche ihren jeweiligen Schwerpunkt auf Fragen der Temporalität, der Lokalität und der Modalität legen. Bei der Betrachtung eines Ansatzes der Temporalität wird die dynamische und zeitliche Komponente betont, welche sich vor allem durch die Berücksichtigung des Produktlebenszyklusses bei der Entscheidung über eine inter-nationale Tätigkeit zeigt. Die Theorien der Lokalität heben die Wichtigkeit der zahlreichen Standortfaktoren bei der Internationalisierung hervor. Sie können bei der Wahl des Standorts oder der Markteintrittsform entscheidend sein, sogar zu einem Wettbewerbsvorteil werden. Des Weiteren wurde festgestellt, dass die Gewichtung von Standortfaktoren vom Zielland, vom Unternehmen selbst oder vom Untersuchungszweck abhängt und auch einer zeitlichen Dynamik unterliegt. Bei der Betrachtung der Theorien der Modalität kann man feststellen, dass das Vorhandensein bestimmter Vorteile, bspw. eines Technologievorteils oder Kosten-vorteils eine internationale Unternehmenstätigkeit herbeiführen kann. Einige Autoren gehen davon aus, dass für eine internationale Unternehmenstätigkeit ein Wettbewerbsvorteil vorlie-gen muss, mit dem man sogar Markteintrittsbarrieren überwinden kann. Des Weiteren wurde der Prozessgedanke hervorgehoben, der sowohl bei der Entscheidung über eine Internationali-

Page 60: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 4 43

sierung als auch im Lernprozess bei einer bestehenden internationalen Tätigkeit zum Aus-druck kommt. Außerdem zeigt sich, dass auch nicht ökonomische Faktoren über eine interna-tionale Unternehmenstätigkeit entscheiden können. Insgesamt stellt man fest, dass die Wahl für eine bestimmte Markteintrittsform an bestimmte Kriterien geknüpft ist.

Die vorgestellten Theorien vermitteln einen ersten Eindruck, wie die Forschungsfrage von unterschiedlichen theoretischen Blickwinkeln beleuchtet werden kann. In den nächsten Kapi-teln wird nun der theoretische Bezugsrahmen aus institutionenökonomischer Sicht für das Forschungsvorhaben erarbeitet.

Page 61: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

5 Das Theoriegebäude der Neuen Institutionenökonomie

Dieses Kapitel möchte eine Basis für den theoretischen Bezugsrahmen aus Sicht der Neuen Institutionenökonomie (kurz NIÖ) für das Forschungsvorhaben schaffen. Das Theoriegebäude der Neuen Institutionenökonomie bietet unterschiedliche Ansätze, die man grob in drei Teil-ströme ordnen kann: die Property-Rights-Theorie, die Transaktionskostentheorie und die Principal-Agent-Theorie. Es existieren bereits umfangreiche Arbeiten zur Darstellung dieser Ansätze, so dass auf eine weitere umfangreiche verzichtet wird.145 Insofern konzentrieren sich die Ausführungen auf diejenigen Aspekte, die für das weitere Verständnis und die weitere Bearbeitung relevant sind: zunächst auf diejenigen der Grundlagen der NIÖ und im Anschluss in den Kapitel 5.1, 5.2 und 5.3 auf diejenigen der einzelnen Ansätze. Abschluss des Kapitels bildet eine Zusammenfassung in der Form eines Analyserahmens als Ausgangsbasis für die Entwicklung des theoretischen Bezugsrahmens in Kapitel 6.

Ein wesentliches Merkmal der Neuen Institutionenökonomie ist die Konzentration auf das Phänomen des Marktversagens. Man spricht von Marktversagen, wenn wünschenswerte Transaktionen nicht stattfinden oder nicht wünschenswerte Transaktionen stattfinden. Ein Gestaltungsziel der NIÖ ist, Marktversagen zu verhindern bzw. wünschenswerte Transaktio-nen zu ermöglichen.146 Den Ausgangspunkt einer Transaktion bilden vielfältige Austausch-beziehungen zwischen spezialisierten Akteuren.147 Der Begriff des Akteurs geht dabei zu-nächst vom einzelnen Individuum aus, wird jedoch auf organisierte Gebilde wie bspw. ein Unternehmen verallgemeinert.148 Im vorliegenden Forschungsvorhaben steht eine Transaktion zwischen zwei bzw. mehreren Akteuren im Mittelpunkt der Betrachtung, so dass die Neue Institutionenökonomie für eine konkrete Untersuchung der Transformation eines Fernsehfor-mats zwischen einem deutschen und einem chinesischen Akteur geeignet ist.

Die Neue Institutionenökonomie basiert auf folgende zentrale Verhaltensannahmen: Metho-dologischer Individualismus, individuelle Nutzenmaximierung und beschränkte Rationalität. Die Annahme des methodologischen Individualismus besagt, dass die Theoriekonstruktion grds. vom individuellen Akteur ausgeht. Organisationsstrukturen werden als das Ergebnis der Handlungen und Entscheidungen individueller Akteure verstanden.149 Die Annahme der individuellen Nutzenmaximierung unterstellt, dass der einzelne Akteur

145 Vgl. Picot/Dietl/Franck (2008), Erlei/Leschke/Sauerland (2007), Richter/Furubotn (2003), Williamson (1996).

146 Vgl. Söllner (2008), S. 31: Die Entscheidung, ob eine Transaktion wünschenswert ist oder nicht, ist nicht einfach zu beantworten: Vgl. dazu die Ausführungen bei Söllner (2008), S. 81-91. Im Forschungsvorhaben ist entscheidend, ob zwei oder mehrere Akteure eine Transaktion eingehen und wie diese durchgeführt wird. Es wird davon ausgegangen, dass bei Eingehen einer Transaktion diese von den beteiligten Akteuren als wünschenswert angesehen wird. Siehe dazu die Ausführungen in Kapitel 6.4 (Ebene der Marktbeziehun-gen).

147 Vgl. Picot/Dietl/Franck (2008), S. 57. 148 Vgl. Picot/Dietl/Franck (2008), S. 57. 149 Vgl. Picot/Dietl/Franck (2008), S. 31.

B. Bodenstein-Köppl, Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China, DOI 10.1007/978-3-8349-6505-9_5, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011

Page 62: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 5 45

klar definierte Ziele hat. Diese lassen sich in einer individuellen Nutzenfunktion darstellen, die der einzelne Akteur zu maximieren versucht.150 Der individuelle Nutzen kann materieller und immaterieller Natur sein und ebenfalls Motive wie Altruismus umfassen.151 Die begrenzte Rationalität als weitere Annahme ist darauf zurückzuführen, dass das Wissen und die Informationsverarbeitungsmöglichkeiten eines Akteurs begrenzt sind. Derartige Ak-teure haben zwangsläufig eine subjektive Wahrnehmung der Welt. Aufgrund dieses subjekti-ven Elements der Akteure lässt sich das Optimierungsverhalten des Akteurs nur als begrenzt rational beschreiben.152 Aus den ihnen zugänglichen Entscheidungsalternativen wählen Ak-teure diejenige aus mit dem für sie günstigsten Kosten/Nutzen-Verhältnis.153

Bei einer Transaktion zwischen zwei Akteuren können Probleme auftreten. Es handelt sich um Probleme, die im Hinblick auf die Allokation knapper Ressourcen interpretiert werden können. Man unterscheidet zwischen der Konkurrenz um die Allokation von Inputzugriffs-rechten und um die Allokation von Outputzugriffsrechten. Erstere zielen darauf ab, dass Ak-teure mit allen Ressourcen ausgestattet werden müssen, die sie für das Erbringen einer Leis-tung im Rahmen der Transaktion benötigen. Letztere beziehen sich darauf zu gewährleisten, dass die Akteure auch zu der Erbringung der Leistung gewillt sind.154 Man spricht einerseits von einem Koordinationsproblem (welches die Überwindung des Nichtwissens beschreibt) und andererseits von einem Motivationsproblem (welches die Überwindung des Nichtwol-lens beschreibt).155

Eine Lösung dieser Probleme setzt folglich Koordination (die Versorgung der Parteien mit entsprechender Information zu ihrer Rolle) und Motivation (das Schaffen von Anreizen für Akteure zum Spielen ihrer Rolle) voraus.156 Zur Handhabung dieser Probleme bietet die NIÖ vielfältige Koordinations- und Motivationsinstrumente. Koordinations- und Motivations-instrumente lassen sich als Institutionen bezeichnen.157 Institutionen bilden den Mittelpunkt der NIÖ. Konkret sind Institutionen nach Picot/Dietl/Franck sanktionierbare Erwartungen, die sich auf die Handlungs- und Verhaltensweisen eines oder mehrerer Individuen beziehen. Die-se Erwartungen können an einzelne, an Personenmehrheiten oder an alle Mitglieder der Ge-sellschaft gerichtet sein. Institutionen zeigen die eigenen Handlungsmöglichkeiten und –grenzen auf und auch die an andere zu stellenden Erwartungen.158

150 Vgl. Picot/Dietl/Franck (2008), S. 31-32. 151 Vgl. Picot/Dietl/Franck (2008), S. 32, Wolff (2000), S. 54-55, Homann/Suchanek (2000), S. 30. 152 Vgl. Picot/Dietl/Franck (2008), S. 33. 153 Vgl. Erlei/Leschke/Sauerland (2007), S. 51. 154 Vgl. Wolff/Pooria (2004), S. 453-554. 155 Vgl. Picot/Dietl/Franck (2008), S. 7. In neueren Ansätzen wird der Begriff der Transaktion durch den Be-

griff der Interaktion ersetzt. In diesem Zusammenhang spricht man von Interaktionsproblemen und konkret von Informationsproblemen und Anreizproblemen: Vgl. Homann/Suchanek (2000).

156 Vgl. Picot/Dietl/Franck (2008), S. 9. 157 Vgl. Picot/Dietl/Franck (2008), S. 10. 158 Vgl. Picot/Dietl/Franck (2008), S. 10.

Page 63: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

46 Kapitel 5

5.1 Property-Rights-Theorie

Die Verhaltensannahmen der Property-Rights-Theorie sind die bereits vorgestellten An-nahmen der beschränkten Rationalität und der individuellen Nutzenmaximierung.

Die Property-Rights-Theorie fokussiert alle durchsetzbaren Verhaltensbeziehungen zwischen ökonomischen Akteuren, die aus der Existenz von Gütern resultieren und zu deren Nutzung gehören. Diese Handlungs- und Verfügungsrechte nennt man Property Rights. Verfügungs-rechte sind somit unmittelbar auf den Umgang mit einem Wirtschaftsgut verbunden und um-fassen folgende Rechtebündel: das Recht, ein Gut zu nutzen (1), das Recht, dieses Gut hin-sichtlich Form und Substanz zu verändern (2), das Recht, sich entstandene Gewinne anzueig-nen, bzw. die Pflicht, Verluste zu tragen (3), das Recht, das Gut zu veräußern und den Liqui-dationserlös einzunehmen (4).159 Der Wert eines Gutes wird somit sowohl durch seinen phy-sikalischen Wert bestimmt als auch durch die damit verbundenen Handlungs- und Verfü-gungsrechte.160

Die Verteilung, Gestaltung und mögliche Durchsetzung der Property Rights bilden den zentralen Untersuchungsgegenstand der Property-Rights-Theorie. Aus der Property-Rights-Theorie erfüllen Verträge zwischen Wirtschaftssubjekten die Funktion, die Property Rights zu übertragen.161 Die verbindliche Verfügungsrechtestruktur können über explizite oder implizite Vereinbarun-gen zwischen den Akteuren festgelegt werden. Explizite Verträge werden als ausdrückliche – mündliche oder schriftliche – Vereinbarungen zwischen zwei oder mehreren Akteuren defi-niert. Anhand des Kriteriums der gerichtlichen Durchsetzbarkeit und der damit verbundenen formal-juristischen Sanktionsmechanismen unterscheiden sich explizite Verträge von implizi-ten „self-enforcing“ Vereinbarungen.162 Letztere sind weder schriftlich noch mündlich aus-formuliert und u.a. durch Wertvorstellungen geprägt.163 Wertvorstellungen setzen Maßstäbe, was in bestimmten Situationen legitime, adäquate oder auch unangemessene Handlungsoptio-nen und –konsequenzen für die eigene Person und für die anderen Akteure sind.164 Implizite Verträge oder Vertragsteile gründen somit auf einem gemeinsamen Verständnis der Akteure im Bezug auf die Art und Weise der Zuordnung, die Form und den Inhalt von über Verfü-gungsrechte geregelten Ressourcenallokationen. Sie können den beteiligten Akteuren so selbstverständlich erscheinen, dass sie unbewusst in Kraft treten oder gar den Charakter einer Habitualisierung annehmen.165 Implizite und explizite Vereinbarungen sind nicht als sich aus-schließende Varianten zu verstehen. Vielmehr sind implizite Vereinbarungen oft in expliziten

159 Vgl. Picot/Dietl/Franck (2008), S. 46 und die dort angegebene Literatur. 160 Vgl. Picot/Dietl/Franck (2008), S. 46. 161 Vgl. Picot/Dietl/Franck (2008), S. 47. 162 Vgl. Jost (2000), S. 21, Ripperger (1998), S. 28-29 und die dort angegebene Literatur. 163 Vgl. Wolff/Pooria (2004), S. 461. 164 Vgl. Wolff/Pooria (2004), S. 459-460 und Ausführungen in Kapitel 6.2.3 (Kultur). 165 Vgl. Wolff/Pooria (2004), S. 462 und die dort angegebene Literatur.

Page 64: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 5 47

Verträgen „integriert“.166 Aufgrund der Annahme der beschränkten Rationalität der Akteure sind in der Regel Verträge nicht vollständig. Neben expliziten Regelungen enthalten sie auch Regelungslücken und die soeben angesprochenen impliziten Vertragsbestandteile.167 Des Weiteren können Verfügungsrechte so verteilt und damit eingeschränkt sein, dass nicht alle Rechte dem gleichen Akteur zugeordnet sind bzw. zugeordnete Rechte mehreren Perso-nen zustehen. Man spricht in diesem Zusammenhang von einer Verdünnung der Verfügungs-rechte.168

Mögliche Regelungslücken bei expliziten Verträgen, implizite Vertragsbestandteile als auch die Verdünnung von Verfügungsrechten eröffnen für die Akteure mögliche Verhal-tensspielräume. Diese können nun zu Problemen bei der Bildung, Zuordnung und Durchset-zung von Verfügungsrechten führen und sich auf die Höhe der dabei entstehenden Kosten, den sogenannten Transaktionskosten auswirken, dem Effizienzkriterium der Property-Rights-Theorie.169

Zur Problemhandhabung gilt, die Informationslücke, welche sich aus Regelungslücken oder aus impliziten Vertragsbestandteilen ergibt zu schließen und eine möglichst konzentrierte Verteilung der Verfügungsrechte anzustreben. Die Beachtung fundamentaler Institutionen und abgeleiteter Institutionen (institutionelle Umwelt) in Kapitel 6.2 und 6.3 stellen ge-eignete Institutionen für eine Problemhandhabung dar.

Des Weiteren können Probleme aus einem Wohlfahrtsverlust aufgrund externer Effekte re-sultieren. Externe Effekte umfassen die unkompensierten Nutzenveränderungen, die ein Wirt-schaftssubjekt durch seine Handlungen bei Dritten auslöst. Kommt es bei dem Betroffenen zu einer Nutzenminderung handelt es sich um negative, im Falle einer Nutzenmehrung um posi-tive externe Effekte. Bei negativen externen Effekten sind die insgesamt entstehenden sozia-len Kosten höher als die privaten Kosten des Handelnden. Solange der Nutzen, der aus seinem Handeln entstanden ist seine privaten Kosten übersteigt, besteht für den Akteur kein Anreiz, seine Handlungen zu unterlassen. Positive externe Effekte hingegen liegen dann vor, wenn der soziale Nutzen den privaten übersteigt. Es besteht die Gefahr, dass aufgrund fehlerhafter Anreizstrukturen gesamtwirtschaftlich erwünschte Handlungen unterbleiben.170 Es zeigt sich, dass eine klare und vollständige Zuordnung von Verfügungsrechten eine effiziente Lösung auf freiwilliger Basis zwischen den Akteuren schafft. Umgekehrt jedoch können eine unklare Verfügungsrechtezuordnung und mangelnde Rechtssicherheit einer Lösung durch auftretende externe Effekte entgegenstehen. In diesem Fall ist der Staat gefordert, eine Verteilung von Verfügungsrechten durch ihn vorzunehmen, damit sich als Ergebnis eines freien Austausches

166 Vgl. Jost (2000), S. 21-22. 167 Vgl. Wolff/Pooria (2004), S. 461-462 und die dort angegebene Literatur. 168 Vgl. Picot/Dietl/Franck (2008), S. 46-47. 169 Zur genaueren Betrachtung der Transaktionskosten siehe Kapitel 5.2 (Transaktionskostentheorie). 170 Vgl. Picot/Dietl/Franck (2008), S. 48-49.

Page 65: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

48 Kapitel 5

an Verfügungsrechten eine effiziente Nutzung von Ressourcen ergibt.171 Resultat könnte ein Regelsystem aus formellen Regeln bzw. Institutionen sein, welches in Kapitel 6.3 in der Form der institutionellen Umwelt bzw. der abgeleiteten Institutionen noch näher be-leuchtet wird.

Es ist anzumerken, dass Umweltbedingungen, die wegen der Verhaltenseigenschaften des Akteurs (begrenzte Rationalität und individuelle Nutzenmaximierung) zu Problemen bei der Definition, Übertragung und Durchsetzung von Property Rights führen, ebenfalls in der Transaktionskostentheorie diskutiert werden.172

5.2 Transaktionskostentheorie

Zentraler Untersuchungsgegenstand bei der Transaktionskostentheorie ist nicht der zwi-schen den Akteuren stattfindende Güteraustausch selbst, sondern die davon logisch zu tren-nende Übertragung von Verfügungsrechten, die als Transaktion bezeichnet wird. In neueren Ansätzen wird der Begriff der Interaktion statt desjenigen der Transaktion verwendet, um den interdependenten Charakter ökonomischer Austauschbeziehungen hervorzuheben.173

Die Transaktionskosten bilden das Effizienzkriterium des Ansatzes und umfassen demnach alle Opfer und Nachteile, die von den Tauschpartnern zur Verwirklichung des Güteraustau-sches zu tragen sind insbesondere bei der Anbahnung, Vereinbarung, Abwicklung, Kontrolle und Anpassung.174 Es sind nicht nur monetär erfassbare Größen zu berücksichtigen, sondern auch schwer quantifizierbare Nachteilskomponenten, wie bspw. die bei der Vertragsüberwa-chung eingesetzte Mühe und Zeit.175 Des Weiteren ist in der deutschsprachigen Literatur die Klassifikation der Transaktionskosten anhand der Phasen des Transaktionsprozesses akzep-tiert. Man spricht von Kostenarten, die vor Vertragsabschluss (ex ante Transaktionskosten) bzw. nach Vertragsabschluss anfallen (ex post Transaktionskosten).176

Die Höhe der Transaktionskosten hängt von bestimmten Einflussgrößen ab, die Williamson in seinem Modell „Organizational Failure Framework“ aufzeigt. Er unterscheidet die Verhal-tensannahmen, die Umweltbedingungen und die Transaktionsatmosphäre.177

171 Vgl. Söllner (2008), S. 56. 172 Vgl. Picot/Dietl/Franck (2008), S. 50. 173 Vgl. Homann/Suchanek (2000), Kapitel 1. Mit der „Umbenennung“ ist kein Widerspruch zur ökonomi-

schen Logik verbunden: Vgl. Wolff (1999 a). 174 Vgl. Picot/Dietl/Franck (2008), S. 57. 175 Vgl. Picot/Dietl (1990), S. 178. In der Literatur wird die Abgrenzung einzelner Transaktionen und die Un-

schärfe des Transaktionskostenbegriffs kritisch hinterfragt: Vgl. bspw. Wolff (1995), S. 28, Dietl (1993), S. 60.

176 Vgl. Williamson (1990), S. 22. 177 Vgl. Picot/Dietl/Franck (2008) S. 58 ff in Anlehnung an Williamson (1975), S. 40.

Page 66: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 5 49

Zu den Verhaltensannahmen zählen die begrenzte Rationalität und Opportunismus. Die Annahme der beschränkten Rationalität wurde bereits vorgestellt. Die Opportunismus-annahme ist eine andere Betrachtungsweise der individuellen Nutzenmaximierung. Während die individuelle Nutzenmaximierung wirtschaftliches Handeln aus der Perspektive des einzel-nen Akteurs erklärt, reflektiert Opportunismus die Handlungskonsequenzen des in dieser Weise nutzenmaximierenden Akteurs aus der Sicht eines externen Beobachters.178 Nach Wil-liamson bezieht sich Opportunismus auf die unvollständige oder verzerrte Weitergabe von Informationen, insbesondere auf vorsätzliche Versuche irrezuführen, zu verzerren, zu verber-gen, zu verschleiern oder sonst wie zu verwirren.179

Zu den Umweltbedingungen zählen die Unsicherheit, die Spezifität, die Häufigkeit und die strategische Bedeutung einer Transaktion.180 In Williamson „Organizational failure frame-work“ kommt es zu Koordinations- und Motivationsproblemen bei einer Transaktion, wenn sich bestimmte Verhaltensannahmen und Umweltbedingungen gegenüberstehen.

Die begrenzte Rationalität der Akteure kann sich zum Problem entwickeln, wenn die Unsi-cherheit der Transaktion eine exakte Vereinbarung über alle Modalitäten der Transaktion ex ante nicht möglich macht. Unsicherheit gilt als Maß für die Unvorhersehbarkeit und die An-zahl der notwendigen Änderungen der Leistungsvereinbarung während einer Transaktion. Je häufiger und unvorhersehbarer der Änderungsbedarf auftritt, desto schwieriger ist die Anbah-nung, Vereinbarung, Abwicklung, Kontrolle und Anpassung einer als gerecht empfundenen Leistungsvereinbarung.181

Nach der Quelle der Unsicherheit kann man zwei Arten von Unsicherheiten unterscheiden: die Umweltunsicherheit und die Verhaltensunsicherheit. Die Umweltunsicherheit bezieht sich auf die Umwelt, in der die Transaktion stattfindet. In diesem Zusammenhang spricht man auch von exogener Unsicherheit.182 Die Unsicherheit zeigt sich einerseits durch die Anzahl und Heterogenität externer Faktoren, die eine exakte Spezifikation von Input- oder Outputfaktoren erschweren. Andererseits basiert die Umweltunsicherheit auch auf der Dyna-mik und Komplexität der Transaktionsumwelt bspw. bedingt durch technische, politische, rechtliche, gesellschaftliche und naturbedingte Veränderungen. Verändern sich diese relativ schnell und sind nicht oder nur unter hohen Kosten vorhersehbar, entstehen Transaktionskos-ten zur entsprechenden Anpassung der Input- oder Outputfaktoren.183 Die Verhaltensunsicherheit bezieht sich auf die Art der Transaktion. Sie basiert auf Kom-munikationsdefizite und zum Teil auf Opportunismus und kann von strategischer und nicht strategischer Natur sein. Entstehen Informationsdefizite über aktuelles und geplantes Verhal-

178 Vgl. Picot/Dietl/Franck (2008), S. 32. 179 Vgl. Williamson (1990), S. 54. 180 Vgl. Picot/Dietl/Franck (2008), S. 59. 181 Vgl. Picot/Dietl/Franck (2008), S. 59. 182 Vgl. Wolff/Pooria (2004), S. 464. 183 Vgl. Wolff/Pooria (2004), S. 464-465, Jost (2000), S. 133-134.

Page 67: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

50 Kapitel 5

ten durch zu geringe Kommunikation der Akteure, spricht man von nicht-strategischer Ver-haltensunsicherheit. Im Gegensatz dazu ergibt sich die strategische Verhaltensunsicherheit aus der Möglichkeit eines opportunistischen Verhaltens der Akteure. So kann bspw. ein Ak-teur vor Vertragsabschluss Informationen zurückhalten, verfälschen oder verzerren.184

Auch ex post ergeben sich Verhaltensspielräume, die mit der Dimension des Spezifität ver-bunden sind. Mit zunehmender Spezifität wird opportunistisches Verhalten immer lohnender. Somit steigen mit zunehmender Unsicherheit neben den ex ante auch die ex post Transakti-onskosten.185 Unter spezifischen Investitionen werden Ressourcenallokationen verstanden, deren Spezifität umso höher ist, desto größer die Wertdifferenz zwischen einer bestimmten vorgesehenen Verwendung und einer zweitbesten Verwendung ist. Williamson unterscheidet verschiedene Erscheinungsformen von Spezifität: Standortspezifität, Sachkapitalspezifität, Humankapitalspezifität und zweckgebundene Sachwerte.186 Die Spezifität einer Leistungsbe-ziehung ist keine Konstante. So kann sich eine zu bzw. vor Vertragsabschluss unspezifische in eine nach einer gewissen Vertragslaufzeit spezifische Leistungsbeziehung wandeln. Man spricht in diesem Fall von einer fundamentalen Transformation, welche nachträglich Anreize zu opportunistischem Verhalten bietet.187

Die Bedeutung der Spezifität wird durch die strategische Bedeutung relativiert, welche die in einer Leistungsbeziehung koordinierten Teilaufgaben für einen oder auch für beide Trans-aktionspartner haben. Hoch spezifische Teilaufgaben sind dann problematisch, wenn sie zu-gleich von hoher strategischer Bedeutung sind.188

Eine weitere Umweltbedingung stellt die Häufigkeit dar. Als Häufigkeit wird die wiederholte Durchführung von gleichen bzw. ähnlichen Transaktionen pro Zeiteinheit bezeichnet.189 Mit zunehmender Häufigkeit gleicher oder ähnlicher Transaktionen zwischen Beteiligten können Transaktionskosten reduziert werden. Im Allgemeinen gilt, dass die Häufigkeit erst dann Re-levanz bekommt, wenn auch die Spezifität und die strategische Bedeutung im Spiel sind.190

Es hat sich gezeigt, dass die Erklärungskraft des „Organizational Failure Framework“ nicht mehr ausreicht, wenn sogenannte „interaction effects“191 auftreten, denen die beteiligten Ak-teure einen „Wert an sich“ beimessen. In diesem Zusammenhang sprechen Picot/Dietl/Franck von einer weiteren Umweltbedingung: die Transaktionsatmosphäre. Zu ihr zählen alle sozi-okulturellen und technischen Faktoren, die in einer gegebenen Situation Einfluss auf die

184 Vgl. Williamson (1990), S. 65-66. 185 Vgl. Williamson (1990), S. 68. 186 Vgl. Picot/Dietl/Franck (2008), S. 60 in Bezug auf Williamson (1989), S. 143. 187 Vgl. Picot/Dietl/Franck (2008), S. 59-60. 188 Vgl. Picot/Dietl/Franck (2008), S. 60. 189 Vgl. Williamson (1990), S. 69. 190 Vgl. Picot/Dietl/Franck (2008), S. 60-61. 191 Vgl. Williamson (1975), S. 37.

Page 68: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 5 51

Transaktionskosten verschiedener Koordinations- und Motivationsinstrumente haben. Zu denken wäre bspw. an kulturelle, religiöse oder soziale Werte und Normen. Sie engen Frei-räume für opportunistisches Verhalten von Anfang an ein.192 Die Bedeutung der Transakti-onsatmosphäre zeigt sich bspw. anhand fundamentaler und abgeleiteter Institutionen, welche weiter in Kapitel 6.2 und 6.3 verfolgt werden.

Die Transaktionstheorie empfiehlt für die Problemhandhabung diejenige Vertragsform zu wählen, die die Transaktionskosten minimiert unter der Berücksichtigung der Umweltfakto-ren.193 Unabhängig einer Vertragsform dienen die Transaktionskosten als ein relatives Effizi-enzkriterium für die Auswahl aus alternativen institutionellen Arrangements zur Abwicklung von Transaktionen. Es sind Transaktionen vorzuziehen, die mit geringeren Kosten verbunden sind als diejenigen mit höheren.194

5.3 Principal-Agent-Theorie

Die Principal-Agent-Theorie fokussiert wie die Transaktionskostentheorie die Austauschbe-ziehung zwischen zwei Akteuren.195 Jedoch ist zentraler Untersuchungsgegenstand eine konkrete Auftraggeber-Auftragnehmer-Beziehung. Konstitutives Merkmal einer Principal-Agent-Beziehung ist, dass die Handlungen des Auftragnehmers nicht nur sein eigenes Wohl-ergehen, sondern auch das Nutzenniveau des Auftraggebers beeinflussen. Wer Principal und wer Agent ist, wird situationsbedingt bestimmt.

Unvollständige und ungleich verteilte Informationen, so genannte Informationsasymmetrien in einer Principal-Agent-Beziehung führen dazu, dass eine wohlstandsmaximierende Struktur, die sogenannte First-best-Lösung verpasst wird. Es werden nur second-best-Lösungen reali-siert. Die Differenz zwischen einer First-best-Lösung bei vollständiger Information und der Second-best-Lösung bezeichnet man als Agency-Kosten, dem Effizienzkriterium der Principal-Agent-Theorie. Diese umfassen die Signalisierungskosten des Agent, die Kontroll-kosten des Principal und den verbleibenden Wohlfahrtsverlust.

Die Verhaltensannahme der begrenzten Rationalität kommt durch die Annahme unvollstän-diger Information zum Ausdruck. Der besser informierte Akteur wird als Agent, der schlech-ter informierte als Principal bezeichnet. Die Annahme der individuellen Nutzenmaximierung bzw. die Opportunismusannahme zeigt sich dadurch, dass der Agent Verhaltensspielräume zu seinen eigenen Gunsten und zum Schaden des Principal bewusst ausnutzt. Eine zusätzliche Annahme ist die Annahme der menschlichen Risikoneigungen, die für die Institutionenwahl bedeutend sein kann, wenn die Risikoneigungen der Akteure voneinander abweichen.

192 Vgl. Picot/Dietl/Franck (2008), S. 61. 193 Vgl. Picot/Dietl/Franck (2008), S. 142. 194 Vgl. Williamson (1985), S. 2. 195 Vgl. hier und in diesem Kapitel Picot/Dietl/Franck (2008), S. 72-80.

Page 69: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

52 Kapitel 5

Ausgangspunkt der Betrachtung der Umweltbedingungen ist, dass die Entscheidungssituati-on aus der Perspektive des Principal untersucht wird. Während der Principal über die Umwelt unvollständig informiert sein kann, bestimmt diese der Agent durch seine Eigenschaften, Handlungen, Informationen und Absichten. Es werden drei Informationsprobleme unterschie-den, die auf einem bestimmten Koordinations- und Motivationsproblem basieren:

Adverse Selection (Auswahl unerwünschter Vertragspartner): Es liegt eine Informati-onsasymmetrie ex ante (vor Vertragsabschluss) vor. Der Principal kennt unveränderli-che Eigenschaften des Agent selbst oder seiner angebotenen Leistung ex ante nicht. Er erfährt die wahren Eigenschaften erst ex post.

Moral Hazard (Gefahr eines opportunistischen Verhaltens des Agent): Es liegt eine In-formationsasymmetrie ex post vor, d.h. die im Verlauf der Beziehung auftritt. Der Principal kann die Handlungen des Agent entweder nicht beobachten oder nicht be-werten, kennt nur das Ergebnis (ex post).

Hold-up (Problem der Unvollständigkeit und Nicht-Verifizierbarkeit der Verträge): Es liegt eine Informationsasymmetrie zwischen den Vertragsparteien und Dritten (meis-tens Gerichten) vor. Die Vertragsparteien können opportunistisches Verhalten des Ge-genüber zwar beobachten, jedoch aufgrund der spezifischen Investition und somit Ab-hängigkeit nicht verhindern. Das Hold-up-Problem ist weitgehend deckungsgleich mit der Problematik spezifischer Investitionen aus der Transaktionskostentheorie.

Zur Problemhandhabung leitet die Principal-Agent-Theorie geeignete institutionelle Arran-gements auf Basis der zugrundeliegenden Informationsasymmetrie ab unter Inkaufnahme der geringst möglichen Agency-Kosten bspw. durch Signalling, durch Screening, durch eine In-teressensangleichung, durch die Bildung eines wechselseitigen Verhältnisses oder durch eine institutionelle Integration.

5.4 Zusammenfassung

Die Ansätze der Neuen Institutionenökonomie können eine Austauschbeziehung aus unter-schiedlichen Blickwinkeln beleuchten. Die graphische Betrachtung der einzelnen Phasen ei-nes Leistungsaustausches zwischen zwei Akteuren verdeutlicht noch einmal die einzelnen Analyseschwerpunkte der Ansätze (siehe Abbildung 19).196 Die Phase „Abschluss“ innerhalb der Phase der Vereinbarung wurde als eigene „Phase“ herausgestellt, um in der weiteren Un-tersuchung die vertragstheoretische Komponente zu unterstreichen.

196 Eigene Darstellung.

Page 70: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 5 53

Abbildung 19: Analyserahmen aus Sicht der NIÖ (graphisch)

Bei der Principal-Agent-Theorie steht die Auftraggeber-Auftragnehmer-Beziehung im Mittel-punkt der Analyse (die Beziehung zwischen Akteur A und Akteur B), bei der Transaktions-kostentheorie die Übertragung der Verfügungsrechte (= Transaktion) in den einzelnen Phasen des Leistungsaustausches, die vor und nach dem Vertragsabschluss anfallen und bei der Pro-perty-Rights-Theorie die Verteilung, Gestaltung und Durchsetzung der Verfügungsrechte-struktur an dem Austauschgut zwischen zwei Akteuren.

Des Weiteren hat sich gezeigt, dass bei einer Austauschbeziehung Probleme auftreten können, für deren Handhabung die Neue Institutionenökonomie ein Sammelsurium unterschiedlicher Institutionen bzw. Koordinations- und Motivationsinstrumente bereit hält. Als Institutionen wurden nach Picot/Dietl/Franck sanktionierbare Erwartungen, die sich auf die Handlungs- und Verhaltensweisen eines oder mehrerer Individuen beziehen, definiert.

Diese Koordinations- und Motivationsinstrumente bzw. Institutionen können direkt im Zu-sammenhang mit der Transaktion stehen, wie die Ausführungen zur Principal-Agent-Theorie zeigten. Die Erläuterungen der Property-Rights-Theorie und hier insbesondere der Teil der Handhabung der Probleme mittels der institutionellen Umwelt und die Ausführungen der Transaktionskostentheorie und insbesondere der Teil der Umweltunsicherheit und der Trans-aktionsatmosphäre haben weitere Institutionen angedeutet, in welche eine Transaktion „ein-gebettet“ ist und die unabhängig und zunächst losgelöst von einer konkreten Transaktion be-stehen. Diese sind in Abbildung 20197, welche den Analyserahmen der einzelnen Theorien der NIÖ noch einmal inhaltlich darstellt, fett hervorgehoben.

197 Eigene Darstellung.

Transaktionskostentheorie Phasen des Leistungsaustausches

ex ante ex post

Akteur A Akteur B Property-Rights-Theorie

Principal-Agent-Theorie

Anbahnung Vereinbarung Abschluss Abwicklung Kontrolle Anpassung

Page 71: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

54 Kapitel 5

Ana

lyse

rahm

en a

us in

stitu

tione

nöko

nom

isch

er S

icht

Prin

cipa

l-Age

nt-T

heor

ie

Bas

is: A

usta

usch

bezi

ehun

g zw

isch

en

Akt

eur A

und

Akt

eur B

Ana

lyse

:

Info

rmat

ions

asym

met

rien

Exis

tenz

von

Koo

rdin

atio

ns- u

nd M

oti-

vatio

nspr

oble

men

-

Adv

erse

Sel

ectio

n: a

us In

form

ati-

onsa

sym

met

rie v

or V

ertra

gsab

-sc

hlus

s in

Bez

ug a

uf W

irtsc

hafts

-gu

t und

Age

nt

- M

oral

Haz

ard:

aus

Info

rmat

ions

-as

ymm

etrie

nac

h V

ertra

gsab

-sc

hlus

s in

Bez

ug a

uf A

gent

-

Hol

d-up

: aus

Info

rmat

ions

asym

-m

etrie

zw

isch

en V

ertra

gspa

rteie

n un

d D

ritte

n na

ch V

ertra

gsab

schl

uss

H

andh

abun

g vo

n Pr

oble

men

-

durc

h Si

gnal

ling,

Scr

eeni

ng-

durc

h In

tere

ssen

sang

leic

hung

- du

rch

Scha

ffun

g w

echs

else

itige

s V

erhä

ltnis

, ins

titut

ione

lle In

tegr

ati-

on A

genc

y K

oste

n

Tra

nsak

tions

kost

en-T

heor

ie

Bas

is: T

rans

aktio

n in

den

Pha

sen

des

Leis

tung

saus

taus

ches

Ana

lyse

:

Ges

taltu

ng d

es L

eist

ungs

aust

ausc

hes

- A

nbah

nung

-

Ver

einb

arun

g -

Abs

chlu

ss (V

ertra

g)

- A

bwic

klun

g, K

ontro

lle, A

npas

sung

T

rans

aktio

nsko

sten

Exis

tenz

von

Koo

rdin

atio

ns- u

nd M

oti-

vatio

nspr

oble

men

-

aus b

egre

nzte

r Rat

iona

lität

und

U

mw

eltu

nsic

herh

eit

- au

s beg

renz

ter R

atio

nalit

ät u

nd

nich

t-stra

tegi

sche

r Ver

halte

nsun

si-

cher

heit

- au

s beg

renz

ter R

atio

nalit

ät u

nd st

ra-

tegi

sche

r Ver

halte

nsun

sich

erhe

it -

aus O

ppor

tuni

smus

und

Spe

zifit

ät/

stra

tegi

sche

Bed

eutu

ng

R

olle

Tra

nsak

tions

atm

osph

äre

Tra

nsak

tions

kost

en

H

andh

abun

g vo

n Pr

oble

men

-

durc

h be

stim

mte

Ver

trags

form

bzw

. In

stitu

tion

Tra

nsak

tions

kost

en

Prop

erty

Rig

hts T

heor

ie

Bas

is: P

rope

rty-R

ight

s-St

rukt

ur a

n ei

nem

Wirt

scha

ftsgu

t

Ana

lyse

:

Ver

teilu

ng P

R +

(Ver

dünn

ung)

Ges

taltu

ng P

R (e

xpliz

ite u

nd im

pliz

ite

Ver

träge

) T

rans

aktio

nsko

sten

Exis

tenz

von

Pro

blem

en

- au

s Ver

dünn

ung

der P

R

- au

s Reg

elun

gslü

cken

im e

xpliz

iten

Ver

trag

-

aus i

mpl

izite

n V

ertra

gsbe

stan

dtei

len

-

aus e

xter

nen

Effe

kten

Han

dhab

ung

von

Prob

lem

en

- du

rch

Kon

zent

ratio

n de

r PR

-

durc

h in

stitu

tione

lle U

mw

elt

Tra

nsak

tions

kost

en

Abbildung 20: Analyserahmen aus Sicht der NIÖ (inhaltlich)

Page 72: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

6 Theoretischer Bezugsrahmen im chinesischen Kontext aus Sicht der Neuen Institutionenökonomie (NIÖ)

Die unterschiedlichen Ansätze der Neuen Institutionenökonomie eignen sich für die Analyse des vorliegenden Forschungsvorhabens. Es stellt sich die Frage, ob alleine die Analyse mit dem Fokus auf die tatsächliche Austauschbeziehung auf Basis der Property-Rights-Theorie, der Transaktionskostentheorie und der Principal-Agent-Theorie für die Bearbeitung ausrei-chend ist.

Das Besondere an dem Forschungsvorhaben liegt darin, dass die beiden Akteure der Aus-tauschbeziehung verschiedenen Kulturkreisen angehören. Betrachtet man die Forschungs-bestrebungen in der Wirtschaftswissenschaft, kann man feststellen, dass die Kulturanalyse in verschiedenen Disziplinen angesiedelt ist, sie jedoch dort keine besondere Tradition hat. Mit den Forschungsbemühungen der Internationalisierung und internationalen Kooperationsbe-ziehungen rückt die Kulturforschung auch in den Fokus des Interesses bei den Wirtschafts-wissenschaften.198 Seit wenigen Jahren ist die Kultur Forschungsgegenstand der Neuen Insti-tutionenökonomie und in vorwiegend konzeptionellen Arbeiten zu finden.199 Konkrete an-wendungsbezogene institutionenökonomische Analysen im Bereich der Internationalisierung sind derzeit noch Seltenheit.

Synonym der Ausführungen in der Einleitung in Kapitel 5 können nun die Probleme bei einer Transaktion um die kulturelle Dimension erweitert werden. Auftretende Probleme bei einer Transaktion wurden als Probleme im Hinblick auf die Ressourcenallokation verstanden und die beiden Probleme, nämlich das Koordinationsproblem (Überwindung des Nichtwissens) und das Motivationsproblem (Überwindung des Nichtwollens) unterschieden. Möchten nun kulturell unterschiedliche Akteure eine Transaktion eingehen, besteht das Problem darin, dass diese Ressourcenallokation von den Akteuren unterschiedlich als legitim und angemessen verstanden werden könnte. Damit verbunden sind unterschiedliche Vorstellungen der als adä-quat erachteten und damit akzeptablen und wirksamen Koordinations- und Motivationsin-strumente.200

198 Vgl. Kutschker/Schmid (2008), S. 669. Einen Überblick über die Phasen der Kulturforschung in der Be-triebswirtschaftslehre gibt bspw. Söllner (2008), S. 150.

199 Einen Überblick gibt Pooria (2008), S. 16-29. Pooria selbst hat mit ihrer Forschungsarbeit einen Beitrag zur Schließung dieser Forschungslücke geleistet: Vgl. Pooria (2008).

200 Vgl. Wolff/Pooria (2004), S. 454.

B. Bodenstein-Köppl, Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China, DOI 10.1007/978-3-8349-6505-9_6, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011

Page 73: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

56 Kapitel 6

Im Zusammenhang mit auftretenden Problemen im internationalen Kontext spricht man von der kulturellen Lücke, welche ein reines Informationsproblem darstellt und Ursache für das kulturbedingte Koordinationsproblem ist.201 Werden nun kulturbezogene Informationsvor-teile des einen Akteurs zu Lasten des anderen Akteurs ausgenutzt, handelt es sich um ein kul-turbedingtes Motivationsproblem.202

Möglichkeiten zur Handhabung des Problems der kulturellen Lücke bestehen zum einen da-rin, die fremdkulturell geprägte Ressourcenallokation und die damit verbundenen Koordinati-ons- und Motivationsinstrumente zu verstehen und zu akzeptieren. Zum anderen kann das Problem der kulturellen Lücke eingedämmt werden, in dem man bspw. Aufgaben an Akteure weiterleitet, welche der fremdkulturellen Ebene näher sind.203

Des Weiteren haben die Betrachtung einerseits der Property-Rights-Theorie und hier insbe-sondere die Erwähnung der institutionellen Umwelt und andererseits der Transaktionskos-tentheorie und insbesondere die Ausführungen zur Umweltunsicherheit und zur Transaktions-atmosphäre in Kapitel 5 angedeutet, dass eine Austauschbeziehung in einem Institutionenge-füge eingebettet ist, welches zunächst losgelöst von einer konkreten Transaktion zu bestehen scheint. Jedoch wirkt eine Institution nicht isoliert, sondern entfaltet ihre vollkommene Wir-kung innerhalb des gesamten Institutionengefüges.204

Insofern scheint bei einer internationalen Transaktion die Betrachtung dieses Institutionenge-füges sinnvoll, insbesondere wenn sich das Institutionengefüge des Ziellandes von dem des eigenen Landes erheblich unterscheidet. Dieses Institutionengefüge des Ziellandes gewinnt damit bei einer Internationalisierung an Bedeutung. Es ist zu klären, wie dieses Institutionen-gefüge im Rahmen der NIÖ gestaltet ist. Das Kapitel 6.1 wird dieser Frage nachgehen und anschließend das weitere Vorgehen in dem Kapitel erläutern.

6.1 Das Institutionengefüge der Neuen Institutionenökonomie

Das Institutionengefüge der NIÖ wird von ihren Vertretern unterschiedlich beleuchtet, von denen einige kurz vorgestellt werden sollen.

North spricht in seinen Untersuchungen zum institutionellen Wandel von einer „Matrix an Institutionen“.205 Er unterscheidet „formgebundene Regeln“, die infolge von politischen oder gerichtlichen Entscheidungen über Nacht geändert werden können von „formlosen Beschrän-kungen“. Letztere sind in Sitten und Gebräuchen, Überlieferungen und Gepflogenheiten ver-körpert und durch eine vorsätzliche Politik viel weniger leicht zu beeinflussen. Nach North

201 Vgl. Wolff/Pooria (2004), S. 453-457. 202 Vgl. Wolff/Pooria (2004), S. 458. 203 Vgl. Wolff/Pooria (2004), S. 456-457. 204 Vgl. Picot/Dietl/Franck (2008), S. 10. 205 Vgl. North (1992), S. 8.

Page 74: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 6 57

wird der individuelle Handlungsspielraum zum einen über die formgebundenen Institutionen beschränkt, zum anderen über die formlosen Beschränkungen.206

Picot/Dietl/Franck sprechen in Anlehnung an Dietl von einer „Institutionenhierarchie“, in der Institutionen in übergeordnete und untergeordnete Institutionen gegliedert werden. Die über-geordneten Institutionen grenzen die Gestaltungsmöglichkeiten der jeweils untergeordneten Institutionen ein. Einzelne Institutionen lassen sich somit unterschiedlichen Hierarchiestufen zuordnen. Die oberste Hierarchieebene bilden die „fundamentalen Institutionen“. Sie sind in langwierigen Evolutionsprozessen als Resultat menschlicher Handlungen, nicht aber aus menschlicher Absicht entstanden. Dazu zählen die Menschenrechte, die Grundregeln und Normen einer Gesellschaft, die Sprache und das Geld. Des Weiteren gibt es „abgeleitete, se-kundäre Institutionen“, die einer rationalen Planung zugänglich sind. Zur gezielten Bildung dieser Institutionen kommt es durch die vollständige oder teilweise Übertragung von Ent-scheidungs- und Verfügungsrechten per Vertrag oder durch eine Konkretisierung oder Ein-schränkung der Handlungsrechte durch Gesetzgebung oder Gerichtsurteile. Abgeleitete Insti-tutionen können selbst Grundlage für weitere Institutionen sein. Ebenfalls in die Institutionenhierarchie eingegliedert sind die sogenannten „konstitutionellen Institutionen“, die sowohl fundamentalen als auch sekundären Charakter aufweisen. Im Allgemeinen zeigen diese Institutionen die eigenen Handlungsmöglichkeiten und –grenzen auf und auch die an andere zu stellenden Erwartungen. Sie dienen jedem Einzelnen als Wegweiser seiner Hand-lungspläne.207

Erlei/Leschke/Sauerland unterscheiden verschiedene Ebenen von Institutionen, die einem Dominanzprinzip folgen, indem die äußeren Ebenen einer Institution die inneren Ebenen do-minieren. Das bedeutet, dass die äußere Ebene einer bestimmten Institution die innere Ebene einer anderen Institution maßgeblich beeinflusst, umgekehrt jedoch nicht im gleichen Maße. Auf diese Art werden Interdependenzen zwischen den Ebenen nicht ausgeschlossen, jedoch ein Schwerpunkt der Wirkungsrichtung von außen nach innen unterstellt. Die äußere Ebene bildet die Ebene der Naturgesetze, die als Datum für ökonomische Analysen zu betrachten ist und deshalb in einer Analyse keine weitere Beachtung findet. Die nachfolgende Ebene bildet die Kultur. Dazu zählen die Vielzahl informeller Verhaltensregeln und die im jeweils betrach-teten Kulturraum gesprochenen Sprachen, die vorherrschenden Religionen und die gemein-same Geschichte. Die kulturelle Entwicklung wird als langfristiger Evolutionsprozess ver-standen und die Kultur entsprechend bei einer ökonomischen Betrachtung als eine Konstante. Die dritte Ebene bildet die formale gesetzliche Rechtsstruktur bzw. die formellen Regeln. Die innere Ebene schließlich bildet das Marktsystem als eine Menge aller Märkte. Die darin ent-haltenen Partialmärkte befinden sich grundsätzlich in wechselseitiger Abhängigkeit. Einzelne Partialmärkte sind jedoch für eine eigenständige Analyse zugänglich unter der Voraussetzung,

206 Vgl. North (1992), S. 4, S. 7. Eine genaue Analyse des Institutionenmodells nach North findet sich bei Mummert (1995).

207 Vgl. Dietl (1993), S. 71-74, Picot/Dietl/Franck (2008), S. 9-19.

Page 75: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

58 Kapitel 6

dass keine erhebliche wechselseitige Reaktionsverbundenheit vorliegt. In diesem Zusammen-hang spricht Erlei/Leschke/Sauerland in Bezug auf Schlicht von einer „kausalen Isolation“.208

Williamson spricht ebenfalls von unterschiedlichen Ebenen von Institutionen: Im Mittelpunkt seiner Überlegungen steht die Ebene der Governance Strukturen. Im Bezug auf ein Unter-nehmen stellen sie deren „organizational construction“ in der Form vertraglicher Regelungen dar. Diese Governance Strukturen werden von einer Makroebene – der institutionellen Um-welt - und von verhaltensbezogenen Faktoren der individuellen Akteure beeinflusst.209 In An-lehnung an North unterscheidet Wolff diese institutionelle Umwelt in formelle, meist schrift-lich kodifizierte (rechtliche) Verhaltensbeschränkungen und informelle, d.h. nicht-kodifizierte Verhaltensgepflogenheiten.210 Die institutionelle Ebene beeinflusst individuelles Verhalten auf der Ebene kollektiver Akteure, bspw. ein Unternehmen und andererseits individuelle Prä-ferenzen und somit Nutzenfunktionen, aus denen sich unter Berücksichtigung bestimmter Restriktionen individuelles Verhalten ergibt. Der Einfluss informeller Regeln auf individuel-les Verhalten wird als Sozialisation bezeichnet (siehe Abbildung 21).211 Söllner vergleicht die institutionelle Umwelt mit einem Rahmen von Regeln, der sich durch Stabilität und Bere-chenbarkeit auszeichnet und losgelöst ist von einer konkreten Austauschbeziehung. Menschli-che Interaktionen finden immer vor dem Hintergrund dieser bestehenden institutionellen Umwelt statt.212

Institutionelle Umwelt

So

zial

isat

ion

Formelle Informelle

Governance Strukturen

Individuelle Präferenzen

Abbildung 21: Drei Regelungsebenen

Die Erläuterungen zum Institutionengefüge der aufgeführten Autoren haben einerseits ge-zeigt, dass bestimmte Institutionen zu unterschiedlichen Ebenen zusammengefasst werden können. Zum einen existiert eine Ebene an Institutionen, welche informeller Natur sind und sich evolutionär entwickelt haben und zum anderen Institutionen formeller Natur, die zu-

208 Vgl. Erlei/Leschke/Sauerland (2007), S. 22-26, Schlicht (1985), S. 21. 209 Vgl. Williamson (1996), S. 7 und S. 223. 210 Vgl. Wolff (1999), S. 197-211, North (1992), S. 4. 211 Vgl. Wolff/Pooria (2004), S. 452 in Anlehnung an Williamson (1996 a), Wolff (1999) und Wolff/Lazear

(2001) mit eigenen Ergänzungen. 212 Vgl. Söllner (2008), S. 63.

Page 76: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 6 59

nächst aus einer rationalen Planung entstanden sind. Andererseits konnte festgestellt werden, dass diese Ebenen den Rahmen der institutionellen Umwelt bilden, der zunächst losgelöst ist von einer konkreten Transaktion. Innerhalb dieses Rahmens ist der Handlungsrahmen einge-bettet, innerhalb dessen eine konkrete Transaktion stattfindet. Eine Transaktion ist somit von unterschiedlichen Ebenen an Institutionen umgeben.

In Kapitel 4 wurde für die Arbeit folgende Definition von Internationalisierung festgelegt:

Internationalisierung bedeutet, dass zwei oder mehrere Akteure innerhalb eines be-stimmten Institutionengefüges eine internationale Kooperation eingehen, um ihren Wohlstand zu verbessern.

