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1957 ST. GOLDSCHMIDT, R. RIEDLE und A. REICHARDT 121 Temperaturkoeffirient der Reaktionsgeschwindigkeit in m-Xylol (um 90") Aktivierungsenergie: UBER DIE BISDIPHENYLENFULGIDE UND DIE SPALTUNG DER BISDIPHENYLENFULGENSAURE IN OPTISCH AKTIVE KOMPONENTEN von STEFAN GOLDSCHMIDT, RUDOLF RIEDLE und ALFRED REICHARDT Herrn Kollegen Windaus zum 80. Geburtstag gewidme f Aus dem Organisch-Chemischen Institut der Technischen Hochschule Miinchen Eingegangen am 29. September 1956 Die Konstitution der drei Bisdiphenylenfulgide von STOBBE wurde untersucht. Nur das schwarze Bisdiphenylenfulgid, fur das eine ergiebige Methode zur Dar- stellung angegeben wird, entspricht der angenommenen Struktur. Das rote ,,Allo"-und das gelbe ,,Iso"-Bisdiphenylenfulgid sind isomere Dihydro-bis- diphenylenfulgide mit verschiedener Lage der Doppelbindung. Die Bisdiphenylen- fulgensaure laRt sich in optisch aktive Kornponenten spalten, die schnell durch Racernisierung inaktiv werden. Die Fulgide sind eine eingehend von H. STOBBE]) untersuchte Kiirperklasse. Sie ent- stehen leicht durch Anhydrisierung der ihnen zugrunde liegenden farblosen Fulgen- sauren, die mit einer auljerordentlich starken Farbvertiefung verbunden ist. Die Ful- gensauren erhalt man durch Kondensation von Bernsteinsaureestern mit Aldehyden oder Ketonen unter der Einwirkung von Alkoholaten. Verwendet man Aldehyde, so liefert die Kondensation direkt Fulgensauren bzw. deren Estersalze (I). Beniitzt man Ketone, so bilden sich zunachst die Estersalze der Itakonsauren (11), die erst nach Veresterung zum Diester mit einem weiteren Molekiil Keton Esterssalze der Fulgen- sauren liefern. Eine Ausnahmestellung nehmen nur aromatische Ketone wie Benzo- phenon und Fluorenon ein, die sich wie Aldehyde verhalten, wobei allerdings die Aus- beuten an Fulgensauren meist recht maljig sind. CHyC02R R,~R,,CO RI(R2)C=C.C02Na +R,,K,)co RI(R,)C=CC02Na &H2.CO2R NaOR 11 H&O,C~H~ N~OK R,(R,)c=Aco,N~ I .H I- .2RC=O, ?NaOR 1) z.B. H.STOBBE, Liebigs Ann. Chem. 308,89, 114 (1899); 380, I (1911); Ber. dtsch. chem. Ges. 37, 2236, 2465 (1904); 38, 3673 (1905).

ÜBER DIE BISDIPHENYLENFULGIDE UND DIE SPALTUNG DER BISDIPHENYLENFULGENSÄURE IN OPTISCH AKTIVE KOMPONENTEN

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1957 ST. GOLDSCHMIDT, R. RIEDLE und A. REICHARDT 121

Temperaturkoeffirient der Reaktionsgeschwindigkeit in m-Xylol (um 90")

Aktivierungsenergie:

UBER DIE BISDIPHENYLENFULGIDE UND DIE SPALTUNG DER BISDIPHENYLENFULGENSAURE

IN OPTISCH AKTIVE KOMPONENTEN von STEFAN GOLDSCHMIDT, RUDOLF RIEDLE und ALFRED REICHARDT

Herrn Kollegen Windaus zum 80. Geburtstag gewidme f

Aus dem Organisch-Chemischen Institut der Technischen Hochschule Miinchen Eingegangen am 29. September 1956

Die Konstitution der drei Bisdiphenylenfulgide von STOBBE wurde untersucht. Nur das schwarze Bisdiphenylenfulgid, fur das eine ergiebige Methode zur Dar- stellung angegeben wird, entspricht der angenommenen Struktur. Das rote ,,Allo"-und das gelbe ,,Iso"-Bisdiphenylenfulgid sind isomere Dihydro-bis- diphenylenfulgide mit verschiedener Lage der Doppelbindung. Die Bisdiphenylen- fulgensaure laRt sich in optisch aktive Kornponenten spalten, die schnell

durch Racernisierung inaktiv werden.

Die Fulgide sind eine eingehend von H. STOBBE]) untersuchte Kiirperklasse. Sie ent- stehen leicht durch Anhydrisierung der ihnen zugrunde liegenden farblosen Fulgen- sauren, die mit einer auljerordentlich starken Farbvertiefung verbunden ist. Die Ful- gensauren erhalt man durch Kondensation von Bernsteinsaureestern mit Aldehyden oder Ketonen unter der Einwirkung von Alkoholaten. Verwendet man Aldehyde, so liefert die Kondensation direkt Fulgensauren bzw. deren Estersalze (I). Beniitzt man Ketone, so bilden sich zunachst die Estersalze der Itakonsauren (11), die erst nach Veresterung zum Diester mit einem weiteren Molekiil Keton Esterssalze der Fulgen- sauren liefern. Eine Ausnahmestellung nehmen nur aromatische Ketone wie Benzo- phenon und Fluorenon ein, die sich wie Aldehyde verhalten, wobei allerdings die Aus- beuten an Fulgensauren meist recht maljig sind.

CHyC02R R , ~ R , , C O RI(R2)C=C.C02Na +R,,K,)co RI(R,)C=CC02Na &H2.CO2R NaOR 11 H & O , C ~ H ~ N ~ O K R,(R,)c=Aco,N~ I

.H I- .2RC=O, ?NaOR

1) z.B. H.STOBBE, Liebigs Ann. Chem. 308,89, 114 (1899); 380, I (1911); Ber. dtsch. chem. Ges. 37, 2236, 2465 (1904); 38, 3673 (1905).

