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Goldschmidt und Krauh uber aryl-su bs tituierte Phosphor-Stickstoff-Verbindungen Von Stefan Goldschrnidt und Hans-Ludwig Kraup (Eingelaufen am 23. Jiili 1955) 193 Die ausgedehnten Untersuchungen von Michaelis und Mitarb.l) iiber die Renktion von Phosphortrichlorid mit organischen Aminen braclite die Kenntnis einer groBeren Zahl substituierter Phosphor- Stickstoff-Verbindungen,von denen in neuerer Zeit die sogenannten , ,Phosphorazo"-Verbindungen durch ihre Verwendung zur Syn- these von Saureamidenz),Peptiden314)und Hamstoffen5) besonderes Interesse beanspruchten. Die genannte Umsetzung vollzieht sich analog der Reaktion von Phosphortrichlorid mit Ammoniak als ein stufenweiser Austausch von Halogen gegen den Stickstoffrest unter Abspaltung von Halogenwasserstoff.Sowohlin der organischen wie in der anorganischen Reihe konnten bisher nicht alle miiglichen Stufen isoliert werden ; dies beruht einerseits auf der grol3en Reaktionsfahigkeit, besonders der ersten entstehenden Produkte, andererseits darauf, da13 oft, verschiedene Reaktionsschriite sich nebeneinander abspielen und zu Qemischen fuhren: die nur schwierig oder iiberhaupt nicht zu trennen sind. Die Substanzen sind in der Regel auch im Vakuum nicht destillierbar ; ihre Kristal- lisation wird hgufig durch Schwerliislichkeit in inerten Solventien und Neigung zu Ubersattigungserscheinungen hehindert. Die vorliegende Arbeit beschiiftigt sich nxit der Rildung, Strnktur und Reaktionsweise von Phosphor-Stirkstoff-Verbindungen, die bei der Einwirkung primiirer Aniine auf Phosphortrichlorid entstehen. Da sich die Derivltte aliphatischcr Amine stcts olig abscheiden, m-urden unsere Untersuchiingen auf aromatisch substitnierte Korper beschrankt. Ar ylarnino-N-his(dich1orphosphine) Die erste zu erwartende Stnfe, Ar-NH-PCI,, konnte bisher nicht abgefangen werden ; sie reagiert offenbar rnit weiterem Amin sofort zur , ,Phosphorazo"-Verbindung6) Ar-N=1'-NH-Ar weiter. l) Zusammenfassende Arbeit: A. Michaelis, Liebigs Ann. Chem. 326, 129 (1903), s. besonders: A. Michaolis u. G. Schroeter, Ber. dtsch. chem. Ges. 27, 490 (1894). z, H. W. Griminel, A. Guenther u. J. F. Morgan, J. Amer. chem. Soc. 68, 549 (1946). 3) St. Goldschmidt u. H. Lautonschlager, Liebigs Ann. Chem. 580, 68 (1953). 4, St. Goldschniidt u. Ch. Jutz, Ber. dtseh. chem. Ges. 86, 1116 (1953). s, Dissertation Hans Lautenschlagor, TH Miinchen 1953. 6) Rationelle Benennung s. S. 196.

Über aryl-substituierte Phosphor-Stickstoff-Verbindungen

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G o l d s c h m i d t und K r a u h

uber aryl-su bs tituierte Phosphor-Stickstoff -Verbindungen

Von Stefan Goldschrnidt und Hans-Ludwig Kraup

(Eingelaufen am 23. Jiili 1955)

193

Die ausgedehnten Untersuchungen von Michaelis und Mitarb.l) iiber die Renktion von Phosphortrichlorid mit organischen Aminen braclite die Kenntnis einer groBeren Zahl substituierter Phosphor- Stickstoff-Verbindungen, von denen in neuerer Zeit die sogenannten , ,Phosphorazo"-Verbindungen durch ihre Verwendung zur Syn- these von Saureamidenz), Peptiden314) und Hamstoffen5) besonderes Interesse beanspruchten. Die genannte Umsetzung vollzieht sich analog der Reaktion von Phosphortrichlorid mit Ammoniak als ein stufenweiser Austausch von Halogen gegen den Stickstoffrest unter Abspaltung von Halogenwasserstoff. Sowohlin der organischen wie in der anorganischen Reihe konnten bisher nicht alle miiglichen Stufen isoliert werden ; dies beruht einerseits auf der grol3en Reaktionsfahigkeit, besonders der ersten entstehenden Produkte, andererseits darauf, da13 oft, verschiedene Reaktionsschriite sich nebeneinander abspielen und zu Qemischen fuhren: die nur schwierig oder iiberhaupt nicht zu trennen sind. Die Substanzen sind in der Regel auch im Vakuum nicht destillierbar ; ihre Kristal- lisation wird hgufig durch Schwerliislichkeit in inerten Solventien und Neigung zu Ubersattigungserscheinungen hehindert.

