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XX. Aus der medieinisehen Klinik za Wtirzburg. Ueber die Ausseheidungssti~tten des Aeetons und die Bestimmung desselben in der Athemluft und den Hautaus- dUnstungen des Mensehen. Von Privatdocent Dr. ffohannes ~filler. (Zum Theil nach gemeinschaftlich mit Herrn Stabsarzt Stammler unter- nommenen u (Mitt Abbildung.) Durch zahlreiehe Arbeiten sind wir zwar im Allgemeinen dartiber belehrt, bei welchen pathologischen and physiologisehen Zust~inden Aeeton im Harn vorkommt, jedoeh siud die n~iheren Umsti~nde, die zur vermehrten Aeetonbildung und Ausscheidung ftihren, noeh ebenso unbekannt wie die Muttersubstanzen dieses Stoffes. An eine be- friedigende L(isung dieser noeh offenen Fragen, deren interesse stets ein reges sein wird~ well wit yon ihrer Klitrung auch eine genauero Einsieht in das Wesen des Diabetes mellitus erhoffea dtirfen, ist nun meines Eraehtens nicht eher zu denken, his wit Kenntniss fiber alle Ausseheidungsst~ttten des Aeetons und zugleieh die ni~thigen Bestimmungsmethoden besitzen. Diese Vorfragen dr~ngten sieh mir auf, als ieh vor li~ngerer Zeit anfing, mieh mit Versuchen tiber den Ursprung des Acetons zu beschi~ftigen, und die Aufgabe dieser Zeilen sell es sein, meine Er- fahrangeu in diesea Punkten mitzutheilen. Dass die ~qieren nicht die einzige Ausseheidungsstatte des Acetons sind, weiss man schon seit den Untersuchungen yon R u p s t e i n, D e i e h -

Ueber die Ausscheidungsstätten des Acetons und die Bestimmung desselben in der Athemluft und den Hautausdünstungen des Menschen

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XX.

Aus der medieinisehen Klinik za Wtirzburg.

Ueber die Ausseheidungssti~tten des Aeetons und die Bestimmung desselben in der Athemluft und den Hautaus-

dUnstungen des Mensehen.

Von

Privatdocent Dr. ffohannes ~filler.

(Zum Theil nach gemeinschaftlich mit Herrn Stabsarzt Stammler unter- nommenen u

(Mitt Abbildung.)

Durch zahlreiehe Arbeiten sind wir zwar im Allgemeinen dartiber belehrt, bei welchen pathologischen and physiologisehen Zust~inden Aeeton im Harn vorkommt, jedoeh siud die n~iheren Umsti~nde, die zur vermehrten Aeetonbildung und Ausscheidung ftihren, noeh ebenso unbekannt wie die Muttersubstanzen dieses Stoffes. An eine be- friedigende L(isung dieser noeh offenen Fragen, deren interesse stets ein reges sein wird~ well wit yon ihrer Klitrung auch eine genauero Einsieht in das Wesen des Diabetes mellitus erhoffea dtirfen, ist nun meines Eraehtens nicht eher zu denken, his wit Kenntniss fiber alle Ausseheidungsst~ttten des Aeetons und zugleieh die ni~thigen Bestimmungsmethoden besitzen.

Diese Vorfragen dr~ngten sieh mir auf, als ieh vor li~ngerer Zeit anfing, mieh mit Versuchen tiber den Ursprung des Acetons zu beschi~ftigen, und die Aufgabe dieser Zeilen sell es sein, meine Er- fahrangeu in diesea Punkten mitzutheilen.

Dass die ~qieren nicht die einzige Ausseheidungsstatte des Acetons sind, weiss man schon seit den Untersuchungen yon R u p s t e i n, D e i e h -

