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Ueber dss Rhinanthin. 199 lich Crotansaure genannte SSure schlage ich vor als Te- t r a c r y 1saur e zu bezeichnen. Die von mir aus Aethyldiacetsiiure erhaltene 2. chlorhal- tige Saure C4H5C102, welche bei 94O schmilzt, zwischen 206 -210O unter theilweiser Zersetzung siedet und bei der Be- handlung mit .Natriuniamalgam die bei 72 O schmelzende Saure C4HG0 liefert , wiirde die Mono chl o r t e t r a cr y 1 saur e und das von KQkulQ erwiesene ,,Crotonaldehyd'' als T e t r ac r y 1 a l d e h y d zu bezeichnen sein. J e n a , den 6.Dec. 1869. Ueber das Rhinanthin ; yon Prof. Dr. Hermsnn Ludwig in Jeua. Im October- Novemberheft 1868 des Archivs d. Pharm. habe ich eine vorlaufige Notiz iiber diesen Stoff, einen das damit verunreinigte Roggenbrod violettfarbenden Bestandtheil der Samen des Ackerhahnenkamms ( Alectorolophus hirsutus R e i c h e n b a c h ) gegeben. Die seitdem in meinem Laborato- rium mit dexnselben und uber dessen chemische Zusammen- setzung angestellten Untersuchungen sind der Gegenstand der nachfolgenden Zeilen. Im Marz 1868 erhielt ich durch Herrn Geh. Hofrath Prof. Dr. R i e d hier eine Portion v i o l e t t s c h w a r z e n Rog- genbrodes und eine Probe Unkrautsamen enthalten- d e n R o g g e n s zur Ermittelung der Ursache jener verdach- tigen Farbung des Brodes. Ein Gutsbesitzer aus Neuhof bei Weida hatte Brod und Roggen am 6. MIBrz dess. Jahres mit dem Bemerken an ihn eingesendet, ,,es sei in einer gegen ihn anhangigen Klagesache erforderlich , dass er beweise , ob das beiliegende Stiickchen Brod der Gesundheit nachtheilige Stoffe und ob das beifolgende Yrobchen Getreide schadliche Beimengungen enthalte oder nicht. (( D as B r o d war ziemlich hart, poros , von rothbrauner ins Violettschwarze ziehender Farbe, auf dem Bruche gummi- artig glanzend j abgesehen von der verdachtigen Farbung war

Ueber das Rhinanthin

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Ueber dss Rhinanthin. 199

lich Crotansaure genannte SSure schlage ich vor als T e - t r a c r y 1 s a u r e zu bezeichnen.

Die von mir aus Aethyldiacetsiiure erhaltene 2. chlorhal- tige Saure C4H5C102, welche bei 94O schmilzt, zwischen 206 -210O unter theilweiser Zersetzung siedet und bei der Be- handlung mit .Natriuniamalgam die bei 72 O schmelzende Saure C4HG0 liefert , wiirde die M o n o c h l o r t e t r a c r y 1 s a u r e und das von K Q k u l Q erwiesene , , C r o t o n a l d e h y d ' ' als T e t r a c r y 1 a l d e h y d zu bezeichnen sein.

J e n a , den 6.Dec. 1869.

Ueber das Rhinanthin ; yon Prof. Dr. H e r m s n n Ludwig in Jeua.

Im October- Novemberheft 1868 des Archivs d. Pharm. habe ich eine vorlaufige Notiz iiber diesen Stoff, einen das damit verunreinigte Roggenbrod violettfarbenden Bestandtheil der Samen des Ackerhahnenkamms ( Alectorolophus hirsutus R e i c h e n b a c h ) gegeben. Die seitdem in meinem Laborato- rium mit dexnselben und uber dessen chemische Zusammen- setzung angestellten Untersuchungen sind der Gegenstand der nachfolgenden Zeilen.

Im Marz 1868 erhielt ich durch Herrn Geh. Hofrath Prof. Dr. R i e d hier eine Portion v i o l e t t s c h w a r z e n R o g - g e n b r o d e s und eine Probe U n k r a u t s a m e n e n t h a l t e n - d e n R o g g e n s zur Ermittelung der Ursache jener verdach- tigen Farbung des Brodes. Ein Gutsbesitzer aus Neuhof bei Weida hatte Brod und Roggen am 6. MIBrz dess. Jahres mit dem Bemerken an ihn eingesendet, ,,es sei in einer gegen ihn anhangigen Klagesache erforderlich , dass er beweise , ob das beiliegende Stiickchen Brod der Gesundheit nachtheilige Stoffe und ob das beifolgende Yrobchen Getreide schadliche Beimengungen enthalte oder nicht. ((

D a s B r o d war ziemlich hart, poros , von rothbrauner ins Violettschwarze ziehender Farbe, auf dem Bruche gummi- artig glanzend j abgesehen von der verdachtigen Farbung war

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200 Ueher dns Rhinanthin.

sonst nich ts Aaffalliges an demselben wahrzunehmen. Es schmecktc fade, etwas siisslich.

Eine Portion des Brodes wurde mit Wasser und ein wenig Sslzsaure destillirt; e6 konnte im Destillate keine Blaw siinre aufgefunden werden.

Der Retortenriickstand wurde wit s t a r k e r S a l z s a u r e destillirt; im Destillate war w e d e r a r s e n i g e S a u r e n o c h A n t i m o n o x y d aufzufinden.

Der Ruckstand von diescn Destillationen wurde mit Salz- saure nnd chlorsanrem Kali behandelt ; der erhaltene saure Auszug gab weder mit Schwefelwasserstoffgas , noch mit Sohwefelarnnionium Andeut ungen der Anwesenheit giftiger Me talle.

