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4. Uebw Atom- wnd Molecularr&umel); vorn J. T'raube. 1. Daa Volumen der Flhsigkeiten beim Sieddpunkte. Die gesetzmassigen Beziehungen, welche fur die Molecular- raume von Verbindungen bei den normalen Siedepunkten be- stehen, wurden bekanntlich zuerst von Hermann Kopp er- kannt und in einer Gleichung zusnmmengefasst : in Worten: Das Molecularvolumen einer Verbindung (der Quotient aus Moleculargewicht und Dichte) ist gleich der Summe der Atom- volumma. Die Berechnung dieser Atomvolumina erfolgte durch einen Vergleich der Volumina verwandter Verbindungen von bestimrnten Unterschieden in der Zusammensetzung. Indessen erkannte bereits Kopp, dass obige Gleichung eine Regel dar- stelle, welche hiiufig nur in grober Annaherung den Beob- achtungen entsprach. Die Arbeiten zahlreicher Nachfolger Kopp's auf diesem Gebiete haben nichts wesentlich Neues erbracht. Zu erwahnen sind indessen die Arbeiten S c h r 6 der's, welcher fast gleich- zeitig mit K o p p die Volumina fliissiger und fester Stoffe be- stimmte, und zu dem Ergebnisse gelangte, dass die Atom- volumina der Elemente, aus denen sich das Molecularvolumen einer Verbindung additiv zusammensetzt , in multiplen Ver- haltnissen zu einander stehen. Ob in dieser Annahme ein rich- tiger Kern enthalten ist, ist auch heute noch nicht entschieden. 2. Das Volumen der Flussigkeiten bei Oo C. H o 1's tmann 2, hat zuerst die Volumina fliissiger Ver- bindungen bei gleicher Temperatur, und zwar bei Oo, auf- einander bezogen. Von der Annahme ausgehend, dass auch alsdann das Molecularvolumen sich additiv aus der Summe 1) Friihere Mitteilungen hieruber vgl. Wied. Ann. 61. p. 380-390, p. 391-396 u. p. 396-400. 1897; ferner Ahrens' Samml. chem. u. techn. Vortr. 4. p. 1. 1899. 2) A. Horstmann, Graham-Otto-Landolt's Lehrb. f. Chem. 1. p. 354. 1895. v, = 2 Fa,

Ueber Atom- und Molecularräume

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4. Uebw Atom- wnd Molecularr&umel); vorn J. T'raube.

1. Daa Volumen der Flhsigkeiten beim Sieddpunkte.

Die gesetzmassigen Beziehungen, welche fur die Molecular- raume von Verbindungen bei den normalen Siedepunkten be- stehen, wurden bekanntlich zuerst von H e r m a n n Kopp er- kannt und in einer Gleichung zusnmmengefasst :

in Worten: Das Molecularvolumen einer Verbindung (der Quotient aus Moleculargewicht und Dichte) ist gleich der Summe der Atom- volumma. Die Berechnung dieser Atomvolumina erfolgte durch einen Vergleich der Volumina verwandter Verbindungen von bestimrnten Unterschieden in der Zusammensetzung. Indessen erkannte bereits Kopp , dass obige Gleichung eine Regel dar- stelle, welche hiiufig nur in grober Annaherung den Beob- achtungen entsprach.

Die Arbeiten zahlreicher Nachfolger Kopp's auf diesem Gebiete haben nichts wesentlich Neues erbracht. Zu erwahnen sind indessen die Arbeiten S c h r 6 der's, welcher fast gleich- zeitig mit K o p p die Volumina fliissiger und fester Stoffe be- stimmte, und zu dem Ergebnisse gelangte, dass die Atom- volumina der Elemente, aus denen sich das Molecularvolumen einer Verbindung additiv zusammensetzt , in multiplen Ver- haltnissen zu einander stehen. Ob in dieser Annahme ein rich- tiger Kern enthalten ist, ist auch heute noch nicht entschieden.

2. Das Volumen der Flussigkeiten bei Oo C.

H o 1's tmann 2, hat zuerst die Volumina fliissiger Ver- bindungen bei gleicher Temperatur, und zwar bei Oo, auf- einander bezogen. Von der Annahme ausgehend, dass auch alsdann das Molecularvolumen sich additiv aus der Summe

1) Friihere Mitteilungen hieruber vgl. Wied. Ann. 61. p. 380-390, p. 391-396 u. p. 396-400. 1897; ferner Ahrens' Samml. chem. u. techn. Vortr. 4. p. 1. 1899.

2) A. Hors tmann, Graham-Otto-Landolt's Lehrb. f. Chem. 1. p. 354. 1895.

v, = 2 Fa,

Atom- und Molecularwarme. 549

von Atomraumen berechnen lasse, erzielte er zwar in manchen Fallen eine bessere Uebereinstimmung von Beobachtung und Berechnung als Kopp , indessen ergaben sich gewisse Schwierig- keiten, deren Beseitigung H o r s t m a n n nicht gelang. Wahrend z. B. das Molecularvolumen eines Kohlenwasserstoffs von der Formel C,H,, bei den Siedepunkten ' annahernd gleich ist n ma1 dem Volumenzuwachs, welcher einer CH, - Gruppe ent- spricht, erwies sich das Molecularvolumen bei O o bei allen diesen Kohlenwasserstoffen um etwa 25 Einheiten grosser als jener n fache Volumenzuwachs. l)

Diese ominose Zahl von im Mittel 25 Einheiten kehrt an verschiedenen Stellen von H o r s tmann ' s Berechnungen wieder2), ohne dass H o r s t m a n n jener Zshl eine befriedigende Deutung zu geben wusste.