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m u l l e r und anderen 1). Alle diese Forscher konnten das Vorkommen yon Aceton in der Athemluft naehweisen, ihre Methoden gestatteten ihnen aber nieht die quantitative Bestimmung. Auch in neuester Zeit, naehdem ieh meine Methode bereits ausgebildet und ltinger benutzt hatte, sind 2 Arbeiten erschienen, die auf die Nothwendigkeit hin- weisen, bei Untersuehungen fiber die Acetonausscheidung stets auf die Exhalationen zu aehten, da im Urin nur ein Bruchtheil, und zwar manchmal ein ganz unbedeutender Bruchtheil des im Ganzen ausgesehiedenen Acetons zu finden ist, der durchaus keinen sieheren Maassstab fur die Gesammtmenge gew~ihrt. So fund N e b e l t h a u ~), dass eine in vorgeschrittenem Zustande chronischer Inanition befind- liche Kranke in einer Stunde die erhebliche Menge yon ca. 0715 g Aceton ausathmete. Auf den Tag berechnet macht das 3,6 g, w~thrend in der 24sttindigen Urinmenge nur ca. 0,35 g, also der zehnte Theil des exspirirten Acetons gefunden wurde. N e b e l t h a u sachte das Aceton dadureh zu gewinnen, dass er dutch eine mit Eis gekUhlte Vorlage, die Jod-Jodkalium in alkalischer Liisung enthielt, 20 Mi- nuten athmen liess. Das dabei gebildete Jodoform wurde abfiltrirt, getrocknet und gewogen. Eine n~here Beschreibung des gebrauchten Apparates feh]t, and bezffglieh der Genaaigkeit der Methode meint : N e b e l t h a u selbst, dass dabei Verluste nicht zu vermeiden waren.

Jttngst publicirte dann noch G e e l m u y d e n :~) Versuche, die gleichfalls die Bedeutung der Lungen als Ausscheidungsstatte des Acetons hervorheben. Er spritzte Kaninehen and jungen Hunden Aceton subeutan ein und fund yon der gegebenen Menge wiihrend der folgenden 2--4 Tage 26,5--74,9 Proc. in der Athemluft wieder, dagegen im Ham nur 0,2--20,! Proe. G e e l m u y d en bediente sich bei seinen Untersuehungen eines Apparates, der dem grossen V o l t -

1) Siehe F. Rups te in , Ueber das Auftreten des Acetons beim Diabetes mellitus. Centralbl. f. die reed. Wiss. 1874. S. 865 if. -- Deichmtil ler , Dissert. Inaug. G6ttingen 188l. Cit. nach v. Jaksch. -- Hilger, Ueber den Nachweis der Aethyldiacetsi~ure im Harn. Annul. der Chemie Bd. CXCV, S. 317. Le Nobel, Ueber die jodoformbildenden K6rper in d. Exspirationsluft d. Diabetiker. Central- blatt f. d. reed. Wiss. 1884. S. 420. -- Albertoni 9 Die Wirkung und die Ver- wandlung einiger Stoffe etc. Arehiv f. experiment. Pathol. u. Pharmuk. Bd. XVIII, S. 230. -- v. Jaksch , Ueber Acetonurie und Diaceturie. Berlin 1885. -- Wein - t r aud , Ueber die Ausseheidung yon Aceton etc. Archiv f. experiment. Pathol. u. Pharmak. Bd. XXXIV~ S. 169.

2) Ein Beitrag zur Kenntniss der Acetonurie. Centralbl. f. inn. Medicin. 1897. Hr. 38.

3) Ueber Aceton als Stoffwechselproduct. Zeitschriit f. physiol. Chemie :Bd. XXIIt, S. 431 ft.

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P e t t e n k o f e r ' s c h e n Respirationsapparat nachgebildet ist. Es wird Luft durch einen Kasten~ in dem sich das Versuchsthier befindet~ mit einer Wasserstrahlpumpe durchgesaugt und nach Befreiung yon der CO2 durch eine Gasuhr gemessen. Von dieser HauptleituDg geht eine Zweigleitang ab, die zu einem Kalirohr behufs Absorption der CO.~, dann zu einem Verbrennungsrohr mit gltihendem Kupferoxyd and sehliesslich za einer P e t t en k o f e r'schen AbsorptionsrShre mit titrirtem Barytwasser ftihrt. Durch eine Gasahr wird auch die Luft der Zweigleitung gemessen und auch hier die Ventilation durch eine Wasserlaftpumpe besorgt. Das die Zweigleitung passirende Aeeton wird zum Theil in der Kalir~hre absorbirt und hier naeh dem ~Iess inger ' sehen Verfahren titrirt. Der Rest wird in dem Ver- brennungsrohr zu CO., and H:O verbrannt and dieser Theil als C0.~ in der Barytr~hre bestimmt und auf Aeeton umgereehnet. Dutch entspreehende weitere Umrechnungen wird dann die Gesammtmenge des ausgeathmeten Acetons bestimmt.

