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der salpetrigen SiEure auf Imid- u. Nt'tylbassen. 93 Ich habe diese Versuche auch mit Diathylamin angestellt und die Einwirkung der salpetrigen SIure in mehrfacher Weise abgeandert ; ich habe keine Spur von salpetrigsaurem Butyl erhalten, wie dieQ der Fall sein miitte wenn die beiden Aethylmolecule so mit einander vereinigt blieben wie es die folgende Gleichung andeutet : N C4H5 + 2 NO3 = CSHSO, NO8 f 2 HO + 2 N. r : Das Diathylamin zersetzt sich wie das Aethylamin, unter Bildung yon zwei Aequivnlenten salpetrigsauren Aethyls : N C~HS + 3 NOS = 2 (C&,O, NOS) + HO + 2 N. r : Das Diathylanilin giebl bei Einwirkung von salpetriger Same auch noch salpetrigsaures Aethyl und Phenol, aber diese Reaction ist nicht die einzige, welclie hierbei stattfindet; man erhalt nur wenig salpetrigsaures Aethyl und vie1 Nitrophen- she. Die Verbrennung der Elemente geht hier weiter. Ueber die Chloride des Schwefels und deren Derivate ; von L. Carius. 11. Nachdem durch die Untersuchungcn, deren Resultate ich bis dahin mitgetheilt habe *), das Verhalten der nur C1 und S enthaltenden Verbindung gegen organische sauerstoffhaltige Korper festgestellt war, schien es mir noch wiinschenswerth, uber das Verhalten des Chlorthionyls gegen Alkohole einen sicheren Aufschlut zu erhalten. *) Diese Annalen CVI, CIX u. CX.

Ueber die Chloride des Schwefels und deren Derivate

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Page 1: Ueber die Chloride des Schwefels und deren Derivate

der salpetrigen SiEure auf Imid- u. Nt'tylbassen. 93

Ich habe diese Versuche auch mit Diathylamin angestellt und die Einwirkung der salpetrigen SIure in mehrfacher Weise abgeandert ; ich habe keine Spur von salpetrigsaurem Butyl erhal ten, wie dieQ der Fall sein m i i t t e wenn die beiden Aethylmolecule so mit einander vereinigt blieben wie es die folgende Gleichung andeutet :

N C4H5 + 2 NO3 = CSHSO, NO8 f 2 HO + 2 N. r: Das Diathylamin zersetzt sich wie das Aethylamin, unter

Bildung yon zwei Aequivnlenten salpetrigsauren Aethyls :

N C~HS + 3 NOS = 2 (C&,O, NOS) + HO + 2 N. r: Das Diathylanilin giebl bei Einwirkung von salpetriger

Same auch noch salpetrigsaures Aethyl und Phenol, aber diese Reaction ist nicht die einzige, welclie hierbei stattfindet; man erhalt nur wenig salpetrigsaures Aethyl und vie1 Nitrophen- s h e . Die Verbrennung der Elemente geht hier weiter.

Ueber die Chloride des Schwefels und deren Derivate ; von L. Carius.

11. Nachdem durch die Untersuchungcn, deren Resultate ich

bis dahin mitgetheilt habe *), das Verhalten der nur C1 und S enthaltenden Verbindung gegen organische sauerstoffhaltige Korper festgestellt war, schien es mir noch wiinschenswerth, uber das Verhalten des Chlorthionyls gegen Alkohole einen sicheren Aufschlut zu erhalten.

*) Diese Annalen CVI, CIX u. CX.

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94 Cariur, &6er die Chloride

Das zu dieser Untersuchung benutzte Chlorthionyl wurde dargestellt durch Einwirkung von schwefliger Saure auf Phos- phorsuperchlorid. Wendet man hierbei mindestens 1 Kgrm. Phosphorsuperchlorid auf einmal an, so gelingt es sehr leicht, aus der so erhaltenen grofsen Menge Flussigkeit durch mehr- maliges Fractioniren reines Chlorthionyl zu erhalten ; dabei ist jedoch die Vorsicht zu gebrauchen, dars man einen Ge- halt von Chlorwasserstoff oder iikierschussiger schwefliger Saure in der zu rectificirenden Flussigkeit sorgfilltig vermeidet, indem sonst durch die im Anfange der Destillation stattfindende Gasentwicklung vie1 Phosphoroxychlorid mit ubergefuhrt und nie reines Chlorthionyl erhalten wird. Ich habe so eine grofse Menge vollkommen reinen und phosphorfreien Chlorthionyls erhalten , welches ich zu den im Folgenden beschriebenen Versuchen anwandte. Der grorste Theil des Chlorthionyls bleibt aber stets in den zwischen 80 und 100" C. destilliren- den Antheilen; es ist zweckmafsig, diese bis zu neuen Dar- stellungen von Chlorthionyl aufzuheben; indessen kann man auch dieses Gemenge der beiden Oxychloride, worin sich durch Titrirung mit Jodflussigkeit der aus der Zersetzung mit Wasser hervorgegangenen und verdunnten Flussigkeit sehr rasch und leicht der Gehalt an Chlorthionyl bestimrnen i a t t , mit Vorlheil zur Darstellung wasserfreier Sauren ver- wenden 3.

Die Einwirkung des Chlorthionyls auf sauerstoffhaltige Korper geht im Allgemeinen parallel der des Chlorphosphoryls ;

9) Die Einwirkung des Chlorthionyls findet nach folgenden Glei- ohungen statt :

+ 802. C H 0 - CIc7H50 - ~ 1) Auf Saurehydrate : CI,SO + 0 7H5 ClH

CIC7H,0 2) Auf Salze : C1,SO + OC7H50 = - + SO2, oder :

Na ClNa

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des Schcbefels und deren Derivale. 95

wo letzteres eine Einwirkung ausubt , pflegt diefs auch das Chlorthionyl zu t h u n , nur findet beinahe in allen Flllen die Reaction des Chlorthionyls weit heftiger statt.