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Unser Interesse erregten die Fulgensauren und Fulgide aus folgenden Erwagungen. o,o'-Disubstituierte Diphensuuren und analog gebaute Verbindungen (111) lassen sich bekanntlich in optische Antipoden spalten, da die freie Drehbarkeit aus raumlichen Grunden um die Achse der Bindung zwischen den beiden Phenylkernen behindert ist (Atropisomerie) . Wir legten uns die Fragevor, o b eine gleichartigekinordnung wie in I1 I , die aber nicht Bestandteil eines Ringsystems ist (z. B. IV), zu sterischer Behinderung und damit zum Auftreten optischer Antipoden fuhrt, vorausgesetzt, darj genugend groBe, raumerfullende Substituenten R1 bzw. R2 vorhanden sind 2).

Der Anordnung IV entsprechen die Fulgensauren von H. STOBBE. Um eine bessere Ubersichtlichkeit der Verhaltnisse zu erreichen (kein Auftreten von cis-trundsomeren), war es zweckmaRig, symmetrisch substituierte Fulgensauren (R1= R2) zu wahlen. Unter diesen Gesichtspunkten erschienen die Tefruphenyl- und die Bisdiphenylen- fulgensaure (V), die beide durch Arbeiten von H. STOBBE)) bekannt waren, fur eine Prufung der genannten Fragestellung geeignet. Eine Betrachtung anhand von STUART- Kalotten hat aber veranschaulicht, daR bei der Tetruphenyl-fulgensaure infolge der freien Drehbarkeit der Phenylkerne urn ihre Achse in bestimmten Lagen eine Durch- drehung ohne starke Verzerrung der Tetraederwinkel um die Achse der einfachen C-C-Bindung rnoglich ist, wahrend bei der Bisdiphenylen-Verbindung V die Diphenyl- enreste und die Carboxylgruppen einer Durchdrehung hindernd im Wege stehen. Wir beschaftigten uns daher ausschlieRlich mit der letzteren.

DAS BISDIPHENYLENFULGID UND SEINE ISOMEREN

Die experimentelle Untersuchung von Fulgiden und Fulgensauren begegnet erheb- lichen Schwierigkeiten, weil - nach STOBBE - mehrere Isomere vorhanden sind (Tab.), von denen sich theoretisch nicht voraussehen larjt, welche Form den echten Fulgiden bzw. Fulgensauren jeweils zuzuordnen ware. Weiterhin erfordert das Arbei- ten mit Fulgiden meist den Ausschlurj von Licht, da sie sich bereits im Tageslicht in

2) vgl. Dissertationen von E. NAGELSTEIN, T. H. Karlsruhe 1935; R. RIEDLE, T. H. Munchen

3 ) H.STOBBE und A.LENZNER, Ber. dtsch. chem. Ges. 38, 3681 (1905); H.STOBBE und 1952 und A. REICHARDT, T.H. Miinchen 1955.

F. K. STEINBERGER, ebenda 55, 2237 (Anmerkung) (1922).

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sogenannte Photoanhydride urnlagern4). Auch von dem Bisdiphenylenfulgid ist be- kannt, daR es in mindestens 3 sogenannten isomeren Formen auftritt5), wenn man von dem hier ebenfalls erhaltlichen Photoanhydrid (Tab.) absieht.

Bisdiphenylen-fulgide und Bisdiphenylen-fulgensauren

Typ der Verbindung Fulgid Fulgensarrre Farbe Schmp. Farbe Schmp.

1) Bisdiphenylen- grunschwarz 209" orangerot 238" 2) AIIo-Bisdiphenylen- rot6) 244" gelb 276" 3) Iso-Bisdiphenylen- gelb 284" griinlichwein 273" Photoanhydrid aus 1) braun 291"

Bevor an eine Priifung der genannten Frage gegangen werden konnte, mul3te die Beziehung der Isomeren zueinander geklart werden.

Die Darstellung der verschiedenen Fulgide nach den Angaben von STOBBE und Mit- arbeiternW verlauft nur mit recht mail3igen Ausbeuten, und zudem entstehen die Iso- meren 1 und 2 stets gleichzeitig. Ihre Trennung kann, wie wir durch zahlreiche Ver- suche feststellten7), nur durch Auslesen ihrer Kristalle erfolgen, da die Loslichkeit der beiden Stoffe fast gleich ist. Wir berniihten uns daher zunachst, zu einheitlichen Iso- meren zu gelangen und die Ausbeuten zu verbessern. Wir stutzten uns dabei auf Er- fahrungen von W.S.JOHNSON und Mitarbeiterns), die gezeigt haben, dal3 sich die Aus- beuten bei SToBBE-Kondensationen auf ein Mehrfaches steigern lassen, falls man das Dehydrierung und dadurch Nebenreaktionen (MEERWEIN-PONNDORF-ReaktiOn) be- dingende Natriumathylat9) durch Kulium-tert.-butylat ersetzt.

Wenn man Fluorenon, Bernsteinsaureathylester und Kalium-tert.-butylat im Mo1.- Verh. 1 : 1 : 1 urnsetzt, entsteht nur das schwarze Bisdiphenylenfulgid in einer Ausbeute von 27 % d.Th. Diese laRt sich weiter steigern durch Ersatz des Bernsteinsaureathyl- esters durch den Methylester (47 %) und besonders durch den tert.-Butylesterlo) (65 % d. Th.).

4, H. STOBBE, Z. Elektrochem. angew. physik. Chem. 14,473 (1908). 5 ) Dissertationen: R. HENNICKE, Univ. Leipzig 1906; 0. JUNTGEN, Univ. Leipzig 1908;

6 ) Eine weitere gelbe, offenbar polymorphe Form vom gleichen Schmp. ist bekannt.

