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304 Dumas u. Liebig, fib. d. Constitut. d. org. SHuren. Die brittische Association fii; die Fortschritto der Wissen- schaften hat in ihrer letzten zu Liverpool gehaltenen Versamm- lung den Wunsch ausgesprochen, dass ihr ein Ueberblicli des gegenwartigen Zustsndes der organischen Chemie von Hr. Lie- big und mir in der nachsten Versammlung vorgetrsgcn wer- den miichte. Die Mitwirliung und die Geneigtheit der engli- schen Gelehrten sind also fur unscr Werk gewonnen. Die Stel- lung Brn. Liebig's versichert uns die Tbeilnahme Cbonne co- lontt,) der Chemiker des Nordcns von Europa. Was mich betrill't , so glauble ich nicht zu vie1 znzusichern, wenn ich die Rlitwirkung der franzbsischen Chemiker versprach und die Ver- sicherung gab, dass die Academie unsere Untersuchungcn mit allen Kriiften unterstiitzen und die Mittbeilung derselben mi6 dem Wohlwollen aufnehmen werde, von welchem sic uns sehon so viele Beweise gegebeu hat. 1. Ueber die Conslilu fion der organischela Suu'iul.cn. V O l l DUMAS Und LIEBIG. (Conipt. rend. T. V. png. 86'3.) Xu der Zeit, als die Elementaranalyse durch die 1151. G a y . $ L u s s a c und T h 6 n ar 11 jenen Grad von Genauiglieit cr- lengtc, der es ihren Nactifulgern miiglich gemacht hat, gewisse Anwendungen davon aut' das Studium der Z~~sammensetzung or- ganischer Kurper zu machen, unternshmen jene beruhmten Che- miker die Analyse des citronensaurcn Kalkes. Sphter bestimmto B e r z e l i u s die Zusammensetzung der Citronenssure und des citrortensauren Bleioaydes j die Zusammensetzung dieser Siiurc schien dadurch unnbiinderlich festxustehen. I[ridess fand B e r- z e l i u s selbst durch spiitere ZintersucLiung.cn, dass die Citro- nensiiure, angesehen a1s C1 131 04, wie es bisher geschehen, Sake von schr ungewiihnlichen Eigenschaften hervorbringen wiirde. Das Natron- und das Bnrytsala, z. B. bis 2000 C. er- wiirmt , verlieren Wasscr , welches sic vorher nicht enthielten. Dic Yiiure scheint dnher zersetzt zu scin. Wenn nian i:idess

Ueber die Constitution der organischen Säuren

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304 Dumas u. Liebig, fib. d. Constitut. d. org. SHuren.

Die brittische Association fii; die Fortschritto der Wissen- schaften hat in ihrer letzten zu Liverpool gehaltenen Versamm- lung den Wunsch ausgesprochen, dass ihr ein Ueberblicli des gegenwartigen Zustsndes der organischen Chemie von Hr. Lie- b i g und mir in der nachsten Versammlung vorgetrsgcn wer- den miichte. Die Mitwirliung und die Geneigtheit der engli- schen Gelehrten sind also fur unscr W e r k gewonnen. Die Stel- lung Brn. L i e b i g ' s versichert uns die Tbeilnahme Cbonne co- lontt,) der Chemiker des Nordcns von Europa. Was mich betrill't , so glauble ich nicht zu vie1 znzusichern, wenn ich d ie Rlitwirkung der franzbsischen Chemiker versprach und die Ver- sicherung gab, dass die Academie unsere Untersuchungcn mit allen Kriiften unterstiitzen und die Mittbeilung derselben mi6 dem Wohlwollen aufnehmen werde, von welchem sic uns sehon so viele Beweise gegebeu hat.

1. Ueber die Conslilu fion der organischela Suu'iul.cn. V O l l

D U M A S Und L I E B I G .

(Conipt . rend. T. V. png. 86'3.)