Diese Schwierigkeiten verschwinden jedoch sogleich, wenn man, wie dies von mir3) zuerst geschehen ist, die Volumen- verhaltnisse der Stoffe bei gleichen Temperaturen durch eine Gleichung darstellt :

Y m = 2 P , + @ .

Diese Gleichung unterscheidet sich von K opp's Gleichung durch die Grosse @ , das ,,moleculare Covolumen" , welches ich vom Standpunkte der kinetischen Hypothese aus als den Raum gedeutet habe, welcher den Atomen fur ihre fort- schreitende Bewegung zur Verfiigung steht. Weiter unten wird sich zeigen, dass zwischen der Gleichung von H. Kopp und derjenigen oon mir kein Widerspruch besteht.

Die Gleichung 7, = 2 Pa + @ gilt, wie ich gezeigt habe, sowohl fiir homogene Verbindungen (Case, Fliissigkeiten und feste Stoffe), wie fur Losungen und Mischungen. Die Atom- volumina erfahren bei den Vorgangen der Erstarrung sowie der LSsung keine oder nur secundare Aenderungen, sodass die Contractionen und Dilatationen , welche bei jenen Vor- gangen, wie auch bei chemischen Reactionen eintreten, fast ausschliesslich auf die Aenderung der Grosse (I, zuriickzu- fiihren sind.

1) Vgl. A. Horstmann, 1. c. p, 421. 2j 1. c. p. 402 u. 428. 3) J. Traube, Ahrens' Samml. chem. u. techn. Vortr. 4. p. 1. 1899.

550 J. fiaube.

Indessen sind die von mir in iihnlicher Weise wie von K o p p , jedoch aus verdiinnten Losungen berechneten Atom- volumina keineswegs Constanten, welche von der Natur der Stoffe unabhangig sind. Bas Atomvolumen eines Elementes andert sich vielmehr von Stoff zu Stoff; es ist um so kleiner, .je grosser die Anziehung zu den benachbarten Atomen ist. Aus diesem Grunde hat beispielsweise derjenige Sauerstoff, welcher direct mit Wasserstoff verbunden ist , ein kleineres Volumen, als der mit Methyl verbundene Sauerstoff, und dieser wiederum ein kleineres Volumen, als der Sauerstoff, welcher mit Aethyl, Propyl etc. in Verbindung steht. Die von mir an anderer Stelle mitgeteilten Atomvolumina sind daher nur als Mittel- werte aufzufassen, mit denen man in ahnlicher Weise rechnen kann, wie in der kinetischen Gastheorie mit den Mittelwerten der Geschwindigkeiten.

Die 27, ist nun nichts anderes, als die Grosse b von v a n d e r W a a l s .

Wenngleich dieser Nachweis schon fruher von mir') ge- fiihrt wurde durch directen Vergleich der von mir berechneten Werte X V , mit den Werten des kritischen Volumens b = v k / 3 , so wird doch eine weitere Bestatigung jener Annahme um so weniger uber0iissig sein, als der friihere Nachweis wegen der erheblichen, nur ungenau bekannten Temperaturcoefficienten von b mit grbsseren Fehlern behaftet war.

Lewis2) hat an einigen Beispielen gezeigt, dass man aus den Volumenwerten einer Flussigkeit fur verschiedene Tem- peraturen mit Hiilfe der Gleichung

(P + 5) (u - b) = Ji!P

die Grossen a und b berechnen kann. Unter Verwertung des Beobachtungsmateriales , welches uns durch die vortrefflichen Arbeiten von YoungS) zur Verfiigung steht, habe ich diese

1) J. T r a u b e , Wied. Ann. 61. p. 383. 1897. 2) P. L e w i s , Zeitschr. f. physik. Chem. 32. p. 382. 1900. 3) S. Young, Phil. Trans. 176. p. 123. 1886; 178.. p. 57. 1887;

180. p. 137. 1889; Journ.Chem.Soc. 66. p. 486. 1889; 69. p. 125. 1891; 63. p. 1191. 1893; 67. p. 1071. 1895; 71, p. 446. 1897; 73. p. 675. 1898; 76. p. 873. 1899; 77. p. 145 u. 1128. 1900; ferner Phil. Mag. diaselben Jahrgtinge.

Atom- und Molecularrdume. 551

Berechnung in grosserem Maassstabe durchgefuhrt. Die Grossen a und b sind, wie dies schon friiher von mir fest- gestellt wurde , mit der Temperatur veranderlich. Ich be- schranke mich darauf, in folgender Tabelle unter b275 die Werte b fur O o C. wiederzugeben, welche auf diesem Wege aus mehreren Volumeiiwerteii in der Nahe von O o berechnet wurden.

Unter ZZ;Y, in Columne VIII sind daneben gestellt die von mir fur eine Temperatur von O n berechneten Summen der Atomraume.

In Columne IX finden sich Werte b273, welche nach einer von van ' t Hoff') auf Grund des Satzes von der geraden Mittel- linie abgeleiteten Gleichung berechnet wurden. Diese Glei- chung lantet :

v273 ist das Molecularvolumen bei O n C. und T, die kritische Temperatur.

Die Werte b in Columne VII, VIII und IX weichen zum Teil erheblich voneinander ab. Wir wollen nicht eingehend entscheiden, welche Werte am zuverlassigsten sind.

Die Gleichung

gilt nur mit erheblichen Einschrankungen. 2,

Die Werte 27, sind gleichfalls zum Teil mit nicht un- erheblichen Fehlern behaftet, zumal es sich, wie bereits er- wahnt wurde, bier nur um Mittelwerte handelt.

Aber auch gegen die nach van d e r Wna l s ' Gleichung berechneten Werte ist der Einwand zu erheben, dass jene Gleichung keineswegs streng gultig ist, und insbesondere fur associirte Flussigkeiten nur eine beschrankte Qiiltigkeit besitzt.