Die vorliegende Arbeit beschiiftigt sich nxit der Rildung, Strnktur und Reaktionsweise von Phosphor-Stirkstoff-Verbindungen, die bei der Einwirkung primiirer Aniine auf Phosphortrichlorid entstehen. Da sich die Derivltte aliphatischcr Amine stcts olig abscheiden, m-urden unsere Untersuchiingen auf aromatisch substitnierte Korper beschrankt.

Ar ylarnino-N-his(dich1orphosphine) Die erste zu erwartende Stnfe, Ar-NH-PCI,, konnte bisher nicht

abgefangen werden ; sie reagiert offenbar rnit weiterem Amin sofort zur , ,Phosphorazo"-Verbindung6) Ar-N=1'-NH-Ar weiter.

l) Zusammenfassende Arbeit: A. Michael is , Liebigs Ann. Chem. 326, 129 (1903), s. besonders: A. Michaol is u. G. Schroeter , Ber. dtsch. chem. Ges. 27, 490 (1894).

z, H. W. Griminel , A. G u e n t h e r u. J. F. Morgan, J. Amer. chem. Soc. 68, 549 (1946).

3) St. Goldschmidt u. H. L a u t o n s c h l a g e r , Liebigs Ann. Chem. 580, 68 (1953).

4, St. Goldschni id t u. Ch. J u t z , Ber. dtseh. chem. Ges. 86, 1116 (1953). s, Dissertation Hans Lautenschlagor , TH Miinchen 1953. 6 ) Rationelle Benennung s. S. 196.

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194 G o l d s c h m i d t und K r a u B

LgiBt man jedoch bei grol3em ObersehulJ von PC1, das Amin durch gelindes Erwarmen langsam aus seinem Salz entstehen :

ArNH,CI T=+ HCI $- ArNH,

so erhalt man nach dem Entfernen des uberschussigen PC1, bei niederer Temperatur ein kristallines Produkt, das deni ersten Reaktionsschritt entspricht. Im Gegensatz zu Michnelis, der dem Ruckstand die Pormel Ar-N=PCl zuschrieb, fanden wir eine Brutozusammensetzurig ArNP,Cl, (I), also ein PCl, mehr irn Rilolekul. Durch kryoskopische Molgewichtsbestimmung in Benzol konrite bewiesen werden, daIj es sich dabei nicht urn Kristall- solvens handelt .

Diese bisher nicht beschriebenen Arylamino-N-bis(dich1or- phosphine) sind monomer ; ihre Entstehung diirfte nach

vor sich gehen. Sie lassen sich aus Benzol, besser &us PCI,, um- kristallisieren und bilden glasklare, grobe Kristalle. Leitet man bei 15 rnm Druck durch ihre Schmelze einen Stickstoffstrom, ,,de- stillieren" sie mit geringer Zersetzung. Sie sind aul3erordentlich feuchtigkeitsempfindlich nnd werden an der Luft sofort undurch- sichtig und klebrig. Deshalb wurden nur die in geschlossenem System ausfiihrbaren CI- und P-AnAlysen gernscht.

A r ylumino-N-bis (nr ylimirco-phosphin) Eine thermische Zerse tzung der Ar ylarnino -N-bis (dichlorphos-

phine) im Hochvakuum sollte zu den von Michaelisl) beschrie- benen ,,Arylphosphorazo"-cliloriden Ar-N- P-C1 fuhren. In der Tat konnte eine stetige Entwicklung von Phosphortrichlorid beobachtet werden, jedoch entsprach die Menge inehr als einem Mol YCI, pro Mol I, unabhangig von der Zersetzungstemperatur. Aus dem glasigen Ruckstand wurde ein Kiirper der Pormel Ar,N,P, (TI) isoliert , dessen Bildung wohl wie folgt verlauft 7, :

3 ArNP,CI, -+ 4 PC1, + Ar,N,P,

Diese bisher njcht bekannte Substanz konnte mit Ar = (p)-CH,OC,H, in glitzernden Kristallen analysenrein erhalten

') Bei der Substanz von Michaal is kiinnte es sich eventiiell urn ein zufiilliges Gemisch von 1 und I1 iin Verhiiltnis 1 : 1 gehandelt haben, das die Brutt,ozusammon- neteung Ar~-N=PCL besitzt.