7) E.NAGELSTEIN, I . c . 2 ) . 8) W. S. JOHNSON und A. GOLDMAN, J. Amer. chem. SOC. 66, 1030 (1944); W. S. JOHNSON,

J.W.PETERSEN und W.P.SCHNEIDER, ebenda 69, 14 (1947). 9) Bei Verwendung von Na-Athylat zur Darstellung der Fulgide fand sich unter den Reak-

tionsprodukten Fluorenon (siehe Diplomarbeit R. RIEDLE, T. H. Munchen 1950). 10) Darstellung nach G. H. DAUB und W. S. JOHNSON, J. Amer. chem. SOC. 72, 502 (1950);

W.S. JOHNSON und G. H. DAUB, Org. Reactions, Bd. 6 , S. 1, J. Wiley Sons, Inc., New York 1951.

H. KRETSCHMAR, Univ. Leipzig 1907.

Z.TOBORFPY, 2. Kristallogr. 45, 155 (1908).

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Kondensiert man Fluorenon, Bernsteinsaurediathylester und Kalium-tert.-butylat im Mol.-Verh. 1 :0.3: 1.12, verwendet man also einen betrachtlichen Uberschulj an Fluorenon und Kondensationsmittel, so entsteht ausschlieljlich das rote Fulgid in einer Ausbeute von 47% d.Th.

Im Gegensatz zu den beiden genannten Fulgiden bildet sich das gdbe Fuigid nicht direkt durch Konsendation der Komponenten, sondern nur, und zwar in praktisch quantitativer Ausbeute, aus dem roten Fulgid, wenn man dieses in Oxalsaurediathyl- ester unter Zusatz katalytisch wirkender, kleiner Mengen Dimethylanilin 20 Min. zum Sieden erhitzt, wahrend eine kurze, gleichartige Behandlung (1 Min.) des schwarzen Fulgids nur den von STOBBE ,,Photoanhydrid" benannten Korper ergibt.

Die drei Fulgide lassen sich durch alkoholische Lauge zu den entsprechenden Ful- gensauren aufspalten. Dabei tritt eine fur jedes Fulgid charakteristische, voruberge- hende Farbung auf, die man zum Nachweis und zur Identifizierung von Fulgiden 11)

beniitzen kann (Fulgid-Test, s . S. 130).

KONSTITUTION DER DREI ,,ISOMEREN" FULGIDE

Fur die Ermittlung der konstitutiven Zusammenhange zwischen den drei genannten Fulgiden sind folgende Tatsachen von Bedeutung. Rotes, gelbes und schwarzes Fulgid geben bei der Reduktion mit Zinkstaub in essigsaurer Losung das gleiche Tetrahydro- produkt. Die kraftige Oxydation mit Permanganat in Aceton fuhrt in jedem Fall zu Fluorenon in etwa 80% derjenigen Menge, die der Abspaltungvon 2 Moll. aus einem Mol. Fulgid entspricht. Daraus ergibt sich, daB die drei Fulgide das gleiche Kohlen- stoflgerust besitzen mussen.

Ein Hinweis auf die strukturelle Beziehung zwischen den drei Fulgiden ergab sich aus der Elementaranalyse der sehr sorgfaltig gereinigten Produkte. Wahrend diese fur das schwarze Fulgid richtige Werte fur das Bisdiphenylenfulgid der Zusammensetzung C30H1 6 0 3 lieferte, lagen fur die beiden anderen Fulgide die Kohlenstoffwerte etwas zu niedrig und die Wasserstoffwerte etwas zu hoch. Damit erschien es wahrscheinlich, dalj das rote und gelbe Fulgid Dihydroprodukte des echten Bisdiphenylenfulgids darstellen. Ein sicherer Entscheid aufgrund der analytischen Ergebnisse war aber nicht moglich, da die berechneten Daten zu wenig verschieden sind. Wir untersuchten deshalb die Hydrierung des schwarzen Fulgids, die erst nach mehreren Versuchen gelang. Fiihrt man sie mit Platinoxyd als Katalysator in Tetrahydrofuran aus, so werden nur 2 Was- serstoffatome aufgenommen und man erhalt ein gelbes Hydrierungsprodukt, das sich aufgrund von Schmp., Misch-Schmp., Analyse und des spezifischen Fulgid-Tests als das gelbe ,,lsofulgid" von STOBBE erwiesen hat. Da dieses ferner durch Umlagerung des roten Fulgids in der Hitze entsteht, ist zu folgern, darj ,,AilofuZgid" und ,,Isofulgid" Dihydroprodukte des BisdiphenyIenfuIgids darstellen, die sich nur durch die Lage der Doppelbindung unterscheiden. Eine Stutze erfahrt diese Schluljfolgerung durch

11) Diplomarbeit R.RIEDLE, T.H. Munchen 1950, S . 19.

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das Verhalten bei der Einwirkung ungenugender Mengen von Permanganat. Beide liefern namlich neben Fluorenon schwarzes Bisdiphenylenfulgid. Somit ergeben sich fur diese Fulgide die folgenden Beziehungen : - Bisdiphenylenfulgid (schwarz)

KMn04 l l P t , H ~ -1 KMn04

200" Dihydroprodukt (gelb) Dihydroprodukt (rot)

Verseifung, RingschIu5

Fur die Struktur der beiden Dihydro-bisdiphenylenfulgide stehen die Formeln VI und VII zur Diskussion. Zur Entscheidung zwischen ihnen wurde die Ozonisierung der beiden Dihydroprodukte untersucht. Das rote Dihydrofulgid liefert dabei 1 Mol (80% d. Th.) Fluorenon (VIII) und die zersetzliche Fluorenyloxalessigsaure (IX), so daR ihm die Struktur Vll zuzuweisen ist. Fur das gelbe Dihydrofulgid ergibt sich in- folgedessen die symmetrische Struktur VI. Allerdings lien sich diese nicht durch die Produkte der Ozonisierung erharten, da die Umsetzung sehr trage verlauft und nur auRerst zersetzliche, saure Reaktionsprodukte liefert, die nicht kristallisiert zu ge- winnen waren.