Dieser im Princip wohl fehlerfreie Apparat hat den grossen Vor- theil, dass man damit tiber mehrere Tage sieh erstreckende Beob- aehtungen anstellen kann. Die nothwendigen Auswechselungen der Absorptionsr~hren nehmen nut kurze Zeit in Ansprueh, so dass da- dutch keine UnterbrechuDg des Versuehes bedingt wird. FUr klinische Zwecke ist er abet nieht brauehbar, da seine Herstellung in einer ftir Mensehenversuehe geeigneten Gr~sse die Mitre1 der meisten klinischen Laboratorien abersteigen wUrde. Ausserdem ist sein Ge- braueh ein reeht umst~indlieher, wie alle Versuehe, bei denen Gas- messungen vorgenommen werden mttssen. Diese Grtinde haben wohl aueh G e e 1 muy d e n gezwungen, auf die Anwendung des Apparates bei seinen sp~iteren Mensehenversuehen zu verziehten und sieh auf die nut sehleeht verwerthbaren Resultate der Urinuntersuehungen zu besehr~inken.

Da nun die hTebe l thau ' sehe und die G e e l m u y d e n ' s e h e Arbeit zeigen, wie rege zur Zeit wieder das Interesse der Frage naeh dem Ursprnng des Aeetons geworden ist, so will ich einstweilen meine Methode zur Bestimmung des Aeetons in der Athemlaft des Mensehen bekannt geben, indem ieh mir vorbehalte, tiber die mit derselben gewonnenen Resultate hinsichtlieh des Ursprunges des Acetons in einer demnaehst folgenden Arbeit zu beriehten.

Nachdem ieh reich dureh einige Vorversuehe Uberzeugt hatte, dass sowohl beim Diabetes mellitus, als aueh bei der sogenannten physiologisehen Aeetonurie naeh Aussehluss der bTahrungskohlehydrate eine nieht unbedeutende Ausseheidung yon Aeeton dureh die Lungen

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stattfindet, suehte ich diese Acetonmenge zu bestimmen, indem ich sie in destillirtem Wasser auffing und dann naeh dem M e s s i n g e r - sehen Verfahren direct titrirte. Ieh bediente mich dabei zuerst einer ca. I m langen und 8 cm weiten, mit Glasperlen gefUllten GlasrShre~ dureh welehe die Versuehsperson ausathmete. Dureh diese R0hro rieselte in entgegengesetzter Richtung ein langsamer Strom destil- lirten Wassers, der das Aeeton aus den Exhalationen absorbirte und in ein untergestelltes Gefi~ss ftihrte.

v Ventilanordnung. G Gummisack. A Absorptionsapparat. Au die letzte Woulf'sche Flasche ist der

Geigel-Mayr'sche Ventilator a12geschlossen zu denken.

Dieser Apparat erwies sich fUr die m~ssigen Luftmengen, wie sie bei Versuchen mit kleinen Thieren in Betracht kommen, als v011ig tauglich, es wurde alles Aceton~ wie eine angeschlossene Vor- lage bewies, dureh die Perlenr0hre zurtlckgehalten; bei den stoss- weise durchtretenden, gr0sseren Exspirationsquanten des Mensehen war aber die Absorption nicht vollst~ndig. Ich erdachte mir des- halb die folgende Anordnung.

Die Exspirationsluft wird durch gentigend weite R(ihren dureh

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vier Woul f ' s che Flaschen yon je 1/2 Liter Inhalt gelcitet. Diese Flaschen sind zur Hiilfte mit destillirtem Wasser gcflillt. Das Zu- leitungsrohr jeder Flasche reicht bis zum Boden, das Ableitungsrohr ist kurz~ tr~igt einen Kugelaufsatz und steht durch einen Gummi- schlauch mit der folgendcn gleichartigen Flasche in Verbindung. Alle 4 Flaschcn befinden sich in ether arts kleinen Eissttieken und Kochsalz bereiteten Kiiltemischung. In dem stark gekiihlten Wasser wird bet Einhaltung gewisser Bedingungen (s. w. u.) si~mmtliches Aceton zurtickgehalten und kann nach dem M es s in g e r'schen Ver- fahren direct titrirt werden. Um nun den Exspirationsstrom aus einem stossweisen in einen gleichfSrmig fliessenden nmzuwandeln, sebaltete ich vor diese vier Woulf ' schen Flaschen als Windkessel einen ca. 3 Liter fassenden dtinnen Gummisack (grSsste Nummer der gebriiuchliehen Eisbeutel, der aber keine StoffhUlle haben darf, da er sonst zu schwer beweglich wird), ein mit HUlfe eines doppelt durchbohrten, grossen Korkstopfens.