LlBt man Chlorthionyl auf vollkomrnen wasserfreien Alkohol in der Ar t eiriwirken, dafs man in den] von mir fruher beschriebenen Apparate den Alkohol tropfenweise zu dem abgekuhlten Chlorthionyl fliersen larst , so findet sehr heftige Reaction unter Entwicklung von reinem Chlorwasser- stoff statt.

Die Producte , welche hierbei auftreten , sind nicht ver- schieden, in welchem Mengenverhal tni t man auch den Alkohol und das Chlorthionyl anwenden mag. Es schien mir maglich, d a b durch Einwirkung von 1 Mol. Alkohol auf 1 Mol. Chlor- thionyl unter Austritt von Chlorwasserstoff das sog. chlorure Bthyl-sulfureux von G e r h a r d t und C h a n c e l gebildet wurde; lafst man indessen die beiden Substanzen in dem genannten Verhaltnifs auf einander einwirken , so erhalt man bei nach- heriger Destillation nur ein Gemenge von schwefligsaurem Aethyl und unzersetztem Chlorthionyl, und die iiber 140° C. *) destii1irt.e Fliissigkeit ist vollkommen frei von Chlor.

Wendet man uberschussigen Alkohol a n , so entwickelt sich ebenfalls reines Chlorwasserstoffgas und keine Spur mhwetliger Saure , sobald der Alkohol vollkommen wasser- frei war. Zur vollstandigen Beendigung der Reaction muL allmalig so lange erhitzt werden, bis das im H a k e des Kolbens befindliche Thermometer den Siedepunkt des Alkohols zeigt. Die ruckstandige Flussigkeit destillirte vollstandig bis 160° uber ; sie wurde durch Fractioniren gereinigt, und so eine nicht unbedeutende Menge reinen schwefligsauren Aethyls gewonnen. Die Resultate einer Verbrennung mit chromsaurem Blei beweisen die Reinheit des Aethers :

*) Das chlorure Bthyl-sulfureux siedet bei 176O C.

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96 Carius, Oer die Chloride

Angewandt 0,3125. Gefunden 0,3960 Kohlensaure und 0,2049 Wasser.

Berechnet nach der Gefnnden Formel C4H,,80s

Kohlenst off 34,54 34,m Wasserstoff 7,28 7,24 Sauerstoff und Schwefel - 57,99

100,00. Chlorthionyl wirkt noch heftiger auf Methylalkohol ein,

als auf Aethylalkohol. Die dabei staltfindende Reaction ist zum Theil vollkommen der auf Aethylalkohol gleich , zeigt aber insofern Verschiedenheit , dals neben der Bildung von Chlorwasserstoff und schwefligsaurem Methyl auch noch die Bildung von Chlormethyl und methylschwefliger Saure statt- findet.

Unterwirft man die durch Anwendung gleicher Anzahl Mol. Methylalkohol und Chlorthionyl erhaltene Fliissigkeit nach beendigter Reaction , wobei allmiiilig so weit erhitzt werden mufs, dafs das Thermometer im Hake des Kolbens 70 bis 80° C. zeigt , der Destillation, so destillirt zuerst Chlorthionyl, und wenn dieses entfernt ist, bleibt das Thermo- meter kaum beim Siedepunkt des schwefligsauren Methyls, 12i0,5, constant, sondern h h r t fort zu steigen, wahrend sich der Ruckstand schwarzt , und bei hoher Temperatur unter Aufschiiumen nach Zweihch-Schwefelmethyl riechende gelbe olige Tropfen uberdestilliren und gleichzeitig schweflige Siiure entweicht.

Das Destillat ging bei neuer Destillation zwischen 80 und 122O C. vollstandig tiber; der uber iOOo erhaltene Theil zer- selzte sich beim Schiitteln mit kaltem Wasser sehr bald, und die erhaltene Losiing hinterliefs beim Abdampfen im Wasser- bade keine methylschweflige Saure. Da nun das chlorure ethyl-sulfureux einen um 16O hoheren Siedepunkt hat, als

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des Schwefels und deeren Derivate. 97

das schwefligsaure Aethyl, und vom Wasser unter Bildung von athylschwefliger Saure zerlegt wird, so glaube ich ein lhnliches Verhalten fur die dem schwefligsauren Methyl cor- respondirende Verbindung voraussetzen zu durfen ; wonach dann auch hier ein solches Chlorur nicht gebildet ware.

Das Gas, welches wlhrend der Reaction entweicht , ist nicht reiner Chlorwasserstoff, wie beim Aethylalkohol, sondern enthllt Chlormethyl. Es brennt mit grungesaumter Flamme, und wenn man es uber Wasser auffangt und nrit etwas Natronlosung schuttelt, zeigt das ruckstandige Gas alle Eigen- schaften des reinen Chlormethyls. Ohne Zweifel hatte sich hier eben so, wie ich gleich fur die Reaction mit iiberschiis- sigem Alkohol anfuhren werde , neben dem Chlormethyl methylschweflige Saure gebildel; es gelang indessen nicht, dieselbe in der braunen zersetzten Masse nachzuweisen.