Ziel des Kapitels ist, einen theoretischen Bezugsrahmen auf Basis der Ausführungen von Ka-pitel 5 für das Forschungsvorhaben zu erarbeiten. Aus dieser Erkenntnis heraus sind bei der Untersuchung des Institutionengefüges folgende Ebenen von Bedeutung: eine Ebene, welche die Besonderheit der Internationalisierung in der Form von informellen Regeln insbesondere anhand der Kultur hervorhebt, eine Ebene, welche die gesetzlichen Rahmenbedingungen des Ziellandes und somit die formellen Regeln umfasst und eine Ebene, innerhalb derer eine kon-krete Transaktion stattfindet und Basis für eine mögliche Kooperation ist und eine Verbesse-rung des Wohlstandes zwei oder mehrerer Akteure implizieren kann.

Das Institutionengefüge von Picot/Dietl/Franck soll die Basis des theoretischen Bezugsrah-mens bilden. Picot/Dietl Franck integrieren auf der höchsten Hierarchiestufe der fundamenta-len Institutionen „die Grundregeln und Normen einer Gesellschaft“, die als „Kultur“ interpre-tiert werden können.213 Insofern soll den dominanten Rahmen des Institutionengefüges die Ebene der fundamentalen Institutionen „Kultur“ bilden, gefolgt von der Ebene der abgeleite-ten Institutionen der „Gesetzlichen Rahmenbedingungen“. Die dritte Ebene, in der eine kon-krete Austauschbeziehung stattfindet, soll als die „Ebene der Marktbeziehungen“ bezeichnet werden.

Bei institutionenökonomischen Untersuchungen kann man feststellen, dass die Betrachtung der Ebene der Marktbeziehungen und der Ebene der gesetzlichen Rahmenbedingungen domi-nieren, die Dimension der Kultur lediglich ein Randthema darstellt. Das liegt darin begründet, dass zahlreiche anwendungsorientierte Untersuchungen einer Transaktion zweier Akteure mittels der Transaktionskostentheorie und der Principal-Agent-Theorie innerhalb eines Kul-turkreises oder zwischen ähnlichen Kulturkreisen stattfinden. Somit ist die Betrachtung der Ebene der Marktbeziehungen relevant, die Ebene der Kultur dagegen zweitrangig. Da sich die Property-Rights-Theorie der Verteilung, Gestaltung und Durchsetzung der Verfügungsrechte im Allgemeinen widmet, stellt die Ebene der gesetzlichen Rahmenbedingungen stets wichti-ges Element in Untersuchungen, die auch innerhalb eines Kulturkreises stattfinden, dar.

213 Vgl. Pooria (2008), S. 20.

Page 77: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

60 Kapitel 6

Für eine ökonomische Analyse einer internationalen Transaktion ist eine alleinige Fokussie-rung auf die Ebene der Marktbeziehungen, innerhalb derer eine Transaktion zwischen zwei oder mehreren Akteuren stattfindet, nicht zweckmäßig. Vielmehr ist es bei einer internationa-len Transaktion zwischen China und Deutschland zwingend erforderlich, die Kultur in das theoretische Gerüst der Neuen Institutionenökonomie mit aufzunehmen. Jedoch bedeutet eine internationale Transaktion auch, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen des Ziellandes sich durchaus vom Heimatmarkt differenzieren können. So bekommt auch die Ebene der ge-setzlichen Rahmenbedingung eine durchaus andere Betrachtungsweise.

Auf dieser Basis soll der graphische Analyserahmen aus Kapitel 5 um die Ebenen der funda-mentalen Institutionen „Menschenrechte, Geld, Kultur“ und der abgeleiteten Institutionen „Gesetzlichen Rahmenbedingungen“ erweitert werden (siehe Abbildung 22).214 Der Begriff der institutionellen Umwelt soll diese beiden Ebenen umfassen.

Abbildung 22: Analyseebenen aus Sicht der NIÖ ( graphisch)

Es wird von den Annahmen der Wirkungszusammenhänge einzelnen Ebenen aus den Ausfüh-rungen nach Erlei/Leschke/Sauerland, die wiederum ähnlich den Ausführungen nach Pi-cot/Dietl/Franck entsprechen, ausgegangen. Somit wird angenommen, dass eine äußere Ebene maßgeblich eine innere Ebene beeinflusst, umgekehrt jedoch nicht im gleichen Maße. Diese

214 Eigene Darstellung in Anlehnung an Erlei/Leschke/Sauerland (2007), S. 23 in Bezug auf Erlei (1998), S. 148, Picot/Dietl/Franck (2008), S. 11.

Ebene der fundamentalen Institutionen: Menschenrechte, Geld, Kultur

Ebene der abgeleiteten Institutionen: Gesetzliche Rahmenbedingungen

Ebene der Marktbeziehungen

Transaktionskostentheorie Phasen des Leistungsaustausches

ex ante ex post

Akteur A Akteur B

Property-Rights-Theorie

Principal-Agent-Theorie

Anbahnung Vereinbarung Abschluss Abwicklung Kontrolle Anpassung

Page 78: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 6 61

Auseinandersetzung mit konkreten Berührungsgraden wäre mit Sicherheit interessant, für diese Arbeit jedoch weder Bestandteil noch zweckmäßig.

Es ist zu beachten, dass in der Arbeit das Zielland China fokussiert wird, in welches ein deut-scher Akteur aktiv versucht eine Transaktion anzubahnen. Insofern bleibt eine Betrachtung der institutionellen Umwelt des Heimatmarktes (Deutschland) unberücksichtigt.

Der weitere Aufbau des Kapitels 6 wird sich an dem Analyserahmen orientieren und in den Kapiteln 6.2, 6.3 und 6.4 die unterschiedlichen Ebenen mit dem Fokus auf das Zielland China betrachten. Dabei werden die wesentlichen Institutionen betrachtet. Die jeweiligen Kapitel enden mit einer Betrachtung der einzelnen Ebenen im Kontext des Bezugsrahmens, der schließlich in Kapitel 6.5 vorgestellt wird.

6.2 Ebene der fundamentalen Institutionen: Menschenrechte, Geld, Kultur

Im Folgenden wird die Ebene der fundamentalen Institutionen näher beleuchtet. Sie bildet die dominanteste Ebene im Institutionengeflecht und stattet jedes Gesellschaftsmitglied mit grundlegenden Handlungs- und Entscheidungsrechten aus.215

Die fundamentalen Institutionen haben sich in langwierigen Evolutionsprozessen als Resultat menschlicher Handlung, nicht aber menschlicher Absicht herausgebildet und werden meist unbewusst befolgt. Des Weiteren entziehen sie sich einer rationalen Gestaltbarkeit und weisen somit eine hohe Stabilität auf. Zu den fundamentalen Institutionen zählen die Menschenrech-te, das Geld, die Grundregeln und Normen einer Gesellschaft sowie die Sprache.216 Die Insti-tutionen der Grundregeln und Normen einer Gesellschaft sowie die Sprache werden unter dem Begriff der Kultur beleuchtet.

Des Weiteren werden die beiden konstitutionellen Institutionen der unantastbaren Freiheits-rechte und der konstitutionellen Entscheidungsrechte unter den Menschenrechten integriert, weil alle drei Institutionen in der Verfassung kodifiziert sind. Konstitutionelle Institutionen charakterisieren sich durch ihren fundamentalen als auch abgeleiteten Charakter und leiten sich aus ihrem Gestaltungsobjekt und weniger aus der Art und Weise ihrer Entstehung ab.217 Zum Schluss des Kapitels wird die Ebene der fundamentalen Institutionen im Kontext des Bezugsrahmens betrachtet.

215 Vgl. Picot/Dietl/Franck (2008), S. 11. 216 Vgl. Picot/Dietl/Franck (2008), S. 10-11. 217 Vgl. Picot/Dietl/Franck (2008), S. 18.

Page 79: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

62 Kapitel 6

6.2.1 Entscheidungsrechte, Menschenrechte, Freiheitsrechte

Für die Betrachtung der konstitutionellen Entscheidungsrechte, Menschenrechte und Frei-heitsrechte ist ein Blick in die chinesische Verfassung notwendig.

Die konstitutionellen Entscheidungsrechte bestimmen, von wem und auf welche Weise die Handlungsrechte der Gesellschaftsmitglieder festgelegt werden dürfen.218 In Artikel 1 der geltenden Verfassung der VR China vom 4. Dezember 1982 heißt es: „Die Volksrepublik China ist ein sozialistischer Staat unter der Demokratischen Diktatur des Vol-kes, der von der Arbeiterklasse geführt wird und auf dem Bündnis der Bauern und Arbeiter beruht … Die Sabotage des sozialistischen Systems ist jeder Organisation oder jedem Indivi-duum verboten.“ Der politische Führungsanspruch der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) ist auch in der Präambel der Staatsverfassung hervorgehoben. Laut Verfassung „oberstes Organ der Staatsmacht“ und Gesetzgebungsorgan ist der Nationale Volkskongress (NVK). Er ist unter anderem zuständig für Verfassungsänderungen, für die Ausarbeitung und Änderung von grundlegenden Gesetzen, für die Wahl und Abberufung der wichtigsten Mit-glieder der Staatsorgane sowie für die Prüfung und Bestätigung des Staatshaushaltes. Derzeit hat Hu Jintau die beiden mächtigsten Ämter inne: das Amt des Staatspräsidenten („Vorsit-zender der Volksrepublik China“) und des Generalsekretärs der KPCh („Nummer 1“ in der Parteihierarchie und somit mächtigste Mann in China). Die Kandidaten für alle ranghohen Regierungsämter werden von Gremien der KPCh ausgewählt. Insgesamt umfasst das Regie-rungs- und Verwaltungssystem sechs Hauptstufen: Zentrale (1), Provinzebene (2), Bezirks-ebene (3), Kreisebene (4), Gemeindeebene (5) und Dörfer und Straßenzüge (6). Interessant ist das Wahlrecht des Volkes zu erwähnen. Diese dürfen die Delegierten der Kreis- und Gemein-deebene direkt wählen. Diese Delegierten sind jedoch den höheren Ebenen rechenschafts-pflichtig und ihre Entscheidungen können von höheren Organen annulliert werden.219 Die Menschenrechte sind international weitgehend anerkannt und unterliegen einer ständigen Veränderung in ihrer Art und in ihrem Umfang. Bei den unantastbaren Freiheitsrechten, die alle personenbezogenen Rechte umfassen, handelt es sich zum Großteil um Menschen-rechte.220 Am 14. März 2004 hat der Nationale Volkskongress (NVK) weitgehende Änderungen der chinesischen Verfassung beschlossen. Erstmals seit der Gründung der VR China wurde die Achtung der Menschenrechte in die Verfassung aufgenommen: „Der Staat respektiert und schützt die Menschenrechte.“221 Dennoch zeigt sich die Europäische Union besorgt wegen der anhaltenden Menschenrechtsverletzungen im Land und äußert Bedenken u.a. über erhebliche Mängel im Bereich der freien Meinungsäußerung, der Versammlungsfreiheit, der Vereini-gungsfreiheit, der Religionsfreiheit sowie der Meinungs- und Pressefreiheit.222

218 Vgl. Picot/Dietl/Franck (2008), S. 18. 219 Vgl. Heilmann (2009). 220 Vgl. Picot/Dietl/Franck (2008), S. 11, S. 18. 221 Vgl. Rat der Europäischen Union (2004), S. 105. 222 Vgl. Rat der Europäischen Union (2008), S. 181-182.

Page 80: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 6 63

6.2.2 Geld

Das Geld stellt eine weitere fundamentale Institution dar, welche insbesondere Tauschvor-gänge erleichtert.223 Die Währung in der VR China ist Renminbi. Die internationale Abkür-zung nach ISO 4217 ist CNY, in China RMB. Die Einheiten der Währung sind Yuan. Da für die hier betrachtete internationale Transaktion das Geld eine Kostenkomponente bei einem Güteraustausch auf der Ebene der Marktbeziehungen eine Rolle spielt, wird auf die Institution Geld als fundamentale Institution nicht näher eingegangen.

6.2.3 Kultur

Die Kultur bildet im Forschungsvorhaben im Rahmen der fundamentalen Institutionen die bedeutendste Institution. Da sie in der Arbeit als eine Institution im Institutionengefüge der NIÖ betrachtet wird, wird auf eine Auseinandersetzung mit spezifischen Kulturkonzepten und Theorien an dieser Stelle verzichtet.

Als Kultur soll on Anlehnung nach Erlei/Leschke/Sauerland insbesondere die Vielzahl infor-meller Verhaltensregeln sowie die in dem Kulturraum gesprochene Sprache, die vorherr-schende Religion und die gemeinsame Geschichte verstanden werden.224 In dieser Definition ist sowohl die fundamentale Institution der Sprache integriert als auch die „Grundregeln und Normen“ einer Gesellschaft, die wie bereits erwähnt, als Kultur interpretiert werden können.

Man unterscheidet zwei Ebenen der Kultur:225 Concepta einer Kultur: Die Phänomene, die den tieferliegenden Bestandteil von Kultur

ausmachen. Dies sind die Grundannahmen, Werte, Normen, Einstellungen und Über-zeugungen.

Percepta einer Kultur: Die Phänomene, in denen sich die Concepta ausdrücken lässt und empirisch wahrnehmbar, beobachtbar und fassbar werden. Dies sind die Verhal-tensweisen und Artefakte.

Somit können die Sprache, die Geschichte und die Religion in die Ebene der Concepta einge-gliedert werden und als eigene fundamentale Institutionen betrachtet werden. Die informellen Verhaltensweisen spiegeln sich in den landesspezifischen Kulturfaktoren wider und bilden die Ebene der Percepta.

Insgesamt kann festgestellt werden, dass diese fundamentalen Institutionen zum Großteil nicht kodifiziert sind, ihre Beachtung häufig unbewusst erfolgt und ihre Nichtbeachtung von den betreffenden Gesellschaftsbereichen sanktioniert wird.226

223 Vgl. Picot/Dietl/Franck (2008), S. 12. 224 Vgl. Erlei/Leschke/Sauerland (2007), S. 24. 225 Vgl. Kutschker/Schmid (2008), S. 673 in Bezug auf Osgood (1951). 226 Vgl. Picot/Dietl/Franck (2008), S. 12.

Page 81: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

64 Kapitel 6

Für vorliegende Arbeit ist die Kenntnis und die Betrachtung der unterschiedlichen Ebenen der Kultur wichtig, eine grundlegende Auseinandersetzung mit einzelnen Wirkungszusammen-hängen jedoch sekundär. Deshalb wird auf Letzteres verzichtet.

6.2.3.1 Sprache

Die Sprache gilt als eine der wichtigsten fundamentalen Institutionen und mit Abstand als das wichtigste Organisationsinstrument.227 Für eine Transaktion ist die Sprache äußerst bedeu-tend, weil diese auf Information und Kommunikation angewiesen ist. Die nationale Sprache der VR China ist das Han-Chinesisch. In den unterschiedlichen Provinzen des Landes werden zahlreiche Dialekte gesprochen, die teilweise so voneinander abweichen, dass eine Verständi-gung untereinander nur über die Schrift möglich ist. Lediglich die Schriftsprache ist einheit-lich, da die ideographischen, nicht-phonetischen Schriftzeichen für alle Dialekte gleich sind.228

Zu berücksichtigen bei einer Transaktion mit einem chinesischen Akteur ist, dass diese sprachliche Barriere zwischen einem deutschen und chinesischen Akteur dadurch verstärkt wird, dass in China die eigentlichen Entscheidungsträger in aller Regel keine westlichen Fremdsprachen beherrschen oder sie zumindest im öffentlichen Umgang mit ausländischen Gesprächspartnern nicht sprechen.229

6.2.3.2 Religion

Der religiös-philosophische Hintergrund ist bei der Betrachtung der Kultur von großer und aktueller Bedeutung.230 Das religiöse Weltbild in China ist keine eigenständige Glaubensrich-tung, sondern eine Mischung aus religiösen und philosophischen Lehren und Wertvorstellun-gen, die insbesondere aus dem Konfuzianismus entstammt.231 Der Konfuzianismus „ist keine Religion, sondern ein Gefüge pragmatischer Regeln des täglichen Lebens, die aus dem abge-leitet wird, was Konfuzius als Lehren der chinesischen Geschichte auffasste“.232

Konfuzius lebte im dritten vorchristlichen Jahrhundert. Die Herrscher des heutigen Chinas führten Krieg gegeneinander. Konfuzius als Verabscheuer von Gewalt sah dem entgegen durch eine Ethik, die von der Formbarkeit bzw. Erziehbarkeit des Menschen und von guten Vorbildern ausgeht. Die Grundstimmung der konfuzianischen Ethik ist somit positiv, in dem der Mensch als formbar gilt und nicht darauf disponiert ist, seinen Vorteil auf Kosten anderer zu suchen. Jeder soll im guten Glauben handeln, dann herrscht Klarheit. Täuschung und Hin-

227 Vgl. Picot/Dietl/Franck (2008), S. 12. 228 Vgl. Trommsdorff/Wilpert (1994), S. 11. 229 Vgl. Chung (1995), S. 51. 230 Vgl. Hartmann (2006), S. 16. 231 Vgl. Zomer (1998), S. 83. 232 Hofstede/Bond (1988), S. 8.

Page 82: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 6 65

tergedanken führen zu Enttäuschung und Streit.233 Der Mensch soll sich so verhalten, dass er andere zur Nachahmung inspiriert. Nachahmung wird als „Lernbegierde, Begeisterung und Respekt gegenüber den Inhalten“ gesehen.234

"In der Morgendämmerung trällerte eine Lerche ihr wunderbares Lied. Zwei Spatzen hörten sie. Einer sagte: „Die Stimme ist angeboren!“ Der andere stimmte zu. Da setzte sich die Lerche zu den Spatzen und sagte: „Warum singt ihr nicht? Ich möchte euch so gerne singen hören, damit ich von euch lernen kann.“ Die Spatzen dachten, die Lerche mache sich über sie lustig. Diese aber antwortete: „Ihr irrt! Nur weil ich von allen anderen Vögeln gelernt habe, kann ich so gut singen.“ Die zwei Spatzen hatten noch nie daran gedacht, von anderen zu lernen. Sie waren zutiefst beschämt." Chinesische Fabel, Kurzform235

Innerhalb der Gesellschaft bekommt Konfuzius´ Ethik eine „Ordnungsfunktion, die Individu-um und Staat miteinander verbindet.“236 Man kann vier Prinzipien gesellschaftlicher Ordnung unterscheiden:237

1) Als Basis für eine stabile Gesellschaft gelten die fünf ungleichen hierarchischen Be-ziehungen. Nach Konfuzius schulden die Kinder dem Vater Gehorsam (1), die Frau dem Mann (2), der Familienvater dem Kaiser (3), der jüngere dem älteren Bruder (4), allein zwischen Freunden gibt es keine Gehorsamspflichten (5), sie teilen miteinander und helfen einander.238 Damit sind für jedes Individuum bestimmte Verhaltensregeln verbunden, wie bspw. die Pflicht, Respekt zu haben und Fürsorge zu gewähren.

2) Harmonie gilt als Leitbild des Lebens. Vom Individuum wird die Beschränkung der Persönlichkeit und Unterordnung erwartet.

3) Eng verbunden mit dem Harmoniestreben gilt die Wahrung des Gesichtes, das soge-nannte Mianxi, das für Prestige steht. So wie man sein Gesicht bspw. durch unhöfli-ches Verhalten verlieren kann, kann man es bspw. durch Kontakte zu wichtigen Per-sonen fördern oder gar seinem Gegenüber Gesicht geben bspw. durch Respekt oder Anerkennung.239

4) Tugendhaftes Verhalten in der Form von harter Arbeit, Sparsamkeit, Geduld, Aus-dauer und Mäßigung gilt als Imperativ des Konfuzianismus.

Historisch betrachtet entwickelte sich chinesisches Handeln entsprechend dem konfuziani-schen System klarer hierarchischer Beziehungen innerhalb der Gesellschaft und hat auch heu-te noch eine große Bedeutung.240

233 Vgl. Hartmann (2006), S. 16-18. 234 Vgl. Reisach/Tauber/Yuan (2007), S. 120. 235 Vgl. Abele (2006). 236 Vgl. Redding (1993), S. 43. 237 Vgl. Diller/Ivens (1998), S. 8-9, Zinzius (1996), S. 25 ff, Hofstede/Bond (1988), S. 8. 238 Vgl. Chen (1992), S. 88, King (1985), S. 58. 239 Vgl. Seligman (1999), S. 197-201. 240 Vgl. Ollig (2002), S. 1-2.

Page 83: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

66 Kapitel 6

Wie die späteren Ausführungen zeigen werden, spiegeln sich die vier Prinzipien nach Konfu-zius auch in den Kulturelementen Chinas wider.

Die Prinzipien nach Konfuzius sind auch mit Sanktionsmöglichkeiten verbunden. Wer die Postulate richtigen Handelns mit Füßen tritt, bringt Scham über sich und wird mit der Verach-tung der Mitmenschen bestraft. Solange sich alle richtig verhalten und die Vorbilder überzeu-gen, wird Zwang im Zusammenleben überflüssig.241

Trotz der kommunistischen Ideologie und der zunehmenden Bedeutung des westlichen Ge-dankengutes bestimmt die konfuzianische Lehre bis heute noch alles Denken und Handeln in China.242

6.2.3.3 Geschichte

Die gemeinsame Geschichte eines Landes erfüllt die Kriterien einer fundamentalen Instituti-on: Die gemeinsame Geschichte eines Landes entwickelte sich evolutionär und immer weiter, ist nicht rational gestaltbar und spiegelt nicht nur das Resultat menschlicher Handlung, son-dern auch die aktuelle Zeitgeschichte wider. Die Kenntnis der Geschichte eines Landes ist im Allgemeinen so bedeutend, weil sie das Fundament für Institutionen bildet. So verstehen sich beispielsweise die Lehren nach Konfuzius als Lehren der Geschichte. Im Folgenden soll ein kurzer geschichtlicher Überblick Chinas umrissen werden:243

Der geschichtliche Überblick setzt bei der Gründungszeit der Volksrepublik China an. Am 1. Oktober 1949 proklamierte Mao Zedong als Vorsitzender der Kommunistischen Partei Chinas (KPC) die Volksrepublik China. Die neuen kommunistischen Herrscher waren konfrontiert mit großen Schwierigkeiten, denn Krieg und Bürgerkrieg hatten an Chinas wirtschaftlicher und menschlicher Substanz gezerrt. Die Bildung des neuen Staates sollte in Anlehnung an die Staatenstruktur der Sowjetunion erfolgen. In den ersten Jahren wurden die bäuerlichen Haus-halte in ländliche Kollektivwirtschaften, die sogenannten Volkskommunen, gezwungen. So-mit sanken einerseits die Bauern auf den Status von Landarbeitern herab, andererseits konnte die ländliche Infrastruktur verbessert werden. Was die Elitestruktur betrifft, wurde die Wirt-schaftslenkung von den chinesischen Kadern, welche in der Sowjetunion ausgebildet wurden, übernommen. Ebenfalls wurde die Militärorganisation professionell ausgebaut. Jeder höhere Kader im Staats-, Wirtschafts- oder Militärbereich musste Parteimitglied sein und deren Beru-fung wurde von der Partei mitentschieden. Im Jahre 1957 wollte Mao mit der Kampagne „Lasst hundert Blumen blühen. Lasst hundert Schulen miteinander wetteifern“ sein Erreichtes der letzten Jahre von der geistigen Elite geschätzt wissen. Das Gegenteil wurde jedoch erzielt indem die allgemeine Unzufriedenheit zum Ausdruck gebracht wurde. Auch das neue Wirt-schaftprogramm „der große Sprung nach vorn“ im Jahre 1958 von Mao, dessen Mittelpunkt

241 Vgl. Hartmann (2006), S. 17-18. 242 Vgl. Hilger (2001), S. 291-292. 243 Vgl. Hartmann (2006), S. 41-60.

Page 84: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 6 67

die Stahl- und Metallproduktion bildete, endete im Chaos und in einer gewaltigen Hungers-not. Wenige Jahre nach dem Abblasen des Großen Sprungs verfolgte Mao die Auseinander-setzung gegen die Führer von Partei, Staat und Armee und rief 1966 die „Große Proletarische Kulturrevolution“ aus. Es wurde die gesamte Kultur, die nicht in das proletarische Schema passte, unterdrückt, verboten und zerstört. Nach dem Tode Mao Zedongs im Jahre 1976 wur-de Deng Xiaoping zum wichtigsten Politiker Chinas. Er postulierte die Leitlinien der zukünf-tigen Politik: die Modernisierung der Ökonomie, der Technik, der Wissenschaft und der Lan-desverteidigung. Er verhängte bspw. Maßnahmen, um das während der letzten Jahre entstan-dene Ausbildungsdefizit auszugleichen, schaffte die Volkskommunen ab, führte eine Dezent-ralisierung der wirtschaftlichen Entscheidungen ein und begann, China für ausländische In-vestoren zu öffnen. Der Wandel der Konzepte sorgte für innerchinesische Diskussionen wie bspw. über die Reformdefizite an den Universitäten. So entwickelte sich eine unerwartete Protestkundgebung von Studenten auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking im Jah-re 1989, welches bei Auslandmedien auf großes Interesse stieß. Die Demonstrationen weite-ten sich auf die benachbarte Stadt Tianjin und sogar Shanghai aus. Selbst die Arbeiterschicht erkannte diese Chance, auf ihre eigenen Sorgen öffentlich aufmerksam zu machen. Die De-monstrationen wurden von der Volksbefreiungsarmee blutig beendet. Seit dem Tode Deng Xiaopings 1997 befindet sich China auf einem Balanceakt zwischen Marktwirtschaft und kommunistischer Staatsform. Einerseits öffnet sich China ausländischen Investoren, um die notwendigen Mittel für eine Transformation in einen modernen Industriestart zu erhalten, andererseits wird das überkommene politische System ohne jede Strukturveränderung auf-rechterhalten.

Ohne das Wissen um die Geschichte können zahlreiche weitere Institutionen für einen fremd-kultivierten Akteur schwer verstanden werden. Das gilt insbesondere für ein Land wie die VR China, welches sich tiefgreifend von dem des Heimatlandes Deutschland unterscheidet.

6.2.3.4 Kulturfaktoren der VR China

Die Kulturfaktoren wurden in Kapitel 6.2.3 als informelle Verhaltensregeln eingeführt, wel-che den fundamentalen Institutionen der Kultur Gestalt geben. Die Ausführungen zur Religi-on zeigten, dass sich bspw. die vier Prinzipien nach Konfuzius in den Kulturelementen Chinas widerspiegeln. Die Abbildung 23 führt die landesspezifischen Kulturfaktoren der VR China auf und hebt diese vier Prinzipien nach Konfuzius fett hervor:244

244 Vgl. Zomer (1998), S. 84.

Page 85: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

68 Kapitel 6

Abbildung 23: Kulturfaktoren der VR China

Betrachtet man Kulturfaktoren als Ausdruck der fundamentalen Institutionen, treffen eben-falls die Kriterien fundamentaler Institutionen auf die Kulturfaktoren zu: Sie haben sich evo-lutionär entwickelt, sind das Resultat menschlicher Handlungen und zeichnen sich durch eine hohe Stabilität aus. Aus diesem Grund können die Kulturfaktoren ebenfalls als fundamentale Institutionen betrachtet werden. Diese Tatsache steht im Einklang mit der Sichtweise von Holzmüller, dass bestimmte Kulturstandards unterschiedliches Abstraktionsniveau aufweisen, d.h. sie können die Ebene der Concepta und die Ebene der Percepta ansprechen.245

Holzmüller spricht in diesem Zusammenhang von sogenannten „Kulturstandards“. Diese um-fassen „alle Arten des Wahrnehmens, Denkens, Wertens und Handelns …, die innerhalb einer Kultur als normal, selbstverständlich, typisch und verbindlich angesehen werden“.246

Es stellt sich noch die Frage nach der Regeleinhaltung dieser Kulturstandards bzw. Kulturfak-toren. Nach den wesentlichen Merkmalen einer fundamentalen Institution werden sie unbe-wusst befolgt. Dies trifft sicherlich zu, wenn man berücksichtigt, dass sich diese Kulturstan-dards ebenfalls evolutionär gefestigt haben. Hinzu kommt, dass sie eine Symbolkraft aufwei-sen, wie die Erläuterungen der Prinzipien nach Konfuzius zeigten und als verbindlich angese-

245 Vgl. Kutschker/Schmid (2008), S. 775, Holzmüller (1997). 246 Holzmüller (1997), S. 59-60.

Landesspezifische Kulturfaktoren und –merkmale der VR China

Soziale und persönliche Bindungen, Kontakte und Beziehungen, Vertrauen, Beziehungsnetzwerke („Guanxi“) als zentrale Werte des gesellschaftlichen Lebens

* Entscheidungsfindung in der Gruppe („Kaihui“)

* Konfliktmanagement durch Wiederherstellung der Harmonie über „freundschaftliche Verhandlungen“

* Hierarchische Gesellschaftsstrukturen, hohe Bedeutung von gesellschaftlicher Stellung und Etikette

* Vertragsverständnis (Verträge als Beginn und Grundlage einer vertrauensvollen und

durch persönliche Zusammenarbeit geprägten Geschäftsbeziehung) *

Traditionell patrilineare und patriarchalische und patrynome Familienordnung mit hierarchischer Unterordnung der Frau, maskuline Gesellschaft

* Sinozentrismus, nationales und korporatives Zusammengehörigkeitsgefühl

* Konservatismus, Traditionalismus, Orientierung am Bewährten

* Sparsamkeit, Geschäftigkeit, Anerkennung von Leistung

* Ausdauer und Geduld

* Gesicht (Wahrung des eigenen Gesichts und des Gesichts der anderen)

* Langfristigkeit der (Geschäfts-) Beziehungen

* Kommunikationsstil und Informationsstrukturierung geprägt von induktivem Verhalten, Rhetorik, Synthesen,

Wiederholungen, Details

Page 86: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 6 69

hen werden. Außerdem kann man in China mit einer Regelübertretung dieser Kulturfaktoren bestimmte, für Chinesen sehr wichtige Sanktionsinstrumente feststellen, wie bspw. in der Form des Ausschlusses aus der Gemeinschaft oder die Schmach, die einem wiederfährt, wie die Ausführungen zur Religion zeigten.

Vor diesem Hintergrund können Kulturfaktoren auch als bedeutende Verhaltenskodizes eines Landes verstanden werden

Die Bedeutung der Kultur in der Form als fundamentale Institution und als Verhaltenskodex wird besonders deutlich bei der näheren Betrachtung des zentralen Kulturfaktors „Guanxi“.

6.2.3.5 Guanxi als zentraler Kulturfaktor

Guanxi gilt als ein typisches chinesisches Phänomen, welches zunächst anhand der Definition und der konstitutiven Merkmale vorgestellt werden soll. Die Rolle und Bedeutung von Guanxi im Institutionengefüge wird im Anschluss näher konkretisiert.

Wörtlich übersetzt bedeutet Guanxi „persönliche Beziehung“ oder „Verbindung“. Von der etymologischen Betrachtungsweise leitet sich „guan“ vom Wortstamm „Tür“ ab und „xi“ steht für „Gesellschaft“ im Sinne von „Hierarchie“. Somit kann Guanxi weiter als „door into a hierarchy group“ bzw. als „eine Tür in die Gesellschaft“ verstanden werden.247 Die Soziolo-gen sehen neben dem physischen Kapital (Werkzeug, Maschinen u.a.) und Humankapital (Fähigkeiten und Fertigkeiten von Personen) in menschlichen Beziehungen einen weiteren Produktionsfaktor, das sogenannte soziale Kapital. Soziales Kapital entsteht, „wenn sich Be-ziehungen zwischen Personen so verändern, dass bestimmte Handlungen erleichtert wer-den.“248

Kutscher und Schmid haben konstitutive Merkmale des Guanxi-Phänomens herausgearbei-tet:249

Guanxi ist ein persönliches und partikularistisches Phänomen: Von Guanxi spricht man, wenn es um eine bestimmte, konkrete Beziehung zwischen zwei Individuen geht, nicht aber um willkürliche Beziehungen oder Beziehungen zwischen Gruppen, Orga-nisationen, Unternehmungen oder Nationen. „Each individual has differentiated, parti-cularistic relations with other concrete individuals“.250

247 Vgl. Chee/West (2004), S. 61. 248 Coleman (1991), S. 394. Einen Überblick über weitere Definitionen von Guanxi gibt Fan (2002). 249 Vgl. Kutschker/Schmid (1997), S. 176-179 und die dort angegebene Literatur. Die Autoren beziehen sich

auf Ergebnisse folgender Autoren: Jacobs (1982), Alston (1989), Brunner/Chen/Sun/Zhou (1989), Chen (1995), Davies/Leung/Luk/Wong. (1995).

250 King (1985), S. 63 und die Untersuchung von Björkman/Kock (1995), S. 527. Guanxi ist immer personen-bezogen: Vgl. Diller/Ivens (1998), S. 21-22. Hier liegt auch der entscheidende Unterschied der chinesischen Beziehung Guanxi gegenüber anderen Beziehungen wie bspw. gegenüber dem japanischen „Wa“, welches die Harmonie in der Gruppe betont: Vgl. Kammerer/Schauenberg/von Senger (2004), S. 176.

Page 87: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

70 Kapitel 6

Guanxi gilt als mittel- bis langfristiges Phänomen, so dass sich Beziehungen über Zeit-räume von Jahren und Jahrzehnten erstrecken können. Dies impliziert jedoch nicht, dass die Beziehung von ihrem Inhalt und ihrer Intensität während der Dauer stabil bleiben muss.

Guanxi ist ein reziprokes Phänomen. Die Beziehung ist durch eine gegenseitige Ver-pflichtung charakterisiert, welche jedoch nicht Zug um Zug erbracht werden müssen. „Chinese are less concerned about instant gratification or reward; they view things in the long term“.251

Bei einer Guanxi-Beziehung steht der gegenseitige Nutzen im Vordergrund: “The relationship is basically utilitarian rather than emotional”.252 Die emotionale Kompo-nente spielt eine untergebene Rolle, gewinnt jedoch mit zunehmender Dauer der Be-ziehung an Bedeutung.

Guanxi-Beziehungen bestehen oft zwischen ungleichen Partnern und somit ist die Leistung und Gegenleistung nicht zwingend äquivalent.253 Der stärkere Partner ge-winnt an „Gesicht“ und damit an Respekt und Ansehen, wenn er einem schwächeren Partner mehr gibt als er von diesem erhält.

Guanxi ist ein transitives Phänomen: Guanxi-Beziehungen können sich über eine be-stehende Beziehung zwischen einer Person A und einer Person B zu Beziehungskons-tellationen ausweiten. Eine Zweierbeziehung kann sich zu einer Dreierkonstellation bis zu einem Netzwerk an Guanxi-Beziehungen fortsetzen.

Guanxi hat eine soziale und gesellschaftliche Dimension: Dies wird bspw. deutlich, wenn ein stärkerer Partner bei einer Guanxi-Beziehung an Gesicht gewinnt oder bei einer Nicht-Einhaltung der Guanxi-Verpflichtung an Gesicht verliert. Der Gesichts-gewinn oder -verlust besteht über die Guanxi-Beziehung hinweg und bekommt somit eine gesellschaftliche Dimension.254

Nun wird der Frage nach dem Aufbau von Guanxi nachgegangen. Chinesen sind durch ihre Herkunft und ihren standortbezogenen und beruflichen Kontext in bestimmte Guanxi-Beziehungen eingebunden.255 Nach der Enge der Beziehung werden im Wesentlichen drei Formen von Guanxi unterschieden:256

251 Yao (1987), S. 62. 252 Alston (1989), S. 28. 253 Das Eingehen ungleicher Beziehungen ist auch durch die konfuzianische Tradition bedingt: Siehe dazu

Teilkapitel 6.2.3.2 (Religion). 254 Der Gesichtsverlust stellt in China ein erhebliches Sanktionsinstrument innerhalb der chinesischen Gesell-

schaft dar. 255 Vgl. Jacobs (1982), S. 213-215, Whitley (1991), S. 15, Zinzius (1996), S. 42-44. 256 Vgl. Chee/West (2004), S. 64. Auch weitere Autoren wie Fernandes/Liu (2007), S. 3-4 und Schüt-

te/Lasserre (1995), S. 125 nehmen einen ähnlichen Aufbau vor: So sprechen Fernandes/Liu von drei kon-zentrischen Kreisen: Der innere Kreis ist die “family“, den zweiten Kreis bilden „classmates, friends, colleagues“ und den dritten Kreis bilden „extended guanxi“. Bei Schütte/Lasserre sind die drei Kreise: „fa-mily“, „relatives“ und „friends and friends´ friends“.

Page 88: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 6 71

Jiaren: umfasst die Familie Zijiren: umfasst sehr enge und gute Freunde Shuren: umfasst einen weiteren Freundes- und Kollegenkreis

Dennoch haben Individuen die Möglichkeit, selbst Beziehungen einzugehen, aufzubauen, zu intensivieren und bestimmte Beziehungsgefüge oder Netzwerke zu schaffen.257 Chinesen su-chen und schaffen Beziehungen, wenn es ihnen zur Lösung eines Problems nützlich er-scheint.258 Sie trennen sich aber auch wieder, wenn diese ihren Interessen nicht mehr genügen oder nicht mehr dienlich sind. Derartige Formen von Guanxi sind vor allem instrumentell ausgerichtet und Folge von einer Reaktion auf veränderte Umweltbedingungen der letzten Jahrzehnte, wie die kommunistische Machtübernahme, die Kulturrevolution oder die wirt-schaftliche Öffnung Chinas im Jahre 1978.259 Chee und West fügen vergleichbar eine vierte Form von Guanxi ein:260

Shengren: umfasst die sogenannten „Outsider“ bzw. Menschen, von denen man sich in Zukunft Vorteile erwartet

Man kann festhalten, dass Guanxi-Beziehungen einerseits das Ergebnis bewussten Handelns als auch emergenter Prozesse sind.261

Eng mit den bisherigen Ausführungen und unterschiedlichen Formen von Guanxi verknüpft ist der Aspekt des Vertrauens.262 Auch hier gilt, dass Vertrauen extrem personenabhängig ist.263 „Trust is such a personal phenomenon in Chinese society.“264 In China unterscheidet man drei Arten von Vertrauen: das absolute Vertrauen, das gegenüber der Familie entgegen-gebracht wird, das bedingte Vertrauen, welches sich zu allen Akteuren innerhalb des Guanxi-Netzwerkes aufbauen lässt und das fehlende Vertrauen.265 Dies impliziert nicht, dass jede Guanxi-Beziehung eine Vertrauensbeziehung ist, was dem utilitaristischen Charakter einer Guanxi-Beziehung widersprechen würde.266 Vielmehr sollte eine Guanxi-Beziehung als eine Annäherung zu einer vertrauensvollen Beziehung gesehen werden.267 Starke Beziehungen

257 Vgl. King (1985), S. 63-64. 258 Vgl. hier und im Folgenden Kammerer/Schauenberg/von Senger (2004), S. 177-178 und die Untersuchun-

gen von Yan (1996). 259 Yan spricht in seinen Untersuchungen in diesem Fall von der 2. Entwicklungsstufe von Guanxi. Die erste

Entwicklungsstufe bezieht sich auf die Zeit vor der kommunistischen Machtübernahme. Hier sind die Guanxi-Beziehungen normativer Natur. Die Beziehungen hatten mit vordergründigen Nützlichkeitserwä-gungen nichts zu tun.

260 Vgl. Chee/West (2004), S. 64-65. 261 Vgl. Kutschker/Schmid (1997), S. 183. 262 Vgl. Kutschker/Schmid (1997), S. 186. 263 Vgl. Kutschker/Schmid (1997), S. 185. 264 Whitley (1991), S. 15. 265 Vgl. Kutschker/Schmid (1997), S. 184-185. 266 Vgl. Kutschker/Schmid (1997), S. 186. 267 Vgl. Kao (1996), S. 64.

Page 89: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

72 Kapitel 6

bauen jedoch auf Vertrauen. Insofern erfordert jede Transaktion ein gewisses Maß an Ver-trauen und je komplexer eine Transaktion ist, desto größer wird das erforderliche Maß an Ver-trauen. Gehört man dem Kreis der Familie nicht an, muss sich ein Akteur das bedingte Ver-trauen aufbauen.268

An diesen Aspekt schließt die nächste Frage nach den Zugangsmöglichkeiten eines Nicht-Chinesen in das Guanxi-Gefüge an. Empirische Studien zeigen, dass das sehr schwer möglich ist.269 Eine Lösung kann darin gesehen werden, durch eine entsprechende Investition in Geld und Zeit, ein eigenes Netzwerk aufzubauen.270 Eine weitere Möglichkeit ergibt sich, über Verbindungsleute Anschluss an chinesische Guanxi-Netzwerke zu finden.271 Chee und West sehen drei weitere Möglichkeiten: Man heiratet in eine chinesische Familie ein (1) oder man spricht perfekt chinesisch und wird dadurch zu einem höhergestellten Ausländer oder erreicht sogar die Position „Chinese der Ehre wegen“ (2) oder man wird ein Freund Chinas nach dem Vorbild von Henry Kissinger (3).272

Es stellt sich die Frage, welche Rolle und treibende Kraft Guanxi im Rahmen der funda-mentalen Institutionen einnimmt.

Guanxi kann einerseits als der zentrale Kulturfaktor gesehen werden, sogar als Basis für die Kultur.273 Diese Betrachtungsweise würde bereits eine nähere Untersuchung von Guanxi rechtfertigen. Guanxi bedeutet jedoch noch mehr, so dass Guanxi eigenständig in diesem Ka-pitel betrachtet wird und nicht integriert wurde innerhalb des Kapitels der Kulturfaktoren.

Andererseits wirkt Guanxi als Substitut in der Wirtschaftsordnung und ist als Substitut für die unvollständige chinesische Rechtsordnung erkennbar.274 Guanxi basiert auf einer sehr alten Tradition, die auf die Geschichte Chinas zurückzuführen ist: China war stets Agrarstaat. Die wesentlichen staatlichen Aufgaben lagen in der Regulierung der Wasser- und Verkehrswege und in der Sicherung der staatlichen Grenzen. Für die Regulierung der wirtschaftlichen Tätig-

268 Vgl. Kutschker/Schmid (1997), S. 185. 269 Vgl. Björkman/Kock (1995), S. 530, Schütte/Lasserre (1995), S. 126-128, Fernandes/Liu (2007), S. 96. 270 Vgl. Diller/Ivens (1998), S. 21, Björkman/Kock (1995), S. 528. 271 Vgl. Diller/Ivens (1998), S. 21, Kutschker/Schmid (1997), S. 197. 272 Vgl. Chee/West (2004), S. 65. Henry Kissinger als damaliger amerikanischer Außenminister war maßgeb-

lich an der Öffnung Chinas 1972 beteiligt und wird von vielen Unternehmen noch als „Türöffner“ genutzt. 273 Vgl. King (1985) und insbesondere Kutschker/Schmid (1997), S. 180: Ein Chinese wird nicht isoliert be-

trachtet, sondern innerhalb seines Beziehungsgeflechtes. Somit ist die chinesische Kultur nicht in das Kon-tinuum zwischen Individualismus und Kollektivismus einzuordnen bzw. in eine individualistische Kultur oder in eine kollektivistische Kultur, sondern die Beziehungen bilden das Fundament der chinesischen Kul-tur.

274 Vgl. hier und im Folgenden Kammerer/Schauenberg/von Senger (2004), S. 175-177, Xin/Pearce (1996).

Page 90: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 6 73

keiten der Händler und Kaufleute sahen die konfuzianischen Eliten keinen Grund.275 Somit mussten von den Händlern und Kaufleuten für ihre alltäglichen Probleme eigene Lösungs-ideen erschaffen werden. Der Anthropologe Duran Bell veranschaulicht diese Situation wie folgt: „Historically, it was necessary for Chinese merchants to seek informal mechanisms and „backdoor relationships“ in order to secure the kinds of transactions which are often protected by law in capitalist regimes.“276

Guanxi ist ein Selbsthilfemechanismus für alle Chinesen. Es war und ist eine Reaktion auf eine Rechtsordnung, welche die Rechte und Interessen des Einzelnen zu wenig oder gar nicht berücksichtigt und ist zentrales Instrument bei der Lösung wirtschaftlicher aber auch politi-scher Probleme.277 Insofern ist Guanxi als eigene Institution im Rahmen der abgeleiteten In-stitutionen ebenfalls einzuordnen (siehe Kapitel 6.3).

Die Ausführungen betätigen noch einmal die evolutionäre Entwicklung der Kulturfaktoren und deren hohe Bedeutung für Chinesen und die enge Verbundenheit zu den ursprünglichen fundamentalen Institutionen. Hier zeigte sich insbesondere, dass aus der Geschichte Chinas heraus, sich Guanxi als weitere Institution auf der Ebene der abgeleiteten Institutionen „Ge-setzliche Rahmenbedingungen“ herausgebildet hat.

Insgesamt soll noch einmal festgehalten werden, dass Guanxi in China ein wichtiges Phäno-men darstellt, welches auch in Geschäftsbeziehungen eine bedeutende Rolle einnimmt.278 Die ausführlichen Erörterungen sollten bekräftigen, dass Guanxi weit mehr bedeutet als das in der Forschung viel angewandte Beziehungsmanagement.279

6.2.4 Die Ebene der fundamentalen Institutionen im Kontext des Bezugsrahmens

Zu den fundamentalen Institutionen zählen die Menschenrechte, das Geld und die Kultur. Die Ausführungen zu den Menschenrechten verbunden mit den konstitutionellen Institutionen der Entscheidungsrechte und Freiheitsrechte zeigten einerseits eine starke Konzentration der Macht auf Seiten der KPCh und andererseits erhebliche Rechtslücken zu Lasten der chi-nesischen Staatsbürger. Das Geld wurde als Kostenkomponente im Transaktionsaustausch identifiziert und somit als mögliche relevante Betrachtungskomponente auf der Ebene der

275 Hintergrund: Nach Konfuzius gab es eine Rangfolge von Tätigkeiten und Berufe: Nach dem vornehmsten Stand der Gelehrten kommen die Bauern, die sich durch Bodenständigkeit, Beharrlichkeit und das Leben im Einklang mit Brauchtum und Natur auszeichnen. Die Kaufleute bilden die nächste Klasse – eine Schicht, die sich durch Mobilität auszeichnet und die mit dem Handeln von Produkten reich wird, die sie selbst nicht gesät und geerntet haben. Den geringsten Stand bilden die Soldaten, die das Gegenteil des konfuzianischen Anliegens verkörpern: Vgl. Hartmann (2006), S. 18.

276 Bell (2000), S. 132. 277 Vgl. Kammerer/Schauenberg/von Senger (2004), S. 174. 278 Bspw. zeigen empirische Ergebnisse von Luo (1997), dass ausländische Investoren, die die zentrale Rolle

der Beziehungen in China akzeptieren und selbst versuchen, Beziehungen zu nutzen, in Geschäftsbeziehun-gen mit chinesischen Akteuren erfolgreicher sind als andere Investoren.

279 Vgl. Kammerer/Schauenberg/von Senger (2004), S. 199.

Page 91: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

74 Kapitel 6

Marktbeziehungen. Die Kultur wurde anhand der Sprache, der Religion, der Geschichte und der landesspezifischen Kulturfaktoren Chinas vorgestellt. Es kann in diesem Zusammenhang jede Institution als eigene fundamentale Institution betrachtet werden. Eine besondere Stel-lung nehmen die Kulturfaktoren ein, die sich als Verhaltenskodizes herausstellten. Des Weite-ren zeigten sich eine enge Verbundenheit und ein enger Zusammenhang zwischen einzelnen Kulturinstitutionen. Guanxi gilt als der zentrale Kulturfaktor, welcher sowohl als Institution auf der Ebene der fundamentalen Institutionen agiert als auch als abgeleitete Institution auf der Ebene der Gesetzlichen Rahmenbedingungen.

Die fundamentalen Institutionen haben sich evolutionär entwickelt und weisen im chinesi-schen Institutionengefüge eine hohe Stabilität auf. Sie werden meist unbewusst befolgt, bei Regelübertretung jedoch in der Regel von den betroffenen Gesellschaftsmitgliedern sanktio-niert. Ein chinesischer Akteur ist mit diesem Institutionengefüge fest verwurzelt. Möchte nun ein deutscher Akteur in China eine Geschäftsbeziehung anbahnen, trifft er auf diesen Rahmen fundamentaler Institutionen, der seinen eigenen Handlungsrahmen, der sich konkret auf der Ebene der Marktbeziehungen bewusst äußert, von Anfang an einschränken kann. Das Vorlie-gen einer möglichen Beschränkung muss geprüft werden: Es stellt sich zunächst für den Ak-teur die Frage, nach der Existenz dieser fundamentalen Institutionen, die sich evolutionär entwickelt haben und bei den Akteuren in bestimmten Verhaltenskodizes zum Ausdruck kommen. Damit verbunden ist die Frage nach der Rolle einzelner fundamentalen Institutionen als Institution oder als Kosten/Nutzenkomponente für die spätere Kosten/Nutzen-Abwägung im Transaktionsprozess. Des Weiteren muss geprüft werden, ob eine Informationsasymmetrie in der Form einer kulturellen Lücke aufgrund der begrenzten Rationalität des deutschen Ak-teurs und einer wahrgenommenen Umweltunsicherheit auf der Ebene der fundamentalen In-stitutionen vorliegt. Es ist offensichtlich, dass ein Akteur, der im eigenen institutionellen Rahmen agiert einen Informationsvorsprung gegenüber einen fremdsozialisierten Akteur hat. Das Problem könnte daraus entstehen, dass ein anders kulturell orientierter Akteur das jeweils andere Orientierungsmuster in der Form der fundamentalen Institutionen nicht wahrnehmen oder wahrnehmen aber inhaltlich nicht kennen oder dieses kennen aber sich deren Folgen nicht bewusst ist.280 Hinzu kommt, dass ein fremdsozialisierter Akteur eine mögliche Dyna-mik dieser fundamentalen Institutionen sehr schwer abschätzen kann. So kann die Spezifika-tion der Anzahl und Heterogenität externer Umweltfaktoren und auch deren Dynamik, inner-halb derer eine Transaktion stattfindet, die Transaktionskosten erhöhen. Für fremdkulturelle Akteure ist es oft schwer, die Stabilität und Dynamik politischer, rechtlicher und ökonomi-scher Rahmenbedingungen ex ante einzuschätzen.281 Die einzelnen Ergebnisse fließen schließlich in die Kosten/Nutzen-Analyse des Akteurs im Transaktionsprozess in die Ebene der Marktbeziehungen mit ein.

280 Vgl. Wolff/Pooria (2004), S. 451-459. 281 Vgl. Wolff/Pooria (2004), S. 465. Diese Problematik betrifft auch die Ebene der abgeleiteten Institutionen.

Page 92: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 6 75

6.3 Die Ebene der abgeleiteten Institutionen: Gesetzliche Rahmenbedingungen

Fundamentale Institutionen bilden die äußerste Ebene des Bezugsrahmens. Aus den funda-mentalen Institutionen können abgeleitete Institutionen entstehen, sofern fundamentale Insti-tutionen einzelnen Gesellschaftsmitgliedern das Recht zugestehen, die Handlungsmöglichkei-ten anderer einzuschränken. Die Bildung und Veränderung abgeleiteter Institutionen ist einer rationalen Planung zugänglich. Im Folgenden sollen die abgeleiteten Institutionen der Verträ-ge, der Gesetze und Gerichtsurteile vorgestellt werden.282 Die konstitutionelle Institution der Verfügungsrechte wird im Kapitel der Verträge mit aufgenommen. Abschluss des Kapitels bildet eine Betrachtung der Ebene der abgeleiteten Institutionen im Kontext des Bezugsrah-mens.

