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Interview mit Prof. Dr. Marcus Labbé, Labbé & Cie. TRENDS Headhunter als Zukunftsmanager Wenn sich jemand, der Topmanager für seine Mandanten sucht, lieber Headhunter als Personalberater nennt, ist das ungewöhnlich. Nennt er diese Tätigkeit auch noch besonders vornehm, ist er einen genaueren Blick wert. Herr Prof. Labbé, wie sind Sie zum Headhunting gekommen ? Als Sanierungsgeschäftsführer in mehreren Unternehmen, meist Fami- lienunternehmen, habe ich seinerzeit erlebt, dass es in Aufsichtsgremien ein Schönwetterdenken gab. Wenn es mal eng wurde, hat man das nicht gese- hen. Da dachte ich: Eigentlich müsste man ganz vorne anfangen, dort, wo sich strategische Lücken auftun: bei den handelnden Personen ganz oben. Denn es ist tatsächlich so, dass die Vor- gesetzten durch ihre Handlungen in- terpretiert werden. Das wirkt sich aufs ganze Unternehmen aus. Es liegt zum Schluss immer an einzelnen Köpfen, dass Firmen vor die Wand gefahren werden. Und weil die Besetzung von Schlüsselpositionen mit den fachlich wie charakterlich passenden Persönlichkeiten zu den wesentlichen, den Erfolg von Unternehmen bestimmenden Entscheidungen zählt, ist für mich Headhunting eine der vornehmsten und wertvollsten Tätigkeiten. Warum nennen Sie sich nicht wie viele Ihrer Kollegen Personalbe- rater, sondern Headhunter ? Wir sind keine Ad-hoc-Lieferanten, um das mal so auszudrücken. Wir sind kein Makler von Lebensläufen. Headhunting, so wie wir es verstehen, setzt auf der obersten Führungsebene an. Dort sitzen unsere Ansprechpartner, die wiederum Partner auf Augenhöhe haben wollen. Dazu gehört dann eben auch, Geschäftsmodelle verstehen und interpretieren zu können, insbesondere wenn sie technologiegetrieben sind. Headhunter sind wir insofern, als dass wir versuchen, wirklich den richtigen Kopf für die rich- tige Firma zu finden. Es gibt ja viele Köpfe da draußen, die haben alle so ihre Vorstellungen, wo und wie sie Karriere machen wollen. Wir haben festgestellt, dass Kandidaten dann gut passen, wenn sie sich tatsächlich mit dem Arbeitgeber identifizieren. Warum gibt es dann so viele Personalberater ? Für Personalberater, die makeln, gibt es natürlich einen Markt, und auch für Interimsmanagement-Provider. Letztere sind meist dann gefragt, wenn es schnell gehen muss, wenn Projekte maximal mittelfristiger Natur sind. Bei uns ist es so, dass wir Menschen in Top-Positionen bringen wollen, die dort langfristig erfolgreich sein sollen. Die Kultur des suchenden Unter- nehmens ist wichtig, die Werte müssen auf beiden Seiten zusammenpas- sen. Man muss auch die Frage stellen können, wo es Probleme gibt. Denn wenn Sie wirklich Köpfe adressieren, die Sie für eine Position begeistern wollen, dann müssen Sie auch darlegen, wo es auf der anderen Seite hakt. Köpfe mit Charakter lassen sich nicht plump kaufen. „Die größte strategische Lücke ist im Grunde genommen die handeln- de Person. Deshalb sind Werte für Führungskräſte so wichtig.“ Prof. Dr. Marcus Labbé ist geschäftsführender Gesellschafter. Die Sozietät Labbé & Cie. unterstützt die Besetzung von Schlüsselpositio- nen im Top Management sowie in Aufsichts- und Beiratsgremien und nimmt für sich in Anspruch, äußerst diskret und effektiv zu agieren. Auftraggeber sind Hidden Champions und Weltmarktführer. Was meinen Sie mit plump kaufen ? Diejenigen, die wirklich etwas bewirken können, lassen sich nicht mit Geld allein locken. Persönlichkeiten, die maximalen Wert aufs Geld legen, sind meist die Falschen. Leistung kann man kaufen, nicht aber Leidenschaft. Und das ist wichtig, schließlich müssen In- vestitionsprojekte auf Werthaltigkeit abzielen. Sind Personalentscheidungen Investitionsprojekte ? Das ist die Investitionsentscheidung schlechthin, denn von dort aus ziehen sich alle Entscheidungen am richtigen Strang entlang, oder am falschen. Es gibt Kandidaten, die wollen gehaltlich einfach nur einen Schluck drauflegen. Das können gar nicht die richtigen sein, weil sie sich mit der Arbeit als solcher nicht identifizieren, sondern nur mit ihrem Kontostand. Aber der Kontostand ist immer eine Konsequenz aus dem, was an Arbeitserfolg und Leistung gebracht wird. Manche Kandi- daten können mir nicht wirklich beantworten, warum sie glauben, ein ge- wisses Gehalt wert zu sein. Es gibt aber auch solche, die das sehr dezidiert darstellen können, was mich freut, weil dann habe ich ein gutes Argument gegenüber dem Auftraggeber. Aber wichtiger als das Geld sind die Werte: Was treibt einen Kandidaten, in welche Kultur will er kommen? Gibt es den idealen Kandidaten ? Nein. Das ist so unterschiedlich, wie es unterschiedliche Firmen gibt, und Situationen, in denen sich die Firmen befinden. Wenn sich ein Unterneh- men gerade auf Expansionskurs bewegt, dann macht es keinen Sinn, den großartigen Sanierer zu holen. Und Schönwetterkapitäne einzusetzen, wenn gerade mal richtig strenges Wetter aufzieht, ist auch nicht gut. Warum gibt es überhaupt Headhunter ? Schafft der Markt das nicht alleine ? Die Positionen, die wir zu besetzen haben, werden ja nicht in der FAZ oder Süddeutschen ausgeschrieben. Womöglich wird auch schon gesucht, während die Positionsinhaber noch in Amt und Würden sind. Die Kandi- daten wiederum müssen Informationen erhalten, die man nicht einfach in eine Stellenanzeige schreiben kann. Noch ein Punkt, vielleicht sogar der entscheidende: Auch die Kandidaten wollen sich nicht immer offenbaren, auch ihnen liegt sehr daran, dass man die Unterlagen nicht weitergibt, wenn sie merken, das es keinen Sinn ergibt. Vertrauen ist entscheidend. Autor: Wolfgang Kräußlich Bild: Labbé & Cie. 22 - Made in Germany / 2015-16

