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571 l~ber die Abh~ngigkeit' der Gr6~e yon Flilssigkeitstropfen yon der Bildungsgeschwindigkeit ~). Von H. Neumann und R. Seeliger in Greifswald. Mit 4 Abbildungen. (Eingegangen am 15. Oktober 1939.) Es wird die Abh~ngigkeit der GrS•e von Fliissigkeitstropfen vonder Bildungs- geschwindigkeit untersucht fiir Fliissigkeiten von verschiedener Oberfl~chen- spannung und versehiedener Z~higkeit; ferner wird an kinematographischen Aufnahmen die Ausbildung der Tropfen bis zum Abfall verfolgt. Aus den experimentellen Befunden ergeben sieh Hinweise ffir das Verst~ndnis der Vor- g~nge bei der dynamisehen Tropfenbildung. 1. Einleitung. Die Theorie der Gleichgewichtsformen kapillarer Ober- fl~chen erlaubt bekanntlich eine Berechnung der mSglichen statischen Formen h~ngender Tropfen und sogar die der Gewichte abfallender Tropfen, wenn auch dies letztere noch nicht im Sinne yon Stabilit~tsbetrachtungen, sondern nur unter u gewisser Zusatzannahmen zwar recht plausibler, aber an sich willkiirlicher Art. In diesem Umfang jedoch kann das Problem der Tropfenbildung oder genauer gesagt, das der unendlich langsamen (quasistatischen) Tropfenbildung als recht befriedigend gelSst gelten. Grunds~tzlich aul~erhalb des Bereiches derar~iger theoretischer Ans~tze liegt eine Erkl~rung der Vorg~nge, die sich bei einer Tropfenbildung abspielen, die nicht mehr als unendlich langsam im Sinne der klassischen Gleichgewichtsans~tze gelten kann; unseres Wissens liegen bisher nur gelegentliche qualitative Andeutungen zur Erkl~rung der Vorg~nge bei dieser dynamisehen Tropfenbildung vor. Experimentelle Untersuchunger~ fiber diesen Gegenstand gibt es Mlerdings sehon eine ganze Reihe 2) und insbesondere die Tatsaehe ist sehon lange bekannt, dal~ das Tropfengewieht von der Tropfenbildungsdauer abh~ngt. Die bisher hieriiber vorliegenden Ergebnisse lassen sieh ]~urz folgenderma~en zusammenfassen: Mit zu- nehmender Bildungsdauer strebt das Gewieht abnehraend einem Endwert zu, der iibereinstimmt mit dem aus der statischen Kapillaritatstheorie berechneten; mit abnehmender Bildungsdauer erhebt sieh das Gewieht zunehmend ~lber diesen Weft, kann jedoeh unter gewissen Bedingungen ein Maximum durchlaufen. Es liegt nun natfirlich die Vermutung nahe, dal~ bei dem dynamischen Vorgang der nicht unendlich langsamen Tropfenbildung nicht nur die 1) Ausffihr]ichere Darstellung in der Greifswalder Dissertation (Neumann). -- ~) Vgl. das am Sehlu~ zusammengestellte Verzeiehnis der wichtigsten Arbeiten.

über die Abhängigkeit der Größe von Flüssigkeitstropfen von der Bildungsgeschwindigkeit

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l~ber die A b h ~ n g i g k e i t ' der Gr6~e y o n F l i l s s i g k e i t s t r o p f e n y o n der B i l d u n g s g e s c h w i n d i g k e i t ~).

Von H. Neumann und R. Seeliger in Greifswald.

Mit 4 Abbildungen. (Eingegangen am 15. Oktober 1939.)

Es wird die Abh~ngigkeit der GrS•e von Fliissigkeitstropfen vonder Bildungs- geschwindigkeit untersucht fiir Fliissigkeiten von verschiedener Oberfl~chen- spannung und versehiedener Z~higkeit; ferner wird an kinematographischen Aufnahmen die Ausbildung der Tropfen bis zum Abfall verfolgt. Aus den experimentellen Befunden ergeben sieh Hinweise ffir das Verst~ndnis der Vor-

g~nge bei der dynamisehen Tropfenbildung.