Somit kann es uns nicht wundern, dass die Abweichungen in einigen Fallen 10 bis 12 Proc. betragen.

Wir diirfen aber folgern, dass in erster Annaherung 2 Fa = b ist.

1) J. H. van't Hoff , Vorles. iiber theor. u. phys. Chem. 3. p. 30. 1900. 2) 1. c.

n-Pentan Isopentan n-H

exan D

iisopropyl n-H

eptan n-O

ktsn D

iisobutyl H

examethylen

6

Benzol

ZJ Fluorbenzol

$ C

hlorbenzol B

rombenzol

Jodbenzol

rg

I1

%

RohlenstoEtetrac.-loi

Zinntetrachlorid A

ethyliither M

ethylformiat

Methylscetat

Aethylform

iat A

ethylacetat M

ethylpropionat M

ethylalkohol 2

Aethylalkohol

ICJ

Propylalkohol Essigsiiure

111

bk

‘I

I I

Tk 1

-

470,2 460,8 507,8 500,4

569,2 549,8 553,O

561,5

633,O

670,O

721,O

556,15 591,7 467,4 487,O

506,7 508,3 523,l 530,4 513,O

516,l 536,7 594,6

539,9

559,55

322,4 348,4 276,O

280,7 171,8 227,4 229,l 285,8 282,O

118,O

166,9 217,6 170,4

347,3

L07,5 L16,l 92,O

115,8 93,6

75,8 76,4

94,O

55,6 72,5 56,8

57,3

95,3

39,3

IV

VO luldb. ___ -

-

-

96,t -

-

123,5 -

-

66,4 70,6 79,5

90,4 72,7 87,O

72,6

57,8 58,4 72,8 70,4 29,8

58,l 43,8

-

45,3

44,9

VO lerth

80,5 81,3

__

_

_ 93,5 -

106,l -

-

-

66,3 70,6 78,5 82,2 89,Z 72,2 87,8 71,1 - - -

-

-

-

-

-

-

-

-_

V

VO

80,5 81,s 94,8

106,l L23,5

__

-

-

-

-

66,4 70,6 79,O

82,2 89,8 72,5 87,4 72,2

57,8 58,4 72,8 70,4 29,8

58,l 43,8

45,3

44,9

VI

v213

~-

__

112,4 112,8 L27,l L26,3 142,5 158,3 160,2 105,2 86,5 91,5

102,9 109,3 94,O

113,8 L00,6 60,5

78,4 96,4

99,5

77,4

-

39,5

73,3 57,l

56,l

VII

bzrs _

_

__ 86,9 87,5

100,5 114,5 128,l 129,l 84,8 70,3 74,l 82,8 87,l

101,l

93,5 75,7 91,8 78,1

61,3 61,9 76,8

33,O

46,7 60,8 46,4

47,4

-

VIII

:Vat?

__

_

_ 86,l

86,l 102,l 102,l 118,l 134,l 134,l 82,8 64,5 66,7

78,9 82,6 71,9

74,3

-

75,5 43,O

59,O

59,O

75,O

75,O 24,4 40,4 56,4 37,8

-

__

_

X

MR

__

_

_

25,32 25,32 29,70 -

-

38,95 - -

25,93

30,90 33,76

26,40

22,31

18,03 17,93 22,14 22,41 8,16

12,71 17,42 12,93

-

- -

- -

-

XI

MR

4,03 4,08 4,11

__

_

_ -

-

4,18 -

-

3,29

3,30 3,18

3,48

4,19

4,20 4,26 4,30 4,15 4,81

4,16

-

-

-

-

4,37

4,39

x11 V

k

gk _

- _

_

3,76 3,73 3,83 3,74 3,86 3,86 3,81 3,71 3,75 3,79 3,78 3,80 3,78 3,67

3,81

3,84 3,89

3,90

4,02 4,00

3,74

3,93

3,94

4,55

4,99 -

.-

XIET

VO

3,85

3,86

4,01 3,96

vk -

-

._

3,77

-

-

- 3,86 3,83 3,88 3,92 3,88 3,81

3,89 3,97

3,79 3,93 3,92 3,92 4,00 3,96 3,72

3,89 3,74

Atom- und Nolecularraume. 553

Nunmehr wird das molecdare Covolumen @ = v - b, und den inneren Druck X = a 1 v 2 einer Fliissigkeit berechnet man in einfachster Weise, indem man das moleculare Covolumen (gleich annahernd dem Molecularvolumen) des Gases bei der Temperatur Y' durch das moleculare Covolumen der Flussigkeit bei derselben Temperatur dividirt. Es ist somit

K,,, = 223801 mZ,, Atm.,

wenn @z,3 das in Cubikcentimetern gemessene moleculare Co- volumen der Flussigkeit bei 273O ist. Die aus den so be- rechneten Drucken K berechneten Werte a stimmen mit den aus kritischen Grossen abgeleiteten Werten a meist genugend uberein, wie dies fruher von mir') gezeigt wurde.

In meinen fruheren Mitteilungen2) habe ich es fur wahr- scheinlich erklart, dass der Satz von A v o g u d r o auch fur Fliissigkeiten giiltig sei, dass demnach das moleculare Co- volumen der Fliissigkeiten bei Berucksichtigung ihres Asso- ciationsgrades fur gleiche Temperaturen gleich gross sei. Diese Annahme wurde natiirlich erfordern, dass der innere Druck K der (nicht associirten) Flussigkeiten bei gleicher Temperatur ebenfalls gleich gross ware.