TRENDS Headhunter als KARRIEREWELT, 17./19. DEZEMBER 2011 Headhunter … · 2018-01-10 · Headhunter als Zukunftsmanager Wenn sich jemand, der Topmanager für seine Mandanten sucht,

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Page 1: TRENDS Headhunter als KARRIEREWELT, 17./19. DEZEMBER 2011 Headhunter … · 2018-01-10 · Headhunter als Zukunftsmanager Wenn sich jemand, der Topmanager für seine Mandanten sucht,

TRENDS

Made in Germany/2015-1622

TRENDS

Herr Prof. Labbé, wie sind Sie zum Headhunting gekommen?Als Sanierungsgeschä�sführer in mehreren Unternehmen, meist Familienunternehmen, habe ich seinerzeit erlebt, dass es in Auf-sichtsgremien ein Schönwetterdenken gab. Wenn es mal eng wur-de, hat man das nicht gesehen. Da dachte ich: Eigentlich müsste man ganz vorne anfangen, dort, wo sich strategische Lücken auf-tun: bei den handelnden Personen ganz oben. Denn es ist tatsäch-lich so, dass die Vorgesetzten durch ihre Handlungen interpretiert werden. Das wirkt sich aufs ganze Unternehmen aus. Es liegt zum Schluss immer an einzelnen Köpfen, dass Firmen vor die Wand gefahren werden. Und weil die Besetzung von Schlüsselpositionen mit den fachlich wie charakterlich passenden Persönlichkeiten zu den wesentlichen, den Erfolg von Unternehmen bestimmenden Entscheidungen zählt, ist für mich Headhunting eine der vor-nehmsten und wertvollsten Tätigkeiten.

Warum nennen Sie sich nicht wie viele Ihrer Kollegen Personal-berater, sondern Headhunter?Wir sind keine Ad-hoc-Lieferanten, um das mal so auszudrücken. Wir sind kein Makler von Lebensläufen. Headhunting, so wie wir es verstehen, setzt auf der obersten Führungsebene an. Dort sitzen unsere Ansprechpartner, die wiederum Partner auf Augenhöhe haben wollen. Dazu gehört dann eben auch, Geschä�smodelle ver-stehen und interpretieren zu können, insbesondere wenn sie tech-nologiegetrieben sind. Headhunter sind wir insofern, als dass wir versuchen, wirklich den richtigen Kopf für die richtige Firma zu �nden. Es gibt ja viele Köpfe da draußen, die haben alle so ihre Vorstellungen, wo und wie sie Karriere machen wollen. Wir haben festgestellt, dass Kandidaten dann gut passen, wenn sie sich tat-sächlich mit dem Arbeitgeber identi�zieren.