1. Einleitung. Die Theorie der Gleichgewichtsformen kapillarer Ober- fl~chen erlaubt bekanntlich eine Berechnung der mSglichen statischen Formen h~ngender Tropfen und sogar die der Gewichte abfallender Tropfen, wenn auch dies letztere noch nicht im Sinne yon Stabilit~tsbetrachtungen, sondern nur unter u gewisser Zusatzannahmen zwar recht plausibler, aber an sich willkiirlicher Art. In diesem Umfang jedoch kann das Problem der Tropfenbildung oder genauer gesagt, das der unendlich langsamen (quasistatischen) Tropfenbildung als recht befriedigend gelSst gelten. Grunds~tzlich aul~erhalb des Bereiches derar~iger theoretischer Ans~tze liegt eine Erkl~rung der Vorg~nge, die sich bei einer Tropfenbildung abspielen, die nicht mehr als unendlich langsam im Sinne der klassischen Gleichgewichtsans~tze gelten kann; unseres Wissens liegen bisher nur gelegentliche qualitative Andeutungen zur Erkl~rung der Vorg~nge bei dieser dynamisehen Tropfenbildung vor. Experimentelle Untersuchunger~ fiber diesen Gegenstand gibt es Mlerdings sehon eine ganze Reihe 2) und insbesondere die Tatsaehe ist sehon lange bekannt, dal~ das Tropfengewieht von der Tropfenbildungsdauer abh~ngt. Die bisher hieriiber vorliegenden Ergebnisse lassen sieh ]~urz folgenderma~en zusammenfassen: Mit zu- nehmender Bildungsdauer strebt das Gewieht abnehraend einem Endwert zu, der iibereinstimmt mit dem aus der statischen Kapillaritatstheorie berechneten; mit abnehmender Bildungsdauer erhebt sieh das Gewieht zunehmend ~lber diesen Weft, kann jedoeh unter gewissen Bedingungen ein Maximum durchlaufen.

Es liegt nun natfirlich die Vermutung nahe, dal~ bei dem dynamischen Vorgang der nicht unendlich langsamen Tropfenbildung nicht nur die

1) Ausffihr]ichere Darstellung in der Greifswalder Dissertation (Neumann). -- ~) Vgl. das am Sehlu~ zusammengestellte Verzeiehnis der wichtigsten Arbeiten.

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Oberfli~chenspannung, sondern auch die innere Reibung der abtropfenden Fltissigkeit eine :Rolle spielt. Deshalb wurde die Abh~ingigkeit der ,,Tropfen- gewichtskurve", d.h. des Zusammenhangs zwischen Tropfengewieht und Tropfenbildungsdauer (bzw. sekundlieher Tropfenzahl), yon den beiden genannten Materialkonstanten untersucht. Als Fliissigt~eiten wurden nach dem Ergebnis yon Vorversuchen ausgew~hlt Glycerin-Wassergemisehe yon versehiedener Temperatur (10 bis 70 o C), sowie Gemisehe yon Isoamylalkohol und Wasser. Bet den ersteren kann man die inhere Reibung ~ bequem tiber drei Zehnerpotenzen (0,01 bis 10 dyn/see/cm 2) iindern, ohne dal~ die Oberfliiehenspannung ~ sich grSl~enordnungsmal3ig i~ndert; far die letzteren hingegen ist ~? praktiseh konstant, wi~hrend ~ immerhin im Verh~ltnis yon fast 1 : 2,5 (31 bis 72 dyn/em) ver~ndert werden kann. ~an hat also die MSgliehkeit, den Einflu~ der beiden Materialkonstanten in hinreiehender Abtrennung voneinander zu untersuehen. In einer zweiten Gruppe yon Versuchen wurde die Anderung der Tropfenform bzw. des Tropfenvolumens bis zum Augenblick des Abreil]ens aus kinematographischen Aufnahmen festgelegt. Da es dabei zum Tell erwtinscht war, den Abtropfvorgang selbst bereits mSglichst zu verlangsamen, wurde hier auch noeh eine Fltissigkeit in eine andere yon fast demselben spezifischen Gewieht ausgetropft. Als geeignet erwies sieh Anilin in Wasser mit einer Differenz der spezifischen Gewiehte yon nur 0,04, wobei als weiterer Vorteil die kleine Oberfl~ichen- spannung (10 dyn/cm) der beiden Fltissigkeiten gegeneinander zu erw~hnen ist, weft die Absehntirgeschwindigkeit der Tropfen mit abnehmender Ober- fliichenspannung abnimmt.