6.3.1 Verträge

Verträge ermöglichen die Übertragung von Verfügungsrechten, die sich auf den Umgang mit Wirtschaftsgütern beziehen. An dieser Stelle wird an die Ausführungen in Kapitel 5.1 verwie-sen, welche die Rechtebündel, die Verteilungsmöglichkeiten und deren Festlegung in der Form von Verträgen beinhalten. Es ist zu beachten, dass bei Vereinbarungen zwischen und innerhalb von Unternehmen statt von Verträgen von organisatorischen Regelungen gespro-chen wird.283

Dass explizite und auch implizite Vereinbarungen in China eine vollkommen andere Funktion haben als in Deutschland zeigen bspw. die Ausführungen von Tang und Reisch.284 Bei einer internationalen Unternehmenstätigkeit in China können Akteure eines modernen Regulie-rungsansatzes, der sich an Verträgen und Gesetzen orientiert auf einen immer noch bestehen-den vormodernen Regulierungsansatz, der auf persönliche Beziehungen setzt, stoßen. Moder-ne Gesellschaften zeichnen sich dadurch aus, dass die entsprechenden Normen und Regeln von Staaten erlassen und von einem hierarchischen geordneten Rechtssystem ausgelegt und durchgesetzt werden.285 Es ist deswegen in China nicht unüblich, dass bspw. bei einem Ver-tragsabschluss eine formelle Institution durch eine informelle Institution substituiert wird: Statt auf „wasserfeste, explizite Verträge“ baut man in China auf einen impliziten „Vertrag“, auf Guanxi – auf eine vertrauensvolle, persönliche Beziehung.286

Des Weiteren ist zu beachten, dass Verträge nach westlicher Auffassung einen unabänderli-chen Schlusspunkt intensiver Verhandlungen darstellen. In China hingegen sind sie als eine Ausgangsbasis, welche die zukünftige Gestaltung der Beziehungen regelt und modifiziert.287

282 Vgl. Picot/Dietl/Franck (2008), S. 13, S. 18. 283 Vgl. Picot/Dietl/Franck (2008), S. 17. 284 Vgl. Tang/Reisch (1995), S. 102-103. 285 Vgl. Kammerer/Schauenberg/von Senger (2004), S. 173-174. 286 Vgl. Kutschker/Schmid (1997), S. 196, Weidenbaum (1996), S. 150, Wolff/Pooria (2004), S. 462. 287 Vgl. Hilger (2001), S. 294.

Page 93: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

76 Kapitel 6

Diese Tatsache ist ebenfalls den Kulturfaktoren in Abbildung 23 zu entnehmen.288

6.3.2 Gesetze

Gesetze können Koordination und Motivation ermöglichen, indem sie bestimmte Handlungen vorschreiben oder ausschließen. Während bei Verträgen eine Vereinbarung zwischen Akteu-ren im Mittelpunkt steht, ist bei Gesetzen der Staat die entscheidende Instanz. Handlungsge-bote und -verbote tragen zur Reduzierung von Unsicherheit bei.289

In der VR China konnte man bis zum Beginn der Öffnungspolitik nur sehr wenige gesetzliche Regelungen in der Form eines kodifizierten Rechts finden. Diese Tatsache basiert hauptsäch-lich auf politische und religiöse Gründe: Einerseits ermöglicht ein nicht kodifiziertes Recht eine schnelle und problemlose Änderung des Rechts durch die politische Führung und in ih-rem Interesse. Andererseits findet eine Handhabung von Konflikten im Konfuzianismus durch eine interpersonelle Einigung oder auf Harmonie statt und somit ohne kodifizierte Rechte.290 Letzteres zeigen auch die in Abbildung 23 dargestellten Kulturfaktoren.

Mit der zunehmenden Öffnung Chinas sind weitere gesetzliche Regelungen entstanden, so dass die VR China mittlerweile über umfassende Gesetzeskataloge für fast alle wirtschaftli-chen Handlungsbereiche verfügt.291 So scheint die formale Rechtssicherheit als zufriedenstel-lend. Jedoch zeigen häufige und auch zum Teil plötzliche Gesetzesneuerungen und auch –änderungen Defizite in der tatsächlichen Rechtssicherheit.292 Des Weiteren sind die erlassenen Gesetze und Rechtsnormen teilweise unklar und widersprüchlich formuliert, was zu einer erschwerten Umsetzung führt.293

Es stellt sich die Frage, nach Gründen, die seitens des Staates eine Erlassung eines Gesetzes bewirken können.

Zum einen kann man in einer Transaktionsbeziehung Situationen feststellen, bei denen nicht-kooperatives Verhalten bei den Akteuren präferiert wird. Die Existenz eines Gesetzes liegt demnach oft in der Tatsache der wiederholten Fälle von Kooperationsproblemen begrün-det. Die Implementierung und Durchsetzung eines Gesetzes ist entsprechend dadurch erklär-bar, eine Standardlösung für eine typische, wiederholt auftretende Problematik zu finden.294 Es handelt sich entweder um ein Interaktionsproblem, welches bei unterschiedlichen Akteuren

288 Vgl. Abbildung 23 (Kulturfaktoren der VR China) in Kapitel 6.2.3.4 (Kulturfaktoren der VR China). 289 Vgl. Picot/Dietl/Franck (2008), S. 13. 290 Vgl. Zomer (1998), S. 82. 291 Vgl. Zomer (1998), S. 82, Hilger (2001), S. 274. 292 Vgl. Hilger (2001), S. 274. 293 Vgl. Zomer (1998), S. 82. 294 Vgl. Söllner (2008), S. 66.

Page 94: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 6 77

mehr oder weniger identisch oder bei gleichen Akteuren im Zeitablauf häufig aufritt.295

Zum anderen haben die Ausführungen zur Property-Rights-Theorie in Kapitel 5.1 gezeigt, dass bei einer Nichtdefinition von Eigentumsrechten Probleme in der Form von negativen externen Effekten auftreten können.296 Externe Effekte sind immer dann gegeben, wenn die (wirtschaftliche) Situation einer Person durch wirtschaftliche Aktivitäten einer anderen Person – positiv oder negativ – beeinflusst wird.297

Zahlreiche Fälle von Produktpiraterie in China sind Beispiele sowohl für wiederholte Fälle von Kooperationsproblemen als auch für das Auftreten negativer externer Effekte und würden eine Erlassung eines Gesetzes rechtfertigen. Und in der Tat hat China durch den Beitritt zur WTO entsprechende Gesetze und Verordnungen, wie bspw. zum Schutz von Patenten, Wa-renzeichen oder Urheberrechten erlassen.298

Eine Betrachtung der Dilemmasituation in Abbildung 24 verdeutlicht noch einmal die Situati-on eines deutschen und eines chinesischen Akteurs in einer Kooperationsentscheidung gra-phisch.299 Eine Dilemmasituation ist dadurch gekennzeichnet, dass es für den einzelnen Ak-teur rational ist, die Option zu wählen, die im Ergebnis beide Parteien schlechter stellt. Dieses Ergebnis stellt sich ein, weil kein Akteur das Koordinationsergebnis allein kontrolliert.300

Chinesischer Akteur kooperiert kooperiert nicht

Deu

tsch

er

Akt

eur Koo

peri

ert

3 und 3 1 und 5

koop

erie

rt

nich

t

5 und 1 0 und 0

Abbildung 24: Die Rationalitätsfalle im Gefangenendilemma

Folgen beide Akteure dem geplanten Kooperationsvorhaben, erwirtschaften beide jeweils einen Gewinn von drei Einheiten. Kommt ein Kooperationsvorhaben nicht zustande, liegt der Gewinn entsprechend bei null Einheiten. Nutzt ein Akteur die asymmetrische Informations-

295 Vgl. Alt/Calvert/Humes (1988), S. 447. 296 Vgl. Söllner (2008), S. 69. 297 Vgl. Richter/Furubotn (2003), S. 109. 298 Vgl. Hilger (2001), S. 286-287, Eickhoff/Hutt (2004), S. 46 ff. 299 Vgl. Söllner (2008), S. 68. 300 Vgl. Söllner (2008), S. 68.

Page 95: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

78 Kapitel 6

verteilung zu seinen Gunsten opportunistisch aus, liegt der Gewinn des einen Akteurs bei fünf Einheiten zu Lasten des Gewinns der Gegenpartei von einer Einheit. Die Erlassung eines Ge-setzes bspw. zum Schutz des geistigen Eigentums würde nun auf Seiten des deutschen Ak-teurs die Umweltunsicherheit ausschließen.301 Der chinesische Akteur wiederum wäre durch das Gesetz in seinem Handlungsrahmen eingeschränkt. Dennoch bereiten trotz eines vorhan-denen Gesetzes die Einhaltung dieser Bestimmungen und die Durchsetzung bei eventuellen Verstößen Probleme, wie auch die Ausführungen zu den Gerichtsurteilen noch zeigen wer-den.302 Außerdem haben die Lehren nach Konfuzius das mangelnde Rechtsempfinden der Chinesen in Bezug auf die Nachahmung gezeigt.303 So ist zu vermuten, dass ein beidseitiges kooperatives Verhalten dennoch ausbleibt. Diese Situation wird in der Literatur als soziales Dilemmata beschrieben.304

In diesem Zusammenhang und im Allgemeinen bedeutend sind in der Kategorie der Gesetze die wirtschaftlichen Planvorgaben des Chinesischen Staates. Die Fünfjahrespläne und Zehnjahrespläne der VR China stellen wesentliche Regulierungsmaßnahmen zunächst für chinesische Unternehmen, jedoch auch in der Konsequenz für sämtliche Wirtschafteinheiten dar. Im aktuellen Fünfjahresplan für die Jahre 2006-2010 ist eine wesentliche Zielvorgabe der VR China die „Steigerung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit chinesischer Unterneh-men“.305 Die Intention zur Steigerung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit wird in China bereits seit Jahren durch eine Technologiepolitik verfolgt. Die technologiepolitischen Maßnahmen der VR China verfolgen insbesondere, internationale Spitzentechnologie zu absorbieren. In-ternationale Unternehmen sind gefordert bei ihrem China-Engagement, moderne Produkte und Produktionsverfahren nach China zu liefern und herzustellen. Durch die Weitergabe des zugehörigen Know-hows innerhalb der Wertschöpfungskette und vor Ort kann die Technolo-gie außerhalb des eigenen Anwendungsbereiches Verbreitung finden und beitragen, das tech-nologische Niveau Chinas zu steigern.306 Die Planvorgaben illustrieren, dass sie einerseits ausländischen Unternehmen Chancen bieten, weil das Interesse Chinas an internationalen Unternehmen groß ist, andererseits auch Gefahren bergen bspw. wegen des zu befürchteten Wissensabflusses.

301 Zu den unterschiedlichen Arten von Unsicherheit vergleiche die Ausführungen in Kapitel 5.2 (Transakti-onskostentheorie).

302 Vgl. Hilger (2001), S. 287. 303 Vgl. Hilger (2001), S. 287. 304 Vgl. Picot/Dietl/Franck (2008), S. 14 in Anlehnung an Dawes (1980). 305 Vgl. Reisach/Tauber/Yuan (2007), S. 216. 306 Vgl. Hilger (2001), S. 285 und die dort angegebene Literatur.

Page 96: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 6 79

Wie sich die Akteure vor diesem Hintergrund in einer derartigen Dilemmasituation entschei-den ist situativ und subjektiv zu erklären.307 Eine endgültige Entscheidung wird letztlich auf der Ebene der Marktbeziehungen gefällt, bei der bei einer konkreten Transaktion sämtliche Kosten/Nutzen-Kalküle der Transaktion von beiden Akteuren konkret bewertet werden.

Abschließend ist anzumerken, dass es bei einem Markteintritt spezifische vorhandene Ge-setze eines Ziellandes zu berücksichtigen gibt. Zu denken ist an spezielle Rahmenbedingun-gen einer Branche oder an konkrete Vorschriften für Ausländer. Die relevanten Vorschriften für die Fernsehbranche in China wurden in Kapitel 2 näher erläutert.308

6.3.3 Gerichtsurteile

Gerichte haben die Aufgabe, Gesetzesübertretungen zu sanktionieren. Richter sind mit den entsprechenden Entscheidungsrechten ausgestattet, um Gesetze auszulegen und Handlungs-gebote oder –verbote durchzusetzen.309

Schwierigkeiten im Hinblick auf die Durchsetzbarkeit von Vereinbarungen in China zeigten Diller und Ivens in ihrer Studie „Deutsch-chinesische Geschäftsbeziehung“. Sie haben belegt, dass es für viele Tatbestände in China keine klare Regelungen gibt und wenn welche beste-hen, sind diese interpretationsoffen. Richter sind oft ehemalige Beamte und Soldaten und handeln nach politischem Interesse. Insofern sehen Unternehmen bspw. ein Gerichtsverfahren als nicht aussichtsreich. Außerdem würde ein Gang vor Gericht, eine Geschäftsbeziehung zerstören.310 Es wirken hier andere Mechanismen, wie Guanxi, in dem man mit Hilfe von Be-ziehungen zu einflussreichen Stellen auf problematische Geschäftspartner einwirkt.311 Vet-ternwirtschaft und diskretionäre Rechtsentscheidungen sind bis heute tief in China verwurzelt. Wirtschaftsprozesse basieren auf Beziehungen zu Verwaltungen und Entscheidungsträgern.312

6.3.4 Die Ebene der abgeleiteten Institutionen im Kontext des Bezugsrahmens

Innerhalb der Ebene der abgeleiteten Institutionen wurden die Verträge, die Gesetze und Ge-richtsurteile behandelt. Die konstitutionellen Institutionen der Verfügungsrechte wurden in die Ausführungen zu den Verträgen integriert. Die Zuordnung der Verfügungsrechte kann über unterschiedliche Rechtebündel erfolgen und konkretisiert sich durch Verträge expliziter oder impliziter Art. Gesetze werden durch den Staat erlassen und basieren bspw. auf wieder-holte Fälle von Kooperationsproblemen oder auf das Auftreten externer Effekte. Des Weite-ren gibt es wirtschaftliche Planvorgaben der chinesischen Regierung und spezielle Gesetze,

307 Vgl. Söllner (2008), S. 68. 308 Siehe dazu die Ausführungen in Kapitel 2.2 (Der heutige Fernsehmarkt Chinas), in Kapitel 2.3 (Rechtliches

und technisches Umfeld) und 2.4 (Ökonomisches Umfeld). 309 Vgl. Picot/Dietl/Franck (2008), S. 16. 310 Es ist hier an den angesprochenen Gesichtsverlust zu denken. 311 Vgl. Diller/Ivens (1998), S. 23-24. 312 Vgl. Ollig (2002), S. 2.

Page 97: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

80 Kapitel 6

die den Handlungsrahmen ausländischer Akteure einschränken können. Die Umsetzung und Durchsetzung von Gesetzen und Verträgen bspw. durch Gerichtsurteile zeigte sich in China schwierig. In diesem Zusammenhang wurde erneut eine enge Verbundenheit zwischen fun-damentalen und abgeleiteten Institutionen deutlich.

Abgeleitete Institutionen sind einer rationalen Planung zugänglich. Synonym den Ausführun-gen zur Ebene der fundamentalen Institutionen agiert ein chinesischer Akteur in seiner ver-trauten Ebene, wohingegen ein deutscher Akteur auf einen Rahmen abgeleiteter Institutionen trifft, der wiederum seinen eigenen Handlungsrahmen einschränken kann. Es muss geprüft werden, welche abgeleiteten Institutionen für den Akteur relevant sind und welche Rolle sie für ihn als Institution oder als Kosten/Nutzenkomponente in seiner Kosten/Nutzen-Abwägung im Transaktionsprozess einnehmen. Eine besondere Rolle in der Ebene spielen die Institutio-nen der Verträge bzw. der Verfügungsrechte. Es muss geprüft werden, ob durch eine evtl. vorhandene Verdünnung der Verfügungsrechte, Regelungslücken oder implizite Vertragsbe-standteile, Probleme entstehen bspw. das Problem Hold-up oder ein kulturbedingtes Motivati-onsproblem vorliegt: Akteure beziehen sich in ihren Erwartungen und Handlungen auf ihre geläufigen Verfügungsrechtestrukturen, d.h. die sie über ihre kulturelle Sozialisation erfahren, praktiziert und weitergegeben haben. Diese Erwartungen an die Bildung, Zuordnung und Durchsetzung der Verfügungsrechte und die verbundenen expliziten oder impliziten Verein-barungen können sich erheblich unterscheiden und zu einem kulturbedingten Motivations-problem führen.313 Damit eng verbunden ist die Prüfung, ob eine Informationsasymmetrie in der Form einer kulturellen Lücke und somit ein Koordinationsproblem aufgrund der begrenz-ten Rationalität des deutschen Akteurs und einer Umweltunsicherheit auf der Ebene der abge-leiteten Institutionen vorliegt, synonym den Ausführungen der Ebene der fundamentalen Insti-tutionen. Schließlich ist zu beachten, ob Probleme aus wiederholbaren Fällen von Koordinati-onsproblemen oder aus externen Effekten vorliegen. Die einzelnen Ergebnisse fließen schließ-lich wiederum in die Kosten/Nutzen-Analyse des Akteurs im Transaktionsprozess in die Ebe-ne der Marktbeziehungen mit ein.

6.4 Ebene der Marktbeziehungen

Das Kapitel 6.2 und das Kapitel 6.3 haben die Ebenen der fundamentalen und abgeleiteten Institutionen betrachtet, welche einen Rahmen, die sogenannte institutionelle Umwelt für eine Transaktion bilden. Innerhalb der Regeln dieser institutionellen Umwelt wirken nun die Kräf-te des Marktes, insbesondere desjenigen Marktes, in dem die konkrete Transaktion stattfindet. Der Markt wird zum Koordinationsmechanismus ökonomischer Aktivitäten. In diesem Zu-sammenhang ist zu beachten, dass in der Arbeit die Untersuchung des Prozesses der Transak-tion im Mittelpunkt steht, der aktiv von einem deutschen Akteur angesteuert wird und in der Ebene der Marktbeziehungen stattfindet. Deshalb ist eine Betrachtung eines konkreten rele-

313 Vgl. Wolff/Pooria (2004), S. 462.

Page 98: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 6 81

vanten Marktes bspw. anhand einer Marktanalyse hier nicht zweckmäßig.

Zunächst sollen in dem Kapitel informelle Regeln vorgestellt werden, die in einer konkreten Geschäftsbeziehung auftreten können. Im Anschluss wird der Antrieb und darauf aufbauend die Kosten/Nutzen-Relation einer Transaktion erläutert. Abschluss des Kapitels bildet die Betrachtung der Ebene der Marktbeziehungen im Kontext des Bezugsrahmens.

6.4.1 Informelle Regeln einer Transaktion

Auf der Ebene der Marktbeziehungen treffen nun Akteure aufeinander, welche eine Transak-tion eingehen möchten. Synonym den Verhaltenskodizes, die kulturell bedingt sind, können sich bei Akteuren unabhängig ihrer Kultur informelle Regeln gebildet haben. Diese sollen anhand ihres Ursprungs kurz vorgestellt werden. Diese Regeln sind das Resultat menschlicher Handlungen.314

Ein Erklärungsansatz liegt in der Tatsache, dass Entscheidungen über eine Austauschbezie-hung nie unter vollkommener Sicherheit getroffen werden können. Es bleibt stets ein Restrisi-ko über „falsche“ Entscheidungen oder Teilentscheidungen bestehen. Rational handelnde und lernfähige Akteure werden sich in einem Trial-and-Error-Prozess ein Set an Verhaltenswei-sen aneignen, welches sich in der Vergangenheit als erfolgreich erwiesen hat. Diese Verhal-tensmuster werden im Wege der Selbstbindung zu internen Regeln. Diese schränken zwar einerseits den individuellen Handlungsraum ein, andererseits reduzieren sie auch das Risiko vor Fehlentscheidungen, was ein Akteur in Kauf nimmt, solange er einen Nutzenzuwachs erkennt. Dabei können diese lohnenden individuellen Muster auch durch Imitation von ande-ren übernommen werden. Weißt das Handeln Regelmäßigkeiten auf, so kann es für die übri-gen Gruppenmitglieder antizipierbar werden: Man kann sich auf sein Gegenüber verlassen. Diese sogenannten informellen Regeln sind nicht kollektiv geplant und es steht kein externer Sanktionsapparat dahinter.315 Die hier angesprochenen informellen Regeln, die sich in einem Trial-and-Error-Prozess ent-wickelt haben, beziehen sich auf einzelne Akteure. Diese informellen Regeln können kultur-spezifischer Natur sein, müssen es aber nicht.

Analog zu den Erläuterungen der Kulturfaktoren sind auch zwischen Geschäftsleuten be-stimmte Verhaltenskodizes etabliert. Sie haben sich zur Stabilisierung innerhalb einer Grup-pe als wünschenswert erwiesen, so zum Beispiel das ehrliche Geschäftsgebaren zwischen Geschäftspartnern. Hier kann eine Regelübertretung einzelner Individuen sinnvoll sein, je-doch kann bspw. ein mögliches Sanktionsinstrument in Form des Ausschlusses aus der Ge-meinschaft einen Akteur vor einer Regelübertretung hindern.316

314 Vgl. Söllner (2008), S. 65. 315 Vgl. Erlei/Leschke/Sauerland (2007), S. 547-548 und die dort angegebene Literatur. 316 Vgl. Erlei/Leschke/Sauerland (2007), S. 548-549.

Page 99: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

82 Kapitel 6

6.4.2 Antrieb einer Transaktion

Als Ausgangspunkt einer Transaktion wurde in Kapitel 5 die Austauschbeziehung zwischen spezialisierten Akteuren festgelegt. Den Antrieb einer Austauschbeziehung bildet ein subjek-tiv empfundener aktueller oder erwarteter Mangel und damit ein Ungleichgewicht zwischen dem Anfangszustand (Ist-Zustand) und einem angestrebten Endzustand (Soll-Zustand). Dieses Ungleichgewicht äußert sich in einem Spannungszustand, in dem der Ist-Zustand gegeben ist, der Soll-Zustand bewusst vor Augen liegt, die Mittel zur Zielerreichung jedoch (noch) nicht zur Verfügung stehen. Da das Ziel als wichtig empfunden wird, die benötigten Mittel zur Zielerreichung nicht ohne Weiteres zur Verfügung stehen bzw. bekannt sind, steht die Zieler-reichung unter einem Lösungsdrück.317

Plinke definiert in diesem Zusammenhang ein Problem als eine Aufgabe mit wahrgenomme-nem Problemlösungsdruck. Die Stärke der Motivation der Akteure zur Durchführung des Austausches lässt sich nach Plinke aus der Stärke des Lösungsdrucks ableiten. Er unterschei-det drei Einflussgrößen des Lösungsdrucks:318

(1) Konsequenzen bei der Erfüllung bzw. Nichterfüllung der Aufgabe (2) Schwierigkeit der Aufgabe und Verfügbarkeit der Mittel (3) Verfügbares Zeitbudget

Die Abbildung 25 bildet die Ausführungen graphisch ab:319

Ist-Zustand Soll-Zustand

Anfangszustand Transformation

Endzustand (=Problemlösung)

Abbildung 25: Struktur eines Problems

Die Überführung eines Anfangszustandes in einen Endzustand wird in diesem Zusammen-hang als eine Transformation bezeichnet.

6.4.3 Kosten/Nutzen-Relation einer Transaktion

Für eine Transaktion auf der Ebene der Marktbeziehungen ist die sogenannte Anreizwirkung des Marktes bedeutend, die durch die Belohnung guter Leistungen und durch Bestrafungen schlechter Leistungen unmittelbar erzeugt wird. Während auf vollkommenen Märkten mit

317 Vgl. Plinke (2000), S. 16-17. 318 Vgl. Plinke (2000), S. 18-19. 319 Vgl. Plinke (2000), S. 17.

Spannungszustand

(=Problem)

Page 100: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 6 83

homogenen Gütern der Preismechanismus das entscheidende Kriterium für die Anreizwirkung ist, wird diese auf unvollkommenen Märkten durch den Mechanismus subjektiv empfundener Werte ersetzt.320 „The central idea here is that when two or more people interact, each expects to get something from the interaction that is valuable to him, and is thereby motivated to give something up that is valuable to others.“321

Als positive Wertkomponente definiert sich der Nutzen. Der Nutzen gilt als die Summe aller von einem Akteur erwarteten, subjektiv empfundenen Wirkungen eines Austausches, durch die er sich besser gestellt fühlt. Das Gegenstück bilden die Kosten, welche sich als die Summe aller von einem Akteur subjektiv erwarteten Wirkungen des Austausches definieren, durch die sich der Akteur schlechter gestellt fühlt. Der Austausch basiert somit auf subjektiv bestimm-ten Wahrnehmungen und Entscheidungen.322

Eine Transaktion enthält für die beteiligten Akteure mehrere Quellen von möglichen Nutzen und möglichen Kosten, wie Abbildung 26 zeigt:323

Art des Wertes Nutzen Kosten

Que

lle d

es W

erte

s

Wert des Vertragsgegen-standes

Nutzen aus dem Vertragsge-genstand

Kosten aus der Bereitstellung des Vertragsgegenstandes

Wert der Durchführung des Austausches Transaktionsnutzen Transaktionskosten

Wert von Folgewirkungen Nutzen aus Folgewirkungen des Austauschs

Kosten aus Folgewirkungen des Austauschs

Abbildung 26: Quellen von Nutzen und Kosten

Für die Untersuchung des Transaktionsprozesses soll folgendes Kosten/Nutzenverständnis festgehalten werden: Der Wert des Vertragsgegenstandes ergibt sich aus der Leistung und der Gegenleistung der Akteure aus dem potentiellen und anzustrebenden zugrundeliegenden Vertrag. Dieser Nutzen bzw. diese Kosten gründen auf der Übertragung der Verfügungsrechte an dem zu transformie-renden Wirtschaftsgut. Die zweite Quelle an Werten ergibt sich aus den einzelnen Phasen des Leistungsaustausches. Diese sind mit Transaktionskosten verbunden und können monetärer oder nicht monetärer Natur sein, wie die Ausführungen in Kapitel 5.2 zeigten. Im Gegenzug kann in den einzelnen Phasen auch ein Transaktionsnutzen entstehen. Dabei handelt es sich um einen eigenständigen Nutzen, der sich während des Transaktionsprozesses unabhängig vom Zustandekommen eines Vertrages ergibt. Als dritte Wertquelle können die Folgewir-

320 Vgl. Söllner (2008), S. 201-202. 321 Simon (1978), S. 3. 322 Vgl. Plinke (2000), S. 13-14. 323 Vgl. Plinke (2000), S. 45.

Page 101: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

84 Kapitel 6

kungen identifiziert werden, wenn zukünftige Transaktionen in die Bewertung einer aktuellen Transaktion einfließen.324 Des Weiteren wurden auf der Ebene der fundamentalen Institutionen und auf der Ebene der abgeleiteten Institutionen Quellen für mögliche Kosten/Nutzenkomponenten aufgezeigt, die ebenfalls integriert werden müssen. Hinzu kommen in der Ebene der Marktbeziehungen die möglichen Transaktionskosten, die sich aufgrund bestimmter Konstellationen aus dem „Organizational Failure Framework“ nach Williamson oder aus bestehenden Informations-asymmetrien ergeben.325 Diese müssen ebenfalls berücksichtigt werden und auf ihren kultu-rellen Aspekt erweitert werden (siehe Kapitel 6.4.4).

Die einzelnen Kosten/Nutzenkomponenten werden zu einem Kosten/Nutzen-Kalkül (Aus-tauschrelation) zusammengefasst. Es ergeben sich für beide Akteure zwei Bedingungen, wel-che für den Antrieb einer Transaktion erfüllt sein müssen:326

(1) Nutzensteigerung für die Transaktionspartner

(2) Nutzensteigerung unter Wettbewerbsbedingungen

zu (1) Nutzensteigerung für die Transaktionspartner

Beide Akteure müssen sich durch die Transaktion verbessern (Bedingung 1a und 1b).

Bedingung 1a: Die Austauschrelation aus Kundensicht muss größer als eins sein!

VK = Wert für Kunden K aus der Austauschrelation NutzenK = Wert in Form des Nutzens für den Kunden K KostenK = Wert in Form der Kosten für den Kunden K

Bedingung 1b: Die Austauschrelation aus Anbietersicht muss größer als eins sein!

VA = Wert für den Anbieter A aus der Austauschrelation NutzenK = Wert in Form des Nutzens für den Anbieter A KostenK = Wert in Form der Kosten für den Anbieter A

324 Vgl. Plinke (2000), S. 44-46. 325 Vgl. Abbildung 20 (Analyserahmen aus Sicht der NIÖ inhaltlich) in Kapitel 5.4 (Zusammenfassung). 326 Vgl. hier und im Folgenden Plinke (2000), S. 50-57.

Page 102: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 6 85

Des Weiteren haben Thibaut und Kelly festgestellt, dass Akteure eine Art individuellen Ver-gleichsmaßstab anlegen, das sogenannte „Comparison Level“ 327 (Bedingung 1c). Dieser ist für die Ausführungen insofern von Relevanz, weil Akteure auch wenn sie sich durch eine Transaktion verbessern, diese Transaktion trotzdem nicht eingehen könnten, weil sie aus der Vergangenheit einen höheren Nutzenzuwachs gewohnt sind.

Bedingung 1c: Die Austauschrelation muss das Anspruchsniveau beider Akteure erfüllen!

CL = Comparison Level für VK (Anspruchsniveau bzw. Vergleichsmaßstab)

Eine weitere Voraussetzung für einen erfolgreichen Abschluss einer Transaktion ist, dass der Anbieter sich von einem potentiellen dritten Anbieter durchsetzen kann (siehe (2)).

zu (2): Nutzensteigerung unter Wettbewerbsbedingungen

Ein Angebot eines potentiellen oder tatsächlichen Wettbewerbers – wenn es wahrgenommen wird – kann für den Transaktionspartner eine Alternative darstellen. Somit gilt, dass sich Ak-teure gegenüber Angeboten von Wettbewerbern durchsetzen müssen. Wettbewerb bedeutet, dass wenigstens zwei Akteure sich um eine Transaktion mit einem Dritten bemühen, dass aber nur wenige oder ein Akteur zum Zuge kommen können bzw. kann (Knappheit). Dem-nach gibt es zwei Bedingungen für den Austausch unter Wettbewerbsbedingungen (Bedin-gung 2a und Bedingung 2b).

Bedingung 2a (Käufersicht): VK/A > VK/AW Nutzen K

AKosten K A

> Nutzen K

AWKosten K AW

Bedingung 2b (Anbietersicht): VA/K > VA/KW Nutzen A

KKosten A K

> Nutzen A

KWKosten A KW

VK/A = Wert für den Kunden K aus der vom Anbieter A angebotenen Austauschrelation VK/AW = Wert für den Kunden K aus der vom Anbieterkonkurrenten AW angebotenen Austauschrela-

tion VA/K = Wert für den Anbieter A aus der vom Kunden angebotenen Austauschrelation VA/KW = Wert für den Anbieter A aus der vom Kundenwettbewerber KW angebotenen Austauschrela-

tion

Sind diese Bedingungen erfüllt, können die Akteure zu Transaktionspartnern werden.

327 Vgl. Thibaut/Kelley (1986), Kapitel 2.

wobei

Page 103: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

86 Kapitel 6

6.4.4 Die Ebene der Marktbeziehungen im Kontext des Bezugsrahmens

Analog den Ausführungen zu den fundamentalen und auch abgeleiteten Institutionen, ist nun auf der Basis der Erläuterungen in dem Kapitel das Vorgehen im Kontext des Bezugsrahmens auf der Ebene der Marktbeziehungen zu betrachten.

(1) Informelle Regeln

Für die Untersuchung einer Geschäftsbeziehung zwischen einem deutschen und einem chine-sischen Akteur ist zunächst zu prüfen, ob bestimmte informelle Regeln in der Form eines Tri-al-and-Error-Prozesses oder in der Form von Verhaltenskodizes vorliegen, welche Rolle sie für den Transaktionsprozess spielen und ggbfs. als Kosten/Nutzen-Komponente in die Kos-ten/Nutzen-Bewertung mit einfließen.

(2) Phasen des Leistungsaustausches

Analog den Ausführungen zur Transaktionskostentheorie in Kapitel 5.2 können anschließend die Phasen der Anbahnung, der Vereinbarung, der Abwicklung, Kontrolle und Anpassung328 untersucht werden (siehe Abbildung 27):329

Abbildung 27: Analyseebene der Marktbeziehungen aus Sicht der NIÖ (graphisch)

328 Die Phase des Abschlusses wurde als eigene Phase hervorgehoben, um die Untersuchung der verbindlichen Verfügungsrechtestruktur über die Bildung, Zuordnung und Durchsetzung von Rechten über die Festlegung eines Vertrages mittels der Property-Rights-Theorie hervorzuheben.

329 Eigene Darstellung.

Ebene der Marktbeziehungen

Ansätze NIÖ

Property-Rights-Theorie

Phasen des Leistungs- austausches Zeitachse t0 t1 t2 t3 Motivation (persönlicher) Einigung Vertragsunter- Akteur 1 und 2 Erstkontakt Vertrags- zeichnung gegenstand

Abwicklung Kontrolle Anpassung

Anbahnung Verein- barung Abschluss

Principal-Agent-Theorie

Transaktionskostentheorie

Meilen- steine

Page 104: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 6 87

Bei der Untersuchung soll das Schema nach Plinke auf die Phasen des Leistungsaustausches der Anbahnung, der Vereinbarung bis zum Abschluss angewendet werden. Diese Vorgehens-weise ermöglicht eine strukturierte Untersuchung der Transaktion bzw. ihrer einzelnen Phasen des Leistungsaustausches zwischen den Beteiligten.

Jede Phase ist durch die Erreichung eines konkreten Meilensteines innerhalb eines bestimm-ten Zeitraumes gekennzeichnet. Es ist das Ziel gesetzt, die jeweilige nachgelagerte Phase des Leistungsaustausches zu erreichen. Für das Erreichen der ersten Phase müssen die im vorigen Kapitel erläuterten zwei Bedingungen (Nutzensteigerung für die Transaktionspartner/unter Wettbewerbsbedingungen) jeweils für beide Akteure erfüllt sein. Es ist anzunehmen, dass auch die beiden Wettbewerbsbedingungen sowohl in der Phase der Anbahnung als auch in der Phase der Vereinbarung Relevanz haben.

Es werden in Anlehnung an Plinke ebenfalls die Einflussgrößen auf den Lösungsdruck bzgl. des Erreichens der nächsten Phase berücksichtigt:

(1) Konsequenzen bei Erreichen oder Nichterreichen der nächsten Phase (2) Schwierigkeit zur Erreichung der nächsten Phase und Verfügbarkeit der Mittel (3) Verfügbares Zeitbudget

Das anfangs festgelegte Kosten/Nutzen-Kalkül durchzieht die Phasen des Leistungsaustau-sches bis zum Abschluss oder wird ggbfs. revidiert.

Phase der Anbahnung und Phase der Vereinbarung:

Abbildung 28 zeigt den Spannungszustand der Phase der Anbahnung wie folgt:330

Ist-Zustand Soll-Zustand

t0: Motivation Akteur 1 Motivation Akteur 2

Problemlösung t1: Phase Anbahnung persönlicher Erstkontakt

Abbildung 28: Spannungszustand Anbahnung

Es ist zu berücksichtigen, dass die Motivation zu einem wechselseitigen Austausch zunächst einseitig ausgerichtet sein kann. Um jedoch die Phase der Vereinbarung zu erreichen, zumin-dest ein Mindestmaß an Motivation des Akteurs 2 vorliegen muss.

330 Eigene inhaltliche Darstellung in Anlehnung an Plinke (2000), S. 17.

Spannungszustand

Page 105: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

88 Kapitel 6

Der Spannungszustand der Phase der Vereinbarung kann entsprechend wie folgt skizziert werden (siehe Abbildung 29):331

Ist-Zustand Soll-Zustand

t1: Phase Anbahnung persönlicher Erstkontakt

t2: Phase Vereinbarung Einigung Vertragsgegenstand Problemlösung

Abbildung 29: Spannungszustand Vereinbarung

Phase Abschluss und Phase Abwicklung, Kontrolle und Anpassung:

Der Spannungszustand der Vertragsunterzeichnung wird nicht in dieser Weise konkretisiert. Eine derartige Betrachtung wäre in dieser Form nicht zweckmäßig, auch vor dem Hinter-grund, dass eine Einigung über den Vertragsgegenstand und deren schriftliche Fixierung in der Form eines Vertrages (expliziter Vertrag) oft zeitglich erfolgen bzw. nur noch einer For-malie entspricht. Des Weiteren ist es möglich, dass ein Vertrag zustande kommt ohne eine schriftliche Fixierung (impliziter Vertrag), der zeitgleich mit dem Ende der Phase der Verein-barung zusammenfällt. Die Phase der Abwicklung, Kontrolle und Anpassung wird ebenfalls als fließender Übergang betrachtet und in die Ausführungen nach dem Vertragsabschluss mit aufgenommen.

(3) Koordinations- und Motivationsprobleme bzw. Informationsasymmetrien

Den beiden anderen Ebenen (Ebene der fundamentalen und der abgeleiteten Institutionen) synonym sollen kulturbedingte Besonderheiten dieser Ebene, die noch nicht in der Ebene der fundmentalen und auch abgeleiteten Institutionen berücksichtigt wurden, erwähnt werden.

Es ist verständlich, dass zwischen zwei Akteuren aus unterschiedlichen Kulturkreisen die in Kapitel 6.1 angesprochene kulturelle Lücke vorliegt und sich dadurch die Transaktionskosten in den unterschiedlichen Phasen des Leistungsaustausches erhöhen können.

Zunächst könnte zwischen den Akteuren in der Phase der Anbahnung oder Vereinbarung ein Informationsdefizit über das geplante Verhalten entstehen aufgrund zu geringer Kommunika-tion. In diesem Zusammenhang wurde in Kapitel 5.2 von der nicht-strategischen Verhaltens-unsicherheit gesprochen. Aufgrund der kulturellen Lücke können auch erhöhte Transaktions-kosten nach Vertragsabschluss (ex post) auftreten und bei dem fremdkulturellen Akteur zu erhöhten Kontroll- und Anpassungsleistungen führen.

331 Eigene inhaltliche Darstellung in Anlehnung an Plinke (2000), S. 17.

Spannungszustand

Page 106: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 6 89

Wie die bisherigen Ausführungen zeigten, ist eine anbahnende Geschäftsbeziehung durch Komplexität geprägt und wegen der Annahme der eingeschränkten Rationalität der Transakti-onspartner kaum zu durchleuchten. Die gegenseitigen Motive sind schwer einzuschätzen und somit ist auch ein opportunistisches Verhalten der Akteure nicht auszuschließen.

Vor diesem Hintergrund ist zu prüfen, inwieweit sich die Existenz einer möglichen kulturellen Lücke, welche auf der Ebene der fundamentalen oder der abgeleiteten Institutionen festge-stellt wurde zu einem kulturbedingten Problem entwickeln kann: Es ist denkbar, dass der Akteur, der in seiner institutionellen Umwelt agiert seinen Informati-onsvorteil bewusst ausnutzt (strategische Verhaltensunsicherheit). Außerdem könnte sich ein Problem ergeben, wenn ein fremdkulturell sozialisierter Akteur Investitionen tätigt, die sich für ihn ex post als transaktionsspezifisch und von strategischer Bedeutung erweisen und dies von dem anderen Akteur opportunistisch ausgenutzt wird.

Aus der Sicht der Principal-Agent-Theorie sollen noch zwei Probleme beachtet werden: Sollte der fremdsozialisierte Akteur mit den Rahmenbedingungen der institutionellen Umwelt nicht vertraut sein, besteht die Gefahr, einen falschen Partner auszuwählen (Adverse Selection). Des Weiteren besteht die Möglichkeit, dass der fremdsozialisierte Akteur mit den Rahmenbe-dingungen zwar vertraut ist, diese jedoch erst ex post wahrnimmt. Es kommt zum Problem des Moral Hazard, wenn der andere Akteur diesen Informationsvorsprung opportunistisch ausnutzt.

Wichtig ist, dass diese potentiellen Probleme bzw. die sich daraus ergebenen Transaktions-kosten bereits in das Kosten/Nutzen-Verhältnis vor einem Vertragsabschluss mit aufgenom-men werden sollten. Es ist jedoch kritisch zu bemerken, dass dieses ex ante schwer abzu-schätzen und somit umzusetzen ist.

Page 107: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

90 Kapitel 6

6.5 Theoretischer Bezugsrahmen

Die Ausführungen in diesem Kapitel haben gezeigt, dass die Berücksichtigung der institutio-nellen Umwelt in der Form der Ebenen der fundamentalen und der abgeleiteten Institutionen für eine internationale Transaktion bedeutend scheint. Auf Basis der Erläuterungen und insbe-sondere der Zusammenfassungen aus den einzelnen Ebenen kann nun der Bezugsrahmen er-stellt werden. In Kapitel 6 wurde der Analyserahmen – bis auf die Problemhandhabung - aus Kapitel 5 (siehe Abbildung 20) ebenfalls in die Erörterungen der einzelnen Ebenen integriert. Auf diese Weise ist ein Bezugsrahmen entstanden, der

alle wesentlichen fundamentalen und abgeleiteten Institutionen auf der Basis des In-stitutionengefüges nach Picot/Dietl/Franck auf zwei Ebenen integriert,

diese Institutionen auf das Zielland China konkretisiert, dadurch den Handlungsrahmen für die Transaktion innerhalb der Ebene der Marktbe-

ziehungen festlegt und sich dabei dem Analyseinstrumentarium der unterschiedlichen Theorien der NIÖ

bedient.

Der Bezugsrahmen ist somit zielorientiert dem Forschungsgegenstand gegenüber und den-noch offen gestaltet (siehe Abbildung 30: Theoretischer Bezugsrahmen).332

In Kapitel 7 folgt nun die empirische Untersuchung der drei Fallstudien „Wanna Challenge?“, „Super Girl“ und „Derrick“, welche im Anschluss anhand des Bezugsrahmens analysiert und bewertet werden.

332 Eigene Darstellung.

Page 108: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 6 91

Abbildung 30: Theoretischer Bezugsrahmen

Ebene der fundamentalen Institutionen: Menschenrechte, Geld, Kultur Existenz von fundamentalen Institutionen?

- Menschenrechte, Entscheidungsrechte und Freiheitsrechte (konstitutionelle Institutionen) - Geld - Kultur: Sprache, Religion, Geschichte - Kultur/Verhaltenskodizes: Kulturfaktoren, Guanxi

Rolle von fundamentalen Institutionen? - als Institution - als Kosten/Nutzenkomponente

Transaktionskosten, Transaktionsnutzen (Ebene der Marktbeziehungen) Property-Rights-Theorie (Ebene der Gesetzlichen Rahmenbedingungen), Transaktionskostentheorie (Ebene der

Marktbeziehungen) Existenz Kulturelle Lücke (Informationsasymmetrie): aus begrenzter. Rationalität und Umweltunsicherheit?

Transaktionskosten, Transaktionsnutzen (Ebene der Marktbeziehungen) Transaktionskostentheorie, Principal-Agent-Theorie

Ebene der abgeleiteten Institutionen: Gesetzliche Rahmenbedingungen Existenz von abgeleiteten Institutionen?

- Verträge, Verfügungsrechte (konstitutionelle Institution) - Gesetze: durch wiederholte Fälle von Koordinationsproblemen; externe Effekte - Gesetze: Wirtschaftliche Planvorgaben - Spezifische Gesetze - Gerichtsurteile

Rolle von abgeleiteten Institutionen? - als Institution - als Kosten/Nutzenkomponente

Transaktionskosten, Transaktionsnutzen (Ebene der Marktbeziehungen) Property-Rights-Theorie, Transaktionskostentheorie

Existenz Kulturelle Lücke (Informationsasymmetrie): aus begrenzter. Rationalität und Umweltunsicherheit? Transaktionskosten, Transaktionsnutzen (Ebene der Marktbeziehungen)?

Transaktionskostentheorie, Principal-Agent-Theorie Existenz von Problemen?

- aus Regelungslücken, implizite Vertragsbestandteile (evtl. kulturbedingt) - Hold-up - Verdünnung PR (aus konstitutionelle Institution) - aus wiederholte Fälle von Kooperationsproblemen, externe Effekte

Property-Rights-Theorie, Transaktionskostentheorie

Ebene der Marktbeziehungen Existenz informeller Regeln?

- aus Trial-and-Error-Prozess - aus Verhaltenskodizes

Rolle von informellen Institutionen? - als Institution - als Kosten/Nutzenkomponente

Transaktionskosten, Transaktionsnutzen (Ebene der Marktbeziehungen) Transaktionskostentheorie

Analyse des Transformationsprozesses anhand der Kosten/Nutzen-Relation aus den Phasen des Leistungsaustausches: - Anbahnung - Vereinbarung - Abschluss (Vertrag)

Property-Rights-Theorie (Ebene der Gesetzlichen Rahmenbedingungen) - Abwicklung, Kontrolle, Anpassung

Transaktionskosten, Transaktionsnutzen Transaktionskostentheorie

Existenz von Koordinations- und Motivationsproblemen bzw. Informationsasymmetrien? - aus begrenzter Rationalität und nicht-strategischer Verhaltensunsicherheit in Bezug auf Akteur - aus begrenzter Rationalität und strategischer Verhaltensunsicherheit in Bezug auf Akteur - aus Opportunismus und Spezifität /strategische Bedeutung in Bezug auf Wirtschaftsgut - aus Informationsasymmetrie vor Vertragsabschluss in Bezug auf Wirtschaftsgut und Agent (Adverse Selection) - aus Informationsasymmetrie nach Vertragsabschluss in Bezug auf Agent (Moral Hazard)

Transaktionskosten, Transaktionsnutzen Transaktionskostentheorie, Principal-Agent-Theorie

Page 109: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

7 Fallstudien zur Transformation von Fernsehformaten nach China

Dieses Kapitel widmet sich der empirischen Analyse der Transformation von Fernsehforma-ten nach China. Zunächst wird die dabei verwendete Forschungsstrategie der Fallstudie in Kapitel 7.1 vorgestellt und deren Eignung für die Untersuchung geprüft. Anschließend wer-den in Kapitel 7.2 die Fallauswahl und die methodische Vorgehensweise aufgezeigt und in den Ausführungen die generelle Problematik der Datengenerierung in China mit integriert. Im Anschluss folgen drei Fallstudien: Die Bearbeitung der Fallstudie „Wanna Challenge?“ in Kapitel 7.3 bildet den Schwerpunkt der Untersuchung, gefolgt von den beiden Fallstudien „Super Girl“ und „Derrick“ in den Kapiteln 7.4 und 7.5.

7.1 Forschungsstrategie

Ausgangspunkt einer empirischen Erhebung ist die Auswahl einer geeigneten Forschungsstra-tegie. Yin unterscheidet die Forschungsstrategien Experiment, Erhebung, Archivanalyse, Ge-schichte oder Fallstudie und Kriterien für deren Anwendung. Die Fallstudie bietet sich dem-nach an, wenn die Forschungsfrage nach (1) dem „Wie“ und „Warum“ eines Sachverhaltes fragt, (2) keine Beeinflussungsmöglichkeiten des Untersuchungsgegenstandes durch den For-scher bestehen und (3) der Schwerpunkt auf einer aktuell bedeutsamen Fragestellung liegt.333 Für die vorliegende Untersuchung sind diese drei Kriterien erfüllt: Ziel der Fallstudie(n) ist es, exemplarisch und illustrativ aufzuzeigen, warum eine Transformation von Fernsehforma-ten nach China erfolgt, wie sich der Transformationsprozess gestaltet und wie die beteiligten Unternehmen bzw. Akteure an dem Transformationsprozess mitwirken. Im Mittelpunkt der Betrachtung stehen dabei nicht isolierte einzelne Unternehmen, sondern das Zusammenspiel der beteiligten Unternehmen bzw. Akteure an sich. Des Weiteren hat der Forscher keine Be-einflussungsmöglichkeit des Transformationsprozesses. Das dritte Kriterium einer bedeuten-den Forschungsfrage für die Anwendbarkeit einer Fallstudie als Forschungsmethode ist eben-falls erfüllt, da eine internationale Transformation eines Fernsehformats derzeit einen wichti-gen und aktuellen Prozess in der Unternehmenspraxis bildet.

“A case study is an empirical inquiry that investigates a contemporary phenomenon within its real-life context, especially when the boundaries between phenomenon and context are not clearly evident.”334

Diese Definition nach Yin, welche die Auflösung der Unschärfe zwischen Untersuchungskon-text und –gegenstand herausstellt und die Entscheidungskriterien für Fallstudien zeigen, dass eine Fallstudie als Forschungsstrategie sich an ein Forschungsproblem annähert. Des Weite-ren eignet sich die Forschungsstrategie der Fallstudie besonders, wenn der untersuchte Sach-verhalt wenig strukturiert und formalisiert ist, wie es bei der Transformation von Fernsehfor-

333 Vgl. Yin (2003), S. 5 ff, Meyer (2003), S. 475. 334 Yin (2003), S. 13.

B. Bodenstein-Köppl, Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China, DOI 10.1007/978-3-8349-6505-9_7, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011

Page 110: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 7 93

maten im Allgemeinen und insbesondere nach China der Fall ist.335 In diesem Verständnis ist die Fallstudie für eine empirische Analyse in vorliegender Arbeit geeignet.

Grundsätzlich können bei der Fallstudienforschung zwei Forschungslinien betrachtet werden. Die eine basiert auf einer positivistischen Forschungsorientierung, bei der theoretische mit empirischen Erkenntnissen verglichen werden, um so eine Theorie weiterzuentwickeln. Dies zeigt sich in einem zugrunde liegenden theoretischen Bezugsrahmen, welcher vom Forscher ermittelt wurde und als Grundlage für die Fallstudien dient. Darauf aufbauend werden die theoretischen mit den empirischen Erkenntnissen verglichen und Handlungsempfehlungen abgeleitet.336 Die andere Vorgehensweise ist, dass eine Fallstudie als empirische Methode betrachtet wird, mit deren Hilfe Theorien entwickelt werden können.337 Wird die Fallstudie in dieser Arbeit als empirische Methode gewählt, ist sie in die erste klassi-sche Vorgehensweise einzuordnen. Ein Forscher sollte jedoch berücksichtigen, dass ein For-schungsprozess ein durchgängiger Interaktionsprozess zwischen empirischer und theoreti-scher Forschung ist. Findet die erste o.g. Forschungslinie Anwendung, entscheidet man sich bereits bei der Entwicklung eines theoretischen Rahmens für eine bestimmte Theorie – in vor-liegender Arbeit für diejenige der Neuen Institutionenökonomie. Aufgrund des Interaktions-prozesses einer Forschung könnte man behaupten, dass man bereits für diese Auswahl empi-risch hätte arbeiten müssen. Jedes Forschungsvorhaben hat jedoch seinen Startpunkt, von dem aus der Wissenschaftler rational den nächsten Schritt seiner Forschung begründen muss. In der vorliegenden Arbeit bildet den Startpunkt der Untersuchung der Bezugsrahmen auf der Basis der Theorie der Neuen Institutionenökonomie. Die bisherigen Ausführungen haben ge-zeigt, dass die Internationalisierung in der Theorie der Neuen Institutionenökonomie noch nicht fest etabliert ist. Das Forschungsgebiet der Internationalisierung am Beispiel der Trans-formation eines Fernsehformats befindet sich demnach aus empirischer und auch theoreti-scher Sicht noch in den Kinderschuhen. Insofern wird sich zeigen, inwieweit der theoretische Bezugsrahmen, der in den letzten Kapiteln auf Basis der Neuen Institutionenökonomie erar-beitet wurde die empirischen Ergebnisse aus den Fallstudien erklären kann.

Vor diesem Hintergrund verstehen sich die Fallstudien in der vorliegenden Arbeit als eine umfassende empirische Grundlagenarbeit, um deren Erkenntnisse anhand des vorliegenden Bezugsrahmens zu prüfen und das Forschungsfeld für weitere theoretische und empirische Untersuchungen zu öffnen.

335 Vgl. Meyer (2003), S. 479. 336 Vgl. Smith (1991), S. 151 und Lee/Sarker (2002), S. 13 f. 337 Vgl. Eisenhardt (1989).

Page 111: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

94 Kapitel 7

7.2 Fallauswahl und methodische Vorgehensweise

Betrachtet man die Transformation von deutschen Fernsehformaten nach China, beschränkt sich die Fallauswahl dahingehend, dass bis dato nur wenige deutsche Formate nach China erfolgreich transformiert wurden. Des Weiteren ist die Einfuhr aktueller und ausländischer Nachrichtenformate nicht zulässig.338 In Anlehnung der Kategorisierung von Fernsehformaten in Serienformate im Bereich Fiktion und Showformate im Bereich Nonfiktion in Kapitel 3.2 (siehe Abbildung 9) wurden die Fallstudien „Derrick“ und „Wanna Challenge?“, die chinesi-sche Version des deutschen „Wetten, dass..?“-Formats für die Untersuchung ausgewählt. Des Weiteren wurde das Showformat „Super Girl“, welches seinen Ursprung im „Idol-Format“ bzw. „Von Deutschland sucht den Superstar-Format“ hat in die Untersuchung integriert. Als Entscheidungskriterium für eine Aufnahme eines weiteren Showformats in die Untersuchung galt, dass das Format „Super Girl“ auf einem anderen Geschäftsmodell basiert als das „Wanna Challenge?“-Format.