v1 VII VIIl IX

DIE SPALTUNG DER BISDIPHENYLENFULGENSAURE IN OPTISCH AKTlVE KOMPONENTEN

Die ersten Versuche zur Spaltung der Bisdiphenylenfulgensaure mit Hilfe von optisch aktiven Basen waren negativ verlaufenn. Den AnlaB, diese Versuche erneut aufzu- nehmen, bildete ein Vergleich der Absorptionsspektren des Bisdiphenylenfulgids, der Bisdiphenylenfulgensaure und der Diphenylenacrylsaure, die ein halbes Fulgensaure- molekiil darstellt. Die Absorptionsspektren der beiden letztgenannten Substanzen ent- sprechen sich nach Lage der Maxima und Minima nahezu vollstandig und sind auch in ihrer Hohe nur wenig verschieden. Dies bedeutet, daR die x-Elektronen der beiden Molekiilhalften der Bisdiphenylenulgensuure nicht mit einander in Resonanz getreten

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sind, d. h. daR die Fulgensaure nicht eben gebaut ist12). Wie sehr ein ebener oder nahezu ebener Bau das Bandenspektrum des Bisdiphenylfulgensaure-Geriistes verandert, zeigt die tiefe Farbe des Anhydrids sowie sein Spektrum, das eine neue hohe Bande im Sichtbaren aufweist (log c=4.1 bei A=SOOmp).

Abbildung 1

- A [ ~ P ] 600 500 400 300 200

5

4

1' d l

20 30 40 50

I

Absorptionsspektren in Dioxan: _- Bisdiphenylenfulgid _--___- _ _ Rotes Dihydro-bisdiphenylenfulgid -. -. Gelbes Dihydro-bisdiphenylenfulgid

Absorptionsspektr& in Dioxan :

- . - . Bisdiphenylenfulgensaure Diphenylenacrylsaure

Die Trennungsversuche wurden mit verschiedenen aktiven Basen, wie Strychnin, a-Phenylathylamin und Brucin durchgefiihrtl3); nur aus dem Salz des Brucins lieR sich ( + I -Bisdiphenylenfulgensaure gewinnen. Die aktive Saure racemisiert sich vollstandig bei Zimmertemperatur in etwa 20 Min., bei +8" in etwa 70 Min., also wesentlich lang- sarner. Man darf daher annehmen, daR die wirkliche Aktivitat noch grooer ist als die gefundene [M]g = 40". Die grol3e Racernisierungstendenz ist wohl daraus zu erklaren, daB die Behinderung durch die beiden Carboxylgruppen bei einem energiereichen StoR bereits iiberwunden werden kann,auch wenn dies modellmaRig nicht zu ersehen ist.

Es lag nahe, die sterische Behinderung der Diphenylenreste durch Einfiihrung raum- erfiillender Substituenten zu vergroRern. Diesbeziigliche Versuche unter Verwendung

12) vgl. L.W.PICKETT, G.F.WALTER und H.FRANCE, J. Amer. chem. SOC. 58, 2296 (1936); Verwendung dieser optischen GesetzmaBigkeiten zurn Nachweis atropisomerer Verbindungen siehe W.THEILACKER und W.~ZEGOWSKI, Ber. dtsch. chem. Ges. 73,33,898 (1940); E. MULLER und E.TIETZ, ebenda 74, 820 (1941); vgl. auch IyI. PESTEMER und D. BRUCK in HOUBEN-WEYL- MULLER, Methoden der organischen Chemie, 4. A d . , Bd. 312, S. 729, G.Thierne, Stuttgart 1955.

13) Einzelheiten bei A. REICHARDT, Dissertation T. H. Munchen 1955.

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von 1.8-Dichlorfluorenon oder 1.2,7.8-Dibenzofluorenon scheiterten jedoch daran, daR diese, wohl aus raumlichen Griinden, der SToBBE-Kondensation nicht mehr zu- ganglich waren.

Der Aufbau des Bisdiphenylenfulgids aus STUART-KalOtten zeigt, daR diese Verbin- dung nicht vollkommen plan gebaut sein kann. Wir versuchten daher, zu analog ge- bauten Verbindungen zu gelangen, die bei geeigneter Substitution eventuell spaltbare Stoffe liefern konnten. So stellten wir das Bisdiphenylenfulgensaureimid (XIII) dar, indem wir das Anhydrid X rnit alkoholischem Ammoniak zunachst zur Amidsaure XI aufspalteten und diese dann mit Diazomethan in das Methylesteramid XI1 iiberfiihrten, das beim Kochen mit Natriummethylat in das blutrote Imid iiberging. Dieses ist ebenso wie das Fulgid lichtempfindlich, die Absorptionsspektren von X und XIII sind fast vollkommen identisch; nur die Maxima sind, wie zu erwarten, gering gegen das UV hin verschoben. Ein Versuch, den Imidwasserstoff durch den Rest CHzCOOH zu er- setzen, war jedoch nicht erfolgreich:

X XI XI1 XI11

Dem FONDS DER CHEMISCHEN INDUSTRIE und der DEUTSCHEN FORSCHZMGSGEMEINSCHAPT danken wir aufrichtig fur die materielle Unterstutzung der vorliegenden Arbeit.

