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XVI. Aus dem Pharmakologisehen Institut der kgl. Universit~tt Palermo. (Direktor: Prof. V. Cervello.) Uber das Oxydationsvermiigen einiger Sehwermetalle. Von Dr. Carlo Cervello, Assistent, and stud. meal. Corrado Varvaro. Untersuehungen V. Cervellos~) fahrten zu der Annahme, da5 die fundamentale Wirkung des Eisens wahrseheinlieh in einer Reizung bestehe, welehe dieses MetaU auf die intraorganischen Oxydations- vorg~inge und besonders auf die blutbildenden Organe ausiibt. Diese Vorstellung entsprang aus der Tatsaehe, daft andere Sehwermetaile aueh mit h~matogenem VermSgen ausgertistet sind, und die oxy- dierende Wirkung eine allen gemeinsame Eigensehaft ist. Diese Versuehe, welehe nur angedeutet wurden, gaben uns Ge- legenheit, den Gegenstand zweeks eingehender Untersuehung dieser Oxydationswirkung der Sehwermetalle sowohl im einfaeh anorganisehen Zustand wie in Verbindung mit Eiweil~ wieder aufzunehmen. Uber- dies sollten dabei einige physikalisch-ehemisehe Eigensehaften letzterer Verbindung studiert werden. In dieser ersten Mitteilung m(iehten wir fiber die Resultate unserer Untersuchungen fiber das Verhalten der organisehen Salze eiaiger Sehwermetalle gegeniiber oxydierbaren Substanzen beriehten. Untersueht wurden Eisenehlorid 7Kupferehlorid, Queeksilberehlorid, Zinkehlorid und )Janganehloriir, welche wir in iiquimolekul~iren LS- I) V. Cervello, Sulla teoria di azione del ferro e dei metalli pesanti. Arch. f. exp. Path. u. Pharm. Supplement 1908.

Über das Oxydationsvermögen einiger Schwermetalle

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XVI.

Aus dem Pharmakologisehen Institut der kgl. Universit~tt Palermo. (Direktor: Prof. V. Cervello.)

Uber das Oxydationsvermiigen einiger Sehwermetalle. Von

Dr. Carlo Cervello, Assistent, and stud. meal. Corrado Varvaro.

Untersuehungen V. Cervellos~) fahrten zu der Annahme, da5 die fundamentale Wirkung des Eisens wahrseheinlieh in einer Reizung bestehe, welehe dieses MetaU auf die intraorganischen Oxydations- vorg~inge und besonders auf die blutbildenden Organe ausiibt. Diese Vorstellung entsprang aus der Tatsaehe, daft andere Sehwermetaile aueh mit h~matogenem VermSgen ausgertistet sind, und die oxy- dierende Wirkung eine allen gemeinsame Eigensehaft ist.

Diese Versuehe, welehe nur angedeutet wurden, gaben uns Ge- legenheit, den Gegenstand zweeks eingehender Untersuehung dieser Oxydationswirkung der Sehwermetalle sowohl im einfaeh anorganisehen Zustand wie in Verbindung mit Eiweil~ wieder aufzunehmen. Uber- dies sollten dabei einige physikalisch-ehemisehe Eigensehaften letzterer Verbindung studiert werden.

In dieser ersten Mitteilung m(iehten wir fiber die Resultate unserer Untersuchungen fiber das Verhalten der organisehen Salze eiaiger Sehwermetalle gegeniiber oxydierbaren Substanzen beriehten.

Untersueht wurden Eisenehlorid 7 Kupferehlorid, Queeksilberehlorid, Zinkehlorid und )Janganehloriir, welche wir in iiquimolekul~iren LS-

I) V. C e r v e l l o , Sulla teoria di azione del ferro e dei metalli pesanti. Arch. f. exp. Path. u. Pharm. Supplement 1908.

l)ber das Oxydationsvermiigen einiger Schwermetalle. 319

sungen verwendeten, indem z. B. die des Quecksilberchlorids 2,705 Proz. betrug.

Als oxydierbare Substanz w~hlten wir in einer ersten Versuchs- reihe das Indigweii}, welches bekanntlich dureh seinen Farben- umsehlag in Blau sofort yon der erfolgten Oxydation Aufsehlul~ gibt. Erha|ten wurde das Indigweifi durch Reduktion des Indigkarmins mit Zinkstaub und Salz- oder Sehwefelsiiure.