Warum gibt es dann so viele Personalberater? Für Personalberater, die makeln, gibt es natürlich einen Markt, und auch für Interimsmanagement-Provider. Letztere sind meist dann gefragt, wenn es schnell gehen muss, wenn Projekte maximal mit-telfristiger Natur sind. Bei uns ist es so, dass wir Menschen in Top-Positionen bringen wollen, die dort langfristig erfolgreich sein sol-len. Die Kultur des suchenden Unternehmens ist wichtig, die Werte müssen auf beiden Seiten zusammenpassen. Man muss auch die Frage stellen können, wo es Probleme gibt. Denn wenn Sie wirklich Köpfe adressieren, die Sie für eine Position begeistern wollen, dann müssen Sie auch darlegen, wo es auf der anderen Sei-te hakt. Köpfe mit Charakter lassen sich nicht plump kaufen.

Was meinen Sie mit plump kaufen? Diejenigen, die wirklich etwas bewirken können, lassen sich nicht mit Geld allein locken. Persönlichkeiten, die maximalen Wert aufs Geld legen, sind meist die Falschen. Leistung kann man kaufen, nicht aber Leidenscha�. Und das ist wichtig, schließlich müssen Investitionsprojekte auf Werthaltigkeit abzielen.

Sind Personalentscheidungen Investitionsprojekte? Das ist die Investitionsentscheidung schlechthin, denn von dort aus ziehen sich alle Entscheidungen am richtigen Strang entlang, oder am falschen. Es gibt Kandidaten, die wollen gehaltlich einfach nur einen Schluck drau�egen. Das können gar nicht die richtigen sein, weil sie sich mit der Arbeit als solcher nicht identi�zieren, sondern nur mit ihrem Kontostand. Aber der Kontostand ist im-mer eine Konsequenz aus dem, was an Arbeitserfolg und Leistung gebracht wird. Manche Kandidaten können mir nicht wirklich be-antworten, warum sie glauben, ein gewisses Gehalt wert zu sein. Es gibt aber auch solche, die das sehr dezidiert darstellen können, was mich freut, weil dann habe ich ein gutes Argument gegenüber dem Au�raggeber. Aber wichtiger als das Geld sind die Werte: Was treibt einen Kandidaten, in welche Kultur will er kommen?

Interview mit Prof. Dr. Marcus Labbé, Labbé & Cie.

„Die größte strategische Lücke ist im Grunde genommen die handeln-de Person. Deshalb sind Werte für Führungskrä�e so wichtig.“

Prof. Dr. Marcus Labbé ist geschäftsführender Gesellschafter. Die Sozietät Labbé & Cie. unterstützt die Besetzung von Schlüsselpositio-nen im Top Management sowie in Aufsichts- und Beiratsgremien und nimmt für sich in Anspruch, äußerst diskret und effektiv zu agieren. Auftraggeber sind Hidden Champions und Weltmarktführer.

Headhunter als ZukunftsmanagerWenn sich jemand, der Topmanager für seine Mandanten sucht, lieber Headhunter als Personalberater nennt, ist das ungewöhnlich. Nennt er diese Tätigkeit auch noch besonders vornehm, ist er einen genaueren Blick wert.

TRENDS

Made in Germany/2015-1622

TRENDS

Herr Prof. Labbé, wie sind Sie zum Headhunting gekommen?Als Sanierungsgeschä�sführer in mehreren Unternehmen, meist Familienunternehmen, habe ich seinerzeit erlebt, dass es in Auf-sichtsgremien ein Schönwetterdenken gab. Wenn es mal eng wur-de, hat man das nicht gesehen. Da dachte ich: Eigentlich müsste man ganz vorne anfangen, dort, wo sich strategische Lücken auf-tun: bei den handelnden Personen ganz oben. Denn es ist tatsäch-lich so, dass die Vorgesetzten durch ihre Handlungen interpretiert werden. Das wirkt sich aufs ganze Unternehmen aus. Es liegt zum Schluss immer an einzelnen Köpfen, dass Firmen vor die Wand gefahren werden. Und weil die Besetzung von Schlüsselpositionen mit den fachlich wie charakterlich passenden Persönlichkeiten zu den wesentlichen, den Erfolg von Unternehmen bestimmenden Entscheidungen zählt, ist für mich Headhunting eine der vor-nehmsten und wertvollsten Tätigkeiten.