B E S C H R E I B U N G D E R V E R S U C H E

Schwarzes Bisdiphenylenfulgid (Anhydrid von V) a) In einem rnit Riihrer, Ruckflunkiihler und Natronkalkrohr versehenen Dreihalskolben

gibt man zu 300ccm sorgfaltig getrocknetem, reinstem tert.-Butanol 11 g Kalium (0.28 Mol) und erhitzt im StickstoKstrom unter Ruhren und RuckfluB bis zur Losung. Nach Abkiihlen auf 0" gibt man 45g Fluorenon (0.25 Mol) und 40g Bernsteinsauredimethylester, beide ge- trocknet, zu und kocht das Gemisch wie oben 40 Min. auf dem Wasserbad, wobei es unterAb- scheidung von Salzen dunkel wird. Man verdiinnt den Kolbeninhdlt mit lOOccm Wasser, das 3ccm konz. Salzsaure enthalt, und destilliert das Butanol bei etwa 100 Torr ab (Temp. nicht hoher als 60"). Der gelbbraune Riickstand, der die Salze der Mono- und Bis-diphenylenfulgen- saure enthalt, wird zur Entfernung neutraler Bestandteile (z. B. Fluorenon) mehrmals rnit Ather ausgeschuttelt, der jeweils abgegossen wird. Der Ruckstand wird rnit 500ccm Wasser aufgeschlammt, wobei nur das Salz der Monofulgensaure in Losung geht. Das etwas schmierige Salz der Bisdiphenylerlfulgensuure wird auf einer groI3en Nutsche abgesaugt, was zuweilen vie1 Zeit erfordert.

Mono-diphenylenfulgid. Das die Monofulgensaure enthaltende Filtrat sluert man an (PH < 3) und nimmt die abgeschiedene, honigartige Masse in Ather auf. Dieser wird nach Trocknen rnit Na2S04 verdarnpft und der harzige Ruckstand mit uberschussigem Acetylchlorid 3 Stdn. unter RiickfluR gekocht. Beim Kuhlen auf 0" kristallisiert das braungelbe Fulgid aus,

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dessen Menge sich durch Eindampfen der Mutterlauge vermehren 1aRt. Nach Umkristalli- sieren aus Chloroform erhalt man es in verfilzten Nadelchen vom Schmp. 211". Ausbeute 20-22g.

C17H10O3 (262.2) Ber. C 77.85 H 3.84 Gef. C 77.58 H 4.03

Bisdiphenylenfulgid. Das noch feuchte Salz der Bisdiphenylenfulgensaure wird rnit 500ccm 10-proz. Schwefelsaure 6 Stdn. im Dunkeln14) geschuttelt; die freie Saure wird abgesaugt, mit Wasser, Alkohol und zum Schlua rnit trockenem Ather gewaschen. Ausbeute nach Trock- nen i. Vak. 26-28g Rohprodukt. Dieses wird pulverisiert und durch 5-stdg. Kochen mit 1 lOccm Acetylchlorid anhydrisiert. Man laRt das Gemisch uber Nacht langsam abkuhlen und saugt die tiefschwarzen Kristalle des Fulgids ab, dessen Ausbeute sich durch Eindunsten der Mutterlauge erhohen 1aRt. Zur Reinigung werden die vereinigten Kristallisate in siedendem Chloroform gelost. Man filtriert und dampft das Filtrat auf ein Drittel seinesVolumens ein. Bei Zimmertemperatur erhalt man das Fulgid in glanzenden, prismatischen Kristallen vom Schmp. 208-209" (Zers.). Ausbeute 25g (42% d.Th.)lS).

b) Verwendet man anstelle des Bernsteinsauredimethylesters die aquivalente Menge Bern- steinsaure-di-terf.-bufylesfer (63.3 g), so erhalt man nach 2-stdg. Reaktionszeit bei gleicher Aufarbeitung wie unter a) 34-358 schwarzes Fulgid vom Schmp. 208-209" (65% d.Th.).

,

C30H1603 (424.4) Ber. C 84.89 H 3.80 Gef. C 84.64 84.60 H 3.98 4.07

Umlagerung zum Phofoanhyjrid: l o g schwarzes Fulgid wurden, wie unten bei der Teilum- lagerung von gelbem Dihydrofulgid beschrieben, in Oxalsaurediathylester zum Kochen erhitzt (Kochzeit 1 Min.). Man erhielt 9-9.5 g hellbrauner Kristalle des Photoanhydrids von STOBBE mit dem Schmp. 291". Misch-Schmp. rnit gelbem Dihydrofulgid 254-258".

Rotes, unsymmetrisches Dihydro-bisdiphenylenfulgid (Allofulgid, VII)

Darstellung und Aufarbeitung geschehen wie beim schwarzen Fulgid, jedoch unter Ver- wendung folgender Mengenverhaltnisse: 300ccm tert.-Butanol, I 1 g (0.28 Mol) Kalium, 13 g (0.075 Mol) Bernsteinsaure-diiithylester und 45 g (0.25 Mol) Fluorenon. Die Aufarbeitung des wiBrigen Filtrats kann unterbleiben, da die Ausbeute an Monofulgid hier minimal ist. Aus- beute 13-15g (40-47% d.Th.) rotes Dihydrofulgid vom Schmp. 256-260" (Zers.), der sich nach einmaligem Umkristallisieren auf 261 erhoht. Bei mehrfacher Reinigung sinkt der Schmp. allmahlich bis gegen 225" (teilweise Umlagerung zum gelben Dihydrofulgid?).

C30H1603 (424.4) C30H1803 (426.4)

Ber. C 84.89 H 3.80 Ber. C 84.49 H 4.25 Gef. C 84.24 84.15 H 4.33 4.30

Gelbes, syrnmetrisches Dihydro-bisdiphenylenfulgid (Isofulgid, VI)

10 g rotes Dihydrofulgid werden in einer Mischung von 220ccm Oxalsauredimethylester und 5 Tropfen Dimethylanilin 20 Min. gekocht. Nach Erkalten und mehrtagigem Stehenlassen

14) Wegen der starken Lichtempfindlichkeit der Fulgide mussen alle Operationen mit ihnen im Dunkeln ausgefuhrt werden. Wir beniitzten hierfur einen mit schwarzem Papier ausge- kleideten Abzug.

