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Ueber den Gang tier in den Glas- kOrpermum eingedrungenen fremden K~rper. Yon Dr. R. Berlin. Das Vorkommen fremder K0rper im Hinterraum des Augapfels ist, wenngleich grade nicht h~tufig, doch wohl nicht so selten, als G eiss ler*) vorauszusetzen scheint. Ich habe in einem Zeitraum yon etwas fiber 5 Jahre unter 7573 hugenkranken 26 einschlagige F~tlle beobachtet, wii.hrend fi-emde Kiirper in der Iris 5 real und in der Linse 4 mal zur Behandlung kamen. In jenen 26 Fallen wurde 11 real dutch die Enucleation, 2 real durch den Augenspiegel, einmal durch das blosse huge und zwei- real durch Extraction die Anwesenheit des fremden KSr- pers constatirt. Bei den fibrigen 10 F~llen, in welchen das directe huffinden des fremden Ki~rpers durch hugen- spiegel oder Sonde unmSglich war und welche thefts die Operation verweigerten, thefts ffir dieselbe nicht passten, fehlt also die Best~ttigung der Diagnose durch die Au- topsie. Die Diagnose ist natiirlich einfach, sobald der fremde KSrper mit blossem Auge oder mit dem hugenspiegel ~) Die Verletzungen des Auges yon Zander und Geissler, S. 292. 18"

Ueber den Gang der in den Glaskörperraum eingedrungenen fremden Körper

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Ueber den Gang tier in den Glas-

kOrpermum eingedrungenen fremden K~rper. Yon

Dr. R. Berlin.

Das Vorkommen fremder K0rper im Hinterraum des Augapfels ist, wenngleich grade nicht h~tufig, doch wohl nicht so selten, als G eiss ler*) vorauszusetzen scheint. Ich habe in einem Zeitraum yon etwas fiber 5 Jahre unter 7573 hugenkranken 26 einschlagige F~tlle beobachtet, wii.hrend fi-emde Kiirper in der Iris 5 real und in der Linse 4 mal zur Behandlung kamen. In jenen 26 Fallen wurde 11 real dutch die Enucleation, 2 real durch den Augenspiegel, einmal durch das blosse huge und zwei- real durch Extraction die Anwesenheit des fremden KSr- pers constatirt. Bei den fibrigen 10 F~llen, in welchen das directe huffinden des fremden Ki~rpers durch hugen- spiegel oder Sonde unmSglich war und welche thefts die Operation verweigerten, thefts ffir dieselbe nicht passten, fehlt also die Best~ttigung der Diagnose durch die Au- topsie.

Die Diagnose ist natiirlich einfach, sobald der fremde KSrper mit blossem Auge oder mit dem hugenspiegel

~) Die Verletzungen des Auges yon Z a n d e r und G e i s s l e r , S. 292.

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gesehen oder mit der Sonde gcffihlt werden kanu. Sic ist unter Berticksichtigung der Anamnese und der iiusser- lich sichtbaren Spuren der Verletzung selbst dann noch leicht, wenn ein ausgiebiger Einblick in den GlaskSrper miiglich und partielle Veriinderungen desselben oder des Augenhintergrundes genau zu erkennen sind, mag sich der fremde KSrper selbst durch seine Umhiillung oder seine Lage dem directen Anblick entziehen. Diese gtin- stigen Umstiinde pflegen aber in der beiweitem geringern Anzahl der Ftille zuzutreffen (in unsern FRllen 7 real); vielmehr handelt es sich zur Zeit der Vorstellung (in unsern Fallen 19 mal) meistentheils um solche Augen, in welchen durch Linsentriibung, Glask6rpertrtibung, Pu- pillarverschluss tier Einblick in den Glaskfrperraum, wenn nicht viillig verhindert, so doch in hohcm Grade beeintri~chtigt ist. Die Diagnose dieser Categorie ist allerdings schwieriger, aber ich glaube, sie ist dennoch, so lange nicht hochgradige phthisis bulbi eingetreten ist, mit wenigen Ausnahlnen sicher zu stellen. Unter unsern 19 derartigen Fallen wurde, wie bemerkt, 11 mal die cnucleatio bulbi vorgenommen, und jedesmal die Diag- nose durch die Section besti~tigt. Dieses Resultat be- rechtigt reich zu der Hoffnung, (lass die Grundzfige, nach welchen die Diagnose gestellt wurde, im Allgemeinen richtig waren. Dcr Umstand, dass diese Fragen im Zu- sammenhang bei den Autoren wenig eingehend berfiek- sichtigt ~orden sind, mag es entschuldigen, wenn ich ftir diejenige Gruppe yon Fallen, in welchen weder das un- bewaffncte Auge, noch der Augenspiegel, noch die Sonde den directen Nachweis des fi'emden K6rpers ermSglicht, (lie diag~:ostisch wichtigen Symptome einleitend zusam- menstelle.