2. Versuchsanordnung. Die zu untersuchenden Tropfen wurden erzeugt an den eben gesehliffenen Endfliiehen von Glaskapillaren. Die Tropfen- bildungsdauer konnte zwischen 0,3 und 20 see gei~ndert werden durch )[nderung des Uberdrucks in dem Vorratsgef~l], aus dem die Fltissigkeit zuflol]. Die Tropfen wurden in Wiegegliisehen aufgefangen und dann aus- gewogen mit ether Genauigkeit und Reproduzierbarkeit yon 1%. Selbst- verstSndlieh waren alle bet Kapillarmessungen erforderliehen Vorsichts- mal]regeln getroffen (ganze Apparatur aus Glas zusammengeblasen, keine Fetthiihne, Dichtungen usw.; sorgf~ltlgste Reinigung). Zu erwiihnen ist noeh, dal3 schon die ~ol~e Abh~ngigkeit der inneren Reibung yon der Temperatur einen Einbau der ganzen Apparatur in einen Thermostaten

~erforderlich machte, der elektrisch mit automatischer Regulierung geheizt wurde und durch dessen Wande alle Vorrichtungen zur Bedienung ein- geftihrt waren. Fiir die photographischen Aufnahmen stand eine Siemens Kamera B zur Verfiigung, die maximal 64 Bilder/sec aufzunehmen erlaubte.

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Die durch eine lichtstarke u geeignet vergrS~erten Bilder wurden erhalten im Schattenril3 bei Beleuchtung dutch eine Quecksilberhoeh- drucklampe.

3. Ergebnisse. Es kann darauf verzichtet werden, die Versuchsergebnisse hier im einzelnen zu bespreehen. Einer Zusammenstellung der wesentlichen Ergebnisse seien nur vorausgesehi&~ drei typisehe Beispiete yon Tropfen- gewiehtskurven. Die obere Kurve yon Fig. 1 bezieht sich auf Wasser

19% Glycerin (cr = 67,4; ~ = 0,018), die untere auf Wasser + 55% Glycerin (~ = 61,9; ~ = 0,095), beide aufgenommen an einer Kapillare

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g

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8g

f\,,

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~a/fenMdung~dauez la l*l Sec

Fig. 1. Tropfengewiehtskurve fiir Wasser + Glycerin.

yon 0,48 era ~iu~erem und 0,087 cm irmerem Durchmesser. Die Fig. 2 zeigt die Tropfengewichtskurve liir knilin in Wasser an derselben Kapillare; der Pfeil rechts gibt das quasistatische Tropfengewicht an. Erwi~hnt sei ferner, dab die Tropfenvolumina aus den (vergrSBerten) Kinoaufnahmen ermittelt werden konnten durch eine graphische Kuba~ur, well die Tropfen axialsymmetrische RotationskSrper sind. A_us dem gesamten Beobaehtungs-

material l~l~t sich entnehmen:

l a. Ft~r kleine Tropfenbildungsdauer karm das Tropfengewicht nach (~berschreitung eines Maximums bis unter das Gewicht des quasistatischen

Tropfens sinken. Zeitsehrift fiir Physik, Bd.ll4. 39

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9.a. Das Maximum der Tropfengewiehtskurve rtiek~ mit zunehmender innerer Reibung naeh kleineren Tropfenbildungsdauern. Bei zu grol~er irmerer Reibung tritt deshalb (ira Versuehsintervall der Tropfenbildungs- dauer) kein Maximum mehr auf.