Die Trennung der In- und Exspirationsluft wird durch eine Ventilanordnung besorgt, die ich dem G e p p e r t - Z u n t z ' s c h e n Re- spirationsapparat entlehnt habe. 1) Mit Vortheil ersetzte ieh die leieht verderbenden Diirme dutch die dauerhafteren, aber gleich leieht bewegliehen Gummicondomblasen, die ich mit verdtinntem Glycerin bcfeuchtete.

Der dureh diese Ventilanordnung in den GummibaIlon und dann in die Woulf ' sehen Flasehen eintretende Exspirationsstrom findet hier in dem Wasserdruck ein Hinderniss, das dureh eine geeignete Aspirationsvorrichtung beseitigt werden muss. Nach yon mir an- gestellten Versuchen gentigt sehon ein Wasserdruck yon S--10 era, um auf die Dauer stark ermtidend zu wirken. Zugleich beeinflusst ein solches Hinderniss den Respirationsmodus in mannigfacher Weise, so dass eine Uebertragung der so am Apparat gefundenen Werthe auf die tibrige Zeit, in der auf nattirliehe Weise geathmet wird, un-

statthaft ist. Die Aspirationsvorrichtung muss also derart besehaffen sein, class sic E x s p i r a t i o n s v o l u m i n a de r v e r s e h i e d e n s t e n G r S s s e zu b e w a l t i g e n im S t a n d e i s t , und, da Sehwankungen in der ExspirationsgrSsse auch wiihrend ein und desselben Versnches leicht eintreten k~nnen, so muss aueh die M(iglichkeit gegeben sein, die Aspirationskraft diesen Schwankungen r a s e h a n z u p a s s e n . Die yon mir zuerst benutzten Wasserstrahlpumpen yon der GrCisse,

1) Zu beziehen durch die Gasmesserfabrik von S. Elster~ Berlin, ~Neue K6nigstrasse 69.

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wie sie in den Laboratorien Ublich sind, erwiesen sich gleich als unbrauchbar. Sie aspiriren zwar mit grosser Kraft, abet bewaltigen nur sehr wenig Luft, so dass selbst drei gleichzeitig angeschlossene Pumpen noch nicht gentlgten. - - Einen mcinen BedUrfnisscn voll- kommen cntsprechendeu Aspirator fand ich nun in dem der Klinik gehSrigen G e i g el- M a y r 'schen SehiJpfradventilator 1), dem bekannten Apparat zur pneumatischen Behandlung der Bronchitis, Lungen- schrumpfung etc. Dieses Instrument bewiiltigt selbst in tier kleineren Ausftihrung gentigend grosse Luftmengen und kann den in den vier Wo ulf'schen Flaschen gegebencn Wasscrdruck Uberwinden. Zudem kann man durch schnellcres oder langsameres Umdrehen des SchSpf- fades and durch Oeffnen yon Nebenhahnen die Aspirationskraft jeden Angenblick nach Belieben regeln.

Habe ieh die letzte Woal f ' sche Flasche dutch einen Gummi- schlauch mit diesem Ventilator verbunden, so kann ich leicht die Aspiration so einrichten~ dass die Exhalationsluft ohne nennenswerthen Widerstand das zweite Ventil, den Gummisack and das Wasser in den vier WoulCschen Flaschen passirt. Die Beobachtung des Gummisackes und des zweiten Ventils zeigt mir stets an, ob ich die Aspirationsstarke richtig gewahlt habe. Ist der Gummisack starker gebl~iht, und wird das zweite Ventil bei der Inspiration des Versuchs- individuums tiefer eingezogen, so ist mir das ein Zeichen, dass nieht gentigend aspirirt wird. Erseheint umgekehrt der Gummisack zu- sammengeprcsst, nnd bleibt das zweite Ventil auch wahrcnd der Inspiration der Vcrsuchsperson often, so zeigt das eine zu kraftige Aspiration an, was auch yon Schaden sein kann, wie welter unten ausgeftihrt werden soll.