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Uber aryl-substifuierte Phosphor-Stickstoff-Verbindungen 195

werden*) ; sie ist in Benzol mononier und im Gegensatz zu den meisten anderen der betrachteten Verbindungen weitgehend stabil gegen Luftsauerstoff, Feuchtigkeit und Temperaturerhohung.

Fiir ihre Struktur kommen zwei Mijglichkeiten in Betracht :

Ar--?\T=P \ ,N-Ar

/P\ Ar-N N N-Ar

Sr-K=P \ ' /' 1' Ar (4 (B)

Struktur A ist dabei ein ,,Kafig" mit 3 kondensierten PNPK-Vier- ringen, Struktur B ein formales Analogon zum Hydrobenzaniid. Wegen der nach der ublichen Vorstellung verbotenen Doppel- bindung N=P der Formulierung B gewinnt die Strukturfrage besonderes Interesse.

Auf Grund ihrer hoheren Symmetrie ist fur Struktur A ein Dipohoinerit ungefahr = 0 zu erwarten, wiihrend die unsym- metrische Struktur B ein Dipolmoment aufweisen sollte. Durch eine Messung von p in Benzol konnte zugunsten von B entschieden werden; es ergab sich ein \Vert von 2,03 Debye, der, wie fur B zu erwarten, groBenordnungsniaBig einem (p)CH,OC,H,-Rest (1,83 Debye) entspricht.

Das Model1 A weist im ,,Kafig" 5 freie Elektronen-Paare auf; eine deshalb zu erwartende Rereitschaft zur Komplexbildung mit Zentralstomen, die 5 Elektronenpaare aufnehmen kiinnen, wurde gleichfalls nicht beobachtet.

Wie im monomeren Phosphorbenzol ArP = PAr haben wir also hier eine Substanz vor uns, die eine Annahme von Doppel- bindungen am Phosphor notwendig macht. Rontgenogrsphische Messungen an dieser Verbindung ergaben keinen Widerspruch zur StrukturB; iiber sie sol1 an anderer Stelle von W. Borcher t berichtet werden.

Fiihrt man die Darstellung des Ausgangsmaterials (I) bei Zutritt von Sauerstoff aus, so erhalt man bei der thermischen Zersetzung neben I1 Derivate des &bindigen Phosphors der Zusammensetzung :

h - N P 'P( 0) OH / Ar = C6Hs, CH,OC,H,(p) Ar-K, \ P(0)OH /

Ar-KH

*) Anders substituierte Verbindungen dieses Typs konnten nicht voii anhaf- tenden Verunreinigungen getrennt werden.

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196 G o l d s c h m i d t und K r a u R

Eine Molgewichtsbestimmung dieser kristallinen, thermisch sehr stabilen Substanzen konnte wegen ihrer Unloslichkeit in allen inert'en Solventien nicht durchgefiihrt werden.

A r ylimino (ar ylam ino) phosphine (, ,€'hosphorazo "-Verbindungen) Diese Verbindungen entstehen nach

2PC1, + lOArNH, -+ (ArKPXHAr), - GArNH,Cl

Da sich ein dritter Arylrest nicht mehr addiert, andererseits die C1-haltigen Zwischenstufen, wie oben erwahnt, mit Anlin sofort zu dieser ,,Phosphorazo"-Verbindung reagieren, haben wir hier das bevorzugte Produkt der Umsetzung von PCl, init Arylaminen vor uns. Experimentelle Schwierigkeiten inachten eine einwandfreie Charakterisierung lange &it fragwurdig. Erst 1946 erhielt Grim- meI2) eine auf obige Formel stiinniende Analyse (Ar = C,H,) uncl das schon von Michaelis vermutete dimere Molekulargewicht. Beide Befunde konnten von uns hestiitigt werden.