3a. Die Tropfengewiehtskurven steigen mit abnehmender Tropfen- bildungsdauer um so s~eiler an, je grSl3er die innere Reibung ist. Die Differenz des Tropfengewiehts im Maximum gegen das Gewieht des quasistatisehen Tropfens nimmt zu mit zunehmender innerer Reibung.

4a. Das Maximum der Tropfengewichtskurve verschiebt sieh mit abnehmender Oberfl~ehensl0annung naeh kleineren Tropfenbildungsdauern.

5a. Die (mittlere) EinstrSmgesehwindigkeit der Fltissigkeit in den Tropfen beim Tropfemnaximum nimmt eet. par. linear zu mi~ zunehmender

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! 2ZO

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180

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~op~nl~ilc/ungsd~uer Fig.,2. Tropfengewichtskurve fiir Anflin in Wasser.

Oberfl~chenspannung (die mittlere EinsgrSmgesehwindigkeit ist dabei errechnet als Volumen des abfallenden Tropfens~ Tropfenbildungszeit).

1 b. Der Tropfenhals entwiekelt sieh his zur vollst~ndigen Absehntirung unabhgngig yon der Tropfenbildungsdauer zeitlich in stets derselben Weise. (Fig. 3 zeigg dies ftir Anilin in Wasser. Aufgetragen ist der kleinste Dutch- messer des Halses in Einheiten des ~uBeren Kapillarendurehmessers tiber der Zeit in 1/12s sec mit t = 0 far Halsdurehmesser 0. ~dbereinander- gezeiehnet sind dabei die Me$werte for ftinf verschiedene Tropfenbildungs- dauern, die - - vgl. dazu Fig. 9. __ teils reehts, teils links veto Maximum liegen.)

2b. Das Gewieht des Resttropfens, tier bekanntlieh naeh dem Ab- tropfen stets noeh an der Tropffl~ehe h~ngen bleibt, ist ebenfalls unabhiingig

y o n der Tropfenbildungsdauer.

3b. Das Gewieht des h~ngenden Tropfens zu Beginn des Einsehnt~r- vorgangs ist nnabhgngig yon der Tropfenbildungsdauer auf dem ganzen

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Ast der Tropfengewichtskurve rechts yore Maximum und ist hier jeweils

gleich dem Gewicht des abfallenden Tropfens + Gewicht des Resttropfens.

Links vom Maximum hingegen nimmt dies Gewicht des h~ngenden Tropfens ab mit abnehmender Tropfenbildungsdauer.

4b. Es lassen sich cha*akteristische Untersehiede in der Art des Ein-

strSmens der Flfissigkeit auf den ~r Teilen der Tropfengewichts-

kurve feststellen. Bei grol3en Tropfenbildungsdauern - - im wesentlichen

rechts yore Maximum - - laufen die StrSmungslinien nach dem Eintritt aus der Kapillare in den Tropfen stark divergierend auseinander und schon in

o

�9 ~=~8 sec

o ~ = @,y �9

limm| eemmm

Fig. 3. Zeitliche Entwicklung der Abschniirung.

geringer Entfernung yon der Eintrittsstelle ist die StrSmung nicht mehr

wahrzunehmen. Bei kleinen Tropfenbildungsdauern hingegen - - im wesent- lichen links ~om Maximum - - zerteilt sich der in den Tropfen eintre~ende

Strahl nicht, sondern durchsetzt den ganzen Tropfen fast bis zuru Scheitel.

4. Versuche an Stdben. Erg~nzend seien noeh Versuche fiber das

Abschmelzen yon St~ben kurz besehrieben, die nicht nur yon Interesse

sind wegen der aus ihnen sich ergebenden Kritik einer schon yon Quincke angegebenen Methode zur Messung der Oberfl~chenspannung yon Metallen aus dem Gewieht yon Abschmelztropfen. Benutzt wurden St~be aus Woodschem Metall und aus Paraffin von einigen ram Dicke, deren unteren