Forschungsbemühungen auf dem Gebiet China im Allgemeinen und insbesondere im Medi-enbereich gestalten sich sehr schwierig. Sowohl primäre als auch sekundäre Datenquellen sind schwer zugänglich. Eine Datenbeschaffung von öffentlichen Stellen ist problematisch. Aktuelle deutschsprachige Fachliteratur zum chinesischen Fernsehmarkt ist kaum vorhanden. Die veröffentlichten Werke sind größtenteils englischsprachig oder in chinesischer Sprache verfasst.339 Die chinesische Fernsehlandschaft ist immer noch marxistisch geprägt. Fernsehen gilt als In-strument der Partei, der kommunistischen Ideologie und hat der Politik zu dienen.340 Deshalb sind verlässliche Daten, von geschönten Daten schwer zu trennen. Die Zahlen von öffentli-chen Stellen sind nicht frei von Ungereimtheiten. Das kann zurückzuführen sein auf Fehler bei der Datengenerierung und Datenverarbeitung. Jedoch lässt dieses auch die Vermutung zu, dass Daten den Erwartungen auf das kontrollierte kommunistische politische System Chinas angepasst werden.341 „While one can assume that the central government and the upper eche-lons of the party would welcome less fraud and manipulation within the statistical data col-lected regionally and the lower tiers of the statistical administration, it can not be ignored that we still have numerous examples of data manipulation at the national level.”342

Vor diesem Hintergrund stützen sich die weiteren Ausführungen größtenteils auf vorhandenes Sekundärmaterial aus Presseveröffentlichungen und aus der Fachliteratur. Des Weiteren ba-siert die Bearbeitung auf Experteninterviews. Insofern kann der in der Literatur oft geforder-ten Datentriangulation als Methode zur Erhöhung der Konstruktvalidität nur eingeschränkt

338 Vgl. Faber/Xiaomei (2005), S. 10, S. 14, Ollig (2002), S. 38: Die Bereitstellung von Nachrichten darf ledig-lich über CCTV erfolgen.

339 Vgl. Eickhoff/Hutt (2004), S. 4, Ollig (2002), S. 1, S. 23. 340 Vgl. Hong (1998), S. 108. 341 Vgl. Eickhoff/Hutt (2004), S. 4, Ollig (2002), S. 1, S. 23, Ergebnis Interview (4). 342 Fischer (2002), S. 28.

Page 112: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 7 95

nachgekommen werden. Insgesamt konnten jedoch sechs Experteninterviews geführt werden. Durch die Beleuchtung des Untersuchungsgegenstandes aus der Sichtweise unterschiedlicher Akteure, insbesondere in der Fallstudie „Wanna Challenge?“ konnte die Vorgehensweise der personengebundenen Datentriangulation Anwendung finden. Um weiterhin den Wahrheitsge-halt der Daten aus den Interviews zu überprüfen, wurden diese – wenn möglich - mit Aussa-gen der Interviewpartner aus anderen Quellen untermauert.

Die Auswahl der Experten orientierte sich an dem Kriterium der Teilnahme an dem jeweili-gen Transformationsprozess.343

Das Interview hat sich an einem groben Leitfaden orientiert, um eine gewisse Offenheit bei der Erfassung wichtiger Phänomene zu sichern. In der jeweiligen Interviewsituation wurden die Fragen gegebenenfalls konkretisiert. Dabei wurde berücksichtigt, in welcher Funktion und in welcher Phase bei dem Transformationsprozess der einzelne Gesprächspartner integriert war.344

7.3 Fallstudie „Wanna Challenge?“

In der Fallstudie wird der Transformationsprozess des deutschen „Wetten, dass..?“-Formats nach China aufgezeigt. „Wetten, dass..?“ (kurz WD) ist in die Sparte der nonfiktionalen Unterhaltungssendungen und insbesondere in die Form der „Großen Spielshow“ einzuglie-dern.345 Als eine „Große Spielshow“ werden aufwändig vor großem Publikum produzierte Spielshows definiert, die neben dem Basisspiel reine Showelemente und Talks mit Prominen-ten enthalten. Diese Sendungsform etablierte sich zum Sendeplatz am Samstagabend zur Pri-me-Time.346 Für derartige Programme wird deshalb auch der Name „Große Unterhaltungs-show“ benutzt.347

343 Vgl. Anhang 1: Übersicht Interviewpartner. 344 Vgl. Anhang 2: Gesprächsleitfaden Interview. 345 Vgl. Ausführungen in Kapitel 3.1 (Fernsehen und Fernsehsendung). 346 Man unterscheidet grob fünf Zeitzonen im Tagesablauf des Fernsehens: Daytime (6:00 - 17:00 Uhr), Access

Primetime (17:00 - 20:00 Uhr), Primetime (20:00 - 23:00 Uhr), Late Night (23:00 - 1 Uhr) und verbleibende Nacht (1:00 - 6:00 Uhr). Während der Prime Time sieht die Mehrheit der Bevölkerung fern: Vgl. Kars-tens/Schütte (2005), S. 131-132.

347 Vgl. Karstens/Schütte (2005), S. 182-184 und Ausführungen in Kapitel 3.1 (Fernsehen und Fernsehsen-dung).

Page 113: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

96 Kapitel 7

Das Vorgehen bei der Fallstudie wurde empirisch festgelegt und gliedert sich in die Bereiche Ausgangslage, Verhandlungsphase, Betriebsphase und Rückblick (siehe Abbildung 31):348

Die Verhandlungsphase orientiert sich an den einzelnen Phasen eines Leistungsaustausches349 und die Betriebsphase an dem Lebenszyklus eines Produktes. Produktlebenszyklen beschrei-ben verschiedene Stadien im Verlaufe eines „Produktlebens“: Einführungs-, Wachstums-, Reife-, Sättigungs- und Degenerationsphase.350 In vorliegender Fallstudie bietet sich dieses Vorgehen an, weil es sich einerseits um eine Markteinführung eines Fernsehformats in die VR China handelt und andererseits die Interviewpartner sich mit diesem Begriffsrepertoire identi-fizieren können.

7.3.1 Ausgangslage

Zunächst werden das deutsche Fernsehformat „Wetten, dass..?“, die Akteure an der Trans-formation und deren Motivation zur Transformation vorgestellt.

7.3.1.1 Das deutsche Format „Wetten, dass..?“

„Wetten, dass..?“ ist das erfolgreichste Showformat Europas mit durchschnittlich 13 Mio. Zuschauern und einen Marktanteil von über 40 Prozent pro Sendung.351 Die Unterhaltungs-sendung belegt beim Ranking der meistgesehenen Fernsehsendungen Deutschlands stets die obersten Plätze. Abbildung 32 zeigt die Top 15 der meist gesehenen Sendungen im Jahr 2003 (zur Anfangsphase des Transformationsprozesses):352

348 Eigene Darstellung. 349 Vgl. Picot/Dietl/Franck (2008), S. 57 und Ausführungen in Kapitel 5.2 (Transaktionskostentheorie). 350 Vgl. Meyer/Davidson (2001), S. 397-398. 351 Vgl. bspw. AGF/GfK-Fernsehforschung (2003) bis (2008). 352 Vgl. AGF/GfK Fernsehforschung (2003), Auszug aus Abbildung. Bei dem Fernsehpanel (D) werden fol-

gende Sender berücksichtigt: ZDF, ARD, RTL, Sat. 1, ProSieben, RTL II, Kabel 1, VOX, Super RTL, n-tv, Eurosport, DSF, Neun live, 3sat, arte, Phönix, ARD/ZDF Kinderkanal, NDR FS, WDR FS, Hessen FS, SW FS, BFS, RBB-Ber, MDR FS, RBB-Bra.

Abbildung 31: Vorgehen Fallstudie „Wanna Challenge?“

Ausgangslage: Das deutsche Format „Wetten, dass..?“ Akteure Motivation

Verhandlungsphase: Anbahnung Vereinbarung Abwicklung

Betriebsphase: Einführung Wachstum

Rückblick

Page 114: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 7 97

Platz Sender Titel Tag Datum Beginn Mio 1 ZDF Wetten, dass..? Sa 25.01.2003 20:16 16,19 2 ZDF Wetten, dass..? Sa 06.12.2003 20:16 15,56 3 ARD Fußball-EM: Deutsch. - Schottland Mi 10.09.2003 20:46 15,18 4 ZDF Wetten, dass..? Sa 08.11.2003 20:16 14,63 5 ZDF Wetten, dass..? Sa 04.10.2003 20:16 14,51 6 ZDF Wetten, dass..? Sa 22.03.2003 20:16 13,85 7 ZDF Wetten, dass..? Sa 22.02.2003 20:16 13,48 8 RTL DSDS Sa 08.02.2003 21:14 12,50 9 RTL DSDS, Das große Finale Sa 08.03.2003 21:14 12,50 10 RTL Formel 1 – USA So 28.09.2003 20:03 11,34 11 RTL Formel 1 – Brasilien So 06.04.2003 19:15 11,26 12 RTL DSDS Sa 01.03.2003 21:15 11,01 13 RTL DSDS Sa 01.02.2003 21:14 11,00 14 RTL Formel 1 – USA So 28.09.2003 21:40 10,80 15 RTL Wer wird Millionär? Sa 08.03.2003 20:14 10,79

Abbildung 32: Top 15 im Jahr 2003

Am 14. Februar 1981 wurde vom Erfinder und Moderator Frank Elstner „Wetten, dass..?“ zum ersten Mal im ZDF live ins Leben gerufen.353 Die Showidee ist, dass nicht prominente Personen (Wettkandidaten) unterschiedliche Wetten anbieten und versuchen, diese während der Sendung zu gewinnen. Umrahmt werden die Wetten einerseits von Interviews prominen-ter Gäste (aus den Bereichen Politik, Wirtschaft, Sport, Film, Fernsehen etc.), welche zugleich als so genannte Wettpaten die Wettkandidaten unterstützen und andererseits von Showeinla-gen bekannter Künstler bspw. aus den Bereichen Musik, Film und Musical.

Exkurs: Sendungsideen Aus Sendersicht gibt es drei Arten von Sendungsideen: Erfindungen, Weiterentwicklungen bestehender eigener Formate (spin-off) und Formate anderer Sender. Erfindungen wie „Wet-ten, dass..?“ haben in der deutschen, aber auch internationalen Fernsehlandschaft Selten-heitswert. Im Erfolgsfall bringen sie hohe Aufmerksamkeit für den Sender und für die Zu-schauer. Erfindungen unterstehen jedoch einem unvorhersehbaren Risiko aufgrund fehlender Datenbasis, im Gegensatz zu Spin-Offs. Die dritte Möglichkeit bilden die Formate anderer Sender, welche auf internationalen Märkten gehandelt werden.354 Ein ausländisches Format kann für den inländischen Markt den gleichen Innovationsgrad haben, wie eine Erfindung. Dazu müssen die kulturellen, ästhetischen und sprachlichen Eigenheiten des Landes und die Wettbewerbssituation des Fernsehmarktes im jeweiligen Land berücksichtigt werden.355

353 Vgl. Overkott (2007). 354 Vgl. Karstens/Schütte (2005), S. 186-188. Zu den größten internationalen Messen gehören die „NAPTE“ in

den USA, „AFM“ in Santa Monica, die „L.A. Screenings“ in Los Angeles, die „MIP-TV“ und „MIPCOM“ in Cannes, die „MIP-Asia“ in Hongkong und die „Rose d´ Or“ in Montreux: Vgl. Karstens/Schütte (2005), S. 207-208.

355 Vgl. Karstens/Schütte (2005), S. 187.

Page 115: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

98 Kapitel 7

Frank Elstner moderierte 39 Sendungen bis zum 4.4.1987. Sein Nachfolger war Thomas Gott-schalk bis 2.5.1992, anschließend für 9 Sendungen Wolfgang Lippert. Am 15.1.1994 über-nahm Thomas Gottschalk erneut das Zepter. Bis heute hat der Show-Titan 134 „Wetten, dass..?“-Sendungen der insgesamt 182 Sendungen moderiert.356

Rund 250 Mitarbeiter sind vor, auf und hinter der Bühne pro Sendung im Einsatz. 16 Kilome-ter Kabel für Lichttechnik, 1410 Scheinwerfer, sieben Kameraleute pro Sendung veranschau-lichen beispielhaft die Dimensionen dieser Sendung. „Wetten, dass..?“ wird im Jahr sechs Mal live aus großen Hallen mit Zuschauerpublikum zwischen 2.000 und 3.000 Gästen (je nach Kapazität der Sendehalle) aus Städten in Deutschland, Österreich und der Schweiz zur Prime-Time am Samstag um 20:15 Uhr im ZDF gesendet. Eine siebte Live-Sommersendung ist regelmäßig im Ausland angesetzt.357

7.3.1.2 Akteure

Die Akteure an der Transformation sind die ZDF Enterprises GmbH (kurz: ZDFE), die Dolce Media GmbH (kurz: DM), das chinesische Staatsfernsehen (kurz: CCTV) und die Uniart Pro-duction ICT Management GmbH (kurz: Uniart). Alle Parteien sollen nun vorgestellt werden.

Die ZDF Enterprises GmbH wurde im Jahr 1993 als privatwirtschaftliche Tochtergesell-schaft des ZDFs, einem der größten Fernsehsender Europas, gegründet. Mit Firmensitz in Mainz (Deutschland) ist ZDF Enterprises im Auftrag des ZDFs für den weltweiten Pro-grammvertrieb, die Realisation internationaler Koproduktionen, den Lizenzankauf von Quali-tätsprogrammen sowie das Merchandising von starken ZDF-Programmmarken zuständig. ZDF Enterprises konnte sich als eigenständiger Marktteilnehmer im nationalen und internati-onalen Umfeld etablieren. In einem starken Verbund verfügt das Unternehmen über den größ-ten deutschsprachigen Programmstock weltweit, bestehend aus Serien und Mini-Serien, Fern-sehfilmen, Dokumentationen und Kinderprogrammen. Im Laufe des bisherigen Entwicklungs- und Diversifizierungsprozesses konnten im ZDF Enterprises-Verbund zahlreiche Geschäfts-felder im Fernseh- und Medienbereich erschlossen werden. So kann ZDF Enterprises heute ein umfassendes Full-Service-Angebot unterbreiten und deckt jede Stufe in der Entstehung- und Verwertungskette erfolgreicher TV-Produktionen ab, von der Entwicklung über die Pro-duktion bis hin zur Vermarktung von Fernsehlizenzen, wie bspw. die internationale Verwer-tung des Fernsehformats „Wetten, dass..?“, Merchandising- und Onlinerechten.358

Die Dolce Media GmbH mit Sitz in München wurde 1998 von den Brüdern Gottschalk ge-gründet. Sie ist als Medienbroker zwischen werbetreibender Wirtschaft und TV-Sendern, In-ternetprovidern und Printmedien tätig. Weitere Geschäftsfelder sind die nationale TV-

356 Vgl. Overkott (2007). Die 182 Sendungen umfassen die Sendungen vom 14.2.1981 (erste Sendung) bis 13.6.2009 („Sommer-Wetten, dass..?“ auf Mallorca).

357 Vgl. o.V. (2006). 358 Vgl. ZDF Enterprises (2007 a). Der Geschäftsführer ist Alexander Coridaß.

Page 116: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 7 99

Vermarktung von „Wetten, dass..?“ in Zusammenarbeit mit dem ZDF, die Vermarktung der „Wetten, dass..?“-Online-Aktivitäten und die Verwertung der Persönlichkeitsrechte von Tho-mas und Christoph Gottschalk.

Die Uniart Production ICT Management GmbH mit Sitz in Wien und Peking steht unter der Leitung von Dr. Jian Wang. Die Agentur ist darauf spezialisiert, internationale Medien-projekte auf dem chinesischen Markt zu vermitteln und durchzuführen. Des Weiteren ist das Unternehmen im Bereich der Fernsehproduktion tätig. Die Agentur realisierte bspw. eine Au-ßenproduktion des Musikantenstadls in Kooperation mit der ARD in der verbotenen Stadt in Peking im Jahr 1999.

Wie bereits die Ausführungen in Kapitel 2 zeigten, ist das Chinesische Zentralfernsehen, das China Central Television (kurz: CCTV) der nationale Fernsehsender in der Volksrepublik China. CCTV begann mit seinen ersten Übertragungen am 2. September 1958 unter dem Na-men „Beijing Television“, welcher am 1. Mai 1978 mit den eingeleiteten Wirtschaftsreformen auf CCTV geändert wurde. Organisatorisch ist CCTV dem Ministerium für Radio, Fernsehen und Film der Volksrepublik China (SARFT) direkt untergeordnet.359 CCTV erzielt eine natio-nale Reichweite von über 95 %. Der Nachrichtensender CCTV 1 kann von den meisten Haus-halten Chinas empfangen werden und erreicht somit fast 1,1 Mrd. Menschen.360

7.3.1.3 Motivation

Die ZDF Enterprises GmbH möchte das Flaggschiff des ZDFs weltweit vermarkten. Für ein Geschäft mit China gelten für das Unternehmen klare Regeln. Die ZDF Enterprises GmbH ist am klassischen Programmverkauf interessiert, für den ein vernünftiges Verhältnis zwischen Aufwand und Ertrag gefunden werden kann.361

Bereits im Jahre 2001 war bei den Gottschalk Brüdern bei Dreharbeiten auf der Chinesi-schen Mauer „das Gelbfieber“ ausgebrochen. In China wurde die Antwort der Gebrüder Gott-schalk auf die Frage: “Wie mache ich aus der erfolgreichsten europäischen Sendung die er-folgreichste Sendung der Welt?“ beantwortet.362 „Den Staatssender sehen 1,2 Milliarden Menschen“, … „und die will jeder ausländische Unternehmer erreichen“.363 Der lockende Wachstumsmarkt Chinas wurde als eine „Riesenchance“ gesehen, um „auf dem wichtigsten TV-Markt der Zukunft“ Fuß zu fassen.364 Ansporn für einen Markteintritt in China waren des

359 Siehe Ausführungen in Kapitel 2.2 (Der heutige Fernsehmarkt Chinas) und Abbildung 3 (Der administrati-ve Aufbau des Fernsehsystems der VR China).

360 Angaben CSM. CSM steht für die Abkürzung aus CVSC (Central Viewer Survey and Consulting Center) und Sofres Media. CSM ist ein Joint-Venture zwischen CCTV, Sofres und AC-Nielsen. CSM ist in China das größte Unternehmen zur Messung von Einschaltquoten.

361 Vgl. Coridaß (2004), S. 176, Ergebnis Interview (4). 362 Vgl. Piëch (2004), Neumann (2005), Ergebnis Interview (3). 363 Gottschalk in: Scholten (2005). 364 Vgl. Luttmer/Schulz/Wagner (2005), Ergebnis Interview (3), (4).

Page 117: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

100 Kapitel 7

Weiteren zahlreiche Fehlversuche von Medienunternehmen, ein deutsches Fernsehformat mit einem effizienten Geschäftsmodell nach China zu vermarkten.365 „Es herrscht eine Art Tau-wetter in China, gerade im Hinblick auf die Olympischen Spiele“, sagt Christoph Gottschalk. „Da haben wir starken Rückenwind gehabt.“366 Diese Öffnung der Medienlandschaft, die sonst fest im eisernen Griff der kommunistischen Partei ist wollte man für die Vermarktung nutzen verbunden mit der Möglichkeit, ein Netzwerk in China aufzubauen für weitere poten-tielle Geschäftsbeziehungen.367

CCTV plante Programmänderungen (siehe dazu Exkurs: „Prozessverlauf von Programmän-derungen bei CCTV“ nach diesem Absatz) und wollte das Programm international ausrichten und vielfältiger gestalten.368 CCTV hatte fünf chinesische Formate im Bereich der Unterhal-tung auf CCTV 3 eingestellt und musste die freigewordenen Sendeplätze kurzfristig neu bele-gen. Vier davon waren bereits für chinesische Unterhaltungssendungen aus den Bereichen Quiz und Talentshow fest eingeplant. Für den festen Slot und zwar zur chinesischen Prime Time am Sonntag369 um 20:35 Uhr war man noch auf der Suche nach einem geeigneten For-mat, welches für die chinesischen Zuschauer ein vollkommen neuartiges sein sollte und be-reits im Oktober ausgestrahlt werden sollte.370

Exkurs: Prozessverlauf von Programmänderungen bei CCTV371

Zunächst muss ein Grund für einen Programmwechsel vorliegen: Dieser kann darin liegen, dass ein Format nach ca. 2-3 Jahren nicht mehr bei den Zuschauern beliebt ist, was sich an sinkenden Zuschauerzahlen ausdrückt. Gerne wird auch zum Jahreswechsel seitens CCTV eine Programmänderung vorgenommen. Ohne bereits eine konkrete Vorstellung über mögli-che neue Formate zu haben, preist CCTV auf den unterschiedlichen Kanälen neue Sendungen an. Steht ein Zeitpunkt für einen Programmwechsel an, trifft sich das „Programme Control-ling Committee“, das aus einer 30-köpfigen Delegation besteht. Die Delegation setzt sich aus Chefredakteuren und aus den obersten Organen der jeweiligen Zentren, den höchsten Mit-gliedern der einzelnen Abteilungen und der administrativen Verwaltung zusammen (zum bes-seren Verständnis zeigt Abbildung 33 das Organigramm von CCTV)372. Dieses Komitee legt fest, welche Formate aus dem Programm genommen werden und wie viele neue Formate auf den jeweiligen Kanälen aufgenommen werden sollen.

365 Vgl. Luttmer/Schulz/Wagner (2005), Neumann (2005), Ergebnis Interview (4). 366 Piëch (2004). 367 Vgl. Piëch (2004), Treser (2004), Ergebnis Interview (4), (5). 368 Ergebnis Interview (1), (4). 369 Sonntags wird in China nicht gearbeitet im Gegensatz zu samstags. Deshalb ist der Sonntagabend der be-

gehrteste Sendeplatz im chinesischen Fernsehen: Ergebnis Interview (5). 370 Vgl. Erling (2004), Ergebnis Interview (1), (4). Diese Fakten waren der Dolce Media GmbH nicht bekannt:

Ergebnis Interview (4), Piëch (2004). 371 Ergebnis Interview (1). 372 Vgl. Eickhoff/Hutt (2004), S. 74 mit eigenen Ergänzungen, Ergebnis Interview (1).

Page 118: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 7 101

Abbildung 33: Organigramm CCTV

Anschließend kommt es zu einer Ausschreibung innerhalb der betroffenen Zentren und deren jeweiligen Abteilungen. Die jeweiligen Interessenten können einen Antrag mit ihren Sen-dungsideen und Konzepten bei der zuständigen Abteilung stellen. Es folgt eine Prüfung dieses Antrages in einem zweistufigen Bewerbungsverfahren: Wenn es sich bspw. um eine Unterhal-tungssendung handelt findet die erste Runde in der Abteilung für Kultur und die zweite Runde auf der höheren Hierarchiestufe im „Zentrum für Theater, Musik und Kunst“ statt. Diese Ausschreibungsphase dauert ca. drei Monate. Nach Ablauf der Ausschreibungsfrist erhält das „Programme Controlling Committee“ die in der Vorphase ausgewählten Formate und ent-scheidet, welche Antragsteller zunächst einen Piloten drehen dürfen. In einer weiteren Sitzung fällt dann die Entscheidung über die neuen Formate. Daraufhin bekommen die auserwählten Bewerber den genauen Sendeplatz, die Sendezeit, weitere Details sowie das ihnen zur Verfü-gung stehende Budget mitgeteilt. In den verantwortlichen Zentren in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Produktion und Technik, der Finanzabteilung und Werbeabteilung können im Anschluss die Produktionen beginnen.

Uniart war seit längerer Zeit daran interessiert, das Fernsehformat „Wetten, dass..?“ nach China zu importieren. Man war von der Passgenauigkeit dieses Formats für den chinesischen Markt überzeugt und ebenfalls von einem erforderlichen Bedarf an neuen Formaten im chine-sischen Fernsehen. Als China-Experte verfolgte man das Ziel, zwischen CCTV und dem Li-zenzinhaber von „Wetten, dass..?“ zu vermitteln und bspw. als Ko-Produzent für CCTV das Format in China erfolgreich zu realisieren.373

373 Vgl. Erling (2004), Maass (2005), Ergebnis Interview (2).

Führungsgruppe der Kommunistischen Partei

Chinas (KPC)Intendant

Verwaltungs- büro

Haupt-redaktion

Personal-büro

Finanz-abteilung

Partei-Komitee

Technische Verwaltung K

ontrollbüro D

isziplinarbüro

Rechnungsprüfungs-

abteilung

Zentrum für Werbungs-

verwaltung u. Information

Zentrum für Kinder- und Jugendpro-

gramme

Zentrum für Ausstrahlung

und Verbreitung

Zentrum für Gesellschafts und Bildungs-

programme

Nachrichten-Zentrum

Zentrum für Sport-

programme

Zentrum für Theater,

Musik und Kunst

Zentrum für internationale Programme

Zentrum für Technik und Produktion

Disziplinarorgan und Kontrollgruppe der Füh-

rungsgruppe der KP

Page 119: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

102 Kapitel 7

7.3.2 Verhandlungsphase

Im folgenden Teilkapitel werden die einzelnen Phasen der Transformation in Bezug auf die Vertragsverhandlungen von der Anbahnung bis zur Abwicklung der Parteien vorgestellt.

Ausgangssituation ist die klassische Konstellation eines Lizenzgeschäftes mit der ZDF En-terprises GmbH als Lizenzinhaberin und CCTV als potentieller Nachfrager der Lizenz bzw. als Lizenznehmerin. Uniart tritt in der Rolle des Intermediärs374 auf, die Dolce Media GmbH zunächst als Interessentin an einer chinesischen Markterschließung im Medienbereich.

7.3.2.1 Anbahnung

Als Intermediär versuchte Uniart seit drei Jahren (2001) eine Geschäftsbeziehung zwischen CCTV und der ZDF Enterprises GmbH als die internationale Lizenzinhaberin des Fernseh-formats „Wetten, dass..?“ anzubahnen. Die Anstrengungen des Unternehmens Uniart blieben trotz mehrerer Anläufe bei der ZDF Enterprises GmbH erfolglos. Eine Einigung kam nicht zu Stande, weil die ZDF Enterprises GmbH reine Formatdeals abschließt, d.h. ein „Entweder-Oder-Geschäft“ in der Form „fester Lizenzpreis gegen Lizenz“. Dieses klassische Lizenzge-schäft war für das chinesische Staatsfernsehen so nicht zu vermitteln.375

Trotz „positiver Eckwerte – früher Markteintritt, langjährige Beziehungen, akzeptable Brutto-Lizenzpreise“, wurde seitens der ZDF Enterprises GmbH gegen Ende der 90er Jahre ein ernüchterndes Zwischenfazit aus den bisherigen Vermarktungsaktivitäten in China gezogen, das hauptsächlich auf drei Gründen basiert. Erstens auf zu hohe direkte Kosten: Der Aufwand für die Beschickung der Messen, einschließlich der Entsendung von Mitarbeitern, Herstellung von Informationsmaterial, Gastgeschenke u.a. haben einen Großteil der Erlöse aufgezehrt. Zweitens hat sich die Abwicklung der Geschäfte als sehr schwierig und aufwändig erwiesen: Hierzu zählten bürokratische Hindernisse vielfältiger Art und auch die Kunden selbst verur-sachten zu komplexe und Ressourcen bindende Verfahren bspw. durch einen hohen Ge-sprächsbedarf. Der dritte Grund lag darin, dass keine tragfähigen und langfristigen Geschäfts-beziehungen in China aufgebaut werden konnten. Man wollte sich in Zukunft einem Ge-schäftsvertrieb nach China widmen, der sich strikt an der Rentabilität des jeweiligen Ge-schäfts orientiert und mit strategischen Perspektiven außerordentlich nüchtern umgeht.376 „China hat sich als sehr schwieriger Markt erwiesen.“377 Aus dieser Erkenntnis heraus, ver-kaufte die ZDF Enterprises GmbH nach Presseinformationen im Mai 2004 für eine halbe Mil-

374 Als Intermediär bezeichnet man: “The term intermediary is generally used to denote any actor on a market who is neither a supplier nor a buyer, but either facilitates the overall functioning of the market or first enables the market to function, receiving a commission or similar compensation for this.”: Pi-cot/Reichwald/Wigand (2008), S. 308 und die dort angegebene Literatur.

375 Vgl. Coridaß (2004), Neumann (2005), Hildebrandt (2005), Ergebnis Interview (2), (3), (4), (5). 376 Vgl. Coridaß (2004), S. 174-175. 377 Coridaß in Luttmer/Schulz/Wagner (2005).

Page 120: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 7 103

lion Euro die Lizenz für China an die Dolce Media GmbH.378

Der Dolce Media GmbH war bewusst, dass für einen Markteintritt in China Beziehungen („guanxi“) eine große Rolle spielen.379 Die Dolce Media GmbH verfügt über ein international funktionierendes Netzwerk und Auslandskompetenzen.380 Man kannte die richtigen Leute, wie bspw. Liz Mohn, die über den Bertelsmann-Buchclub gute Kontakte nach China hat und zu führenden Funktionären des chinesischen Staatsfernsehens vermitteln konnte.381 Vor die-sem Hintergrund war die Dolce Media GmbH überzeugt, mit eigenem unternehmerischen Risiko das Projekt „Transformation von „Wetten, dass..?“ nach China“ zu realisieren.382

Uniart wurde nach einem neuen Anlauf bei der ZDFE an die Dolce Media GmbH als neue Lizenzinhaberin verwiesen.383 Im Juni 2004 fanden erste Gespräche zwischen den beiden Agenturen Uniart und der Dolce Media GmbH statt. Da sich herausstellte, dass Uniart über gute Kontakte zu CCTV verfügt und zeitgleich eine Absichtserklärung für einen potentiellen Sendeplatz für „Wetten, dass..?“ auf CCTV 3 in China seitens des Unterhaltungschefs von CCTV vorlegen konnte, entschied sich die Dolce Media GmbH diesen Kontakt weiter zu ver-tiefen. Man einigte sich zeitnah darauf, das Projekt der Transformation von „Wetten, dass..?“ nach China“ gemeinsam voranzutreiben. Aufgrund der geleisteten Vorarbeiten seitens Uniart in Bezug auf das Format „Wetten, dass..?“ bei CCTV wurde die Dolce Media GmbH als Li-zenzinhaberin von „Wetten, dass..?“ für die VR China im Juli 2004 von CCTV nach Peking eingeladen.384

7.3.2.2 Vereinbarung

An den Verhandlungen nahmen zunächst der China-Spezialist der Dolce Media GmbH, Uniart und eine Delegation von CCTV teil. Diese setzte sich aus dem Führungsteam des Be-reichs „Zentrum für Theater, Musik und Kultur“, welches für das Programm von CCTV 3 verantwortlich ist und weiteren Funktionären von CCTV zusammen.385 Man plante einige Tage für die Verhandlungen ein, weil man wusste, dass es in China wichtig ist, zunächst den potentiellen Partner kennenzulernen und dafür etwas Zeit benötigt wird.386

378 Vgl. Ott (2004), Luttmer/Schulz/Wagner (2005), Neumann (2005), Scholten (2005), Kletschke/Trefz (2005), Reitz (2007).

379 Vgl. Piëch (2004), Scholten (2005), Ergebnis Interview (3), (4). 380 Vgl. Coridaß (2004), S. 176, Ergebnis Interview (3), (4). 381 Vgl. Kaiser (2004), Scholten (2005), Ott (2004). 382 Ergebnis Interview (4). 383 Ergebnis Interview (2). 384 Ergebnis Interview (4). 385 Ergebnis Interview (4). 386 Ergebnis Interview (4).

Page 121: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

104 Kapitel 7

Die Verhandlungen mit dem chinesischen Partner verliefen von Anfang an gut und die Ver-handlungsatmosphäre war entspannt und freundlich.387 Die unterschiedlichen Sprachen der Akteure waren für die Verhandlungen unproblematisch, auch wenn die Funktionäre kein Eng-lisch sprechen. Dennoch zeigte sich die Präsenz des chinesischen Intermediärs insbesondere die Fachsprache betreffend von Vorteil.388 In den ersten Gesprächen wurde Anschauungsma-terial des deutschen „Wetten, dass..?“-Formats gesichtet und allgemein über die Medienland-schaft diskutiert.389 „Das Spiel sei wie geschaffen für China: Keine Politik, kein Sex, keine Drogen“, so vermittelte Uniart.390 Seitens CCTV war man noch zurückhaltend. Für eine wei-tere geschäftliche Annäherung erwiesen sich die abendlichen Essen am Rande des alltäglichen Geschäfts als sehr wichtig.391 Da die weiteren Verhandlungsgespräche positiv verliefen, ist der Geschäftsführer der Dolce Media GmbH zu den Verhandlungen dazu gestoßen.392 Für CCTV waren zunächst drei Kriterien entscheidend: Erstens hatte man in der Vergangenheit mit dem deutschen Geschäftspartner ZDF gute Erfahrungen bei einem gemeinsamen Projekt gemacht. Insofern erhoffte man sich zweitens, dass ein sehr erfolgreiches deutsches Format, welches im ZDF ausgestrahlt wird, auch in China erfolgreich wäre. Drittens hatte CCTV ge-rade einen Programmwechsel geplant (siehe dazu Exkurs „Prozessverlauf von Programmän-derungen bei CCTV“ in Kapitel 7.3.1.3). Für den Slot in der Prime Time war man noch auf der Suche nach einem Format, das international ausgerichtet ist und etwas Neues für den chi-nesischen Fernsehmarkt ist.393 Insofern haben die Argumente der gegenüberliegenden Partei den Vorstellungen der Chinesen entsprochen. Im Laufe der Verhandlungen war CCTV vom Erfolg des Formats und von der Passgenauigkeit für den chinesischen Markt überzeugt: eine Familiensendung, die unterhaltsam und spannend zugleich ist, westlich orientiert und ohne „sex and crime“.394 Zudem war dieses erfolgreiche, professionell ausgereifte Wetten-Format vollkommen neuartig für chinesische Zuschauer.395 CCTV wollte das Format. Jedoch folgte der Zusatz von CCTV, dass sie für ein Format, welches sie alleine realisieren können, nichts bezahlen.396

In der Verhandlungsphase trafen nun zwei Pole aufeinander: Die Lizenzinhaberin, die Dolce Media GmbH, welche eine Lizenzgebühr für das Format haben wollte und ein potentieller Lizenznehmer CCTV, welcher nicht bereit war, eine Lizenzgebühr zu bezahlen.

387 Ergebnis Interview (4). 388 Ergebnis Interview (2). 389 Ergebnis Interview (4). 390 Vgl. Erling (2004), Ergebnis Interview (2). 391 Vgl. Piëch (2004), Ergebnis Interview (4). 392 Ergebnis Interview (4). 393 Ergebnis Interview (1). 394 Ergebnis Interview (4). 395 Ergebnis Interview (1). 396 Vgl. Kaiser (2004), Scholten (2005), Ergebnis Interview (2), (3), (4).

Page 122: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 7 105

CCTV ist Monopolist in China und ist es gewohnt alles nach seinem Willen umzusetzen. Es verzichtet nicht auf seine Hoheitsrechte und das ist bei Verhandlungen mit Mediengiganten wie Time Warner, Disney oder Viacom unmöglich.397 Auch die Dolce Media GmbH hat ge-merkt, dass Großkonzerne hier noch eher gemieden werden.398 Uniart sah ebenfalls in der offenen und kulturell aufgeschlossenen Geschäftsweise der Dolce Media GmbH einen Vorteil gegenüber großen Unternehmungen.399 Der Lizenzgeber wusste, dass man in China spontan, flexibel und auf fest eingefahrene Strategien verzichten muss, wenn man zum erfolgreichen Abschluss kommen möchte. „Da galt für mich, flexibel zu sein und anstelle von Geld eine andere Währung zu akzeptieren.“400

An der Tatsache, dass ein klassisches Lizenzgeschäft in China so nicht realisierbar ist, sind mehrere große Medienunternehmen an diesem Punkt der Verhandlungen, auch mit der Ver-marktung von anderen Fernsehformaten gescheitert.401

In China wird Realpolitik gemacht. Klare und eindeutige Vorteile sind für Chinesen entschei-dend. Bestehen diese nicht oder nicht mehr, hätte das Einfluss auf die Geschäftsbeziehung.402

Da CCTV die „neue“ Sendung wöchentlich ausstrahlen wollte, hatte man seitens CCTV Be-denken, genügend Wettkandidaten bzw. spannende Wetten akquirieren zu können. Auch an einem Auftritt von westlichen Stars war man durchaus sehr interessiert.403 Vor allem war man sich bewusst, über welch großen Wissens- und Erfahrungsschatz in Bezug auf die deutsche „Wetten, dass..?“-Sendung die Dolce Media GmbH verfügt.404

Die Dolce Media GmbH wiederum schätzte eine asiatische Adaption des Formats „Wetten, dass..?“ mit dem Label „Made in Germany“ und für Deutsche als solches auch sichtlich er-kennbar, für die deutsche Werbeindustrie bzw. für Unternehmen aus dem deutschsprachigen Raum, äußerst interessant ein. Und das gilt für Unternehmen, die sowohl bereits in China tätig sind, als auch für Unternehmen, die ihren Markteintritt in China vorbereiten.405 Außerdem ist in Fachkreisen bekannt, dass der chinesische Werbemarkt insbesondere für Ausländer sehr schwer zugänglich ist.406 Der Vertrieb der Werbezeiten im chinesischen Fernsehen erfolgt über eine Agentur und über ein Bieterverfahren, deren genauen Abläufe für Ausländer schwer

397 Ergebnis Interview (5). 398 Vgl. Neumann (2005). 399 Ergebnis Interview (2). 400 Gottschalk in: Hildebrandt (2005). 401 Vgl. Kaiser (2004), Ergebnis Interview (4). 402 Ergebnis Interview (5). 403 Ergebnis Interview (1), (4), (5). 404 Ergebnis Interview (1). 405 Ergebnis Interview (3), (4), (5). 406 Vgl. Kletschke/Trefz (2005), Neumann (2005), Treser (2004), Ergebnis Interview (4).

Page 123: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

106 Kapitel 7

durchschaubar sind.407

Die o.g. unterschiedlichen Absichten, Interessen und Befürchtungen konnten durch die jewei-lige Vertragsperson erfüllt bzw. aus dem Weg geräumt werden. Auf der einen Seite stellt CCTV als einziger nationaler Fernsehsender in China das wichtigste Werbemedium dar und kann Höchsteinnahmen verzeichnen, wie Abbildung 34 illustriert:408

Abbildung 34: Top 10 Fernsehstationen in Bezug auf Werbeeinahmen in China

Des Weiteren verdeutlichen die Werbepreise nochmals die hohe Bedeutung CCTVs als Wer-bemedium in China zum Betrachtungszeitraum (siehe Abbildung 35):409

Abbildung 35: Werbepreis pro Sekunde in USD, Fernsehstationen China

Auf der anderen Seite verfügt die Dolce Media GmbH über einen Pool an Wettkandidaten aus den letzten 26 Jahren „Wetten, dass..?“ in Deutschland, über zahlreiche Kontakte zu Stars, Sendematerial und über einen langjährigen Erfahrungsschatz bei „Wetten, dass..?“.410

407 Vgl. Neumann (2005), Hildebrand (2005), Reitz (2007) und die Ausführungen in Kapitel 2.4 (Ökonomi-sches Umfeld).

408 Vgl. Skillnet (2006), S. 49, Auszug aus Abbildung. 409 Vgl. Skillnet (2006), S. 49, Auszug aus Abbildung. 410 Ergebnis Interview (4).

TOP 10 TV Stations/Advertising Revenues in 2004

Rank Station 2003 (in USD M.)

2004 (in USD M.)

1 CCTV 911 968 2 Shanghai Media & Entertainment Group 257 296 3 Beijing TV Station 173 186 4 Guangdong Southern Radio & Film Media 121 145 5 Hunan Radio Film &Television Group 80 104 6 Zhejiang TV Station 83 99 7 Shandong TV Station 92 93 8 Shenzhen TV Station 67 86 9 Jiangsu TV Station 68 80 10 Anhui TV Station 63 80

Advertising Price Per Second in USD

Station 1. HY of 2003 1. HY of 2004 Growth Rate

CCTV 198 222 12 %

Provincial Satellite Stations 59 77 29 %

Provincial Level Cable-TV/ Terresterical 37 42 14 %

The Capital City TV Station 17 19 16 %

Other City TV Stations 9 10 12 %

Page 124: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 7 107

Auf diese Weise ist als Alternative zum reinen Lizenzgeschäft ein Kompensationsgeschäft entstanden: Lizenz gegen Werbezeit statt Barausgleich, das sogenannte Bartering. In China muss man „quer“ denken.411 CCTV bekommt die Lizenz von der Dolce Media GmbH kosten-frei, dazu deren Beratung und Unterstützung bspw. in der Form der Vermittlung von Wett-kandidaten und Stars. Die Dolce Media GmbH wiederum kann als einziges ausländisches Unternehmen von CCTV direkt Werbezeiten kaufen und ist Exklusivagent für deutschspra-chige Werbepartner sowohl für Trailer vor und in den Werbepausen der Sendung als auch im Bereich der redaktionellen Kooperationen in der Sendung.412

7.3.2.3 Abwicklung

Beide Vertragsparteien waren sich inhaltlich einig. Offenheit, Flexibilität und Spontanität eröffnen bei den Chinesen gute Erfolgschancen und werden von ihnen sehr geschätzt.413 Bei der Anbahnung mit Chinesen ist es stets wichtig, eine freundliche und freundschaftliche At-mosphäre zu schaffen.414 Da bei der Dolce Media GmbH für eine Entscheidung keine büro-kratischen Verwaltungswege durchlaufen werden müssen und deren Geschäftsführer selbst vor Ort war, konnte man beim ersten Treffen im Juli 2004 in China eine Einigung mit CCTV zum Abschluss bringen treffend der Metapher: „Wir sind kein großer Dampfer, sondern ein kleines, wendiges Schnellboot.“415 Uniart sah in der unbürokratischen Vorgehensweise der Dolce Media GmbH einen großen Vorteil gegenüber den Mediengiganten, bei denen insbe-sondere der eigene Absicherungsgedanke zählt.416 Es ist anzumerken, dass die Vereinbarung zwischen den Parteien zunächst nicht auf einem schriftlichen Vertrag basiert, sondern auf einem Handschlag.417 „Da hilft kein kompliziertes Vertragswerk mit CCTV, denn das ist Re-alpolitik, die dort gespielt wird.“418 Ein solch schneller Verhandlungsverlauf mit einem aus-ländischen Verhandlungspartner war selbst für Chinesen ungewöhnlich.419 Eine Barriere musste noch überwunden werden: die Zensurprüfung Chinas.

Es ist in China Pflicht, dass von der Zensurbehörde SARFT sowohl der Inhalt des Formats als auch die mit dem Kooperationspartner abgeschlossene Vereinbarung überprüft werden. Bei der Prüfung stehen zunächst die vom Staat vorgegebenen Rahmenbedingungen im Vorder-grund, die Bindung der Zuschauer ist zunächst zweitrangig.420 CCTV ist Staatssender. Aus diesem Grund verfügt CCTV über eine eigene Zensurinstanz bzw. ein Zensurkomitee, wel-

411 Neumann (2005), Ergebnis Interview (3). 412 Vgl. Treser (2004), Neumann (2005), Reitz (2007), Ergebnis Interview (2), (3), (4), (5). 413 Ergebnis Interview (2), (3), (4). 414 Ergebnis Interview (2), (3). 415 Ergebnis Interview (4). 416 Ergebnis Interview (2). 417 Vgl. Piëch (2004). 418 Ergebnis Interview (5). 419 Ergebnis Interview (1), (4). 420 Vgl. die Ausführungen in Kapitel 2.3 (Rechtliches und technisches Umfeld).

Page 125: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

108 Kapitel 7

ches sich aus den höchsten Funktionären von CCTV zusammensetzt und das Recht hat, ein Format direkt einzusetzen. Die Zensurprüfung läuft bei CCTV nicht über SARFT, sondern intern ab.421

Die problemlose, zügig folgende und vor Ort stattfindende Einigung lässt vermuten, dass bei den Verhandlungen sowohl zur Zensur legitimierte Funktionäre seitens CCTV anwesend wa-ren als auch Mitglieder des „Programme Controlling Committees“. Die beeindruckende Schnelligkeit dieses Prozesses, die von der Anbahnung bis zur Abwicklung drei Monate um-fasste zeigt, wie effizient und zielsicher auf beiden Seiten gearbeitet wurde. Nachverhandlun-gen waren somit nicht erforderlich.422

7.3.3 Betriebsphase

Nach den erfolgreichen Verhandlungen folgten die Planungen für die Markteinführung des Formats „Wetten, dass..?“ in China. Basis der Betriebsphase waren die einzelnen Vertragsbe-standteile und Sendefakten:

Der Slot zur Prime Time am Sonntag um 20:35 Uhr ab 10. Oktober 2004 auf CCTV mit einer Sendezeit von einer Stunde stand fest.423 Die Sendung sollte wöchentlich auf dem Unterhal-tungssender von CCTV, CCTV 3 ausgestrahlt werden mit Wiederholungen am Samstag-nachmittag und am Dienstagnachmittag. Aus Kostengründen sollten mehrere Aufzeichnungen an einem Tag in einem Studio von CCTV in Peking erfolgen mit Uniart als Koproduzenten. Die Vertragspartner waren sich einig, dass eine möglichst nahe Adaption des Formats erfol-gen sollte, jedoch eine 1-1-Spiegelung des „Wetten, dass..?“-Formats in China erfolglos wä-re.424 Vor diesem Hintergrund wurde das Format an die Fachabteilung von CCTV, das „Zent-rum für Theater, Musik und Kunst“ in Zusammenarbeit mit Uniart und an das „Zentrum für Produktion und Technik“ von CCTV zur Produktionsvorbereitung übertragen.425

Bei der Dolce Media GmbH wurde das Projekt sowohl aus dem Büro in München als auch vor Ort in Peking betreut. Aufgabe war nun die Bereitstellung von Sendematerial, die Akquise von deutschsprachigen Wettkandidaten und Stars, die Organisation deren Betreuung vor Ort und die Unterstützung CCTVs im Allgemeinen. Des Weiteren begann die Vermarktung der Werbezeit an deutschsprachige Unternehmen. Da die Werbefenster direkt zu einem Festpreis von der Dolce Media GmbH zu kaufen sind, bleibt potentiellen Werbepartnern ein Bieter-kampf erspart.426

421 Ergebnis Interview (1). 422 Ergebnis Interview (4). 423 Anfang 2006 wurde die Sendezeit auf 21:15 Uhr verlegt (ebenfalls Prime-Time), weil die „Wanna Challen-

ge?“ vorausgehende Sendung um 30 Minuten verlängert wurde: Ergebnis Interview (5). 424 Ergebnis Interview (4), (5). 425 Ergebnis Interview (1). 426 Vgl. Reitz (2007), Hildebrandt (2005), Treser (2004).

Page 126: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 7 109

Auf diese Weise konnten DHL und Audi als Partner gewonnen werden.427 „So einfachen Zu-gang zur Hauptsendezeit bekommen wir sonst nicht“, sagt Trevor Hill, Geschäftsführer von Audi China.428

7.3.3.1 Einführung

Auf CCTV 3 wurde die neue Sendung in Form von Trailern angekündigt. Die Produktionsar-beiten des Teams, welches aus 33 Personen besteht, verliefen im Vorfeld unkoordiniert. Je-doch war man auf Seiten der Chinesen zuversichtlich, frei nach dem Motto: Was den Chine-sen an Erfahrung fehlt, wird aus Europa importiert.429 Ratschläge des Partners, der von An-fang an CCTV betreuend vor Ort zur Seite stand und von CCTV auch geduldet wurde, wur-den und werden in China gerne angenommen unter der Voraussetzung, dass sie wenig kos-ten.430

Da in China Wettverbot gilt, wurde die Sendung „Xian Tiaozhan ma?“ bzw. „Wanna Chal-lenge?“ – „Riskierst Du die Herausforderung?“ genannt.431 Die Titelmusik und das Logo vom deutschen Format wurden nicht übernommen. Das Bühnenbild wurde chinesischen Anforde-rungen angepasst: Es war bunt, unruhig und sehr modern. Unter diesen Voraussetzungen konnte die erste Sendung, wie geplant im August 2004 aufgezeichnet und am 10.10.2004 aus-gestrahlt werden.432

Die erste Sendung war ausnahmsweise auf 120 Minuten ausgelegt und fand in einem Studio von CCTV in Peking mit 500 Zuschauern statt. Moderiert wurde die Sendung von einem kosmo-kulturellen Moderatorenteam bestehend aus der Sinologin und Kanadierin Ai Hua und dem Chinesen Ren Ruyu. Unterstützt wurden sie von dem Gastmoderatoren Wang Gang, ei-nem bekannten chinesischen Schauspieler. Der Moderator der deutschen „Wetten, dass..?“-Ausgabe Thomas Gottschalk übergab seinem chinesischen Pendant vor Ort offiziell den Stab und stellte dabei das deutsche Format vor. Mit diesem Akt wurde den Chinesen die deutsche Unterstützung bekräftigt, welche konstatierend für den Vertragsabschluss war. Neben Thomas Gottschalk waren zwei Wetten, eine Rock´n Roll Band und eine Jodeltruppe der Sendungsbei-trag des deutschen Partners. In diesem Zusammenhang sei nochmals die Zensur in China er-wähnt: Bereits vor der Anreise der Wettkandidaten und Showeinlagen-Kandidaten nach China wurden sie von der Zensurinstanz überprüft (üblicher Zensurprozess). Der Inhalt der Wetten und die Liedtexte wurden – und werden immer noch - von SARFT auf Konformität mit der

427 Vgl. Piëch (2004), Lietsch (2004), Erling (2004), Kaiser (2004), Ott (2004), Scholten (2005), Luttmer/Schulz/Wagner (2005), Hildebrandt (2005).

428 Neumann (2005). 429 Vgl. Piëch (2004). 430 Ergebnis Interview (3), (4). 431 Vgl. Kletschke/Trefz (2005). 432 Ergebnis Interview (4), (5).