15) Verwendet man anstelle des Dimethylesters den Diiithylester der Bernsteinsiiure, so be- tragt die Ausbeute an schwarzem Produkt nur 27 % d.Th.

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(evtl. Animpfen) kristallisieren 9 -9.5 g gelbes Dihydrofulgid vom Schmp. 275 -277" (Zers.), nach Reinigung wie beim schwarzen Fulgid Schmp. 284" (Zers.).

Teilumlagerung zum roten Dihydrofulgid: 2 g fein gepulvertes, gelbes Dihydrofulgid werden mit 0.8g Natriumhydroxyd in 60ccm 50-proz. Athanol6 Stdn. unter RiickfluD gekocht, wobei sich nach 1 Stde. bereits Kristalle abzuscheiden beginnen. Nach Stehenlassen iiber Nacht wird der hellgelbe Kristallbrei abgesaugt und einige Stdn. rnit verd. Salzsaure geschuttelt. Man saugt die freie Fulgensaure ab und anhydrisiert sie nach Trocknen wie S. 128 beschrieben. Durch Umkristallisieren aus Chloroform-Gasolin erhalt man einGemisch von etwa gleichen Teilen rotem und gelbem Dihydrofulgid, die durch Auslese getrennt und durch ihren Schmp. sowie ihren charakteristischen Fulgidtest (s. S. 130) identifiziert wurden.

Hydrierung der Fulgide

Bisdiphenylenfulgid. a) Zur Aufschlammung von 0.2g Platinoxyd in 40ccm trockenem, peroxydfreiem Tetrahydrofuran werden nach Vorhydrierung 2 g feinstes Bisdiphenylenfulgid rnit lOOccm des gleichen Losungsmittels gespiilt und die Mischung rnit Wasserstoff geschuttelt. H2-Aufnahme 164ccm in 40 Min. (ber. 123 ccm fur 1 H2). Das schmutzigbraune Gemisch wird abgesaugt und das Losungsmittel abdestilliert. Der kristalline Rhckstand wird mit lOccm Chloroform digeriert, abgesaugt und aus vie1 Chloroform-Gasolin umkristallisiert.

Nach nochmaligem UmliSsen aus vie1 Essigester gelbe Kristalle vom Schmp. 283 -284"; Misch-Schmp. rnit gelbem Dihydrofulgid unverandert; Fulgid-Test identisch.

C30Hls03 (426.4) Ber. C 84.49 H 4.25 Gef. C 84.30 H 4.28 b) Bisdiphenylenfulgid. Reduktion mit Zinkstaub und Eisessig, Aufarbeitung und Ergebnis

wie beim gelben Dihydrofulgid, Verfahren b) (s. unten). Rores Dihydrofulgid (VII). 2 g Fulgid werden wie beim schwarzen Fulgid, jedoch in Essig-

ester161 hydriert. Wasserstoffaufnahme 116ccm in 205 Min. (ber. 123 fur 1 H2). Nach Absaugen des Katalysators wird das fast farblose Filtrat bis zur beginnenden Kristallisation eingeengt. Man erhalt 1.3g farblose Kristalle und noch 0.5g durch Einengen der Mutterlauge; Ausbeute 90 % d. Th. Durch mehrmaliges Umkristallisieren aus Essigester resultieren farblose Prismen von Tetrahydrofulgid; Schmp. 245.5".

C30H2003 (428.4) Ber. C 84.09 H 4.71 Gef. C 84.1 1 H 4.81 . Gelbes Dihydrofulgid. a) Katalytische Hydrierung wie beim roten Isomeren in Essig-

ester. Der Schmp. betrug nach analoger Aufarbeitung 242-243"; der Misch-Schmp. mit Tetrahydro-Produkt aus rotem Dihydrofulgid war unverandert. Der Versuch gelang 2mal, dann aber nicht mehr.

b) 3.8g fein gepulvertes gelbes Dihydroprodukt wurden mit 3g Zinkstaub in 150ccm Eis- essig unter RiickfluS gekocht. Nach je etwa 45 Min. wurden erneut 2g Zinkstaub eingetragen. Nach insgesamt 2-stdg. Kochen wurde die fast farblose LBsung heiD abgesaugt und stark ein- geengt. Dann wurde sie in verd. Salzsaure gegossen und das ausgefallene weil3e Produkt in Benzol aufgenommen. Die getrocknete Benzolschicht wurde eingeengt und mit vie1 Gasolin gefallt. Reinigung, Schmp. und Misch-Schmp. wie beim Tetrahydrofulgid aus roter Dihydro- Verbindung.

16) Eine Hydrierung in Tetrahydrofuran verlief langsamer und ergab sehr unreines Tetrahy- droprodukt.

Liebigs AM. Chem. Bd. 604 9

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130 ST. GOLDSCHMIDT, R.RIEDLE und A. REICHARDT Bd. 604

Fulgid-Test

Einige mg des zu prufenden Fulgids werden im Reagenzglas rnit 30 bis 40-proz. Natron- lauge iind dann rnit einigen ccm Aceton ubergossen. Bei Anwesenheit eines Fulgids erhalt man eine fur dieses charakteristische Farbung, die nach einiger Zeit zu Gelb verblafit (Bildung fulgensaurer Salze):

Fulgid Test-Farbung Bisdiphenylen- (schwarz) schmutzig grun dessen Photoanhydrid (braun) rotstichigblau Dihydro-bisdiphenylen- (rot) tief tintenblau Dihydro-bisdiphenylen- (gelb) himmelblau Monodiphenylen- (schwachgel b) himbeerrot

Ozonisierung der Dihydrojiulgide

Rotes Dihydrofulgid (Vll). In eine Losung von 2g rotem Dihydrofulgid in 450 ccm trockenem Essigesterl) wurde bei - 15" 1 '/4 Stdn. 5-proz. Ozon (250ccm/Min.) eingeleitet. Das gebildete Ozonid wurde nach Zugabe von 1 g 5-proz. Palladium-Tierkohle hydrierend gespalten. Nach Entfernung des Katalysators wurde der Essigester auf dem Wasserbad, zuletzt i. Vak., ab- gedampft. Das hinterbleibende 01 wurde rnit Ather und Natronlauge durchgeschuttelt, wobei 0.1 -0.2g ungelost blieben und abgesaugt wurden. Die Atherschicht hinterlieI3 nach Trocknen (CaC12) und Verdampfen 0.66g eines gelben Ruckstands, dessen Schmp. und Misch-Schmp. rnit Fluorenon bei 82-83" lag. Ausbeute 78% d.Th. (ber. fur Abspaltung von 1 Mol Fluo- renon/Mol Fulgid).

