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Transportprozesse von Schüttungen aus Biomasse und Pyrolysaten im Drehrohr Alexánder Gómez* und Wolfgang Klose Die Transportprozesse und die Verweilzeit von Schüttungen aus Biomasse und Pyrolysaten werden im einbautenlosen Drehrohr durch die Bestimmung der charakteristischen Winkel der Schüttungen untersucht. Zusätzlich werden die Einflüsse der Anwendung eines Weh- res am Austritt des Reaktors auf die Transportprozesse und Verweilzeit ausgewertet. Die Nutzung von Wehren ermöglicht für die gleichen Prozessbedingungen die Zunahme des Füllungsgrades im Reaktor. Alle Versuche erfolgen bei Raumtemperatur. Schlagwörter: Biomasse, Drehrohrreaktor, Ölpalmschalen, Pyrolyse, Transportprozesse Eingegangen: 29. Juli 2008; akzeptiert: 22. Dezember 2008 1 Problemstellung Drehrohröfen werden in der Industrie für Pro- zesse wie Trocknung, Calcinierung, Pyrolyse und Verbrennung von verschiedenen Schütt- gütern verwendet. Diese Reaktoren bieten die Möglichkeit, längere und kontrollierte Verweil- zeiten und gute Mischbedingungen des Fest- stoffs im Reaktor zu erhalten. Hervorragendes Merkmal des Reaktors ist die hohe Toleranz bei der Umwandlung von Feststoffen mit ver- schiedenen physikalischen und chemischen Eigenschaften. Die Gutbewegung in Drehrohren kann in axialer und transversaler Richtung stattfinden. Im Fall eines kontinuierlichen Verfahrens fin- den beide Bewegungen statt. Bei der Anwen- dung von diskontinuierlichen Prozessen in geschlossene Drehrohröfen wird nur die trans- versale Bewegung auftreten. Die transversale Schüttgutbewegung dient der Durchmischung und der Erneuerung der Austauschflächen [1, 2] und ist durch folgende Faktoren beeinflusst: Drehzahl, Durchmesser, Füllungsgrad, Rei- bung zwischen der Schüttung und der Reak- torwand und die Eigenschaften des Schüttguts (wie Dichte, Form und Korngröße) [3, 4]. Zu- sätzlich zu diesen Einflussgrößen wird die axiale Bewegung der Schüttung durch die Nei- gung und die Länge des Reaktors bestimmt. In Abb. 1 sind die wichtigsten transversalen Bewegungstypen der Schüttung dargestellt [5]. Drehrohröfen werden üblicherweise unter Be- dingungen des Stürzens oder Rollens betrie- ben [6], weil diese eine gute Durchmischung der Schüttung ergeben [7]. Die Umwandlung von Biomasse und Pyrolysaten erfolgt in Dreh- rohrreaktoren bei niedrigen Drehzahlen (in der Regel kleiner als 4 min –1 ) und der Einfluss des Fluids auf die Bewegung des Feststoffs ist vernachlässigbar, sodass die Betrachtung des Schüttguts als ein Kontinuum erfolgen kann [2, 8]. Die Biomassepyrolyse und die Verga- sung des entstehenden Pyrolysats in Dreh- rohrreaktoren erfordern neben einer guten Durchmischung der Schüttung geeignete Ver- weilzeiten. Deswegen werden die Kaskaden- und Kataraktbewegung sowie das Zentrifugie- ren in dieser Arbeit nicht berücksichtigt. Un- tersucht wird das Gleiten, da diese Bewegung bei niedrigen Drehzahlen und/oder Füllungs- graden auftreten kann und eine entscheidende Rolle bei der Verweilzeit der Schüttung spielt [5]. Ziel dieser Untersuchung ist es, die transver- salen Bewegungstypen Gleiten, Stürzen und Rollen von Ölpalmschalen und ihren Pyrolysa- ten im einbautenlosen und mit Wehren ausge- statteten Drehrohr durch die Bestimmung der Schüttwinkel zu charakterisieren und dement- sprechend die Verweilzeit der Schüttung im Drehrohr zu berechnen. 2 Berechnung der Verweilzeit Basierend auf der Arbeit von Sullivan et al. [3] wurde von Saeman [9] das erste mathemati- sche Modell für die Bestimmung der Verweil- zeiten von Schüttungen in einbautenlosen Drehrohren und bei Anwendung von Wehren veröffentlicht. Das Modell beruht auf geomet- rischen und statistischen Betrachtungen. In Tab. 1 sind die wichtigsten Gleichungen dieses Modells zusammengefasst und in Abb. 2 ist ein vereinfachtes Schema der von Saeman an- Drehrohröfen wer- den üblicherweise unter Bedingungen des Stürzens oder Rollens betrieben, weil diese eine gute Durchmischung der Schüttung ergeben. Saeman veröffent- lichte das erste ma- thematische Modell für die Bestimmung der Verweilzeiten von Schüttungen in einbautenlosen Drehrohren und die Anwendung von Wehren. Das Modell beruht auf geomet- rischen und statis- tischen Betrach- tungen. Transportprozesse 333 Chemie Ingenieur Technik 2009, 81, No. 3 © 2009 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.cit-journal.de DOI: 10.1002/cite.200800120

Transportprozesse von Schüttungen aus Biomasse und Pyrolysaten im Drehrohr

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Page 1: Transportprozesse von Schüttungen aus Biomasse und Pyrolysaten im Drehrohr

Transportprozesse von Schüttungenaus Biomasse und Pyrolysaten imDrehrohrAlexánder Gómez* und Wolfgang Klose

Die Transportprozesse und die Verweilzeit von Schüttungen aus Biomasse und Pyrolysaten

werden im einbautenlosen Drehrohr durch die Bestimmung der charakteristischen Winkel

der Schüttungen untersucht. Zusätzlich werden die Einflüsse der Anwendung eines Weh-

res am Austritt des Reaktors auf die Transportprozesse und Verweilzeit ausgewertet. Die

Nutzung von Wehren ermöglicht für die gleichen Prozessbedingungen die Zunahme des

Füllungsgrades im Reaktor. Alle Versuche erfolgen bei Raumtemperatur.