Veranlasst wurde ich zu jener Annahme zunachst durch eingehende Untersuchungen der Volumenverhaltnisse wasseriger Losungen. Das ,,moleculare LGsungsvolumen" des gelosten Stoffs (gleich Volumen der LGsung minus Volumen des Losungs- mittels) konnte auch gleich gesetzt werden einer Summe von Atomraumen, vermehrt um das moleculare Covolumen, und fur dieses moleculare Covolumen ergab sich bei Berucksichti- gung der Ionisation fur die verschiedenartigsten Stoffe ein Wert, welcher sich selten um mehr als 2-3 Proc. von 12,4 ccm bei 15O entfernt. Fur wasserige Losungen gilt demnach, wenn auch nur annaherungsweise, der Satz von A v o g a d r o , und die einfache Methode der Moleculargewichtsbestimmung, zu welcher die Gleichhcit des Covolumens fuhrte, entbehrt nicht einer theoretischen Begriindung.

1) J. T r a u b e , Wied. Ann 61. p. 384. 1897. 2) J. T r a u b e , Ahrens' Samml. chem. u. techn. Vortr. 4. p. 29K

1899. Annalen der Physik. IV. Folge. 5. 36

554 J. finube.

Bei homogenen Fliissigkeiten liegen die Verbaltnisse nicht so einfach. Aber wenn man zunachst nur die nicht associirten Fliissigkeiten in Betracht zog, wie Kohlenwasserstoffe, Aether, Saureester , Saureanhydride, Amine etc., so berechnete sich bei Berucksichtigung der Veranderlicbkeit der Atomraume l) ein moleculares Covolumen, welches bei 15O in der Nahe von 25 ccm lag, jener Zahl, welche H o r s t m a n n bei seinen Rech- nungen mehrfach begegnet war, ohne dass er dieselbe in be- friedigender Weise zu deuten wusste. Fur associirte Fliissig- keiten, insbesondere Hydroxylverbindungen, lag das moleculare Covolumen innerhalb der Grenzen 9 und 25 ccm. Unter der Annahme, dass auch hier das moleculare Covolumen eines complexen Moleciils gleich etwa 25 ccm bei 15O sei, wurden von mir die Associationsfactoren z, berechnet , welche soweit mit denen von Ramsay und Sh ie lds u. a. ubereinstimmten, dass auch diese associirten Fliissigkeiten bei Beriicksichtigung des Associationsgrades keineswegs gegen die Giiltigkeit des Satzes von Avogadro z u sprechen schienen.

Wenn man indessen mit HGlfe der Werte vz73 in Columne VI und b,,, in Columne VII die Werte @ = v - B berechnet, so erkennt man, dass fur homogene, nicht associirte Flussigkeiten das moleculare Covolumen vielfach so verschieden iat , dass der Satz von Avogadro keineswegs allgemein gelten kbnnte.

Dennoch spricht eine von Kamer l ingh Onness), Lewis4) und N e r n s t 7 kinetisch und auch thermodynamisch begrundete Gleichung sehr dafur, dass der Satz von Avogadro wenigstens in roher Annaherung fur homogene Fliissigkeiten giiltig ist.

Diese Gleichung lautet : o - b 01 - b i l = R T l n L .

1) Es muss hier indessen zugegeben werden, dass die Berechnung der AtomrBume, namentlich fur Halogenverbindungen, sowie ferner der Ringdecremente nicht einwandsfrei ist.

2) Die bisher befolgte Berechnung der Associationsfactoren bedarf der Aenderung. Offenbar ist (vgl. Muller, Chem.-Zeitg. 19. Mai 1900), wenn 25,9 das normale moleculare Covolumen bei 15" ist, und @ das gefundene, bei Giiltigkeit des Satzes von A vogadro der Associations- factor m = 25,9/ @.

3) Kamerl ingh Onnes, Arch. Werl. 30. p. 101. 1897. 4) P. L e w i s , Zeitschr. f. physik. Chem. 32. p. 384. 1900. 5) W. Nernst , Theor. Chem. 3. p. 236. 1900.

Atom- und Molecularraume. 555

Es ist il die moleculare Verdampfungswarme bei der Siedetemperatur T, B ist die Gasconstante, b die GrGsse yon van d e r W a a l s , v2 das Volumen im Dampfzustande, vl im Flussigkeitszustande bei der Siedetemperatur.

Dass diese Gleichung bis auf einen constanten Factor den Thatsachen entspricht, zeigt folgende Zusammenstellung von aber. und Abeob. in Calorien.

A ber. Aethylather 4200 Methylformiat 4500 Methylpropionat 4800 Benzol 4800 Fluorbenzol 4670 Chlorbenzol 5620 Bromhenzol 6040 Jodhenzol 6390 Isopentan 3980 Sauerstoff 1170

Abeob. 6600 6900 7400 7200 7270 8100 8600 9760 6000 1610

1 ber. / A beob. 0164 Lewis 0165 17

0165 11

0,66 0,64 Traube I)

0169 11

0170 0165 11

0166 11

0172 7 1

11

11

Es ist somit die nach obiger Gleichung berechnete Ver- dampfungswarme gleich angenahert =I3 der beobachteten Ver- dampfungswarme. Dass dieser Factor wahrscheinlich auf die Vernachlassigung eines Gliedes der Gleichung zuruckzufuhren ist, welches auf den Unterschied der specifischen Warmen yon Dampf iind Flussigkeit Bezug nimmt, hat Lewis gezeigt.

Nach Trouton’s Satze ist nun fur nicht associirte Fliissig- keiten ill R 2’ = const. ; folglich ist das Covolumen des Dampfes v2 - b dem Covolumen der Fliissigkeit v1 - 6 beim Siede- punkte proportional. Bei gleicher Temperutur konnen somit die molecularen Covolumina der Russigkeiten nicht mehr verschieden sein, als diejenigen des Bumpfes; der Satz von A v o g a d r o wiirde somit f u r homogene Plussigkeiten, wenn auch nur in roher An- naherung, gelten. ’)

1) Die Dampf- und Flussigkeitsvolumina, sowie Siedetemperaturen wurden von mir fur die ersten funf Verbindungen den Arheiten von Y o u n g entlehnt, die Verdampfungswarme Abeob. wurde in einigen Fallen aus d p / d T (vgl. S. Young) nach der Gleichung von C l a u s i u s he- rechnet. Der Sauerstoff enthielt 7 Proc. Stickstoff (vgl. Ann. d. Phys. 1. p. 272. 1900).