1 Grm. des Brodes wurde verbrannt und die hinterblei- bende g e r i n g e Menge Asche erst xnit Wasser, dann mit Sahsaurure ausgezogen. Der wassrige Auszug gab weder mit Schwefelammonium, noch mit Ammoniak , weder rnit verdiinn- ter Schwefeluaure , noch mit Chlorbaryum eine Fiillung, rnit Ago, KO hingegen einen reichlichen Niederschlag yon Chlor- silber.

Die salzsaure Losung gab rnit Schwefelammonium ge- ringe griinliche , rnit gelbeni Rlntlaugensalz geringe blaue Fiirbung ; mit Ammoninlr entstand eine sehr geringe Fallung und mit osals. Amrnoniak nebst essigs. Natron ein germger Niederschlag. Es waren mitliin ausser Kalk, kleinen Mengen von phosphors; Sdzen nebst Spuren von Eisen, und etwas Chlornatriuni keine weiteren anorgnnischen Bestandtheile nach- zuweisen.

Eine Probe dcs Brodes mit Kalilauge behandelt, entwickelte nur eincn schwnchen Scifengeruch. Mit etwas verdunnter Schwefclsiiure veruischter Weingeist , mit dem gepulverten Brode gekocht, gab filtrirt eiuen b l a u g e f a r b t e n ins Griin- 1 i ch e zichendeii Auhzug , dessen Farbe durch Chlorwasser rasch zerstiirt wurde. Aether zog nur sehr geringe Mengen fettiger Substanz a m einer Portion dcs Brodes. Um nun die Katur dcs blaufiirbenden Bestandtheiles zu entrathseln, wurde

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zuerst der verdachtige Roggen einer sorgfiiltigen Ansleue der beigemengten Unkrautsainen etc. unterworfen.

Seine Menge betrng 225,230 Grm. ; die demselben bei- gemengten fremden Snmen etc. wogen 5,433 Grm. Auf 100 Gewichtstheile herechnet wurden erhalten :

97,295 Gew. Th. R o g g e n k o r n e r , 0,062 ,, ,, W e i z e n k Q r n e r , 0,231 ,, ,, G e r s t e n k o r n e r , 1,415 ,, ,, S a m e n v o n A l e c t o r o l o p h u s h i r s u -

t u s Rchb. (Rhinanthus buccalis Wallroth, Regensburger bota- nische Zeitung 1842, Nr. 32; Bogenhard's Flora von Jena 1850, S, 303; von den hiesigen Landwirthen und Miillern G l i t s c h e r genannt);

0,202 Gew. Th. R s d e n (Samen von A g r o s t e m m a Gi -

0,114 ,, ,, K l e b e r (Samen von G a l i u m A p s r i n e ) ; 0,235 ,, ,, W i c k e n s a m e n ( V i c i a s a t i v a ) ; 0,096 ,, ,, kleinere wickeniihnliche d u n k 1 e r e Samen ; 0,082 1, ,, h e l l e r e ,, 0,009 ,, ,, Samen von E r y n g i u m c a m p e s t r e und

P o l y g o n u m; 0,220 ,, ,, S t r o h i g e T h e i l e , E r d k l i i m p c h e n U.

S t e i n c h e n ; 0,039 ,, ,, Miiusekoth.

t h a g 0 ) ;

79 ,)

100,000 Gew. Th. Die Aufmerksamlceit musste sich auf die Samen von

A 1 e c t o r o 1 o p h u s lenken ) da diese die Hanptmenge der Verunreinigung bildeten. Ihr Gesammtgewicht = 3,186 Grm. Als eine Probo derselben zerrieben und mit Weingeist unter Zusatx von verdiinnter Schwefelsiiure ausgekocht wurde, resul- tirte ein griinlichblauer Auszug , gana iihnlich demjenigen, welcher in gleicher Weisc aus dem verdachtigen Brode erhal- ten tvurdc. Es musste also zu dem Brode ein Xehl genom- men wordcn sein, welches G 1 i t s c h e r m e h 1 beigemengt ent- hielt, Unter den Steinchen fanden sich Kieselschiefer - und Thonschiefer-Bruchstuckchen, die erdigen Theilchen waren lehmig und enthielten feinen Quarzsand (lauter unverdachtige Dinge).

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Ein Thcil des ausgelesenen Roggens miirde mit salz- siiurchaltigem Wasser abgewaschen uud die sailre Wasch- fliissigkeit mit €IS und H4KS behandelt; es zeigte sich dabei nich ts Verdachtiges.

Nur die R a d e n (Sanicn von Agrostemma Githago) geho- ren noch zu den unwillkominenen Beimengungen des Rog- gens; aber ihrc Menge war zu unhedeutend, als dam sie hier in Betracht kolnmen konntcn. Keincr der iibrigen Samen gab mit schwefelsiiurehalti~em Wcingcist gekocht an diesen einen blauen Farbstoff a4, namentlich nicht dic R a d e n ; eben so wenig die Roggenkorner selbst ; durch die Einwirkung des saurcn Weingeist r 6 t h e t e sich aber dss Gewebe der Ober- haut der ltoggenkorner. Nsch E d u a r d R e i c h (Nahrungs - und Genussmittelkunde 1861, 11. Band. 11. Abth. S. 97-98) bestehen die Verunreinigangen dos Brodes in M u t t e r k o r n , T a u m e l l o l c h ctc. Wurde das Nehl von b r a n d i g e m Ge- treide benutzt , so ist das Brod von schlechtem Geschmack, ziiher Bcschagenheit und von b l a u l i c h c r Parbe. M u t t e r - k o r n h a 1 t i g e s Brod ist fleckig, v i o 1 c t t g e fii i* b t , schmeckt schlecht und riecht widerlich.