X u der Zeit, als die Elementaranalyse durch die 1151. G a y .$ L u s s a c und T h 6 n ar 11 jenen Grad von Genauiglieit cr- lengtc, der es ihren Nactifulgern miiglich gemacht hat, gewisse Anwendungen davon aut' das Studium der Z~~sammensetzung or- ganischer Kurper zu machen, unternshmen jene beruhmten Che- miker die Analyse des citronensaurcn Kalkes. Sphter bestimmto B e r z e l i u s die Zusammensetzung der Citronenssure und des citrortensauren Bleioaydes j die Zusammensetzung dieser Siiurc schien dadurch unnbiinderlich festxustehen. I[ridess fand B e r- z e l i u s selbst durch spiitere ZintersucLiung.cn, dass die Citro- nensiiure, angesehen a1s C1 131 04, wie es bisher geschehen, Sake von schr ungewiihnlichen Eigenschaften hervorbringen wiirde. Das Natron- und das Bnrytsala, z. B. bis 2000 C. er- wiirmt , verlieren Wasscr , welches sic vorher nicht enthielten. Dic Yiiure scheint dnher zersetzt zu scin. Wenn nian i:idess

Dumas u. Liebig , iib.d. Constitut. d. org.SBuren. 305

diese S a k e mit Wasser zusammen bringt, so findet man in ihnen wieder die gewiihnliche Citronensiiure mit allen ihren Eigenschaf- ten. Diese scheinbare Beweglichkeit der Elemente i n der Citronen- siiure hat Aufsehen bei allen Chemikern erregt. Es giebt wohl nur wenige, die nicht, in der Hoffnung, die richtige Erklarung hiervon zu finden, einige Versuche sngestellt hiitten. Wir ha- ben geglaubt , die Untersuchung dieser grossen Schwierigkeit sei eine der ersten Aufgaben, die uns bei dem unternommenen allgemeinen Studium beschiifligen miisse.

I n der That haben wir gefunden, dass man bei gehijriger Vorsicht den meisten citro- nensauren Salzen dieselbe Menge Wasser entziehen kann, welche das Natron- und Barytsalz in den Versuchen von B e r a e - 1 iu s verloren. Man muss dnher anriehmen, dass das Wasser nicht wirklich zur Busammensetzung der Citronendure gehiire. Indessen, diess angenommen, so bleibt noch die Schwierigkeit, zu erkliiren, wie bei den Versuchen von B e r z e l i u e , eben so wie bei den unsrigen, jedes Atom Citronensiiure um ein Drittel Atom Wasser verliere und nicmals mehr. Diese Schwierigkeit kann nach den iilteren Ansichten uber die Natur der Siiuren nur durch die Voraussetzung beseiligt werden, dass das Atom der Citronensiiure zu verdreifachen wiire, man also in den neutrs- len citronensauren Salzen in der That 3 Atome Basis babe. Man wiirde dann folgende Reihe erhalten :

Die wshre Siiure: Ciz Hi0 0,i Getrocknete ,, C1.t Hi0 0 1 1 + 3H2 0 Krystallisirte ,, Ci2 Hi0 O i i 3. 3 H 2 0 f 2H2 0 Wahre Sake Cis Hlo O l i $. 3 B a O ; 3NaO; 3 A g O .

Each Aufstellung dieser Puncte haben wir uns mit einer Untersuchung gleictier Ordnung beschiiftigt , die durch die neue- ren Iintersncbungen von B i o t und F r e m y und durch einige noch nicht beknnnt gemachtc Versuche P e l i g o t’s erhoben worden ist. Die fur die Weinsiiure angenommene Formel passt niimlich nicht mehr auf alle von ihnen beobnchteten Re- sultnte. Zufolge der Analyse von B e r z e l i u s ist die Wein- siiure C, H, 05. Diese Analysen sind an sich nicht aweifel- haft, allein wir haben starlie Griinde, zu glauben, dass die Weinssure, eben so wie die Citronensaure, Wasser auP Kosten ihrer eigenen Beslandtheile zu verlieren vermag.

Wir glauben sie gelijst zu haben.