In Reagensglasversuehen beobaehteten wit, dag die Indigweil~- liisung, w~ihrend sie sieh mit einem einzigen Tropfen der erw~hnten Liisungen der Eisen-, Kupfer- und Quecksilberchloride intensiv blau f~trbt, dagegen nur eine ganz geringe F~rbung erst mit grol~en Quan'titiiten Zinkehlorid annimmt und mit Manganchloriir ganz un- ver~ndert bleibt, aueh wenn dasselbe in betr~ichtlichen Mengen und in festem Zustand zugesetzt wird.

~lberdies beobachteten wit: 1. d~l~ nach erfolgter Oxydation die yon uns benutzten Eisen-,

Kupfer- und Quecksilberchloride konstant zu den entsprechenden niederen SMzen reduziert werden. Die Reduktion ist eine vollstiindige bei den von uns verwendeten kleinen Mengen von Metallsalzen. In der Tat verschwinden s~mtliche Reaktionen des hSheren Chlorids;

2. dai~ die Oxyd~tion des Indigos weniger intensiv ausfi~llt, wenn sowohl die Indigo-wie die Metallchloridliisungen, die man einwirken l~it, mit luftfreiem Wasser hergestellt sind, und noch geringer, wenn iiberdies die Liisungen in einer KohlensS~ure- oder Wasserstoff- atmosphlire in Kontakt gebracht werden.

In einer zweiten Reihe yon Untersuchungen verwendeten wir als oxydable Substanz das Pyrogallol in 1 proz. w~sseriger LSsung, welches sich durch die braune Fi~rhung, die es bei Aufn~hme yon Sauerstoff zeigt, ebenf~lls gut fiir unseren Zweck eignet. Wie bei den Untersuehungen am Indigo operierten wir in Reagensgliisern, in die wir 5 ccm der genannten PyrogallollSsung und je 5 Tropfen tier Salzltisungen gaben, mit Ausnahme des Eisenchlorids, welches wir in dieser Versuchsreihe nieht verwendeten, da bekanntlieh dieses Sulz die Pyrogallolliisung rot f~rbt, und yon dieser F~rbung wie iiberhuupt yon all denjenigen, welche die Phenole mit dem Eisen- chlorid aufweisen, noch keine Erkl~rung gegeben werden konnte.

Unter den genannten Bedingungen tuft das Kupferchlorid anfangs nur eine leiehte Sehw~rzung der Pyrogallolliisung hervor, dagegen wird mit Quecksilberchlorid, Zinkehlorid und Manganehloriir keinerlei' wahrnehmb~re Erseheinung beobaehtet. Nach 24 Stunden bemerkt

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man, dal~ in dem das Kupferehlorid enthaltenden R~ihrchen das Pyro- gallol eine olivenbraune Farbe angenommen hat und sich auf dem Boden ein schwiirzliches Priizipitat befindet. Das Pyrogallol dagegen, das mit Zinkchlorid und Manganchlortir in Kontakt gebraeht worden ist, zeigt sich dunkelgelb gefiirbt, genau wie die, nur die Pyrogallol- l(isung enthaltend VergleichsrShre. Den gleichen Fiirbungstypus zeigt das Pyrogallol des R0hrehens, zu dem Quecksilberehlorid zugesetzt ist; aberdies befindet sieh auf dem Boden dieses Riihrchens eine dtinne Schieht eines iiufterst feinen weifien Pulvers, welches siimtliehe Reaktionen der Quecksilberoxydaisalze gibt (Kalomel).

Zu bemerken ist, daft, wie bei dem Indigweift, die Oxydation des Pyrogallols dutch die Metallehloride in einem Kohlensiiure- oder Wasserstoffstrom and bei Verwendung yon L~isungen in lufffreiem Wasser eine sehr besehriinkte ist.

Aus den beiden mitgeteilten Versuchsreihen ergcben sieh somit folgende Tatsaehen:

1. Oxydation des Indigos und Pyrogallols in Gegenwart siimt- lieher yon uns verwendeter Metallehloride mit Ausnahme des Mangan- ehlortirs. In bezug auf die Intensit~t und Schnelligkeit dieser 0xy- dationen dutch die verwendeten Metalle ergibt sieh in steigender Ordnung folgende Stufenfolge: Eisen, Kupfer, Quecksilber, Zink.

2. Beim Kontakt mit Indigo oder Pyrogallol, Reduktion des Eisen-, Kupfer- und Quecksilberehlorids auf die niedere Oxydations- stufe.