An diesem Apparat kann ein Mensch mit zugeklemmter blase dutch das bekannte Mundsttick yon weiehcm Gummi eine Stunde und langer ohne Beschwerden athmen. Es ist mir 5fter vorgekommen, dass die Versuchspersonen am Apparat eingeschlammert sind. Iqur den sich ansammclnden Speichel muss man von Zeit zu Zcit ab- lassen oder dutch eine eingesehobene Flasche seine Ansammlung in den RShren verhtiten. 2) __ Da die Versuchsperson abet durch den Apparat an eine gewisse Stellung gebunden ist, so kann man die Versuche nattirlieh nieht ohne Unterbrechung tiber viele Stunden

i) Derselbe wird geliefert yon der mechanischen Werkst~tte der Wtirzburger Kreisrealschule.

2) Den Speichel babe ich einige Male auf Aceton untersucht; ich t'and aber hSchstens Spuren~ die nicht von Belang sind.

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ausdehnen~ denn kein Mensch kann ohne grosse Besehwerde eine bestimmte Stellung langer als eine gewisse, individuell versehieden grosse Zeit einhalten.

Ich kann also, wie beim G e p per t- Z u n t z'schen Apparat, die Aeetonbestimmungen nur ftir ktirzere Zeitr~iume ausfiihren und muss die Ausseheidung ftir l~ingere Perioden durch Rechnung aus dem Mittel yon verschiedenen Bestimmungen, die sich miigliehst gleieh- m~ssig auf die Periods vertheilen, gewinnen.

Ich .habe es ffir zweckm~issig gefunden, die Dauer des einzelnen Versuches nicht fiber 20--30 Minuten auszudehnen, und zwar aus folgenden Grfinden. - - Tritt die Exspirationsluft dutch das eiskalte Wasser der vier Woulf ' schen Flaschen, so wird bei Weitem der griisste Antheil des exhalirten Acetons zun~ichst in der ersten Flasehe zurilekgehalten. Da das Aeeton aber keine feste Verbindung mit dem Wasser eingeht, so kann natfirlich nicht verhiitet werden, dass wegen der grossen Mengen durchstreiehender Luft and der lebhaften Erschtitterung des Wassers allm~hlich immer kleine Mengen wieder abgegeben werden. Diese werden zwar in den nacbsten Flaschen wieder aufgebalten, aber das hat seine Grenzen. Schliesslich geht bei weiterer Ausdehnung des Versuches Aceton verloren. D i e A b s o r p t i o n d e s A e e t o n s k a n n nur dann a l s v o l l s t ~ t n d i g a n g e s e h e n w e r d e n , wenn in de r l e t z t e n W o u l f ' s c h e n F l a s c h e s i ch ga r k e i n A c e t o n o d e r nur w i n z i g e M e n g e n in e i n e r h e r a u s g e n o m m e n e n P r o b e von e i n i g e n ccm mi t d e r L i e b e n ' s c h e n R e a c t i o n n a c h w e i s e n l a s sen .

Die ausserordentliche Scb~rfe dieser Reaction l~sst sich nach meinen Erfahrungen noch dadureh wesentlich erhShen, dass man sie in Form einer Schichtprobe anstellt. Ieh verfahre dabei so, dass ich in einem Reagensrohr 5--6 ccm der Flfissigkeit mit einigen Tropfen Jod-JodkaliumliJsung versetze and dann an der Wand des schriig gehaltenen Riihrehens ca. 2 ccm starke Natronlauge (spec. Gew. 1,34) langsam herunterlaufen lasse. Selbst die geringsten Spuren Aeeton lassen sieh dann durch einen an der Grenze der beiden Flfissigkeiten auftretenden Jodoibrmring erkennen. Ist nach 5 Mi- nuten bei scharfer Beobachtung kein Ring wahrnehmbar geworden, so kann nach meinen Erfahrungen in den 250 ccm Inhalt hSchstens 0~3--0,4 mg Aeeton enthalten sein. Diese winzigen Mengen kiinnen sich aber noeh durch den Jodoformgeruch v e r r a t h e n . - F~llt bei solehem Verfahren der Acetonnachweis in der letzten Flasche negativ aus, so habe ich die Gewissheit, dass das Aceton bis auf wenige Procente (nach meinen Beobachtungen 4--7 Proe.) vollst~indig in dem