Auch dieser Verbiridiirig kijnnen verschiedene Strukturen zu- gescbrieben werden :

Die Ringstruktur (Mic h a e l i sl), L au t e ns c hl a g e r

HN-Ar N-Ar +

I

Ar-N (C,) I

AI-NH (GI)

und die offene Struktur Ar-NH

\

/ \

P-NH-Ar Ar--N

P=N-Ar (D)

Wegen der allzu geringen LBslichkeit konnte hier keine Dipol- Bestimmung durchgefuhrt werden. Roritgenographisehe Daten reichten zur Strukturbestimmung gleichfalls nicht aus, da es nicht gelang, einwandfrei gebaute Kristalle zu erhalten. Deshalb wurde

$) Die Frage nach dein Sitz der beiden W~tsserstoffatome versuchten wir durch deren Substitution mit CH, aixf rlem Wcge uber die Grignard-Verbmdung mit nachfolgender Hydrolyse zu beantworten. Der Versuch fuhrte zu Ar-XH-CH, neben Ar-NH,, was die Moglichlreit des Vorliogons einer NH-Bindung beweist.

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Uber aryl-substituierte Phosphor-Stickstoff-Verbindungen 197

versucht, eine Entscheidung auf Grund chemischer Befunde zu erzielen.

Laat man die Verbindung durch Eintropfen von Arylamin- Losung in Phosphorhalogenid-Losung entstehen, erhalt man als Nebenprodukt eine geringe Menge Ar3N3P2 (11), das sich bei Ar ==

CH,OC,H, (p) rein isolieren liiBt8). Eine Betrachtung aller iiber- haupt moglichen Wege, die bei intennediarem YC1,-UberschuB zur Bildung von Haupt- u n d Nebenprodukt fuhren, zeigt, daB Ring- struktur C ein Nebenprodukt der Kafigstruktur A, Kettenstruktur Il ein Nebenprodukt der Hydrobenzamidstruktur B erwarten l i iBt .

Nachdem fur I1 die offene Anordnung bewiesen werden konnte, wird damit fur I11 ebenfalls eine Kettenstruktur wahrscheinlich. Einen weiteren Hinmeis auf Vorliegen der Struktur D fanden wir in der thermischen Zersetzung von I11 im Hochvakuum bei 850 0 , die unter Amin-Abspaltung zu IT fuhrtlO) ; dies lal3t sich zwanglos nur bei Annahme korrespondierender Strukturen erklaren :

200 4, /P=E-Ar D ArNH, $. Ar-N

l'=N -Ar \

/P\ bzw. C - 4 ,4rNH, + A-N N ,N-Ar

\ / P ,4r

Eine Umkehrung der Reaktion konnte nicht erzwungen werden ; wahrscheinlich erfolgt die Anlagerung von Alvin an das reaktions- trage I1 erst unter Bedingungen, bei denen I11 schon wieder zerfallt.

Die grol3e Reaktionsfiihigkeit der ,,Phosphorazo"-Verbindung, auf der ihre eingangs erwahnte Verwendung zur Darstellung von Amiden, Peptiden und Harnstofferi beruht, kann nicht durch das Vorhandensein einer ungesattigten P-Bindung bedingt sein ; einer- seits ist der nach unserer Ansicht zwei solcher Bindungen enthal- tende Korper I1 ausgesprochen reaktionstrage, andererseits konnte gezeigt werden, da13 auch Verbindungen vom Typ P(NR,),l) sieh

lo) Eine weitere thermische Zersetzung von I11 bzw. dem daraus entstehenden I1 im Hochvakuum bei 3000 erg& in erster Liiiie nichtstochiometrisch zusammen- gesetzto Produkts mit P-Gehalten bis SO% und S unter 570, was P,N, oder PN als Hauptprodukt der Realction ausschlieljt. In eiriem Ansatz mit Ar = CH,OC,HI konnte eine kleine Menge p,p'-Dianisyl orhalten werden ; dies entspricht den1 yon H. Mouren, Hull. Soc. chim. France ( 5 ) 4, 1839 (1937), vorgeschlageriori Reaktions- verlituf in dor anorgaiiischen Roihe.