Warum nennen Sie sich nicht wie viele Ihrer Kollegen Personal-berater, sondern Headhunter?Wir sind keine Ad-hoc-Lieferanten, um das mal so auszudrücken. Wir sind kein Makler von Lebensläufen. Headhunting, so wie wir es verstehen, setzt auf der obersten Führungsebene an. Dort sitzen unsere Ansprechpartner, die wiederum Partner auf Augenhöhe haben wollen. Dazu gehört dann eben auch, Geschä�smodelle ver-stehen und interpretieren zu können, insbesondere wenn sie tech-nologiegetrieben sind. Headhunter sind wir insofern, als dass wir versuchen, wirklich den richtigen Kopf für die richtige Firma zu �nden. Es gibt ja viele Köpfe da draußen, die haben alle so ihre Vorstellungen, wo und wie sie Karriere machen wollen. Wir haben festgestellt, dass Kandidaten dann gut passen, wenn sie sich tat-sächlich mit dem Arbeitgeber identi�zieren.

Warum gibt es dann so viele Personalberater? Für Personalberater, die makeln, gibt es natürlich einen Markt, und auch für Interimsmanagement-Provider. Letztere sind meist dann gefragt, wenn es schnell gehen muss, wenn Projekte maximal mit-telfristiger Natur sind. Bei uns ist es so, dass wir Menschen in Top-Positionen bringen wollen, die dort langfristig erfolgreich sein sol-len. Die Kultur des suchenden Unternehmens ist wichtig, die Werte müssen auf beiden Seiten zusammenpassen. Man muss auch die Frage stellen können, wo es Probleme gibt. Denn wenn Sie wirklich Köpfe adressieren, die Sie für eine Position begeistern wollen, dann müssen Sie auch darlegen, wo es auf der anderen Sei-te hakt. Köpfe mit Charakter lassen sich nicht plump kaufen.

Was meinen Sie mit plump kaufen? Diejenigen, die wirklich etwas bewirken können, lassen sich nicht mit Geld allein locken. Persönlichkeiten, die maximalen Wert aufs Geld legen, sind meist die Falschen. Leistung kann man kaufen, nicht aber Leidenscha�. Und das ist wichtig, schließlich müssen Investitionsprojekte auf Werthaltigkeit abzielen.

Sind Personalentscheidungen Investitionsprojekte? Das ist die Investitionsentscheidung schlechthin, denn von dort aus ziehen sich alle Entscheidungen am richtigen Strang entlang, oder am falschen. Es gibt Kandidaten, die wollen gehaltlich einfach nur einen Schluck drau�egen. Das können gar nicht die richtigen sein, weil sie sich mit der Arbeit als solcher nicht identi�zieren, sondern nur mit ihrem Kontostand. Aber der Kontostand ist im-mer eine Konsequenz aus dem, was an Arbeitserfolg und Leistung gebracht wird. Manche Kandidaten können mir nicht wirklich be-antworten, warum sie glauben, ein gewisses Gehalt wert zu sein. Es gibt aber auch solche, die das sehr dezidiert darstellen können, was mich freut, weil dann habe ich ein gutes Argument gegenüber dem Au�raggeber. Aber wichtiger als das Geld sind die Werte: Was treibt einen Kandidaten, in welche Kultur will er kommen?

Interview mit Prof. Dr. Marcus Labbé, Labbé & Cie.

„Die größte strategische Lücke ist im Grunde genommen die handeln-de Person. Deshalb sind Werte für Führungskrä�e so wichtig.“

Prof. Dr. Marcus Labbé ist geschäftsführender Gesellschafter. Die Sozietät Labbé & Cie. unterstützt die Besetzung von Schlüsselpositio-nen im Top Management sowie in Aufsichts- und Beiratsgremien und nimmt für sich in Anspruch, äußerst diskret und effektiv zu agieren. Auftraggeber sind Hidden Champions und Weltmarktführer.

Headhunter als ZukunftsmanagerWenn sich jemand, der Topmanager für seine Mandanten sucht, lieber Headhunter als Personalberater nennt, ist das ungewöhnlich. Nennt er diese Tätigkeit auch noch besonders vornehm, ist er einen genaueren Blick wert.

K A R R I E R E W E LT, 17 . / 1 9 . D E Z E M B E R 2 011

ANKE-SOPHIE MEYER

s gibt Aufträge, dielehnen wir ab. Ein-fach weil wir wissen,in so kurzer Zeit istkein passender Mann,

keine passende Frau zu finden.Wir lehnen auch ab, wenn wirnicht genügend Informationenüber das Unternehmen haben.“

Der Mann dieser entschiede-nen Worte heißt Marcus Labbé,ist Präsident des Deutschen Ver-waltungs- & Aufsichtsrats-Insti-tuts (DVAI) und Headhunter. Erbesetzt Vorstands- und Ge-schäftsführerpositionen, Auf-sichtsräte und auf der zweitenFührungsebene Bereichsleiter-und Spezialistenstellen. Alles imsechsstelligen Gehaltsbereich.