2) Ieh hoffe, auf diese wiehtige Frage spiiter nochmals zuriiekzu- kommen. Vorliiufig muss es daher unentschieden bleiben, ob die fruher

36 *

556 J . Daube.

3. Dae Fliissigkeitsvolumen bei der kritieohen Temperatur und bei ubereinstimmenden Temperaturen.

I n Columne I1 der Tabelle p. 552 finden sich die nach dem Satze der geraden Mittellinie von Cai l le te t und Mathias: berechneten kritischen Volumina der von Young l) untersuchten Verbindungen; in Columne I11 die Werte v , / 3 = 6,.

Da bei O o C. die Gleichung gilt v2,3 = bz,3 + a, bei der kritischen Temperatur vk = 3 b,, so ist zu folgern, dass bei der kritischen Temperatur und bei iibereinstimmenden Temperaturen die Btomvolumina b und das rnoleculare Covolumen im muZtiplem Ver- haltnisse zu einander stehen. Bei der kritischen Temperatur ist das moleculare Covolumen, der Raum fur den freien Aether2) doppelt so gross, als der ,,Kernraum" der Atome (der von der Materie wirklich eingenommene Raum), vermehrt um den Raum fur den gebundenen Aether.

Ich bin mir bewusst, dass mein Schluss nicht hypothesen- frei ist, und konnte mir denken, dass auch eine Volumen- theorie durchfuhrbar ware, welche die Begriffe b und @ nicht als gesonderte Volumengrossen betrachtet. Zur Zeit scheint mir aber in Anlehnung an van d e r Waals ' Gleichung die strenge Scheidung beider Volumenbegriffe weitaus am aus- sichtsvollsten , und demgemass erscheint es mir einstweilen geboten, auch bei der kritischen Temperatur die gesonderte Existenz eines molecularen Covolumens anzunehmen. Mit der Aetherhypothese vom gebundenen und freien Aether wurde diese Volumentheorie in gutem Einklang stehen.

Nach Guldberg3) kann man die normalen Siedetempe- raturen in . roher Annaherung als ubereinstimmende Tempe- raturen bezeichnen. Es folgt hieraus, dass das moleculare Covolumen auch bei den Siedepunliten den Griissen b und den Gesamtraumen angenahert proportional ist.

von mir gegebenen Methoden der Moleculargewichtsbestimmung, insoweit dieselben sieh auf homogene Flussigkeiten beeiehen, theoretiseh begrundet sind, oder nur empirische Bedeutung haben.

1) Es sei hervorgehoben, dass das MoleCulargewicht stets von Young auf H = 1 bezogen wurde.

2) J. Traube, Ahrens' Samml. chem. u. techn. Vortr. 4. p. 73. 1899. 3) C. M. Guldberg, Zeitschr. f. physik. Chem. 6. p. 375. 1890.

Atom- und Molecularraume. 557

Somit stehen die Eryebnisse der Arbeiten von K o p p in bestem Einklang mit den Ergebnissen von mir. Auch bei den normalen Siedepunkten gilt die Gleichung V, = 2 Y, + a; nur ist die Grasse U.) der 2 V a proportional, und daher von Kopp uber- sehen worden. ‘

Das Warmeausdehnungsgesetz , wie sich dasselbe schon a m der Theorie der iibereinstimmenden ZustBnde ergiebt, lautet hiernach:

Beim Uebergang von einer ubereinstimmenden Temperatur zu einer z weiten sind die Ausdehnungscoefficienten samtlicher Flussigkeiten gleich gross.

Nach van d e r Waa l s ist b, gleich dem 4fachen Kern- volumen der Atome. Nach den Theorien von Claus ius urid Moss o t t i ist die Molecularrefraction

M p2-1 -___ d $ 4 - 2

ein ungefahres Maass dieses Kernvolumens, sofern man unter p den Brechungsindex fur unendlich lange Wellen versteht.

Diese Theorie wiirde indessen gar nicht mit den Beob- achtungen in Einklang stehen, wenn man fur ,LL etwa die Di- elektricititsconstante oder den Brechungsindex fur elektrische Wellen von grossen Amplituden einfuhren wollte. Offenbar sind diese Griissen in vielen Fallen, bei Hydroxylverbindungen etc., kein reines Haass des Volumens, da besondere Absorptionen die Dielektricitatsconstante anormal vergriissern. Vie1 ge- eigneter ist jedenfalls zur Prufung der Theorien von van d e r Waals sowie Claus ius-Mossot t i , Cauchy’s Constante A oder der optische Brechungsindex.

In Columne X der Tabelle p. 552 finden sich die aus Bruhl’s Arbeiten entlehnten Molecularrefractionen

M p a - 1 _____ d p p + 2

bei 20° bezogen auf die Wasserstofflinie a, Da die Molecular- refraction fur Gase und Fliissigkeiten innerhalb eines sehr weiten Temperaturbereiches nahezu gleich gross ist , so darf man annehmen, dass auch bei der kritischen Temperatur jene Grosse annahernd denselben Were hat wie fur 20°. Es finden sich nun in Columne XI die Quotienten aus b, und den Werten der Molecularrefraction.