Die S a m e n d c s A c k e r k l e e ' s ( T r i f o l i u n l a r v e n s e L.) ertheilen dein Brode b 1 u t r o t h c Parbe, machen es aber in keinerlci Wcise schiidlich. Acker - Wachtelweizen (Melampyrum arvense L.) ertlieilt d e n Brodc r ii t h 1 i c h c , b 1 a ul i c h e , bis s c h w a r z e Parbe und bitlerliclien Gcschmack. Nit. Essig gekocht vcriindert es die Farbe sogleich in r o s e n r o t h oder r o t h l i c h v i o l e t t .

Die R o g g e n t r e s p e ( B r o m u s s e c a l i n u s L.)") sonst unschiidlich , SOU schwarzc Farbe des Rrodcs bewirlten und dasselbc schwerverdaulich machen.

Die S a m e n d e s r a u h h a r i g c n H a h n e k a m m s (Rhin- anthus Alectorolophus) niaclien nach E. ILeicH das Brod feucht , klebrig , ertheilen ihm ekelhaftsiisslichen Geschmack

Solchcs Brod ist u n s c h i i d l i c , h .

*) Vom Volke ,, Z e d e 1 '' grnannt, wegen der zottlich herabhangcnden reifen Aehrchen ; unter dem Roggen im Saalthalc hiiufigcr , RIS andcrwarts; verdirbt das Yehl. (Langethnl).

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und s c h w a r z b 1 a u e Farbe; solches Brod ist jedoch keines- wegs schadlich, geschwcigc denn giftig.

Anders verhalte es sich mit der K o r n r a d e ( A g r o - s t e m m m a G i t h a g o L.); komme sie imBrode vor, so werde dieses b 1% u l i c h , von scharfern uncl bitteren Geschniack und erlange gesnndheitsnachthciligc , wenn auch nicht geradezu giftige Eigenschaften.

Schon H i e r o n y m u s B o c k erwiihnt in seinem K r e u t - t e r b u c h (Strassburg 1572, S. 219) des , , K u h w e i s s e n , " der das Brod blauscliwarz mache (unseres Melampyrum ar- vense): ,,Obgenielter brnoner Samen, wa er under dem Weys- sen , Hpeltzen oder Dinckelkern veivlischet wurt, wie offt im Westerich geschieht, wiirt d i s brot so darauss gebachen ist, gantz b r a u n r o t , gleich wie auch etlich-brot b l a w s c h w a r t z wiirt, so aus etlichem Weyssen gebachen ist."

H. B. R u p p (Flora Jenensis, edit. Halleri 1745, pag. 240) sagt von C r i s t a g a l l i : floret in pascuis et pratis, saepe etiam inter s e g e t e s , ubi pariter agricolis odiosa est, quia farinam ca e r u l e o c o 1 o r e inficere creditur; germanice ,, G 1 i t s c h."

L a n g e t h a 1 (Gewachse des nijrdlichen Deutmhlands, Jena 1843, S. 201) fiihrt an, der Same von A l e c t o r o l o p h u s h i r s u t u s All. ") besitze schwach narkotische Eigenschaften und diene zur Todtung der Insecten; oft verunreinige er das Brodmehl, scheine jedoch auf den meuschlichen Korper keinen merklichen Einfloss zu iiussern. Aiich R o c h 1 e d e r (P h y t o - chemie 1854, S. 163) erwiihnt, dass dic Samen von R h i n a n - t h u s m a j o r Ehrh. zum Todtcn von Ungeziefer gebraucht werden.

Die F l o r a v o n T h i i r i n g e n v o n S c h l e c h t e n d a l u n d S c h e n k sagt iiber das A c k e r k l a p p e r k r a u t (Rhin- anthus hirsutus Lam.), es werde rnit dem Getreide ziigleich eingeerndet, seine Samen verunreinigten die Roggen- und Weizencmte, geben dem Nehl eiiic in das Violette spielende

*) ( R h i n a n t h u s R e i c h c i i b a c h i i Drc j . mit ungcflugcltcm Sa- men, vom Yoke ,, d i e K1 e p p c r 'L genannt).

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Farbe und dem GebSck einen bitterlichen Geschmack. Jeden- falls sei der Genuss dieser Samen niclit zutraglich, wenngleich die Wirkung gewohnlich nicht bemerkt werde , denn eine Abkochung der Sainen todte Insecten.

D. M. B. G a s p a r d in seiner Abhandlung iiber den W a c h t e l w e i z e n , l a R o n g e t t e , M e l a m p y r u m a r - v e n s e L. (Annalcn der Pharmacie. Bd. 11, 1832, S. 108-121) fuhrt als allgemeine Resultate seiner Untersuchungen fol- gende an:

1) Die Samen von B I e l a m p y r u m und R h i n a n - t h u s enthalten die v i o l e t t e Parbe, womit sie das Brod tingiren, nicht von Xatur. Dikse Farbe entwickelt sich nur kunstlich darin, ungefiihihr wie der Indig durch Hiilfe a) der G a h r u n g oder des Sauerteigs, b) des B a c k e n s oder eines H i t z g r a d e s , der stiirker ist als der des kochenden Was- sers; dieses letzte entwickelt nur eine blaue, nieht aber eine riolette Farbe.

2) Diese zufiillige farbende Rl'aterie h#ngt von dem ,, kS s e - a r t i g e n " Stoffe ab , den diese Samen rcichlich besitzen ; oder sie ist diese Substanz selbst, niodificirt durch die Giihrung.

3) Die von den1 Wachtelweizen erzcugte Parbe fixirt sich in dem Brode von fast allen Cerealien, doch stiirker in dcm einen als in d e n anderen.