Wendet man auf 1 Mol. Chlorthionyl 2 Mot. oder etmas mehr Methylalkohol a n , so zeigen sich bei der Destillation der nach beendigter Reaction ruckstandigen .Fliissigkeit ziem- lich dieselben Erscheinungen, wie bei dem eben beschriebenen Versuche, nur destillirt im Anfange nicht Chlorthionyl , son- dern d e r iiberschussige Alkohol. Fiihrt man die Destillation mit grofser Vorsicht aus, so gelingt es, falls man vollkommen reinen Methylalkohol angewandt hatte , eine kleine Menge schwefligsauren Methyls zu gewinnen, welches sich hier leichter rein erhalten Iiifst, als bei der Einwirkung von Halb- chlorschwefel. Zu seiner Darstellung vermeidet man einen grofsen Ueberschufs von Alkohol, wodurch es moglich wird, es durch fractionirte Destillation zu reinigen.

Die Identitiit dieser so erhaltenen Flussigkeit mit dem von mir kurzlich beschriebenen schwefligsauren Melhyl er- giebt sich aus folgenden Resultaten einer Verbrennung mit chrornsaurem Blei :

Annal. d. Chrm. u. P h d i m CXI. Bd. 1. Heft. 7

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98 Carius, 4ber die Chloride

Angewandt 0,2145. Gefunden 0,1738 Kohlensaure und 0,1090 Wasser.

Berechnet nach der Gefunden Formel C,H6S0,

Kohlenstoff 22,09 21,80 Wasserstoff 5,64 5,45

io0,oo. Sauerstoff und Schwefel - ?2,75

Der Ruckstand in dem Destillationsgefars, von dem das schwefligsaure Methyl abdestillirt ist, ist syrupartig und braun gefarbt, selbst wenn man die Temperatur nicht uber 140° steigen liek und vollkommen reinen Methylalkohol anwandte. Ich loste ihn in Wasser, dampfte die filtrirte Flussigkeit im Wasserbade ein, und erhitzte den gelben Ruckstand so lange, bis e r keine Reaction auf Chlorwasserstoff mehr gab. Durch AuflGsen in Wasser , Neutralisiren mit kohlensaurem Baryt und Verdampfen des Filtrates wurden tafelformige rhombische Krystalle eines Barytsalses erhalten , welches alle Eigen- schaften des niethylschwefligsauren Baryts zeigte.

Schwefligsaures Methyl ist auffallend schwer darzustellen, was seinen Grund in einer weitergehenden Zersetzung hat, die durch die Braunfarbung und Entwicklung von schwefliger Saiire angedeutet wird ; aiich von dem metbylschwefligsauren Salz erhielt ich bei dem eben beschriebenen Versuche nur einige Decigramme.

LaBt man Amyluikohol auf Chlorthionyl einwirken , so sind die Erscheinungen vollkornmen analog denen bei An- wendung von Aethylalkohol stattfindenden. Es bildet sich bei Anwendung von uberschussigem Chlorthionyl kein dem chlorure ethyl-sulfureux correspondirendes Chlorid , sondern nur schwefligsaures Amyl, welches aber hier stets stark braun geflrbt erhalten wird, indem, wie es scheint, das uberschus- sige Chlorthionyl eine Einwirkung darauf ausiibt.

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des Schzoefels und deren Derivate. 99

Wendet man wenigstens 2 Mol. Alkohol auf 1 Mol. Chlorid an, so erhalt man ufiter alleiniger Entwicklung von Chlorwasserstoff reines schwefligsaures Amyl. Wenn nach beendigter Reaction aus der Retorte so lange destillirt wird, bis das Thermometer itn Danipf 150° C. zeigt, so ist dcr Ruckstand chlorfrei ; es ist eweckmafsig , nicht weiter xu destilliren, da bei der Destillation eine bedeutende Zersetzung stattfindet, sondern die Flussigkcit in der Retorte langere Zeit auf 150° C. etwa zu erhalten, wahrend zugleich ein Strom trockener Rohlensaure hindurchgeleitet wird. So gelingt es, ein nur schwach gefarbtes schwefligsaures Amyl ganz frei von Amylalkohol zu erhalten. Die Analyse der so dargestellten Flussigkeit beweist seine Identitat mit dem von E. F r i e s und mir friiher *) beschriebenen Amylather :

Angewandl 0,2884. Gefunden 0,5728 Kohlensaure und 0,2589 Wasser.

Berechnet nach der Gefunden Formel C,,H,,SOs

Kohlenstoff 54,16 54,05

Sauerstoff und Schwefel - 36,04 Wasserstoff 9,97 9,91

100,oo. Die Einwirkung dos Chlorthionyls auf Alkohole lafst

sich daher, gleichviel ob der Alkohol oder das Chlorid irn Ueberschufs angewandt wurde , ausdriicken durch die Gleichung :

Bei Methylalkohol wurde dann gleichzeitig noch eine andere Reaction beobachtet , welche sich angedeutet Cndet durch die Cleichung :

*) Diese Annalen CX, 1.

7 "

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100 Carius, iiber die Chloride

Durch Einwirkung von Phosphoroxychlorid auf athyl- schwefligsaure Saiz haben G e r h a r d t und C h a n c e 1 **) ein eigenthiimliches Chlorid erhalten , welchcs sie mit dem Nanien .chlorure ethyl-sulfureux<' bezeichneten. Dieser Korper steht seinem von G e r h a r d t und C h a n c e l schon nachgewiesenen Verhalten gegen Alkalien nach , womit e r Chlormetall und athylschwefligsaure Salze liefert , zn der athylschwefligen Saure in derselben Beziehung wie das Chlorur der Aethyl- kohlensaure zu dieser Saure.

Dieses chlorure Bthyl-sulfureux und die demselben homo- logen Verbindungen der Methyl- und Amyl-Griippe ***) geben das Material zur Darstellung von Doppelathern der schwef- ligen Saure, von denen ich jetzt zwei untersucht hahe.