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Wasser absorbirt wurde. Dies wird nach meinen bisherigen Er- fahrungen sieher erreieht, wenn man den Versuch nieht fiber 25--30 Mi- nuten ausdehnt. Man muss sich nur darer htiten, unn(ithig grosse Quantitaten Luft dureh den Apparat zu ziehen, was bei der oben beschriebenen Beaehtunff yon Gummisack und zweitem Ventil leieht vermieden werden kann. Will man den Versuch langer ausdehnen, so muss man entweder die gebrauchten W oulf 'sehen Flaschen aus- und eine neue Serie Flasehen nebst Ktihlapparat einschalten, welehe Ausweehselung in wenigen Seeunden ausfiihrbar ist, oder man muss yon vorn herein eine gr(issere Anzahl Flaschen nehmen.

~qach Sehluss des Versuches wird das Wasser tier W oulf 'schen Flasehen vereinigt und mit einem Theil desselben oder der ganzen Menge in entspreehend grossen Flasehen mit eingesehliffenem Glas- st(ipsel die Titration nach M e s s i n g e r vorgenommen. Handelt es sieh um einen einzelnen Versueh, so muss man Gummisaek und Ventil- apparat mit etwas destillirtem Wasser nachspUlen. Bei fortlaufen- den Versuehsreihen kann man letzteres unterlassen. - - Haufig han- delt es sich um die Titration weniger Milligramme Aeeton, und man muss nattirlieh recht sorgfaltig verfahren, um diese geringen Mengen auch vollstandig zu finden. Ieh habe bemerkt, dass es vortheilhaft ist, bei der Ueberftihrung in Jodoform die Liisung sehr stark alka- liseh zu maehen und die Misehung langere Zeit - - eine halbe Stunde und mehr - - stehen zu lassen. Aueh alas yon H u p p e r t empfohlene SehUtteln seheint die Jodoformbildung zu besehleunigen.

Die mit der Athemluft in bestimmten Zeitraumen ausgeschiedenen Aeetonmengen sind nun yon versehiedenen Umstanden abhangig.

1. Von dem Gehalt des Blutes an Aeeton (oder Acetessigsaure), resp. yon der im K(irper sich bildenden Aceton- (Diaeetsaure)menge. Je reieher der Acetongehalt des Blutes, oder je mehr Aceton in der Zeiteinheit im K~rper gebildet wird, desto mehr Aceton muss auch yon der Lungenoberfiaehe abdunsten.

2. Von der Gr(isse tier Lungenventilation. Die Abdunstung des Acetons aus den Capillaren der Lungenoberfiaehe wird um so starker vor sieh gehen, je niedriger die Aeetondampfspannung in der Alveolar- luft ist und vice versa. Und der Gehalt der Alveolarluft an Aceton steht nattirlieh im umgekehrten Verhiiltniss zur Gr~isse der Lungen- ventilation. - - So fund ieh z. B. in der Athemluft eines Diabetikers bei ruhiger Athmung 1473 mg Aceton pro hera, und als dann die Lungenventilation willktirlich mSglichst verstarkt wurde, 17 mff pro hera.

Indess wird eine Vergr(lsserung der Lungenventilation nut vor-

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Ubergehend die Ausscheidung des Acetons vermehren kiinnen, denn es muss infolge der vermehrten Abdunstunff nattirlich allmiihlieh aueh der Gehalt des Blutes an Aceton sich verkleinern, und damit wird wieder die Ansseheidnng durch den Athem sinken.

Diese Verhiiltnisse muss man bet der Anstellung der Athemver- suche berUcksichtigen. Wit sind ja gezwungen, die Gesammtausschei- dung in 24 Stunden aus einer Reihe yon kurzen Versuchen zu be- rechnen, und diese Berechnung wird nur dann eine anni~hernd rich- tige sein, wenn die bet den Versuehen stattfindende Lungenventilation ungef~hr der mittleren Ventilation eines ganzen Tages entspricht. Es ware also beispielsweise verkehrt, die im Liegen der Versuchsperson bet viilliger Muskelruhe und im niichternen Zustand stattfindende niedrigste Ventilation als Grundlage der Berechnung zu wahlen, wie dies bet Bestimmung des respiratorisehen Gasweehsels sonst ablich ist. Wir wUrden dabei zu niedrige Zahlen bekommen. Andererseits warden wit bet aufreehter Stellung und starken willktirliehen Bewe- gungen eine zu hohe Ziffer erhalten. Ich habe deshalb als Norma l - w e r t h jenen angesehen, den ich bet s i t z e n d e r S t e l l u n g u n d A u s s c h l u s s yon K S r p e r b e w e g u n g e n gewann.

