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543 11. ljkber clns Verhalten des Phosphors zu den Alkalien und nlkntischen Erden; von Heinrich Hose. Nachdem B e r ze 1 i us die Resiiltate seiner Arbeiten iiber die Schwefelalkalien bekannt gemacht hatte, iniifste na- tiirlicfi die Fragc entstehen, ob der Phosphor gegell die masserfreien alkalischen Erden iind Alkalien dieselbe Kolle spielc, wie der Schwefel. Aber aufser den Versuchen, die schon vor sehr langer Zeit Gay-Lussac daruber angestellt hat *), sind nur von Dumas vor Kurzem daruber Untersuchungen geinacht worden **) , die in- dessen den Gegenstand noch nirlit v6llig aufhlliren. B e r z e l i u s betrachtet die Verbindungen der trock- nen Baryt- und K-alkerde mit Phosphor als Gemenge von phosphorsaurer Baryt ~ und Kalkerde mit Phosyhorbaryum und Phosphorcalcium ***). Derselben Ansicht sind auch ThCnard und Leopold Ginelin in ihren Lehrbuchern. So wahrscheinlich diese aus der Analogie des Phosphors mit dem Schwefel hergenominene Ansiclit auch ist, so liefse sich clagegen einwenden, dafs der Phosphor in menigen Fallen dein Schmefel analoge Verbindungen biidet, und dafs, wenn man Verbindungen des Chlors mit Alkalien und alkalischen Erden annimmt , man auch lhnlichc Verbindungen 'des Phosphors mit denselben an- nehinen kann. Da die Verbindung des Phosphors mit der Kalkerde durch eine etivas starke Hitze ganzlich ihreii Phosphorgehalt verliert und reine Kalkerde zuruchl~fst, SO sclieint dadurch die Xnsicht , dak diese Verbindung 1% irklich ails Kalkerde und Phosphor bestehe, an Wahr- *) Annelrs de chin& et de physique, T. YI. p. 3?8. ) Amales de chimie et de physique, T. XXXIIII. p. 362. .. ... ) Berzelius Lelrrbcch der Chemie, Uebersetzung Ton Wlih- ler, Bd. I. p. 810. U. 819.

Ueber das Verhalten des Phosphors zu den Alkalien und alkalischen Erden

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11. ljkber clns Verhalten des Phosphors zu den Alkalien und nlkntischen Erden;

von Heinrich H o s e .

Nachdem B e r ze 1 i us die Resiiltate seiner Arbeiten iiber die Schwefelalkalien bekannt gemacht hatte, iniifste na- tiirlicfi die Fragc entstehen, ob der Phosphor gegell die masserfreien alkalischen Erden iind Alkalien dieselbe Kolle spielc, wie der Schwefel. Aber aufser den Versuchen, die schon vor sehr langer Zeit G a y - L u s s a c daruber angestellt hat *), sind nur von D u m a s vor Kurzem daruber Untersuchungen geinacht worden **) , die in- dessen den Gegenstand noch nirlit v6llig aufhlliren.

B e r z e l i u s betrachtet die Verbindungen der trock- nen Baryt- und K-alkerde mit Phosphor als Gemenge von phosphorsaurer Baryt ~ und Kalkerde mit Phosyhorbaryum und Phosphorcalcium ***). Derselben Ansicht sind auch T h C n a r d und L e o p o l d Gine l in in ihren Lehrbuchern. So wahrscheinlich diese aus der Analogie des Phosphors mit dem Schwefel hergenominene Ansiclit auch ist, so liefse sich clagegen einwenden, dafs der Phosphor in menigen Fallen dein Schmefel analoge Verbindungen biidet, und dafs, wenn man Verbindungen des Chlors mit Alkalien und alkalischen Erden annimmt , man auch lhnlichc Verbindungen 'des Phosphors mit denselben an- nehinen kann. Da die Verbindung des Phosphors mit der Kalkerde durch eine etivas starke Hitze ganzlich ihreii Phosphorgehalt verliert und reine Kalkerde zuruchl~fst, SO sclieint dadurch die Xnsicht , dak diese Verbindung 1% irklich ails Kalkerde und Phosphor bestehe, an Wahr- *) Annelrs de chin& et de physique, T. YI. p . 3?8.