Schlagwörter: Biomasse, Drehrohrreaktor, Ölpalmschalen, Pyrolyse, Transportprozesse

Eingegangen: 29. Juli 2008; akzeptiert: 22. Dezember 2008

1 Problemstellung

Drehrohröfen werden in der Industrie für Pro-zesse wie Trocknung, Calcinierung, Pyrolyseund Verbrennung von verschiedenen Schütt-gütern verwendet. Diese Reaktoren bieten dieMöglichkeit, längere und kontrollierte Verweil-zeiten und gute Mischbedingungen des Fest-stoffs im Reaktor zu erhalten. HervorragendesMerkmal des Reaktors ist die hohe Toleranzbei der Umwandlung von Feststoffen mit ver-schiedenen physikalischen und chemischenEigenschaften.

Die Gutbewegung in Drehrohren kann inaxialer und transversaler Richtung stattfinden.Im Fall eines kontinuierlichen Verfahrens fin-den beide Bewegungen statt. Bei der Anwen-dung von diskontinuierlichen Prozessen ingeschlossene Drehrohröfen wird nur die trans-versale Bewegung auftreten. Die transversaleSchüttgutbewegung dient der Durchmischungund der Erneuerung der Austauschflächen [1,2] und ist durch folgende Faktoren beeinflusst:Drehzahl, Durchmesser, Füllungsgrad, Rei-bung zwischen der Schüttung und der Reak-torwand und die Eigenschaften des Schüttguts(wie Dichte, Form und Korngröße) [3, 4]. Zu-sätzlich zu diesen Einflussgrößen wird dieaxiale Bewegung der Schüttung durch die Nei-gung und die Länge des Reaktors bestimmt.

In Abb. 1 sind die wichtigsten transversalenBewegungstypen der Schüttung dargestellt [5].Drehrohröfen werden üblicherweise unter Be-dingungen des Stürzens oder Rollens betrie-ben [6], weil diese eine gute Durchmischungder Schüttung ergeben [7]. Die Umwandlungvon Biomasse und Pyrolysaten erfolgt in Dreh-rohrreaktoren bei niedrigen Drehzahlen (in

der Regel kleiner als 4 min–1) und der Einflussdes Fluids auf die Bewegung des Feststoffs istvernachlässigbar, sodass die Betrachtung desSchüttguts als ein Kontinuum erfolgen kann[2, 8]. Die Biomassepyrolyse und die Verga-sung des entstehenden Pyrolysats in Dreh-rohrreaktoren erfordern neben einer gutenDurchmischung der Schüttung geeignete Ver-weilzeiten. Deswegen werden die Kaskaden-und Kataraktbewegung sowie das Zentrifugie-ren in dieser Arbeit nicht berücksichtigt. Un-tersucht wird das Gleiten, da diese Bewegungbei niedrigen Drehzahlen und/oder Füllungs-graden auftreten kann und eine entscheidendeRolle bei der Verweilzeit der Schüttung spielt[5].

Ziel dieser Untersuchung ist es, die transver-salen Bewegungstypen Gleiten, Stürzen undRollen von Ölpalmschalen und ihren Pyrolysa-ten im einbautenlosen und mit Wehren ausge-statteten Drehrohr durch die Bestimmung derSchüttwinkel zu charakterisieren und dement-sprechend die Verweilzeit der Schüttung imDrehrohr zu berechnen.

2 Berechnung der Verweilzeit

Basierend auf der Arbeit von Sullivan et al. [3]wurde von Saeman [9] das erste mathemati-sche Modell für die Bestimmung der Verweil-zeiten von Schüttungen in einbautenlosenDrehrohren und bei Anwendung von Wehrenveröffentlicht. Das Modell beruht auf geomet-rischen und statistischen Betrachtungen. InTab. 1 sind die wichtigsten Gleichungen diesesModells zusammengefasst und in Abb. 2 istein vereinfachtes Schema der von Saeman an-

Drehrohröfen wer-den üblicherweiseunter Bedingungendes Stürzens oderRollens betrieben,weil diese eine guteDurchmischung derSchüttung ergeben.

Saeman veröffent-lichte das erste ma-thematische Modellfür die Bestimmungder Verweilzeitenvon Schüttungen ineinbautenlosenDrehrohren und dieAnwendung vonWehren. Das Modellberuht auf geomet-rischen und statis-tischen Betrach-tungen.