Das genannte Chlorur mischt sich rriit Methylalkohol ohne sichtbare Veranderung ; erhitxt man aher das Gemisch in einern zugeschmolzenen Rohre auf cine Temperatur von 110 bis 120°, so findet rasch Einwirkung stalt, die hier aber complicirter ist. Oeffnet man namlich das Rohr, so gerath die braun gewordene Fliissigkeit in heftiges Kochen, wahrend grofse Mengen von Chlormethyl und schwefliger Saure ent- weichen; dagegen findet sich in dem entweichenden Gas- gemisch wie in der Flussigkeit nur wenig Chlorwasserstoff. Destiilirt man die durch gelindes Erwarmen von der grofsten Menge der Gase befreite Fliissigkeit, so geht fast AIles unter 100° C. uber, und der syrupartige Ruckstand verkohlt bei

*) Ueber diese Formel wird weiter unten die Rede sein. **) G e r h a r d t und C h a n c e l , Compt. rend. XXXV, 631.

***) Dem chlorure e'thyl- sulfureux vollkommen analoge Verbindungen erhalt man duroh Einwirkung vou Phosphoroxychlorid auf methyl- schwetligsaures oder amylschwesigsaures Natron. Die Unter- suebung dieser Verbindungen heschiiftigt mich zur Zeit noch.

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des Schwefels und dererr Derivate. 101

starkerem Erhitzen , unter Ausgeben von schwefliger Saure und stinkenden Dampfen.

Das Destillat mischt sich mit Wasser unter Abscheidung farbloser Tropfen einer in Wasser untersinkenden Flussigkeit, die sich ganz verhalt wie schwefligsaures Aethyl, und welche chlorfrei, also ohrie Zweifel der gesuchte Doppeliither war. Die von einer neuen Darstellung stammende Flussigkeit wurde im Destillationsgefafs nur bis auf 145O C. erhitzt, der Ruckstand mit Wasser aufgeliist und das klare gelbe Filtrat mit kohlensaurem Blei behandelt ; die filtrirte chlorfreie Flus- sigkeit gab nach den) Verdampfen eine schone Krystallisation von athylschwefligsaurem Blei , welches Salz durch seine Krystallform und iibrigen Eigenschaften sehr gut charac- terisirt ist, so dafs ich eine Analyse fur uberflussig hielt.

Bei Anwendung von Aniylalkohol und dem chlorure Bthyl- sulfureux ist der Vorgang genau analog, sobald man im zu- geschmolzenen Rohr bis auf 120° C. erhitzt. Beim Oeffnen des Rohres entweicht vie1 schweflige Saure mit etwas Chlor- wasserstofrgas ; der Ruckstand wurde mil kaltem Wasser ge- mischt, dieses Waschwasser rasch von den ausgeschiedenen Tropfen von schwefligsaurem Amy1 - Aethylather und Chlor- amyl getrennt , mil kohlensaureni Blei neutralisirt und die filtrirte Liisung verdampft. Es blieb ein in w e i b e n Schupp- chen krystallisirendes , in Alkohol losliches Bleisalz zuruck, von dem ich aber zu wenig erhielt, urn eine Analyse damit anzustellen; da sich indessen nicht Chlorathyl, sondern nur Chloramyl gebildet hatte, so ist nicht daran zu zweifeln, dafs dieses Salz athylschwefligsaures Blei war.

Das Resultat dieser ersten Versuche zeigt deutlich, dafs die Bildung von schwefligsauren Aethern wohl statlfindet, dafs aber gleichzeitig die dabei auftretende Chlorwasserstoffsaure mit den Alkoholen in Wechselwirkung tritt, und nun das bei der letzten Reaction gebildete Wasser eine Zersetzung des

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i 02 Car i u s , iiber die Chloride

schwefligsauren Aethers und ohne Zweifel auch des nocli un- verariderten chlorure Cthyl-sulfureux bewirkt. Wenigstens er- klart sich durch diese Annahme die gleichzeitige Bildung der beobachteten Verbindungen.

Um die Bildung der Chlorwasserstoffsaure zu verhuten und damit die Zersetzung der schwefligsauren Aether, ist nur nijthig , anslatt der Alkohole Natriummethylat oder Natrium- aniylat anzuwenden, und in der That crfolgt dann die Bildung d e r schwefligsauren Doppelather sehr rasch und leicht. Man lost zur Darstellung derselben Natrium in uberschussigem Methyl- oder Amylalkohol auf, und setzt zu der Losung, die miiglichst frei von Natronhydrat sein rnufs, das chlorure ethyl- sulfureux in der dem angewandten Natriurn entsprechenden Menge. Die Flussigkeit erhilzt sich durch diesen Zusalz s ta rk , und es entsteht eine Fallung von Chlornatrium; man unterwirft bei Darstellung der Methyl-Aethylverbindung der Destillation, und fangt das uber 100° Uebergehende fur sich auf, woraus man durch fractionirte Destillation den Aether reinigt.

Man kann die Doppeliither auch noch nach einer anderen Methode darstellen. Dieselbe Einwirkung , welche die Alko- kole bei erhiihter Temperatur und Druck auf das chlorure Bthyl-sulfureux ausuben , findet auch im unverschlossenen Gefafse statt , wenn man ofters bis zum Kochen erwarmt; freilich dauert dtlnn der Versuch sechs bis acht Tage und Ianger. Man verbindet den das Gemisch enthaltenden lang- halsigen Kolben mit einem aufsteigcndcn Kuhlrohr und dieses am oberen Ende wit eineni Trockenrohr , und erwarnit die Flussigkeit taglich mehrere Stunden lang zurn Kochen ; in dieser Weise bildet sich nur wenig Chlormethyl oder Chloramyl.