) A m a l e s de chimie et de physique, T. XXXIIII. p. 362. .. ... ) B e r z e l i u s Lelrrbcch der Chemie, Uebersetzung Ton Wlih- l e r , Bd. I. p. 810. U. 819.

544 scheinIiclikeit zu gewinnen, denn sie ist in der That ein- facher, als die Annahme, dafs dwch Erhitzung der Ver- binding Phosphor nicht nur aus dem Phosphorcalcium cnl- weiche, sondern auch ans der Phosphorsaure der phosphor- sauren Kalkerde, welche durch das Calcium reducirt werde.

Ich habe niehrere Versuchc angestellt, um zu cnt- scheiden, welche von diesen beiden Ansichtcu die ricli- tige sey. Die meisten derselben wurden mit dem Phos- phorkalke gemacht, nicht nar weil dieser in der griifsteii BIenge am leichtesten zii bereiten ist, sondern auch, weil, R enn derselbe durch Wasser zersetzt wird, die phosphol- saurc Kalkerde sehr Iei-ht von der entstandenen unter- pliosphorichten zu trennen ist. - Es ist indessen weit schwerer, durch Versuche hier entscheiden zu kiinnen, als bei den analogen Schwefelverbindungen. Die Sch%% e- felalkalien liisen sich ohne zersetzt zu werden in Was- ser auf; und da in dieser Aufldsung die SchwefelsZnre (lurch die geivohnlichen Reagentien entdeckt merden kann, so wird man dadurch von der Gegenwnrt des schwefel- sauren Kali’s in dcr gemiihnlichen Schwefelhepar uber- zeugt. Die ent~prechendcn Phosphorverbindongen aber Jverden dwch das W-asser zcrsetzt, und die Producte der Zersetzung des Phosphorkallis durch’s Wasser sind, wenn man die Einmirkung desselben durch Erhitzung unter- stiitzt hat, selbstentzundliches Phosphbi~vasserstoff;;as, un- terphosphorichtsaure und phosphorsaure KalLc.de, wie das schon vor langerer Zeit D u 1 o n g gezeigt hat *). Die phosphorsaure Knlkerde ist von ganz‘weifser Farbe, wenn Laikerde im Ueberschufs vorhanden gewesen ist. Nimmt man nun an, der Phosphorkalk bestehe aus Phosphor imd Kalkerde, so muh man annehmen, dafs der Phos- phor durch Gegenwart einer alkalischen Substanz das Wasser auf Bhnliche Art zerlege , wie Zink oder Eiseii durch Gegenmart einer SIure. - Nimmt man hingegen an, cler Phosphorkalk bestehe aus Phosphorcalcium und yhos-

phor- *) Mt!rnoires d’drcueil, T. III. p. 411. U. 412.

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phorsaurer Kalkerde, so drangt sich die Frage auf, ob (lie gnnze Menge der durch Zersetzuns mit Wasser erhal- tenen phosphorsawen Kalkerde schon im Phosphorknlke enthalten war, oder ob durch Zersetzung des Phosphor- calciuins unterphosphorichtsaure und phosphorsaure Kalk- erde gebiltlet merde. Da keiii unterphosphorichtsaures Salz ohne Wasser und in solcher Hitze bestehen kann, die zur Bereitung des Phosphorkalkes n6thig ist, so mufs die ganze Menge der unterphosphorichten SBure erst durch die Behandlung mit Wasser entstehn.