Page 127: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

110 Kapitel 7

chinesischen Rechtsordnung überprüft.433

Betrachtet man einen typischen Handlungsablauf der deutschen „Wetten, dass..?“-Sendung (siehe Abbildung 36)434 und den Ablauf der ersten „Wanna Challenge?“-Sendung (siehe Ab-bildung 37)435 erkennt man, dass die grundlegende Idee und der Handlungsablauf von „Wan-na Challenge?“ an das deutsche Format angelehnt waren und an chinesische Bedürfnisse an-gepasst wurden.436

Sponsorenhinweis MAZ Euromelodie MAZ Opening/Vorspann MAZ Begrüßung durch den Moderator Thomas Gottschalk (TG)

Stadtwette Moderation Stadtwette durch TG, Auftritt Wettpate/in, Liveschaltung zur Stadtwette-Location, Vorlesen Stadt-wettvorschlages durch TG, Start der Aktion

1. Wette Moderation TG und Vorstellung Wettpate, Auftritt und Talk Wettpate/in, Vorstellung der Wette durch TG, Auftritt des/der Wettkandidaten/in, Tipp und Wetteinsatz des/der Wettpaten/in, Wettaktion, Kurzgespräch TG und Wettkandidaten/in, evtl. Wetteinlösung Wettpate/in

1. Showteil Anmoderation durch TG, Showteil und Kurzgespräch TG und Showteil

2. Wette (Kinderwette)

Moderation TG und Vorstellung Wettpate, Auftritt und Talk Wettpate/in, Vorstellung der Wette durch TG, Auftritt des/der Wettkandidaten/in, Tipp und Wetteinsatz des/der Wettpaten/in, Wettaktion, Kurzgespräch TG und Wettkandidaten/in, Preisübergabe, evtl. Wetteinlösung Wettpate/in

2. Showteil Anmoderation durch TG, Showteil und Kurzgespräch TG und Showteil Gewinnspiel Superfan Stadtwette Schaltung zur Stadtwette

3. Wette Moderation TG und Vorstellung Wettpate, Auftritt und Talk Wettpate/in, Vorstellung der Wette durch TG, Auftritt des/der Wettkandidaten/in, Tipp und Wetteinsatz des/der Wettpaten/in, Wettaktion, Kurzgespräch TG und Wettkandidaten/in, evtl. Wetteinlösung Wettpate/in

3. Showteil Anmoderation durch TG, Showteil und Kurzgespräch TG und Showteil

4. Wette (Außenwette)

Moderation TG und Vorstellung Wettpate, Auftritt und Talk Wettpate/in, Vorstellung der Wette durch TG/Live-Schaltung zur Außenwette, Auftritt des/der Wettkandidaten/in, Tipp und Wetteinsatz des/der Wettpaten/in, Wettaktion Außenwette, Kurzgespräch TG und Wettkandidaten/in, evtl. Wetteinlösung Wettpate/in

Gewinnspiel Wettkönig 4. Showteil Anmoderation durch TG, Showteil und Kurzgespräch TG und Showteil

5. Wette Moderation TG und Vorstellung Wettpate, Auftritt und Talk Wettpate/in, Vorstellung der Wette durch TG, Auftritt des/der Wettkandidaten/in, Tipp und Wetteinsatz des/der Wettpaten/in, Wettaktion, Kurzgespräch TG und Wettkandidaten/in, evtl. Wetteinlösung Wettpate/in

Wettaufruf durch TG, Einblendung der Adressen ZDF, ORF, SF, Internet und Email Wetteinlösung evtl. MAZ über Wetteinlösung der verlorenen Stadtwette durch TG aus der letzten Sendung 5. Showteil Anmoderation durch TG, Showteil und Kurzgespräch TG und Showteil

Ted-Aufruf durch TG; nochmalige Vorstellung aller Kandidaten mit Einblendung der 4 TED-Telefonnummern und SMS-Kurzwahlen und Übersichtstafeln für Deutschland

Stadtwette Moderation TG, Wettaktion, evtl. Wetteinlösung durch TG oder entsprechend in der nächsten Sendung Ted-Entscheidung Moderation TG; Ergebnispräsentation Siegerehrung

Finale Alle Wettpaten und Wettkandidaten versammeln sich; Hinweis auf die nächste Sendung und Vorankündigungen der Wettpaten; Abspann

Euromelodie MAZ Sponsorenhinweis MAZ

Abbildung 36: Handlungsablauf „Wetten, dass..?“

433 Ergebnis Interview (2), (4), (5). Die angekündigten Liedtexte der Rock´n Roll Band bestanden die Zensur nicht und die Band musste einen anderen Titel spielen: Ergebnis Interview (4).

434 Eigene Darstellung. Es wurden die sechs Sendungen der Staffel 2006/2007 gesichtet und ein typischer Handlungsablauf des deutschen Formats „Wetten, dass..?“ ermittelt.

435 Eigene Darstellung. Es wurde die erste Sendung von „Wanna Challenge?“ gesichtet und der Handlungsab-lauf erstellt. Produktionsdatum: August 2004, Ausstrahlungsdatum: 10.10.2004.

436 Ergebnis Interview (1), (2), (4), (5).

Page 128: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 7 111

Unterschiede gab es dahingehend, dass die berühmten chinesischen Wettpaten durch zusätzli-che Wettpaten aus dem Zuschauerpublikum unterstützt wurden. Des Weiteren finden im Un-terschied zur deutschen „Wetten, dass..?“-Sendung in „Wanna Challenge?“ Werbeunterbre-chungen während der Sendung statt. Eine Stadtwette und Außenwette konnte nicht umgesetzt werden, da nicht live gesendet wurde. Eine Kinderwette wurde ebenfalls nicht Bestandteil der Sendung. Die TED-Abstimmung und somit die Wahl eines Wettkandidaten zum Wettkönig fehlten. Anstatt dessen haben die Wettpaten Preise erhalten.437

Vorspann MAZ Werbeblock 1 MAZ Opening/Vorspann MAZ Begrüßung durch den Moderator (M) Ren Ruyu, der Moderatorin (M) Ai Hua Auftritt Gastmoderator Wang Gang Vorstellung aller Wetten (MAZ)

1. Wette Vorstellung Wettpate durch MAZ, Auftritt und Talk Wettpate/in, Vorstellung der Wette durch MAZ, Auftritt des/der Wettkandidaten/in, Auftritt eines Zuschauers als Wettpate, Tipp der Wettpaten, Wettakti-on, Kurzgespräch Moderatoren und Wettkandidaten/in

1. Showteil (deutsch) Showteil Wettaufruf durch MAZ, Einblendung der Kontakt-Adressen Redaktion Wanna Challenge?, Internet

2. Wette (deutsch)

Vorstellung Wettpatin durch MAZ, Auftritt und Talk Wettpate/in, Gespräch Wettpate/in und Moderator, Vorstellung der Wette durch MAZ, Auftritt des/der Wettkandidaten/in, Auftritt eines Zuschauers als Wettpate, Tipp der Wettpaten, Wettaktion, Kurzgespräch Moderatoren und Wettkandidaten, Preisverlei-hung an Wettpaten

2. Showteil Showteil Zwischenspann MAZ Vorstellung Thomas Gottschalk und „Wetten, dass..?“ (MAZ) Auftritt Thomas Gottschalk, Gespräch

3. Wette Vorstellung der Wette durch Moderatoren, Auftritt des/der Wettkandidaten/in, TG als Wettpate, Tipp des/der Wettpaten/in, Wettaktion, Kurzgespräch M und Wettkandidaten/in, Preisverleihung an Wettpate/in

3. Showteil Showteil Zwischenspann MAZ

4. Wette (deutsch) 2 Zuschauer als Wettpaten aus Publikum, Talk Wettpaten, Vorstellung der Wette durch M, Auftritt des/der Wettkandidaten/in, Tipp der Wettpaten/in, Wettaktion, Kurzgespräch M und Wettkandidaten/in,

Wettaufruf durch MAZ, Einblendung der Kontakt-Adressen Redaktion „Wanna Challenge?“, Internet 4. Showteil (aus Salzburg) Showteil

5. Wette (deutsch) Vorstellung Wettpatin durch MAZ, Auftritt und Talk Wettpate/in, Gespräch Wettpate/in und Moderator, Auftritt des/der Wettkandidaten/in,1 Zuschauer als Wettpate aus Publikum, Tipp der Wettpaten, Wettakti-on, Kurzgespräch Moderatoren und Wettkandidaten, Preisverleihung an Wettpaten

6. Wette Vorstellung Wettpatin durch MAZ, Auftritt und Talk Wettpate/in, Gespräch Wettpate/in und Moderator, 1 Zuschauer als Wettpate aus Publikum, Auftritt des/der Wettkandidaten/in, Tipp der Wettpaten, Wettaktion, Kurzgespräch Moderatoren und Wettkandidaten, Preisverleihung an Wettpaten

Wettaufruf durch MAZ, Einblendung der Kontakt-Adressen Redaktion „Wanna Challenge?“, Internet Werbeblock 2 MAZ

Finale Alle Wettpaten und Wettkandidaten versammeln sich; Hinweis auf die nächste Sendung und Vorankündi-gungen der Wettpaten; Abspann

Zusammenfassung der Sendung (MAZ) Abspann MAZ

Abbildung 37: Handlungsablauf der ersten Sendung "Wanna Challenge?"

Bereits in der zweiten Sendung wurde das Moderatorenteam durch das chinesische Moderatorenteam Li Hong und Ren Luyu, die beide bekannte chinesische Nachrichtenspre-cher sind, ersetzt. Man erhoffte sich, dass die beiden Moderatoren mit dem weiteren Ausbau der Sendung zu „Unterhaltungs-Stars“ werden würden.438

437 Ergebnis Interview (1), (2), (4), (5). 438 Vgl. Maass (2005).

Page 129: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

112 Kapitel 7

Ausschlaggebend für den Erfolg waren von Anfang an die Wetten.439 Hintergrund ist, dass die Chinesen gerne wetten, auch wenn das öffentlich verboten ist.440 Es gab bisher kein Format, bei dem sich Chinesen körperlich betätigen konnten.441 Diese Integrationsmöglichkeit in einer Sendung, sich eine Wette auszudenken, diese zu üben, sich bei CCTV zu bewerben und dann im Wettbewerb zu stehen, war für die Chinesen etwas ganz Neues.442 Man konnte anfangs feststellen, dass viele Chinesen Wetten mit dem Fahrrad anboten. Auch das Stapeln von Wür-feln hat sich als eine charakteristische chinesische Wette gezeigt. Deshalb kamen bei den chi-nesischen Zuschauern die deutschen Wetten auch immer sehr gut an wie bspw. die Wette der sogenannten. „Muckizuckis“, die aus der Reihe fallen.443 Deutsche haben in China Exotensta-tus. Man kennt Deutsche als Touristen. Das Bild dieser verrückten Deutschen, die kuriose Wetten machen ist neu und beeindruckt die Chinesen.444 Die Einbindung weiterer westlicher Stars in die Sendung, wie bspw. Boris Becker, Katie Melua, Heino, Peter Maffay u.a. haben den Reiz dieser Sendung mit westlichen Exotenstatus weiter aufgewertet.445

7.3.3.2 Wachstum

Im Herbst 2004 besuchte Uniart und Anfang 2005 eine chinesische Delegation die deutsche „Wetten, dass..?“-Show in Deutschland und hatte die Möglichkeit, Erfahrungen mit den ZDF-Kollegen auszutauschen und auch einen Blick hinter die Kulissen zu werfen.446 In Folge der Besuche wurde das Gesamtbild der Sendung weiter professionalisiert. Dies zeig-te sich bspw. in einem aufwendigen Bühnenbild. Des Weiteren wurden Elemente der ersten Sendungen wieder entnommen, wie die Einbindung von Zuschauern als Wettpaten. Insgesamt hat man sich dem sehr ausgereiften, perfekten deutschen „Wetten, dass..?“-Format weiter an-gelehnt.447 So wurde die Wahl des Wettkönigs aus den Wettkandidaten in die Sendung inte-griert. Die Zuschauer im Publikum konnten per TED-Abstimmung den Wettkönig wählen.

439 Die Aussagen beziehen sich nicht auf großzahlige Umfragen, weil CCTV diese nicht durchführt. Jedoch wurden nach jeder Sendung seitens der Dolce Media GmbH Zuschauer nach ihrem Eindrücken qualitativ befragt. So ist die Show bspw. bekannt als die Show mit „den verrückten deutschen Wetten“: Ergebnis In-terview (1), (3), (4), (5).

440 Vgl. Hildebrandt (2005). 441 Ergebnis Interview (1). 442 Ergebnis Interview (1), (4). 443 Inhalt der Wette der sog. Muckizuckies: Zwei Kandidaten haben mit ihren Brustmuskeln Liedrythmen ge-

zuckt und ein dritter Kandidat sollte diese erraten: Ergebnis Interview (4), (5). 444 Ergebnis Interview (4), (5). 445 In der Literatur wird ebenfalls darin eine Ursache gesehen, warum die Chinesen ausländische Produktionen

den inländischen vorziehen. Einerseits in der Begründung, dass Chinesen heimische Produktionen als lang-weilig empfinden und den Produzenten amateurhafte Technik vorwerfen. Andererseits weil seitens der Zu-schauer ein gewisser Nachholbedarf an ausländischen Kulturgut besteht, da man von der westlichen Welt abgeschottet war: Vgl. Hong (1998), S. 81 f., Ergebnis Interview (1), (4), (5).

446 Ergebnis Interview (4), (5). Die Delegation bestand aus hohen Funktionären von CCTV, den Moderatoren und dem Produktionsteam von „Wanna Challenge?“.

447 Ergebnis Interview (1).

Page 130: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 7 113

Die Außenwette wurde ebenfalls Bestandteil der Sendung und zwar in der Weise, in dem man das Sendematerial der Außenwette aus Deutschland in das chinesische Format integrierte. Im Bereich der redaktionellen Kooperationen wurde mit zunehmendem Vertrauen in den Partner in der Sendung Vieles möglich. So konnten bspw. durch den Partner Audi spektakuläre Au-towetten umgesetzt werden, wie bspw. das Töpfern auf einer Radkappe eines fahrenden Audis oder das Ziehen des Fahrzeugs mit dem Haarzopf eines Wettkandidaten.448 Da die Sendung schneller ist, verzichtete man auf lange Interviews zwischen dem Moderator und den Gästen. Zusätzlich stellte man den im Unterhaltungsbereich bekannten chinesische Moderator Zhu Jun ein.449 Bereits nach ca. 4-6 Monaten hatte sich ein fester Handlungsablauf des Formats bewährt.450 Abbildung 38 zeigt einen typischen Handlungsablauf:451 Vorspann MAZ Sponsorenhinweis MAZ Werbeblock 1 MAZ Opening/Vorspann MAZ Begrüßung durch den Moderator Zhu Jun (ZJ)

1. Wette

Vorstellung Wettpate/in durch MAZ, Auftritt und Talk Wettpate/in, Vorstellung der Wette durch Zhu Jun, Auftritt des/der Wettkandidaten/in, Vorführung des/der Wettkandidaten/in, Tipp des/der Wettpa-ten/in, Wettaktion, Kurzgespräch ZJ und Wettkandidaten/in, Verleihung der Urkunde an Wettkandida-ten/in, evtl. Preisverleihung an Wettpate/in

1. Showteil Showteil

2. Wette (deutsche Wette)

Vorstellung Wettpate/in durch MAZ, Auftritt und Talk Wettpate/in, Vorstellung der Wette durch Zhu Jun, Auftritt des/der Wettkandidaten/in, Vorführung des/der Wettkandidaten/in, Tipp des/der Wettpa-ten/in, Wettaktion, Kurzgespräch ZJ und Wettkandidaten/in, Verleihung der Urkunde an Wettkandida-ten/in, evtl. Preisverleihung an Wettpate/in

2. Showteil Showteil Werbeblock 2 MAZ

3. Wette

Vorstellung Wettpate/in durch MAZ, Auftritt und Talk Wettpate/in, Vorstellung der Wette durch Zhu Jun, Auftritt des/der Wettkandidaten/in, Vorführung des/der Wettkandidaten/in, Tipp des/der Wettpa-ten/in, Wettaktion, Kurzgespräch ZJ und Wettkandidaten/in, Verleihung der Urkunde an Wettkandida-ten/in, evtl. Preisverleihung an Wettpate/in

3. Showteil Showteil

4. Wette

Vorstellung Wettpate/in durch MAZ, Auftritt und Talk Wettpate/in, Vorstellung der Wette durch Zhu Jun, Auftritt des/der Wettkandidaten/in, Vorführung des/der Wettkandidaten/in, Tipp des/der Wettpa-ten/in, Wettaktion, Kurzgespräch ZJ und Wettkandidaten/in, Verleihung der Urkunde an Wettkandida-ten/in, evtl. Preisverleihung an Wettpate/in

4. Showteil Showteil 5. Wette (von WD Film: Außenwette) Moderation ZJ, Auftritt aller Wettpaten

WD Film Teil 1 MAZ Vorstellung der Wette durch ZJ, Tipp der Wettpaten WD Film Teil 2 MAZ Moderation ZJ, evtl. Preisverleihung an Wettpaten evtl. Werbeblock 3 MAZ Ted-Aufruf durch ZJ; Auftritt aller Kandidaten Ted-Entscheidung Moderation ZJ; Ergebnispräsentation Siegerehrung Wettaufruf durch ZJ, Einblendung der Adressen

Finale Alle Wettpaten und Wettkandidaten versammeln sich; Hinweis auf die nächste Sendung und Vorankün-digungen der Wettpaten; Abspann

Abspann MAZ

Abbildung 38: Handlungsablauf "Wanna Challenge?"

448 Vgl. Neumann (2005), Luttmer/Schulz/Wagner (2005), Ergebnis Interview (4). 449 Ergebnis Interview (1), (2), (4), (5). 450 Ergebnis Interview (5). 451 Eigene Darstellung. Es wurden dazu mehrere Sendungen von „Wanna Challenge?“ gesichtet und der typi-

sche Handlungsablauf einer Sendung ermittelt.

Page 131: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

114 Kapitel 7

Mit einstellendem Erfolg wurde seitens CCTV kontinuierlich ein höheres Budget für die Sen-dung zur Verfügung gestellt. Auch konnte festgestellt werden, dass mit der Zeit die strengen Prüfungen durch SARFT bzw. CCTV gelockert wurden, da man das Format kannte und Ver-trauen zum Partner hatte.452 Zum Aufbau dieses Vertrauen hat auch beigetragen, dass von Beginn an seitens der Dolce Media GmbH ein kleiner und fester Kreis an Ansprechpartnern CCTV zur Seite stand.453

Der Erfolg der wöchentlichen Sendung und die großen „Wetten, dass..?“-Sommerausgaben454 inspirierte CCTV zu den drei Feiertagswochen in China (Chinesisches Neujahr, Tag der Ar-beit im Oktober und der Ausruf der VR China im Mai) und zur Sommerzeit im Juli mehrere Sendungen in der Woche vom Pekinger Studio auszustrahlen. Bereits im Frühjahr 2005 hat CCTV mit den Sondersendungen begonnen. Highlights dieser einwöchigen Sondersendungen bilden einerseits große Open Air-Shows, wie bspw. in Tangshan der Provinz Hebei im Mai 2005, das große Open-Air Festival im Juli 2006 in Peking oder die dreistündige Outdoorproduktion im größten Freizeitpark Chinas, dem Happy Valley Park in der Nähe von Peking im Mai 2007.455 Bis zu 30.000 Zuschauer können diese Sendungen live mit verfolgen. Bis zu 100 Millionen Zuschauer verfolgten allein die Sendung aus dem Happy Valley Park an den Bildschirmen.456 Andererseits stehen einige Sondersendungen unter einem bestimmten Motto: So wurde bspw. eine Sondersendung zum Thema Auto produziert oder eine Sendung allen bisherigen Wettkönigen gewidmet.457

Mit der Zeit haben sich auch die chinesischen Wetten gewandelt: Die Chinesen nahmen sich die Deutschen zum Vorbild und wurden in den Wetten immer kreativer. Mit diesen Exoten im Wettbewerb zu stehen und evtl. die Plakette des Wettkönigs zu erwerben, die man dann mit Stolz nach Hause trägt, überzeugt die Chinesen. Auch wenn nicht wie im deutschen Format der Wettkönig Geld bekommt, ist es für einen chinesischen Wettkönig eine Ehre, in den Son-dershows wieder auftreten zu dürfen oder vielleicht einen Auftritt im deutschen Format in Aussicht zu haben.458

Der zunehmende Erfolg und die Etablierung der Sendung als festen Bestandteil im CCTV-Programm erzeugte auch bei den Konkurrenzsendern Aufmerksamkeit. Innerhalb weniger Monate nach Markteinführung von „Wanna Challenge?“ auf CCTV 3 sind zahlreiche Kopien vom Originalformat aufgetaucht. Dies ist u.a. ein Grund, warum Chinesen nicht bereit sind, eine hohe Lizenzgebühr für ein Format zu bezahlen, da einerseits die Kopierfreude bekannt ist

452 Ergebnis Interview (1), (2). 453 Ergebnis Interview (3), (4), (5). 454 So war bspw. eine chinesische Delegation Gast bei „Sommer-Wetten, dass..?“ in Aspendos (15. Mai 2005)

und auf Mallorca (23. Juni 2006): Ergebnis Interview (4), (5). 455 Diese Sondersendungen sind aus Kostengründen teilweise Koproduktionen: Ergebnis Interview (4), (5). 456 Angabe CSM. 457 Ergebnis Interview (5). 458 Ergebnis Interview (4).

Page 132: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 7 115

und man andererseits nicht weiß, inwieweit das eigene, originale Format dadurch in Bedräng-nis kommt.459 Der Fernsehmarkt in China ist stark fragmentiert. So kann eine Provinzstation bis zu 100 Millionen Zuschauer erreichen und das kann durchaus ein ernst zu nehmender Wettbewerber für CCTV werden. Da CCTV stolz auf das Original-Format ist, weiterhin auf das Format setzen will, dienen CCTV diese o.g. „Spezialsendungen“ nicht nur zur Markenfes-tigung bei den Zuschauern und zur Steigerung des Bekanntheitsgrades, sondern auch als bril-lanter Schachzug gegen ungeliebte Konkurrenten. CCTV löste das Konkurrenzproblem auf eine clevere chinesische Art. CCTV lud die sieben stärksten Konkurrenten mit ihrem jeweili-gen Format zu den Live-Sondersendungen im Mai 2007 ein: Beijing TV (Auf die Plätze, fer-tig, los!), Hebei TV (Eine besondere Herausforderung), Henan TV (Kungfu), Shanxi TV (Zeige, was du kannst), Hunan TV (Wer ist der Held), Liaoning TV (Hauptsache Spaß) und Jilin TV (Genial!). Die Idee war folgende: Die jeweiligen Sender durften mit ihrem Modera-tor, eigenen Wetten und Stars antreten. Es wurde täglich eine Live Show aus dem No. 1 Stu-dio Peking gesendet und über CCTV und die jeweiligen Provinzsender als eine Ko-Produktion ausgestrahlt. In der siebten Sendung konnten die Zuschauer die beste Sendung wählen. Die Konkurrenzsender kamen gerne zu den Shows, da sie umsonst eine Produktion bekamen. Es ist nicht verwunderlich, dass CCTV den Wettstreit gewonnen hat. CCTV hatte Heimspiel. Außerdem hatte CCTV ihre Erfahrungen aus dem Besuch der ZDF-Kollegen bei der großen „Wetten, dass..?“-Sommerausgabe 2005 in Aspendos genutzt, um das Bühnenbild für diese Sondersendungen nachzubauen. CCTV konnte die deutschen verrückten Wetten und Stars der Konkurrenz und deren Zuschauer präsentieren. Auf diese Art und Weise wurde nicht nur auf den Konkurrenzsendern für CCTV Werbung gemacht, sondern den Zuschauern wurde bewusst, dass CCTV das beste Wettenformat hat. Im Anschluss an diesen Wettbewerb konnte CCTV die Einschaltquote steigern. Hier wird noch einmal deutlich, dass durch das Original-Wettenformat CCTV einen klaren USP erworben hat.460 Der zunehmende Erfolg der Sendung zeigte sich auch an besseren Einschaltquoten.461 Pro Sendung werden zwischen 35 bis 50 Mil-lionen, pro Sondersendung bis zu 100 Millionen Zuschauer in China erreicht - Tendenz stei-gend.462

459 Hier und im Folgenden Ergebnis Interview (4), (5). 460 USP ist ein einzigartiger Verkaufsvorteil, eine unverwechselbare Leistung, die die Konkurrenz nicht bietet

und bei der man langfristig bleiben sollte: Vgl. Meyer/Davidson (2001), S. 484. 461 Ergebnis Interview (5). 462 Angaben CSM, CCTV, ZDF Enterprises (2007 b).

Page 133: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

116 Kapitel 7

7.3.4 Rückblick

Die derzeit einzige chinesisch-deutsche Kooperation im Unterhaltungsbereich zwischen CCTV und Dolce Media läuft seit fünf Jahren sehr erfolgreich und ist auf unbefristete Zeit angelegt. Mittlerweile wurden 255 Sendungen produziert.463 Die Partner haben eine vertrau-ensvolle Beziehung aufgebaut und wissen ihren gegenseitigen Einsatz sehr zu schätzen. Um in China erfolgreich zu sein, muss man zunächst etwas vorleisten, dann kommt aber auch sehr viel zurück. In China braucht alles seine Zeit. Man muss sich als Fremder erst bewähren, dann ist aber auch Vieles möglich.464 Auf dieser Basis ist eine Ausweitung der Geschäftsbeziehung geplant.465

Interessant sind die Aussagen des ZDFs über die erfolgreiche Transformation ihres Flagg-schiffs nach China ohne deren Beteiligung: „Es ist uns eine Ehre, das Flaggschiff des ZDFs vor einem chinesischen Milliardenpublikum zu sehen“, erklärt Thomas Bellut, Programmdi-rektor des ZDFs gegenüber der NZZ.466 Auf die Frage, ob der Verkauf der China-Rechte nun rückblickend nicht schmerze, sagte er: „Ich bin hoch zufrieden, denn ohne die frische Initiati-ve wäre ja gar nichts zustande gekommen. Und an einen solchen Erfolg hatte ja eigentlich keiner richtig geglaubt.“467 Des Weiteren betont Thomas Bellut die Einmaligkeit der Konstel-lation: „Dass ein deutsches Showformat wie ´Wetten, dass..?` weltweit sein Publikum findet und zum kulturellen Austausch beiträgt, kommt in der Fernsehgeschichte höchstwahrschein-lich nur einmal vor.“468 Alexander Coridaß der ZDF Enterprises GmbH sieht das ähnlich: „Die Platzierung des „Wetten, dass..?“-Formats in einem CCTV-Kanal“ zeigt, „dass durch innovative Kooperationen überraschende Programmerfolge möglich sind“ ... Die Dolce Media „verfügt über hervorragendes Know-how und exzellente Kontakte im Bereich der werbetrei-benden Industrie. So konnte das Format bei CCTV untergebracht ... werden, wie sie aufgrund der anderen Schwerpunktsetzung für ZDF Enterprises nicht möglich gewesen wäre. ZDF En-terprises hat somit einen stattlichen Lizenzpreis erzielt ... Hier konnten also zwei Unterneh-men ihre jeweiligen Kernkompetenzen bündeln und somit ein innovatives Geschäftsmodell entwickeln und umsetzen.“469

463 Diese Sendungen umfassen die erste produzierte Sendung (Ausstrahlung am 10.10.2004) bis einschließlich der 255. Sendung am 30.9.2009.

464 Ergebnis Interview (4). 465 Ergebnis Interview (3), (4). 466 Vgl Piëch (2004). 467 Vgl. Piëch (2004). 468 Vgl. Overkott (2007). 469 Coridaß (2004), S. 176.

Page 134: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 7 117

7.4 Fallstudie: „Super Girl“

In vorliegender Fallstudie wird die Transformation des Formats „Deutschland sucht den Su-perstar“ (kurz: DSDS) nach China aufgezeigt. „Deutschland sucht den Superstar“ ist in die Sparte der nonfiktionalen Unterhaltenssendungen, insbesondere in die Form der „Könnensspiele“ einzuordnen.470 Als ein Könnensspiel wird eine Spielshow bezeichnet, bei der für den Sieg eines Kandidaten sein Können in unterschiedlichster Form im Vordergrund steht.471 Abbildung 39 zeigt die Vorgehensweise der Bearbeitung der Fallstudie:472

Abbildung 39: Vorgehen Fallstudie "Super Girl"

Zunächst wird die Ausgangssituation der Transformation vorgestellt und darauf aufbauend die Transformation des Formats „Deutschland sucht den Superstar“. Der Abschluss des Kapitels mündet in einem Rückblick.

7.4.1 Ausgangslage

Dieses Kapitel stellt das deutsche Format „Deutschland sucht den Superstar“, die Akteure der Transformation und deren Motivation dar. Der Betrachtungszeitraum des Transformations-prozesses umfasst die Jahre 2003 bis 2005.

7.4.1.1 Das deutsche Format: „Deutschland sucht den Superstar“

Als Vorbild des Formats „Deutschland sucht den Superstar“ gilt das britische Format „Pop Idol“ vom Erfinder Simon Fuller und dessen Firma „19 Entertainment Ltd.“. Das Format, dessen internationale Vermarktung und Produktion bei der Bertelsmann-Tochter Fremantle Media liegt, wurde RTL im Jahr 2002 erfolgreich angeboten und an sie lizenziert. Produziert wird die deutsche Version von Grundy Light Entertainment, einer Tochtergesellschaft von Fremantle Media.473

Die Grundidee des Fernsehformats ist ein Gesangswettbewerb, der in unterschiedlichen Phasen stattfindet: Casting; Recall, die Top 20 Shows und die Mottoshows. Weitere wichtige Elemente bilden die Verknüpfung der Show mit interaktiven Elementen und die Ausweitung

470 Vgl. Ausführungen in Kapitel 3.1 (Fernsehen und Fernsehsendung). 471 Vgl. Karstens/Schütte (2005), S. 183. 472 Eigene Darstellung. 473 Vgl. Köhler/Hess (2004), S. 31-33. Am 5.10.2001 wurde Pop Idol auf ITV 1 in England ausgestrahlt.

Ausgangslage: Das deutsche Format „Deutsch-land sucht den Superstar“ Akteure Motivation

Transformation Rückblick

Page 135: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

118 Kapitel 7

des Formats zu einem cross-medialen Produktkonzept.474 Bei den Castings können Kandidaten vor einer dreiköpfigen Jury vorsingen.475 Als Zugpferd der Jury gilt der Produzent und Sänger Dieter Bohlen, welcher alle bisherigen Staffeln beglei-tete.476 Teilnahmebedingungen für die Kandidaten sind ein Alter zwischen 16 und 30 Jahren und ein Wohnsitz in Deutschland. 477 Insgesamt nehmen ca. 30.000 Bewerber/innen pro Staffel bei den Castings teil. Zum Recall werden von der Jury 120 Teilnehmer aus den Castings zu einem dreitägigen Workshop einge-laden. In unterschiedlichen musikalischen Darbietungen müssen die Bewerber die Jury über-zeugen. Kennzeichen dieser Casting- und auch Recallsendungen ist, dass sie „Umfeldproduktionen“ sind: Die Produktionen finden in unterschiedlichen Städten Deutsch-lands und teilweise im Ausland statt, bieten Einblicke in den Backstagebereich der Sendung und geben Hintergrundinformationen der Kandidaten/innen bspw. in Form von Interviews. Die Castingshows und die Recallshows werden regelmäßig mittwochs um 20:15 Uhr und samstags um 21.15 mit einer Sendezeit von 60 Minuten ausgestrahlt. Aus dem Recall schaffen es 10 Mädchen und 10 Jungen in die Top 20 Shows. Die jeweils zwei Jungen- und zwei Mädchen-Liveshows werden vor einem Zuschauerpublikum im Coloneum in Köln produziert und von Michelle Hunziker und Carsten Spengemann (Staffel 1 und 2) und Marco Schreyl und Tooske Ragas (Staffel 3) moderiert. Fünf Gewinner und fünf Gewinnerinnen, die von den Zuschauern ermittelt werden ziehen in die Mottoshows ein. Die-se Mottoshows, die samstags live um 21:15 Uhr bei RTL übertragen werden, stehen jeweils unter einem bestimmten Motto. Nach einer Beurteilung durch die Jury wählen die Zuschauer pro Sendung einen Kandidaten aus der Show ab solange bis der neue Superstar in der Final-show gefunden ist. Die Shows werden umrahmt von den Hoffnungen und Träumen der Teil-nehmer. Der Sieger des Finales erhält einen Plattenvertrag bei Sony BMG. Die interaktiven Elemente zeigen sich durch die doppelte Einbindung jugendlicher Zielgrup-pen, sowohl als Abstimmende als auch als mögliche Kandidaten. Das cross-mediale Produkt-konzept des Formats liegt darin begründet, dass konsequent alle Möglichkeiten von intra- und intermedialer Produktpromotion zur Produktion eines Events genutzt werden. Somit bildet sich rund um das Format als Kernprodukt ein komplexes Geschäftsmodell, welches u.a. den Fernsehmarkt, den Printmarkt, den Tonträgermarkt und den Telekommunikationsmarkt tan-giert.478

474 Vgl. RTL Enterprises (2007). In den Betrachtungszeitraum fallen drei Staffeln von DSDS (Staffel 2002/2003, Staffel 2003/2004 und Staffel 2005/2006). Die drei Staffeln waren grundsätzlich gleich aufge-baut. Es gab leichte Abänderungen, die jedoch für die Betrachtung nicht ausschlaggebend sind. So wurde bspw. ab der dritten Staffel das Jurorenteam auf drei Personen beschränkt und die Moderatoren ausgewech-selt.

475 In den ersten beiden Staffeln bestand die Jury aus vier Personen. 476 Bis heute wurden insgesamt sechs Staffeln erfolgreich (2002/2003, 2003/2004, 2005/2006, 2007, 2008,

2009) produziert. 477 Vgl. hier und im Folgenden RTL Enterprises (2007) und RTL (2007). 478 Vgl. Hallenberger (2004/2005), S. 166, Kurp (2003). Zum cross-medialen Produktkonzept siehe Köh-

ler/Hess (2004).

Page 136: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 7 119

In der ersten Staffel 2002/2003 verfolgten das Finale 12,8 Millionen Zuschauer, gefolgt von 5,33 Mio. in der zweiten Staffel 2003/2004 und 7,04 Mio. in der dritten Staffel 2005/2006. DSDS gilt als das erfolgreichste Musik-Konzept im deutschen Fernsehen.479

Das Format wird weltweit lizenziert. Die Produktionen sind länderspezifisch, es werden je-doch weltweit das Logo und die Titelmusik übernommen, so dass die Zusammengehörigkeit dieser Formate unverkennbar ist.480 Des Weiteren werden die jeweiligen Länder durch News-letter über die einzelnen Produktionen gegenseitig informiert und können auf organisatorische Projektnetzwerke der einzelnen Akteure zugreifen. In dieser Zusammengehörigkeit traten die Gewinner der jeweiligen Landesausgaben 2003 zum „World Idol“ an.

7.4.1.2 Akteure

Die Vermarktung des Idol-Formats liegt in Händen des RTL-Group-Unternehmens Fremantle Media. Fremantle Media ist einer der größten Entwickler und Produzenten von TV-Brands weltweit und in 43 Ländern aktiv. Fremantle Media verfügt über Programmrechte in mehr als 150 Nationen und ist damit der größte unabhängige TV-Vertrieb außerhalb der USA.481

Hunan TV mit Sitz in Changsha ist ein Provinzsender der Provinz Hunan in China und strahlte am 1.10.1970 zum ersten Mal unter dem Namen Hunan TV aus. Insgesamt verfügt Hunan TV mittlerweile über 10 Kanäle, wobei ein Kanal, der Hunan Satellite TV national in China ausstrahlt.482 Abbildung 40 zeigt die Kanäle von Hunan TV:483

1 Hunan Satellite TV 2 Hunan TV Unterhaltung 3 Hunan TV Film 4 Hunan TV Fashion/Trends 5 Hunan TV Public 6 Hunan TV Wirtschaft Allgemein 7 Hunan TV Wirtschaft Live 8 Hunan TV Wirtschaft Stadt 9 Hunan TV Kinder

10 Wissenschaft und Bildung

Abbildung 40: Kanäle Hunan TV

479 Vgl. RTL (2007). Vergleiche dazu Abbildung 32 (Top 15 im Jahr 2003) in Kapitel 7.3.1.1 (Das deutsche Format „Wetten, dass..?“), welche zeigt, dass die Sendung „DSDS“ bei den Top 15 im Jahr 2003 vordere Plätze einnimmt.

480 Vgl. Bertelsmann (2005), Kurp (2003). 481 Vgl. Fremantle Media (2008), Bertelsmann (2005). 482 Vgl. Hunan TV (2007). 483 Eigene Darstellung mit inhaltlicher Anlehnung an Hunan TV (2007).

Page 137: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

120 Kapitel 7

Bei der Reichweite der Kernstädte in den Provinzen ist Hunan TV die Nummer eins. Bis Ende 2006 konnte Hunan TV landesweit eine Reichweite von 60 % erzielen und 760 Mio. Einwoh-ner über Satellit erreichen. Hunan Satellite TV zählt zu den wettbewerbskräftigsten Sendern Chinas.484

7.4.1.3 Motivation

Das Streben nach Profit ist die Wurzel der Verbreitung dieser Shows.485 „TV-Drama trieben in der jüngsten Vergangenheit die Einschaltquoten wirklich in die Höhe,“ …. „aber lokale TV-Stationen können nicht mit CCTV konkurrieren, wenn es zum Erwerb von alleinigen Senderechten von Blockbuster-Serien kommt und sie nicht Mittel haben, um aufwendige Ei-genproduktionen zu inszenieren. Gegen den Verdrängungswettbewerb auf dem Fernsehmarkt sehen sie die Produktion und Ausstrahlung von Reality-Unterhaltung als ihre Erlösung.“486 Nach diesem Prinzip verfolgte Hunan TV das Ziel, durch „Super Girl“ mehr Zuschauer und auch Werbeaufträge zu erreichen.487

7.4.2 Transformation

Die Transformation besteht darin, dass das „Idol-Format“ in China kopiert wurde.488 Auch wenn sich die Sendung nicht „China sucht den Superstar“ oder „Chinese Idol“ nennt, gilt die Show als chinesische Version von „Pop Idol“ bzw. „Deutschland sucht den Superstar“ und wird in den Medien ebenfalls so verstanden.489 Die Sendung ist nach dem Sponsor benannt und heißt deshalb offiziell: „Mongolian Cow Sour Yogurt Super Girl contest“.490

Bei der vorliegenden Transformation ist die chinesische Version von „Deutschland sucht den Superstar“ zu betrachten, um einerseits deren Ursprung zu prüfen und um andererseits poten-tielle Beweggründe für das Kopieren des Formats „Deutschland sucht den Superstar“ zu fin-den.

Die chinesische Originalversion begann mit „Super Boy“ und wurde im Jahr 2003 auf dem Unterhaltungskanal von Hunan TV in Changsha in der Hunan Provinz ausgestrahlt. Aufgrund des Erfolges wurde im Jahr 2004 „Super Girl“ ins Leben gerufen und auf dem landesweiten Kanal von Hunan TV, Hunan Satellite TV im Mai 2004 ausgestrahlt.491

484 Vgl. Hunan TV (2007). Das Hauptprogramm wird seit 1997 im Inland per Satellit ausgestrahlt. Somit kann es in anderen Provinzen empfangen und wieder in lokale Kabelnetze eingespeist werden. Deshalb kann Hu-nan Satellite TV in 31 von 36 Provinzen gesehen werden.

485 Vgl. Wen (2006). 486 Xie Yungeng, Professor für Medienwissenschaft an der Fudan Universität in Shanghai: Vgl. Wen (2006). 487 Vgl. Wen (2006). 488 Ob seitens Fremantle Media Vermarktungsbemühungen nach China bestanden, konnte aus der Literaturre-

cherche nicht entnommen werden. 489 Vgl. bspw. Deng (2006), Wen (2006), Landwehr (2005), Lynch (2005). 490 Vgl. Lynch (2005). 491 Vgl. Hunan TV (2007).

Page 138: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 7 121

Für die Untersuchung der Transformation soll das Format „Super Girl“ im Jahr 2005 weiter betrachtet werden. Kernidee ist ein Gesangswettbewerb von Mädchen und Frauen, welcher in unterschiedli-chen Phasen stattfindet: Casting, Recall, die Top 20 Shows und die Mottoshows. Interaktive Elemente stellen ebenfalls wichtige Bausteine des Konzepts dar. Cross-mediale Ansätze sind kaum vorhanden.492 Die Castings fanden in fünf Städten in unterschiedlichen Provinzen statt: In Changsha in der Hunan Provinz, in Guangzhou in der Guangdong Provinz, in Zhengzhou in der Henan Pro-vinz, in Hangzhou in der Zhejiang Provinz und in Chengdu in der Sichuan Provinz. Insgesamt haben sich mehr als 150.000 Damen zwischen 4 und 89 Jahren beworben. Pro Provinz gab es eine eigene Jury, die aus einem Komponisten, einem Sänger und einem Produzenten bestand. Aus den jeweiligen Provinzen wurden jeweils 50 Kandidatinnen zum Recall eingeladen. Die Jury aus jeder Provinz hat in einem mehrstufigen Wettbewerb die letzten 20 Kandidatinnen ermittelt. In den folgenden Top 20 Shows wurden durch die Jury die letzten 5 Kandidatinnen in der jeweiligen Provinz gewählt. Die Sendungen zum Casting, Recall und die Top 20 Shows wurden regelmäßig zwei Mal die Woche ausgestrahlt. Die 25 Kandidatinnen zogen nun in die Mottoshows ein, welche in einer Produktionshalle in Changsha in sieben Sendungen live am Dienstagabend zur Prime Time um 19:40 Uhr mit einer Sendezeit von 120 Minuten übertra-gen wurden. Die Jury in diesen Shows bestand aus zwei unbekannten chinesischen Medien-vertretern: Hei Nan und Ke Yimin. Moderiert wurde die Sendung von der bekannten Modera-torin Li Xiang und ihren männlichen Pendant Wang Han. Das Auswahlverfahren wurde von der Beurteilung und der Nominierung einer Kandidatin durch die Jury, hauptsächlich jedoch durch die Zuschauer bestimmt. Die Zuschauer konnten per SMS oder Telefonanruf für ihren Favoriten wählen. Aus dem Voting kamen die drei Erstplatzierten automatisch weiter, die Letztplatzierte musste sich der von der Jury nominier-ten Kandidatin in einem Duell, dem so genannten „Player Kill“ (PK) stellen. Eine 35-köpfige Zuschauerjury aus dem Publikum entschied nun über das Weiterkommen einer Kandidatin.

Noch nie seit der kommunistischen Revolution 1949 in China konnten so viele Chinesen selbst etwas wählen. Fans von Teilnehmerinnen warben im Stil von Wahlkundgebungen auf der Straße.493 "It's like a gigantic game that has swept so many people into euphoria of voting, which is a testament to a society opening up," a social commentator, Zhu Dake, told state me-dia.494 Die Jury-Mitglieder bemängelten Kandidatinnen - ungewöhnlich für China, wo kaum, öffentlich kritisiert wird.495 In der Finalshow standen sich dann drei Kandidatinnen gegen-über. Die Siegerin wurde Li Yuchun, die nicht den Chinesinnen entspricht, die das Fernsehen sonst zeigt: Sie wirkt androgyn, hat kurze Haare, eine dunkle Stimme und trägt ausschließlich Hosen. Dennoch ist Li Yuchun in China bekannter als viele chinesische Popsängerinnen. Sie

492 Vgl. hier und im Folgenden Hunan TV (2007). 493 Vgl. Deng (2006). 494 Vgl. Yardley (2005). 495 Vgl. Deng (2006).

Page 139: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

122 Kapitel 7

stand auf Platz 6 der Forbes-Prominenten Liste für China u.v.m.496 Als Siegerin des Wettbe-werbs erwarb Li Yuchun einen Gewinn in Höhe von 6.000 USD.497

Auch wenn der Entwickler und Programmdesigner von Hunan TV Liao Ke behauptet: „he was only dimly aware of American´s Idols´s British predecessor, Pop Idol, when he developed Super Girl“,498 bleiben die Ähnlichkeiten der beiden Formate „Deutschland sucht den Superstar“ und „Super Girl“ unumstritten. Wie die Ausführungen zeigten, ist die Grund-idee des Formats identisch. Eine enge Anlehnung an das Originalformat zeigt sich am festen Handlungsablauf, an dem Einsatz bekannter Moderatoren und an der Beurteilung der Kandi-daten durch eine Jury. Das Bühnenbild und auch die Titelmusik wurden jedoch vom Original-format nicht übernommen.499

Ausländische Formate insbesondere aus Taiwan und Hong Kong werden häufig ohne den Besitz der Rechte kopiert.500 Wenn für Chinesen nicht eindeutige Vorteile vorliegen, sind sie nicht bereit, ein Lizenzgeschäft einzugehen.501 Des weiteren muss berücksichtigt werden, dass in China schon aus der finanziellen Situation der Sender heraus, keine hohen Lizenzgebühren von Stadt- oder Provinzsendern gezahlt werden können, insbesondere unter Berücksichtigung ihrer Erfahrung, dass ein Format innerhalb weniger Wochen oder Monate wieder kopiert wird und das eigene Format evtl. in Bedrängnis kommt.502

7.4.3 Rückblick

„Super Girl“ wurde im Jahr 2005 die erfolgreichste TV-Sendung in Chinas Geschichte.503 9 Mio. SMS wurden im Finale gesendet, allein für die Finalistin sind 3,52 Mio. SMS eingegan-gen. Bei SMS-Kosten von 1 Yuan pro SMS sind das SMS-Einnahmen in Höhe von insgesamt ca. 1,26 Mio. USD. Für das Sponsoring der Joghurtfirma vermutet man allein Einnahmen in Höhe von 1,7 Mio. USD. Der Werbepreis für einen 15 Sekunden Spot in den Finalshows lag bei 13.800 USD, ein Wert, der knapp über einen vergleichbar langen Spot bei CCTV zur Pri-me-Time liegt. Des Weiteren konnte Hunan TV über 400 Mio. Zuschauer in der Finalshow erreichen.504

Die Show habe „eine Schneise für kulturelle Demokratie geschlagen“, so der Kulturkritiker Zhu Dake. „Es ist ein gigantisches Spiel, das viele Menschen in eine Wahleuphorie gerissen

496 Vgl. Deng (2006). 497 Vgl. Becher (2005). 498 Vgl. Lynch (2005). 499 Es wurden dazu einzelne Sendungen gesichtet. 500 Vgl. Keane (2002). 501 Ergebnis Interview (5). 502 Ergebnis Interview (5). 503 Vgl. Deng (2006). 504 Vgl. Hunan TV (2007), Madden (2006), Landwehr (2005), Wen (2005).

Page 140: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 7 123

hat, die ein Zeichen für die Öffnung unserer Gesellschaft ist.“505 Auch der Beijinger Soziolo-ge Li Yinhe äußerte sich zum Erfolg von „Super Girl“: „Super Girl represents a victory of the grass-roots over the elite culture.“506 In den chinesischen Medien sprach man vom „Triumph der Massen, sich von der Ästhetik der Elite loszureißen, die das Unterhaltungsgeschäft des Landes stranguliert.507 Im Gegensatz dazu steht die Tonalität eines offiziellen Statements von CCTV: „It is vulgar and manipulative“, … the program was not high-toned enough, due to the gaudy clothing worn by contestants, and that the show could be canceled next season due to its „worldliness.“508 CCTV in seiner monopolistischen Rolle und CCTV als Staatsfernsehen ist es durchaus möglich, diese Androhung zu verwirklichen.

„Die Regierung fürchtet, dass die Beliebtheit solcher Sendungen die Partei-Ideologie zerstö-ren könnte“, sagt Zhu Dake, Professor für chinesische Kultur an der Tongji Universität in Shanghai. „Diese Unterhaltungskultur ist ein zweischneidiges Schwert: Sie bringt viel Geld in die Kassen, aber sie kann auch die kulturellen Werte zerstören.“ Ma Xiangwu, Kulturkritiker an der Volksuniversität in Peking, sieht ebenfalls in den westlich orientierten Sendungen eine Gefahr: „Ihr Einfluss ist gewaltig, sowohl auf die Kultur als auch auf das Geschäft. Aber die Generationen, die in den 80er- und 90er-Jahren geboren wurden, versinken in Fanatismus und Konfusion.“509 Die Staatsregierung reagierte auf das landesweite Reality-Show-Fieber, in dem von der Staatsverwaltung für Radio, Film und Fernsehen (SARFT) neue Regeln für den Gesangswett-bewerb erlassen wurden.510

Minderjährige dürfen nicht mehr mitmachen.511 Ein Provinz-Fernsehsender darf keinen landesweiten Wettbewerb mehr organisieren. Die Jury darf keine harschen Worte verwenden.

Diese auf moralisch begründete Argumentation sehen andere Beobachter kritisch. Viele gehen davon aus, dass mit den neuen Vorschriften der Marktführer Hunan Satellite TV in die Schranken gewiesen werden sollte.512 „Diese Entscheidung hatte eindeutig etwas mit dem Wettbewerb zu tun“, sagt der Nachrichtenproduzent Zhang Dandan von Hunan Satellite TV.513 „Jeder möchte sich selbst ausdrücken, Hunan-TV hat nur die Plattform dafür geliefert“, sagt ein Producer von „Super Girl“. „Wie unser Motto sagt, das alle Teilnehmerinnen am An-fang jeder Sendung singen: ‚Wenn du singen willst, dann singe.’ Wir halten die neuen Vor-

505 Vgl. Landwehr (2005). 506 Vgl. o.V. (2005). 507 Vgl. Landwehr (2005). 508 Vgl. o.V. (2005). 509 Vgl. o.V. (2007). 510 Vgl. Deng (2006). 511 Die erfolgreichsten Mädchen waren zwischen 15 und 17 Jahren alt. 512 Vgl. o.V. (2007). 513 Vgl. o.V. (2007).

Page 141: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

124 Kapitel 7

schriften der Staatsverwaltung ein, wollen aber unseren eigenen Stil behalten.“514

Die Folgeproduktionen von „Super Girl“ zeigen jedoch, dass die Kreativität in der Umsetzung durch die strengen Auflagen von SARFT stark eingeschränkt wird. Die strengen Vorschriften sehen vor, dass unter den durch SARFT vorgegebenen Titel der Sendung „Happy Boy“ „kei-ne Verrücktheiten, nichts Vulgäres und kein schlechter Geschmack“ gezeigt werden dürfen. Des Weiteren wurde die Teilnahme nur männlichen Kandidaten mit einem Mindestalter von 18 Jahren erlaubt, die ausschließlich „gesunde, moralisch inspirierende Lieder“ singen dür-fen.515

7.5 Fallstudie „Derrick“

In vorliegender Fallstudie wird die Transformation der Krimiserie „Derrick“ nach China auf-gezeigt. Derrick zählt zu der Sparte der fiktionalen Sendungen insbesondere zu der Form der Serien.516 Die Serie „Derrick“ zeichnet sich dadurch aus, dass jede einzelne Folge an sich abgeschlossen ist, jedoch gleichzeitig eine Art Endlosgeschichte besteht, welche erst beendet wird, wenn die Serie nicht mehr ausgestrahlt wird. Des Weiteren gibt es inhaltliche Verknüp-fungen zwischen den einzelnen Folgen.517

Das Vorgehen der Bearbeitung zeigt Abbildung 41:518

Zunächst wird die Ausgangslage dargestellt, dann die Transformation und abschließend er-folgt ein Rückblick.

7.5.1 Ausgangslage

Im Folgenden werden das deutsche Format „Derrick“, die Akteure der Transformation und deren Motivation dargestellt.

514 Deng (2006). 515 Vgl. o.V. (2007). 516 Vgl. Ausführungen in Kapitel 3.1 (Fernsehen und Fernsehsendung). 517 Vgl. Schwien (2005), S. 36-39 und Ausführungen in Kapitel 3.1 (Fernsehen und Fernsehsendung). 518 Eigene Darstellung.

Abbildung 41: Vorgehen Fallstudie „Derrick“

Ausgangslage Das deutsche Format „Derrick“ Akteure Motivation

Transformation Rückblick

Page 142: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 7 125

7.5.1.1 Das deutsche Format „Derrick“

Derrick war die erfolgreichste Krimiserie im deutschen Fernsehen und konnte hohe Ein-schaltquoten verzeichnen (siehe Abbildung 42)519 und entstand als Gemeinschaftsproduktion von ZDF, ORF und SF DRS.

Abbildung 42: Einschaltquoten von Derrick von 1974 bis 1998, Deutschland

Produzent war Helmut Ringelmann mit seiner Firma Telenova im Auftrag des ZDFs. Herbert Reinecker schrieb 281 Folgen, welche im Zeitraum vom 20.10.1974 bis 16.10.1998 im ZDF am Freitag zur Prime Time um 20:15 Uhr (60 Minuten Sendezeit) ausgestrahlt wurden.