Transportprozesse 333Chemie Ingenieur Technik 2009, 81, No. 3

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DOI: 10.1002/cite.200800120

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gewendeten Geometrie dargestellt. Die An-wendbarkeit neuerer Modelle ist aufgrund derim Voraus unbekannten Geschwindigkeitsfel-

der der aktiven und passiven Zonen begrenzt[10]. In der vorliegenden Arbeit wird die Ver-weilzeit der Schüttung im Drehrohr basierendauf der Arbeit von Saeman [9] bestimmt. Die-ses Modell bietet den Vorteil, dass das Profilder Schüttung berücksichtigt wird.

Für Drehrohren mit großen Füllungsgradenist die Vereinfachung arcsin (c/2 r) = (c/2 r) inGl. (1) nicht mehr zu halten. Für diesen Fall er-weiterte Saeman das Modell für ein einzigesPartikel auf den Volumenstrom der Schüttung.Die Zunahme des Schüttgutquerschnitts nachGl. (2) wird berücksichtigt. Zusätzlich kannsich die Länge der Sehne c (s. Abb. 2) als eineFunktion des Radius ergeben: c = 2 (r2 – r0

2)1/2.Darin ist r0 der minimale Abstand der Schüt-tung von der Rohrachse. Für stationäre Bedin-gungen ergibt sich der mittlere Volumenstromnach Integration zwischen r = r0 und r = R zuGl. (3). Diese Gleichung steht durch das Ver-hältnis uz = q/As in Beziehung zu Gl. (1).Wenn die Schütthöhe sich entlang des Reak-tors verändert, wird die differenzielle Form fürdie mittlere Verweilzeit der Schüttung imReaktor benutzt, dt = As dz/q. Nach Berück-sichtigung der Kontur der Schüttung entlangdes Reaktors (w = dh/dz) ergibt sich durchAuflösung nach w die Gl. (4). Diese Gleichungwird mit einem Runge-Kutta-Verfahren nume-risch gelöst. Die Anfangsbedingung lauteth0 = R – r0. Darin ist r0 der Radius der Schütt-oberfläche am Austritt des Reaktors. Für daseinbautenlose Drehrohr wird dieser Radiusunter Berücksichtigung der mittleren Korngrö-ße des verwendeten Rohstoffs berechnet, daWerte von Null für h0 zu Verhältnissen(dh/dz → ∞) in Gl. (4) führen. Sind Wehre ein-gesetzt, entspricht r0 dem inneren Radius desWehrs und der mittleren Korngröße des Fest-stoffs. Außerdem wird als maximaler Wert fürw der statische Schüttwinkel des Rohstoffs �S

minus Neigung des Reaktors � berücksichtigt.Diese Bedingungen erlauben die numerischeLösung der Gl. (4). Nach Berechnung derSchütthöhe wird der lokale Schüttungsquer-

Abbildung 1. Transversale Schüttgutbewegungen im Drehrohr nach stei-gender Drehzahl geordnet [5].

Beschreibung Gleichungen

Mittlere Geschwindigkeiteines Partikels in axialer Rich-tung [9].

uz � nc�� w cos h

sin h

� �p

arcsin c�2r� �

� ��1�

Zunahme des Schüttgutquer-schnitts (große Füllungsgrade).

dAs � 2r arcsin c�2r� �

dr �2�

Mittlerer Volumenstrom derSchüttung (zwischen r=r0 undr=R) [9].

q � 4pn3

�� w cos hsin h

� �R2 � r2

0

� �3�2 �3�

Kontur der Schüttung entlangdes Drehrohrs (w = dh/dz ) [9].

dhdz

� 3q sin h

4pn cos h�hR2 � h2�3�2� �

cos h�4�

Gleichung zur Abgrenzungzwischen den Bewegungsfor-men Gleiten/Stürzen [4, 11]

(s. Abb. 3(a)).

tan h � 3 tan hH�k � cos k sin h�2 sin 3k

�5�

Dimensionslose Gleichungzur Abgrenzung zwischen denBewegungsformen Stürzen/Rollen [4, 11]

(s. Abb. 3(b)).

1 � 12

gRv2

� �Rs

� �pc2

0

180

� �� sin g � tan hU cos g� � 0

�6�

Tabelle 1. Zusammenfassung der Gleichungen aus den Modellen von Saeman [9]und Henein et al. [4, 11].

Abbildung 2. Geometrie zurBestimmung der axialen Ge-schwindigkeit eines Partikelsim einbautenlosen Drehrohr[9].

334 Chemie Ingenieur Technik 2009, 81, No. 3Forschungsarbeiten

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schnitt und daraus das entsprechende differen-zielle Volumen ermittelt. Eine Integrationergibt das gesamte Volumen der Schüttung,woran sich die mittlere Verweilzeit berechnenlässt.

Die Einflüsse der Bewegungsformen aufden Bettneigungswinkel h in der Querschnitts-ebene der Schüttung werden durch das Modellvon Henein et al. [4, 11] berücksichtigt. Dafürverwendet man die Kurven für die Bestim-mung der Grenzen zwischen den Bewegungs-formen Gleiten/Stürzen (Gl. (5) und Abb. 3(a))und Stürzen/Rollen (Gl. (6) und Abb. 3(b)).Die charakteristischen Winkel der Schüttungim Drehrohr werden gemessen. Im Fall desdiskontinuierlichen Gleitens werden, in Ab-hängigkeit des Füllungsgrads, die Bettnei-gungswinkel nach Gl. (5) ermittelt.