Ich habe, urn dieses zu entscheiden, mehrere ?-er- suche angestellt, die mir indessen keine geniigende Re- sultate gegeben hahen. Ich behaiidelte Phosphorkalk mit Chlor, wie diefs auch D u m a s gethan hat *), und habe diesrlben Yroducte wie er erhalten. Es destillirte, wenn ein Ueberschuk yon Chlor angewandt wurde, fester Chlor- phosphor iiber, und es blieb im Apparat ein Gemenge w n Chlorcalcium und phosphorsaurer Kalkerde zuriick, und auch noch freie Kalkerde, wenn der Phosphorkalk sie enthielt, diese nicht mit Chlor verbunden, da dasselbe auf wasserfreie Kalkerde nicht einwirkt. - Diese Er- scheinungen sprechen, obgleich sie diirchaus nicht ent- scheidend sihd, sehr fiir die Ansicht, d a t im Phosphor- kalke schon phosphorsaure Kalkerde eiithalten sey, und daL sich dabei Phosphorcalcium durch Chlor in Chlor- calcium venvandle. Denn, da Chlor auf t r o c h e Kalk- erde nicht einwirkt, so ist es sehr mahrscheinlich, daEs, bestande dcr Phosphorkalk aus Kalkerde und Phosphor, durch Behandlung mit Chlor, nur Chlorphosphor und freie Kalkerde entstehen wurde. Es ware indessen auch miiglich, dafs durch die Gegenwart des Phosphors die Kalkerde durch Chlor zum Thcil desoxydirt wurde, und so Chlorcalcium und phosphorsaure Kalkerde entstehen liiinnte.

Statt des Chlors behahdelte ich darauf Phosphorkalk '1 AnnuIcs de Chimie et de Phyr ipe , T. XXXIlL p. 366. A n n d d. Pllysik.B.88. St.4. J. 1828.St. 4. M m

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mit einem Uebcrschnsse von Schwefel; das Ganze wurde in einem kleinm Kolben so lange erhitzt, bis der Ueber- schufs ron Schwefel abdestillirt worden war. Die Er- scliciiiongen waren aber fast dieselben mie die, die bei der Behandlung des Phosphorkalks mit Chlor stntt fanden, indessen entliielt der Ruckstand aufser phosphorsaurer Kalkerde und Schwefelcalciuni noch schwefelsaure Kalk- enle , die offenbar indessen nur clurch Einwirkung dcs Schwefels auf die freie Kiilkerde des Phosphorkalkes ent- standen war.

Denn es ist sehr schwcr, den Phosphorkalk gnnz frei von iiberschussiger Kalkertle zu erhalten, (In die Hitze, bei welcher er sicli in I’bosphor und Kalkerrle zersetzt, niclit sehr stark zu seyn braucht. .Ich habe da- her keine qriatititative Analyse des Phosphorkalks ange- stellt, weil ich iininer iiberzeugt war, dafs ich keinc uber- einstiniinende 1h:rltate erhalten miirde , dr! der voii iuir bereitete Phosphorkalk selten ganz gleichfiirinig war. lcli bereitete ihn so, dafs ich sehr reinen gebraniiteii Maniior von Carrara in ciiier PorzeIlanrohre stark gliihte, dar- iiber erst VIiasserdenipfe strcichen l ids , um gemifs zii sepn, dafs er keine Kohlensrime nachher inehr enthielt, und dann bei einer schrvachern Hitze Phosphordampfe. W a r der Marinor zii stark erhitzt worden, wiihrend die Phosphord%mpfe daruber stricheii , so enthielt er niichher keiueii Phosphor. Der pliosphorreicliste Phosphorkalk, den ich erhielt, sali schwarz aus; enhielt er weniger Phos- phor , so war er braun; in beiden Fdlen iinlner ohiie inetallischen Glanz. Uurch nicht zu stnrkes Erhitzen in einer Kelorte wurde der schmarze Phosphorkalk in brau- nen verwandelt, wiilirend sich Phosphor enhvickelte; diefs gescliah bei einer noch geringeren Hitze , wenn Wasser- stoffgas iiber schwarzen Pliosphorkalk geleitet wurde. Wenn zur Bereitung des Phosphorkalks schr grofse Stiicke von gebranntem Mamior genommen wurden, fand ich :sic fast knmer so vemandelt, dais sie cine weifse Riiide hat-

