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UROAKTUELL 2014 vom 08. bis 10. Mai 2014 in Dresden Kasuistik und Diskussion: Benigne Prostataerkrankungen Priv.-Doz. Dr. med. Matthias Oelke Klinik für Urologie Medizinische Hochschule Hannover

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UROAKTUELL 2014 vom 08. bis 10. Mai 2014 in Dresden

Kasuistik und Diskussion:Benigne Prostataerkrankungen

Priv.-Doz. Dr. med. Matthias OelkeKlinik für UrologieMedizinische Hochschule Hannover

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Patient: Hans• Alter: 76 Jahre• Pensionierter Lehrer, noch sehr aktiv, häufige Reisen zu Theatern,

Konzerten und Musikals, auch Auslandsreisen• Geschieden, 2 erwachsene Kinder, wieder verheiratet seit 8 Jahren mit

48-jähriger Frau, noch sexuell aktiv• Reduktion der Reiseaktivitäten bei LUTS, Harninkontinenz und

Erschöpfungssymptomen am Tag• Medizinische Vorgeschichte:

– Bluthochdruck– KHK– Hypercholestersteriämie– LUTS/BPH seit ca. 4 Jahren und Harninkontinenz seit ca. 1 Jahr– Erektile Dysfunction zunehmend seit ca. 3 Jahren– OPs: 2x Stentimplantationen in Koronargefäße– Wartet auf Katarakt OP des rechten Auges– Medikamente: Cardizem, Lasix, Clopidogrel, ASS, Simvastatin

Photo: http://www.totalseniorcare.org/

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• Med. Fallvorstellung:

– 1. urologische Konsultation bei zunehmendem imperativen Harndrang, Pollakisurie (10-12x), Nykturie (3-4x), verzögertem Miktionsbeginn, aber subjektiv kein abgeschwächter Strahl oder Restharngefühl

– Einmaliger Sturz in der Nacht beim Toilettengang– Dranginkontinenz 1-2 pro Woche bei zu langem Warten

– Flüssigkeitsreduktion probiert, aber ohne spürbaren Erfolg– Einnahme eines Phytopräparates (Sägepalmenextrakt) mit nur

moderater LUTS-Reduktion für kurze Zeit (hierbei Reduktion der Nykturie auf 3x/Nacht).

– Dranginkontinenz in Stärke und Häufigkeit gleichbleibend

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Was nun?

1. Watchful waiting

2. Zunächst ausgiebige Diagnostik

3. Beginn mit Medikamenten

4. Empfehlung zur Prostataoperation

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Diagnostik• DRU: schmerzfreie, etwas vergrößerte Prostata ohne

Resistenzen

• IPSS: 21/6 (Speichersymptome 12, Entleerungssymptome 9)

• Urinanalyse: unauffällige Befunde

• Blutuntersuchung: S-PSA: 2,1 ng/ml, S-Kreatinin: 0.9 mg/dl, Na+ 140 mmol/l

• Prostatavolumen (TRUS): 34 ml

• Uroflowmetrie: Qmax 11,4 ml/s, Miktionsvolumen 202 ml, glocken-förmige Kurve

• Restharn (Ultraschall): 55 ml (45 ml bei Wiederholung)

• Ultraschall von Blase und Nieren: unauffällige BefundePhoto: http://www.totalseniorcare.org/

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• Hans schreibt ein Blasentagebuch für 3 Tage:– Trinkvolumen 1500 – 1600 ml pro 24 h

– Volumen pro Miktion 150-250 ml/Tag und 300-400 ml/Nacht

– Urinausscheidung von 900 ml/Tag und 700 ml/Nacht

• Welche Diagnosen hat Hans?

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Diagnosen

1. Überaktive Blase?

2. BPS mit vorherrschender Blasenspeichersymptomatik?

3. Nächtliche Polyurie?

4. Erektile Dysfunktion?

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Was jetzt?

1. Watchful waiting

2. Fortführung der Diagnostik

3. Start mit Medikamenten

4. Empfehlung zur Prostataoperatvion

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Welche Medikamente?