Zunächst berechnet man die Grenzen zwi-schen den Bewegungsformen und bildet dieBewegungskarten (Diagramme der Schüttbett-höhe in Abhängigkeit der Drehzahl bzw. desFüllungsgrads als Funktion der Froude-Zahl).Dann werden die Betriebsparameter des Dreh-rohrs eingesetzt: die Drehzahl, die Steigung,der Durchmesser und die Länge des Reaktorssowie die mittlere Korngröße des Rohstoffs undder Massenstrom. Im Fall des Einsatzes vonWehren wird die Höhe der Wehre eingetragen.

3 Messprinzip und Versuchs-aufbau

3.1 Versuchsplanung

Die Verweilzeiten von Ölpalmschalen und Py-rolysaten werden bei Raumtemperatur be-

stimmt. Die Variation der Parameter für dieBestimmung der Verweilzeiten im Drehrohrist in Tab. 2 dargestellt. Zusätzlich wird eineReihe von Experimenten mit Ölpalmschalenund Pyrolysaten zur Untersuchung der trans-versalen Bewegungsformen in Abhängigkeitdes Füllungsgrads und der Drehzahl desReaktors durchgeführt. Diese Experimenteerfolgen im horizontalen Rohr, da die Ab-hängigkeit dieser Bewegungen von dem Rohr-neigungswinkel vernachlässigt werden kann[4]. Dabei werden folgende Parameter variiert:Ölpalmschalen mit einer Korngröße x zwi-schen 2 und 5 mm und Pyrolysate aus Öl-palmschalen mit einer Korngröße zwischen1 und 3 mm, der Füllungsgrad im Bereichvon 2,5 bis 30 % in Intervallen von 2,5 %für beide Stoffe und für jeden Füllungsgradund Stoff die Drehzahlen zwischen 1 und6 min–1, jeweils mit Steigungen von 1 min–1.Außerdem werden die minimale und maxi-male Drehzahl des Reaktors berücksichtigt(0,7 und 7,8 min–1).

Die Ergebnisse dieser Untersuchungen wer-den in der Bildung der Bewegungskarte fürdie Ölpalmschalen und die Pyrolysate ange-wendet. Diese Diagramme finden danach inder Bestimmung der Schüttbetthöhe und derVerweilzeit der Schüttung im Drehrohr Ver-wendung.

3.2 Anlage

Das einbautenlose Drehrohr besteht aus Stahl(Werkstoff-Nr. 1.4828) mit einem Innendurch-messer von 129 mm und einer Länge von1957 mm. Das Rohr rotiert mit Drehzahlen n

B

M

φφ

λ

ω ω

As

θθ

R

B

M

RB r0

PS

θ

θ

η

γ

A

B

K X Y

s

J YX

Abbildung 3. (a) Gewichtskraft, Normalkraft und Reibungskraft einer Schüttung im Drehrohr (B entspricht dem Schwerpunkt und hH demWandhaftreibwinkel) [11, 5]; (b) Kräftebilanz im Materialkeil der Stürzenbewegung im Drehrohr (c0 entspricht dem Keilwinkel des Fest-stoffs und x = m/R der Winkelgeschwindigkeit) [11].

Es werden die Gren-zen zwischen denBewegungsformenberechnet und dieBewegungskarten(Diagramme derSchüttbetthöhe inAbhängigkeit derDrehzahl bzw. desFüllungsgrads alsFunktion der Frou-de-Zahl) gebildet.

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Page 4: Transportprozesse von Schüttungen aus Biomasse und Pyrolysaten im Drehrohr

von 0,7 bis zu 7,8 min–1. Der Rohrneigungs-winkel � ist durch zwei Spindeln bis zu 10°einstellbar (s. Abb. 4). Die Förderung der Stof-fe erfolgt mit einer Dosiereinrichtung der Fa.Kraft, Typ Voludos. Ein zusätzlicher Rüttler er-möglicht eine gleichmäßige Dosierung unddas Vermeiden von Brücken im Behälter. DieFörderschnecke mit einem Außendurchmes-ser von 16 mm, rechteckigem Querschnitt(3 × 3 mm), Kerndurchmesser von 8 mm und890 mm Länge wird über ein stufenloses Ge-triebe der Fa. Planetroll, Typ 0,55D4AR4-1, be-trieben. Es wird ein konstanter Volumenstromdurch ein Rohr mit einem Innendurchmesservon 21 mm eingetragen, das 400 mm in dasDrehrohr ragt.

Die Versuche zur Untersuchung der trans-versalen Schüttgutbewegung erfolgen durchAnwendung der Austrittszone des Drehrohrs.Dafür werden zwei Scheiben aus Plexiglas imRohrquerschnitt eingesetzt, wobei die Scheibeim Frontabschnitt des Rohrs eine Öffnungzum Befüllen besitzt. Der Abstand zwischendiesen zwei Scheiben entspricht dem innerenDurchmesser des Rohrs.

3.3 Durchführung der Experimente

Der Rohstoff wird in den Trichter eingebrachtund die Betriebsparameter des Drehrohrs wer-den eingestellt. Am Austritt des Reaktors be-findet sich ein Behälter für das Schüttgut aufeiner Waage, deren Massensignal alle 2 s aufeinen Rechner übertragen wird.