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ten, die, wenn die atmosphkiiische Luft gut abgehaltel; TpOrden war, aus reiner Kalkerde bestand, und keine yhos- phorsaiire Kalkerde enthielt ; dann folgte eine Schicht von bralinein Phosphorkalk, und der Kern enthielt schwar- Zen Phosphorhalk. Manchinal war aber nuch der Kern weiCs, ond das Aeukere briluii, aber iiiir in den FglIen, ivenn wahrend des Erkalteiis Phosphordlnpfe iiber Kalk- erde geleitet wurden.

l)a ich einsah, dafs keinc Versuche lnit dem Phos- phorkalke iiber die ,4rt sejner Zusammensetzung entschei- den konnten, so untersochte ich die Erscheinungeii, wel- che statt finden, wenn eiiie Verbirklung yon Phosphor init einem alkalischen Metalle durch Wasser zersetzt w i d . Ich wiihlte dazu Kalium. Schmolz ich Kalium init Phos- phor ziisaxmneii , uiitl zersetzte die Vcrbindiuig , nachdein der iiberschiissige Phosphor davon abdestillirt worden war, niit Wasser, so entwickelte sich selbstentziindliclies Phosphonvasserstoffgas, clem eine kleincre Menge eines nicht von selbst entziindlichen Gases beigeinengt war; es setzte sich ein gelbes Pulver ah, das Phosphor war, und die Flussigkeit enthielt unterphosphorichtsaures Kali, dein aber iminer griilsere oder geriiigere Spuren von phos- phorsaurem Kali beigernischt waren. lh aber bei diesen Versnchen der Zutritt der atmosph;irischen Luft nicht sorgfaltig abgelialten worden ~ i n d das angewandte Ka- lium auch init dunnen Rinden von Kali uingeben war, da ferner nur sehr geringe Mengen von Kaliim genom- men wurden, weil es geBhrlicli war, gorsere Mengen von Pliosphorkalinin mit Wasser in einein Gefsfse ZII

zersetzen, das init eiiier Gasableitungsriihre versehen war, so stellte ich genauere Versuche auf folgende Art an: ES Ivurde ein ziexnlich gerhniger Kolben rnit langem Halse von dunnem Glase mit masserfreiem Wasserstoff- ease angefullt. Der Kolben war mit einem Korke luft- dicht versehen, dnrch den zwei Liicher gebohrt morden w-aren. Durch das eine Loch gins eine d i i n e Glasriihre,

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die fortwlhrend Wasserstoffgas zufuhrte, das vorher erst diirch eine Riihre mit Chlorcalcium getrocknet wurtle. Durch das andere Loch des Kolbens ging zur Ableitung des Gases ebenfalls eine diinne Glasrohre, die an allen Stellen leicht zugeschmolzen merden konnte. Es wurde d a m schnell in den Kolben ein Stuck Kaliuiii, von der Grijfse eincr grofsen Haselnufs, und ein entsprcclienclcs Stuck ganz trocknen Phosphors gebraclit Das Kalinni war aus der innern Masse einer griifseren Mengc heraus- geschnittcn und init dein benetzenden Steiniil in den Kol- ben gebracht worden. Aiif diese Weise konnte sich (lurch- wus keine Spur einer Kruste von Kali bilden. Es murde clarauf der Kolben nach und nach erhitzt, wiihrend das Wasserstoffgas langsain dariiber geleitet wurde. Das Ka- Iium schwoll zuerst an, und vermehrte sich bedeutcnd a n Voluinen , wahrend es Dzmpfe von Phosphor absorhirte. Dann crfolgte eine Feuererscheinung, wodurch die Masse schinolz und der iiberflussige Phosphor abdestillirte. l)ie Hitze wurde so lange verstarkt, bis aller iiberflussige Phosphor sich aus dein Kolben durch die Gasableitungs- riihrc verfluchtigt hntte, was durch den Strom des W a s - serstoffgases sehr befiirdert wurde. Beim Erkalten er- starrte die Masse und wurde krystallinisch, aber bei dein Krj-stallisiren warf sic Blasen, oder kochte doch wenis- stens auf. Diese Erscheiiiung konnte inan SO oft wie inan wollte durch neiies Erhitzen und Erlirtlten wiederhoIen. Nach dein viilligen Erhalten war die Masse metallisch glanzend und hatte die Farbe des japanesischen K ~ p f ~ r s . Es wurden miihrencl neuer Erhitzung beide Riihreii, die dilrch das Loch des Korkes gingen , zugeschinolzen, und der Kolben wurde vollstzndig erkaltet. - Da, wenn man die Masse dcs Phosphorkaliuins init einein Male mit W a s - ser zersetzt hiitte, eine Explosion entstanden ware, so wurde der Kolben uuigewandt, und die Spitze einer Glas- riihre unter Wasser abgebrocben. Das Wasser stieg nun in den Kolben, aber lange nicht so wcit, dafs es die Masse