Der Methyl- Aethylather der schwefligen Saure ist e ine farblose angenehm riechende Flussigkeit , die an der Luft

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des Schwefels und deren Derivafe. 103

wie die einfachen Aether unter Wasseraufnahme schweflige Saure ausgiebt.

Des Siedepunkt des Aethers ist 140 bis 14i0,5 C. *), das specifische Gewicht 1,0675 bei + 18O C., bezogen auf Wasser von 4O,1 C. als Einheit; die Dampfdichte endlich wurde nach dem Verfahren von D u m a s zu 4,3045 gefunden.

Die ResuItate der AnaIyse dieses Aethers sind folgende : i) Verbrennung mit chromsaurem Blei :

Angewandt 0,2543. Gefunden 0,2700 Kohlensiiure und 0,1499 Wasser.

2) Verbrennung rnit Quecksilberoxyd und kohlensaurem Nalron :

Angewandt 0,3345. Gefunden 0,6301 schwefelsaurer Baryt :

Berechnet nach der Gefunden Formel C,H8S0,

Kohlenstoff 28,96 29,02 Wasserstoff 6,55 6,45 S c h w e fel 25,87 25,80 Sauerstoff - 38,10

100,oo. In seinem chemischen Verhalten ist das schwefligsaure

AethylmethyI vollstandig analog dem Methyl- oder Aethyl- ather derselben Saure ; es giebt dieselben Urnsetzungen mit Wasser, Alkalien , Ammoniak und Phosphorsuperchlorid, wie diese.

Schwefligsaurer Amyl - Aethyliither wurde nach den be- schriebenen Methoden dargestellt ; da indessen dieser Aether analog dem schwefligsauren Amyl bei der Destillation eine geringe Zerlegung erfahrt, so wird es nothig, ihn im Strome

*) Eine genauere Bestimmung war wegen Mange1 an hinreichendem Material nicht moglich. Der Barometerstand war Om,754.

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104 Carius, iiber die Chloride

von Kohlensaure yon dem uberschiissigen Amylalkohol zu befreien. Durch dieses Erhitzen erhalt der Aether meist eine schwach gelbliche Farbe.

Der schwefligsaure Amyl-Aethylather ist eine olige Flus- sigkeit, die in allen ihren Eigenschaften dem schwefligsauren Amy1 analog ist; sie destillirt zwischen 210 und 225O C., aber unter Zuriicklassung von kohliger Substanz , die bei slarkerem Erhilzen stinkende Diimpfe giebt, Entwicklung von schwefliger Saure und Bildung von Amylalkohol.

Seine Analyse gab folgende Resultate : 1) Verbrennung mit chroinsaurem Blei :

Angewandt 0,2585. Gefunden 0,4435 Kohlensaure und 0,2087 Wasser.

2) Verbrennung mit Quecksilberoxyd und kohlensaurem Natron :

Angewandt 0,2450. Gefunden 0,3155 schwefelsaurer Baryt.

Berechnet nach der Gefunden Formel C,H,,S08

Kohlenstoff 46,77 46,66 Wasserstoff 8,97 8,89 Schwefel 17,68 17,77 Sauerstoff - 26,68

io0,oo. Die Entstehungsweisen der beschriebenen Doppellther

lassen sich durch die folgenden Gleichungen veranschau- lichen :

Ich erwiihne endlich noch eines Yersuches, den ich an- stellte, um die beschriebenen Aelher zu erhalten, der aber kein sicheres Resultat lieferte. Da durch Umlegung mit

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des Schwefels @lad depen Derivate. 105

Alkalien aus den schwefligsauren Aethern die Salze der sog. Aetherunterschwefelsauren entstehen, so sollte man erwarten, dafs durch Einwirkung von Jodiden der Alkoholradicale auf die Salze dieser Sauren auch wieder die schwefligsauren Aether entstehen. Ich stellte den Versuch mit athylschweflig- saurem Blei a n , auf welches ich im zugeschniolzenen Rohre bei einer bis zu 140° gehenden Temperatur Jodmethyl ein- wirken liefs. Es bildet sich schon unter 100° Jodblei und die Urnsetzurig findet in der vermutheten Richtung wirklich statt, aber aufserst langsam. Ich habe ein mit dem Gemisch gefulltes Rohr wahrend zweier Tage auf eine Temperatur von 120 bis 130° erhitzt und erhielt doch nur einige Tropfen Aether, welcher noch aufserdem schwer zu reinigen ist. Als ich bei einem neuen Versuche riur wenig hoher erhitzte, hatte sich ein grofser Theil der Masse vollig zersetzt in Schwefelblei, schwefligd Slure und andere Producte.

B e r z e l i u s und M a r c e t haben zuerst durch Einwirkung von feuchtem Chlor auf Schwefelkohlenstoff cine Substanz erhalten, welche K ol b e splter schwefligsaures Kohlensuper- chlorid nannte. K o 1 b e lehrte gelegentlich seiner schonen Untersuchungen *) uber diesen Korper und die von ihm daraus erhaltenen sogenannten gepaarten Unterschwefelsaureri seine chernische Natur kennen. Mit Hulfe dieser Substanz, die von G e r h a r d t Chloriir der trichlormethylschwefligen Saure genannt wurde, habe ich versucht einen Doppelather der scliwefligen Saure darzustelleri , uin dadurch die cherni- sche Natur des genannten Chlorides, sowie der trichlor- methylschwefligen Saure noch weiter zu prufen.

Erhitzt man das Chloriir niit wasserfreiern Aethylalkohol, so lost cs sich leicht auf, es entwickeln sich geringo Mengen

*) K o 1 b e , zur Kenntnifs der gepaarten Verbindungen. Diese An- nalen LIV, 145.