Labbé wirkt, was sein Berufs-ethos angeht, recht eindeutig.Am liebsten ist es ihm, wenn ervor Erteilung eines Auftragszwei Tage durch die Firma lau-fen kann, um mit dem Ge-schäftsführer, den Abeilungslei-tern und überhaupt mit vielenLeuten zu reden. „Dann ge-winnt man einen besseren undnachhaltigeren Eindruck vomKlima im Unternehmen.“

„Sie können sich vorstellen,dass die Kandidaten, die wirvorschlagen, genaueres wissenwollen. Da reicht das Anforde-

rungsprofil, das wir als Head-hunter von Personalverant-wortlichen bekommen, bei wei-tem nicht aus.“ Ein Vorstand,ein Aufsichtsrat, ein Vertriebs-chef habe Detailfragen und diemüsse er spätestens am Endeder Gespräche beantwortenkönnen.

Marcus Labbé und sein Part-ner Henner Klein arbeiten aufeinem Gebiet, das heiß um-kämpft ist. Absolute Diskretiongilt als ungeschriebenes Gesetz.Die Frage, ob es ein Zufall sei,dass unser Gespräch in der Ber-liner Business HochschuleESMT stattfindet, lässt Labbéunbeantwortet. Kein Wort überdie Nachbesetzung von ESMTPräsident Röller, der kürzlichins Bundeskanzleramt wechsel-te. Labbé entschuldigt seinenPartner Henner Klein, der kurz-fristig zu einem Mandantennach London fliegen musste.„Wenn es brennt, müssen wirvor Ort sein, schließlich ist dierichtige Besetzung von Schlüs-selpositionen für Unternehmenabsolut erfolgsentscheidend.“

Ansonsten jetten die Mitarbei-ter von Labbé & Cie. nicht ein-fach rund um die Welt, nur weildas in der Branche zum Imagegehört. „Wir kennen auch geo-grafisch unsere Grenzen undwollen nicht unmotiviert dasGeld unserer Auftraggeber ver-schwenden.“ So ein Satz klingtfür Auftraggeber sicher gut.

Hinter dieser Formulierungschimmert aber auch das frän-kisch Bodenständige durch.

Der Augsburger Professorlebt mit seiner Familie in Nürn-berg. Sein Büro für Aufsichtsra-

ts- und Beiratsservices, auf eng-lisch Top Executive Search &Advisory, wie man der Visiten-karte entnehmen kann, leitet ervon München aus. Zum Boden-ständigen passt auch der klareEntschluss, nicht mehr als 25Mitarbeiter zu beschäftigen.„Wir arbeiten zurzeit mit 15Leuten.“ Alles soll persönlichund überschaubar bleiben.Labbé & Cie. versteht sich als„Manufaktur unter den Head-huntern“. In diesem Jahr wur-den auf der Unternehmenslei-tungsebene (Vorstände, Ge-schäftsführer) 18 Stellen be-setzt, zwölf Positionen auf derAufsichtsrats- und Beiratsebeneund neun Positionen auf derSpezialistenebene.

Bis dahin ist es allerdings einlängerer Weg. Mögliche Kandi-daten werden unter Einsatz an-genehmster Telefonstimmenangerufen, erfahren beim erstenGespräch mit den Mitarbeite-rinnen des Hauses Labbénichts, aber auch gar nichtsüber das Unternehmen, dassucht. Erst im zweiten Telefon-gespräch, in dem die Partnerdann auch selbst zum Hörergreifen und das schon mal eineStunde dauern kann, geht es umein gegenseitiges Abtasten ohnedass der Name der Firma ge-nannt wird. „Neben der fachli-chen Kompetenz ist es natürlichenorm wichtig herauszufinden,ob der Kandidat seine Mitte ge-funden hat, worauf es ihm imLeben ankommt und ob er wirk-lich zur Firma passt.“ In der Re-gel braucht das Team zwei bisvier Monate Zeit, um eine Füh-rungsposition zu besetzen. Die

Frage, ob beim Suchen nach ge-eignetem Personal ein Unter-schied zwischen Männern undFrauen besteht, kann Labbé klarbeantworten: „Männer lassensich eher locken von Karriere-aufstieg und Geld. Bei Frauenauf dieser Ebene spielen auchdie weichen Faktoren eine Rol-le. Zum Beispiel: ‚Möchte ich inder Provinz arbeiten?’“

Auch bei Labbé ist die großeNachfrage vieler Unternehmennach Frauen, die eine Führungs-rolle übernehmen könnten, an-gekommen. Firmen, die klareAnsagen machen wie „die Hälftederer, die Sie uns vorstellen,müssen Frauen sein“, stoßen al-lerdings auf taube Ohren. Im In-genieurbereich sei das nicht zuleisten und das sage er auch denUnternehmen.