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des Phosphorkaliums beriihrte. Durch die feuchte Atmo- sphare wurde nach und nach nirht von selbst entziindliches Gas entwickelt, welches aber das Wasser aus dem Kolben liicht herausdrlngen koniite, da die Glasrohre mit der abgebrochenen Spitze bis in die Mitte des Kolbens reichte. Each langerer Zeit wurde dieser entllich umgekehrt , da- mit das Wasser das zerflossene und fast schon ganzlich zersetzte Phosphorkaliuin aufliisen konnte. Es blieb ein gelbes Pulver ungeliist zuriick, das durch Kochen der Fliissigkeit nach und nach grfifstentheils zu Phosphor- liiigelchen sich vereinigte, Die Fliissigkeit enthielt eine grofse Menge von nnterphosphorichtsamem , aber keine Spur t o n phosphorsaurem Kali. l)as Yhosphorkaliiim war also durch das Wasser in Phospho~~asserstoff;;as, das sich enttvickelt, in unterphosphorichtsaures Knli, das sich auf- gelbst, und in Phosphor, der sich ungelijst abgeschiedeii hatte, verwandelt worden. - Dieser Versuch, init den- sclbeii Vorsichtsmafsregeln und denselben Quantitaten I on Kalium drei Ma1 wiederholt, gab iininer dasselbe Resultat.

l)a sich nun bei der Zersetzmig des I’liosphorkaliums durch Wasser kein phosphorsaures Salz bildet , so kaiiii dasselbe eben so wenig bei der Zersetzung des Phos- phorcalciuins ’ entstehen. Da nun der l~hosphorkalk bei der Zersetzung durch Wasser phosphorsnure Kalherde liefert, so lnuk diese in ihin achoii yor clcr Zersetziing niit Wasser entlialten seyn. Der Phosphor zeigt daiier Segen trockne alhalische Eden ein dein Sclimefel analo- ses Verhalten.

Wenn man einc Auflosimg eines fixcn Alkali’s oder eiuer alkalischen Erde oder eine Mcngung letzterer init hlrasser mit Phosphor koclit, so zcigen sicli p n z die- sdLen Ersclieinungen, als wcnn Phospborkrrlk oder ilriu nnalogc Verbindungen init Wasser behandelt wer- h. Es bildeii sich hiebei keinc phosphoriclitsaure, wu- h w iiiir iinterphosp1iorichtsaiu.e und phosphorsaure Basen denu hat man Phosphor init Kallunilch gehocht, und