519 Vgl. Schwien (2005), S. 105.

West Jahr

Durchschnittliche Anzahl der Sendungen

Zuschauer in Millionen

HH in % (Fernsehgeräte)

1974 3 25,74 63 1975 12 21,99 52 1976 14 19,00 54 1977 10 19,80 56 1978 13 16,20 49 1979 13 16,90 44 1980 13 14,60 42 1981 11 15,60 43 1982 9 13,90 39 1983 10 14,85 41 1984 14 13,42 37 1985 13 16,50 46 1986 12 14,12 40 1987 12 14,45 41 1988 11 13,79 39 1989 12 13,75 39 1990 12 13,57 39 1991 12 12,55 35 1992 12 10,03 27,3 1993 12 9,85 25,9 1994 12 8,03 22,3 1995 12 7,07 18,3 1996 12 8,51 18,5 1997 13 7,99 17,4 1998 11 7,38 16,1

Page 143: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

126 Kapitel 7

Die Grundidee von „Derrick“ ist eine Krimiserie. Im Fokus steht ein Mord, der inhaltlich aktuelle Themen herausgreift und von den beiden Kommissaren, Derrick (gespielt von Horst Tappert) und Harry (gespielt von Fritz Wepper) in einem festen Handlungsablauf gelöst wird.520

7.5.1.2 Die Akteure

Als Akteure der Transformation gelten das ZDF, Beijing TV, CCTV und Uwe Kräuter. Zum Zeitpunkt der Transformation im Jahre 1988 war der Bereich Programmvertrieb des ZDFs für die Vermarktung von Formaten verantwortlich, welcher dann 1993 mit der Grün-dung der ZDF Enterprises GmbH ausgegliedert wurde. Das Unternehmensprofil seitens ZDF Enterprises und CCTV wurde bereits in Kapitel 7.3 vorgestellt.521

Uwe Kräuter lebt seit 35 Jahren in China, ist mit der bekannten chinesischen Schauspielerin Shen Danping verheiratet und gilt als einer der bekanntesten Ausländer in ganz China. Er er-lebte die Kulturrevolution, den Tod Mao Zedongs und die langsame Öffnung Chinas nach Westen.522 Vom deutschen Experten und Autor entwickelte sich Uwe Kräuter zum Produzen-ten und Filmemacher in den 80er Jahren und gründete seine Firma Asia World Network Ltd.523

Beijing TV ist das Fernsehen der Hauptstadt und wurde am 17.5.1979 gegründet. Im Juni 2001 schloss sich Beijing TV mit Beijing Kabel zusammen. In ganz China können derzeit 300 Mio. Zuschauer Beijing TV empfangen. Insgesamt verfügt Beijing TV über 13 Kanäle.524

520 Dieser fester Handlungsablauf war: Anfangstrailer (1), Milieu Vorgeschichte und Mord (2), Routinenach-forschung im Umfeld durch Derrick und Harry (3), Gezielte Nachforschung und Verhöre (4), Verfolgung unterschiedlicher Spuren (5), Weitere Aktivitäten des Mörders und Verdächtigen (6), Entlarvung des Täters und Falle (7), Überführung, Festnahme und Geständnis (8), Schlusstrailer (9): Vgl. Schwien (2005), S. 49-50.

521 Wegen der inhaltlichen Identität zwischen dem Bereich Programmvertrieb und ZDF Enterprises GmbH wird das ZDF als Unternehmen nicht mehr explizit vorgestellt.

522 Die chinesische Kulturrevolution war eine politische Kampagne von 1966-1976, die von Mao Zedong, dem damaligen Vorsitzenden der kommunistischen Partei Chinas ausgelöst wurde, um seine Macht gegen-über realen und vermeintlichen Gegnern in der kommunistischen Partei zu behaupten und die VR China wieder ganz nach seinen persönlichen Vorstellungen umzugestalten. Erst nach Mao Zedongs Tod (1976) wurde die Kulturrevolution endgültig beendet.

523 Vgl. Aldenrath (2005). 524 Vgl. BTV (2007).

Page 144: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 7 127

7.5.1.3 Motivation

Uwe Kräuter wurde im Jahre 1986 als Repräsentant des ZDFs mit der Vermarktung von ZDF-Programmen in Asien betraut. Derrick wurde bereits durch das ZDF an zahlreiche Länder international erfolgreich vermarktet. Das ZDF wollte die einmalige Chance nutzen, mit Unter-stützung des Chinaexperten in Asien Fuß zu fassen, bspw. mit der Serie Derrick.525

7.5.2 Transformation

Durch freundschaftliche Beziehungen zwischen Uwe Kräuter und Beijing TV fragte Herr Kräuter bei den Verantwortlichen von Beijing TV 1988 an, ob nicht Interesse an einer deut-schen Serie bestünde, bspw. an einer Krimiserie. Beijing TV war sofort interessiert. Zeitnah wurde Anschauungsmaterial in China gesichtet. Herr Kräuter führte für das ZDF erste Ver-handlungen in China, die dann unproblematisch zum Verkauf der ersten 36 Folgen führten. Grundlage war ein Lizenzvertrag mit Barausgleich. Das Lizenzrecht galt für nationales Aus-strahlungsrecht. Die Phase von der Anbahnung bis zum Abschluss umfasste etwa vier Mona-te. Nach der Synchronisierung konnte dann 1988 die erste deutsche Serie im chinesischen Fernsehen laufen.526

„Dellick“ so heißt die Serie bei den Chinesen, dabei steht „De“ für „deutsch und tugendhaft“, galt als wohltemperiert, familientauglich, gut bürgerlich und gewaltlos. Derrick durfte nach der Zensurprüfung zum großen chinesischen Held werden. Die Zensur verlief unproblema-tisch, da das Format sich inhaltlich unkritisch zeigte. Ein weiterer Grund für den zügigen Ab-lauf der Einführung des Formates war, dass „Derrick“ von der politischen Führungsspitze sehr geschätzt wurde. 1989 drohte die Rebellion von Peking auf Shanghai überzulaufen.527 Zu der Zeit lief auf Shanghai TV die Serie „Hunter“. Dabei handelt es sich auch um eine Krimiserie, die jedoch im Gegensatz zu „Derrick“ gewaltvoller war. Und vor diesem politischen Hinter-grund ließ Jiang Zemin, der kurz darauf Staatspräsident der VR China wurde, „Hunter“ aus dem Programm nehmen und durch „Derrick“ ersetzen. Auch der damalige Bürgermeister Chen Xitong von Peking empfahl dem chinesischen Volk und der chinesischen Polizei, von Derrick zu lernen. Die höfliche Annäherung an Delinquenten kann für China ein Vorbild sein und so nutzte die chinesische Polizei die Serie für Polizeischulungen.528 Auf Seiten der Zuschauer war ein Erfolgskriterium u.a. die Exotik. Da Ende der 80iger Jahre hauptsächlich Tiersendungen, Sport und die Peking-Oper im Programm integriert waren,

525 Ergebnis Interview (6). Bis heute wurde die Serie weltweit in über 100 Länder lizenziert: Vgl. Holtz (2004). 526 Ergebnis Interview (6). 527 Zum politischen Hintergrund: Im Jahre 1989 kamen in Peking zwischen April und Juni fast eine Mio. De-

monstranten zusammen, um ihrem Unmut über schleppende Reformen, dem Mangel an Freiheit und die weit verbreitete Korruption kundzutun. Kunststudenten bauten eine „Göttin der Freiheit“ und stellten sie gegenüber dem Porträt Mao Zedongs auf dem Tiananmen-Platz auf. Wegen der Demütigung durch das ei-gene Volk verhängte die chinesische Regierung am 20. Mai das Kriegsrecht. Am 4. Juni 1989 wurde die friedlich demonstrierende Demokratie-Bewegung durch die Armee blutig niedergeschlagen. Siehe dazu auch das Kapitel 8.1.3.3 (Geschichte).

528 Vgl. Aldenrath (2005), Leiditz (2007), Holtz (2004), Ergebnis Interview (6).

Page 145: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

128 Kapitel 7

wurde allem Ausländischen große Aufmerksamkeit geschenkt. Alles Westliche wurde von den Chinesen sehr geschätzt. Die Chinesen mochten den freundlichen Horst Tappert. Die Ver-lässlichkeit der Handlungsmuster, die Normalität der Schauplätze und der Sieg der Ordentlichkeit gelten als weitere chinesische Erfolgsfaktoren.529

Es folgten mit zeitlichem Abstand einiger Jahre zwei weitere Verkäufe von jeweils 36 Folgen zunächst erneut an Beijing TV und schließlich an CCTV.530 Die beiden späteren Verhandlun-gen gestalteten sich schwieriger: Der gesamte Verkaufsprozess war komplizierter, der Li-zenzpreis stand zur Diskussion und mehrere Personen waren am Entscheidungsprozess betei-ligt.531 Diese Erkenntnis in Bezug auf die Lizenzpreise machte ebenfalls Coridaß: „Als im Laufe der 90er Jahre immer neue europäische und amerikanische Programmvertriebe in den chinesischen Markt eintraten, verlangten die chinesischen Käufer, dass die Lizenzpreise ge-senkt wurden. So konnte also der zunächst erzielte Stundenpreis … nicht nur nicht erhöht, sondern dieses Preisniveau nicht einmal gehalten werden. Unter Hinweisen auf die neuen An-gebote versuchten chinesische Käufer, den Preis … zu senken, wenn nicht sogar kostenlose Programmabgaben gefordert wurden.“532 Dieser Forderung können im Gegensatz zu Deutsch-land die USA eher nachkommen, die bereits durch die Vermarktung im eigenen Land die Fi-nanzierung ihrer Produktionen abgedeckt haben.533

7.5.3 Rückblick

Einen Krimi heutzutage in China zu vermarkten, wäre wegen der zunehmenden Kriminalität in China unmöglich.534 Des Weiteren kann man feststellen, dass inzwischen deutsche Serien nicht mehr gefragt sind. Die Chinesen schauen lieber asiatische Seifenopern aus Hongkong, Südkorea und Taiwan an. Die Serien der Nachbarn liegen den Chinesen kulturell näher. Das ist das neue asiatische Selbstbewusstsein. Der Westen erscheint nicht mehr als Ort der Sehn-sucht.535 Das hat auch damit zu tun, dass deutsche Serien im Gedankengang für ein deutsches Publikum produziert werden. Vorteile haben hier die USA, die bei ihren Produktionen an die Welt denken.536 Diese Meinung vertritt auch Coridaß: Insbesondere im fiktionalen Bereich hat ein klassisches europäisches Produkt bei den Chinesen kaum Attraktivität. Während sich US-Formate und Spielfilme großer Beliebtheit erfreuen, ist die klassische deutsche Fernsehserie kaum noch absetzbar. Hinzu kommt noch der Wettbewerb mit dem umfangreichen Programm-Output aus

529 Vgl. Holtz (2004) und Interview (6). Zu den deutschen Erfolgsfaktoren siehe bspw. Schwien (2005) und Kabyl (2001).

530 Bei CCTV wurde die Serie am Montagnachmittag und am Montagabend ab 22 Uhr auf CCTV 6 im Zeit-raum von 1998 bis 2003 ausgestrahlt.

531 Ergebnis Interview (6). 532 Coridaß (2004), S. 175. 533 Ergebnis Interview (6). 534 Ergebnis Interview (6). 535 Vgl. Simon (2006), Ergebnis Interview (6). 536 Ergebnis Interview (6).

Page 146: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 7 129

Korea, Japan und anderen asiatischen Staaten, der den Sehgewohnheiten und Mentalitäten chinesischer Zuschauer eher entspricht.537

7.6 Definition Transformationsprozess

Nach der Vorstellung der drei Fallstudien wird nun eine Definition für einen Transformati-onsprozess für diese Arbeit festgelegt:

Die drei Fallstudien zeigen, dass im fiktionalen Bereich die Ausstrahlung des fertigen Produk-tes lizenziert wird. Im nonfiktionalen Bereich wird das Format i.e.S., also das Wissenspaket lizenziert, welches die Produktion und Ausstrahlung einer lokalen Version erlaubt. Das hebt noch einmal den Sachgutcharakter eines Serienformats und den Dienstleistungscharakter ei-nes Unterhaltungsformats hervor. Das Papierformat, die zugrundeliegende Idee ist jedoch stets Basis einer Transformation, unabhängig von der Formatart.

Aus dieser Erkenntnis wird ein Transformationsprozess wie folgt definiert:

Ein klassischer Transformationsprozess ist ein spezifischer Prozess, der auf einem Lizenz-geschäft gründet. Basis der Transformation bildet ein handelbares Objektbündel, dessen Kern das Originalformat bildet. Der klassische Transformationsprozess gliedert sich in zwei Haupt-phasen: in die Phase des Leistungsaustausches (der Anbahnung, Vereinbarung und des Ab-schlusses) und in die Betriebsphase. Eine Transformation eines Originalformats, welches „kopiert“ wird stellt in der Arbeit keinen klassischen Transformationsprozess dar und soll als gekürzter Transformationsprozess be-zeichnet werden. Ein gekürzter Transformationsprozess basiert auf keinem Lizenzgeschäft und orientiert sich an einem Originalformat oder an einer Kopie des Originalformats und entfaltet sich in einer Betriebsphase.

537 Vgl. Coridaß (2004), S. 175-176. Insgesamt haben das ZDF und ab 1993 die ZDF Enterprises GmbH in einem Zeitraum bis etwa Mitte der 90er Jahre im Programmvertrieb nach China über 600 Stunden Pro-gramm aller Genres –Dokumentationen, TV-Movies, vereinzelt Kinderprogramm und insbesondere Serien - nach China vermarktet. Zwischen 800-1000 USD pro Stunde konnte als Lizenzpreis erzielt werden. Das zunehmende Angebot der Wettbewerber drückte die Preise bis zu 250 USD: Vgl. Coridaß (2004), S. 174 und S. 175.

Page 147: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

8 Analyse der Fallstudien mittels des Theoretischen Bezugsrahmens und der bisherigen Ergebnisse

In Kapitel 6 wurde auf Basis der Neuen Institutionenökonomie ein theoretischer Bezugsrah-men für einen chinesischen Kontext erarbeitet (siehe Abbildung 30 in Kapitel 6.5). Das Kapi-tel 7 hat anhand von drei Fallstudien die Transformation eines Fernsehformats nach China empirisch untersucht. Das Kapitel 8 wird analysieren, inwieweit die Ergebnisse aus der empi-rischen Erhebung mittels des Bezugsrahmens unter Berücksichtigung weiterer Ergebnisse der Arbeit zugeordnet und erklärt werden können. Mittels der gewonnenen Analyseergebnisse können potentielle Formatanbieter Folgerungen für vergleichbare Fälle ziehen. Die Ergebnis-se bekommen auf diese Weise den Charakter von Handlungsempfehlungen.

Der theoretische Bezugsrahmen integriert drei Ebenen: die Ebene der fundamentalen Institu-tionen, die Ebene der abgeleiteten Institutionen und die Ebene der Marktbeziehungen. Die bisherigen Ausführungen haben gezeigt, dass diese Ebenen nicht isoliert voneinander zu se-hen sind, sondern dass bestimmte Beziehungen innerhalb des Institutionengefüges bestehen. Im Folgenden werden die Ebenen in den Kapiteln 8.1, 8.2 und 8.3 einzeln analysiert und ggbfs. auf bestehende Überschneidungen einzelner Ebenen verwiesen.

Zu Beginn der Analyse sollen die Definitionen von einer Institution und der Kos-ten/Nutzenkomponenten in Erinnerung gebracht werden:

Institution: Institutionen sind sanktionierbare Erwartungen, die sich auf die Handlungs- und Verhaltens-weisen eines oder mehrerer Individuen beziehen. Institutionen zeigen die eigenen Hand-lungsmöglichkeiten und –grenzen auf und auch die an andere zu stellenden Erwartungen. Sie sind Koordinations- und Motivationsinstrumente.

Kosten-/Nutzenkomponenten: Nutzen/Kosten aus dem Vertragsgegenstand Nutzen/Kosten aus dem Austauschprozess: Transaktionskosten: Transaktionskosten

umfassen alle Opfer und Nachteile, die von den Tauschpartnern zur Verwirklichung des Güteraustausches zu tragen sind. Es sind nicht nur monetär erfassbare Größen zu berücksichtigen, sondern auch schwer quantifizierbare Nachteilskomponenten. Trans-aktionsnutzen: Ein eigenständiger Nutzen, der sich während des Transaktionsprozes-ses unabhängig vom Zustandekommen eines Vertrages ergibt.

Folgewirkungen: Eine Wertquelle, wenn zukünftige Transaktionen in die Bewertung einer aktuellen Transaktion einfließen.

Zum Abschluss wird im Kapitel 8.4 diskutiert, inwieweit die NIÖ einen Beitrag zum For-schungsvorhaben leisten konnte und inwieweit die in Kapitel 4 erläuterten Internationalisie-rungstheorien in diesen Kontext einzuordnen sind.

B. Bodenstein-Köppl, Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China, DOI 10.1007/978-3-8349-6505-9_8, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011

Page 148: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 8 131

8.1 Analyse der Ebene der fundamentalen Institutionen: Menschenrechte, Geld, Kultur

Im Folgenden werden die fundamentalen Institutionen der Menschenrechte, des Geldes und der Kultur analysiert. In die Ausführungen der Menschenrechte werden die konstitutionellen Institutionen der konstitutionellen Entscheidungsrechte und unantastbaren Freiheitsrechte mit betrachtet.

8.1.1 Entscheidungsrechte, Menschenrechte, Freiheitsrechte

Man möchte annehmen, dass fundamentale Institutionen wie die Menschenrechte und konsti-tutionelle Entscheidungs- und Freiheitsrechte, die in einer Verfassung verankert sind bei einer Transformation eines Fernsehformates keine Rolle spielen. Die Fallstudien „Super Girl“ und „Derrick“ haben jedoch gezeigt, dass sie in einem kommunistischen System wie in China eine hohe Relevanz für eine erfolgreiche Transformation haben können.

Die Vermarktung des Fernsehformats „Derrick“ wurde u.a. dadurch ermöglicht, weil sie im Jahre 1989 in den Zeitraum der demokratischen Rebellion von Kunststudenten in Peking ge-fallen ist, die in China ein so hohes Ausmaß annahm, dass sie schließlich von der Regierung blutig niedergeschlagen wurde. Diese Verletzung der Menschenrechte, insbesondere der Frei-heitsrechte (wie bspw. hier die Versammlungs- und Meinungsfreiheit) hat weltweit zu Aufse-hen und Diskussionen geführt. Für die Vermarktung des Fernsehformats insofern relevant, weil das Fernsehformat „Derrick“ mit seinen Inhalten „tugendhaft, gewaltlos und bürgerlich“ in die kommunistische Ideologie passte und von der chinesischen Führungsspitze so geschätzt wurde, dass es als Instrument „zur Beruhigung der Gemüter“ in dieser Zeit genutzt wurde. Das gewaltvollere Fernsehformat „Hunter“ wurde dagegen aus dem Programm weg lizenziert. In diesem Zusammenhang zeigt sich die enge Verbundenheit der hier betrachteten Institutio-nen mit der Institution der „Geschichte“, die ebenfalls als eine Kulturdimension betrachtet wurde.

Die aktuelle Zeitgeschichte des Ziellandes wirkt als Institution, in dem sie einen klaren inhaltlichen Rahmen für ein Fernsehformat setzt und somit auch den Handlungsrahmen der Vermarkter einschränkt.

Die Verfassung Chinas wirkt als Institution für die Vermarkter von Fernseh-formaten, weil der Inhalt eines Fernsehformats konform mit der kommunisti-schen Ideologie sein muss.

Die Betrachtung der Fallstudie „Super Girl“ illustriert, welche große Bedeutung diese funda-mentalen Institutionen bei einer Vermarktung eines Fernsehformats immer noch haben und deshalb von uneingeschränkter Aktualität sind.

„Super Girl“ wurde 2005 die erfolgreichste TV-Sendung in Chinas Geschichte und wurde von dem Provinzsender Hunan TV produziert und ausgestrahlt. Während bei „Derrick“ das For-mat u.a. eingesetzt wurde, um den Zeiten der Aufruhr Herr zu werden, hat die Sendung „Su-

Page 149: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

132 Kapitel 8

per Girl“ dagegen welche ausgelöst. Der Inhalt der Sendung war mit demokratischen Elemen-ten wie das Wahlrecht verbunden. Ein Recht, wie die Ausführungen zeigten, das in China noch stark unterentwickelt ist. Bei der jungen Zielgruppe wurde somit eine Euphorie im Land ausgelöst, die sich bspw. in öffentlichen Demonstrationen für ihren Kandidaten zeigte. Ergeb-nis war, dass von der Regierung das Format in seinem Inhalt sehr stark lizenziert wurde. In der Fallstudie zeigte sich besonders, dass ein Fernsehformat in China nicht nur zielkonform zur Verfassung sein muss. Vielmehr zeigt sich der kommunistische Gedanke in der Fernseh-branche insbesondere hier in der Programmausstrahlung durch die Regel „Die Nachfrage be-stimmt der Staat“ statt der Marktregel „Die Nachfrage bestimmt der Kunde“.

Der Regierungsapparat Chinas bzw. die Verfassung der VR China wirkt als In-stitution, welche nicht nur den Handlungsrahmen der chinesischen Staatsbürger einschränkt, sondern ihnen in bestimmter Art und Weise einen klaren Rahmen vorgibt.

Der Kunde „Zuschauer“ ist dem Kunden „Staatsregierung“ nachgelagert.

Auch die Fallstudie „Wanna Challenge?“ bestätigte, dass ein Format, welches inhaltlich kon-form zur chinesischen Ideologie ist, für eine Vermarktung in China erfolgsversprechend ist. Das Format „Wanna Challenge?“ gilt als „familienfreundlich ohne Sex, Politik und Drogen“ und somit passend für die chinesische Ideologie.

8.1.2 Geld

Die fundamentale Institution Geld hat sich in den beiden Fallstudien „Derrick“ und „Wanna Challenge?“ als Kostenkomponente bzw. Nutzenkomponente für den Erwerb bzw. aus dem Verkauf der Lizenz eines Fernsehformats erwiesen.

Geld als Kostenkomponente/Nutzenkomponente im Transaktionsprozess zum Erwerb bzw. Verkauf der Lizenz des Fernsehformats.

8.1.3 Sprache, Religion, Geschichte

Die Sprache, Religion und Geschichte wurden als eigene Institutionen innerhalb der Kultur identifiziert und sollen nun anhand der Fallstudien analysiert werden.

8.1.3.1 Sprache

Unterschiedliche Sprachen der Akteure in ihrer Funktion als Informations- und Kommunika-tionsinstrument zwischen den Akteuren hat sich in den Fallstudien als unproblematisch erwie-sen. Auch wenn bestätigt wurde, dass chinesische Funktionäre gegenüber Geschäftspartnern kein Englisch sprechen. Dennoch hat sich als positiv insbesondere wenn es um die Fachspra-che bei Verhandlungen ging, die Beteiligung eines Intermediärs am Transformationsprozess herausgestellt, wie es in den Fallstudien „Wanna Challenge?“ und „Derrick“ der Fall gewesen ist. Während in der Fallstudie „Wanna Challenge?“ in der Verhandlungsphase ein deutsch-

Page 150: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 8 133

sprachiger Chinese und in der Betriebsphase ein deutscher Sinologe involviert waren, war es in der Fallstudie Derrick ein chinesisch-sprachiger Deutscher.

Ein Kommunikationsproblem zwischen den Akteuren auf Basis der unter-schiedlichen Sprachen konnte nicht identifiziert werden und somit keine erhöh-ten Transaktionskosten in den Phasen des Leistungsaustausches.

Die Integration eines Intermediärs innerhalb des Transaktionsprozesses hat sich als transaktionskostensenkend erwiesen.

8.1.3.2 Religion

Im Rahmen der Religion wurde der Konfuzianismus, der noch fest in China das Handeln der Akteure bestimmt betrachtet. Insbesondere liefern die Postulate richtigen Handelns von Kon-fuzius Erklärungsbeiträge für einzelne Ergebnisse aus den Fallstudien.

Es wurde festgestellt, dass nach Konfuzius sich der Mensch so verhalten soll, dass er andere zur Nachahmung inspiriert. Insofern basiert das Kopieren eines Formats wie es in der Fallstu-die „Super Girl“ seitens des chinesischen Provinzsender Hunan TV der Fall war auf einer ethischen Lehre, die zunächst für Chinesen im Gegensatz zu Deutschen in einem positiven Grundverständnis verankert ist. Dennoch haben die Ausführungen der Fallstudie „Wanna Challenge?“ gezeigt, dass diese positive Haltung gegenüber der Nachahmung nun auch in China im Wandel ist. Als das Format „Wanna Challenge?“ von zahlreichen Provinzsendern kopiert wurde, haben die Funktionäre von CCTV diese Nachahmung nicht als „Lernbegierde, gegenüber den Inhalten“ angesehen, sondern als ernstzunehmende Konkurrenz. CCTV rea-gierte auf diese neu auftretenden Formate auf eine clevere Art – wie die Ausführungen zeig-ten – um den Wettbewerb wieder einzudämmen.

Die Verhaltensregel der Nachahmung, welche aus dem Konfuzianismus ent-stammt wirkt als eine Institution, die sowohl den Handlungsspielraum ausländi-scher als auch inländischer Formatanbieter begrenzt.

Des Weiteren konnten vier Prinzipien gesellschaftlicher Ordnung nach Konfuzius identifiziert werden. Das erste Prinzip besagt, dass es bestimmte hierarchische Beziehungen gibt, die je-weils von einem Individuum Respekt voreinander verlangen. Dieses Prinzip, welches die Fa-milie und Freunde betrifft, konnte in den Fallstudien nicht überprüft werden. Ebenfalls das Prinzip des tugendhaften Verhaltens, welches sich auf die Arbeitsweise eines Chinesen be-zieht.

Das Prinzip der Harmonie konnte in der Fallstudie „Wanna Challenge?“ identifiziert werden. Das Leitbild der Harmonie wurde von den deutschen Verhandlungspartnern bei „Wanna Challenge?“ als sehr wichtig empfunden. Die Einhaltung dieses Verhaltenskodex verbunden mit Freundlichkeit und Sensibilität zwischen deutschen und chinesischen Geschäftspartnern war für eine erfolgreiche Verhandlung und den Aufbau einer Geschäftsbeziehung wesentlich.

Page 151: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

134 Kapitel 8

Der Kulturfaktor der Harmonie hat sich als Institution bestätigt. Die Einhaltung des Verhaltenskodex der Harmonie während der Phasen des

Leistungsaustausches hat sich als transaktionskostensenkend erwiesen.

Eng mit dem Prinzip der Harmonie ist die „Wahrung des Gesichtes“ verbunden, welches für Prestige steht. So kann das „Gesicht“ einerseits als Sanktionsapparat gesehen werden, in dem man bspw. bei Nichteinhaltung der Harmonie oder durch unhöfliches Verhalten sein „Gesicht verliert“, was im schlimmsten Fall das Ende einer Geschäftsbeziehung bedeuten würde ande-rerseits kann es für Geschäftsbeziehungen förderlich sein. Man spricht in diesem Zusammen-hang von „Gesicht geben“, in dem man sein Gegenüber bspw. Anerkennung ausspricht oder bei der Vermittlung von Kontakten hilft. So sind bspw. die in der Fallstudie „Wanna Challen-ge?“ erfolgten Besuche einer chinesischen Delegation von Funktionären CCTVs verbunden mit der Vermittlung von Fachgesprächen anderer Akteure der Fernsehbranche bei „Wetten, dass..?“ in Deutschland oder bei deutschen Sommer-Sondersendungen im Ausland hilfreich für den Aufbau einer langfristig ausgelegten Geschäftsbeziehung.

Die Einhaltung des Verhaltenskodex „Gesicht geben“ hat sich als Institution erwiesen, welche den zukünftigen Handlungsrahmen eines deutschen Akteurs innerhalb einer bestehenden Geschäftsbeziehung erweitern kann.

Die mit der Zeit intensivierten Möglichkeiten der redaktionellen Kooperationen in der Sen-dung „Wanna Challenge?“ bestätigen diese Folgerung noch einmal.

8.1.3.3 Geschichte

Die gemeinsame Geschichte eines Landes zeigte sich als Quelle für weitere Institutionen wie bspw. für die Lehren nach Konfuzius. Für einen Formatanbieter ist die Auseinandersetzung mit der Geschichte Chinas insofern ratsam, um die Zusammenhänge rechtlicher, politischer und ökonomischer Rahmenbedingungen zu verstehen. Wie die Fallstudien „Derrick“ und auch „Super Girl“ illustrierten, spielt die aktuelle Zeitgeschichte eine erhebliche Rolle für einen Formatanbieter in Bezug auf die inhaltliche Prüfung eines Fernsehformats durch die Zensurbehörde SARFT (siehe dazu die Ergebnisse unter 8.2.2 Gesetze). Während in der Fall-studie „Derrick“ die aktuelle Zeitgeschichte zur unproblematischen Zensurprüfung und zur erfolgreichen Vermarktung des Formats führte, wurde durch das Fernsehformat „Super Girl“ eine aktuelle Zeitgeschichte ausgelöst, die schließlich in einer strengen nachträglichen und inhaltlichen Zensurprüfung durch SARFT mündete. Diese aktuelle Zeitgeschichte in China darf nicht so verstanden werden, dass sie das widerspiegelt, was die Zuschauer interessiert. Vielmehr ist sie ein Spiegel der chinesischen Regierung, ob etwas in die chinesische Ideologie passt oder nicht. Ist letzteres gegeben, wird staatlich eingegriffen, so wie es in der Fallstudie „Super Girl“ der Fall war.

Page 152: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 8 135

Die Zeitgeschichte des Ziellandes bestätigt sich als Institution, in dem sie einen klaren inhaltlichen Rahmen für ein Fernsehformat setzt und somit auch den Handlungsrahmen der Vermarkter einschränkt.

Die Nachfrage nach Formatinhalten wird zuerst vom Staat und dann vom Zu-schauer bestimmt.

8.1.4 Guanxi und die Kulturfaktoren

Innerhalb der Kultur wurden die Kulturfaktoren als Verhaltenskodizes und Institutionen erör-tert. Guanxi wurde als zentraler Kulturfaktor hervorgehoben. Es hat sich bisher schon erwie-sen, dass die einzelnen Kulturfaktoren eng zusammenhängen und nicht trennscharf voneinan-der zu sehen sind.

Bei Guanxi handelt es sich um Beziehungen bzw. um ein Beziehungsgeflecht, welches sich in China evolutionär entwickelt hat. Die Ausführungen zum Konfuzianismus und diejenigen von Guanxi zeigten, dass Beziehungen in China zunächst nur innerhalb der Familie und zu Freunden bestehen. Deshalb muss zunächst geprüft werden, ob es für einen ausländischen Formatanbieter möglich ist, Zugang in dieses Beziehungsgeflecht zu erhalten.

Bei den Fallstudien „Wanna Challenge?“ und auch „Derrick“ stellte sich heraus, dass durch Verbindungsleute der Dolce Media GmbH bzw. dem ZDF ein Zutritt in ein bestehendes Ge-füge ermöglicht wurde. Das impliziert jedoch wiederum die Frage, wie ein „Deutscher“ bspw. in der Fallstudie „Derrick“ in ein chinesisches Beziehungsgefüge eindringen konnte. Wie die Fallstudie zeigte, ist der eingesetzte Repräsentant mit einer bekannten chinesischen Schau-spielerin verheiratet und heiratet demnach sozusagen in ein bestehendes Beziehungsgefüge ein. Des Weiteren zeigten die Ausführungen, dass Sinologen als „höhergestellte Ausländer“ gelten, denen dann ein leichterer Zugang in Beziehungsnetzwerke ermöglicht wird. Demnach konnte auch der seitens der Dolce Media GmbH tätige Sinologe positiv zum Aufbau bzw. zur Intensivierung des Beziehungsnetzwerkes beitragen.

Die empirische Analyse zeigte ebenfalls, dass eine Beziehung von Chinesen mit Fremden aufgebaut werden kann, wenn die chinesische Seite sich eindeutige Vorteile aus der Ge-schäftsbeziehung erwartet. Die Fallstudie „Wanna Challenge?“ konnte seitens der Chinesen eindeutige Vorteile identifizieren: die Bereitstellung eines kostenlosen Formats, die Vermitt-lung deutscher Wettkandidaten und Stars und die Beratung seitens des deutschen Geschäfts-partners. Es hat sich ebenfalls erwiesen, dass wenn diese Vorteile nicht mehr von Bedeutung wären, die Basis dieser Geschäftsbeziehung wegfallen und wahrscheinlich die Beziehung an sich enden würde.

Guanxi ist eine Institution, welche ausländischen Formatanbietern zunächst Zu-tritt in den Handlungsrahmen eines chinesischen Akteurs verschaffen kann und somit den eigenen Handlungsrahmen erweitern kann.

Page 153: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

136 Kapitel 8

Im nächsten Schritt muss geprüft werden, ob die konstitutiven Elemente von Guanxi in den Fallstudien „Wanna Challenge?“ und „Derrick“ vorliegen.

Bei Guanxi handelt es sich um eine konkrete Beziehung zwischen einzelnen Individu-en: Bei der Dolce Media GmbH konnte sich deshalb eine derartige Beziehung zu CCTV aufbauen, da jeweils beide Unternehmen zu Beginn der Beziehung wenige und immer die gleichen Ansprechpartner zur Verfügung stellten. Auch zwischen dem Re-präsentanten und den Funktionären zu Beijing TV in der Fallstudie „Derrick“ bestand bereits eine persönliche Freundschaft.

Guanxi gilt als mittel- bis langfristiges Phänomen: Das zeigt die bis dato noch anhal-tende erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen der Dolce Media GmbH und CCTV seit 2004. Zwischen dem Intermediär in der Fallstudie Derrick und Beijing TV bestand be-reits bei den Vertragsverhandlungen eine Freundschaft.

Guanxi ist ein reziprokes Phänomen, deren gegenseitige Verpflichtungen nicht Zug um Zug erbracht werden müssen: Die Fallstudie „Wanna Challenge?“ zeigte, dass be-reits zu Beginn der Geschäftsbeziehung CCTV das Format, die Betreuung der Dolce Media GmbH bspw. durch die Bereitstellung von Wettkandidaten und Stars kostenlos bekam. Erst zeitversetzt hat die Dolce Media im Gegenzug Werbezeiten erhalten und redaktionelle Einbindungen, die sie ebenfalls im Laufe der Zeit steigern konnten.

Eng damit verbunden ist die Tatsache, dass Guanxi Beziehungen oft zwischen unglei-chen Partnern bestehen: Die Erläuterungen im vorherigen Abschnitt könnten das auf den ersten Blick bestätigen. Der zweite Blick sagt jedoch etwas anderes: Die anfängli-che Zurückhaltung ist in China wichtig, denn man gewinnt damit an „Gesicht“ und bekommt in der Zukunft Vieles zurück, wie ebenfalls vorheriger Abschnitt erörtert. Hier zeigen sich noch einmal Parallelen zu den Ausführungen „Gesicht geben“ beim Konfuzianismus. Dieses an „Gesicht gewinnen“ kann sogar eine gesellschaftliche Di-mension einnehmen.

Die Einhaltung des Verhaltenskodex „Gesicht geben“ hat sich als Institution bestätigt, welche den zukünftigen Handlungsrahmen eines Akteurs innerhalb einer bestehenden Geschäftsbeziehung eines deutschen Akteurs erweitern kann.

Bei einer Guanxi-Beziehung steht der gegenseitige Nutzen im Vordergrund. Betrach-tet man den Nutzen aus dem Vertragsgegenstand, stellt man fest, dass bei der Fallstu-die „Wanna Challenge?“ der Nutzen aus dem Vertragsgegenstand seitens der Dolce Media GmbH in den Werbezeiten im werbestärksten Medium der Fernsehlandschaft Chinas in CCTV bestand. Seitens CCTV setzt sich der Nutzen aus dem Vertragsge-genstand im kostenlosen Format inklusive der Beratung und Vermittlung von Stars und Wettkandidaten seitens der Dolce Media GmbH zusammen. Der Nutzen in der Fallstudie „Derrick“ bestand einerseits im erwirtschafteten Lizenzpreis seitens des ZDFs und andererseits bei Beijing TV im Erhalt eines Krimiformats, welches auf-grund der Zeitgeschichte gut in das Programm passte.

Page 154: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 8 137

Guanxi ist ein transitives Phänomen: Die Fallstudie „Wanna Challenge?“ zeigte, dass sich die Beziehung zwischen dem Intermediär zu CCTV zu einer Dreierbeziehung ausbaute mit der Dolce Media GmbH bzw. zu einer Beziehung zwischen CCTV und der Dolce Media GmbH mündete. Ebenso verhält es sich bei der Fallstudie „Derrick“: Die Beziehung zwischen dem Repräsentanten und Beijing TV führte zu einer Integra-tion des ZDFs in das bestehende Beziehungsgefüge.

Sowohl in der Fallstudie „Wanna Challenge?“ als auch in der Fallstudie „Derrick“ konnten die konstitutiven Elemente von Guanxi festgestellt werden.

Bereits der Inhalt der wörtlichen Übersetzung von Guanxi als „persönliche Beziehung“, als auch das Verständnis von Guanxi als „die Tür in die Gesellschaft“ oder als „Sozialkapital, welches bestimmte Handlungen erleichtert“, können in den beiden Fallstudien „Wanna Chal-lenge?“ und „Derrick“ nachvollzogen werden. Es wurde in der Fallstudie „Wanna Challen-ge?“ deutlich, dass aufgrund persönlicher Beziehungen ein Markteintritt in China erst möglich bzw. erleichtert wurde. Auch die Fallstudie „Derrick“ zeigte, dass die freundschaftliche Be-ziehung zwischen dem Intermediär und den zuständigen Funktionären von Beijing TV aus-schlaggebend für anbahnende Verhandlungen in China waren.

Der Einsatz eines Intermediärs und den dadurch erhaltenen Zugang in ein chi-nesisches Beziehungsgefüge hat sich als transaktionskostensenkend erwiesen.

Guanxi wirkt für eine Transaktion transaktionskostensenkend.

Vertrauen und eine langfristig ausgelegte Geschäftsbeziehung stellen in China weitere landesspezifische Kulturfaktoren dar. Die Ausführungen haben gezeigt, dass eine Guanxi-Beziehung wichtig ist, um das sogenannte bedingte Vertrauen zu einem chinesischen Ge-schäftspartner aufzubauen. Dieses ist wiederum für die Intensivierung einer Geschäftsbezie-hung mit chinesischen Geschäftspartnern bedeutend. Hier zeigt sich noch einmal die enge Verbundenheit einzelnen Kulturfaktoren. Vertrauen ist personengebunden. Da in beiden Fall-studien ein kleiner, fester Personenkreis agierte, war es möglich, mit der Zeit Vertrauen auf-zubauen. Weitere erfolgreiche Vermarktungen von dem Repräsentanten an Beijing TV bzgl. „Derrick“ als auch viele Möglichkeiten im Bereich der redaktionellen Kooperationen in der Sendung „Wanna Challenge?“ seitens der Dolce Media GmbH sind Beispiele dafür, dass durch Vertrauen eine Geschäftsbeziehung ausgebaut werden kann.

Vertrauen ist eine Institution, welche den Handlungsrahmen eines ausländi-schen Formatanbieters innerhalb einer bestehenden Geschäftsbeziehung erwei-tern kann.

Da Vertrauen personengebunden ist, hat sich bestätigt, dass ein Agieren eines festen, kleinen Kreises an Ansprechpartnern für eine Geschäftsbeziehung för-derlich ist.

Page 155: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

138 Kapitel 8

Die Erläuterungen haben des Weiteren ergeben, dass Guanxi als Substitut für die unvollstän-dige chinesische Rechtsordnung zu betrachten ist, welche ihren Ursprung ebenfalls in den Lehren von Konfuzius hat. In diesem Zusammenhang wurde ebenfalls gezeigt, dass es in Chi-na nicht ungewöhnlich ist, wenn eine Geschäftsbeziehung statt auf expliziten schriftlichen Verträgen auf Guanxi basiert. Dies bestätigte die Fallstudie „Wanna Challenge?“, in dem eine Vereinbarung zwischen der Dolce Media GmbH und CCTV getroffen wurde, welche zu-nächst auf Guanxi bzw. Vertrauen basierte. Vor dem Hintergrund der Möglichkeiten und Be-deutung von Guanxi für eine Geschäftsbeziehung hat sich diese Vorgehensweise in der Fall-studie „Wanna Challenge?“ als ein vielversprechender Weg erwiesen. Dies ist für mittelstän-dische Unternehmen in dieser Art möglich, für große Unternehmen, die an bestimmte Verwal-tungsregelungen gebunden sind, undenkbar.

Guanxi ist ein Substitut für die abgeleitete Institution Vertrag. Guanxi kann als Folgenutzen einer zukünftigen Transaktion verstanden werden.

8.1.5 Kulturelle Lücke auf der Ebene der fundamentalen Institutionen

Eine kulturelle Lücke auf der Ebene der fundamentalen Institutionen würde bedeuten, dass die fremdsozialisierten Akteure einen Informationsnachteil gegenüber ihren chinesischen Ge-schäftspartnern hätten, weil sie in einem fremden institutionellen Rahmen agieren. In den Fallstudien „Wanna Challenge?“ als auch „Derrick“ konnte keine kulturelle Lücke in Bezug auf die fundamentalen Institutionen identifiziert werden. Das ist darauf zurückzuführen, dass in beiden Fallstudien auf der deutschen Seite Intermediäre eingesetzt wurden, welche nicht nur vertraut mit dem kulturellen Rahmen der fundamentalen Institutionen waren, sondern selbst in diesem agieren. Des Weiteren waren seitens der Dolce Media GmbH die Projektver-antwortlichen bereits im asiatischen Raum beratend tätig und mit der Kultur vertraut. Insofern können auch keine erhöhten Transaktionskosten aufgrund des Vorliegens einer kulturellen Lücke in diesem Zusammenhang identifiziert werden.

Durch den Einsatz eines Intermediärs und durch die Asien-Erfahrung der Pro-jektbeauftragten konnte keine kulturelle Lücke bzgl. des Rahmens der funda-mentalen Institutionen identifiziert werden.

Die Integration eines Intermediärs wirkte transaktionskostensenkend.

Es konnten keine Probleme, die aus den fundamentalen Institutionen resultieren und zu einer späteren Moral-Hazard-Problematik führen, identifiziert werden.

Page 156: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 8 139

8.2 Analyse der Ebene der abgeleiteten Institutionen: Gesetzliche Rahmenbedingungen

Die Ebene der Gesetzlichen Rahmenbedingungen umfasst die abgeleiteten Institutionen der Verträge, die Gesetze und Gerichtsurteile, welche nun im Folgenden anhand der Fallstudien analysiert werden. Die konstitutionelle Institution der Verfügungsrechte wurde in das Kapitel der Verträge integriert.

8.2.1 Verträge

Die Grundlage einer expliziten Vereinbarung war in den Fallstudien „Derrick“ und „Wanna Challenge?“ ein Lizenzvertrag, wobei bei der letzteren Fallstudie die Geschäftsbeziehung zunächst auf der fundamentalen Institution Guanxi gründete.

Guanxi hat sich als ein Substitut der abgeleiteten Institution Vertrag bestätigt.

Durch die Verträge wurden in beiden Fallstudien alle Verfügungsrechte an dem Wirtschafts-gut Fernsehformat für den chinesischen Fernsehmarkt an jeweils einen Fernsehsender über-tragen. Deshalb folgten keine Probleme aus einer Verdünnung der Verfügungsrechte. Weitere Probleme, die aus der Vertragstheorie resultieren könnten, wie bspw. aus Regelungslücken, aus impliziten Vertragsbestandteilen oder eine Hold-up-Problematik konnten ebenfalls nicht identifiziert werden.

Mögliche Probleme resultierend aus der Vertragstheorie konnten in den Fallstu-dien, denen jeweils ein Lizenzvertrag zugrundeliegt, nicht identifiziert werden.

Die Nicht-Existenz dieser Probleme muss genauer untersucht werden und steht im Zusam-menhang mit den chinesischen Kulturfaktoren des chinesischen Vertragsverständnisses und der Langfristigkeit der Geschäftsbeziehung.

Verträge werden in China als Beginn und Grundlage einer vertrauensvollen und durch persön-liche Zusammenarbeit geprägten Geschäftsbeziehung gesehen.

In der Fallstudie „Derrick“ scheint mit dem Abschluss des Vertrages der Transaktionsprozess an sich erfolgreich beendet, was auf der Eigenschaft des bei der Transaktion zugrundeliegen-den Wirtschaftsgutes „Fernsehformat Fernsehserie“ basiert. Dieses Wirtschaftsgut hat als produzierte Serie einen Sachgutcharakter, der keine wesentlichen Abwicklungs- oder Kont-rollprozesse nach Vertragsabschluss beinhaltet. Dennoch zeigen weitere erfolgreiche Ver-marktungsaktivitäten seitens des ZDFs durch den beauftragten Repräsentanten, dass dieser Vertrag ebenfalls als eine Basis für eine weiterführende langfristige Geschäftsbeziehung, die sich in weiteren erfolgreichen Vermarktungsaktivitäten zeigt, betrachtet werden kann.

Page 157: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

140 Kapitel 8

Das chinesische Vertragsverständnis als Institution, welche den zukünftigen Handlungsrahmen eines ausländischen Akteurs erweitern kann.

Ein Vertrag in China kann als Folgenutzen einer zukünftigen Transaktion ver-standen werden.

Im Gegensatz zur Fallstudie „Derrick“ waren in der Fallstudie „Wanna Challenge?“ weitere gegenseitige Verpflichtungen mit der Vereinbarung verbunden. Das ist darauf zurückzufüh-ren, dass das Fernsehformat „Wetten, dass..?“ in seiner Form ein sehr spezifisches Wirt-schaftsgut darstellt, in dem es die Eigenschaft einer Dienstleistung beinhaltet. Dieses Wis-senspaket wurde mit lizenziert. Folglich könnte man zu Lasten des chinesischen Akteurs eine Hold-up-Problematik vermuten. Es sei hier auf die enge Verbundenheit der Hold-up-Problematik aus der Principal-Agent-Theorie und der Problematik aus Opportunismus und Spezifität aus der Transaktionskostentheorie verwiesen. In diesem Zusammenhang wird die Besonderheit des Wirtschaftsgutes „Fernsehformat“ hervorgehoben. Während man bei einem Markteintritt eines ausländischen Akteurs nach China Probleme seitens des ausländischen Akteurs vermutet, zeigt sich dieses bei einem Fernsehformat umgekehrt. Dadurch dass bei einer Fernsehformatvermarktung keine und wenn nur geringe monetäre Kosten anfallen, wel-che bspw. durch den Aufbau von Vertriebsstätten o.ä. bei anderen Vermarktungen ex ante notwendig wären, sind Probleme, die seitens des chinesischen Akteurs hinsichtlich spezifi-scher Investitionen ex post opportunistisch ausgenutzt werden könnten, bei der Vermarktung von Fernsehformaten nicht existent. Dennoch wird das Fernsehformat, wenn das integrierte Wissenspaket von dem Lizenznehmer als strategisch bedeutend angesehen wird zu einem spezifischen Wirtschaftsgut (es wird hier auf die Analyse in Kapitel 8.3.3.3 verwiesen), das Potential eines opportunistischen Verhaltens hat. Dadurch, dass das Wissenspaket zwar Ver-tragsbestandteil ist, aber dennoch personengebunden bleibt, betont noch einmal die Problema-tik.

Durch die Schaffung eines wechselseitigen Verhältnisses, das sich darin zeigt, dass nur durch die Produktion einer Sendung auch eine Vermarktung von Werbezeiten möglich ist, wird eine Hold-up-Problematik bzw. ein Problem, welche sich aus Opportunismus und Spezifität aus dem Wirtschaftgut ergibt, ausgeschlossen.

Eine Hold-Up-Problematik basierend auf den Eigenschaften des Wirtschaftsgu-tes Fernsehformat, kann bei dem Fernsehformat „Fernsehserie“ aufgrund des Sachgutcharakters ausgeschlossen werden. Bei einem Fernsehformat „Unterhal-tungssendung“, welches Dienstleistungscharakter hat, ist die Problematik grundsätzlich gegeben, wenn der Lizenznehmer dieses Wissenspaket des For-mats für strategisch bedeutend hält und das Wirtschaftsgut Fernsehformat damit als spezifisches Wirtschaftsgut betrachtet werden kann.

Page 158: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 8 141

An dieser Stelle ist darauf zu verweisen, dass das Hold-up-Problem, welches zu Transakti-onskosten führen kann und bei dem Kosten/Nutzen-Kalkül auf der Ebene der Marktbeziehun-gen berücksichtigt werden müsste, bei der Fallstudie „Wanna Challenge?“ nicht aufgetreten ist.

Man muss zusätzlich das chinesische Vertragsverständnis bzw. den kulturellen Hintergrund beleuchten. Die Vereinbarung bei „Wanna Challenge?“ gründet zunächst auf Guanxi. Durch eine explizite Vereinbarung wird „Guanxi“ als formelle Regel jedoch nicht ersetzt. Sie besteht weiter. Grundsätzlich werden explizite Verträge geschlossen, um die Verteilung, Gestaltung und mögliche Durchsetzung der Property Rights zu regeln. Aufgrund der Annahme der beschränk-ten Rationalität der Akteure, die durch die verschiedenen kulturellen Hintergründe verstärkt wird, kann ein expliziter Vertrag zwischen einem deutschen und einem chinesischen Akteur nicht vollständig sein. Es werden Regelungslücken und auch implizite Vertragsbestandteile gegeben sein. Dieser explizite Vertrag dient auch zur Absicherung möglicher potentieller Probleme, die anhand des „Organizational Failure Framework“ nach Williamson vorgestellt wurden. Neben dem Vertragsverständnis in China unterscheidet sich auch die Konfliktbewäl-tigung in China von einem deutschen Verständnis. Konfliktbewältigung wird durch die Wiederherstellung der Harmonie gesehen, ebenfalls ein Kulturmerkmal Chinas. Die Aus-führungen in der Fallstudie „Wanna Challenge?“ haben bestätigt, dass beide Vertragsparteien an einer langfristigen Geschäftsbeziehung interessiert waren. Deshalb steht nicht ein expliziter Vertrag im Vordergrund, der im Falle auftretender Probleme eine juristische Absicherung beinhaltet, sondern eine langfristige Geschäftsbeziehung. Diese Geschäftsbeziehung gründet wie bestätigt auf Vertrauen und Guanxi. Sollten Probleme in der Geschäftsbeziehung auftre-ten, müssen diese nach chinesischem Verständnis gelöst werden, ansonsten besteht die Gefahr einer sofortigen Beendigung der Geschäftsbeziehung. Würde man in China bei Vertragsprob-lemen bspw. vor Gericht ziehen, wäre automatisch die Geschäftsbeziehung aufgrund der kul-turellen Dimension des „Gesichtsverlustes“ beendet. Abgesehen von den Schwierigkeiten einer gerichtlichen Durchsetzbarkeit in China, die ebenfalls zu berücksichtigen wären.

Die Einhaltung bestimmter Kulturfaktoren seitens des deutschen Anbieters ist in China eine vielversprechende Basis für eine langfristige Geschäftsbeziehung.

Die Absicherung gegenüber potentiellen Problemen durch einen expliziten Ver-trag tritt in den Hintergrund zu Gunsten der potentiellen Handlungsmöglichkei-ten bei Einhaltung der Verhaltenskodizes der Kulturfaktoren.

Zwischenfazit zu den Kulturfaktoren:

Die bisherigen Ausführungen haben gezeigt, dass Guanxi auch andere Kulturfaktoren in sich vereint wie Vertrauen oder Harmonie. Jeder Kulturfaktor hat seine Basis in der Geschichte oder Religion Chinas und hat sich langfristig in China evolutionär entwickelt. Zusammen bil-den sie die Kultur Chinas. Das rechtfertigt, jeden Kulturfaktor als eigene Institution zu be-trachten. Des Weiteren wurde festgestellt, dass ebenfalls auf ausländische Akteure diese Insti-tutionen wirken. Es ist zu beachten: Fundamentale Institutionen können nicht von einem aus-

Page 159: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

142 Kapitel 8

ländischen Anbieter verändert werden. Was jedoch die Kultur betrifft, kann sich ein ausländi-scher Akteur den Kulturfaktoren anpassen. Insofern sind sie für die Chinesen fundamentale Institutionen, mit denen sie fest verwurzelt sind und diese „leben“ und für Ausländer als auch Chinesen bestimmte Verhaltenskodizes, die bei deren Einhaltung den Handlungsspielraum öffnen können und bei Nichteinhaltung auch entsprechend sanktioniert werden können.

Ein ausländischer Formatanbieter kann die fundamentalen Institutionen nicht verändern. Durch die Einhaltung bestimmter Verhaltenskodizes (Kulturfakto-ren) kann der Akteur seinen Handlungsrahmen erweitern (transaktionskosten-senkend). Bei einer Nicht-Einhaltung wird er durch Sanktionen eingeschränkt (transaktionskostenerhöhend).

8.2.2 Gesetze

Während bei expliziten Vereinbarungen die Akteure aktiv sind, ist bei Gesetzen der Staat gefordert.