4) Die Fiirbung ist urn so stirker, j e frischer der Same. 5 ) Dss so gefarbto Brod hat keinen bemerkbaren Vach-

theil fur die Gesundheit. 6) Es ist bis jetzt kein unschuldiges Rlittel bekannt, das

jene Fiirbung verhindert. 7) Diese Farbe ist schr ausdehnbar (diffusible), indem

einige Grane Melampyruin zureichcn, vie1 Brod zu fiirben. - I n dem von mir abgcgebenen Gutachten konnte ich sonach

behaupten, class das vorliegendc Brod und der Unkrautsamen haltende Roggen keine geradezu giftigen Substanzen enthielt, dass vielmehr die Fiirbung von den beigernengten Samen des Aekerhahnenkamms herriihre ; solches Brod sei aber chen wegen seiner auflilligen violettschwarzen Fiirbung ein wider- liches Nahrungsmittel.

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Ueber dne Rhinnnthin. 205

I n Folge der mitgetheilten Untersuchung bemiihte ich mich, das C h r o m o g e n der Hahnenkammsamen zu isoliren, was mir auch gelungen ist.

I m Betreff der Samen von Alectorolophus hirsutus Allioni e t Reichenbachii ist hervorzuheben, was Bogenhard (Taschen- buch der Flora von Jena 8. 303) angiebt, s i e s i n d i m m e r f l i i g e l l o s , wahrend A l e c t o r o l o p h u s m i n o r und A. m a j o r f 1 ii g e 1 r a n d i g e Samen besitzen. Eine erste Portion von Samen erhielt ich durch den Aufseher des hiesigen Prin- zessgartens, Herrn 6 p r i n g e r . Da diese Probe noch mit allerlei anderen Unkrautsamen gemischt war, so bedurfte es eines langwierigen Auslesens, um nur ein Paar Unzen reine Samen zu erhalten.

Herr R u d o l p h A r p e r (Brauer und Ziegler) aus Lo- beda brachte mir am 7. Juli 1868 einige Pfunde Glitscher, den er durch die T a u b e n hatte reinigen lassen. Diese picken aus dem Gemenge von Roggen und Hahnekammsamen nur die Roggenkorner aus und lassen den Glitscher zuriick.

Die Samen sind schwerzerreiblich , ungemein olig. (Sie enthalten gegen 8 Proc. fettes Oel, von griinlicher Farbe, fliissig bleibend, von leinol - und fischthranartigem Geruch). 28,8 Grm. Samen wurden zerrieben und mit starkem Wein- geist kochend ausgezogen. Der Auszug erschien schwach gelblichgriin. Beim Abdampfen desselben im Wasserbade blieb ein Gemenge von raneig ricchendem fetten Oel und schiefergrauer , ins Blituliche und Griinliche schillernder Ex- tractlosung. Each Entfernung des Oeles durch Aether, blieb eine triibe Fliissigkeit , aus welcher durch Filtration eine s c h l e i m i g e b l a u l i c h g r a u e Substanz entfernt wurde. Die wassrige Auflosung farbte sich beim Abdampfen im Was- serbade blaulichgriin. Als eine Probe der wviissrigen Losnng nach Zusatz von W e i n g e i s t u n d v e r d i i n n t e r S c h w e - f e 1 s a u r e erhitzt wurde , nahm sie eine griinlichblaue bis blaulichgriine , darauf schmutzigviolette, endlich fast schwarze Farbung an. Eine Probe der wiissrigen Losung mit S a l z - s i i u r e vermischt erhitz5 wurde rasch geschwiirzt und in der

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Losung war Z 11 c k e r nachweisbar. Die abgeschiedenen schwnr- Zen Flockcn lbsten sich nicht in Natronlauge. Essigsaure konnte niit der wassrigen Losung erhitzt werden ohnc eine Verdunklung der Fnrhe zii verursnchen.

Die zum Syrup eingedampfte wassrigc Losung gah beim Stehen s t e r n f o r m i g g r u p p i r t c P r i s m e n von schwach- bitterem, siisslich ekclhaf'ten Geschmack. Die nocli braun gefirbte Dlasse des Rhinanthins ncbst den anhiingenden extractiven Theilen wurde niit absotntem Alkohol nusgekocht und die jetzt brgunlich gerirbte Losung verdunsten gelassen. (Dabei blieb einc beinahe schwarze Blilnsse ungclost zuriick, welche unter dem Xikrorrkop nichts Krystnllinisches zeigte). Die erhaltenen Rhinanthinkrystalle wurden durch Pressen zwischen Papier von der Mutterlauge befreit und durch Um- krystallisiren gereinigt.

Das Rhinanthin zeigt bei 300 facher Linearvergrossernng lange farblose rhombische Prismen, dem unbewaffneten Auge erscheint es in farblosen sternformig gruppirten seidenglsn- zenden Nadeln. Es schmcckt hittcrlichsiiss. Es lost sich sehr leicht in kaltem Wasser nnd auch im Weingeist.

Die vollig farblose Losung in kaltem Wasser veriindert wcder das blaue, noch das durch sehr verdiinnte S h e gero- thete Lackmuspapier, auch nicht das gelhc Curcumapapier.

Mit Ammoniak versetzt, f ~ r b t sich die vorher farblose Losung schr schwach gelblich, auch beim Erhitzen nicht dir- ker. Nit Natronlange gekocht farbt sich die Losung nur hellgelb; damit eingetrocknet und gcgluht, schwiirzt sich die Masse und liefert aromatische Zersetzungsproducte unter denen sich keiu Ammoniak findet.

Die wassrige Rhinanthinlosung giebt weder mit Eisen- vitriol noch mit Eisenchlorid eine Reaction (weder griine noch blaue Farhung, noch weniger violett).

B 1 e i e s s i g bewirkt in der wCssrigen Losung des Rhi- nanthins keine Fiillung; auch niclit nach Zusatz von Ammo- niak. Erst nach einigem Stelieu scheiden sich aus der ani- moniakalischen bleihaltigen Flussigkeit weisse Flocken ab.