Die alkalische, wa8rige Schicht wurde nach Ansauern rnit verd. Schwefelsaure ausgeathert. Der atherische Extrakt hinterlie8 nach Trocknen und Eindampfen einen teils festen, teils harzigen Ruckstand (0.83g = 60% d.Th. (bez. auf Entstehung von 1 Mol Fluorenyl-oxalessig- saure/Mol Dihydrofulgid). Nach zweimaligem Umkristallisieren aus sehr wenig Chloroform schmolzen die eigelben Nadeln der Slure 1X bei 166" (Zers.)17).

C17H1205 (296.3) Ber. C 68.85 H 4.12 Gef. C 69.28 H 4.18 Aquiv.-Gew. 293.9 Gelbes Dihydrujitlgid (VI). 3.5 g gelbes Dihydrofulgid wurden wie oben angegeben, jedoch

bei 0" und 5 Stdn. ozonisiert. Neben etwas Ausgangsmaterial und Natriumsalz der Fulgen- saure wurden aus der Atherschicht nur 0.17g Fluorenon (10% d.Th.) isoliert. Die waI3rig- alkalische Schicht gab I .8g eines braunen, auBerst zersetzlichen Harzes, dessen Kristallisation trotz vielfacher Versuchels) nicht gelang.

Oxydation der Futgide mit Kaliumpermanganat a) Uberschuj an Oxydationsmirrel. Die Losung von 8.5 g KMn04 in 150ccm stabilisiertem

Aceton wurde innerhalb von 45 Min. in die siedende Losung von 2g gelbeni Dihydrofulgid in 1 5Occm Aceton einlaufen gelassen, wobei das Volumen durch gleichzeitiges Abdestillieren des Losungsmittels konstant gehalten wurde. Zum SchluD erhitzte man noch Stde. unter Ruck- fluD und verdampfte dann das Ganze zur Trockne. Nach Zerstorung des Braunsteins durch

17) Die Analyse mu8 moglichst bald nach Darstellung der Substanz vorgenommen werden,

18) Dissertation R. RIEDLE, T.H. Munchen 1952. da sich diese langsam zersetzt (Steigen der CH-Werte).

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1957 Bisdiphenylenfulgide und optisch aktive Bisdiphenylenfulgensaure 131

Sulfit wurde die Lbsung ausgeathert. Die Aufarbeitung des Atherextrakts ergab 1.21 g Nuo- renon (71.2% d.Th., ber. auf Bildung von 2Mol/Mol Fulgid). Schmp. und Misch-Schmp. 81", nach Umkristallisieren aus 60-proz. Essigsaure.

Die Oxydation von rotem Dihydrofulgid und sch warzem Bisdiphenylenfulgid fuhrte zum gleichen Ergebnisl9).

b) UnterschuJ an Kuliumperrnanganat. Versuchsansatz wie bei a), jedoch Oxydation rnit 2.8g KMn04 in 200ccm Aceton, die man in 20 Min. einlaufen liel3. Der Atherextrakt lieferte Fluorenon. Der Filterruckstand der waDrig-alkalischen Schicht bestand aus dem Salz der Bisdiphenylenfulgensaure, wie sich aus dessen Uberfuhrung in Bisdiphenylenfulgid (Schmp. 208-209"; Ausbeute 0.5 - 1 g) ergab.

Spaltung des Bisdiphenylenfulgensaure-Racemates Bisdiphenylenfulgensaure. Zur Losung von 5 g NaOH in 600ccm 50-proz. Alkohol gibt man

25g schwarzes Fulgid und erhitzt, bis eine hellgelbe Losung entstanden ist. Man gieRt in uber- schussige verd. Salzsaure, saugt den gebildeten Niederschlag ab, wascht ihn rnit dest. Wasser bis zur neutralen Reaktion des Filtrats und trocknet ihn i.Vak. Man erhalt 24-258 Rohpro- dukt, das zur Reinigung am besten aus Acetonitril umkristallisiert wird. Ausbeute 23g (88 % d.Th.) vom Schmp. 238" (Zers.).

SpuffungZO): Zur Losung von 4.4g (0.01 Mol) der Fulgensaure in 500ccm kochendem Atha- no1 gibt man 8.5 g (0.02 Mol) Brucin, filtriert das Gemisch schnell und lal3t es in einem Dewar- GefaD erkalten. Dabei scheiden sich bald Kristallkrusten ab, die nach einem Tag abgesaugt, rnit IOOccm .&than01 gewaschen und i. Vak. getrocknet werden. Ausbeute 2.2g vorn Schmp. 208.5 -209"; [a12 = -29.5" (Chloroform, c=0.420). Nach Umkristallisieren aus Chloroform verbleiben 2.0g gelber Prismen des Mono-Brucinsalzes vom Schmp. 209 -209.5" (Zers.).