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198 G o l d s c h m i d t und K r a u D

glatt mit Carbonsauren umsetzenll). Auch ein Angriff an einer Elektronenliicke durch die CO-Gruppe der CarbonsSure ist unwahr- scheinlich. Wie L a u t e n s c h l a g e r einwandfrei zeigen konnte, ist CO, erst dann zur Reaktion befahigt, wenn es sich mit Amin zur (instabilen) N-Carbonsaure verbunden hat, wahrend Ketone nicht, reagiercnj). Eigene Versuche iiber die Reaktion der , ,Phosphorazo"- Verbindung mit HC1-Gas, die in Unikehrung der Bildungsweise Pel, und Amin (Hydrochlorid) ergibt, sowie iiber die Solvolyse, die zu phosphoriger Saure bzw. deren Amiden und Estcrn fuhrt, zeigten, daR sich alle Befunde am besten durch die Annahine eines kryptoionischen Mechanismus erklaren lassen, wobei die polare P( )+)-N(s-)-Bindung in der Weise gespalten wird, daR eiii elektro- negativer Rest an den Phosphor, eiri elektropositiver an den Stick- stoff geht. Die Carbonsauren wurden dabei, formal analog der Esterbildung, als Acyl-Kation und OH-Anion reagieren :

I11 4- 1 H OH ---t

+ 3 H O H ->

+ 5H,C1 - + T 2 A c i O H --+

+ 3 H O R --- Ai-NH--P( OH)-NH-Ar P(OH), . Ar NH,+ Ar NH, PCl,< 2 ArNH,Cl P(OH),+2 ArNH-Ac €'(OR),+ 2 Ar NH,

Beschreibung der Versuche

1. Anilino-N-hi.c(dichlorphosphia) Eine Suspension von 32,3 g staubfreiem, trockeriem Anilin-ltydrochlorid in

103 g PUS wird untcr Stickstoff so lange xum Sieden erhitzt, bis das gesanite Salz in Losung gegangen ist. In geschlossener Apparat,ur saugt inan voii geringen Riickstlnden durch eine Glasfritte ab und kuhlt die Losung aiif -Zoo. Nach eini- gen Stunden haben sich grobe, glasklare Kristalle abgeschieden. Man kristdlisiert, diese aus wenig frischem PCI, um, trockiiet durch abwechselndes Evakuieren und Einleitcn von Stickstoff und fiibrt die Substanz cndlich in ein grol3es Schlenk- Rohr iiber. Siimtliche Operationen miissen nnter AusschluB V O I ~ Sauerst,off und Feuchtigkeit erfolgen.

dusbeute 55 g, 74% d. Th. vom Schmp. 46O. ., I -

C,H,N(PCl,), (294,9) Ber. P 10,57 C148,39 bquiv.-Gew. 36,8 Gef. )> 10,Ol )) 48,50 )> 36,4

Molgew. 294 (Benzol) Vollig analog lassen sich die Hydrochloride yon Anisidin und p-Chlor-anilin

umsctzen.

2. p - i 2 l e t h o . ~ ~ - p h e n y l a m i n o - N - b i s ( p - m e t l ~ ~ x ~ - p l ~ e n ~ l i ~ i ~ ~ o - p h ~ ~ ~ p h i n ) a) I n i n e r t e r A t m o s p h a r e . 40 g p-Anisidin-hydrochlorid und 103 g PCI,

setzt inan wie unter 1. zu p-Anisidino-N-bis(dichlorphosp1iin) uni, entfernt jcdocli das iiberschiissige PCl, durch Destillieren bei 20 "1 1, riachdcm von lvenig

11) St. Goldschinidt u. I?. Obermeier , Liebigs ,4nn. Chern. 588, 24 (1954).

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Wber aryl-suhstituierte Phosphor-Sticksfoff-Verhindungen 199

nicht-iimgesetztcrn Cialz abfiltriert worden ist. Die dabei aiiftretende geringe Zersetzung spielt hier kcine Rolle. Der nach kurzer Zeit erstarrende Ruckstand wird nun im Hochvakuum auf 120" erhitzt. I m Verlauf von 8 Stuiideri korinen etwa 80:/, des zu erwartenden PCl, in einer Falle ausgefroren werdcn (36g). Da liingcres Erhitzen die Ausbeute nicht mehr wesentlich steigert, lost man jetzt den glasigen lttuckstand in abs. Benzol und filtriert von wcnig unliisliuhen Zersetzungsprodukten ab. Geringe Mcngcn noch in dcr Losung befindlicher Cl-halt,iger Produkte storen die weitere Aufarbeitung; zii ihrer Eiitfernung gibt man so lange primares Amin zu, als dies noch eine Fallung hervorruft. Nach erneuter Filtration engt man auf etwa 50 ccm ein. Im Verlauf einiger Wocben kristallisiert das p-iMethoxy-phenylamino-PI'-bis(p-methoxy-~henylimino~phos- phin) in glitzernden Oktaedern. Zers.-P. nach 2-maligem Umkristallisieren aim Benzol oder Dioxan 3160. Ausbeute dcr Gcsamtrea,ktion 8,6 g , 24% d. Th.