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Ueber das Rhinmithin. 207

S a 1 p e t e r s a u r e s Silberoxyd wird durch die ammonirtk- haltige Rhinanthinlosung lrnlt nicht reducirt; erst beim Ab- dampfen der Mischung cum Trocknen iiberzieht sich die Por- zellanschalc . mit einem Silberspiegel. Chlorwasser iind unter- chlorigsaures Natron bewirken keine sichtbaren Veranderungcn in der Rhinanthinlosung. Mit Hefe und Wasser iiber Queck- silber (Mitte Nai) bei gewohnl. Temperatur mehri! Tage ste- hen gelassen, zeigte sich weder Fiirbung des Gemisches noch Kohlensllureentwickelung.

In wassriger Losung a) lralt mit S a 1 p e t e r s ii u r e ver- setzt fdrbt sich die Losung nach eiuigen Minuten t ief b r a u n ; b) mit verdiinnter S c h w e f e 1 s a u r e beim schwachen Erwar- men ebenfalls t i e f b r a u n e Farbung ; c) dcsgl. rnit verdiinn- ter erwiirmter S a l z s i i n r e .

Bei der ErwGrmung rnit verd. Schwefelsaure oder Salz- saure entwickelt sich in Momente, wo die Farbung eintritt, sin aromatischer Geruch, der an den Geruch einer frisch gefullten G e t r e i d e s c h e u e r erinnert.

Rhinanthin in Weingeist gelost, die Losung mit etwas Salzsame vermischt und erwarmt, zerlegt sic6 unter g r u n - b 1 a u e r bis b l a ii g r ii n e r Fiirbung der Fliissigkeit. Diese Fiirbung ist so intensiv, dass die Losung undurchsichtig w i d und fast schwarz erscheint. Mit Weingeist verdunnt erkennt man wieder die blaugriine Fiirbung.

I n wassriger Losung rnit Salzsiiurc gekocht, scheiden sich braunschwarze Flocken nb ; die davon abfiltrirte Losung ist schwach briinnlich und giebt rnit CuO,SOs und Natron- lauge gekocht reichliche Abscheidung von orangefarbenen Ku- pferoxy dnl.

Eine wiissrige Losung des Rhinanthins, rnit CnO, SO5 und Natronlauge liingere Zeit gekocht, zeigt keine Reduction von Cu W. Conc. Schwefelsaure schwiirzt das Rhinanthin schon in der Kalte; beim Mischen damit entsteht eine braune Losung, die auf Zusatz von Wasser heller braun (nicht blau, nicht griin) wird , ebenso nach Weingeistzusatz.

Zur Gewinnung des nothigen Materials fiir weitere Un- tersuchung wurden 1380 Grm. zerstossener Hahnenkamm-

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samen in einer zinnernen Destillirblase niit 90 proc. Weingeist ubergossen, damit Stunde im Wasserbade erhitzt , der h h a l t der Blase dann heiss colirt. Der auf dem Colatorium bloibende Ruckstand wurde noch einigemale in gleicher Weise rnit ebenso starkem Weingeist heiss ausgczogen, die vereinig- ten weingeist. Ausziige nach dem Absetzen filtrirt und von dem Filtrate durch Destillation aus dem Wasserbade der Weingeist abgezogen. Der extractiihnliche Destillationsruck- stand war von einer Schicht griinen fetten Oeles bedeckt. Das Estract wurde. in destillirtem Wasser gelost und durch Filtration durch ein gcniisstes Filter die Losung von dem fetten Oele befreit.

(Zur Gewinnung des fetten Oeles wurde das Filter mit Aether ausgezogen und vom Auszug der Aether abdestillirt ; das Oel hinterblieb. Es zeigte dunkelgriine Farbe und eigen- thiirnlichen Geruch, der von meinem Assistenten H. L e v i n E n d e r s, welcher diese Darstellung des Rhinanthins auf sich genommen, mit dem des ranzigen Baumoles verglichen wurde).

Die vom Oel getrennte wiissrige Losung wurde im Was- serbade zur dicken Syrupsconsistenz verdampft, die Nasse rnit einem grossen Ueberschuss von Weingeist vermischt und filkrirt. Bei dem Abdampfen der Losung hatte sich eine ziemlich bedeutende Menge einer s c h w a r z e n p u l v r i g e n S u b s t n n z abgeschieden, welche nun auf dem Filter zuriickblieb.

Kachdem vom Filtrate der Weingeist abdestillirt worden war, wurde der Ruckstand zur dicken Syrnpsconsistenz ver- dampft und zur Krystallisation hingestellt. Beim Erkalteu bildeten sich zwar Xrystalle, aber in geringer Menge und noch sehr braun gefarbt. Die ganze Masse wurde desshalb abermals in starkem Weingeist gelost nnd A e t h e r zur LO- sung gefiigt.

Die Yischung wurde unter ofterem Umschiitteln einige Zeit stehen gelassen, dann absetzen lassen. Sie trerinte sich in pwei Schichten , deren obere weniger gefarbt erschien. Diese wurde abgegossen , die untere Schiclit rnit Aetherwein- geist naohgewaschen , von den vereinigten Flussigkeiten der

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Ueber daa Rhinsntbin. 209

Aetherweingeist abdestillirt und der Ruckstand im Wasserbade concentrirt.

Beim Erkalten schied sich jetzt eine grossere Menge von Krystallen des Rhinanthins Bus, die jedoch immer noch brann gefarbt blieben.

Die durch Aether ans der weingeistigen Losung gefiillte braune syrupartige Flussigkeit enthielt eine posse Menge von Zucker , wohl theilweise entstanden durch Zerlegung einen Theiles Rhinanthin in den oben erwahnten schwarzen Korper und in Zucker.