558 J. Traube.

Diese Quotienten sind sehr interessant. Dieselben sind zwar keineswegs constant, aber wenn man von den stark associirten Verbindungen, wie Methyl- und Aethylalkohol, Essigsaure absieht, so erkennt man, dass fur die C, H, 0-haltigenverbindungen der Fett- reihe die Griisse 6, annahernd gleich ist dem 4 fadhen Kernvolumen.

Die Forderung der Theorien von v a n der Waa l s sowie von C laus ius - Moso t t i zeigt sich daher bei zahlreichen Verbindun-qen erfiillt, indem ich bemerken miichte, dass nicht nur bei den in der Tabelle erwahnten Kohlenwasserstoffen , Aethern und Estern , sondern auch bei zahlreichen anderen Verbindungen b , IMR angenahert gleich 4 ist.

Eine bemerkenswerte Ausnahme bilden aber ausser Kohlen- stofftetrachlorid die Benzolverbindungen. Der geringere Pro- portionalitatsfactor scheint hier in irgend welchem causalen Zusammenhange zu den im Benzol vermuteten drei ,,Doppel- bindungenl' zu stehen, insofern schon aus fruheren Arbeiten l) von mir folgt, dass auch Verbindungen mit weniger Doppel- bindungen sich in dieser Beziehung anormal verhalten.

Aus all diesen Betrachtungen folgt , dass es zweckmassig ist, bei den Flussigkeiten wie bei den Gasen nicht zwei, sondern drei verschindene yolumenbegriffe zu unterscheiden, namlich :

1. Das Kernvolumen; 2. Die Constante b, welche veranderlicher ist a19 das Kern-

volumen, demselben aber in vielen Fallen proportional gesetzt werden kann. Der friiher von mir gebrauchte Ausdruck: ,,Schwingungsvolumen'i ist nicht recht passend, und daher besser zu vermeiden.

3. Das moleculare Covolumen.2) Vielleicht ist es auch nicht unzweckmassig, neben dem

Kernvolumen ein ntomares und moleculares Covolumen zu unter- scheiden, die Aetherhulle nach Claus ius , oder den Raum fiir den gebundenen Aether, bez. den Raum fur den freien Aether.

Zrst durch die Einfiihrung jener drei Tolumenbeyriffe in die Folumenlehre der Fliissigkeiten wird die volle Analogie zwischen Gas- und Riissigkeitszustand herbeigefuhrt. Solanye man bei den

1) J. Traube, Bcr. d. Deutsch. chem. Gesellsch. 30. p. 2740. 1897. 2) Zuweilen wird die Constante b als das Covolumen beaeichnet.

Es w&re wiinschenswert, dass man allgemein nur die Grtisse v - b mit diesem Ausdrucke belegt.

Atom- und Molecularriiume. 559

Gasen, zwischen der Constante b und dem Covolumen unterscheidet, wird man auch bei den Russigkeiten denselben Unterschied macheri mussen. Man darf daher das moleculare Covolumen auch dort nicht ausser acht lassen, wo, wie bei den kritischen sowie ubereinstimmenden Temperaturen, zwischen molecularem Co- volumen und Atomraumen multiple Verhaltnisse bestehen. Diese multiplen Verhaltnisse zwischen den verschiedenen Raum- grossen l) sind allerdings in hohem Grade beachtenswert , und verdienen bei allen Betrachtungen iiber Natur und Verwandt- schaft der Materie die ernsteste Beriicksichtigung.

4. Der kritische Zustand und das Verhkltnis von Gas- und Flussigkeitsdichte.

De Heen2), Bat te l l i s ) und Gal i tz ine4) u. a. haben eine Reihe interessanter Beobachtungen gemacht , welche mit der iiblichen Definition der kritischen Temperatur als Temperatur gleicher Gas- und Fliissigkeitsdichte nicht recht in Einklang zu bringen sind. So hat u. a. Ga l i t z ine durch Bestimmung des Brechungsindex gezeigt, dass die Dichte des in einem Rohrchen eingeschlossenen Aetherdampfes nach volligem Ver- schwinden des Meniscus in regelmassiger Weise und ganz er- heblichem Grade vom unteren zum oberen Ende des Rohres abnimmt. Da die Wirkung der Schwere nicht ausreicht, um diese und ahnliche Anomalien zu erklaren, so schliesst Ga l i t z ine und ebenso d e H e e n , dass bei Temperaturen ober- halb der kritischen Temperatur ein Stoff - bei demselben Drucke und derselben Temperatur - verschiedene Dichten haben konne, und dass der fliissige Zustand noch oberhalb der kritischen Temperatur fortdauern konne.

Die betreffenden Forscher sind der Ansicht, dass diese Dichteanomalien auf den allmahlichen Zerfall complexerer

1) Vgl. auch Schriider's Annahme p. 548; ferner C. M. Guldberg , Zeitschr. f. physik. Chem. 5. p. 378. 1890; J. T r a u b e , Raum der Atome,

2) de H e e n , Les LCgendes du point critique bei La Meuse, Luttich 1901; Bull. Akad. roy. Belg. (3) 24. p. 96 u. 282. 1892; Zeitschr. compr. Gase Nr. 7, 8 u. 9. 1898.

1. 0. p. 11.

3) A. B a t t e l l i , Ann. Chim. et Phys. (6) 29. p. 400. 1893. 4) B. Gal i t z ine , Rapport du Congrbs International de Physique

Paris 1. p. 668. 1900; auch Wied. Ann. 60. p. 520. 1893.

560 J. Traube.

Flussigkeitsmolecile zu einfacheren Gasmoleculen zuruck- zufiihren seien. Da diese Ansicht aber mit vielfachen neueren Forscbungen in Widerspruch steht, so wollen wir versuchen, ob sich nicht eine andere Deutung fur die sehr beachtens- werten Beobachtungen der genannten Forscher finden Iasst.