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deli Zutritt der atmosphlrischen Luft wshrend des KO-. chens sorgfdtig abgetialten, SO bringt die Aufliisung der ausgewaschenen phosphorsauren Kalkerde in .Chlorwas- serstoffsiiure keinen Niederschlag voii Quccksilberchlo- riir in Quecksilberchlbridaufl6sung hervor. - Es ist in diesen Fallen daher ivahrscheinlich, dafs hierbei innner im ersten Momente der Einrvirknng des Phosphors Phosyhor- inetall rind phosphorsaures Oxyd entstehe, wovon aber ersteres im hugcnblicke der Entstehung wieder durch M7asser zcrseht wird , und Pliosphonrasserstoffgas und i~terphosphoriclitsaures Oxyd erzeugt. VTird dabei Phos- phor ausgeschieden, SO erfolgt wiederoui clurch iieues Al- kali eine :ihnliche Zersetziing, so dafs zuletzt aller Phos- phor verschwindet, wenn geiirig Alkali vorhanden ist, und das Ganze iiiimer in der Koclihitze erhalten xird. - Es scheint mir, daL dicse Erkliirimg der gewiihnlichen, die mail in den chemischen Lehrbiichern angiebt, vorgezogen zu werden verdient. Nacli dieser nimmt man an, d d s wen11 Phosphor, Wasser und eine alkalische Substauz mit einander gekocht werden, durch Hiilfe der lctztcrn das Wasser durch den Phosphor zersetzt werde, und dafs sich ein Theil desselben oxydire, ein anderer Theil niit Wasserstoff Jerbande. Die hs i ch t , die ich anf;;estellt habe, ist vielleicht ails folgenden Griinden wahrseheiiilicher: Aus den Versuchen, die ich so eben angefiihrt habe, gcht hervor, dafs menn Phosphor mit einer troclinen alkalischen Basis behandelt w i d , er ein ~hnliches Ver- halten wie der Schwefel gcgen dasselbe zeigt ; diese Ana- logie zwischen Schmefel und Phosphor wiirde a i d , wenn noch Wasser hinzuhame, statt finden, wenn man aniiiihme, dafs Phosphoiinetall dadurcli entstsnde. - Xach der ge- 3riihnlichen Erk1:irnngsart ist es fcrner schwer zn erklii- Ten, warrim hierbei durch die Osydntion des Phosphors zwei Ssuren entstiindcn, w&hrend nach der andern Kr- Irlzrungsart die Phosphorsaure bei der Behandlung des Phosphors niit Kalkmilch durch Bildung des Phosphor-

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kalks, die uiiterphospliorichte S;iure hingegeii durch Zer- setzing des Pliosphorcalcimns durch Wasser entstelit.

Es kann aber, gegen die Ansicht noch eine wichtige Einwendun,o Seinaclit werden. Da bei Gegenwart von kaustischen Basen unterphosphorichtsaiire Salze, diirch Zersetzimg des Wassers, in phosphorsaurc cerwandelt wer- den *), so kiinnte mau annehinen, dafs beiiii Kochen Ton Wasser mit Phosphor wicl starlien Basen iiur unterphos- 11 horichte Satire entstiinde, und iiiir durch Oxydation der- selben durch Gegenwart der Base die game Menge der Phosphorssure erLeugt wiirde. Es ist indesscn dazu noth- wendig, daCs die hufliisun;; der Base schr coucenttirt sey. Es eutwickelt sich 2. U. durch iintcrphosphorichtsaure Kalkercle niir dann erst Wasserstoffgias , wciiii dies’elbe n i t Knlkmilch , (lie sehr vie1 liiillie~tle gemengt eiithiilt, gc1,ocht wirtl; isi (lie Kalhinilcii selir verdiiiint, so ist die Gasentwickluiig iiiw sclir uiiletleiitend. Nun aber erzeiigt sicli schon I-’hosphors8are enii iiian L’liosphor iuit Kaikwasser kocht, denii so 11 ie tlasselbc ids ~ i o c i i c ~ i liomint, so sind die aufsteigeiitleii Masen niit eiuer iiiiliis- licheu Haut von phosphorsaurer Kalkertie uiiigebcu. bas- selbe iindet s h l t wciin P110splior wit veItliiiiiiteiii Isiirj-t- wasser gekciclit wild. Man iiiul‘s tlalicr aiinehiiieii, d a b in diesen Piillen l’hosphorsiiure iuid iuitetphosphoi.ichte Sliwe zugleich eiitsteheii.