Die weitere Reinigung dieses Rhinanthins nnd die Ele- mentaranalyse desselben fihrte Herr Assistent H e i n r ic h H o h n aus.

Der r e i n e r e T h e i l a des rohen Rhinanthins wurde in Weingeist von 80 Vol. Proc. gelost, die Auflosnng von dem Ungelovten abfiltrirt, mit frisch gegliihter , mit Wasser ausge- waschener Knochenkohle digerirt , der Weingeist abdestillirt und die Flissigkeit iiber conc. Schwefelsaure unter einer Glasglocke zum Krystallisiren hingestellt. Die gewonnenen Krystalle wurden von der Mntterlauge getrennt, in a b s o 1 u - t e m A 1 k oh o 1 in der Warme gelost, die Losung rnit A e t h e r versetat, die atherischalkoholische Losung des Rhinanthins von dem in geringer Menge ausgeschiedenen Zucker abge- gossen, der Aether -Alkohol abdestillirt und der Ruckstand aus verdunntem Weingeist mehremale umkrystallisirt.

Der u n r e i n e r e T h e i l b wnrde in Wasser gelost, von dem schwarzbrannen, flockigen , s t i c k s t o f f h a 1 t i g en Ruck- stande abfiltrirt , rnit feingeriebener B 1 ei g 1 a t t e zur Trockne verdampft, der Ruckstand mit Weingeist von 80 Vol. Proc. ausgekocht, das Filtrat mit Knochenkohle wie a behandelt und nachdem der Weingeist abdestillirt worden, uber Schwe- feleanre krystallisiren gelassen. Die erhaltenen Krystalle wurden mit Weingeist gemaschen und mehremale umkry- s tallisir t.

Die aus a und b erhaltenen Krystalle wurden nun ver- einigt in weingeistiger Losung noch einmal mit Knochenkohle behandelt und nach dem Abdestilliren des Weingeists wieder

Arch. d. Phsrm. CXCIL Bds. 3. AfL 14

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210 Ueter daa Rhinanthin.

uber Schwefelsaure krystallisiren gelassen. Durch Trennen von der Mutterlauge und Auswaschen mit wenig verdiiuntem Weingeist wurden sie rein erhalten.

Die WaschfluRsigkeiten und Miitterlaugen wurden ver- einigt , zur Entfernung des Zuckers mit Aetheralkohol behan- delt, wobei sich jedoch nur Spuren von Zucker noch aus- schieden , hieraiif nach AbdeRtilliren des Aetheralkohols mit Knochenkohle entfarht und wie oben angegeben zur Krystalli- sation gebracht.

W a s R e r b e R t i m m 11 n g. I. 0,500 Grm. des farblosen kryatalhirten lufttrocknen

Rhinanthins verloren bei looo Cels. getrocknet 0,056 Grm. = 11,2 Proc. Wasser.

II. 0,325 Grm. desselben Rhinanthins verloren beim Trocknen bei 100" Cels. 0,0325 Grm. = 10,O Proc. HO.

111. 0,305 Grm. verloren bei 100° C. 0,033 Grm. = 10,82 Proc. Wasser.

Das Mittel der 3 Versuche ist 10,7 Proc. Wasser.

Z u s a m m e n se t z u n g d e s R h i n a n t h i n s . I. 0,2905 Oim. bei 100O C. getrockneten Rhinanthins

gaben bei der Verbrennung mit Kupferoxyd 0,469 Grm. COZ und 0,200 Grm. Wasser; daraus ergehen sicli 0,128 Grm. C und 0,0222 Grm. H oder in Procenten:,

C = 44,06 : G = 7,35 = 1 9 2 = CS4 H = 7,64 : 1 = 7,64 = 1,26 = €Ie5 0 = 48,30 : 8 = 6,04 = 1,OO = O e o I

gefunden

I = CB4HPbOPo

100,oo. 11. 0,316 Grrn. bei looo C. getrockneten Rhinanthins

gaben bei der Verbrennung 0,534 Grm. C 0 2 = 0,1464 Grm. C und 0,229 Grm. HO = 0,02544 Grm. H oder in Prncenten:

gefunden

H = 8,05 : 1 = 8,05 = 1,45 = HS8 C = 46,Ol : 6 = 7,67 = 1,33 = C54

0 = 45,94 : 8 = 5,74 = 1,OO = 0 4 0

= C64H58040. I 100,00.

Page 13: Ueber das Rhinanthin

Uebcr das Rhinanthin. 21 1

0,272 Grm. bei looo C. getrocknetes Rhinanthin gab bei der Verbrennung 0,478 Grm. C O e = 0,1304 Grm. C und 0,1855 Grm. HO = 0,0206 Grm. H oder in Procenten:

III.

gefunden C = 47,94 : 6 = 7,99 = 1,437 = 68 H = 0 = 44,49 : S = 5,56 = 1,000 = 40

7,67 : 1 = 7,57 = 1,361 = 62

100,00.

Die 111. Analyse ist als die genaueste an bezeichnen. Rhinaiithin bereehnet Die Analysa I, stimmt dann mit

H52 = 52 = 7,22 Analyss I1 init dor Form. C58H52040 c5' = 348 = 48,33 der Formel C6RH"O40+ 6HO und

= 320 = 44,45 720 100,OO.

+ 4 H 0 (annihernd).