3. Beim Gebrauch des Apparates ist nun ferner genau darauf zu aehten, dass die Versuchsperson in jedem Augenblick ohne Wider, stand exspirirt, was leicht am Gummisack und dem 2. Ventil erkannt werden kann. Jede Erhi~hung der Spannung der Alveolarluft muss nattirlieh die Acetonabdunstung stark beeinflussen, wie folgender Ver- such beweist: Ein Diabetiker scheidet nach einem viertelsttindigen Versuch bet ruhiger Athmung ohne Widerstand 13~6 mg Aceton pro hora aus. Hierauf wird die Aspiration durch langsameres Drehen des Ventilators verringert, so dass der Gummisaek sich dauernd in ziemlich stark geblahtem Zustand befindet. Die Exspiration ist hier- dureh erschwert, und es stellcn sich wlihrend des viertelstUndigen Ver- suches leichte Zeiehen yon Dyspnoe ein. Die Acetonausscheidung betrug jetzt nut 777 mg pro hora.

Ueber die mit diesem Apparat bet versehiedenen physiologischen und patl~ologisehen Zusti~nden gewonnenen Acetonmengen kann ich nur einige vorl~tufig e Mittheilungen maehen, da meine Versuehe in dieser Riehtung noeh nieht abgeschlossen sind. Als bemerkenswerth muss ieh zunaehst erw~thnen, dass ich bis jetzt bet allen gesunden und vollern~thrten Personen, die ich untersuchte, kleine Mengen jodo-

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formbildender Substanz in den Exhalationea land t). Diese Mengen schwankten Zwischen 1,3 und 3,3 mg Aceton pro hora. Um mieh vor dem Fehler zu bewahren, dass etwa genossener Alkohol als Aceton in der Athemluft bestimmt wurde, liess ich die Versuehspersonen in den vorausgehenden 24 Stunden sieh jedes geistigen Getriinkes ent- halten. Wein, in m a s s i g e n Mengen genossen, seheint die jodoform- bildenden Substanzen irides nicht einmal zu vermehren, wie mieh ein Versueh lehrte, bei dem ich 1/4 Stunde vorher 1/4 Liter fr~inkisehen Rothwein trinken liess.

Bei Diabetikem und solehen Gesunden, denen die Nahrungs- kohlehydrate entzogen waren, land ieh bis jetzt Werthe bis 20 mg Aeeton pro hora. - - Ganz enorm war die Ausseheidung dutch den Athem, wenn ich Gesunden Aceton per os verabreiehte. Naeh Ein- nahme von 3,8 g Aceton warden in der 1. StUude~ selbstverst~ind- lieh naeh grUndlieher Aussptilung der MundhShle~ 130 mg Aeeton wie- der ausgeathmet.

Irgend welchen Parallelismus zwisehen der Ausscheidung durch die l~ieren und der dutch die Lungen, konnte ieh ebensowenig wie G e e l m u y d e n entdeeken. G e e l m u y d e n fand, dass beim Kanin- chen yon subcutan verabreichtem Aceton 0 ,2- -20 Proc. wieder im Urin erseheinen. Wenn man Mensehen untersueht, findet man die Sehwankungen noch ungleieh bedeutender. - - Ein Diabetiker schied reffelmiissig den weitaus griisseren Theil des Aeetons mit dem Ham aus, wahrend bei Gesunden, sowohl bei g'emischter als bei Fett- Eiweisskost, gewiihnlich mehr Aceton mit dem Athem den KSrper ver- liisst. - - Gab ieh Gesanden Aeeton, so wurde der weitaus gri~ssere Theil im Athem gefunden.

Es scheint demnaeh ein gewisser Gegensatz zwischen Diabeti- kern und Gesunden zu bestehen, doeh sind meine Untersuehungen noch nicht gentlgend aasgedehnt, um dies bestimmt aussprechen zu k~nnen. Ich hoffe~ in ni~chster Zeit das zur Entseheidung dieser Fra- gen nSthige Material zu gewinnen~ und behalte mir einstweilen die Bearbeitang derselben vor.

