Transkript- Pressekonferenz Von Michael Spindelegger Zum Rücktritt (26.08.2014)

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Transkript- Pressekonferenz Von Michael Spindelegger Zum Rücktritt (26.08.2014)http://neuwal.com/?p=37514

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    "Ich kann fr sterreich und fr seine Menschen nur hoffen, dass ich mich irre." Datum: Dienstag, 26. August 2014, 10:18/ORF2: Extra ZIB Quelle: http://tvthek.orf.at/ Autor: [email protected] Artikel auf http://neuwal.com/?p=37514 Meine sehr geschtzten Damen und Herren.

    Ich mchte Ihnen heute mitteilen, dass ich mit dem heutigen Tag von allen meinen

    mtern in der Partei und in der Bundesregierung zurcktrete.

    Ich habe mir diese Entscheidung nicht leicht gemacht. Ich habe mir das lange und

    gut berlegt. Aber wir sind an einem Punkt angelangt, wo ich es mir selber schuldig

    bin, diesen Schritt zu setzen. Fr mich sind sicher viele Eigenschaften gerade von

    Ihnen in den Medien kolportiert worden. Aber, es wird niemand bestreiten, dass

    Loyalitt und Paktfhigkeit etwas sind, was fr mich wichtig ist und auch mein

    politisches Leben bestimmt habe. Und Loyalitt und Paktfhigkeit in diesem

    Zusammenhang - gerade was die Steuerentlastung betrifft - fordere ich natrlich

    auch von allen ein. Auch vom Regierungspartner. Wir haben uns viele Monate mit

    einem Regierungsprogramm beschftigt. Und wissen, dass Entlastung der Brger

    notwendig ist. Aber zum richtigen Zeitpunkt. Denn, das erste, was wir bewltigen

    mssen, das ist der riesige Schuldenberg. Wenn in einem Land die Schulden auf

    mehr als 80 Prozent gestiegen sind, dann muss als erstes bei den Schulden

  • angesetzt werden. Das haben wir auch gemeinsam so bestimmt. Wir haben uns

    dazu einen Plan zurechtgelegt, der auch eingehalten werden muss.

    Der sterreichische Weg muss sich am Weg nach Berlin orientieren. Und nicht am

    Weg nach Athen.

    Alle Regierungsmitglieder kennen diese Zahlen. Alle Landeshauptleute kennen diese

    Zahlen. Alle Abgeordneten kennen diese Zahlen. Wenn wir einen Schuldenstand

    dieser Grenordnung erreicht haben, dann muss dort als erstes angesetzt

    werden. Und ich sage das noch einmal, weil es ehrlich ist. Die Wahrheit ist

    zumutbar. Und ich mchte diese Ehrlichkeit auch jetzt nicht vermisst lassen.

    Ehrlichkeit gegenber den Menschen ist mir besonders wichtig, auch wenn es mir

    keine Sympathien einbringt.

    Wer daher sagt: "Eine Steuerreform jetzt", der kann es nur mit neuen Schulden

    oder mit neuen Steuern. Und beides ist ein Weg, der fr mich nicht gangbar ist.

    Neue Steuern hieen auch in die Breite zu gehen. Hiee, auch den Mittelstand

    entsprechend zu belasten, sonst wird es kein Volumen geben. Und neue Schulden,

    das ist unverantwortlich gegenber den nchsten Generationen. Da will ich nicht

    mit tun.

    Die Millionrssteuer ist vom Aufkommen ein Tropfen auf den heien Stein. Aber sie

    birgt die Gefahr in sich, dass Vermgende gehen und Arbeitslose bleiben. Auch

    diese Gefahr mchte ich von sterreich abwenden.

    Das htte ich alles auch trotz aller Wirrnisse und Schwierigkeiten mit dem

  • Koalitionspartner, mit den Interessensvertretern durchgestanden. Aber jetzt ist

    eine Situation erreicht, wo aus der eigenen Partei ein klares Signal kommt. Es

    gewinnen die die Oberhand, die sagen: "Wir mssen auf diesen Populismuszug

    aufspringen". Und das muss ich zur Kenntnis nehmen.

    Was ich nicht will, ist, mich dort hin biegen lassen. Mich zwingen lassen, etwas zu

    tun, was ich nicht fr richtig halte. Darum bergebe ich auch die VP einem

    anderen Obmann oder einer anderen Obfrau.

    Die letzten Jahre, die ich als Parteiobmann diese VP gefhrt habe, waren sicher

    keine einfachen. Ich habe begonnen, als die VP im Korruptions-Eck gestanden ist.

    Ich habe die VP dort heraus gefhrt - Verhaltenscodex. All das, was wir gemacht

    haben, waren die Manahmen dazu. Wir haben viele Wahlgnge geschlagen. Wir

    haben in den Lndern gute Ergebnisse erzielt. Wir haben am 20. Jnner 2013 eine

    Volksbefragung gehabt, wo die VP mit ihrem Standpunkt der allgemeinen

    Wehrpflicht die groe Mehrheit der sterreicher gewonnen hat. Wir haben eine

    Nationalratswahl geschlagen, die allen Unkenrufen zum Trotz ein respektables

    Ergebnis gebracht hat - wenn auch nicht den ersten Platz. Und wir haben bei den

    Europawahlen unter meiner Fhrung die Nummer 1 ganz klar besttigt.

    Aber in einer Partei muss es natrlich Zusammenhalt geben. Und wenn der

    Zusammenhalt nicht mehr da ist, dann ist auch der Moment gekommen, das Ruder

    zu bergeben.

    Ich bin auch in meiner Rckschau als Finanzminister ber die acht Monate durchaus

    mit mir selber im Lot. Ich habe in kurzer Zeit ein Doppelbudget vorgelegt,

  • verhandelt und durchgebracht. Ich habe den grten Finanzskandal bei der Hypo

    zu einer Entscheidung gebracht. Und ich habe die Umsetzung auch im Parlament in

    einem Gesetz ber die Bhne gebracht. Ich habe sterreich aus dem Verfahren

    wegen bermigem Defizit herausgefhrt und ich habe Wert darauf gelegt, dass

    die Republik ihr Triple-A in der Bewertung auch der Agenturen untermauert.

    Insgesamt bin ich daher auch mit dem, was im Ressort getan wurde, durchaus

    zufrieden. Ich glaube, es waren die richtigen Schritte.

    Ich habe mit Sicherheit auch viele Fehler gemacht. Ich habe mit Sicherheit auch

    jemanden beleidigt, gekrnkt, verletzt. Das tut mir auerordentlich leid. Das ist

    nicht meine Art und daher mchte ich mich auch dafr bei allen Betroffenen

    entschuldigen.

    Aber jetzt wurden meine Loyalitt und meine Paktfhigkeit berstrapaziert. Und

    darum trete ich heute zurck, weil ich mit meiner berzeugung alleine stehe, was

    das Verantwortungsgefhl gegenber dem Land und seinen Menschen gegenber

    unseren Kindern und Enkelkindern jetzt auftrgt zu tun. Ich kann fr sterreich und

    fr seine Menschen nur hoffen, dass ich mich irre.

    Das ist auch mein letzter Medienauftritt. Darum mchte ich mich auch bei ihnen

    allen verabschieden und ihnen persnlich alles Gute wnsche.

    Auf Wiedersehen.