S p a l t u n g d e s R h i n a n t h i n a

I. 1,63 Grm. weniger reineR Rhinanthin (von den Mut- terlaugen) wurde in einer Retorte im Wasserbade mit ver- diinnter Salesiiure eine Stunde lang erhitzt. Die Fliissigkeit farbte sich schon bei gelindem Erwiirmen gelbbraun und nach kurzer Zeit schied sich eine betrichtliche Menge a c h w a r z - b r a u n e r Flocken aus. Die iiberdest,illirte Fliissigkeit beRam einen eigenthiimlichen, an Bittermandelol erinnemden, zugleich aldehydartigen Gernch , doch konnte durch Ausschutteln der- selben mit Aether und vorsichtiges Verdunsten desselben nichts Aetherischoliges erhal ten werden.

Das s c h w a r z b r a u n e S p a l t u n g s p r o d u c t wurde abfiltrirt, gut ausgewaschen und bei looo C. getrocknet. Seine Menge = 0,226 Grm. = 13,9 Proc. vom angewandten Rhin- anthin.

Aus dem Filtrate wurde die Salmiiure durch Abdampfen iiber friRchgefiilltes kohlens. Bleioxyd und Amkochen des Ab- dampfriickstandes mit Weingeist entfernt. Die mit Knochen- kohle behandelte Fliissigkeit hinterliess nun naoh dem Ein- dunsten einen hellgelben, siisslich uud hintennach ganz schwach

14 *

Page 14: Ueber das Rhinanthin

212 Ueber das Rhinanthin.

bitterlich schmeckenden Syrup, der aber auch nach langerem Stehen uber Schwefelsiiure und wiederholtem Auflijsen und Verdunstenlassen nichts Krystallinisches ergab. Mit Wasser und Hefe iiber Quecksilber stehen gelassen, entwickelte eine Probe desselben rasch und reichlich Kohlensaure durch Gah- rung; auch rcducirte eine andere Probe deutlich das Cu202 zii CuzO; es lag also jedenfalls ein durch Spaltung des Rhin- anthins erhaltener Z u c k e r vor

Ein mit 1,5 Grm. lufttrocknen r e i n e n krystallisir- ten Rhinanthin angestellter Spaltungmersuch ergab, auf gleiche Weise ausgefiihrt , unter denselben Erscheinungen 0,400Grm. des braunen Spaltungsproductes (bei 1OOOC. getrock- net); also diesmal 26,7 Proc. des angewandten lufttrockenen Rhinanthins, oder 30,O Proc. des wasserfreien Rhinanthins.

Die Menge des dabei erhaltenen Z u c k e r ' s betrug bei 1100 C. getrocknet 0,945 Grm. = 63,O Proc.

Die Losiing desselben drehte in einer 200 MM. langen Rohre die Polarisationsebenc urn 3O,6 nach Rechts, woraus das Molecular - Rolationsvermogen desselben sich berechnet zu [a]j = + 509

0,448 Grm. des bei 100OC. getrockneten Zuckers gaben bei der Verbrennung 0,511 Grm. GO2 = 0,139 Grm. C und 0,332 Grm. HO = 0,03G9 Grm. H oder in Procenten:

11.

gefunden berechnet C = 31,03 : G = 5,17 = 1,OO = 12 c

0 = 60,74 : 8 = 7,60 = 1,47 = 18 0

30,78 Proc.

61,52 ,, II= 8,23 : 1 = 8,23 = 1,59 = 18 H 7770 ,?

100,00. 100,OO Yroc. Mit 0,507 Grm. (bei 110O C:getrocknet) des durch die

Spaltung erhaltenen Zuckers , (der nach liingerem Stehen als diinner Syrup auch norh klcine Mengen von Xrystallen aus- geschieden hattc , die die Krystallgestalt des Traubenzuckers zeigten) wnrde im Kohlensiiurefipparate ein Glihrungsversuch mit Hefe angestellt. Der Gewichtsverlust C02 betrug' dabei nur 0,135 Grm. = 26,81 Frocent. Das Destillat von der gegohrenen Fliissigkeit zeigte bei Priifung mit chromsau- rem Kali iind Schwefelsiiure, SO wie mit essigs. Natron und

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Ueber das Rhinatithiu. 213

conc. HO, SO3 deutlich dic Reactionen des Aethylalkohols (Reduction d. Cr206 zu C r 2 0 3 , Bildung von Aldehyd und Essigiither).

A n a l y s e d e s b r a u n e n S p a l t u n g s p r o d u c t e s d e s R h i n a n t h i n s d e s R h i n a n t h o g e n i n 6.

I. 0,277 Grm. bei 1000 C. getrocketen Rhinanthogenins gaben bei der Verbrennung 0,6065 Grm. C 0 2 = 0,1654 Grm. C und 0,1525 Grm. HO = 0,01694 Grm. H oder in Pro- centen :

gefunden

H = 6,11 : 1 = 6,11 = 1,43 = 7 ,, 8 H = Cl4HBO6 C = 59,71 : 6 = 9,95 = 2,33 =. 12 oder 14 C

o'= 34,18 : 8 = 4,27 = 1,00 = 5 ,, 6 0 1 100,oo. 11. 0,103 Grm. bei 1000 C. getrocknete Substanz gab

bei der Verbrennung 0,2665 Grm. C 0 2 = 0,0727 Orm. C und 0,065 Grm. HO = 0,00722 Grm. H oder in Procenten:

gefunden berechnet C = 70,58 : 6 = 11,76 = 4,2 = c34 70,83 H = 7,Ol : I = 7,Ol = 2,5 = H20 6,95 0 = 22,41 : 8 = 2,SO = 1,0 = o8 22,22

100,oo. 100,oo. Nimmt man bis auf Weiteres die letztere Formel als die

des Rhinanthogenins an, so wire dasselbe homolog mit den C a t e c h u r e t i n C24H100s; Rhinanthogenin= C24H1008

Die Zersetxung des Rhinanthins in Rhinanthogenin und

+ ClOHlO = C 3 4 H 2 0 0 8 .