Es wurde gezeigt, dass die Existenz formeller Regeln oft in der Tatsache der wiederholten Fälle von Kooperationsproblemen begründet liegt. Zahlreiche Fälle von Produktpiraterie würden eine staatliche Regulierung rechtfertigen. Mit dem Eintritt Chinas in die WTO sind Gesetze und Verordnungen zum Schutz von Patenten, Warenzeichen und Urheberrechten in China erlassen worden. Dennoch zeigen die Fallstudien „Wanna Challenge?“ und „Super Girl“ eine immer noch bestehende Problematik des unerwünschten Wissensabflusses.

Mit der Problematik müssen sich Unternehmen auseinandersetzen, für die „Wissen“ für ihre Unternehmensberechtigung eine strategische Bedeutung hat. „Wissen“ zeigte sich bei Unter-haltungsformaten relevant im Gegensatz zu Serienformaten wie „Derrick“, wie auch die Aus-führungen zur Hold-up-Problematik in Kapitel 8.2.1 zeigten. Die Analyse des Transformati-onsprozesses von „Wanna Challenge?“ in Kapitel 8.3.3 wird diese Thematik noch einmal aufgreifen. Es stellt sich die Frage, wie die Problematik um die potentielle Gefahr eines Wis-sensabflusses in China für einen Formatanbieter einzuschätzen ist.

Zunächst gestaltet sich die Spezifizierung des Wirtschaftsgutes des Fernsehformats sehr schwierig. Die Ausführungen in Kapitel 3.2 haben darauf verwiesen, dass eine eindeutige international anerkannte Begriffsdefinition nicht besteht. Aus deutscher juristischer Sicht wird der Formatbegriff wie auch in Kapitel 3.2 gezeigt, aufgespalten – einerseits in die zugrunde-liegende Idee und andererseits in das Wissenspaket. In Deutschland bewegt sich der Rechtsschutz eines Formats vor allem im Spannungsfeld zwi-schen Urheberrecht und Wettbewerbsrecht. Es lassen sich einzelne Elemente des Formats wie der Titel isoliert schützen. Im Urheberrecht ist das Format nicht ausdrücklich erwähnt. Eine Idee an sich ist nicht schutzfähig, weil die Rechtsprechung die Entwicklung des kreativen Schaffens nicht zum Erliegen bringen möchte. Ist die Idee schriftlich fixiert, wie in Kapitel 3.2 als Papierformat bezeichnet, jedoch durchaus schutzfähig. Eine Idee, welche einem kon-kreten Ablauf von bestimmten Elementen folgt, wie es in der Show „Wetten, dass..?“ der Fall

Page 160: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 8 143

ist, gilt als besonders schutzfähig. Aus der Sicht des Wettbewerbsrechtes ist die Lage ähnlich: Auch wenn das Wettbewerbsrecht „die sklavische Nachahmung“ verbietet, liegt die Schwie-rigkeit in der Definition der Nachahmung. Deshalb ist eine Entscheidung meistens fallabhän-gig. Nicht nur in Deutschland, sondern in vielen Ländern, selbst den USA sind Fernsehforma-te kaum rechtlich geschützt. Wo die Schwelle zwischen lizenzpflichtiger Übernahme und li-zenzfreier Übernahme liegt, ist ebenfalls fallabhängig.538

Vor diesen Hintergrund ist die Rechtslage in China als äußerst schwierig einzuschätzen. Es hat sich in den Ausführungen ergeben, dass sich in China mittlerweile die formale Rechtssi-cherheit insgesamt als zufriedenstellend erweist und auch Gesetze zum Schutz des geistigen Eigentums vorliegen. Ein tatsächlicher Schutz in diesem spezifischen Fall scheint immer noch fraglich. Spätestens als CCTV selbst mit der Kopierproblematik von den Konkurrenzsendern konfrontiert wurde, ist anzunehmen, wenn eine konkrete Regelung vorliegen würde, das chi-nesische Staatsfernsehen CCTV diese gegenüber ihren Konkurrenten angewendet hätte. Des Weiteren ist zu beachten, dass die tatsächliche Rechtssicherheit aufgrund der schwierigen Durchsetzungsmechanismen in China immer noch fraglich ist. Insofern scheinen juristische Schritte bspw. wegen der Übertretung des Formatschutzes von „DSDS“ in China aussichtslos. Hinzu kommt noch das Grundverständnis der Chinesen zur Nachahmung, welches bereits innerhalb der Ausführungen zur Religion bearbeitet wurde zum Tragen. So wurde der potenti-elle Geschäftspartner von CCTV in den Verhandlungen zu „Wanna Challenge?“ direkt mit der Problematik „Kopieren eines Formats“ konfrontiert durch die Aussage seitens CCTVs, dass „sie das auch alleine können“. Ein weiteres Indiz dafür, dass eine konkrete Regelung bzgl. eines Formatschutzes in China nicht besteht oder das Grundverständnis der Nachah-mung diejenige einer gesetzlichen Regelung überwiegt.

Intensiviert wird die Problematik des Wissensabflusses in China durch die wirtschaftlichen Planvorgaben des Chinesischen Staates, die insbesondere derzeit technologiepolitische Maß-nahmen fördern, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit Chinas zu steigern. Diese tech-nologiepolitischen Maßnahmen sehen explizit das Absorbieren von Know-How bspw. inner-halb der Wertschöpfungskette eines internationalen Unternehmens vor. Dass das Wissen in der Fallstudie „Wanna Challenge?“ eine entscheidende Rolle unterschiedlicher Art spielt, wurde in der Fallstudie mehrfach bestätigt. In diesem Zusammenhang kann auf die zahlrei-chen Besuche einer chinesischen Delegation zu „Wetten, dass..?“ in Deutschland und zu Sommer-Sondersendungen verwiesen werden. Ein Ergebnis eines Wissensabflusses zeigte sich bspw. in der Nachbildung des Bühnenbildes der Sommersendung von „Wetten, dass..?“

538 Vgl. Lausen (1998) und Heinkelein (2004), die sich beide konkret mit dem Urheberschutz von Fernsehfor-maten auseinandersetzen. So gilt der spezifische Handlungsablauf in der bestimmten Konstellation von „Wetten, dass..?“ (Vgl. Abbildung 36: Handlungsablauf „Wetten, dass..?“) als schutzfähig: Vgl. Heinkelein (2004), S. 269. Zur Problematik des Formatschutzes siehe auch Fey (2005), Eschenbach (2001). In diesem Zusammenhang soll auf die FRAPA (Format Recognition and Protection Association) hingewiesen werden. Dabei handelt es sich um einen freiwilligen Zusammenschluss vor allem von Formatentwicklern und Pro-duktionsunternehmen mit dem Ziel der Verbesserung des internationalen Formatschutzes: Vgl. FRAPA (2009).

Page 161: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

144 Kapitel 8

in Aspendos bei einer chinesischen Sondersendung. Solange jedoch ein wechselseitiges Nut-zenverhältnis zwischen den Vertragspartnern besteht, scheint diese Art von Wissensabfluss unbedeutend, auch vor dem Hintergrund der guten Geschäftsbeziehung zwischen den Part-nern, wie sie bereits diskutiert wurde.

Die Problematik um die potentielle Gefahr eines Wissensabflusses in China ist für einen Formatanbieter hoch einzuschätzen und entsprechend mit hohen Transaktionskosten verbunden.

Mit der Problematik des unerwünschten Wissensabflusses verbunden ist das Auftreten von negativen externen Effekten: Durch das Kopieren von Formaten wird der Preismechanismus außer Kraft gesetzt, weil der Wettbewerb nicht mehr um die Rechte an einem Format, sondern um das schnellste Kopieren geführt wird. Ohne Regulierungsmechanismen wird es keinen preislichen Ausgleich zwischen den Akteuren geben können, solange ein Kopieren von For-maten nicht geahndet wird.539 Bereits nach kurzer Zeit nach der Einführung von „Wanna Challenge?“ auf CCTV wurde das Format innerhalb Chinas mehrfach kopiert. Die Chinesen sind sich dieser Tatsache bewusst und gehen selbst bis dato nicht juristisch im eigenen Land dagegen vor. Aus dieser Erkenntnis heraus konnte in der empirischen Analyse eine Begrün-dung dafür identifiziert werden, warum hohe Lizenzgebühren für ein Unterhaltungsformat in China nicht bezahlt werden.

Durch das Kopieren von Formaten innerhalb Chinas treten negative externe Ef-fekte auf, die den Preismechanismus außer Kraft setzen.

Die Gefahren eines potentiellen Wissensabflusses sind ex ante, also zu Beginn einer Transaktion schwer einzuschätzen und nicht monetär zu bewerten. Sie fließen jedoch als Transaktionskosten in die Kosten-Nutzen-Abwägung mit ein.

Ob diese Gefahren bei der Vermarktung von „Wetten, dass..?“ mit in Erwägung gezogen wurden, konnte nicht überprüft werden. Bei der Fallstudie „Derrick“ stellt sich dieses Gefah-renpotential eines Wissensabflusses nicht wegen der Eigenschaft des Sachgutcharakters eines Serienformates.

Es ist weiterhin zu prüfen, ob bestimmte weitere abgeleitete Institutionen in der Form von spezifischen Gesetzen für die Fernsehbranche bei einer anbahnenden Vermarktung in China berücksichtigt werden müssen.

Als entscheidende Kontrollbehörde in der Fernsehbranche hat sich die oberste Behörde der Verwaltung von Radio, Film und Fernsehen (SARFT) bestätigt, die direkt dem Staatsrat und somit dem Zentralkomitee der kommunistischen Partei Chinas unterstellt ist. Von SARFT werden alle wesentlichen Vorschriften für ausländische Formatanbieter erlassen. Für einen ausländischen Programmanbieter ergeben sich in der Programmproduktion die Möglichkeiten

539 Vgl. Ollig (2002), S. 48-49.

Page 162: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 8 145

eines Joint Ventures oder einer Koproduktion. Beide Direktinvestitionen erweisen sich auf-grund zahlreicher Verwaltungsvorschriften und sehr hoher Investitionsvoraussetzungen als zeit- und kostenintensiv. In den beiden Fallstudien „Wanna Challenge?“ und „Derrick“ wurde das Geschäftsmodell der Lizenzierung bzw. des Barterings gewählt. Im Bereich des Pro-grammimports sind wiederum zahlreiche Vorschriften bspw. durch festgelegte Importquoten ausländischer Formate und durch die inhaltliche Kontrolle des Fernsehformats zu berücksich-tigen. Wie die Erläuterungen zeigten sind die genauen Zensurabläufe schwer zugänglich.

Unabhängig von der Wahl der Markteintrittsform eines Formatanbieters sind in China zahlreiche Vorschriften zu berücksichtigen, die von Anfang an den Handlungsrahmen eines Formatanbieters einschränken.

Es können kosten- und zeitintensive Vorarbeiten bei einer Vermarktung not-wendig sein, die sich in hohen Transaktionskosten auswirken.

Es ist in China Pflicht, dass von der Zensurbehörde SARFT sowohl der Inhalt eines ausländi-schen Formats als auch der mit dem Kooperationspartner abgeschlossene Vertrag überprüft werden. Bei der Prüfung stehen zunächst die vom Staat vorgegebenen Rahmenbedingungen (die vier Grundprinzipien der chinesischen Verfassung) im Vordergrund. Eine mögliche Eig-nung eines neuen Formats hinsichtlich bspw. zu erwarteter Zuschauerquoten ist zweitrangig.

Die strengen Vorschriften von SARFT sind Institutionen, die hinsichtlich in-haltlicher Vorschriften an ein Fernsehformat den Handlungsrahmen eines For-matanbieters einschränken.

Inwieweit die Zensurbehörde SARFT bei der der Fallstudie „Derrick“ und auch „Wanna Challenge?“ eine Rolle spielte wird nun analysiert.

Die Experteninterviews ergaben, dass CCTV als Staatssender über eine Zensurinstanz bzw. ein Zensurkomitee verfügt, welches sich aus den höchsten Funktionären von CCTV zusam-mensetzt und welches das Recht hat, ein Format direkt einzusetzen. Die Zensurprüfung läuft bei CCTV nicht über SARFT, sondern intern ab.

Die problemlose Einigung zwischen der Dolce Media GmbH und CCTV vor Ort in China bereits bei der ersten Verhandlungsphase lässt vermuten, dass bei den Verhandlungen zur Zensur legitimierte Funktionäre seitens CCTV anwesend waren, so dass zum einen die zwi-schen den Partnern verhandelte Vereinbarung als auch der Inhalt des Formats so schnell ge-nehmigt werden konnten. In der Fallstudie „Derrick“ verhält es sich ähnlich. Da das Format inhaltlich von den obersten Funktionären sehr geschätzt wurde und an Beijing TV, an das Fernsehen der Hauptstadt lizenziert wurde, verlief die Zensurprüfung unproblematisch.

Eine Zusammenarbeit mit dem Staatsfernsehen ermöglicht schnelle Entschei-dungsprozesse im Bereich der Zensurprüfung und kann transaktionskostensen-kend wirken.

Page 163: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

146 Kapitel 8

Des Weiteren hat die Fallstudie „Wanna Challenge?“ gezeigt, dass für die Produktion der Sendungen weitere Zensurprüfungen notwendig waren. So musste jeder Wettkandidat, jeder Star und auch bspw. sämtliche Liedtexte der Stars, die von der Dolce Media GmbH vermittelt und auch organisiert wurden durch die Zensurprüfung.

Die Erfüllung von Verpflichtungen aus der Vereinbarung waren mit Transakti-onskosten (ex post) verbunden.

Im Laufe der Zeit haben sich die strengen Anforderungen der Zensurinstanz gelockert. Man kannte das Format, wusste dass es inhaltlich für die chinesische Ideologie unbedenklich ist und vertraute dem deutschen Ansprechpartner, der von Anfang an das Projekt betreute.

Eine Vertrauensbasis wirkt transaktionskostensenkend.

Bei der Fallstudie „Super Girl“ wurde das Format nicht von einem ausländischen Formatan-bieter lizenziert, sondern von einem chinesischen Provinzsender kopiert. „Super Girl“ wurde 2005 zur erfolgreichsten Sendung Chinas und das in einem Provinzsender. Es bleibt deshalb offen, ob die starken Eingriffe und Verbote seitens der Zensurbehörde SARFT allein auf ideo-logischen Interessen gründen.

8.2.3 Gerichtsurteile

Die Problematik der Durchsetzungsmechanismen in China wurde bereits in der Analyse er-wähnt und in Kapitel 6.3 konkretisiert. Bei den Fallstudien „Derrick“ und auch „Wanna Chal-lenge?“ konnten keine Probleme identifiziert werden, zu deren Lösung ein offizieller juristi-scher Weg in China eingeschlagen wurde.

8.2.4 Kulturelle Lücke

Eine kulturelle Lücke auf der Ebene der abgeleiteten Institutionen würde synonym der Ebene der fundamentalen Institutionen bedeuten, dass fremdsozialisierte Akteure einen Informati-onsnachteil gegenüber ihren chinesischen Geschäftspartnern hätten, weil sie in einem fremden institutionellen Rahmen agieren. Auf der Ebene der abgeleiteten Institutionen befindet man sich auf der Ebene der gesetzlichen Rahmenbedingungen, die wie die Ausführungen bestätig-ten, in einen kommunistischen Staat sich in ihrer Gesamtheit als schwierig auch für Chinesen erweisen. Insofern ist eine kulturelle Lücke gegeben, wenn man als fremdsozialisierter Akteur mit diesen gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht vertraut ist. Auf der Ebene der fundamen-talen Institutionen ist man hauptsächlich mit der fremden Kultur konfrontiert, die sich in be-stimmten Verhaltensweisen bei den Chinesen und somit beim Menschen äußert. Auf der Ebe-ne der Gesetzlichen Rahmenbedingungen (wie sie in der Arbeit betrachtet wurde) ist man dagegen – bis auf die Vertragsgestaltung - mit dem kommunistischen Staat konfrontiert bzw. mit den von ihm erlassenen Gesetzen, auf die ein ausländischer Akteur nicht einwirken kann.

Page 164: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 8 147

Auf der Ebene der abgeleiteten Institutionen ist ein Formatanbieter mit den ge-setzlichen Rahmenbedingungen konfrontiert, die er nicht beeinflussen kann.

Sobald ein ausländischer Akteur unabhängig einer bestimmten Markteintrittsform in China einen Markteintritt plant, wird er zwangsweise mit den Gesetzlichen Rahmenbedingungen konfrontiert, weil wie die Ausführungen zeigten, je nach der Markteintrittsform bestimmte Gesetze und Regelungen beachtet werden müssen. Diese unterscheiden sich bereits wegen der zugrundeliegenden Staatsform Chinas gegenüber dem Heimatmarkt erheblich. Diese Informa-tionsasymmetrie wird in China noch verstärkt, weil es für einen ausländischen Akteur schwie-rig ist, diese abgeleiteten Institutionen bzw. deren juristischen Prozesse im Hintergrund ein-deutig zu durchleuchten. Inwieweit diese Informationsasymmetrie von einem ausländischen Akteur geschlossen werden muss, ist von der Markteintrittsform abhängig. Wie die Fallstudi-en bestätigten, ist ein Formatanbieter als Lizenzinhaber insbesondere mit der Zensurinstanz und deren Regelungen konfrontiert. Es zeigte sich, wenn man das Wohlwollen des Staatsfern-sehens oder wichtiger Funktionäre hat, dass eine Zensurbarriere bzgl. der inhaltlichen Kon-trolle des Formats und der vertraglichen Vereinbarung zwischen den Parteien nicht besteht.

Das Wohlwollen des Staatsfernsehens oder von Funktionären wirkt transakti-onskostensenkend.

Zusätzlich hängt das Schließen einer kulturellen Lücke auch von der Art des Fernsehformats und dem zugrundeliegenden Vertrag ab. So haben die Ausführungen gezeigt, dass seitens der Dolce Media GmbH eine kulturelle Lücke bzgl. der Zensurprüfung in der Betriebsphase ent-stand, weil jeder Wettkandidat und Star und deren geplanter Auftritt, der von der Dolce Media GmbH vermittelt wurde von der Zensurbehörde überprüft werden musste. Mit der Zeit hatte sich diese Barriere abgebaut, wie die Ausführungen zu den spezifischen Gesetzen darstellten.

Weitere kulturelle Lücken, die auf abgeleiteten Institutionen basieren, konnten nicht identifi-ziert werden und auch keine Probleme, die aus den abgeleiteten Institutionen resultieren und zu einer späteren Moral-Hazard-Problematik führen.

Page 165: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

148 Kapitel 8

Zwischenfazit:

Folgende Kosten/Nutzen-Komponenten, die von den Akteuren der Fallstudie bewusst ex ante wahrgenommen wurden, konnten auf der Ebene der fundamentalen und abgeleite-ten Institutionen identifiziert werden:

Guanxi als Eintrittskriterium in den Markt: transaktionskostensenkend Einsatz eines Intermediärs: transaktionskostensenkend Einhaltung bestimmter Verhaltenskodizes wie bspw. der Harmonie während der

Verhandlungsphase: transaktionskostensenkend

Diese Komponenten fließen in der Ebene der Marktbeziehungen in die Kosten/Nutzen-Kalküle der Akteure in der Anbahnungs- und Vereinbarungsphase mit ein.

Des Weiteren konnten Kosten/Nutzen-Komponenten auf der Ebene der fundamentalen und abgeleiteten Ebene festgestellt werden, die ex ante den Akteuren nicht bewusst wa-ren, sondern erst ex post und somit nicht in die Kosten/Nutzen-Kalküle in der Anbah-nungs- und Vereinbarungsphase einfließen:

Kommunikationsproblem: nicht gegeben Problem des Moral Hazard: nicht gegeben Problem aus Kultureller Lücke auf Basis der fundamentalen Institutionen: nicht

gegeben Problem aus Kultureller Lücke auf Basis der abgeleiteten Institutionen: Zensur-

problematik ex ante nicht bekannt

Es zeigt sich, dass bis auf die Zensurproblematik sich keine unerwarteten Probleme ex post ergeben haben. Ein Indiz dafür, wie zielorientiert beide Parteien sowohl in der Fall-studie „Derrick“ als auch in der Fallstudie „Wanna Challenge?“ verhandelt haben.

8.3 Analyse der Ebene der Marktbeziehungen

In Kapitel 6.4 stand die Ebene der Marktbeziehungen im Fokus der Betrachtung bzw. der Markt als Koordinationsmechanismus. Es hat sich gezeigt, dass auf unvollkommenen Märk-ten, wie im Fall des Marktes für Fernsehformate, für eine erfolgreiche Transaktion für beide Partner die Bedingungen der Nutzensteigerung bzw. der Nutzensteigerung unter Wettbe-werbsbedingungen erfüllt sein müssen. Anhand der Kosten/Nutzen-Relationen unter Einbe-ziehung der Ergebnisse aus den Kapiteln 8.1 und 8.2 in den Phasen des Leistungsaustausches sollen die Transformationsprozesse „Derrick“ und „Wanna Challenge?“ analysiert werden. Eine inhaltliche Analyse der Formate „Wanna Challenge?“ und „Super Girl“ wird in die Ana-lyse der Fallstudie „Wanna Challenge?“ ebenfalls integriert. Zu Beginn des Kapitels soll zu-nächst geprüft werden, inwieweit informelle Regeln im Transformationsprozess der Fallstudi-en Relevanz hatten.

Page 166: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 8 149

8.3.1 Informelle Regeln

Auf der Ebene der Marktbeziehungen treffen nun Akteure aufeinander, welche eine Transak-tion eingehen möchten. Synonym den Verhaltenskodizes, die kulturell bedingt sind, können sich bei Akteuren unabhängig ihrer Kultur informelle Regeln gebildet haben. Es stellt sich die Frage, ob während des Transformationsprozesses informelle Regeln zu beobachten waren, die ebenfalls auf den Entscheidungsprozess der Akteure Einfluss genommen haben.

Es konnte festgestellt werden, dass sich bestimmte informelle Regeln durch einen Trial-and-Error-Prozess bei den Akteuren entwickelt haben. Die ZDF Enterprises GmbH bspw. hatte „trotz positiver Eckwerte – früher Markteintritt, langjährige Beziehungen, akzeptable Brutto-Lizenzpreise“ gegen Ende der 90er Jahre ein „enttäuschendes Ergebnis der bisherigen Ver-marktungsaktivitäten“ für China gezogen. Dieses basierte auf den Gründen: Die direkten Kos-ten waren zu hoch, die Abwicklung der Geschäfte schwierig und aufwändig und es konnten keine tragfähigen, langfristigen Geschäftsbeziehungen aufgebaut werden. Dieser Trial-and-Error –Prozess entwickelte sich während vieler Jahre und führte dazu, sich zukünftig auf Ge-schäftsfelder zu konzentrieren, die ein „Win-Win-Potenzial“ haben. Im Gegensatz dazu konn-te der China-Projektleiter der Dolce Media GmbH bereits während seiner Beraterzeit in Asien positive Erfahrungen mit asiatischen Geschäftspartnern sammeln, die er in zukünftige Ge-schäftsaktivitäten einbringen konnte. Diese Beispiele bestätigen, dass lernfähige und rational handelnde Akteure sich durch einen Trial-and-Error-Prozess ein Set an Verhaltensweisen an-eignen, die nicht geplant sind und bei denen kein Sanktionsapparat dahinter steckt. Diese in-formellen Regeln haben sich bei den Akteuren in der Vergangenheit als nicht erfolgreich bzw. erfolgreich erwiesen und werden bei zukünftigen Transaktionen in China in die Kos-ten/Nutzen-Relation einfließen, um das Risiko einer Fehlentscheidung zu senken.

Informelle Regeln, die sich in einem Trial-and-Error-Prozess entwickelt haben, wirken als Institutionen, in dem sie den eigenen Handlungsrahmen bewusst ein-schränken um das Risiko vor Fehlentscheidungen zu reduzieren.

Des Weiteren konnten bestimmte Verhaltenskodizes als informelle Regeln identifiziert wer-den, die sich in China zwischen Geschäftspartner als wünschenswert erweisen und durchaus von der Gruppe bzw. vom chinesischen Geschäftspartner bei Überschreitungen sanktioniert werden können. Die Fallstudie „Wanna Challenge?“ zeigte, dass eine stets freundliche Ge-schäftsatmosphäre zwischen deutschen und chinesischen Geschäftspartnern herrschen muss. Es ist eine sensible Herangehensweise an den chinesischen Partner ratsam. Eine Nichteinhal-tung dieser Regeln, könnte einen Transaktionsprozess stoppen. Diese informelle Regel wurde bereits bei den Ausführungen zu Guanxi als Kulturfaktor der Harmonie identifiziert.

Informelle Regeln sind Institutionen und können transaktionskostensenkend oder transaktionskostenerhöhend wirken.

Page 167: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

150 Kapitel 8

8.3.2 Analyse des Transformationsprozesses „Derrick“

Da sich in der Fallstudie „Derrick“ die Übergänge der einzelnen Phasen fließend und unprob-lematisch gestalteten, wird der Transformationsprozess nicht anhand der unterschiedlichen Spannungszustände nach Plinke analysiert.

Das ZDF hatte die Rechte an der Serie „Derrick“ und hatte das Serienformat bereits internati-onal erfolgreich vermarktet. Insofern können die Nutzenerwartungen seitens des ZDFs ei-nerseits persönlich motiviert eingeschätzt werden, die internationale Vermarktung weiter vo-ranzutreiben und andererseits auch monetär motiviert durch eine klassische Vermarktung in der Form eines Lizenzgeschäftes. Außerdem erhoffte man sich, in China Fuß zu fassen (Fol-genutzen). Der Repräsentant war sowohl persönlich als auch monetär motiviert. Die Kosten seitens des ZDFs ergaben sich aus dem Einsatz des Repräsentanten. Jedoch sollte dessen Ein-satz transaktionskostensenkend bewertet werden, aufgrund der zielorientierten Möglichkeiten einer Vermarktung durch den Repräsentanten.

Markteintrittschance für das ZDF in China über einen Chinaexperten

Bei der Fallstudie Derrick wurde der deutsche Lizenzinhaber (das ZDF) durch den von ihm beauftragten Repräsentanten aktiv. Dieser führte die Verhandlungen mit Beijing TV vor Ort in Peking. Das ZDF blieb in Deutschland im Hintergrund.

Durch eine freundschaftliche Beziehung zu Beijing Television konnte der Repräsentant die Anbahnung und auch die Verhandlungen, die er im Auftrag des ZDFs im Jahre 1989 selbst führte einläuten und intensivieren.

Guanxi bzw. der Einsatz eines Intermediärs ermöglicht den Markteitritt in Chi-na.

Beijing TV konnte von dem Repräsentanten von der Passgenauigkeit des Formats für China „familienfreundlich, gut bürgerlich, gewaltlos“ überzeugt werden. Sie sah eine Nutzensteige-rung aus dem Lizenzgeschäft, so dass es zu einem erfolgreichen Abschluss kam. Die Zensur-prüfung war unproblematisch, weil die Serie von den höchsten Funktionären sehr geschätzt wurde. Ob sich das ZDF gegenüber einem Wettbewerber durchsetzen musste, konnte nicht überprüft werden.

Der Zeitraum von der Anbahnung bis zum erfolgreichen Abschluss war fließend, so dass der gesamte Leistungsaustausch ca. 4 Monate betrug.

Es wurden durch den Repräsentanten im Auftrag des ZDFs noch zwei weitere Staffeln nach China verkauft. Weitere Verkäufe fanden nicht statt, was mit dem „Comparison Level“ nach Thibaut und Kelly zu erklären ist. Dieses besagt, dass Akteure eine Art Vergleichsmaßstab ansetzen. Trotz einer erwarteten Nutzensteigerung könnten Akteure auf die Transaktion ver-zichten, weil sie aus der Vergangenheit einen höheren Nutzenzuwachs gewohnt sind. In der

Page 168: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 8 151

Arbeit konnte festgestellt werden, dass der Vergleichsmaßstab in einem bestimmten Nutzen-zuwachs in der Form eines bestimmten Lizenzpreises liegt, der im Laufe der Jahre nicht mehr seitens der Chinesen gezahlt werden wollte.

8.3.3 Analyse des Transformationsprozesses „Wanna Challenge?“

Die Verhandlungsphase des Transformationsprozesses von „Wanna Challenge?“ wird anhand des Spannungszustandes der Anbahnung und der Vereinbarung analysiert. Ebenfalls wird eine kurze inhaltliche Analyse der Formate „Super Girl“ und „Wanna Challenge?“ in die Ausfüh-rungen integriert. Das Abschlusskapitel nimmt die Betriebsphase des Transformationsprozes-ses in die Erörterung mit auf und zeigt im Anschluss den gesamten Transformationsprozess von „Wanna Challenge?“ in seiner zeitlichen Dimension.

8.3.3.1 Verhandlungsphase: Spannungszustand Anbahnung

Die Fallstudie „Wanna Challenge?“ hat gezeigt, dass die Anbahnung in China einseitig ver-laufen ist. Es wurde in der Fallstudie der deutsche Anbieter die Dolce Media GmbH bzw. Uniart bei CCTV aktiv. Zunächst sollen die einzelnen Kosten-Nutzen-Kalküle der Beteilig-ten betrachtet werden.

Die Rechte an dem Format „Wetten, dass..?“ für die weltweite Vermarktung und auch für China lagen zunächst bei der ZDF Enterprises GmbH. Ihre Nutzenerwartung war einerseits persönlich bedingt: nämlich das Flaggschiff des ZDFs weltweit zu vermarkten. Andererseits lag eine klare monetäre Nutzenerwartung vor: ein klassischer Programmverkauf, der ein ver-nünftiges Verhältnis zwischen Aufwand und Ertrag erwirtschaftet. Diese Vorstellung des klassischen Programmverkaufs wurde durch die o.g. informelle Regel, welche sich durch ei-nen Trial-and-Error-Prozess entwickelt hatte, verstärkt. Kosten in der Anbahnung sind seitens der ZDFE nicht entstanden: Uniart ist als aktiver Part an die ZDFE herangetreten, um das Format an CCTV zu vermitteln. Diese Versuche sind bei der ZDFE aufgrund der klaren Vor-stellungen bzgl. des Programmverkaufs fehlgeschlagen. Vor diesem Hintergrund konnte die Dolce Media GmbH die Lizenz vom ZDF erwerben. Für die ZDFE ist auf diesem Weg ein für sie positives Kosten/Nutzen-Kalkül erwirtschaftet worden.

Die Motivation zur Vermarktung der Lizenz in der Fallstudie „Wanna Challenge?“ lag bei der Dolce Media GmbH auf unterschiedlichen Nutzenerwartungen. Zunächst hatte man sich ei-nen monetären Nutzen aus dem Vertragsgegenstand versprochen, um den Erwerb der Lizenz von „Wetten, dass..?“ für die VR China von der ZDF Enterprises GmbH zu kompensieren. Daneben waren persönliche Nutzenerwartungen präsent: die Positionierung der erfolgreichs-ten Sendung Europas als die erfolgreichste Sendung der Welt, der allgemeine Ansporn einer erfolgreichen Vermarktung in China und die Möglichkeit, durch einen Markteintritt in China ein Netzwerk aufzubauen. Letzterer Nutzen kann als Folgenutzen identifiziert werden. Neben den Nutzenerwartungen müssen die Transaktionskosten der Anbahnung betrachtet werden. Neben den monetären Kosten aus dem Erwerb der Lizenz vom ZDF, konnten in der

Page 169: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

152 Kapitel 8

Fallstudie „Wanna Challenge?“ vor allem die „Mühe und Zeit“ als Transaktionskosten in der Anbahnungsphase identifiziert werden, die man aufbrachte, um mögliche Kontaktpersonen als „Türöffner“ nach China zu akquirieren. Wie die Ausführungen zu den fundamentalen und abgeleiteten Institutionen zeigten, sind keine weiteren Transaktionskosten in der Phase ange-fallen. Es konnte jedoch festgestellt werden, dass der Einsatz eines Intermediärs transaktions-kostensenkend auf die Anbahnung wirkte.

Als Intermediär wurde Uniart tätig. Die Nutzenerwartungen waren hauptsächlich monetärer Natur. Als Ko-Produzent wollte man zusammen mit CCTV das Format umsetzen. Auch hier konnte festgestellt werden, dass die Transaktionskosten des Intermediärs insbesondere in der aufgebrachten Mühe und Zeit lagen. Bei dem Intermediär , der bereits seit dem Jahr 2001 des Öfteren bei der ZDFE vorgesprochen hatte und bei CCTV Vorarbeiten geleistet hatte, ist an-zunehmen, dass er in der Anbahnungsphase auch monetäre Kosten bspw. in der Form von Reisekosten zu verzeichnen hatte.

Diese zunächst einseitige Aktivität der Anbahnung erfordert zumindest ein Mindestmaß an Nutzen der gegenüberliegenden Seite, damit es zu einem Erstkontakt und damit zum Ab-schluss der Phase der Anbahnung kommt. Der Intermediär (Uniart) hatte durch seine guten Kontakte zu CCTV und entsprechenden Vorleistungen gegenüber CCTV, wie bspw. das Er-klären des Formats einen persönlichen Erstkontakt zwischen der Dolce Media GmbH und CCTV ermöglicht. Wie sich seitens CCTV herausstellte – zur Zeit der Vermarktung war das der Dolce Media GmbH nicht bekannt – hat CCTV einen Programmwechsel für Oktober initi-iert. CCTV hatte somit bereits den in Kapitel 7.3.1.3 erörterten internen Wettbewerb für den Programmwechsel gestartet und bereits vier der fünf Sendeplätze vergeben. Für den Sende-platz zur chinesischen Prime-Time am Sonntagabend suchte man noch nach einem für Chine-sen vollkommen neuartigen und international ausgerichteten Format. Auf diese Weise konnte auch festgestellt werden, dass neben den Bedingungen der Nutzensteigerung für das Erreichen der Phase der Anbahnung die Dolce Media GmbH sich zusätzlich gegenüber Wettbewerbern durchsetzen musste. Somit war bereits in dieser Phase die Bedingung der Nutzensteigerung der Transaktionspartner unter Wettbewerbsbedingungen relevant. Aufgrund der einseiti-gen Aktivität seitens der Dolce Media GmbH und Uniart sind für CCTV in der Anbahnung keine Kosten entstanden.

In den Ausführungen in Kapitel 6.4.4 wurden drei Einflussgrößen für die Stärke des Prob-lemlösungsdrucks unterschieden:

(1) Konsequenzen bei Erreichen oder Nichterreichen der nächsten Phase (2) Schwierigkeit zur Erreichung der nächsten Phase und Verfügbarkeit der Mittel (3) Verfügbares Zeitbudget

Aufgrund der aufgeführten Kosten/Nutzen-Aufstellung ist anzunehmen, dass bei der Dolce Media GmbH Punkt 1 und bei CCTV Punkt 3 ausschlaggebend für die Stärke des Problemlö-sungsdrucks waren. Die wesentliche Konsequenz bei Nichterreichen der ersten Phase seitens

Page 170: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 8 153

der Dolce Media GmbH (kein Erreichen eines Erstkontaktes) wäre eine Verbuchung vermut-lich hoher monetärer sunk costs gewesen. Seitens CCTV wurde der Problemlösungsdruck durch den Zeitdruck erhöht, bis Oktober für den offenen Sendeplatz ein passendes Format zu finden. Bei Uniart sind die Einflussgrößen neutral zu bewerten.

Da es zu einem Erstkontakt zwischen der Dolce Media GmbH und CCTV kam, ist anzuneh-men, dass die jeweiligen Bedingungen der Nutzensteigerung und diese auch unter Wettbe-werbsbedingungen unter Berücksichtigung der jeweiligen Einflussgrößen auf den Lösungs-druck von allen Beteiligten gegeben waren.

Es zeigte sich, dass die zeitliche Anbahnungsphase zwischen Uniart und der ZDFE drei Jah-re dauerte. Als die Lizenz bei der Dolce Media GmbH lag, konnte die Phase der Anbahnung innerhalb eines Monats abgeschlossen werden.

8.3.3.2 Verhandlungsphase: Spannungszustand Vereinbarung

Das Kosten/Nutzen-Kalkül aus der Anbahnung wird zunächst weiterhin bei beiden Akteuren als gegeben angenommen. Der Einsatz des China-Projektbeauftragten seitens der Dolce Me-dia GmbH in dieser Phase – wie bestätigt – fließt jedoch transaktionskostensenkend in das Kosten-Nutzen-Kalkül mit ein.

Das Format, welches in den Verhandlungen konkret anhand von Anschauungsmaterial vorge-stellt wurde, hat die Nutzenerwartungen CCTVs an ein Format, welches für den Pro-grammwechsel benötigt wurde, bestätigt. Das Format entspricht der Ideologie der Chinesen, ist vollkommen neuartig auf dem chinesischen Fernsehmarkt und ist international ausgerich-tet. Dass diese Nutzenerwartungen realistisch erfüllt werden könnten, hat CCTV anhand von zwei Qualitätskriterien identifiziert: die erfolgreichste Sendung Europas und eine ZDF-Sendung (CCTV hatte in der Vergangenheit gute Erfahrungen aus gemeinsamen Produktio-nen mit dem ZDF gemacht).

Als feststand, dass CCTV keinen Lizenzpreis zahlt und die Verantwortlichen andeuteten, das Format alleine in China umzusetzen, mussten die Kosten/Nutzen-Kalküle seitens der Dolce Media GmbH revidiert werden.

Dieser Zeitpunkt hat sich in der Studie als wichtiger strategischer Wendepunkt in einer Ge-schäftsbeziehung mit Chinesen erwiesen und einige Unternehmen scheitern lassen. Hier findet das vorgestellte „Comparison Level“ nach Thibaut und Kelly erneut Anwendung. Unter-nehmen, die eine feste und damit planbare Nutzengröße in der Form eines festen Lizenzprei-ses in ihrer Nutzenerwartung ansetzen und dieses als Comparison Level anlegen, werden vermutlich kein Kompensationsgeschäft eingehen, dessen Nutzen ex ante schwer abzuschät-zen ist.

Der erwartete Nutzen aus dem Vertragsgegenstand in der Form eines Lizenzpreises der Dolce

Page 171: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

154 Kapitel 8

Media GmbH wurde durch einen Nutzen aus Werbezeiten im größten Werbemedium Chinas (CCTV) substituiert. Der Nutzen wurde aufgrund des schwierigen Zugangs zum chinesischen Werbemarkt, wie die Ausführungen in Kapitel 2.4 erwiesen, als hoch angesehen.

Seitens CCTV hat sich in den Verhandlungen herausgestellt, dass CCTV ebenfalls ihr Kos-ten/Nutzen-Kalkül überdenken musste. CCTV befürchtete ein hohes Risiko in der Umset-zung, nämlich nicht genügend Wettkandidaten und auch Stars akquirieren zu können. Eng damit verbunden war ihr fehlendes Wissen an einer derartigen Sendung im Gegensatz zu der jahrerlangen Erfahrung des deutschen Gegenüber.

Betrachtet man die Einflussgrößen auf den Problemlösungsdruck, lässt sich ebenfalls eine Änderung vermuten:

(1) Konsequenzen bei Erreichen oder Nichterreichen der nächsten Phase (2) Schwierigkeit zur Erreichung der nächsten Phase und Verfügbarkeit der Mittel (3) Verfügbares Zeitbudget

Neben den bereits in der Phase der Anbahnung identifizierten Einflussgrößen seitens der Dol-ce Media GmbH und CCTV ist von beiden Seiten jeweils eine weitere Einflussgröße erkenn-bar. Bei der Dolce Media GmbH trifft neben Punkt 1 nun auch Punkt 2 zu: Die Aufgabe bzw. eine Vereinbarung zu erreichen hat sich unter gleichen Bedingungen schwieriger gestaltet und die zur Verfügung stehenden Mittel zur Erreichung einer Vereinbarung als begrenzt erwiesen, was zu der Erhöhung des Problemlösungsdrucks führt. Bei CCTV ist zusätzlich zu Punkt 3 nun Punkt 1 zu vermuten: Bei Scheitern einer Vereinbarung würde CCTV das Format „Wet-ten, dass..?“ nicht alleine umsetzen können.

Da es zu einer Einigung kam, konnten von beiden Partnern die Bedingungen der Nutzenstei-gerung bzw. auch unter Wettbewerbsbedingungen erfüllt werden. Für letztere Bedingung war entscheidend, dass CCTV ein internationales und neuartiges Format suchte, welches bei dem internen Wettbewerb CCTVs nicht zu finden möglich war.

CCTV und Uniart identifizierten folgende Erfolgsfaktoren der Dolce Media GmbH: Kurze Entscheidungswege Flexible Strategien, offene Verhandlungstaktik Kulturelle Offenheit Unbürokratische Verwaltungswege Geringe Bedeutung eines vertraglichen Absicherungsgedankens

Zeitlich betrachtet, war die Phase der Vereinbarung innerhalb einer Woche abgeschlossen.

Die Phase der Abwicklung, Kontrolle und Anpassung ging fließend in die Betriebsphase über aufgrund des zeitlichen Drucks des Produktionsbeginns, der einen Monat nach der erzielten

Page 172: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 8 155

Vereinbarung bereits festgesetzt war.

8.3.3.3 Lizenz versus Kopie

Nachdem in der Phase der Vereinbarung die Frage nach „Lizenz oder Kopie“ relevant wurde, soll an dieser Stelle anhand einer inhaltlichen Analyse des Formats konkretisiert werden, wa-rum das Format „Wetten, dass..?“ lizenziert wurde und „DSDS“ kopiert. Die Ausführungen orientieren sich an den Ergebnissen der Begriffsdefinition eines Fernsehformats in Kapitel 3. Zunächst wurde das Papierformat, welches die grundlegende Idee beinhaltet und das Format i.e.S., welches als Wissenspaket definiert wurde und eine Adaption in ein anderes Land er-möglicht, unterschieden. Des Weiteren zeichnet sich ein Unterhaltungsformat durch bestimm-te Merkmale aus, welche in einer konkreten Fernsehsendung Gestalt annehmen. In Abbildung 43 sind das Papierformat, das Format i.e.S. (Wissenspaket) und alle spezifischen Merkmale eines Fernsehformats aufgelistet und das jeweilige Originalformat seinem chinesischen Pen-dant gegenübergestellt.540

Wetten, dass..? Wanna Challenge? Bedeutung DSDS Super Girl

Papierformat:

Idee

Kombination aus Wetten, Showacts und Interviews mit promi-nenten Gästen

identisch sehr wichtig

Gesangswettbewerb mit interaktiven Ele-menten und cross-medialen Produktkon-zept

identisch

Merkmale: Titel Wetten, dass..? Wanna Challenge? DSDS Super Girl Titelmusik unterschiedlich unterschiedlich

Symbole Couch identisch (mit An-fangsschwierigkeiten)

bekannte Jury durch Dieter Bohlen

keine prominente Juryunterschiedliche Jury

Moderatoren prominent: Thomas Gottschalk

prominent: Zhu Jun wichtig

prominent: Marco Schreyl und Tooske Ragas

prominent: Li Xiang und Wang Han

Aufzeichnung/Live Live im Studio Aufzeichnung im Studio (teilweise live bei Sondersendungen)

Aufzeichnung und Live (bei Top 20 und Mottoshows)

angelehnt

bühnenartige Kulisse unterschiedlich unterschiedlich

Außenaufnahmen ja durch Außenwette und Stadtwette

nein, jedoch Einspie-lung Außenwette

nein (Ausnahme Open Air Casting) nein

Fester Handlungsablauf Ja ja sehr wichtig

ja gegeben durch die verschiedenen Wett-bewerbsphasen: Casting, Recall, Top 20 Shows und Mottoshows

angelehnt

Anwesenheit von Publikum

1.200-3.000 im Studio, bis zu 10.000 bei Sommer-"Wetten, dass..?"

500 im Studio, bis zu 30.000 bei Sondersen-dung

ja in Top 20 Shows und Mottoshows angelehnt

fester Sendeplatz Samstag, Prime Time Sonntag, Prime Time Liveshows Samstag Prime Time

Liveshow Dienstag Prime Time

Format i.e.S.: Wissenspaket sehr wichtig

Abbildung 43: "Wetten, dass..?" und "DSDS" im Vergleich zum chinesischen Pendant

540 Eigene Darstellung.

Page 173: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

156 Kapitel 8

Beim Vergleich von „DSDS“ und „Super Girl“ kann man feststellen, dass beide Formate auf der gleichen Grundidee basieren: ein Gesangswettbewerb mit der Kombination aus interakti-ven Elementen und einem cross-medialen Produktkonzept. Auch der feste Handlungsablauf des Formats, der sich in den einzelnen Phasen „Casting, Recall, Top 20 Shows und Mottoshows“ zeigt, ist fast deckungsgleich. Alle weiteren Elemente des Formats, wie das Lo-go oder die Titelmusik wurden vom chinesischen Pendant nicht übernommen.

Für CCTV war zunächst die grundlegende Idee des Formats von „Wetten, dass..?“ für eine erfolgreiche Transaktion entscheidend, also die Kombination aus Wetten, Showacts und Stars als Wettpaten, die anhand eines ausgefeilten festen Handlungsplans umgesetzt wird.

Es ist eine gleiche Ausgangssituation wie bei dem Format „DSDS“ festzustellen.

Während der Verhandlungen zeigte sich jedoch die Befürchtung seitens CCTV, nicht selbst genügend Wettkandidaten akquirieren zu können. Aus dieser Erkenntnis heraus wurde das Wissenspaket um das Format für CCTV interessant. CCTV schätzte die Relevanz dieses Wis-senspakets hoch ein. Neben der Vermittlung von deutschsprachigen Wettkandidaten, konnten die Vermittlung von Stars, die Beratung des erfahrenen Partners vor Ort in China und die In-anspruchnahme des deutschen Sendematerials als weitere Nutzenelemente identifiziert wer-den. Des Weiteren zeigte CCTV großes Interesse an der Möglichkeit, aus den Erfahrungen der ZDF-Kollegen vor Ort bspw. durch einen Besuch von „Wetten, dass..?“ in Deutschland zu lernen. Wissen ist personenabhängig und kann nur durch einen Erfahrungsaustausch mit Kol-legen kommunizierbar gemacht werden und folglich dann auch in China umgesetzt werden.

Ausschlaggebend dafür, dass das Format „Wetten, dass..?“ in China nicht kopiert wurde, liegt im großen Nutzen seitens CCTVs im Wissenspaket um das Format begründet.

Es müssen seitens des chinesischen Akteurs eineindeutige Vorteile vorliegen, um ein Lizenzgeschäft über ein Unterhaltungsformat abzuschließen.

8.3.3.4 Betriebsphase

Nach den erfolgreichen Verhandlungen starteten beide Partner zeitnah mit den Planungen und Vorbereitungen der Betriebsphase.

Die Betriebsphase kann in zwei Phasen eingeteilt werden: in die Einführungsphase und in die Wachstumsphase. In der Einführungsphase wird das Format erstmals in China umgesetzt. Basis der Umsetzung war der Kern des transformierten Objektbündels. Der feste Handlungs-ablauf bestehend aus der Mischung „Wette, Showact und Interview mit prominenten Gästen“ war für CCTV sehr ausgefeilt und wurde mit einigen wenigen Änderungen, wie bspw. der Kürzung der Interviews wegen der 1-stündigen Sendezeit vom deutschen Format übernom-men. Wichtig in dieser Einführungsphase war, den Kern von „Wetten, dass..?“ umzusetzen, jedoch die Sendung an chinesische Gegebenheiten anzupassen, wie die Ausführungen der Fallstudie zeigten. Nach ca. vier Monaten hat sich ein für Chinesen bewährter Handlungsab-

Page 174: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 8 157

lauf gefestigt und die Produktionen haben einen routinierten Ablauf genommen.

In der Wachstumsphase ist vorrangig, das Format weiter zu professionalisieren und weiter auszubauen. Das zeigt sich einerseits an den großen Sondersendungen von „Wanna Challen-ge?“, die CCTV fest in seinem Fernsehprogramm etabliert hat und andererseits an den zusätz-lichen Investitionen in die Sendung wie bspw. der Einsatz des bekannten Moderators Zhu Jun.

Abbildung 44 zeigt den zeitlichen Transformationsprozess von „Wetten, dass..?“ nach China noch einmal graphisch.541

Abbildung 44: Der Transformationsprozess von "Wetten, dass..?" nach China

541 Eigene Darstellung.

2004 2005 2006 2007

Aug 04: Beginn 1. Prod.

Okt 04: Beginn 1. Ausstr.

Jan 05: eingespielter Hand-lungsablauf

Feb 05: Beginn Sondersendungen

fehlgeschlagene Verhandlung

erfolgreiche Verhandlung

Betriebsphase

T R A N S F O R M A T I O N S P R O Z E S S

2001

Juli 04: Vertrags-Verh. u. Abschluss DM u. CCTV

Start Uniart u. ZDFEnterprises Verhandlg.

Mai 04: Li-zenzerwerb d. DM v. ZDF Enterprises

Juni 04: Gespräche Uniart u. DM

Dez 04: Uniart beiWD

Mrz 05: 1. Besuch Delegation beiWD in D

Mai 05: Besuch Delegation bei So-WD in Aspendos

Juni 07: Besuch Delegation bei So-WD auf Mallorca

Page 175: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

158 Kapitel 8

Die Betriebsphase befindet sich nach fünf Jahren seit der ersten Sendung immer noch auf Wachstumskurs. Das Format hat sich in China sehr gut bei den Zuschauern etabliert. Zu Be-ginn der Verhandlungen zu der Transformation waren beide Geschäftspartner an einer lang-fristigen Geschäftsbeziehung interessiert. Insofern scheinen durch die noch anhaltende gute Geschäftsbeziehung zwischen CCTV und der Dolce Media GmbH alle vergangenen und zu-künftigen Nutzenerwartungen beider Partner nach wie vor erfüllt.

Als Definition von Internationalisierung wurde zugrunde gelegt: Internationalisierung bedeutet, dass zwei oder mehrere Akteure innerhalb eines be-stimmten Institutionengefüges eine internationale Kooperation eingehen, um ihren Wohlstand zu verbessern.

Die Analyse der beiden Transformationsprozesse konnte bestätigen, dass die Akteure der Fallstudie „Derrick“ als auch der Fallstudie „Wanna Challenge?“ ein Lizenzgeschäft mit ei-nem chinesischen Akteur eingingen - bei „Wanna Challenge?“ in der Form eines Barterdeals – und das innerhalb des Institutionengefüges des Ziellandes Chinas, um ihren Wohlstand zu verbessern. Deshalb kann man bei beiden Fallstudien von einer erfolgreichen Internationali-sierung sprechen.

8.4 Der Bezugsrahmen im Kontext existierender Internationalisierungstheorien

In der Arbeit wurde das Begriffsverständnis von Internationalisierung gewählt, das den Men-schen und sein Agieren innerhalb eines bestimmten Handlungsrahmens in den Mittelpunkt stellt. Diese Entscheidung hat sich als richtig erwiesen. Die Ausführungen zeigten, dass der Mensch als Akteur gerade vor dem Hintergrund der hohen kulturellen Bedeutung in China eine wesentliche Rolle im Transformationsprozess eines Fernsehformats einnimmt.

Internationalisierung am Beispiel der Transformation eines Fernsehformats in der Arbeit gleichzusetzen mit dem Verständnis einer bestimmten Markteintrittsform wäre nicht passend. Die Ausführungen haben gezeigt, dass für diese Betrachtung nicht die Markteintrittsform sondern der Weg dorthin entscheidend ist nach dem Motto: „Der Weg ist das Ziel.“ Ebenfalls wäre eine funktionsorientierte Sichtweise von Internationalisierung, die bestimmte Probleme oder bestimmte Fragestellungen fokussiert nicht zielführend gewesen. Es sollte ge-rade der Transformationsprozess in seiner Offenheit analysiert werden ohne jegliche ex ante Beschränkungen.

Betrachtet man den Schwerpunkt der Untersuchung, konnte man in Kapitel 4 erste Anknüp-fungspunkte der existierenden Internationalisierungstheorien an die Forschungsfrage erken-nen, die ihren jeweiligen Fokus auf die Temporalität, die Modalität und die Lokalität der Internationalisierung setzen.

Page 176: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Kapitel 8 159

Wie verläuft eine Transformation eines Fernsehformats … fokussiert werden der Prozess der Transformation und das zu transformierende Objekt (Frage der Temporalität und der Modalität).

… nach China? fokussiert wird der Standort (Frage der Lokalität).

Vor dem Hintergrund der Ergebnisse der Arbeit sollen nun die in Kapitel 4 als wichtig erach-teten Aspekte einzelner Theorien für das Forschungsvorhaben noch einmal kurz reflektiert werden.