3. Geringere Intensifiit der Erscheinung bei vollst/indigem oder fast vollst~ndigem Luftaussehluft.

Letztere Erscheinung, welehe die wiehtige Rolle anzeigt, die bei diesen OxydationsvorgKngen dem atmospb~irischen Saaerstoff zu- kommen muft, k~nnte zun~ehst auf den Gedanken fiihren, daft die Metalle, mit denen wir experimen!iert haben, bci dem yon uns unter- tuchten Ph~nomen als SauerstofftrKger in dem Sinne yon Tr i l l a t , B e r t r a n d , S tassano und einigen anderen wirkten. Uns seheint es jedoch, daft die Sehwermetalle, wenigstens die yon uns ver- wendeten, nieht diese Aufgabe allein bei den Oxydationen, die sie horvorrufen, haben, sondern dal~ sie an der Erzeugung des Ph~inomens n~her beteiligt sind.

Haben wir doeh beobaehten k~nnen, daft, w~ihrend Indigo oder Pyrogallol oxidiert werden~ die Metallehloride, in deren Anwesenheit.

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die Oxydation erfolgt, konstant reduziert werden, was nicht dcr Fall sein dfirfte, wenn sic ausschlieBlich als Sauerstofftr~tger wirkten. Andrerseits ist zu berilcksichtigen~ dab yon den yon uns verwendeten Metallchloriden diejenigen nicht zu Oxydation Anla[~ gegeben haben, welche nicht gleichzeitig reduziert worden sind, da sie nicht reduziert werden konnten, n~mlich das Zinkchlorid und das Manganchloriir (das Zink gibt nur eine Reihe yon Salzen und yon den Chlor~ verbindungcn des Mangans verwendeten wir die niedere, da die Manganisalze schwer in reinem Zustand erhalten werden kSnnen). Bei dem studierten Ph~inomen ist somit ein eager Zusammenhang zwischen Oxydation des Pyrogallols und Indigos und Reduktion der Metallchloride vorhanden~ welcher fiir die Erkl~irung des Mechanismus der Oxydationswirkung der Salze der Schwermetalle yon nicht ge- ringer Wichtigkeit scin diirfte. Wir nehmen in der Tat an, da~t das dutch die Reduktion der Metallchloride frei werdendc Chlor das Wasser unter Bildung yon Salzs~ure und Sauerstoff zerlegt; auf dem status nascendi des letzteren beruht die energische Oxydationswirkung~

we lche sich z u erkennen gibt.

Infolgedessen ergibt sich daraus, dab die Aeidit~t der Indigo- und Pyrogalloll~isungen nach dem Kontakt mit den Metallchloriden~ welche deren Oxydation hervorrufen~ zunehmen mii~te. Die Fest- stellung dieser Tatsache aber, welche unsere Anschauungsweise be- kri~ftigen wfirde, ist nicht mi~glich, da es sich offenbar nur um eine sehr geringe Zunahme handeln kann, welche auch durch die sorg- f~ltigsten Untersuchungen nicht nachzuweisen ist.

Immerhin ist doch das bewiesen~ dai~ die hSheren Chlorverbin- dungen yon Eisen~ Kupfer und Quecksilber unter diesen Bedingungen reduziert werden, was wir bei all unseren Versuchen stets konstatiert haben. Unter diesen Reduktionen ist besonders bemerkenswert diejenige des Sublimats zu Kalomel, fiber deren Entstehungsmechanismus die Versuche mit Pyrogallol angesichts des starken ReduktionsvermSgens dieser Substanz zwar einigen Zweifel lassen kSnnen, diejenigen mit Indigo dagegen sehr bezeiehnend sind. Nieht unwahrscheinlich ist es jedoeh, dal~ Gesehwindigkeit und Intensit~t dieser Reaktionen sieh ~ndern kiinnen, wenn mit der Verdfinnung der Grad der Dissociation und Hydrolyse fiberm~[~ig gesteigert wird.

Was den nicht bestreitbaren Einflu[~ anbelangt, den der atmo- sph~rische Sauerstoff auf den Gang dieser Oxydationsprozesse aus- iibt, so beschr~nken wir uns vorl~ufig darauf, die Yermutung aus- zuspreehen, daft der Sauerstoff der Luft durch Metallchloride in

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dem Augenblick iibertragen wird 7 in welchem diese in den status nascendi der niederen Oxydationsstufen gelangen. Vor]~ufig aber, wir wiederholen es, wagen wir nur eine Vermutung, wobei wit hoffen, die Frage dutch weitere Untersuchungen aufkl~iren z u kiianen.

Druek von J. B. H i r s e h f e l d in Leipzig.