Zucker fiinde dann nach der Gleichung statt: C58H52040 + 4110 = 2C'2H1800'8 + C34K2009

Nach der Rechnung miisste man durch Spaltung des Rhinanthins 40 Proc. Khinanthogenin erhaltcn; der Versuch Nr. 2 ergab jedoch nnr 30 Proc. desselben.

Die bei looo C. weggehenden ,10,6!3 Proc. Wasser ent- Rprechcn in, der Formcl dcs Rhinanthins 9 Aeq. HO, oder nnter der Bnnahme, dass etwas hygroskopisches Wasser ein- gemengt sei, nur SHO, also C58H62040 + 8HO welcheb:

Page 16: Ueber das Rhinanthin

214 Ueber dae Rhinanthin.

9,l Proc. Wasser verlangt. Die Spaltung des Rhinanthinrr durch verdunnte Salzsiiure erfolgt auch schon in der Kiilte volls tiindig.

Von dem braunen Spaltungsproducte des Rhinanthins, dem R h i n a n t h o g e n i n wurde eine Probe im Silbertiegel mit Kalihydrat vorsichtig geschmolzen, um zu sehen, ob etwa P r o t o c a t e c 11 u s a u r e oder etwas Aehnliches daraus erhal- ten werden konnte. Beim Aufliisen und Ansiiuern der alkali- schen Schmelzc schieden sich nur Spuren gelhlichbrauner Flocken aus. Ale die Fliissigkeit liierauf mit Aether ausge- schuttelt wurde , hinterblieb beim Verdunsten des -4etheraus- zugs nur eine eehr geringe bfenge briiunlicher Substanz von schwachsanrer Reaction, welche jedoch keine der Reactionen der Protocatechusaure zeigte , sondern das Eisenchlorid nur schwach violett farbte.

b i t dem vorlaufigen Abschluss dieser Untersuchungen, (die noch manche Frage unbeantwortct lassen, so die Be- ziehungen des s c 11 w a r z b r a u n e n Spaltungsproductes des Rhinanthins durch wiissrige Salzsiinre zu dem i n t e n s i v - b l a u e n vergiinglichen Spaltungsproducte durch HC1- oder SO3 haltigen Weingeist , die Veriinderung des Rhinanthins durch die Bestandtheile des Mehles beim Backprocess etc.) ist mir abermals ein Nehl zur Untersuchung vorgelegt wor- den, welches deutlich die Reaction auf beigcmengtes Noh1 yon Rhinanthussamen gab. Das fragliche Roggenmehl wurde mir am 14. October 1860 von der Frau V e n u s auR Jbna im Auftrage des Herrn Dr. S e y d e 1 iiberbracht; das daraus gebackene Brod lag mir nicht vor, es sollte aber ebeiifalls blauviolette Farbe besessen haben. Das Mehl selbst sah gelblichgrauweiss aus und gab mit reinem Weingeist von 86 Vol. Proc. ausgekocht ein gelbliches Filtrat, das mit wenig HC1 versetzt, beim Erhitzen alsbald eine rein blaue Parbe annahm. -

Wir besitzcn an dem Rhinanthin einen farblosen krystal- lisirbaren Stoff, dcr alle Eigenschaften e i n e s a c h t e n E x - t r a c t i v s t o f f e s in sich vereinigt, nanientlich die yon V a 11 - q u e l i n fiir diese von ihin zuerst aufgeetellte Classe von

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Ueber den farbigen Gerbst.uK des Erlenholzes. 215

Manzensubstanzen hervorgehobene charak teristische rawhe Far- bung unter dem Einflusse der Luft zeigt.

Der Pluch der Verachtlichkeit lastete bis heute schwer auf diesen Stoffen, da alles das, was braun und schmierig zuruckblieb , wenn ein Pflanzentheil der Analyse unterworfen worden, mit dem Namen Extractivstoff belegt werden durfte. Wir sehen beim Rhinanthin, wie beim Catechin aus der farblosen Siibstanz plotzlich den humusartigen , schwarzbraunen Stoff herausfallen, dessen Bildung sonst erst durch vie1 energischere chemische Mittel hervorgerufen wird. Aufforderung genug, um diesen interessanten Stoffen naher nacbzuforschen, welche so nahe mit den Huminsiibstanzen zusammenhangen , deren Bedentung fur den Haushalt der Natur nicht zu verkennen ist, dercn Kenntnise aber immer noch eine sehr unbefriedigende genannt werden muss.

Ueber den farbigen Gerbstoff des Erlenholzes (don Erlenfarbstoff ).

Von Dr. F. D r e y k o r n und Prof. Dr. E. R e i c h a r d t in J e w * )

Das Holx von Alnus glutinosa zeigt auf der friscben Schnittfliiche eine rasch auftretende, auffallige Veranderung der Farbe, die aus einem hellen Gelb in ein schones Roth- braun ubergeht. Diese Wahrnehmung sowohl, als auch die technische Verwerthung , welche der Erlenfarbstoff friiher in der Farberei als Surrogat fur andere Gerbstoffe fand, gaben Veranlassnng, eine Untersuchung desselben vorzunehmen.

Zur Darstellung des Farbstoffes wurde frisches Sage- mehl benutzt. Ein Vorversuch, den Farbstoff aus schon iilte- ren, trockenen Hobelspanen zu bereiten, zeigte zwischen dem so gewonnenen und dern aus Sagemehl erhaltenen Producte, sowohl einen Unterschied in der procentischen Zusammen- setzung, als auch in der Loslichkeit und Farbe.

*) Als Scparatabdruck aua D i 11 g 1 e r ' s polytechn. Juurnltl. %. Jltnuar- heft 1870, Bd. 195, 8. 157 von den Herrn Verfassern erhalteu. 8. A.