Das Schüttgut wird kontinuierlich gefördert,bis der stationäre Zustand erreicht ist. An die-sem Punkt hält man das Drehrohr an, um dasProfil der Schütthöhe mittels einer Sonde miteiner Skalierung in mm zu messen. Die Schütt-betthöhe wird in der Mitte des Querschnitts derSchüttung und alle 50 mm entlang des Reak-tors gemessen. Die Messung setzt voraus, dassAusdehnungseffekte in der Schüttung zu ver-nachlässigen sind. Nach der Messung wird dasMaterial vollständig aus dem Reaktor entferntund gewogen. Damit lässt sich der Füllungs-grad durch die Schüttdichte qb des Rohstoffsund das Volumen des Rohrs ermitteln. Für dieVersuche mit Anwendung von Wehren wirdeine ähnliche Prozedur durchgeführt.

Bei den Versuchen zur Untersuchung dertransversalen Schüttgutbewegung sind das Vo-lumen zwischen beiden Scheiben aus Plexiglasund die Schüttdichte des Rohstoffs bekannt.Damit kann die notwendige Masse für einendefinierten Füllungsgrad bestimmt werden. DieDrehzahl wird stufenweise gesteigert. Ist füreinen bestimmten Füllungsgrad eine Reihevon Experimenten durchgeführt worden, wirdschrittweise der Füllungsgrad erhöht. Dann er-folgt eine neue Variation der Drehzahl. JeglicheMessungen erfolgen nach Einstellen des jeweili-gen stationären Zustands. Alle Experimente wer-den durchgängig gefilmt und die Information indigitalisierter Form später analysiert. Das Sys-tem für die Analyse des Films erlaubt bis zu 25Aufnahmen/s. Die verschiedenen Bewegungs-formen werden in Abhängigkeit des Füllungs-grads und der Drehzahl des Reaktors identi-fiziert und die entsprechenden Winkel derSchüttung bestimmt. Dazu werden die 360°-Tei-lung der vorderen Plexiglasscheibe und eineWasserwaage verwendet, die in der gleichenRohrquerschnittsebene der vorderen Scheibeeingesetzt ist.

Name �[°]

n[min–1]

�m[kg/h]

FGE

[–]FGT

[–]tE

[min]tT

[min]tE/tT[–]

Variation der Drehzahl für � = 1,2° und FG ca. 0,17/1

DRK1 1,2 1,10 0,628 0,173 0,197 73,5 83,8 1,14

DRK2 1,2 2,00 1,232 0,179 0,216 38,8 46,8 1,21

DRK3 1,2 4,00 2,493 0,173 0,219 18,5 23,4 1,26

Variation der Drehzahl für � = 2,2° und FG ca. 0,20/1

DRK4 2,2 1,00 0,902 0,206 0,227 61,0 67,3 1,10

DRK5 2,2 2,10 1,865 0,198 0,220 28,3 31,6 1,12

DRK6 2,2 4,00 3,378 0,192 0,204 15,2 16,1 1,06

Variation der Drehzahl für � = 2,2° und FG ca. 0,10/1

DRK7 2,2 1,00 0,483 0,096 0,099 53,0 54,9 1,04

DRK8 2,2 2,05 0,937 0,093 0,094 26,5 26,8 1,01

DRK9 2,2 4,00 1,907 0,094 0,098 13,2 13,7 1,04

Variation der Drehzahl für � = 3,0° und FG ca. 0,20/1

DRK10 3,0 1,00 1,143 0,209 0,216 48,8 50,5 1,03

DRK11 3,0 2,05 2,397 0,208 0,224 23,2 24,9 1,07

DRK12 3,0 4,00 4,445 0,197 0,203 11,8 12,2 1,03

Variation der Drehzahl für � = 4,0° und FG ca. 0,025/1

DRK13 4,0 1,00 0,230 0,024 0,024 27,8 28,4 1,02

DRK14 4,0 2,05 0,515 0,026 0,027 13,5 13,9 1,03

DRK15 4,0 4,00 1,005 0,025 0,027 6,6 7,1 1,08

Variation des FG mit Wehr (hW = 32,8 mm) für � = 2,2° und n= 2,0 min–1

DRK5-1 2,2 2,00 1,083 0,199 0,193 49,0 47,6 0,97

DRK5-2 2,2 2,00 0,067 0,115 0,117 46,0 46,9 1,02

DRK5-3 2,2 2,00 1,942 0,339 0,340 46,6 46,7 1,00

Variation des FG mit Wehr (hW = 19,7 mm) für � = 2,2° und n= 2,0 min–1

DRK8-1 2,2 2,00 0,900 0,106 0,105 31,4 31,2 0,99

DRK8-2 2,2 2,00 0,667 0,075 0,080 30,0 32,1 1,07

DRK8-3 2,2 2,00 1,667 0,230 0,221 36,8 35,3 0,96

Tabelle 2. Untersuchungen zur Bestimmung der Verweilzeit im Drehrohr.

Die verschiedenenBewegungsformenwerden in Abhän-gigkeit des Fül-lungsgrads und derDrehzahl des Reak-tors identifiziertund die entspre-chenden Winkel derSchüttung be-stimmt.