(CH,OC,H,H),P, (425,4) Ber. C 59,39 H 4,98 H 9,88 P 1437 Gef. j) 59,09 j) 4,88 )) 10,lO )) 14,97

Molgew. (Benzol) 439. b) B e i L u f t z u t r i t t . Fiihrt man die Darstellung von p-Anisidino-N-bis-

(dichlorphosphin) unter Luftzut,ritt durch, so erhalt man bei der thermischen Zersetzung groBere Mengen in Bcnzol unliislicher Produkte. Geht man dabei von reinem p-Anisidin-hydrochlorid am, so bleiht bei der erschopfenden Extrak- tion mit Benzol ein weiBer, hydrophober, in inerten organischen Solventien unloslicher Ruckstand vom Zers.- P. 250°, der als Diphosphorsaure-t,ris-(p)- anisidid anzusprechen ist.

rlnalyse nach Pulvern und Trocknen im Hochvakuum:

(CH,OC,H,H),P,O,H, (493,s) Ber. C 51,4S H 6,11 H 8,62 1' 12,66 Gef. )> 51,48 j) 4,93 )) 8,51 D 13,14

Bei Verwendung yon Anilin-hydrorhlorid erhklt man Diphosphorsanre-tris- anilid.

(C,H,N),P,O,H, (403,3) Rer. D 10,42 P 15,34 Gef. )) 10,90 )) 15,48

3. PhenyIimino(pheny1amifzo)phosphin (,,Pliosp2iorazo"-Verbiiidung)

a) I n t e r m e d i ar e r A m i n - U b e r s c h u 5 Darstrllung nach den Angaben in der Literaturt 9). Bei abs. Benzol als Lij-

sungsmittel und Arbeiten unter SauerstoE- und Feuchtigkeitsinissclllull konnte ein Produkt vom Zers.-P. 215O in einer Ausbeute von 6704 d. Th. erhalten wertlen.

[(C,H,N),HPJ, (428,2) Ber. C 67,27 H 5,18 H 13,08 Gef. x 67.30 )) 4.99 )) 13.02

Molgew. 416 (Benzol) 427 (Dioxan)

b) I n t e r me di i i rer PC1,-U b er s c h u S Fiihrt man die Reaktion durch Eintropfen der Amin-LGsung in die Phosphor-

halogenid-Losung aus, mu8 man wegen des Auftretens von Nebenreaktionen uber das stochiometrische Vcrhaltnis hinaus so lange Amin zusetzen, als dics noch eine Fallung hervorruft.

Zur Isolierung des Nchenproduktes Srylamino-N-bis(ary1imino-phosphin) entfernt man das Losungsmittel bci Zimmerteniiicratur im Vakuum, schliimmt

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200 G o l d s c h m i d t und K r a u D

den feingepulverten Ruckstand mit wenig heiBem Bcnzol auf und filtriert. Bei Verwendung von p-Anisidin kristallisieren beim Abkiihleii glanzende Iiristalle von p - M e t h o x y - p h e n y l - a m i n o - P ; - b i s ( p - m e t h o x y o s p h i n ) , wahrend die Analyse des entsprcchenden Anilinderivates stets eine erhebliche Bcimischung von Phcnylimiiio(pheny1amino)phosphin zeigt.

4 , I:msetzungen dcs Phea ylinzino (pheny1ar~iirio)pkosphins a) S u b s t i t u t i o n der H-At ,ome d u r c h CH,

10 g frisch bereit,etes Phenplimino(phenplamino)phosphin werden unter Stick- stoff in 300 ccm abs. Xylol hei 500 gelBst. Man kiililt auf 40 ab und gibt im Laufe einer halbei?. Stunde eine filtrierte Grignard-Liisung am 4 g Ng und 1 8 3 g CH,J in 50 ccm Ather zu. Nun halt man ' I 2 Stunde auf 50°, kiihlt, Tvieder auf 4 O und l a B t langsam 16,4 g Uimethglsulfat in 50 ccm Ather zutropfen. Unter WLrme- entwicklung scheidet sich dabei ein rveiWer Korper ab. Zur Vcrvollst~ndigung der Reaktion erwiirrnt man noch Xtunde auf 5O0 wid entfernt schlieBlioh bei ZOO allc fliichtigeri Bestandteile, zuerst bei 11 mm, dann im Hoohvakuim12). Von jetzt ab ist LuftansschluO nicht mehr notig.