Zu den Theorien der Temporalität: Bei Vernon wurde die dynamische Komponente betont und die richtige Timing-Strategie ei-ner Internationalisierung, die anhand des Kriteriums des Produktlebenszyklusses festgesetzt wurde. Auch wenn Vernon Empfehlungen über bestimmte Markteintrittsformen trifft, konnte auch die Bedeutung eines Fernsehformats in seinem Produktlebenszyklus in den Fallstudien festgestellt werden. Auffällig ist, dass von den Chinesen nur sehr erfolgreiche Formate und somit Formate in ihrer Wachstumsphase lizenziert bzw. kopiert wurden: die erfolgreichste Unterhaltungsshow Europas „Wetten, dass..?“, die erfolgreichste Krimiserie Deutschlands „Derrick“ und das erfolgreichste Musikkonzept Deutschlands „Deutschland sucht den Super-star“. Im Rahmen der Untersuchung wurde der Produktlebenszyklus des zu transformierenden Fernsehformats innerhalb des Transformationsprozesses und dort in die Betriebsphase inte-griert.

Zu den Theorien der Lokalität: Die Standorttheorie betont die Relevanz der Standortfaktoren für die Wahl des Zielmarktes und für die Wahl der Markteintrittsform. Diese Aspekte sind für das Forschungsvorhaben nicht ausschlaggebend. Das Zielland China ist fest gegeben und wie bereits erwähnt, steht eine bestimmte Betrachtung einer Markteintrittsform in der Analyse im Hintergrund. Interes-sant ist jedoch die Unterscheidung der Standortfaktoren nach Kappich, der diese in „nicht durch kurzfristig herbeigeführte Entscheidungen manipulierbar“ und in „natürliche Standort-faktoren“ unterscheidet. Hier sind in der Analyse Parallelen zu den Institutionen der funda-mentalen und abgeleiteten Institutionen erkennbar. Ebenfalls wurden die Aussagen von Teesch zu den zeitlichen Veränderungen diverser Standortfaktoren betont. Auch in der Analy-se wurde auf die Dynamik der institutionellen Umwelt verwiesen.

Page 177: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

160 Kapitel 8

Zu den Theorien der Modalität: Interessant bei den Ausführungen zahlreicher Theorien zur Modalität ist, – von ihren Empfeh-lungen zu bestimmten Markteintrittsformen einmal abgesehen – dass sie alle von der Wich-tigkeit eines vorhandenen Vorteils von Unternehmen für eine Internationalisierung ausgehen: Smith (Kostenvorteil), Ricardo (Kostenvorteil), Posner (Technologievorteil), Dunning (Ei-gentumsvorteil). Hymer und Porter sprechen sogar von der Bedeutung und von der Voraus-setzung eines Wettbewerbsvorteils für eine Internationalisierung. Die Analyse zeigt, dass das Konzept der Wettbewerbsvorteile auch Relevanz in der Transformation eines Fernsehformats hat. Es hat sich erwiesen, dass nur Formate lizenziert wurden, aus denen sich ein eindeutiger Nutzen seitens der Chinesen widerspiegelte. Man kann davon ausgehen, dass es sich insbe-sondere beim Format „Wanna Challenge?“ und hier im integrierten Wissenspaket um einen strategischen Wettbewerbsvorteil handelt: Das Wissenspaket war für CCTV nicht nur wahr-nehmbar und wichtig, sondern auch strategisch bedeutend. Des Weiteren wurde in Kapitel 4 der Ansatz von Aharoni hervorgehoben insbesondere sein Gedanke der Lernfähigkeit von Unternehmen und auch, dass nicht-ökonomische Faktoren eine Entscheidung über eine Aus-landstätigkeit auslösen können. Beides konnte ebenfalls in der empirischen Analyse identifi-ziert werden: einerseits schlugen sich die Erfahrungen der ZDFE über ihre diversen Vermark-tungsaktivitäten in ihren weiteren Vermarktungsentscheidungen nieder und anderseits ergab die Analyse von „Wanna Challenge?“, dass auch nicht monetäre Nutzenkomponenten in das Kosten/Nutzen-Kalkül zur Entscheidung über eine Vermarktung mit einflossen.

Es wurde bereits darauf verwiesen und wird von mehreren Autoren immer wieder bestätigt, dass es eine sogenannte Supertheorie auch für das Forschungsgebiet der Internationalisierung nicht gibt. Forscher können nur einen kleinen Ausschnitt des umfassenden Gebietes beleuch-ten und mit ihrem jeweiligen verfügbaren Instrumentarium Erklärungsversuche für vorliegen-de Phänomene starten. Mit der Wahl, einen Transformationsprozess eines Fernsehformats nach China anhand der Neuen Institutionenökonomie mitsamt dem Institutionengefüge zu analysieren, konnte man einen großen Lichtstrahl auf das Forschungsvorhaben werfen. Der angewandte und erarbeitete Bezugsrahmen in Kapitel 6 zeigte sich einerseits zielorientiert dem Forschungsvorhaben gegenüber und wie die Ausführungen in diesem Kapitel bestätigen dennoch offen zur Gestaltung.

Page 178: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

9 Ausblick

Auch eine Reise von 1000 Meilen fängt mit dem ersten Schritt an. (chinesisches Sprichwort)

In der Problemstellung wurde darauf verwiesen, dass der Zugang zum chinesischen Medien-markt sich sowohl für die Medienbranche als auch für die Wissenschaft schwierig erweist. Gemäß dem Sprichwort fängt jede Reise mit dem ersten Schritt an. Es ist sowohl für einen Forscher reizvoll, in ein kulturfremdes Forschungsgebiet wie es in China der Fall ist, einzu-dringen als auch für Unternehmen der Medienbranche, denen der Markt China zahlreiche Möglichkeiten eröffnet. Die Untersuchung zeigte jedoch, dass für eine erfolgreiche Vermark-tung eines Fernsehformats der erste Schritt „dieser Reise“ entscheidend sein kann.

Im Mittelpunkt der Betrachtung stand die zentrale Frage: Wie verläuft eine Transformation eines Fernsehformats nach China?

Aus der zentralen Frage ergaben sich folgende Forschungsfragen:

Welche Bedeutung hat das zu transformierende Wirtschaftgut in der Form des Fern-sehformats innerhalb des Transformationsprozesses?

Welche Bedeutung haben die Rahmenbedingungen des Ziellandes für den Transforma-tionsprozess?

Welche Kosten/Nutzen-Relationen der Akteure bestimmen den Transformationspro-zess?

Wie gestaltet sich der Transformationsprozess (inhaltlich, ökonomisch, zeitlich)?

Anhand der empirischen Analyse war es möglich, den Transformationsprozess inhaltlich, ökonomisch und zeitlich zu analysieren und durch die theoretische Fundierung mittels der Neuen Institutionenökonomie zu untermauern. Es konnten sowohl die Bedeutung des Fern-sehformats in seiner Eigenschaft als Wirtschaftsgut analysiert werden, als auch die unter-schiedlichen Kosten/Nutzen-Relationen der einzelnen Akteure.

Auffallend bei der Bearbeitung war die entscheidende Rolle der staatlichen Regulierung. Ob-wohl sich die Medienlandschaft Chinas selbst in einem Transformationsprozess befindet, gibt es kaum Anzeichen dafür, dass dieser Prozess seitens der staatlichen Regierung vorangetrie-ben wird. Einer bei der Bevölkerung erkennbaren Öffnung in Richtung Westen, steht eine starke staatliche Regulierung gegenüber.

Des Weiteren hat die Untersuchung gezeigt, wie tief verwurzelt ein chinesischer Akteur mit seiner Kultur ist. Diese Selbstverständlichkeit des Festhaltens an Werten wie bspw. Vertrauen oder Harmonie zeigt sich im Handeln chinesischer Akteure auch gegenüber Geschäftspart-nern. Diese Werte-Orientierung, die in China evolutionär bedingt ist, ist derzeit im europäi-schen Raum ein wiederentdecktes und somit aktuelles Forschungsthema. Dieses erneute Inte-

B. Bodenstein-Köppl, Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China, DOI 10.1007/978-3-8349-6505-9_9, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011

Page 179: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

162 Kapitel 9

resse liegt im europäischen Raum vermutlich in der bestehenden Wirtschaftskrise begründet. Eine Chance, sich als Europäer diesen Werten wieder bewusst zu werden. Denn die Ausfüh-rungen zeigten, dass eine Werte-Orientierung in China für eine erfolgreiche Transformation eines Fernsehformats erfolgsversprechend ist.

Die These, die der Arbeit zugrunde liegt, hat sich in der Untersuchung bestätigt: Die Transformation eines Fernsehformats in die VR China ist ein spezifischer Prozess, der geprägt ist von den Eigenschaften des Wirtschaftsgutes, bestimmten Rahmenbedingungen des Ziellandes und Verhaltensweisen der beteiligten Akteure.

Mittels des Institutionengefüges der Neuen Institutionenökonomie konnten deutlich die Rah-menbedingungen, mit denen ein deutscher Akteur bei einem Markteintritt in China konfron-tiert ist, aufgezeigt und anhand des Transformationsprozesses eines Fernsehformats analysiert werden. Des Weiteren zeigte der Bezugsrahmen eine offene Struktur für weitere Forschungs-bemühungen. Es wäre wünschenswert, den Strahl auf das Forschungsgebiet, so wie er in die-ser Arbeit auf das Forschungsgebiet geworfen wurde, weiter zu beleuchten.

Page 180: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Anhang

Anhang 1: Übersicht Interviewpartner542

542 Eigene Darstellung.

Interviewpartner

Tianshu Cao Produktionsleitung „Wanna Challenge?“, CCTV, Beijing Telefoninterview (07/2007), persönlich geführtes Interview (06/2009) Dr. Jian Wang

Geschäftsführer, Uniart Production ICT Management GmbH, Wien und Peking Telefoninterview am (07/2007), persönlich geführtes Interview (06/2009) Christoph Gottschalk Geschäftsführer, Dolce Media GmbH, München Persönlich geführtes Interview (07/2007) Dr. Djavid Salehi Projektleitung China, Dolce Media GmbH, München Persönlich geführtes Interview (07/2007) Anton Piëch Projektleitung China und Sinologe, Dolce Media GmbH, München Persönlich geführtes Interview (07/2007) Uwe Kräuter Präsident, Asia World Network Ltd., Beijing Telefoninterview (07/2007), persönlich geführtes Interview (02/2009)

B. Bodenstein-Köppl, Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China, DOI 10.1007/978-3-8349-6505-9, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011

Page 181: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

164 Anhang

Anhang 2: Gesprächsleitfaden Interview543

543 Eigene Darstellung.

Gesprächsleitfaden

Motive für die Transformation

Verlauf des Transformationsprozesses

o Phasen des Leistungsaustausches o Betriebsphase o Geschäftsmodell o Besonderheiten beim Transformationsprozess

Erfolgsfaktoren des transformierten Formats

Geplante zusätzliche Vermarktungsaktivitäten

Page 182: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Literaturverzeichnis

Abele, C. (2006): Kopieren lernt in China jedes Kind, unter: http://www.handelsblatt.com/news/Unternehmen/Aussenwirtschaft/_pv/grid_id/916972/_p/302044/_t/ft/_b/1190842/default.aspx/kopieren-lernt-in-china-jedes-kind.html, Abruf am: 11.10.2008.

AGF/GfK-Fernsehforschung (2003): Top 50. Jahr 2003. Zuschauer gesamt, pc#tv aktuell, ZDF-Auswertung, Fernsehpanel (D).

Aharoni, Y. (1966): The foreign investment decisions process, Boston (Harvard Business).

Aldenrath, P. (2005): Morgenecho-Serie: Sechs Deutsche im Reich der Mitte, unter: http://www.wdr5.de/sendungen/morgenecho/manuskript/080820_aldenrath.pdf, Abruf am: 20.7.2007.

Alston, J. P. (1989): Wa, Guanxi, and Inhwa. Managerial Principles in Japan, China, and Korea, in: Business Horizons, Vol. 32, Issue 2, march-april 1989, S. 26-31.

Alt, J. R./Calvert, R./Humes, B. (1988): Reputation and Hegemonic Stability. A Game theo-retic analysis, in: American Political Science Review, Vol. 82, No. 2, S. 445-466.

Bain, J. S. (1956): Barriers to New Competition. Their character and consequences in Manu-facturing Industries, Cambridge (Harvard University Press).

Bain, J. S. (1959/1968): Industrial Organization, New York/London/Sydney (Wiley & Sons).

Becher, A. (2005): China sucht den Superstar, unter: http://blog.handelsblatt.de/china/eintrag.php?id=13, Abruf am: 5.9.2007.

Becker, U. (1996): Das Überleben multinationaler Unternehmungen. Generierung und Trans-fer von Wissen im internationalen Wettbewerb, Frankfurt am Main (Lang).

Beier, F. (1990): Die Zukunft des geistigen Eigentums in Europa. Gedanken zur Entwicklung des Patent-, Gebrauchs-, und Geschmacksmusterrechts, in: Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft, 89. Jg., S. 387-406.

Bell, D. (2000): Guanxi. A nesting of groups, in: Current Anthropology, Vol. 41, No. 1, S. 132-138.

Berghaus, M./Staab, J. F. (1991): Fernseh-Shows auf deutschen Bildschirmen. Eine Inhalts-analyse aus Zuschauersicht, München (Fischer).

Bertelsmann (2005): Das Superformat, unter: http://www.investis.com/reports/btg_ar_2005_ de/pdf_cache/btg_ar_2005_de_extract_18-23.pdf, Abruf am: 21.7.2007.

B. Bodenstein-Köppl, Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China, DOI 10.1007/978-3-8349-6505-9, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011

Page 183: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

166 Literaturverzeichnis

Biernat, U. (2001): Quiz und Reality-TV sind im Grunde uralt, in: tendenz, Nr. 2/2001, S. 16-17.

Björkman, I./Kock, S. (1995): Social Relationships and Business Networks. The Case of Western companies in China, in: International Business Review, Vol. 4, Issue 4, S. 519-535.

Blümelhuber, C. (2000): Rechte als zentrale Wirtschaftsgüter der e-conomy. Theoretische Grundlagen, Konzeptionelle Ansätze, Beispiele, München (FGM-Verlag).

Bodycombe, D. J. (2007): Format Creation, unter: http://www.tvformats.com/formats.html, Abruf am: 6.8.2007.

Brack, A. (2003): Das strategische Management von Medieninhalten. Gestaltungsoptionen für die langfristige Erfolgssicherung in Medienmärkten, Wiesbaden (Gabler).

Braun, G. (1988): Die Theorie der Direktinvestition, in: Untersuchungen zur Wirtschaftspoli-tik, Institut für Wirtschaftspolitik, Universität zu Köln, Nr. 75.

Breyer-Mayländer, W./Werner, A. (2003): Handbuch der Medienbetriebslehre, München (Oldenbourg).

Brunner, J. A./Chen, J./Sun, C./Zhou, N. (1989): The role of guanxi in negotiations in the Pacific Basin, in: Journal of Global Marketing, Vol. 3, No. 2, S. 7-23.

BTV (2007): Fakten Beijing TV, unter: http://www.btv.com.cn, Abruf am: 20.7.2007.

Buckley, P. J. (1981): A critical review of theories of the multinational enterprise, in: Außenwirtschaft, 36 Jg., Nr. 1, S. 70-87.

Bundesagentur für Außenwirtschaft (2004): Tipps für die Praxis. Werbung in der VR Chi-na, Köln.

CCTV (2007): Channels, unter: http://www.cctv.com/english/index.shtml, Abruf am: 15.6.2007.

Chen, M. (1992): Socialism and Confucianism: Problems of Chinese Management, in: The Journal of Contemporary China, Vol. 1. No. 1, S. 86-98.

Chen, M. (1995): Asian Management Systems. Chinese, Japanese and Korean Styles of Business, London (Thomson).

Chee, H./West, C. (2004): Myth about doing business in China, New York (MacMillan).

Chung, T. Z. (1995): Interkulturelle Kommunikation und Joint Venture Management in Chi-na in: Chung, T. Z./Sievert, H.-W. (Hrsg.), Joint Ventures im chinesischen Kulturkreis. Ein-trittsbarrieren überwinden, Marktchancen nutzen, Wiesbaden (Gabler), S. 49-61.

Page 184: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Literaturverzeichnis 167

Coleman, J. S. (1991): Grundlagen der Sozialtheorie, Band 1: Handlungen und Handlungs-systeme, München (Oldenbourg).

Coridaß, A. (2004): Ich sage nur: „China, China, China...“. Erfahrungen und Perspektiven im Mediengeschäft mit China, in: ZDF (Hrsg.), ZDF Jahrbuch 2004, Mainz, S. 174-176.

Davies, H./Leung, T. K. P./Luk, S. T. K./Wong, Y. (1995): The Benefits of ´Guanxi`. The Value of Relationships in Developing the Chinese Market, in: Industrial Marketing Manage-ment, Vol. 24, Issue 3, june 1995, S. 207-214.

Dawes, R. M. (1980): Social Dilemmas, in: Annual Review of Psychology, Vol. 31, No. 2, S. 169-193.

Deng, E. (2006): Supergirl abgespeckt, unter: http://www.stern.de/blog/33_dragon_girl/archive/370_supergirl_abgespeckt.html, Abruf am: 29.7.2007.

Deutsche Bundesbank (1997): Zur Problematik internationaler Vergleiche von Direktinves-titionsströmen, in: Monatsberichte der Deutschen Bundebank, 49. Jg., Nr. 5, S. 79-86.

Dietl, H. (1993): Institutionen und Zeit, Tübingen (Mohr).

Dietz, K./Harnischfeger-Ksoll, M. (1998): Erfahrungen im China-Geschäft. Erfolgsfaktoren, Perspektiven und Denkanstöße, Wiesbaden (Gabler).

Diller, H./Ivens B. S. (1998): Deutsch-chinesische Geschäftsbeziehungen, in: Arbeitspapiere des Betriebswirtschaftlichen Instituts, Universität Erlangen-Nürnberg, Nr. 69.

Dunning, J. (1977): Trade, Location of Economic Activity and the MNE. A Search for an Eclectic Approach, in: Ohlin, B. (Hrsg), The International Allocation of Economic Activity, London (McMillan), S. 395-418.

Dunning, J. (1979): Explaining Changing Patterns of International Production. In Defence of the Eclectic Theory, in: Oxford Bulletin of Economica and Statistics, Vol. 41, Issue 4, S. 269-295.

Dunning, J. (1980): Toward an Eclectic Theory of International Production. Some Empirical Tests, in: Journal of International Business Studies, Vol. 11, No. 1, S. 9-31.

Eickhoff, M./Hutt, B. (2004): Gegenwärtige Ausgestaltung und wünschenswerte Fortent-wicklung der Fernsehordnung der Volksrepublik China am Beispiel von China Central Tele-vision (CCTV), in: Arbeitspapiere des Instituts für Rundfunkökonomie, Universität zu Köln, Nr. 188.

Eisenhardt, K. M. (1989): Building Theories from Case Study Research, in: Academy of Management Review, Vol. 14, No. 4, S. 532-550.

Page 185: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

168 Literaturverzeichnis

Engelhardt, W./Kleinaltenkamp, M./Reckenfelderbäumer, M. (1993): Leistungsbündel als Absatzobjekte, in: zfbf, 45. Jg., Nr. 5, S. 395-426.

Erlei, M. (1998): Institutionen, Märkte und Marktphasen. Allgemeine Transaktionskosten-theorie unter spezieller Berücksichtigung der Entwicklungsphasen von Märkten, Tübingen (Mohr).

Erlei, M./Leschke, M./Sauerland, D. (2007): Neue Institutionenökonomik, Stuttgart (Schäf-fer-Poeschel).

Erling, J. (2004): Langer Marsch nach China. Mit Wetten, dass..? bekommen die Gebrüder Gottschalk Eintritt in den bald größten Fernsehmarkt der Erde, unter: http://www.welt.de/print-welt/article348435/Langer_Marsch_nach_China.html, Abruf am: 20.4.2007.

Ernst & Young (2005): Gute Unterhaltung. Die Medienbranche in Deutschland im Über-blick, München.

Eschenbach, S. (2001): Faire Spielregeln statt Formate-Klau, in: tendenz, Nr.2/2001, S. 14-15.

Faber, T./Xiaomei, F. (2005): Rechtliche Rahmenbedingungen für Film und Fernsehen in China, in: Arbeitspapiere des Instituts für Rundfunkökonomie, Universität zu Köln, Nr. 208.

Fan, Y. (2002): Guanxi´s consequences: Personal gain at social cost, in: Journal of business ethics, Vol. 38, No. 4, S. 371-380.

Fernandes, J./Liu, S. (2007): China CEO. A case guide for business leader in China, Singa-pore (Wiley & Sons).

Fey, C. (2005): Gut geklaut ist halb gewonnen, unter: http://www.medientage.de/mediathek/ archiv/2005/Fey_Christoph.pdf, Abruf am: 10.4.2007.

Fischer, D. (2002): What´s in a number? The role of statistics in China´s contemporary eco-nomic research and economic policies, in: Fischer, D./Oberheitmann, A. (Hrsg.), China im Zeichen von Globalisierung und Entwicklung. Herausforderung für die statistische Analyse und empirische Forschung, DIW Sonderheft, Nr. 173, Berlin (Duncker & Humblot), S. 25-40.

FRAPA (2009): Welcome to FRAPA, unter: http://www.frapa.org, Abruf am : 20.3.2009.

Fremantle Media (2008): About us, unter: http://www.fremantlemedia.com/about-us, Abruf am 10.9.2007.

Guo, Z. (2003): Television Regulation and China´s Entry into the WTO, in: Reihe Arbeitspa-piere des Instituts für Rundfunkökonomie, Universität zu Köln, Nr. 168_e.

Page 186: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Literaturverzeichnis 169

Haas, M./Frigge, U./Zimmer, G. (1991): Radio-Management. Ein Handbuch für Radio-Journalisten, München (Ölschläger).

Habann, F. (1999): Kernressourcenmanagement in Medienunternehmen, Lohmar (Josef Eul Verlag).

Hagen, W. (1999): Hörzeit-Formatierung. Vom medialen Verschwinden des Programms aus dem Radio, in: Paech, J./Schreitmüller, A./Ziemer, A. (Hrsg.), Strukturwandel medialer Pro-gramme. Vom Fernsehen zu Multimedia, Konstanz (UVK Medien), S. 155-184.

Hallenberger, G. (2004/2005): Fernsehformate und internationaler Formathandel, in: Hans-Bredow-Institut (Hrsg.), Internationales Handbuch Medien, Baden-Baden (Nomos), S. 159-167.

Hartmann, J. (2006): Politik in China. Eine Einführung, München (VS-Verlag).

Hass, B. H. (2002): Geschäftsmodelle von Medienunternehmen. Ökonomische Grundlagen und Veränderungen durch neue Informations- und Kommunikationstechnik, Wiesbaden (Gab-ler).

Heilmann, S. (2004): Das politische System der Volksrepublik China, 2. aktualisierte Aufla-ge, Wiesbaden (VS-Verlag).

Heilmann, S. (2009): Anweisungen kommen von oben, unter: http://www.faz.net, Abruf am 12.5.2009.

Heinkelein, M. (2004): Der Schutz der Urheber von Fernsehshows und Fernsehshowforma-ten, Baden-Baden (Nomos).

Heinrich, J. (1994): Medienökonomie, Band 1, Mediensystem, Zeitung, Zeitschrift, Anzei-genblatt, Opladen (VS-Verlag).

Hiebel, H. H. (1998): Vorwort, in: Hiebel, H. H./Hiebler, H./Kogler, K./Waltisch, H. (Hrsg.), Die Medien. Logik, Leistung, Geschichte, München (Fink), S. 9-29.

Hildebrandt, A. (2005): „Lieber Hannover als Hollywood“. Christoph Gottschalk über Chi-nesen, die Macht der Stars und „Wetten, dass..? als Exportware, Frankfurter Rundschau vom 14.5.2005, Nr. 111, S. 24.

Hilger, A. (2001): Erfolgsfaktoren für Internationalisierungsstrategien dargestellt am Beispiel des Engagements deutscher Unternehmen in der VR China, Frankfurt am Main u.a. (Lang).

Hofstede, G./Bond, M. H. (1988): The Confucius Connection. From Cultural Roots to eco-nomic Growth, in: Organizational Dynamics, spring 1988, S. 5-21.

Page 187: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

170 Literaturverzeichnis

Holtz, J. (2004): Spurensuche im Reich der Mitte. Kommissar Derrick und die Chinesen, unter: http://www.heute.de/ZDFde/inhalt/18/0,1872,2113938,00.html, Abruf am: 9.9.2007.

Holzmüller, H. H. (1997): Kulturstandards. Ein operationales Konzept zur Entwicklung kul-tursensitiven Managements; in: Engelhard, J. (Hrsg.), Interkulturelles Management. Theoreti-sche Fundierung und funktionsspezifische Konzepte, Wiesbaden (Gabler Verlag), S. 55-74.

Holzporz, S. (2001): Der rechtliche Schutz des Fernsehshowkonzepts, Münster (LIT-Verlag).

Homann, K./Suchanek, A. (2000): Ökonomik. Eine Einführung, Tübingen (Mohr).

Hong, J. (1998): The Internationalization of television in China. The Evolution of Ideology, Society and Media since the reform, Westport u.a. (Praeger).

Hunan TV (2007): About Hunan TV, unter: http://www.hunantv.com, Abruf am: 20.7.2007.

Hymer, S. H. (1976): The international operations of national firms. A study of direct foreign investment, Cambridge/London (MIT Press).

Ingwersen, A. (2005): TV Formats, unter: http://www.ebu.ch/en/union/diffusion_on_line/ television/tcm_6-39782.php, Abruf vom: 9.8.2007.

Jacobs, J. B. (1982): The Concept of Guanxi and Local Politics in a Rural Chinese Cultural Setting, in: Greenblatt, S. L./Wilson, R. W./Auerbacher, W. A. (Hrsg.), Social Interaction in Chinese Society, New York (Praeger), S. 209-236.

Jost, P.-J. (2000): Ökonomische Organisationstheorie. Eine Einführung, Wiesbaden (Gabler).

Junhao, H. (2007): The historical development of program exchange in the TV sector, in: Kops, M./Ollig, S. (Hrsg.), Internationalization of the Chinese TV sector, Berlin (LIT), S. 25-40.

Kabyl, U. (2001): Derrick. Eine Erfolgsgeschichte des deutschen Fernsehens, Köln (Teirsias).

Kaiser, T. (2004): „Mein Büro ist meine Bühne“. Christoph Gottschalk ist Chef der Dolce Media. Ein Expertengespräch über das Strippenziehen, unter: http://www.welt.de/print-wams/article119116/Mein_Buero_ist_meine_Buehne.html, Abruf am: 29.7.2007.

Kammerer, K./Schauenberg, B./von Senger, H. (2004): Guanxi oder die Ambivalenz von Netzwerkbeziehungen, in: Blümle, G. u.a. (Hrsg.), Perspektiven einer kulturellen Ökonomik, Band 1, Münster (LIT Verlag), S.173-188.

Kao, C. (1996): Personal Trust in the Large Businesses in Taiwan. A Traditional Foundation for Contemporary Economic Activities, in: Hamilton, G. G. (Hrsg.): Asian Business Net-works, Berlin/New York (von Gruyter).

Page 188: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Literaturverzeichnis 171

Kappich, L. (1989): Theorie der internationalen Unternehmenstätigkeit. Betrachtung der Grundformen des internationalen Engagements aus koordinationstheoretischer Perspektive, München (VVF).

Karstens, E./Schütte, J. (2005): Praxishandbuch Fernsehen. Wie TV-Sender arbeiten, Wies-baden (VS-Verlag).

Keane, M. (2002): As a Hundred Television Formats Bloom A Thousand Television Stations Contend, unter: http://eprints.qut.edu.au/archive/00002437/01/2437.pdf, Abruf am 11.06.2008.

Kiefer, M. L. (2001): Medienökonomik, Einführung in eine ökonomische Theorie der Medi-en, München u.a. (Oldenbourg).

King, A. Y. C. (1985): The Individual and the Group in Confucianism. A relational perspec-tive, in: Munro, D. J. (Hrsg.), Individulism and Holism. Studies in Confucian and Taoist Val-ues, Ann Arbor (Michigan Press), S. 57-68.

Kletschke, T./Trefz, H. (2005): „Wetten, dass..? als Exportschlager, Die Brüder Gottschalk vermarkten die Sendung in China exklusiv - mit großem Erfolg; in: Gong, Nr. 44, S. 28.

Knobloch, S./Schneider, B. (1999): Besonderheiten von Medien als Wirtschaftsunterneh-men, in: Schneider, B./Knobloch, S. (Hrsg.), Controlling-Praxis in Medienunternehmen, Neuwied (Luchterhand), S. 3-17.

Köhler, L./Hess, T. (2004): Deutschland sucht den Superstar. Entwicklung und Umsetzung eines cross-medialen Produktkonzepts, in: Medien Wirtschaft, 1. Jg., Nr. 1, S. 30-37.

Kops, M./Ollig, S. (2007): Introduction, in: Kops, M./Ollig, S. (Hrsg.), Internationalization of the Chinese TV sector, Berlin (LIT), S. 11-24.

Kosiol, E. (1968): Einführung in die Betriebswirtschaftslehre. Die Unternehmung als wirt-schaftliches Aktionszentrum, Reinbek (Rowohlt).

Krüger, U. M./Zapf-Schramm, T. (2007): Sparten, Sendungsformen und Inhalte im deut-schen Fernsehangebot 2006, in: Media Perspektiven, Nr. 4/2006, S. 166-186.

Kurp, M. (2003): Superstar als Super-Gewinnquelle. Wie die Medien am Hype um Alex & Co verdienen, unter: http://www.medienmaerkte.de/artikel/unternehmen/031003_ superstar.html, Abruf am: 5.9.2007.

Kutschker, M./Schmid, S. (1997): Guanxi oder: Die Bedeutung von Beziehungen in China, in: Kutschker, M. (Hrsg.), Management in China. Die unternehmerischen Chancen nutzen, Frankfurt am Main (Frankfurter Allgemeine Zeitung).

Page 189: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

172 Literaturverzeichnis

Kutschker, M./Schmid, S. (2008): Internationales Management, 6. überarbeitete Auflage, München (Oldenbourg).

Landwehr, A. (2005): China sucht das Supergirl, unter: http://www.stern.de/kultur/musik/musikwettbewerb-china-sucht-das-super-girl-544877.html, Abruf am: 11.9.2007.

Lausen, M. (1998): Der Rechtsschutz von Sendeformaten, Baden-Baden (Nomos).

Lee, A. S./Sarker, S. (2002): Using a Positivist Case Research Methodology to Test Three Competing Theories-in-Use of Business Process Redesign, in: Journal of the Association for Information Systems, Vol. 2, Issue 1, S. 1-47.

Leiditz, J. (2007): Derrick, unter: http://besten.welt.de/derrick, Abruf am: 10.9.2007.

Lietsch, J. (2004): “Xiang tiaozhan ma?”. „Wetten, dass..?“ hat China erreicht und dort 50 Mio. Zuschauer, in: Westdeutsche Allgemeine Zeitung vom 3.12.04, Nr. 283.

Lilienthal, D. (1960): The Multinational Corporation. Wiederabgedruckt in: Anshen, M./Bach, G. (Hrsg.), Management and Corporations 1985. A Symposium Held on the Occa-sion of the 10th Anniversary of the Graduate School of industrial Administration, Carnegie Institute of Technology, Westport (Greenwood Press), S. 119-158.

Litten, R. (1997): Der Schutz von Fernsehshow- und Fernsehserienformaten. Eine Untersu-chung anhand des deutschen, englischen und US-amerikanischen Rechts, München (Beck).

Luo, Y. (1997): Guanxi and Performance of foreign-invested enterprises in China. An em-pirical Inquiry, in: Management International Review, Vol. 37, No. 1, S. 51-70.

Luttmer, N./Schulz, T./Wagner, W. (2005): Zwei Supernasen geben Gas, in: Der Spiegel, Nr. 19, S. 206-207.

Lynch, D. J. (2005): China under spell of mighty `Super Girl`, unter: http://usatoday.com/news/world/2005-05-26-supergirl_x.htm, Abruf am: 29.7.2007.

Maass (2005): Boris Becker hält Wettkandidaten bei Laune, unter: http://www.stuttgarter-zeitung.de/stz/page/detail/php/954290, Abruf am: 20.7.2007.

Machlup, F. (1980): Knowledge and Knowledge Production, Princeton (Princeton University Press).

Madden, N. (2006): China cracks down on TV talent competitions, in: Advertising Age, Vol. 77, Issue 14, S. 14.

Page 190: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Literaturverzeichnis 173

Maurer, J. (1990): Das Informations- und Kommunikationswesen in der Volksrepublik Chi-na. Institutioneller Rahmen und Ausgestaltung, in: Mitteilungen des Instituts für Asienkunde, Hamburg, Nr. 182.

Meyer, A. (1993): Dienstleistungs-Marketing, in: Meyer, P. W./Meyer, A. (Hrsg.), Marke-ting-Systeme, Grundlagen des institutionellen Marketing, 2. überarb. Auflage, Stutt-gart/Berlin/Köln (Kohlhammer), S. 173-220.

Meyer, A./Davidson, J. H. (2001): Offensives Marketing. Gewinnen mit POISE, Märkte gestalten, Potenziale nutzen, Freiburg im Breisgau (Haufe).

Meyer, J. A. (2003): Die Fallstudie in der betriebswirtschaftlichen Forschung und Lehre, in: WiSt, Jg. 32, Nr. 8, S. 475-479.

Mummert, U. (1995): Informelle Institutionen in ökonomischen Transformationsprozessen, Baden-Baden (Nomos).

Neumann, P. (2005): Asien. Wie Mittelständler jetzt vom Boom profitieren. Wie „Wetten, dass..? nach China kam, in: Impulse, Nr. 7, S. 12-27.

Neumann-Braun, K./Müller-Doohm, S. (2000): Medien- und Kommunikationssoziologie. Eine Einführung in zentrale Begriffe und Theorien, München (Juventa Verlag).

Niehaus, M. (1991): Das Fernsehen in seiner Sichtbarkeit, in: Tietze, W./Schneider, M. (Hrsg.), Fernsehshows. Theorie einer neuen Spielwut, München (Raben), S. 105.

North, D. C. (1992): Institutionen, institutioneller Wandel und Wirtschaftsleistung, Tübingen (Mohr).

North, K. (1998): Wissensorientierte Unternehmensführung. Wertschöpfung durch Wissen, Wiesbaden (Gabler).

o.V. (2005): China Rockin´ to „Super Girl“, unter: http://www.chinadaily.com.cn/english/doc/2005-08/30/content_473432.htm, Abruf am: 29.7.2007.

o.V. (2006): So funktioniert “Wetten, dass..?“!, in: Wetten, dass..?-Magazin, Ausgabe März 2006, S. 10-12.

o.V. (2007): China sucht den linientreuen Superstar; unter: http://www.welt.de/fernsehen/article855895/China_sucht_den_linientreuen _Superstar.html, Abruf am: 13.7.2007.

Ollig, S. (2002): Rahmenbedingungen und Entwicklungsmöglichkeiten ausländischer Fern-sehprogrammanbieter in der VR China, in: Arbeitspapiere des Instituts für Rundfunkökono-mie, Universität zu Köln, Nr. 156.

Page 191: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

174 Literaturverzeichnis

Ollig, S. (2007): Wettbewerbsstrategien für den Export chinesischer Fernsehprogramme, Ber-lin (Vistas).

Osgood, C. (1951): Culture: Its Empirical and non-empirical character, in: Southwestern Journal of Anthropology, Vol. 7, No. 2, S. 202-214.

Ott, K. (2004): Die Socken qualmen. Liz Mohn und die chinesische Note von Wetten, dass..?, in: Süddeutsche Zeitung, 13.11.2004.

Overkott, J. (2007): Exportschlager „Wetten, dass..?, in: Westfälische Rundschau vom 4.8.2007, Nr. 179.

Perlitz, M. (2004): Internationales Management, 5. erweiterte Aufl., Stuttgart (Lucius & Lu-cius).

Picot, A./Dietl, H. (1990): Transaktionskostentheorie, in: WiSt, 19. Jg., Nr. 4, S. 178-184.

Picot, A./Dietl, H./Franck, E. (2008): Organisation. Eine ökonomische Perspektive, 5. Auf-lage, Stuttgart (Schäffer-Poeschel).

Picot, A./Fiedler, M. (2000): Der ökonomische Wert des Wissens, in: Boos, M./Goldschmidt, N. (Hrsg.), Wissenswert!? Ökonomische Perspektiven der Wissensgesell-schaft, Baden-Baden (Nomos), S. 15-37.

Picot, A./Reichwald, R./Wigand, R. (2008): Information, Organization and Management, Berlin/Heidelberg (Springer).

Piëch, A. (2004): Lizenz zum Wetten im Reich der Mitte. Gottschalks Show erstmals auf den Bildschirmen Chinas, in: Neue Züricher Zeitung vom 16./17.10.2004, Nr. 242, S. 51.

Plinke, W. (2000): Grundlagen des Marktprozesses, in: Kleinaltenkamp, M./Plinke,W. (Hrsg.), Technischer Vertrieb. Grundlagen des Busines-to-business Marketing, Berlin (Sprin-ger Verlag), S. 3-99.

Polumbaum, J. (2003): China Status of Media, in: v. Johnston, D. H. (Hrsg.), Encyclopedia of International Media and Communications, Vol. 1, New York (Academic Press), S. 215-225.

Pooria, M. (2008): Kulturbedingte Interaktionsprobleme. Eine Analyse aus der Perspektive der Neuen Institutionenökonomik, unter: http://diglib.uni-magdeburg.de/dissertationen/2007/ minpooria.htm, Aufruf am: 5.4.2009.

Porter, M. (1990): The competitive advantage of nations, in: Harvard Business Review, Vol. 68, No. 2, march-april 1990, S. 73-93.

Page 192: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Literaturverzeichnis 175

Posner, M. V. (1961): International trade and technical change, in: Oxford economic papers, Vol. 13, No. 3, S. 323-341.

Rat der Europäischen Union (2004): Jahresbericht zur Menschenrechtslage, Brüssel.

Rat der Europäischen Union (2008): Jahresbericht zur Menschenrechtslage, Brüssel.

Redding, S. G. (1993): The spirit of Chinese capitalism, Berlin/New York (de Gruyter).

Reisach, U./Tauber, T./Yuan, X. (2007): China. Wirtschaftspartner zwischen Wunsch und Wirklichkeit, 4. aktualisierte Auflage, Heidelberg (Redline).

Reitz, U. (2007): Rentable Riecher, in: Capital, Nr. 9, S. 176.

Ricardo, D. (1817/1970): On the principles of political economy and taxation, Band 1, in: Sraffa, P. (Hrsg.), Part of the works and correspondence of David Ricardo, London (Universi-ty Press).

Richter, R./Furubotn, E. G. (2003): Neue Institutionenökonomik, 3. Aufl., Tübingen (Mohr).

Ripperger, T. (1998): Ökonomik des Vertrauens, Tübingen (Mohr).

RTL (2007): Deutschland sucht den Superstar, unter: http://www.rtl.de/musik/superstar.php, Abruf am: 20.7.2007.

RTL Enterprises (2007): Deutschland sucht den Superstar, unter: http://www.rtl-enterprises.de/624_626.html, Abruf am: 29.7.2007.

Rusch, G. (1993): Fernsehgattungen in der Bundesrepublik Deutschland. Kognitive Struktu-ren im Handeln mit Medien, in: Hicketier, K. (Hrsg.), Geschichte des Fernsehens in der Bun-desrepublik Deutschland, München (Fink), S. 289-321.

Schlicht, E. (1985): Isolation and Aggregation in economics, Berlin u.a. (Springer).

Scholten, M. (2005): Im Reich der Wetten. Wie Christoph Gottschalk Wetten, dass..? vor allem in Asien zum großen Exportschlager macht, in: TV Spielfilm, 05/05, S. 10.

Schumann, M./Hess, T. (2009): Grundfragen der Medienwirtschaft. Eine betriebswirtschaft-liche Einführung, 4. überarbeitete Auflage, Berlin/Heidelberg (Springer).

Schütte, H. /Lasserre, P. (1995): Strategies for Asia Pacific (Schäffer-Poeschel).

Schwarz, W. (1990): Schutz und Lizenzierung von Fernsehshowformaten, in: Scheuermann, A. (Hrsg.), Urheberrechtliche Probleme der Gegenwart. Festschrift für Ernst Reichardt zum 70. Geburtstag, Baden-Baden (Nomos), S. 203.

Page 193: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

176 Literaturverzeichnis

Schwien, A. (2005): Derrick und Harry, ein deutsches Krimiphänomen, Berlin (VDM-Verlag).

Seligman, S. D. (1999): Chinese Business Etiquette. A guide to protocol, manners, and cul-ture in the people´s republic of China, New York (Warner Business Books).

Sennewald, N. (1998): Massenmedien und Internet. Zur Marktentwicklung in der Presse-branche, Wiesbaden (Gabler).

Simon, H. A. (1978): Rationality as a Process and as Product of Thought, in: The American Economic Review, Vol. 68, No. 2, S. 1-16.

Simon, J. (2006): Herr Kräuter in China, unter: http://www.zeit.de/2006/06/China?page=1, Abruf am: 10.9.2007.

Skillnet (2006): TIMES in China, 4. aktualisierte Auflage, unter: http://www.skillnet.com, Abruf am: 15.6.2007.

Smith, A. (1775/1976): Der Wohlstand der Nationen. Eine Untersuchung seiner Natur und seiner Ursachen, München (Beck).

Smith, C. N. (1991): The Case-study. A Vital Yet Misunderstood Research Method for Man-agement, in: Smith, C. N./Dainty, P. (Hrsg.), The Management Research Handbook, London (Routledge), S. 145-158.

Söllner, A. (2008): Einführung in das Internationale Management. Eine institutionenöko-nomische Perspektive, Wiesbaden (Gabler).

Tang, Z./Reisch, B. (1995): Erfolg im China Geschäft, Frankfurt am Main (Campus).

Tesch, P. (1980): Die Bestimmungsgründe des internationalen Handels und der Direktinvesti-tion. Eine kritische Untersuchung der außenwirtschaftlichen Theorien und Ansatzpunkte einer standorttheoretischen Erklärung der leistungswirtschaftlichen Auslandsbeziehungen der Un-ternehmen, Volkswirtschaftliche Schriften, Heft 301, Berlin (Duncker & Humblot).

Thibaut, J. W./Kelly, H. H. (1986): The social psychology of groups, New York. (Wiley & Sons).

Töpfer, A. (2005): Betriebswirtschaftslehre. Anwendungs- und prozessorientierte Grundla-gen, Berlin/Heidelberg/New York (Springer).

Treser, T. (2004): Der China-Kracher. Über das Erfolgsformat „Wetten, dass…?“ steigen die Brüder Gottschalk in den chinesischen Markt ein, in: Focus, Nr. 43, S. 164.

Page 194: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Literaturverzeichnis 177

Trommsdorff, V./Wilpert, B. (1994): Deutsch-chinesische Joint Ventures, 2. überarbeitete. Auflage, Wiesbaden (Gabler).

Vernon, R. (1966): International Investment and International trade in the product cycle, in: Quarterly Journal of economics, Vol. 80, No. 2, S. 190-207.

Vernon, R. (1979): The Product Cycle Hypothesis in a New International Environment, in: Oxford Bulletin of Economics and Statistics, Vol. 41, Issue 4, S. 255-267.

von Have, H./Eickmeier, F. (1994): Der gesetzliche Rechtsschutz von Fernseh-Show-Formaten, in: ZUM, Ausgabe 5/1994, S. 269-270.

Wadle, E. (1996): Geistiges Eigentum, Bausteine zur Rechtsgeschichte, Weinheim u.a. (VCH).

Weiber, A./Adler, J. (1995): Informationsökonomisch begründete Typologisierung von Kaufprozessen, in: zfbf, 47. Jg., Nr. 1, S. 43-63.

Weidenbaum, M. (1986): The Chinese Family Business Enterprise, in: California Manage-ment Review, Vol. 38, No. 4, S. 141-156.

Wen, X. (2005): What makes Supergirl fly, in: Shanghai Daily, 13./14.8.2005, S. 17.

Wen, X. (2006): Zeit für Reality Shows!, unter: http://www.chinatoday.com.cn/chinaheute/2006/2006n11/p52.htm, Abruf am: 5.9.2007.

Whitley, R. D. (1991): The Social Construction of Business Systems in East Asia, in: Organ-ization Studies, Vol. 12, No. 1, S. 1-28.

Wilke, J./Geppert, G. (1996): Nonfiktionale Unterhaltungssendungen im dualen Fernsehen, in: Hömberg, W./Pürer, H. (Hrsg.), Medien-Transformation. Zehn Jahre dualer Rundfunk in Deutschland, Konstanz (UVK Medien), S. 172-199.

Williamson, O. E. (1975): Markets and Hierarchies. Analysis and Antitrust Implications. A Study in the Economics of Internal Organization, New York (Free Press).

Williamson, O. E. (1985): The Economic Institutions of Capitalisms. Firms. Markets, Rela-tional Contracting, New York (Free Press).

Williamson, O. E. (1989): Transaction cost economics, in: Schmalensee, R./Willig, R. D. (Hrsg.): Handbook of Industrial Organization, Vol. 1, Amsterdam, S. 135-182.

Williamson, O. E. (1990): Die ökonomischen Institutionen des Kapitalismus. Unternehmen, Märkte, Kooperationen, Tübingen (Mohr).

Page 195: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

178 Literaturverzeichnis

Williamson, O. E. (1996 a): The Institutions and Governance of Economic Development and Reform, in: Williamson, O. E. (Hrsg.): The Mechanism of Governance, S. 322-343.

Williamson, O. E. (1996): The Mechanisms of Governance, New York (University Press).

Wirtz, B. W. (1994): Neue Medien, Unternehmensstrategien und Wettbewerb im Medien-markt. Eine wettbewerbstheoretische und –politische Analyse, Frankfurt am Main u.a. (Lang).

Wirtz, B. W. (2005): Medien und Internetmanagement, 4. überarbeitete Auflage, Wiesbaden (Gabler).

Wolff, B. (1995): Organisation durch Verträge. Koordination und Motivation in Unterneh-men, Wiesbaden (Gabler).

Wolff, B. (1999 a): Zum methodischen Status von Verhaltensannahmen in der Neuen Institu-tionenökonomik, in: Edeling, T./Jann, W./Wagner, D. (Hrsg.), Institutionenökonomie und Neuer Institutionalismus, Opladen (Leske und Budrich), S. 133-146.

Wolff, B. (1999): Anreizkompatible Reorganisation von Unternehmen, Stuttgart (Schäffer-Poeschel).

Wolff, B. (2000): Ökonomische Theorie der Unternehmensorganisation, in: Habisch, A./Hartmann, M./Schmidt, S./Wieland, J. (Hrsg.), Globalisierung und Demokratie, Berliner Kolloquien zu Sozialethik und Ökonomischer Theorie, Band 2, Münster/Hamburg/London (LIT), S. 49-88.

Wolff, B./Lazear, E. P. (2001): Einführung in die Personalökonomik, Stuttgart (Schäffer-Poeschel).

Wolff, B./Pooria, M. (2004): Kultur im internationalen Management aus Sicht der Neuen Institutionenökonomik; in: von Blümle, G. u.a. (Hrsg.), Perspektiven einer kulturellen Öko-nomik, Band 1, Münster (LIT Verlag), S. 451-470.

Xin, K. R./Pearce, J. J. (1996): Guanxi: connections as substitutes for formal institutional support, in: Academy of Management Journal, Vol. 39, Issue 6, S. 1641-1658.

Yan, Y. (1996): The Culture of Guanxi in a North China Village, in: The China Journal, Vol. 35, No. 1, S. 1-25.

Yao, E. L. (1987): Cultivating Guan-xi (personal relationships) with Chinese partners, in: Business Marketing, Vol. 72, No. 1, S. 62-66.

Yardley, J. (2005): Popularly-voted 'Super Girls' sizzle China so, unter: http://www.chinadaily.com.cn/english/doc/2005-09/05/content_475127.htm, Abruf am: 13.10.2007.

Page 196: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Literaturverzeichnis 179

Yin, R. K. (2003): Case Study Research, Design and methods, 3. Auflage, Thousand Oaks (Sage).

ZDF Enterprises (2007 a): Unternehmensprofil, unter: http://www.zdf-enterprises.de/de/company.689.htm, Abruf am: 15.6.2007.

ZDF Enterprises (2007 b): Bis zu 100 Millionen sehen „Wetten, dass..?“. ZDF-Wettshow ist in China ein Quotenhit, unter: http://www.zdf-enterprises.de/de/bis_zu_100_millionen_sehen_wetten_dass.14084.htm, Abruf am: 23.7.2007.

Zinzius, B. (1996): Der Schlüssel zum chinesischen Markt. Mentalität und Kultur verstehen lernen, Wiesbaden (Gabler).

Zinzius, B. (2006): China Business. Der Ratgeber zur erfolgreichen Unternehmensführung im Reich der Mitte, 2. überarbeitete Auflage, Berlin (Springer).

Zomer, M.-O. (1998): Markterschließungskonzepte für die VR China, Münster (LIT-Verlag).

Page 197: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

Stichwortverzeichnis

Abgeleitete Institutionen Gerichtsurteile 79 Gesetze 76 Verträge 46, 75

Aceny-Kosten 51 Adverse Selection 52 Akteur 44 Begrenzte Rationalität 45 CCTV 7, 12 Chinesisches Fernsehsystem

Administrativer Aufbau 8 Geschichte 7 Ökonomisches Umfeld 13 Rechtliches und technisches Umfeld 9

Dienstleistung 27 Externe Effekte 47, 77 Fallstudien

„Derrick“ 124 „Super Girl“ 117 „Wanna Challenge?“ 95

Fernsehen Definition 16 Wertkette der Fernsehwirtschaft 2

Fernsehformat Definition 19, 21 Fernsehformat i.e.S. 22 Fernsehformat i.w.S. 22 Fiktionales Fernsehformat 21 Nonfiktionales Fernsehformat 21 Papierformat 22

Fernsehsendung Definition 16 Fiktionale Fernsehsendung 17 Nonfiktionale Fernsehsendung 17

Forschungsfrage 3 Forschungsstrategie 92

Fundamentale Institutionen Geld 63 Kultur 63 Menschenrechte 62

Guanxi Aufbau 70 Definition 69 Konstitutive Merkmale 69 Zugangsmöglichkeiten 72

Häufigkeit 50 Hold-up 52 Individuelle Nutzenmaximierung 44 Informationsprodukt 27 Institutionelle Umwelt 47, 58 Institutionen

Abgeleitete Institutionen 57 Definition 45 Fundamentale Institutionen 57

Institutionenhierarchie 57 Intermediär 102 Internationalisierung 33, 35 Internationalisierungstheorien

der Lokalität 38 der Modalität 40 der Temporalität 37

Koordinationsproblem 45 Kultur

Definition 63 Kulturfaktoren 67

Kulturelle Lücke 56 Kulturgut 27 Lizenzierung 34 Mediale Wertschöpfungskette 23 Medienprodukt 17 Methodologischer Individualismus 44 Moral Hazard 52 Motivationsproblem 45

B. Bodenstein-Köppl, Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China, DOI 10.1007/978-3-8349-6505-9, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011

Page 198: Transformation von Fernsehformaten in die Volksrepublik China: Eine institutionen¶konomische Betrachtung der Internationalisierung

182 Stichwortverzeichnis

Neue Institutionenökonomie Principal-Agent-Theorie 51 Property-Rights-Theorie 46 Transaktionskostentheorie 48

Objektbündel 30 Opportunismus 49 Principal-Agent-Beziehung 51 Property Rights 46 SARFT 9 Strategische Bedeutung 50 Transaktion

Antrieb einer Transaktion 82 Definition 48 Informelle Regeln einer Transaktion 81 Phasen einer Transaktion 48 Transaktionskosten 47, 48, 83 Transaktionsnutzen 83

Transaktionsatmosphäre 50 Transformation 31 Transformationsprozess

Gekürzter Transformationsprozess 129 Klassischer Transformationsprozess 129

Umweltunsicherheit 49 Verhaltensunsicherheit 49 Wirtschaftsgut 25