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Page 5: Transportprozesse von Schüttungen aus Biomasse und Pyrolysaten im Drehrohr

4 Ergebnisse und Diskussion

4.1 Stoffcharakteristik

Die Schüttdichte qb wird nach ASTM D2854,die scheinbare Dichte qs anhand eines Gerätsder Fa. Carlo Erba, Modell Pascal 140, durchQuecksilberintrusion nach DIN 66133 ermit-telt. Der statische Schüttwinkel �S wird nachDIN ISO 4324 bestimmt. Für die Messung desWandhaftreibwinkels c kommt das Schüttgutnach dem Verfahren zur Bestimmung des sta-tischen Schüttwinkels auf ein Stahlblech.Danach wird das Blech mit einer konstantenGeschwindigkeit von 0,15 m/min mittelseines Elektromotors an einer Seite angehoben,bis das Schüttgut rutscht, und der Winkel zwi-schen Blech und Horizontale gemessen. DieErgebnisse dieser Messungen sind in Tab. 3dargestellt.

4.2 Transversale Schüttgutbewegung

Die Bewegungskarten sind in Abb. 5 für denuntersuchten Bereich zusammen mit dentheoretischen Kurven für die Abgrenzung zwi-schen den Bewegungen dargestellt. Die ge-messenen charakteristischen Winkel jeder Be-wegung finden sich in Tab. 3. Im Folgendenwerden die Einflüsse der Betriebsparameterauf die transversale Schüttgutbewegung imDrehrohr beschrieben.� Gleiten: Für Drehzahlen > 5 min–1 behält

die Schüttung unter Gleiten ihre Positionim Vergleich zum Reaktor. Für kleinereDrehzahlen erfolgt ein diskontinuierlichesGleiten. Der Schwerpunkt der Schüttung inihrer obigen Position wird identifiziert und

senkrecht dazu der Kraftangriffspunkt ander Reaktorwand festgestellt. Der daraus re-sultierende Winkel mit der Horizontalenentspricht dem Wandhaftreibwinkel hH derSchüttung im Rohr (Abb. 6(a) und Tab. 3).Dieser Winkel ist größer für Ölpalmschalenund Pyrolysate im Vergleich zum entspre-chenden Winkel c zwischen der Schüttungund einem Stahlblech. Dieser Unterschiedstammt vermutlich aus Effekten der Krüm-mung der Reaktorwand in Bezug auf dieeingesetzte Korngröße des Rohstoffs (2 mm< x < 5 mm) und der Rauheit der Wand.Danach gleitet die Schüttung an der Rohr-

wand bis zu einer niedrigeren Position. DieserWinkel wird als Wandgleitreibwinkel bezeich-net und liegt zwischen 25 und 26° für beideStoffe (Ölpalmschalen und Pyrolysate) in Be-zug auf die Kraftangriffspunkte der Schüttungmit der Rohrwand. Das Gleiten tritt aus-schließlich bis zu Füllungsgraden von 10 %auf. Für größere Füllungsgrade finden zusam-men mit dem Gleiten die BewegungsformenStürzen und Rollen statt. Diese Bedingungentreten bis zu Füllungsgraden von ca. 17,5 %auf. Bei höheren Füllungsgraden wird keinGleiten mehr stattfinden.� Stürzen: Diese Bewegung tritt (ausschließ-

lich) für Füllungsgrade größer als 15,0 %

Abbildung 4. Skizze desDrehrohrs (Die Kaltversucheerfolgen im selben Drehrohr-reaktor, der für die thermo-chemische Umwandlung vonBiomasse benutzt wird).

Dichte[kg/m3]

Wandhaft-reibwinkel

[°]

StatischerSchüttwinkel

[°]

Gleiten[°]

Stürzen[°]

Rollen[°]

qb qs c �S hS hH hU hO hR

Ölpalmschalen 773 1208 25,8 34,8 26 33 39 45 42

Pyrolysat 528 869 25,3 34,3 25 30 37 41 39

Tabelle 3. Dichte des Feststoffs und charakteristische Winkel der Schüttung.

Das Gleiten trittausschließlich bis zuFüllungsgraden von10 % auf. Für größe-re Füllungsgradefinden zusammenmit dem Gleiten dieBewegungsformenStürzen und Rollenstatt.

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und 17,5 %, jeweils für das Pyrolysat unddie Ölpalmschalen, für Drehzahlen bis zu1 min–1 auf. Eine Steigerung der Drehzahlunter diesen Bedingungen führt zur Rollbe-wegung. Für kleinere Füllungsgrade wirddas Stürzen in Kombination mit dem Glei-ten erfolgen.Diese Bewegungsform wird mit Hilfe der

oberen und unteren Winkel (entsprechend hO

und hU, Tab. 3) gekennzeichnet (s. Abb. 6(b)),die für das Pyrolysat und die Ölpalmschalenverschieden sind. Die Variation ist durch die

kleinere Korngröße und die gleichmäßigereForm des Pyrolysats zu erklären. Dieses Ergeb-nis stützt die Abhängigkeit der Bewegungs-form von den physikalischen Eigenschaftender Rohstoffe [13, 14]. Wie erwartet, ist dieHäufigkeit der Abstürze eine Funktion derDrehzahl des Reaktors. Ein eindeutiger Ein-fluss des Abstands zwischen den Plexi-glasscheiben auf die Häufigkeit der Abstürzewurde nicht gefunden. Dies bestätigt die An-nahme eines vernachlässigbaren Einflussesder Reibung an diesen Scheiben [12].

Abbildung 5. Bewegungskar-ten im horizontalen Drehrohr(Durchmesser: 129 mm) für (a)Ölpalmschalen und (b) Pyroly-sat aus Ölpalmschalen.