Endfl~chen W~rme bis zum Abtropfen zugeffihrt wurde. Dies geschah

3 9 *

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entweder dutch Bestrahlung (konzentrierte Strahlung einer Bogenlampe, fortgeleitet in einem Quarzstab) oder mit Hilfe einer kleinen Heizspirale, die konzentrisch unterhalb des Stabendes angeordnet war. Beim Wood- sehen Metall muBte wegen der sleh bfldenden sehr stSrenden Oxydhiiute in einer neutralen Atmosphere (Wasserstoff oder Formiergas) gearbeitet werden. Es ist nicht zu erwarten, dal3 man bei diesen Versuehen ~hnlieh exakte Ergebnisse erhalten kann, wie mit Flfissigkeitstropfen, weil die Abtropffli~ehe sehr sehleeht definiert ist und sich bei jeder Einzelmessung in anderer Form ausbildet, und es streuen deshalb die l~el~punkte auch stets fiber einen weiten Bereich. Aber immerhin l~l~t sieh zusammenfassend

~ / / I �9 w

Q o p g Q

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t QI D D

�9 o �9 | |

Fig. 4. Tropfengewichtskurve eines abschmelzenden Paraffinstabes.

85sec

sagen: Die Tropfengewiehtskurven, die beim Abschmelzen von St~iben erhalten werden, besitzen keinen nach kfirzeren Bildungsdauern bin an- steigenden Tell. An einen horizontalen Ast (der offenbar dem Gewicht der quasistatischen Tropfen entspricht) sehlie~t sich bei kurzen Bildungs- dauern ein steiler Abfall, der dem Abfall links yore Maximum bei Flfissigkeits- t, ropfen analog ist. Die Fig. 4 gibt ein Beispiel naeh den Messungen an l~araffinst~ben yon 0,4 cm Durchmesser.

5. Diskussion der Ergebnisse. Zum Sehlul3 soll noch versucht werden, aus den Ergebnissen der experimentellen Untersuchung wenigstens einige Hinweise darauf abzuleiten, wie man sich die Dynamik der Tropfenbildung vorste!len kann.

Auf dem aufsteigenden Ast der Tropfengewichtskurve reehts vom Maximum beginnt ein offenbar spontan (lb) verlaufender Abschnfir- vorgang dann, wenn der h~tngende Tropfen ein l~[indestgewicht erreicht hat,

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das gleich dem Gewicht des l~esttropfens ~- dem Gewicht des abfallenden Tropfens ist (Sb). Da die Abschnt~rungsdauer und das Gewicht des Rest- tropfens unabhi~ngig yon der Tropfenbildungsdauer sind (lb, 2b), fiihr~ dies zu der naheliegenden Folgerung, daft der Gewichtszuwaehs des dynami- schen Tropfens gegen den quasistatischen Tropfen bed]ngt ist dureh ein zus~itzliehes EinstrSmen yon Fliissigkeit in den Tropfen w~hrend der Ab- schnflrungszeit, und daft dies ZustrSmen in um so grSfterer Menge erfolgt, j e grSSer der Uberdruek an der ZufluBkapillare ist, d.h. je kiirzer die Tropfenbildungsdauer gew~hlt wird. Grunds~tzlich kann man also den ansteigenden rechten Teil der Tropfengewichtskurve erklaren dutch ein NachstrSmen yon Fliissigkeit w~hrend der Abschnilrungszeit. Mit dieser Vorstellung l~ftt sieh aber aueh eine Reihe der i~brigen Einzelergebnisse ganz gut versti~ndlieh maehen. Bei der spontanen Abschniirung sind die wirkenden I<riifte die OberflAchenspannung einerseits, das Tropfengewicht, die Tr~gheit der zu verdr~ngenden Fliissigkeitsteile und ihre innere Reibung anderseits. Die beiden letzteren wirken dem Absehniirungsvorgang ent- gegen, und je grSfter insbesondere die innere Reibung ist, desto grSfter ist die Abschniirungsdauer. Dies macht verstiindlieh, warum und wie die Lage und GrSfte des Maximums yon der ilmeren Reibung abhiingen (2a, 3a) und versti~ndlich W~lrde zugleieh sein, warum eine VergrSBerung der Ober- fliichenspannung in umgekehrter Richtung wie eine VergrSfterung der inneren Reibung sieh auswirkt (2a, 4a). Man kann aber nun aueh ver- stehen, warum bei abschmelzenden St~ben der mit abnehmencler Tropfen- bildungsdauer ansteigende Ast der Tropfengewiehtskurve fehlt; denn bier ist nicht wie bei einer Kapfllare und einer Fliissigkeit ein Substanznachstrom mSglich.