Der weil3e Riickstand wird vorsichtig mit 200 g Eiswasscr eersetzt und allialisch gemacht. Nach Wasserdampfdestillation und dcr iiblichcn dufarbcitung erhalt man 0,s g fluchtige Basen. Zur Gewinnung des sekundiiren Amins wcrden Giese mit salpetriger Saure umgesetzt. Kach Susathern und Abdestillieren des Athers hinterbleiben 1,8 g rohcs N-Nitroso-S-methylanilin, das mit Zinn und Salzsgure rednziert wird.

Der at,herische Auszng der alkalisch gemachten Liisung hinterliiot bcim De- stillieren 1 ,0 g X-Methylanilin, das in Benzol mit Essigsaureanhydrid N-Acetyl- N-niethy1anilin liefert. Schmp. 100,5 O, Mischschmp. 100,s O.

Aus der nach dcr Wasserdampfdestillation zuruckbleibcndcn Suspension konnen nach Ansauern nnd erschopfendcr Ather-Extraktion 0,9 g H,PO, vom Schmp. 720 gewonnen werden. Fur die Anwcsenhcit einer P-subst,ituierten Saure konnte kcin Anhaltspunkt gefunden wcrdcn.

b) R e a k t i o n m i t HC1

I n die Losung von 5 g frisch bereitetem Phenylimino(pheny1amino)phosphin in 100 ccm abs. Xylol wird unter Sauerstoff- und Feuchtigkeitsausschlii~ bei 7OU ein kraftiger HC1-St.rom eingeleitet,. Am absteigenden Kuhler geht eine aus PCI, nnd mitgerissenem Xylol bestehcnde Flussigkeit ubcr, wahrcnd sich Anilinhydro- chlorid aus der Liisung abscheidet. Man steigert die Tcmpcratur allmahlich auf looo. Naeh 5 8td. ist die Reaktion praktisch beendet. &Ian crhiilt 4,5 g rohcs Anilinhydrochlorid, 74:/, d. Th. und nach Rektifizieren 1,2 g l'Cl,, 37y" d. Th.

c) R e a k t i o n mit H,O Man bringt eine Losung von 8,6g Phenyliniino(phenylamino)phosphin in l00ccm

Dioxan rasch auf 100° und lafit,, ohne weiter zii erwarmen, unter Riihren 200 ccm Xiswasser rasch in diinnem St~ra.hl einflieaen. Nacli einigen Sek. scheiclen sich aus der erkaltenden Losung glanzende Blattchen ah ; zur Vervollstandigung der Kristallisation IaBt man noch l/z Stnnde bei 0u stehen.

l p ) Eine Prufung des Destillats auf Amin, aus eventueller Zersetzung stammend, blieh negativ.

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Uber aryl-substituierte Phosphor-Sticksfoff-Verbindungen 20 1

dusbeute 6,1 g, 66yb d. Th. rohes (C,H,PU'H), POH. Schmp. nach Umkristalli- sieren aus Athano1 156a (Lit. 152O-154O 2,13)).

Zersetxt man Phenylimino(pheny1amino)phosphin oder Dianilido-phosphorige Siiure mit kochcndem Wasser und setzt als Losungsvermittler etwas Methanol zu, so erhiilt man Anilin und phosphorige Same bzw. Anilin-phosphit in praktisch quantitativer Ausbeute.

d) R e a k t i o n m i t d t h a n o l 10 g frisch bereitetes Phenylimino(pheny1amino)phosphin werden bei strqpgstem

AusschIu6 von Feuchtigkeit in 150 ccm iiber Ca-Spiinen destilliertem Athanol siispendiert und mit 5 ccm abs. Pyridin verset,zt.