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� Rollen: Die Häufigkeit der Abstürze nimmtmit steigenden Drehzahlen zu und die Be-wegung ändert sich zum kontinuierlichenRollen der Partikel an der Oberfläche derSchüttung. Diese Bewegung wird durcheinen einzigen Bettneigungswinkel gekenn-zeichnet, der unter Umständen dem dyna-mischen Schüttwinkel hD entspricht undhier als Rollwinkel hR bezeichnet wird

(Abb. 6(c) und Tab. 3). Die rundere Formund kleinere Korngröße des Pyrolysats er-lauben ein einfacheres Abrollen verglichenmit den Ölpalmschalen. Dementsprechendfällt der Rollwinkel hR für das Pyrolysat klei-ner aus. In dieser Untersuchung wies dieserWinkel in dem vorhandenen Drehrohr einengrößeren Wert als der statische Schüttwinkelauf. Dieses Ergebnis deutet auf Effekte der

Abbildung 6. (a) Bestimmung des Wandhaftreibwinkels und des Wandgleitreibwinkels der Schüttung von Ölpalmschalen imDrehrohr für einen Füllungsgrad von FG = 0,075/1 und n = 1 min–1, (b) Bestimmung des oberen und unteren Winkels für dieStürzbewegung der Schüttung im Drehrohr für einen Füllungsgrad von FG = 0,20/1 und n = 0,7 min–1 und (c) Bestimmungdes dynamischen Schüttwinkels der Schüttung in der Rollbewegung im Drehrohr für Ölpalmschalen: FüllungsgradFG = 0,225/1 und n = 3 min.

Die rundere Formund kleinere Korn-größe des Pyroly-sats erlauben eineinfacheres Abrol-len verglichen mitden Ölpalmschalen.

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Krümmung der Reaktorwand hin, da eineZunahme der Winkel der Stürz- und Rollbe-wegung für Rohre mit kleineren Durchmes-sern festgestellt wird [4]. Aufgrund diesesUnterschieds wird dieser Winkel in der vor-liegenden Arbeit als Rollwinkel und nichtals dynamischer Schüttwinkel bezeichnet.

4.3 Verweilzeiten und Schüttbetthöhen

Die mittlere Verweilzeit tE der Schüttung imRohr wurde durch den Füllungsgrad und denMassenstrom im stationären Zustand ermittelt(s. Tab. 2). Die theoretische Zeit entspricht dernach Gl. (4) berechneten Zeit, in der der Bett-

neigungswinkel durch die entsprechende Be-wegungsform entlang des Reaktors bestimmtwird. Im Folgenden werden die Einflüsse derBetriebsparameter auf die Verweilzeit derSchüttung im Rohr beschrieben.

In Abb. 7(a) sind die Schüttbettprofile fürverschiedene Füllungsgrade dargestellt. DieBewegungsform hängt von dem lokalen Fül-lungsgrad im Querschnitt der Schüttungab, wie sie durch die Bewegungskarten be-stimmt wurde. Für sehr kleine Füllungsgradeist die Schüttbetthöhe fast konstant entlangdes Reaktors. Unter diesen Bedingungentritt das Gleiten als einzige Bewegungsformauf.

Abbildung 7. Experimentelleund berechnete Konturen derSchüttoberfläche im Drehrohrfür (a) verschiedene Füllungs-grade (0,198, 0,093 und0,026/1) bei n = 2 min–1, (b)verschiedene Reaktorneigun-gen � (1,2, 2,2 und 3,0° bein = 1 min–1) und (c) verschie-dene Drehzahlen n (1, 2 und4 min–1) bei FG ca. 20 %.

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Die Schüttbetthöhen bei Versuchen mit ver-schiedenen Neigungen des Reaktors für ver-gleichbare Füllungsgrade und Drehzahlensind in Abb. 7(b) dargestellt. Die Verweilzeitnimmt für größere Steigungen des Rohrs un-ter diesen Bedingungen ab. Eine Änderung inder Steigung des Profils für die Schüttbetthöheist bei ca. 60 % der Länge des Reaktors zu er-kennen. Darauf erfolgt bei den entsprechen-den Schüttbetthöhen der Übergang der Bewe-gungsform vom Gleiten zum Stürzen bei ca.18 % Füllungsgrad und n = 1 min–1 (s. auchAbb. 5(a)).

In Abb. 7(c) sind die Schüttbetthöhen fürExperimente mit verschiedenen Drehzahlenfür die selbe Rohrneigung und vergleichbareFüllungsgrade dargestellt. Es werden sehr ähn-liche Profile – auch bei Variation der Steigungder Kontur der Schüttung – gemessen. DieseVariation liegt bei einem Füllungsgrad von ca.18 % vor, was einer Änderung in der Bewe-gungsform zum Stürzen oder Rollen ent-spricht.

Der Einsatz von Wehren bedeutet, im Ver-gleich zum einbautenlosen Drehrohr und für

vergleichbare Betriebsparameter, eine erhebli-che Verminderung des Massenstroms imRohr (40 % zwischen den Experimenten DRK5und DRK5-1). Er ermöglicht gleichzeitig dieErzeugung von Stürz- und Rollbewegungenauf der gesamten Länge des Reaktors, da dieSchüttbetthöhen gesteigert werden. In Ab-hängigkeit des Massenstroms können drei Ty-pen von Profilen vorliegen: steigende, kons-tante und abnehmende Schüttbetthöhen(Abb. 8).