1. α-Blocker

2. 5α-Reduktase Inhibitor

3. Antimuskarinikum

4. PDE5-Inhibitor

5. Argenin-Vasopressin Analogon (Desmopressin)

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Start mit Antimuskarinikum

• Relative Kontraindikation für α-Blocker, da Kataraktoperation geplant.

• Deshalb Beginn mit Tolterodin 1 x 4 mg/Tag am Morgen

• Behandlungseffekte: Reduktionen des imperativen Harndrangs, Pollakisurie (auf 6-7 Miktionen/Tag) und Nykturie (auf 2-3 Miktionen/Nacht), Dranginkontinenz nur noch 1x aufgetreten nach 4 Wochen

• Erneuter Sturz in der Nacht beim Toilettengang

• Hatte starke Schwierigkeiten bei der Blasenentleerung, insbesondere in der Nacht, Gefühl des Harnverhaltes, musste lange warten und musste stark Pressen zur Miktion

• Hat Tolterodin ohne vorherige Rücksprache wieder gestoppt, da die Miktion schwierig war und er besorgt über die Miktion war

• Erneute Anfrage für ärztliches Gespräch bereits nach 4 Wochen

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• Inzwischen wurde die Kataraktoperation verschoben, da der Augenarzt noch eine kardiologische Abklärung wünscht

• Die nächste Städtereise ist bereits geplant und bezahlt worden, aber er und seine Frau drängen auf eine vorherige effektive Therapie

• Ehefrau wacht von seinen nächtlichen Toilettengängen auf und fühlt sich dadurch gestört

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Und jetzt?

1. Verwendung eines α-Blockers trotz Kataraktoperation

2. Versuch mit 5α-Reduktase Inhibitor trotz kleiner Prostata

3. Start mit anderem Antimuskarinikum

4. PDE5-Inhibitor zur Behandlung von LUTS + ED

5. Empfehlung einer Prostataoperation

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• Hans erhält Tadalafil 1 x 5 mg pro Tag und klärt mit seiner Versicherung die Kostenerstattung. Bei Nicht-Erstattung würde er die Kosten selber tragen

• Re-Konsultation nach 6 Wochen:– Gute Verbesserung der LUTS: Reduktion der Pollakisurie auf 6-7 Miktionen

pro Tag, der Nykturie auf 2 Episoden pro Nacht, des imperativen Harndranges und der Dranginkontinenz (nicht mehr aufgetreten), „warning time“ stark verbessert, IPSS akutell 11/3

– Gute Verbesserung der ED mit spontaner sexueller Aktivität mit seiner Frau

• Hans und seine Frau sind sehr zufrieden, aber 2-malige Nykturie stören Hans und seine Frau, die noch berufstätig ist und morgens früh aufstehen muss

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Welche Empfehlungen jetzt?

1. Die Beschwerden seiner Frau ignorieren und nur die Tadalafil Behandlung fortführen

2. Rezeptur eines 5α-Reduktase Inhibitors trotz kleiner Prostata

3. Verwendung eines anderen Antimuskarinikums zusätzlich

4. Argenin-Vasopressin Analogon (Desmopressin) zur Behandlung der Nykturie zusätzlich

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UROAKTUELL 2014 vom 08. bis 10. Mai 2014 in Dresden

• Hans leidet unter einer nächtlichen Polyurie als Ursache der Nykturie (NPi 44%) und ist mit der Desmopressin-Behandlung (0,1 mg vor dem Schlafengehen) und Trinkstop 2 Stunden zuvor einverstanden

• Hans hat eine bedeutsame Reduktion seiner Nykturiefrequenz auf 0-1 x pro Nacht

• Regelmäßige Kontrollen der S-Natriumkonzentration zeigen stabile Werte um 140 mmol/l

• Hans und seine Frau sind zufrieden mit der Behandlung (Tadalafil + Desmopressin) und führen die Behandlungen und Kontrollen weiter durch

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