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106 Caripds, iiber die Chloride

von Chlorwasserstoff und beim Erkalten scheidet sich um so weniger von dern festen Chlorur wieder aus, je after man die Mischung erhitzt hatte, wahrend sich bei jedem neuen Erhitzen eine grobere Menge Chlorwasserstoff entwickell, und spater auch schweflige Saure auftritt. Verfahrt man in derselben Weise, wie ich oben fur die Darstellung des Aethylmethylathers innter Anwendung von Alkohol angegeben habe, so erhalt man nach mehreren Tagen endlich eine Flus- sigkeit, aus der durch Abkuhlung kein festes Chlorid mehr abgeschieden wird, und die bei noch langerer Digestion endlich auch den Geruch nach dem Chloride ganz verliert. Diese Fliissigkeit yvurde destillirt , und durch Fractioniren eine bei 77O constant siedende Flussigkeit von einem zweiten, bei hoherer Temperatur siedenden Theil getrennt.

Die bei 77O siedende Plussigkeit roch wie Zweifach- Chlorkohlenstoff und besafs einen siifsen Geschmack; ein Tropfen auf Asbest gebracht brannte in der Gasflamme mit rufsender grungesaumter Flamme. Die Analyse der Flussig- keit endlich beweist noch, dars dieselbe Zweifach -Chlor- kohlenstoff, Trichlormethylchlorir ist.

Verbrennung mit Quecksilberoxyd und kohlensaurem Natron :

Angewandt : 0,2256. Erhalten : 0,8305 Chlorsilber

Silber.

Gefunden Kohlenstoff - Chlor 91,46

und 0,0032 metallisches

Berechnet nach der Formel CICCI3

7,81 92,19

m,ao. Das Auftreten dieser Substane und der schwefligen Saure

bcweist , dafs ein Theil des Chlorurs einfach und ohne Theil-

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dees Schooefels und dmm Deriuafe. 101

nahme der Elemente des Alkohols a n dieser Zerlegung, nach d e r folgenden Gleichung zerfiel :

O CllCClS so = so2 + ClCCl~.

Schon K o l h e fand, dafs das genannte Chloriir beim Hindurchloiten seines Dampfes durch ein gluhendes Rohr nach der Gleichung :

zerfallt ; da nun das Trichlorniethylchloriir heim Gliihen seines Dampfes unter Chlorabgabe in den der Aethylgruppe ange- horenden s. g. Einfach- Chlorkohlenstoff ubergeht , so hake ich fur wahrscheinlich, dafs der Bildung dieses lelztern K6r- pers beim Gluhen des Damples von dem Chloriir der trichlor- methylschwefligen S l u r e ebenfalls dieselbe Zersetzung vor- ausgeht, wie beim Kochen mit Alkohol nach der Gleicliung 1).

Die beschriebene Zersetzung findet in noch grol'serem Make s ta t t , wenn man das Chlorur mit absolutem Alkohol im zugeschmolzenen Rohr erhitzt ; dann aber bildet sich gleichzeitig trichlormethyIschweflige Saure und Chlorathyl.

Der zweite Theil des oben genannten Destillates, von dem Alles unter 100° C. siedende getrennt war, konnte nicht weiter gereinigt werden, da er in zu kleiner Menge erhalten wurde, obgleich eine grol'se Menge Chloriir verwandt war.

Die Fliissigkeit roch nicht mehr nach Chlorkohlenstoff, sondern eigenthiirnlich reizend aber nicht unangenehm ; mit einer Lasung von Kalihydral in absoluteni Alkohol gab sie keine Spur Chlorkalium, aber ein in Wasser und Alkohol leichtlosliches chlorhaltiges Kaliumsalz , welches sich ganz verhielt wie trichlormethylschwefligsaures Kali; wahrscheinlich hatte sich also ein kleiner Theil des Chlorurs mit dem Al- kohol zu Chlorwasserstoti' und einem Doppelather umgesetzt,

dessen Formel sein wird : OaCCls, C&. so

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1 08 C a r i u s , iiber die Chloride

Mit den Aetherunterschwefelsauren der Alkoholreihe C,H,,+,O stehen der Zusammensetzung nach in naher Be- ziehung die Benzolschwefelsaure, die Naphtalinschwefelsiiure, oder uberhaupt die Sauren , welche durch Einwirkung von Schwefelsaure auf die Hydriire d e r Alkoholradicale Phenyl, Toluenyl, Xylonyl u. s. w. his jetzt allein erhalten worden sind. Sind diese Sauren wirklich analog der athylschwefligen Saure u. s. w., so mussen ihnen neutrale Aetherarten ent- sprechen, welche dem schwefligsauren Aethyl correspondiren, und diesem in ihrer Entstehungsweise und ihrem chemischen Verhalten analog sind.

Um iiher diese Frage entscheidon zu konnen, habe ich das Verhalten von Chlorthionyl und das von Halhchlorschwefel gegen Phenylalkohol untersucht. Der Plrenylalkohol wurde au diesem Zweck dargestellt durch Abscheidung aus der Kaliumverbindung riach der von L a u r s n t angegehenen Me- thode ; e r zeigte einen constanten Siedepunkt 184O und war bei + 8O C. noch fest. Chlorthionyl und Halbchlorschwefel waren von den in grolsem M a t s t a b e dargeslellten , wie ich sie zu den friihereri Versuchen verwaridt hatte.