Es wird uns hier dic Anamnese, das Vorhandensein einer kleinen Wunde oder kleinen Narbe der Hornhaut oder der Sklera, der Nachweis, dass die Wunde per-

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forirend war, die Entztindungserschcinungen und schliess- lich der Stand des SehvermSgens Aufschluss geben. Vor hIlem aber ist ein besonderes Augenmerk auf das Ge- sammtbild der vorhandenen Symptome zu richtcn, denu nicht ein einzelnes Symptom ist fiir sich beweiscnd, und nicht ein einziges ist absolut constant.

Die Auskunft, welche uns die Anamnese gicbt, ist immcr positiv, wenn wir es nicht grade mit unzurech- nungsfiihigen Individuen odcr absichtlicher Verheimlichung zu thun haben. Mit Ausnahme dieser F~tlle sind wit wenigstens stets in der Lage, aus ~ien Aussagen des Pa- tienten oder seiner Umgcbung den bestimmten Schluss ziehen zu kSnnen, dass fiberhaupt eine Verletzung des Auges stattgefunden hat. Die Angaben, welche uns fiber die subjcctiven Empfindungen bei und nach der Ver- letzung gemacht werden, zeigen insofern eine Ueberein- stimmung, als die Schmerzhaftigkeit im Vcrhaltniss zu dem Grade der Verwundung unbedeutend zu sein pfiegt; diagnostisch ist dieses Moment nicht zu verwerthen. Brauchbarer sind die Aussagen fiber die Art der Seh- stSrung, auf welche wir spliter zuriickkommen.

Die begleitenden Umstiinde, unter welchen dasTrauma stattfand, geben uns dann mehr als die Selbstbeobach- tung se[bst intelligenter Kranken Anhaltspunkte zu be- urtheilen, yon welcher Natur, haupts~tchlich aber von welcher GrSsse der verletzende Gegenstand war. Wit ~verden auf diese Weise h~tufig den Schluss ziehen k5n- hen. dass derselbe etwa ein Schrotkorn, eiu Ztindhiit- chenfra~,~qnent, ein Steinsplitter u. s. w., resp. dass der- selbe im Verhiiltniss zum Volumen des Augapfels seh~" klein war. Zuweilen fiihrt uns die hnamnese noch einen Schrit welter, indem sie uns ein ann/~herndes Urthei| fiber die Propulsivkraft erlaubt, ein wichtiger Punkt, ~elchen wit freilich meistens aus den zuriickgelassenea Wirkungen abschfitzen miissen. - -

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Von diesen W!rkungen tritt uns zunachst die i~ussere u eine frische Wunde oder eine Narbe, sei es der Hornhaut, sei es der Sklera entgegen. Diese Wunden oder Narben sind wie bekannt, fast immer sehr klein*) d. h. sie pfiegen die husdehnung weniger Linien nicht zu iiberschreiten.**) Ausser der besprochenen Kleinheit haben die Wunden noch eine weitere Eigen- schaft: sie sind penetrirend. In frischen F~tllen ist diese Frage leicht zu entscheiden. Sitzt die Wunde in der Cornea, so finden wir entweder das Kammerwasser noch abgeflossen, oder wir finden gleichzeitig eine Verletzung der Iris oder der Linse oder beider Theile zusammen mit ihren Consequenzen, gewShnlich mit beginnender Lin- sentrfibung. Letztere kann nattirlich je nach der Rich- tung, welche der fremde Kiirper eingeschlagen hat, zu- weilen fehlen, zuweilen selbst bei ausgiebiger Atropini- sirung wegen der Excentricit~tt ihrer Lage und ihres geringen Umfanges nicht erkennbar sein. Bei nicht zu kleinen Hornhautwunden ist manchmal prolapsus iridis vorhanden. Unter Umstandcn kann ein gleichzeitiger Bluterguss in die vordere Kammer die Einsicht in die genannten Verh~tltnisse verdecken. Bei vorhandener klei-

e) Beziiglieh des diagnostisehen Werthes fciner Narben der Cor- nea s. v. G r a e f e Arch. f. Ophth. VII. I. p. 136.

~*) Umfangreiehere KSrper werden natiirlieh auch umfangrelchere Wunden setzen. Beisplele yon Eindringen und Verweilen solcher K6r~ per im Innern des Auges sind freilich in der Literatur wiederholent- lich angefiihrt, sie gehSren abet gewiss zu den Seltenheiten und vec- danken die relative H~ufigkeit ihrer Mittheilung wohl nut dem casuis- tisehen Interesse, welches sie bieten, ohne dass aas der Zahl dieser Mittheilungen eln statistischer Sehluss zu ziehen w~ire. Der grSsste K6rper, welchen ich unter unsern 26 beobachtete, war eine kleine Blei- kugel yon 3~'" im Durchmesser, die fibrigen 15 nachgewiesenen frem- den KSrper gehSrten alle zur Categorie der Splitter. Ausserdcm werden die grossen fremden K6rper s~immtlich mit blossem Auge oder vermin re]st der Sonde erkannt u n d e s sind daher diese F~ille eo ipso yon der- jenigen Groppe, deren Diagnose wir hier besprechen, ausgesehlossen.