In der folgenden Tabelle habe ich fur mehrere.Stoffe bei der Temperatur to C. aus den von Young gegeberien Flilssig- keitsdichten nach van d e r Waals’ Gleichung die Constante 6 auf ein Gasmolecul bezogen berechnet.

Kohlen-

chlorid

Aethyl- Methyl- Bther alkohol

stofftetra- ‘inntetra- Isopentan chlorid

t b b b b b 50 75,7 91,s 87,5 78, l -

35 76,9 93,9 88,5 - 32,6 65 77,s 95,l 90,2 80,6 32,9

105 78,9 96,9 92’2 81,4 32,5 155 81,8 - 97,s 88,O 33,O

255 90, l 106,4 275 100,7 109,6

205 83’4 101,3 - - 34,7 - - - - - -

Charakteristisch fur alle Stoffe ist die starke Zunahme von b in der Nahe der kritischen Temperatur.

1st nun bei der kritischen Temperatur Gas und Flussig- keitsdichte gleich gross, so mussten wir auch annehmen, dass die Grosse b beim Uebergange von Flussigkeit in den Gas- zustand sich nicht andert.

Diese Annahme , welche durch den obigen Curvenverlauf schon einigermaassen in Frage gestellt wird , ist jedenfalls aus folgenden Grunden unzutreffend.

H e i l b o r n l ) berechnet fur Wasserstoff aus den Ab- weichungen von den idealen Gasgesetzen

Wird der Refractionswert boas = 0,0005244.

-- - 0,0000938 pz - 1 p2 + 2

1) P. H e i l b o r n , Phil. Mag. (5) 34. p. 459. 1892; vgl. auch S. Young, Journ. Chem. SOC. 71. p. 452. 1897 und Phil. Mag. 60. p. 295. 1900. In meiner friilieren Mitteilung Wied. Ann. 61. p. 385. 1897 waren mir die bez. Bemerkungen von Heilborn und Young entgsngen.

Atom- und Molecularraume. 561

gesetzt, so wird

Fur Aethylengas bei

und

und somit

b / - p* - 1 = 5,69. p9 + 2

looo ist

6~~~ = 0,00254

- 0,000467 p2 - 1

b / - = 5,62.

~ _. p +>- -

pz - 1 pa + 2

Der Mittelwert von 5,69 und 5,62 ist 5,655 = 4 12. Diese That- sache steht im Einklang mit der Annahme von C laus ius , denn, wie 0. E. Meyer’) hervorhebt, ist nach Claus ius berts nicht das 4fache, sondern das 4 12-fache des Kern- volumens.

Nach der Tabelle p. 552, Columne XI ist aber bk fur den flussiqen Zustand (von weniger stark associirten Stoffen abgesehen) hochstens gleich dem 4 bis 4,2 fachen Kernvolumen.

Hieraus folgt, dass b fur Gase im Yerhaltnis 1 gdsser ist, als der Wert 6, fur den fEiissigen Zustand. Da es nun kaum einem Zweifel unterliegen kann, dass die Aenderung vom bG, , /b f l . in der Nahe der kritischen Temperatur bez. der Siedetemperaturen stattfinden muss, so erhalten hiermit die Beobachtungen von d e Heen , B a t t e l l i , Ga l i t z ine u. a. eine Begrundung und Restatigung. Nach Gal i tz ine*) betragt fur Aether der Dichteunterschied bei 194,06 O, d. h. eben oberhalb der kritischen Temperatur, gleich 35,5 Proc. der Gesamtdichto. Diese Zahl faat nahe zusammen fitit dem von mir aus dem Pactor 1 2 = 1,42 berechneten Bichteunterschiede von etwa 30 Proc. der Gasdichte.

Auch die folgenden Thatsachen stehen mit obiger Auf- fassung des kritischen Zustandes in Einklang.

Nach van d e r Waals’ Theorie miisste bekanntlich der Quotient aus der nach den idealen Gasgesetzen fir die kritische Temperatur berechneten Dichte, sowie der fur diese Temperatur

1) 0. E. Meyer, Kinetische Theorie der Gese 1. p. 229. 1877. 2) B. Gal i tz ine , 1. c. p. 679.

562 J . l’raube.

beobachteten Dichte allgemein # = 2,67 sein. Nach Young’s Feststellungen ist derselbe aber nicht 2,67 , sondern fur alle (nicht associirten) Stoffe im Mittel gleich 3,765, wie Columne XII, Tabelle p. 552 zeigt.

Ton den beiden bekannten Gleichungen yon van d e r Waals

Ok Tk

Es ist aber 2 , 6 7 1 2 = 3,775.

bGm = 7 und = 8.273pk

stimmt nur die letztere Gleichung mit den Beobachtungen iiberein, erstere dagegen nur dann’), wenn man v, /3 mit 1/2 multiplicirt.

All diesen Schwierigkeiten entgeht man durch die An- nahme, dass b beim Uebergange von Riissigkeiten zum Gas- zustande eine Zunahme im Yerhaltnisse 1 : 12 erfahrt. Hier- durch finden die Beobachtungen von de Heen , Ba t t e l l i , Ga l i t z ine u. a. eine Deutung. van d e r Waals’ Theorie er- leidet keine Einbusse in Bezug auf ihren Wert, im Gegenteil, scheint es doch, dass die Verschiedenheit der Volumina boas und

bei derselben Temperatur uns dazu fiihrte, das d r i t t e Yolumen und den Perlauf der behannten Isothermen in befriedigenderer Weise zu deuten wie bisher.