U n t e r s u e h u n g e n t iber d ie A u s s e h e i d u n g des A e e t o n s d u t c h d ie Haut .

Iqachdem ieh die Bedeutung der Lunffen als Ausseheidungsst~tte des Acetons erkannt hatte~ wandte ieh reich der Fraffe zu, ob nicht

1) Auch v. Jaksch (a. a. O. S. 41) erw~hut bereits~ dass es ihm gelungen sei, Spuren jodoformbildender Substanz in den Exhalationen yon gesunden Indi- viduen~ die Wochen lang keinen Alkohol genossen batten, zu fiaden.

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auch die Haut als Ausscheidungsorgan in Betraeht k~tme. Ich stellte mehrere Versuche mit Personen an~ die 3--4 g Aceton per os ge- nommen hatten, indem ich ihnen die grtindlich ges~iuberten Arme mit Guttaperehapapier luftdicht umhtillte. Nach mehreren Stunden spUlte ieh den unter tier Guttaperehasehicht befindliehen Schweiss mit etwas destillirtem Wasser ab und untersuchte dieses mit Htilfe der L i e b e n - schen Probe. Ich fand deutliche Jodoformbildung. Als ieh aber zur niiheren Priifung die Fltissigkeit destillirte and die 1. Portionen des Destillates wieder naeh L i e ben untersuehte, fand ieh darin eine entsehieden schw~chere Jodoformbildung als im Rtickstand. Es handelte sich also in der Hauptsaebe um andere Substanzgn und nieht um Aceton.

Dieser Sehluss wurde weiter best~itigt, als ieh in gleieher Weise den Sehweiss vom Gesunden untersuehte, die kein Aeeton genossen hatten. Aueh hier erzielte ieh mit der Sptilfltissigkeit deutliche Jodo- formbildung.

Um nun diese st(irenden, schwerfltiehtigen Substanzen des Sehweisses auszusehalten, und um zugleich Anhaltspunkte tiber die GrOsse der etwaigen Aeetonausscheidung dureh die Haut zu gewinnen, wiederholte ieh diese Versuehe in anderer Anordnung. Ieh setzte eine gesunde Person, die eine griissere Menge Aceton per os eine Viertelstunde vorher genommen hatte, in fast ganz entkleidetem Zu- stand unter eine grosse cylindrische Bleehdose. Diese wurde am Boden durch Eintauehen in Wasser gegen die Aussenluft abgesehlos- sen. Die blase wurde zugeklemmt, die Athemluft dutch den Mund and einen Gummisehlaueh nach aussen geftihrt, so dass niehts davon sieh der Luft im Inneren der Blechdose beimischen konnte. Dann wurde mit Htilfe des Ge ige l -Mayr ' s ehen Ventilators reine, aus dem Freien stammende Luft durch 20effnungen der Bleehdose durch diese durehgesaugt und weiterhin zu 4 Woulf ' schen Flaschen ge- ftihrt. ~) Naeh 30 Minuten untersuehte ieh das in den Woulf 'schen Flaschen befindliehe Wasser and konnte darin selbst mit der Sehicht- probe keine Jodoformausscheidung eonstatiren. Nur ein sehwacher Jodoformgeruch verrieth, dass Spuren yon Aeeton tibergegangen waren.

Als ieh spAter den Versuch mit mir selber ftir eine Stunde wieder-

1) Die oben beschriebene, dem physiologischen Institute gehSrige Blechdose wurde mir yon Herrn Geheimrath F i ck zur Verfiigung gestellt. Bei der Ausftihrung dieses Versuches erfreute ich reich der liebenswiirdigen Unter- stiitzung des Herrn Collegen Gfirber. Beiden Herren spreehe ich meinen besten Dank aus.

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holte, um ganz sicher zu sein, dass sich keine Exspirationsluft der Luft in der Blechdose beimischte, land ich mit der Ringprobe eine eben erkennbare Jodoformausscheidung.

Es f i n d e t a l so d u r c h die H a u t n u t e ine i t u s s e r s t ge- r i n g e A u s s c h e i d u n f f yon A c e t o n s t a t t , die bei q u a n t i t a - r i v e n U n t e r s u c h u n g e n mi t R e c h t v e r n a c h l a s s i g t w e r d e n kann. Es g e n t i g t , d a s A c e t o n d e r A t h e m l u f t u n d d e s U r i n s zu b e s t i m m e n .