In den Abbn. 7 und 8 werden die experi-mentellen und theoretischen Ergebnisse ver-glichen. Die Abweichung zwischen den ge-messenen und den berechneten Profilen imEintrittsbereich des Reaktors weisen vermut-lich auf Effekte des Stahlblechs am Anfang derSchüttung hin. Damit wird eine lokale Akku-mulation von Material an der Oberfläche derSchüttung im Bereich der Dosierung stattfin-den. Für kleinere Rohrneigungen sind die Feh-ler zwischen gemessenen und berechnetenVerweilzeiten größer.

Der Einsatz vonWehren bedeutet,im Vergleich zumeinbautenlosenDrehrohr und fürvergleichbare Be-triebsparameter,eine erhebliche Ver-minderung des Mas-senstroms im Rohr.

Abbildung 8. Experimentelle und berechnete Konturen der Schüttgutoberfläche im Drehrohr mit Einsatz vonWehren am Austritt des Reaktors für (a) Wehrhöhe hw = 0,0328 m für verschiedene Füllungsgrade (0,199,0,115 und 0,339/1) und (b) Wehrhöhe hw = 0,0197 m für verschiedene Füllungsgrade (0,106, 0,075 und 0,230/1).

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5 Schlussfolgerungen

Die Berechnung der Verweilzeit von Schüttun-gen aus Biomasse (Ölpalmschalen) im Dreh-rohr liefert durch das Modell von Saeman [9]in Verbindung mit der Charakterisierungtransversaler Bewegungstypen für Gleiten,Stürzen und Rollen von Henein et al. [4, 11]eine gute Übereinstimung mit experimentel-len Untersuchungen. Diese Berechnungenwerden ausschließlich anhand der charakteris-tischen Winkel der Bewegungsformen derSchüttung und der Betriebsparameter desRohrs durchgeführt. Damit werden die Schütt-profile im einbautenlosen Rohr und durch dieAnwendung von Wehren korrekt abgebildet.

Die Veränderung der physikalischen Eigen-schaften des Feststoffs während der thermo-chemischen Umwandlung von Biomasse wirktsich in das transversale Bewegungsverhaltender Schüttung im Drehrohr aus. Dies wirddurch den Vergleich zwischen Ölpalmschalenund ihrer Pyrolysate beispielhaft dargestellt.Die Schrumpfung der Partikel während derPyrolyse ergibt rundere Formen für das Pyroly-sat, die durch die Oberfläche der Schüttungeinfacher stürzen und abrollen. Die beiden Be-wegungsformen lassen sich anhand der Nut-zung von Wehren intensivieren, da dann höhe-re Schütthöhen und gegebenenfalls höhereDrehzahlen für einen vergleichbaren Massen-strom eingesetzt werden können.

Dr.-Ing. A. Gómez([email protected]),Universidad Nacional de Colombia,Departamento de Ingeniería Mecánica yMecatrónica, Ciudad Universitaria, Bogotá,Colombia;Prof. Dr.-Ing. habil. W. Klose,Universität Kassel, Institut für ThermischeEnergietechnik, Kurt-Wolters-Straße 3,D-34109 Kassel, Germany.

Formelzeichen

As [m2] transversale Schüttoberflächec [m] Sehnenlängeg [m/s2] Erdbeschleunigungh [m] SchütthöheL [m] Rohrlängen [s–1] Drehzahlq [kg/m3s] mittlerer Volumenstromr [m] radiale Koordinate

t [s] Verweilzeitu [ms–1] Geschwindigkeitz [m] axiale Koordinate

griechische Buchstaben

c [–] Wandhaftreibwinkel (Stahl-blech)

g [–] mittlere Bettneigungswinkel(Stürzen)

h [–] BettneigungswinkelhH [–] Wandhaftreibwinkel (Dreh-

rohr)hS [–] WandgleitreibwinkelhO [–] oberer StürzwinkelhU [–] unterer StürzwinkelhR [–] Bettneigungswinkel-Rollenk [–] Materialbettwinkelqb [kg/m3] Schüttdichteqs [kg/m3] scheinbare Dichte� [–] Rohrneigungswinkel�S [–] statischer Schüttwinkelw [–] Steigung der Kontur der

Schüttung

Indices

E experimentellT berechnet

Literatur

[1] W. Blumberg, E.-U. Schlünder, Chem. Eng. Pro-cess. 1983, 35, 395.

[2] D. V. Khakhar, Phys. Fluids 1996, 9, 31.[3] J. D. Sullivan et al., Technical Paper 384, Bureau

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Metall. Trans. B 1983, 14B, 191.[5] W. Klose, A. Schinkel, China Particuol. 2004, 2,

107.[6] Y. L. Ding, J. P. K. Seville, R. Forster, D. J. Par-

ker, Chem. Eng. Sci. 2001, 56, 1769.[7] G. Metcalfe, T. Shinbrot, J. J. McCarthy,

J. M. Ottino, Nature 1995, 374, 39.[8] J. M. N. T. Gray, J. Fluid. Mech. 2001, 441, 1.[9] W. C. Saeman, Chem. Eng. Prog. 1951, 47, 508.

[10] J. Perron, R. T. Bui, Can. J. Chem. Eng. 1990, 68,61.

[11] H. Henein, J. K. Brimacombe, A. P. Watkinson,Metall. Trans. B 1983, 14B, 207.

[12] A. A. Boateng, Dissertation, University of BritishColumbia 1993.

[13] W. W. Zablotny, Int. Chem. Eng. 1965, 5, 360.

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