Labbé und seine Partner ver-stehen sich als Manufaktur. Siewollen sich bewusst von dengroßen Industrien in der Szeneabsetzen. Auch wenn es aufSchnelligkeit bei der Personal-beschaffung ankommt, sollengewisse Standards beibehaltenwerden. Wenn es heißt „Siewerden da ja schon jemand inder Datenbank haben“ lautetder Kommentar: „Wir habenkeine Datenbank.“

Und hier wird der gebürtigeFranke dann grundsätzlich undes wird deutlich, warum er seinGeschäft als Manufaktur ver-steht. „Die Vermittlung von In-terim-Managern ist nicht unserSteckenpferd. Wir wollen Geldverdienen, aber nicht um jedenPreis“, verkündet er. „Ich möch-te, dass ein Unternehmen, mitdem ich zusammenarbeite, sich

weiterentwickeln kann. Dazumuss ich die Firma aber auchkennen.“

Labbé macht das GestaltenSpaß. Er hat nicht immer alsProfessor und Headhunter imExecutive Bereich gearbeitet.Ganz am Anfang seiner Lauf-bahn stand eine Karriere alsTänzer, dann als Choreograf imMusicalbereich. „Da lernt manDisziplin, Genauigkeit und harteArbeit“, weiß er im Nachhinein.Dass daraus nicht die ganz gro-ße Karriere wurde, habe er ei-nem Mentor zu verdanken. Derhabe ihm deutlich vermittelt,das für eine Spitzenkarriere er-forderliche Talent hoch siebenhabe er nicht.

Und dann sei es solide weiter-gegangen mit Berufsausbildung,Studium, berufsbegleitenderPromotion und verantwor-tungsvollen Führungspositio-nen in unterschiedlichen Bran-chen. Er habe als Sanierer gear-beitet, musste selbst Leute ent-lassen. Das sei nicht mehr seineBranche. Seinerzeit habe er Auf-sichtsräte kennen gelernt, diesich selbst sanierten, der Sachenicht dienlich waren. Dort lagenmeistens Leichen im Keller. Dasmuss man nicht haben wollen.Zudem sei man extrem unfrei.Er sei mehr am Ausbau von Un-ternehmen interessiert.

Auf die Frage, wie man esschaffe, von ihm besetzt zu wer-den, kommt etwas zögerlich dieAntwort: „Bei mir bitte keineInitiativbewerbungen. Die scha-den eher der Reputation. Wersich ins Spiel bringen will, solltelieber kontinuierliche Leistun-gen in seinem Gebiet auffallen.“

„Wenn es brennt, müssen wir vor Ort sein“ Auf seinen Anrufwarten viele. EinBesuch beiHeadhunterMarcus Labbé

Besetzt Vorstands-und Geschäfts-führerpositionen:Marcus Labbé

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Headhunter alsZukunftsmanagerWenn sich jemand, der Topmanager für seine Mandanten sucht,lieber Headhunter als Personalberater nennt, ist das ungewöhnlich.Nennt er diese Tätigkeit auch noch besonders vornehm,ist er einen genaueren Blick wert.

Herr Prof. Labbé, wie sind Sie zum Headhunting gekommen ?Als Sanierungsgeschäftsführer in mehreren Unternehmen, meist Fami-lienunternehmen, habe ich seinerzeit erlebt, dass es in Aufsichtsgremien ein Schönwetterdenken gab. Wenn es mal eng wurde, hat man das nicht gese-hen. Da dachte ich: Eigentlich müsste man ganz vorne anfangen, dort, wo sich strategische Lücken auftun: bei den handelnden Personen ganz oben. Denn es ist tatsächlich so, dass die Vor-gesetzten durch ihre Handlungen in-terpretiert werden. Das wirkt sich aufs ganze Unternehmen aus. Es liegt zum Schluss immer an einzelnen Köpfen, dass Firmen vor die Wand gefahren werden. Und weil die Besetzung von Schlüsselpositionen mit den fachlich wie charakterlich passenden Persönlichkeiten zu den wesentlichen, den Erfolg von Unternehmen bestimmenden Entscheidungen zählt, ist für mich Headhunting eine der vornehmsten und wertvollsten Tätigkeiten.

Warum nennen Sie sich nicht wie viele Ihrer Kollegen Personalbe-rater, sondern Headhunter ?Wir sind keine Ad-hoc-Lieferanten, um das mal so auszudrücken. Wir sind kein Makler von Lebensläufen. Headhunting, so wie wir es verstehen, setzt auf der obersten Führungsebene an. Dort sitzen unsere Ansprechpartner, die wiederum Partner auf Augenhöhe haben wollen. Dazu gehört dann eben auch, Geschäftsmodelle verstehen und interpretieren zu können, insbesondere wenn sie technologiegetrieben sind. Headhunter sind wir insofern, als dass wir versuchen, wirklich den richtigen Kopf für die rich-tige Firma zu finden. Es gibt ja viele Köpfe da draußen, die haben alle so ihre Vorstellungen, wo und wie sie Karriere machen wollen. Wir haben festgestellt, dass Kandidaten dann gut passen, wenn sie sich tatsächlich mit dem Arbeitgeber identifizieren.