Beiiii fernereu Kochen, vorzii,vlicli wenn eiii gofses Uebennaafs von freier Base vorlianrleii ist, verniindert sich iiidessen die Mcnge der [iiilerl’lioS.i)l~oricliien Siiurc in d e w seibcn VerhSltnisse, wie sich die der Pliosphors8ure ver- mehrt. Es ist daher uniuiiglich, aus deli lllengeii der bei- den S&ireii einen Schluls aiif die Zusaiiirncnsetziiiig des Phosphorkalks uiaclieu zii kiinnen , der sidh wahrscheiu- licli iiii ersteu Augeiiblicke der h‘iiitvirkuiig des Phosphors alif eine hufliisung eiiier starken Base bilctet. Ich hntte kl friihern Zeiten, ehe es uiir bckannt war, dafs die uiiter-

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*) P o g g e n d o rff’s Amlaleu, Bd. XU. p. 297.

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phosphorichte SIure durch Basen oxydirt werden kann, einige Versuche dariiber angestellt, die natiirlich verschie- dene Resultate geben iiiufsten; ich werde .indessen das Resultat derselben hier kiinlich angeben, mcil daraus wenigstens hervorgeht,' dafs die Menge des Phosphors in der gebildeten unterphosphorichten Saure weit bedeuten- der ist, als die in der sentstandenen Phosphorsaure.

Eine kleine Mcnge Phosphor wnrde mit einer g o - {sen Menge reiner ,Malkerde und Wasser in einein ge- raumigen Kolben gehocht , der mit einem KoAe verse- hen mar, durch den eine zwei Mal rechtwinklich gebo- gene Rohre ging, die sechs Fufs lang war. Das gebil- dcte Yhosphorwasserst0ff;;as ging init Wasserdamp Fen fort. Ich sah sehr darauf, dafs das condensirte Wasser, das an der Mundung der Riihre Phosphorslure, durch Vcr- brennong des Phosphorwasserstoffgases erzeugt, enthal- ten konnte, nicht in den Kolben zuriickflofs. Hatte sich die Wassermenge im Kolbeii sehr verringert, so wurtle ein ziemlich langes Stiick der Kiihre, die Phosphorsiiure entlialt'en konnte, abgeschnittcn, die Mundung unter Was- ser gehalten, worauf der Kolben erkalten mufste und sicli wit Wasser wieder anfullen konnte. Dam ivurde von Keuem geliodht, und dicse Operation so lange wieder- holt, bis nur Wasserdimpfe, die gar nicht mehr nach Phosphonvasscrstoffgas rochen, entwichen, und aller Phos- phor vollstindig verschwunden war. Hiezu war niithig, dafs das Ganze 30 his 40. Stunden kochte. Das .4uf;;e- liiste wurde abfiltrirt, und der Ruckstand, der aus phos- phorsaurer Kalkerde und vieler freicr Kalkerde bcstand, so Iange ausgesiifst , bis er keine unterphosphoriclitsaure Kalkerdc mehr enthielt. Er wurde darauf in Chlorwas- serstoffsaure geliist, abgedampft und in einer Plahschale mafsig gegluht. Die t roche Masse murde mit Wasser hehandelt, das geliiste Chlorcalcium abfiltrirt, und die phosphorsaure Kalkerde gegluht. Sie wog 2,247 Gnn. Sie wnrde mit Schwefelsaure zersetzt; die erbaltene schrve-

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felsaure Kalkerde, die mit Alkohol ausgesiifst irurde, mog nach dem Gliilien 2,692 Grm. - Die Aufliisung der unterphosphorichtsauren Kalkerde, die viel aufgeliiste freie Kalkerde enthielt, wurde abgedampft und mit Sal- petersaure oxydirt. Die yhosphorsaure Kalkerde wog nach dem Gliihen 3,291 Grm. Mit Schwefelshre be- handelt gab sie 4,298 Grm. schwefelsaure Kalkerde, die mit Alkoliol ausgesufst wurde.