C~3H4406N2 (Mono-Brucinsalz) Ber. N 3.35 Gef. N 3.15

Optisch aktive Fulgensuure. 1.7 g des Mono-Brucinsalzes werden rnit 30ccm 1 -proz. eiskalter Natronlauge digeriert und abgesaugt. Das Filtrat laDt man unter kraftigem Riihren in die auf 0" gekuhlte Mischung von 40ccm Alkohol, lOccm konz. Salzsaure und 40ccm Wasser ein- laufen. Nach 10 Min. wird der gelbe Niederschlag abgesaugt, mit 5-proz. Salzsaure, zum SchluR rnit Eiswdsser gewaschen und getrocknet. Ausbeute 0.83g vom Schmp. 237 -238" (Zers.). - Das gelbe Produkt gibt mit konz. Salpetersaure keine Reaktion auf Brucin; der Stickstoffnachweis ist negativ.

Zur Bestimmung der optischen Aktivitut wurden 0.246g bei 20" in 2Sccm Chloroform gelost; dann wurde so schnell wie moglich im 2-dm-Rohr die Drehung mehrmals gemessen: Gef. a g = +0.18" (2.5 Min. nach Losen); [ a ] g = $9.1"; [ M ] g = $40.2".

Racemisierungsmessungenzl): In Abstanden von 2 Min. wurde der Drehwert jeweils erneut bei 20" gemessen; nach etwa 22 Min. war er auf 0" gesunken. Ein gleicher Versuch rnit 0.321 g Substanz in 25ccm Chloroform bei +8" ergab Inaktivierung in etwa 70 Minuten.

19) s. E. NAGELSTEIN, Dissertation T. H. Karlsruhe 1935. 20) Weitere Spaltversuche siehe A. REICHARDT, Dissertation T. H. Munchen 1955. 21) Alle Messungen wurden durch zwei Beobachter kontrolliert. Wir danken Herrn Dr.

CH. JUTZ fur seine Hilfe bei diesen Kontrollen. 9'

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Min. 2.5 4.5 6.5 8.5 10.5 12.5 14.5 16.5 18.5 20.5 a ( t = 2 0 " ) 0.18 0.13 0.10 0.08 0.05 0.04 0.02 0.02 0.01 0.01 Min. 3 13 23 33 43 53 63 a (t = 8") 0.19 0.13 0.09 0.05 0.03 0.02 0.01

Ein weiterer gleichartiger Spaltungs- und Trennungsversuch (Brucinzugabe auf einmal) gab 2g Brucinsalz und 0.8g optisch aktive Bisdiphenylenfulgensaure von u2@ = +0.24"; [M]g =

+37.2" (Chloroform, c = 1.428).

Bisdiphenylenfulgensaureimid Bisdiphenylenfulgensaure-monoamid. Die Losung von 14 g (0.033 Mol) sc hwarzem Fulgid

in 300ccrn warmem Tetrahydrofuran wird mit 7ccm konz. Ammoniak versetzt, wobei alles mit gelber Farbe in Losung geht. Man dampft das Gemisch zur Trockne ein und digeriert den orangefarbenen Ruckstand mit Uberschussiger 0.5 n HCI. Die gelbe, voluminose Masse wird abgesaugt, mit Wasser gewaschen und getrocknet. Ausbeute 13.8g (95% d.Th.) vom Schmp. 183", nach zweimaligem Umkristallisieren aus Acetonitril und Trocknen uber P2Os Schmp. 169" (Zers.).

C30H1903N (441.5) Ber. C 81.62 H 4.34 N 3.17 Gef. C 81.39 H 4.49 N 2.95

Methylester-amid. Eine aus 4 g N-Nitrosomethylharnstoff bereitete atherische Diazome- than-Losung wird zu 4.4g der Amidsaure in Aceton gefugt. Nach Stde. wird das Liisungs- mittelgemisch abgedampft und die orangefarbene Masse aus Tetrahydrofuran umkristallisiert. Ausbeute 3.4g (74.7% d.Th.) Esteramid vom Schmp. 243" (Zers.), das zur Analyse mehrmals aus Aceton-Cyclohexan umkristallisiert wurde; rhombische Prismen vom Schmp. 246' (Zers.) nach Trocknen i. Hochvak. (loo", 5 Stdn.).

C31H2103N (455.5) Ber. C 81.74 H 4.65 N 3.07 Gef. C 81.37 H 4.75 N 2.99

Cyrlisches Imid. Die abgekuhlten Losungen von I .9g des Esteramids in heiBem Tetrahy- drofuran und von 1.5g Natrium in absol. Methanol werden vermischt und 30 Min. unter RuckfluB gekocht. Die tiefrote Mischung wird dann auf Eis gegossen und mit verd. Salzsaure angesauert. Der rote flockige Niederschlag wird abgesaugt, mit Wasser gewaschen und i.Vak. getrocknet. Ausbeute 1.8g vom Schmp. 214" (Zers.). Das Rohprodukt wird einmal aus Ace- ton-Cyclohexan, dann mehrmals aus Dioxan-Petrolather umkristallisiert ; blutrote prisma- tische Kristalle des Bisdiphenylenjulgensaure-imids vom Schmp. 244- 245" (Zers.).

Ber. C 85.08 H 4.05 N 3.31 C30H1702N (423.5) Gef. C 84.68 H 3.97 N 3.16

Das Imid gibt keinen Fulgid-Test; seine Losungen werden im Licht allmahlich gelb. Nach 4-stdg. Bestrahlung von 0.1 g Imid in 50ccm Dioxan mit U V-Licht ergab die gelb gewordene Losung bei der Aufarbeitung und Kristallisation aus Toluol eine gelbe Substanz vom Schmp. 31 5" (Zers.), der nach Mischung rnit dem untenstehenden Korper unverandert blieb.

Kocht man 0.5 g Imid 5 Min. mit einem Gernisch von 50ccm Oxalsaurediathylester und 3 Tropfen Dimethylanilin, so hinterbleibt nach Eindampfen der gelb gewordenen Losung i. Vak. ein Ruckstand vom Schmp. 320" (Zers.).

C30H1702N (423.5) Ber. N 3.31 Gef. N 3.15