Each 12-stundigem Kochen am RiickfluS ist eine klare, fast farblose Lijsung entstanden. Bei der Destillation fiingt man die zwischen 40 und 703/11 iiber- gehenden Anteile gesondert auf imd rektifiziert den Phosphorigsaure-triLthyl- ester uber eine Kolonne. Sdp. 47 u-49 "1 1 ; Ausbeute 3,8 g, 48y0 d. Th.

e) Z e r s e t z u ng sr e a k t io n e n b e i ho h e r e r T e m p e r a t u r Vermischt man Phenylimino(pheny1amino)phosphin mit der doppelten Menge

Quarzsand und erhitzt im Hochvakuum auf etwa 2500, entweicht etwa 1 Mol Anilin (92% d. Th.). Aus dcm fest'cn, roten Ruckstand lii13t sich rnit Dioxari ein Korper extrahieren, dessen Analyse der Formel (C,H,N),P, nahekommt ; die bei der hoheri Zersetzuiigst'cmpcrstur entstehenden Neberiprodukt'e haften der Subst'anz jedoch so hartnackig an, daS kein analysenreines Produkt erhalten werden konnte. Trotzdern rnachen die analytischen Werte, insbesondere aber die ge- fundene Aminmenge, eine Reaktion irn Sinne von Seite 197 wahrscheinlich.

(CBH,H),P, (335,3) Rer. C 64,48 H 4,51 Gef. )) 63,29 )> 3,98

5 . Dipolmessung a n (CH,OC,H,N),P, nach HedestrancP4) a) D i c h t e - M e s s u n g a n b e n z o l i s c h e n L o s u n g e n

ve r s c h ie d o ne r K o n z e nt r a t i o n Gemessen wurde die Dichte von Losungen bekannter Konz. in optisch reinem

Benzol bei 25O (Ultrathermostat) durch Wkgung voii 30 ccm-Pyknomctern (Genauigkeit: l j l 00 ccm bzw. lj100 mg).

Tab. I ~15)0,0 1,3727 3,4125 5,3767 6,4973. 1 0 F p 0,87270 0,87293 0,87336 0,87372 0,87384

Die Steigung der Kurve F=f(y) ergibt sich nach der allgemeinen Fehler- rechnung zu

cc = 2,0890

b) Messung d e r D ie l ek t r i z i t j t skons tan ten von b e n z o l i s c h e n Lo s u n g e n v e r s ch i e d e n e r K o n z.16)

Die Bestimmung erfolgte wie oben bei 25O; die Dichte wurde durch schritt- weises Verdiinnen variiert.

13) Dissert. F r i t z Obermeier , TH Munchen 1953. la) Z. physik. Chem. Abt. B. 2, 428 (1929). 16) v = Molenbruch. 16) Fur die Mcssungcn von E danken wir Herrn Dr. Walz, Org. chem. Institut

der L-niversitlit Munchen, cbenso Herrn Prof. R. Huisgen fur sein freundliches Entgegenlrommen.

dnnalen der Chemie, 595.Bsnd 14

Page 10: Über aryl-substituierte Phosphor-Stickstoff-Verbindungen

202 G o l d s c h m i d t und K r a u B

Tab. I1 y 5,5616 4,4499 3,8573 2,8450 1,7076 0 , O . E 2,2774 2,2763 2,2756 2,2751 2,2741 2,2726

Die Steigung der Kurve L = f(yj ergibt sich zu

p = 3,6991

c) R e r e c h n u n g der M o l p o l a r i s a t i o n f u r u n e n d l i c h e V e r d u n n u n g Nach H e d e s t r a n d ergibt sich nach

wobei fur c( und p die obengenannten Werte, &Il bzw. &I2 die Molgewichte fur Renzol bzw. (CH,OC,H,N),P, E~ die Dielektrizitatskonstante und p1 die Dichte vom Benzol bei T = 298,5O abs. T.,

eingesetzt werden P, =213,11.

d) M e s s u n g v o n D i c h t e u n d R e f r a k t i o n d e r f e s t e n S u b s t a n z Bcstimmt wurde pfest nach dem Schwebeverfahren in ZnCl,/H,O bei 25O

zu 1,3094; n r) fert nach dem Einbettungsverfahren im ZeiB-Refraktometer bei 2Fj0 und Xa-Licht zu 1,6852. Nach

115 n D Z - I M RD=-- . - . . - . - 100 n D - 2 p fest

ergibt dies eine Molrefraktion von 128,5, was mit dem additiv aus den einzelnen Bindungs- und Atomrefraktionen zusammengesetzten Wert von 131 (Struktur A) bzw. 128 (Struktur 14) gut ubereinstimmt.

e) R e r e c h n u n g d e s D i p o l m o m e n t s p ergibt sich nach

p =0,0128 f(P, - Rr))T1*) mit T = 298,50

RD = 128,5 und P =213,11

zu p = 2,03 I f 0,05 Debge.