Eine andere Menge Phosphor wurde mit einem Ueber- schufs von Kalkmilch nur einige Stunden gekocht. Das Unseloste, naclidem es so schnell wie mogiich ausgesufst morden war, wurde in Chlorwasserstoffsaure geliist, 'CVO-

bei viel Phosphor ungelost zuruckblieb. Iin Uebrigen wurde eben PO verfahren mie iin ersten Versuche. Ich erhielt aus dein uiiliislichen Riickstande 1,995 Gnn. phos- phorsaure Kallierde, die rnit SchwefelsSure zersetzt 2,323 Gram. schmefelsaure Kalkerde gaben. - Das iin Was- ser Aufgeliiste gab nash der Oxydation mit Salpeterskm 5,191 Grm. phosphorsaure Kalkerde, die rnit Schwefel- sailre behaiidelt 7,633 Grin. schwefelsaure Kalkerde gab.

Der vorige Versuch wurde miederholt. Das im Wns- ser Ungeloste gab 0,799 Grin. phosphorsaure Kalkerde, und diese nach der Behandlung mit Schwefelszure 0,874 Grain. schwefelsaure Kalkerde. - Das iin Wasser Aufgeliiste gab nach der Osydation mit Salpeterszure 2,610 Grm. yhosphorsaure Kalkerde, die nacli der Be- handlung init Schwefels&ire 4,004 Grm. schmefelsaure Kalkerde lieferte.

Diese Versuche liiinnen keine Anspriiche auf grofse Genauigkeit machen. Weiin dcr im Wasser unliisliche Xiickstand in Clilorffasscrstoffsiiure aufgeliist wurde, die -~uflijsung zur l'rocknifs abgedampft, und Zur Eiitfernung aller iiberscliussiSen Chlorwasserstoffsaure schwach ge- gliillt T\urde, so mnfste die im Wasser uiilosliche phos- phorsaure Kalkerde eine lileine Mongc von Chlorcalciiiin cnlllalten, wie das aus den Versuchen hervorgeht, die

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ich in diesen Annalen, Bd. VIIZ. p. 211., heschrieben habe.

W i r sehen indessen deutlich, dafs die Resultate des ersten Versuches, bei welchem das entwichene Phosphor- wasserstoffgas inchr freies Wasserstoffgas elithalten mufste, sehr abweichen von denen der beiden letzteren Versuche, die unter sich, gewils aber nur durch Zufall, zienilich iiber- eiustiininen. - hn ersten Versuche enthielt die gebiltlete Phosphorsaure 0,496 Gnn. Phosphor, nnd die gcbiltlere unterphosphorichte S:iure 0,663 (Am. Phosphor; im zwei- ten Versuche die PliosphorsPure 0,571 Grin. Phosphor, tuid die unterphosphorichte Slure 0,967 Grm. ; irn drit- ten Versuche die PhosphorsYure 0,192 Grm. Phosphor, wid die uiiterpliosphoricfite SYure 0,316 Grin. - Die Phosphorinengen der gebildeten Phosphorsaure verhalten sich daher in den beidcn lelzteii Versuchen zu den Phos- phonnengen in der gebilcleteii unterphosphoricliteii Skiwe w ie nalie 3 : 5 ; in dem ersten hingegeu, bei welchein kein iiberfliissiger Phosphor zugcgen war ungefahr ,vie 3 : 4. Spater habe ich diese Versuche init sehr ~err?iiiinten Auf- lijsiingen voii Barythydrat wiederhoi;; die Blenge des l~hosphors in der unterphosphorichten Sliure gegen die in der PhosphorSlure aber noch bedeutender gefiuiden , als h den envahnten Vcrsuchen.