Ein Versuch im Kleinen zeigte, dafs die Einwirlrung des Chlorthionyls wie auch des Halbchlorscbwefels so ungemein heftig ist, dafs es nothig wurde, heide mit dem mehrfachen Volurri einer vollig indifferenten Flussigkeit (ich wclndte wasser- und alkoholfreien Aether an) zu mengen, und dann ers t mit dem Phenylalkohol zusammen zu bringen. Die Ausfuhrung der Versuche geschah nun in derselben Weise, wie ich fur den Aethylalkohol beschrieben habe.

Phenylalkohol und Chlorlhionyl wirken , in dieser Weise rnit Aether verdiinnt, in der Kalte nur sehr langsam auf einander ein; man nimmt eine ger ings Enlwickelung von schwefliger Saure und Chlorwasserstoff wahr , uiid zur Bc- endigung der Reaction ist ein rriehrtagiges Erwlrrnen bis

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des Schzoefels und deren Derivate. 109

zum gelinden Sieden erforderlich. Wahrend der ganzen Zeit entwickelt sich kein anderes Gas als schweflige Saure und Chlorwasserstoff, zugleich farbt sich der Ruckstand und stellt zuletzt e ine braunviolette dicke Flussigkeit dar.

Bei einem Versuche wandte ich auf 1 Mol. Clilorthionyl 1 Mol. Phenylalkohol a n , und destillirte das Product, bis hei einer Temperatur von 100° nichts mehr uberging. Das De- stillat bestand aus Aether gemengt mit etwas unverandertem Chlorthionyl ; der Ruckstand stellte eine zahe schwarze Masse d a r , die beim Erkalten fast ganz fest wurde. Bei starkerern Erhitzen stieg das Thermometer rasch auf 180° und es de- stillirte dann bis 260° eine gelbe rauchende Flussigkeit uber. Der jetzt bleibende Ruckstand war e ine pechahnliche schwarze Masse, die sich in lange Faden ziehen l i e t , beim Erkalten sprode wurde und bei noch starkerem Erhitzen stinkende schwefelhaltige Diimpfe ausgab. Die zwischen 180 und 2600 destillirte Flussigkeit rauchte an der Luft ; uni sie auf das nioglicherweise gebildefe Chlorid der Benzolschwefelsaure *) zu prufen , wurde sie mit einer alkoholischen ICdlihydrat- IBsung gemischt , wodurch sich reines Chlorkaliuin ohne an- dere Beimengung ausschied. Reim Verdunnen der Lijsung mit Wasser blieb die Losung kiar; sie wurde mit uber- schussiger Schwefelsaure versetzt und die Losung von dem dadurch ausgeschiedenen Oel ge t rennt , welches nach dem Trocknen und Destilliren sich als reiner Phenylalkohol er- wies und weder Chlor noch Schwefel enthielt. Die was- ser ige Flussigkeit im Wasserbade verdampft und bis zur Vertreibung aller Chlorwasserstoffsaure erhitzt , gab keine Spur eines liislichen Barytsalzes. --

*) Diese Verbindung, C1C6H,SO2, siedet bei 254') und miikte sich also in dem bezeichneten Destillate finden.

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110 C a r i u s , dibsr die Chloride

Ein zweiter Versuch wurde mit iiberschiissigem Phenyl- alkohol angestellt, und nach der Vertreibung des Aethers sowie der Chlorwasserstoffsaure durch Erhitzen des offenen Kolbens im Wasserhadc , die Flussigkeit ohne zu destilliren direct mit alkoholischer Kaliliisung behandclt. Es konnte auch hier keine Spur von benzolschwefelsaurem Salze oder einer schwefelhaltigen organischen Verbindung erhalten werden.

Endlich stellte ich noch Versuche mit Chlorschwefel und Phenylalkohol an , deren Beschreibung ich hier unterlasse, da sie kein neues Resultat licferten. Nur habe ich noch zu bemerken, dafs weder durch Halbchlorschwefel , noch durch die mit Chlor gesattigte Flussigkeit Chlorphenyl ge- bildet wird, was als ein weiterer Beweis zu betrachten ist, dafs sich der Phenylalkohol und wahrscheinlich daher auch die ihm analogen Alkohole ganz anders gegen Chlorschwefel verhalten , wie Aethylalkohol u. s. w.

Falst man die Resultate meiner Untersuchungen iiber die Chloride des Schwefels zusammen, so ergiebt sich fur die damit im Zusammenhang stehenden Verbindungen eine rationelle Betrachtungsweise , welche sich allen bis jetzt be- kannten Eigenschaften dieser Korper anschliett, und sie zu einer Gruppe vereinigt. Man gelangt hierzu durch die ein- fache Annahme des Radicals SO *) fur das Chlorthionyl,

*) Dieselhe Annshme dieses zweiatomigen Radicals SO ist schon von H. S c h i f f (diese Annalen CII, 103) gemacht worden; er nennt es sehr zweckmiifsig Thionyl, und stiitzt die Annahme des- selben auf die Entstehungsweise des Chlorthionyls durch Einwir- kung von Phosphorsuperchlorid auf schweflige SKure. Diese An- nahme konnte sich damals aber nur auf das Chlorthionyl, die schweflige Stlure und ihre Salze beziehen; S c h i f f dehnt sie noch anf einen von ihm darstellten, wahrscheinlich amidartigen Karper, und auf R o s e ’ s Sulfitsmmon BUS, welchem er die Formel

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die Aether und Sauren, welches Radical in dieser Gruppe der schwefligen Saure genau dieselbe Rolle ubernimmt , wie das Radical CO in der Kohlensiuregruppe und das Radical SO2 in der Gruppe d e r Schwefelsaure, und ebenso wie die beiden letzteren Radicale zweiatomig, d. h. 2 At. Wasserstoff aquivalent ist. Die folgende Zusammenstellung mag dazu dienen, diese Ansicht noch mehr zu veranschaulichen.