5. Dae Volumen der featen Stoffe.

Unter Hinweis auf meine fruheren 2, Veroffentlichungen begniige ich mich damit, nochmals zu erwahnen, dass auch fur den festen Zustand dieselben Volumenbegriffe in Betracht komrnen, wie fur den fiussigen und gasformigen Zustand. Es gilt auch hier die Gleichung Y, = 2 Va + @. Die Aenderung, welohe 25’ Y, = b beim Uebergang vom fliissigen zum festen Zu- stande erfahrt, ist jedenfalls unbedeutend , dagegen ist das moleculare Covolumen der festen Stoffe, insbesondere der organischen Stoffe, meist um die Halfte kleiner als bei den Fliissigkeiten, sofern man keine Association annehmen wurde. Indessen spricht fur eine Association meist zu Doppelmoleculen das allen anderen Stoffen vollig entsprechende Verhalten von Stoffen mit asymmetrischem Kohlenstoffatom, wie Trauben-

1) J. T r s u b e , Wied. Ann. 61. p. 383. 1897. 2) J. Traube, Raum der Atome, 1. c. p. 34 u. 42.

Atom- und Molecularraume. 563

saure etc., welche im festen Zustande jedenfalls bimolecular sind, sowie ferner der Umstand, dass die Volumenverringerung beim Erstarren im umgekehrten Verhaltnisse steht zu dem Associationsgrade der Flassigkeit bei der Temperatur der Er- starrung.

6. Das Volumen beim absoluten Nullpunkte.

Experimentelle volumetrische Untersuchungen bei der Tem- peratur der fiussigen Luft sind leider zur Zeit in so geringem Maasse vorbanden, dass wir zur Ableitung des Volumens beim absolutem Nullpunkte fast ausschliesslich auf Extrapolationen aus den Volumenwerten bei wesentlich hoheren Temperaturen angewiesen sind. Insbesondere Gu 1 d b e r g l) und spater B e r the lo t 2, haben auf verschiedenen Wegen, beispielsweise unter Verwertung des schon erwiihnten Gesetzes der geraden Mittei- linie von Ca i l l e t e t und M a t h i a s , derartige Berechnungen ausgefuhrt. Die Uebereinstimmung ist in den meisten Fallen so gut, dass man den betreffenden Werten ein erhebliches Vertrauen entgegenbringen darf. I n Columne IV der Tabelle p. 552 finden sich die Werte Quldberg’s und Ber the lo t ’ s und in Columne V die daraus berechneten Mittelwerte v,.

Nach van d e r Waals , Gleichung musste beim absoluten Nullpunkte das moleculare Covolumen v, - 6, = 0 sein, mithin v,, == 6,. Es scheint indessen, dass diese Qleichung nicht zu- trifft. Wenn man auf dem von Kopp und mir eingeschlagenen Wege aus Guldberg’s Zahlen das Volumen von CH,, C, H,, 0 etc. beim absoluten Nullpunkt berechnet, so zeigen diese Volumenwerte, wie schon ein Vergleich von Isomeren ergiebt, geringere Schwankungen, als bei hijheren Temperaturen. Da8 Volumen einer CH, - Oruppe liegt beispielsweise in den ver- schiedensten Reihen zwischen 13,5 und 14,5. Der Mittelwert ist 14,O. Rechnet man mit den so berechneten Werten Ta, so wird in der Gleichung vo = 2 7, + a,, = b, + Un a, nicht gleich 0, sondern die Berecbnung ergiebt fur a,, einen Wert von 5-7 ccm. Wir setzen daher besser vo nicht gleich b,, wenngleich van d e r Waals Theorie diese Forderung stellt,

1) C. M. Guldberg, Zeitschr. f. physik. Chem. 32. p. 116. 1900. 2) D. Berthelot , Compt. rend. 130. p. 713. 1900; Ref. Zeitschr. f.

physik. Chem. 86. p. 104. 1900.

564 J. Baube. Atom- und Molecularraurne.

und zwischen den Werten Tabelle p. 552, Columne VII und den Werten vo, Columne V, ein nahezu proportionales Ver- haltnis besteht.

Da der absolute Nullpunkt eine iibereinstimmende Tem- peratur ist, so muss, worauf zuerst Guldberg ') hingewiesen hat, . zwischen kritischem Volumen und dem Volumen beim absoluten Nullpunkte ein constantes Verhaltnis bestehen. In Tabelle p. 552, Columne XI11 sind die Werte v,/uo zusammen- gestellt. Die Constanz ist in der That in hinlanglichem Maasse vorhanden.

Bemerkenswert ist ein Vergleich dieser Quotienten mit dem Quotienten yk/vk in Columne XII. Der Mittelwert ist fiir G / v h = 3,90, fur vk/vo = 3,88.

Das Volumen bei O o verhalt sich somit zu dem Fliissig- keitsvolumen bei der kritischen Temperatur, wie das kritische Flussigkeitsvolumen zu dem Volumen, welches bei der kritischen Temperatur ein ideales Gas einnehmen wurde. Vielleicht handelt es sich hier nur uni eine rein zufallige Zahlenbeziehung. Jedenfalls sind aber die mannigfaltigen multiplen Volumen- beziehungen in hochstem Grade beachtenswert.

Be r l in , Techn. Hochschule, Wirz 1901.

1) C. M. G u l d b e r g , Zeitschr. f. physik. Chem. 32. p. 124. 1900; vgl. auch van ' t Hoff , Vorlesungen uber theor. u. physik. Chem. 3. Heft, p. 20. 1900. Ich verweise auf daa sehr interessante Capitel iiber das Volumen 1. c. Nur in einem wesentlichen Punkte kann ich mich der Meinung des Hrn. van ' t Hoff nicht anschliessen. Ich meine, dass das Volumen der Flussig- keiten und insbeeondere das Covolumen in sehr erheblichem Grade von der Association beeinflusst wird. Die Tabelle p. 33 wird ein ganz anderes Bild zeigen, wenn die Contraction auf moleculare Mengen bezogen wird.

(Eingegangen 20. MBrz 1901.)