Die Vorg~nge links vom Maximum, we das Tropfengewieht das des quasistatischen Tropfens sogar unterschreiten kann (la), miissen offenbar grunds~itzlieh anderer Art sein als die eben gesehilderten; sie kSnnen rechts vom Maximum keine merkliche Rolle spielen und k5nnen vor allem sich nicht allein w~hrend der Absehniirungszeit abspielen. Es mul3 vielmehr irgendein Umstand den Eintritt der Tropfenlabilitat bedingen sehon in einem Stadium, in dem der Tropfen noch nicht das an sich hierzu erforder- liche Gewicht erreieht hat. Einen Hinweis darauf, weleher Art diese Vorg~inge sind, gibt nun die Beobaehtung iiber die StrSmungsvorg~inge iln Tropfen (4b) Der durehgehende Fliissigkeitsstrahl wird n~imlieh im Tropfenseheitel abgebremst und verursaeht einen Zusatzdruek, so daft die spontane Ab- schnfirung schon friiher einsetzen kaml als bei pilzfSrmig divergierenden StrSmungslinien. Damit wiirde auch iibereinstimmen, daft mit zunehmender

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innerer Reibung ~ friiherer Zersplitterung des Fltissigkeitsstrahles das

Maximum zu kleineren Tropfenbildungsdauem rtiekt. Aueh die in der

Literatur zu findenden Befunde fiber die Abh~ngigkeit des Auftretens eines Maximums yore inneren Kapillarendurchmesser wtirden verstiindlieh

werden; denn bei weiten Kapillaren wurde kein Maximum gefunden und es ist bei diesen eet. par. die EinstrSmgeschwindigkeit - - falls tiberhaupt eine

Strahlbildung eintritt - - kleiner als bei engen.

6. Literatur. In der folgenden Liste sind aus dem ausgedehnten und

recht zerstreuten Sehrifttum die wichtigsten einschl~gigen Arbe~ten zu-

sammengestellt :

(1) F r a n k e n h e i m , Die Lehre der Cohesion. Breslau 1835; H a g e n , Pogg. Ann. 67, 1 u. 152, 1846. -- (2) Leba igue , Journ. de Pharm. et de Chim. 7, 81, 1868. -- (3) H a n n a y , Proc. Roy. Soc. Edinburgh 20, 437, 1895. -- (4) Ros se t , Bull. Soe. Chim. Paris 23, 7, 1900. -- (5) Guye u. P e r r o t , Arch. de Geneve 8, 590, 1899; 1], 225 u. 345, 1901; 13, 80, 1902; 14, 699, 1902; 15, 132, 1903; Compt. Rend. 132, 1043, 1901; 135, 459 u. 621, 1902. -- (6) V a i l l a n t , Compt. Rend. 158,936,1914; 161,384,1915. -- (7) L' Abonnee , Compt. Rend. 164, 402, 1917. -- (8) Adler , Phys. ZS. 35, 864, 1934. -- (9) E d g e s t o n , H a u s e r u. T u c k e r , Joum. Phys. Chem. 41, 1017, 1937.

Dem Stifterverband der Deutschen Forschungsgemeinschaft danken

wit fi)r die Gew~hrung Yon Mitteln, die dem einen yon uns den Aufenthalt

in Greifswald erm5glichte. Ein Tell der benutzten Apparate konnte be-

schafft werden aus Mitteln, die yon der Helmholtz-Gesellschaft und yon der

Abteilung Industrie der Siemens-Schuckertwerke zur Verfiigung gestellt

waren; aueh bier wollen wir dafiir unseren Dank aussprechen.