Warum gibt es dann so viele Personalberater ?Für Personalberater, die makeln, gibt es natürlich einen Markt, und auch für Interimsmanagement-Provider. Letztere sind meist dann gefragt, wenn es schnell gehen muss, wenn Projekte maximal mittelfristiger Natur sind. Bei uns ist es so, dass wir Menschen in Top-Positionen bringen wollen, die dort langfristig erfolgreich sein sollen. Die Kultur des suchenden Unter-nehmens ist wichtig, die Werte müssen auf beiden Seiten zusammenpas-sen. Man muss auch die Frage stellen können, wo es Probleme gibt. Denn wenn Sie wirklich Köpfe adressieren, die Sie für eine Position begeistern wollen, dann müssen Sie auch darlegen, wo es auf der anderen Seite hakt. Köpfe mit Charakter lassen sich nicht plump kaufen.

TRENDS

Made in Germany/2015-1622

TRENDS

Herr Prof. Labbé, wie sind Sie zum Headhunting gekommen?Als Sanierungsgeschä�sführer in mehreren Unternehmen, meist Familienunternehmen, habe ich seinerzeit erlebt, dass es in Auf-sichtsgremien ein Schönwetterdenken gab. Wenn es mal eng wur-de, hat man das nicht gesehen. Da dachte ich: Eigentlich müsste man ganz vorne anfangen, dort, wo sich strategische Lücken auf-tun: bei den handelnden Personen ganz oben. Denn es ist tatsäch-lich so, dass die Vorgesetzten durch ihre Handlungen interpretiert werden. Das wirkt sich aufs ganze Unternehmen aus. Es liegt zum Schluss immer an einzelnen Köpfen, dass Firmen vor die Wand gefahren werden. Und weil die Besetzung von Schlüsselpositionen mit den fachlich wie charakterlich passenden Persönlichkeiten zu den wesentlichen, den Erfolg von Unternehmen bestimmenden Entscheidungen zählt, ist für mich Headhunting eine der vor-nehmsten und wertvollsten Tätigkeiten.

Warum nennen Sie sich nicht wie viele Ihrer Kollegen Personal-berater, sondern Headhunter?Wir sind keine Ad-hoc-Lieferanten, um das mal so auszudrücken. Wir sind kein Makler von Lebensläufen. Headhunting, so wie wir es verstehen, setzt auf der obersten Führungsebene an. Dort sitzen unsere Ansprechpartner, die wiederum Partner auf Augenhöhe haben wollen. Dazu gehört dann eben auch, Geschä�smodelle ver-stehen und interpretieren zu können, insbesondere wenn sie tech-nologiegetrieben sind. Headhunter sind wir insofern, als dass wir versuchen, wirklich den richtigen Kopf für die richtige Firma zu �nden. Es gibt ja viele Köpfe da draußen, die haben alle so ihre Vorstellungen, wo und wie sie Karriere machen wollen. Wir haben festgestellt, dass Kandidaten dann gut passen, wenn sie sich tat-sächlich mit dem Arbeitgeber identi�zieren.

Warum gibt es dann so viele Personalberater? Für Personalberater, die makeln, gibt es natürlich einen Markt, und auch für Interimsmanagement-Provider. Letztere sind meist dann gefragt, wenn es schnell gehen muss, wenn Projekte maximal mit-telfristiger Natur sind. Bei uns ist es so, dass wir Menschen in Top-Positionen bringen wollen, die dort langfristig erfolgreich sein sol-len. Die Kultur des suchenden Unternehmens ist wichtig, die Werte müssen auf beiden Seiten zusammenpassen. Man muss auch die Frage stellen können, wo es Probleme gibt. Denn wenn Sie wirklich Köpfe adressieren, die Sie für eine Position begeistern wollen, dann müssen Sie auch darlegen, wo es auf der anderen Sei-te hakt. Köpfe mit Charakter lassen sich nicht plump kaufen.

Was meinen Sie mit plump kaufen? Diejenigen, die wirklich etwas bewirken können, lassen sich nicht mit Geld allein locken. Persönlichkeiten, die maximalen Wert aufs Geld legen, sind meist die Falschen. Leistung kann man kaufen, nicht aber Leidenscha�. Und das ist wichtig, schließlich müssen Investitionsprojekte auf Werthaltigkeit abzielen.