Cl&3Cl2 0, so

so O I S 0 0 so CIICsH5 O21C2H5H C2H5, Me 021:&&,], 0 SO*) NlHs

0 SO**) N 1 C2H5, H2.

Diese Annahme ist indessen nicht zulassig fur die Ben- zolschwefelsaure u. s. w., denn sie stutzt sich wesentlich auf die Existenz und das chemische Verhalten der schweflig- sauren Aether. Da nun solche Aether nicht aus Phenyl- alkohol und Chlorthionyl oder Halbchlorschwefel entstehen, so kBnnen diese durch Einwirkung von Schwefelsaure aiif Kohlenwasserstoffe gebildeten Sauren hier auch nicht in Be- tracht kommen, und d i e t wird wahrscheinlich selbst dann nicht geschehen kiinnen, wenn es gelingen sollte, eine Phenylverbindung darzustellen , welche dem schwefligsauren Aelhyl analog zusammengesetzt ware. Eine solche Verbin- dung wird man vielleicht erhalten durch Einwirkung von

NH&so}O giebt; aber fiir beide KGrper bedarf diese Annahme

erst noch weiterer experimenteller Priifung. *) Sulfitammon von H. Rose.

**) Aufser diesem Amide der athylschwefligen Siure habe ich bis jetzt noch zwei seiner Analogen untersucht und werde dcmnlchst dariiber Mittheilung maehen.

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112 Carius , iiber die Chloride

Kaliumphenylat auf das Chlorur der Benzolschwefelsaure *), sie wird aber wahrscheinlich ein von den schwefligsauren Aethern verschiedenes chemisches Verhal ten zeigen.

Bekanntlich werden Methylwasserstoff und seine Homo- logen nicht durch Schwefelsaure verandert , so vie1 mir be- kannt hat man indefs nie versucht, ob Schwefelsaure bei hiiherer Temperatur und Druck eine Einwirkung ausiibt ; zu weiterer Priifung meiner Ansicht habe ich einige Versuche hieruber angestellt.

Ich fullte ein Gemisch von gleichen Volumen wasser- freier Schwefelslurc und Schmefelstiure - Anhydrid in kleine, bis zu ' IS Cubikcentimeter fassende Glaskugeln. Eine solche Hugel wurde in eine elwa 200 CC. fassendc Medicinflasche gethan, dann der Hals der Flasche vor der Lampe ausge- zogen, und mit Hiilfe eines engen Gasleitungsrohres reines Methylwasserstoffgas, dargestellt durch Erhitxen yon essig- saurem Kali und Kalihydrat, eingeleitet , bis das mit dem Boden aufwiirts gerichtete Gefafs ganz gefullt und die Luft verdrangt war; alsdann wurde zugeschmolzen , und das so gefullte Gefafs einen Tag lang im Wasserbade erhitzt, nach- dem vorher die die Schwefelsaure enthaltende Glaskugel zer- schellt war.

Nach dem Erkallen zeigte sich beim Oeffnen des Gefafses unter etwas Wasser keine Volumabnahnie, und die Schwe- felsaure gab mit kohlensaurem Baryt neulralisirt keine Spur eines loslichen Barytsalzes.

Dasselbe fand statt als bei einem neuen Versuch die Temperatur im Oelbade auf 150° gesteigert wurde.

Auch Aethylwasserstoff, dargestellt aus Zinkathyl durch Zersetzung mit Wasser , Waschen und Trocknen des Gases verhielt sich bei einem in ahnlicher Weise angestellten

a) Ich werde diesen Versuch in niichster Zeit anstellen.

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Versuche ebenso, nachdem 5 bis 6 Stunden lang auf 150° erhitzt war.

Eine weilere Verschiedenheit zwischcn der Benxolschwefel- saure u. s. w. und der athylschwefligen Saure und ihren Homologen besteht noch in der Existenz des Sulfobenzids und seiner Analogen, welchen Verbindungen correspondirende aus der Alkoholreihe CnH2,+20 nicht zu existiren scheinen.

Ueber die rationelle Betrachtungsweise der Benzolschwe- felsaure, sowie des Sulfobenzids und ihrer Analogen hoffe ich durch einige neue Vorsuche Aufschlufs zu erhalten, wo- mit ich noch beschaftigt bin; ich vermuthe aber, dafs die von K e k u l 6 *) fur diese Kiirper vorgeschlagene Betrach- tungsweise hier die grijfste Wahrscheinlichkeit haben wird.

K e ku 16's Ansicht uber die besprochenen Korper geht dahin, in ihnen das Radical S62 +b*) anzitnehnien , was durch die folgenden Formeln anschaulich getnacht wird :

H H OjS$ o/s:z CZH5 also, C6H5 a

Diese Betrachtungsweise scheint mir nicht zulassig fur die schwefligsauren Aether, die lthylschweflige Slure und ihre Homologen, indem diese Verbindungen durch ihre Ent- stehungsweise und ihr chemisches Verhalten sehr gut unter- schieden sind von den nnalogen, sich dem Chlorsulfuryl, CIS, SO2, und der Schwefelslure anschliehenden Verbindungen.

*) Keknl6 , diese Annalen CIV, 139.

**) I n einer spBteren Abhandlung (Constitution und Metamorpho- sen u. s. w., diese Annalen CVI, 152, Anmerkung) sagt Ke-

kul6 indefs, dafs auch die Gruppe SO unter gewissen Urnstinden die Rolle eines Radicals spielt, und hBlt diese Annahme mit seiner zuerst aufgestellten fiir gewissermafsen synonym.

H e i d e l b e r g , den '1. April 1859.

Auual. d. Chemie u. Phartu. CXI. Ed. 1. Heft. 8