Sind Personalentscheidungen Investitionsprojekte? Das ist die Investitionsentscheidung schlechthin, denn von dort aus ziehen sich alle Entscheidungen am richtigen Strang entlang, oder am falschen. Es gibt Kandidaten, die wollen gehaltlich einfach nur einen Schluck drau�egen. Das können gar nicht die richtigen sein, weil sie sich mit der Arbeit als solcher nicht identi�zieren, sondern nur mit ihrem Kontostand. Aber der Kontostand ist im-mer eine Konsequenz aus dem, was an Arbeitserfolg und Leistung gebracht wird. Manche Kandidaten können mir nicht wirklich be-antworten, warum sie glauben, ein gewisses Gehalt wert zu sein. Es gibt aber auch solche, die das sehr dezidiert darstellen können, was mich freut, weil dann habe ich ein gutes Argument gegenüber dem Au�raggeber. Aber wichtiger als das Geld sind die Werte: Was treibt einen Kandidaten, in welche Kultur will er kommen?

Interview mit Prof. Dr. Marcus Labbé, Labbé & Cie.

„Die größte strategische Lücke ist im Grunde genommen die handeln-de Person. Deshalb sind Werte für Führungskrä�e so wichtig.“

Prof. Dr. Marcus Labbé ist geschäftsführender Gesellschafter. Die Sozietät Labbé & Cie. unterstützt die Besetzung von Schlüsselpositio-nen im Top Management sowie in Aufsichts- und Beiratsgremien und nimmt für sich in Anspruch, äußerst diskret und effektiv zu agieren. Auftraggeber sind Hidden Champions und Weltmarktführer.

Headhunter als ZukunftsmanagerWenn sich jemand, der Topmanager für seine Mandanten sucht, lieber Headhunter als Personalberater nennt, ist das ungewöhnlich. Nennt er diese Tätigkeit auch noch besonders vornehm, ist er einen genaueren Blick wert.

Was meinen Sie mit plump kaufen ?Diejenigen, die wirklich etwas bewirken können, lassen sich nicht mit Geld allein locken. Persönlichkeiten, die maximalen Wert aufs Geld legen, sind meist die Falschen. Leistung kann man kaufen, nicht aber Leidenschaft. Und das ist wichtig, schließlich müssen In-vestitionsprojekte auf Werthaltigkeit abzielen.

Sind Personalentscheidungen Investitionsprojekte ?Das ist die Investitionsentscheidung schlechthin, denn von dort aus ziehen sich alle Entscheidungen am richtigen Strang entlang, oder am falschen. Es gibt Kandidaten, die wollen gehaltlich einfach nur einen Schluck drauflegen. Das können gar nicht die richtigen sein,

weil sie sich mit der Arbeit als solcher nicht identifizieren, sondern nur mit ihrem Kontostand. Aber der Kontostand ist immer eine Konsequenz aus dem, was an Arbeitserfolg und Leistung gebracht wird. Manche Kandi-daten können mir nicht wirklich beantworten, warum sie glauben, ein ge-wisses Gehalt wert zu sein. Es gibt aber auch solche, die das sehr dezidiert darstellen können, was mich freut, weil dann habe ich ein gutes Argument gegenüber dem Auftraggeber. Aber wichtiger als das Geld sind die Werte: Was treibt einen Kandidaten, in welche Kultur will er kommen?

Gibt es den idealen Kandidaten ?Nein. Das ist so unterschiedlich, wie es unterschiedliche Firmen gibt, und Situationen, in denen sich die Firmen befinden. Wenn sich ein Unterneh-men gerade auf Expansionskurs bewegt, dann macht es keinen Sinn, den großartigen Sanierer zu holen. Und Schönwetterkapitäne einzusetzen, wenn gerade mal richtig strenges Wetter aufzieht, ist auch nicht gut.

Warum gibt es überhaupt Headhunter ?Schafft der Markt das nicht alleine ?Die Positionen, die wir zu besetzen haben, werden ja nicht in der FAZ oder Süddeutschen ausgeschrieben. Womöglich wird auch schon gesucht, während die Positionsinhaber noch in Amt und Würden sind. Die Kandi-daten wiederum müssen Informationen erhalten, die man nicht einfach in eine Stellenanzeige schreiben kann. Noch ein Punkt, vielleicht sogar der entscheidende: Auch die Kandidaten wollen sich nicht immer offenbaren, auch ihnen liegt sehr daran, dass man die Unterlagen nicht weitergibt, wenn sie merken, das es keinen Sinn ergibt.Vertrauen ist entscheidend.

Autor: Wolfgang Kräußlich

Bild: Labbé & Cie.

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