Joum. f. prakt. Chemie. XIV. 6. 20

306 Dumas 11. Liebig, iihtl. Constitot. d. org. Siinren.

Urn diese Ansiclit festzustellcn, haben wir viele Analysen mit dem Brerhweinstein angestellt und uns dadurch iiberzeugt. dass dcrselbe zwei Atome Wasscr verliert, die er nicht ent- hClt. Jedes Atom Siiure, welches in die Zusnmmensetxung des Brechmeinsteirrs eingeht, verliert also ein Atom Wasser. Statt den Brechwehtein zii reprbentiren durch :

miiss man viclmehr schreibcn : Cs Hs 010, K O , Sb, 0,

C, H, O,, K O , Sb, 0,, €1, 0,. Die beideh Atorne entweichen bei ?300 C. untl sind nn-

abhiingig von dein Krystallwasser des Brechweinsteins. Die Mekonsiiure und Cyanursiiure bieten iihnliche Erschei-

nungen dor. IIier ist also eine neue Classe von Erscheinungen, welche

allgemein zu werden strebt und welche folgendes Gesetz mi

entwiclieln scheint: Rci der Citronen-, Wein- Mekon- und Cyanursiiure kano

jedes Atom Sauerstoff der Basen ein Atom Sauerstoff (der SBu- ren) vercii iingen und ersetzen, indem dieses als Wasser ent- weicht. niese Salze stellen also nicht Salze mit Ueberschuss an Basis dar, sonilern Salze van gleicher Ordnung mit den ge- wiihnlichen phosphorsanren.

Man eilaube uns hinzuzufugen , dass diese merkwiirdigen P<rsr.hcinungen sich einhcher und allgemeiner auffassen lassen, wenn man die gennnnten Siiuren als Wasserstoffsiiuren einer neucn Ar t betrnchtet.

Die Weinsiiure z. B., angesehen wie bisher, giebt die Formeln : Wahre Sirrire c, H, 0, Wasserhaltige Siiure C, XI, 0,, H, 0 Neutr. Kalisala C, H, O,, B 0 Wei nstei n Brechweinstein

c, H, 05, KO + c, €1, o,, u,o 2C, €I, 0, + KO + Sb2 0,.

Diese verwickelten Bormeln werden sehr einfach , wenn man sie schreibt:

Wasserstoffsiiure Seutrales I<alisalz

Weinstein

Wnaserfi*cier Brechweinstein C, H, Q,, { sb, R - 4

a_P 11 e v en n e , ub. d. diabetische Ferment. 307

Hieraus sieht mnn, dass es wasserfreie Weinsiinre nicht giebt, dsss man ein Radical annebmen muss, welches mit H, eine WasserstoffsLure neuer Art ausmacht.

Diess angenommen, werden alle Verbindungen des Wein- siiure - Radicals ausgedriickt , wenn man sagt , dass in diesen Verbindungen der Wasserstoff ganz oder theilweise durch sein Aequivalent an Metal1 ersetxt werde, wie diem bei allen iihn- lichen Ersetxungen der Fall ist.

Wir kijnnen ohne MBhe zeigen, dass sich auch die Ci- tronensiiure, MekonsSure und Cyanursiure sls Wasserstoffsbu- ren betrachten lassen. Man findet in unserer Abhaodlung eine experimentelle Discussion dieses neuen Gesichtspnnctes, welcher den Ansichten D u 1 o g's iiber die OxalsCure eine uoerwartete Ausdehnung giebt.

LVI. kieber das diubetische Ferment.

Von T. A. Q U E Y E N N E .

(Journ. d . Pharm. &in. 1838.)

Bei Unlersuchung eines diabetischen Urins richtete ich meine besondere Aufmerksamkeit auf einen Absab, der sich beim Aus- setzen desselben an die Luft bildete.

Dieser Absata erschien a1s ein grauweisser, eiemlich con- sistenter Rahm, der unten an den Wiinden des Gefiisses anhiog. Wohl gewaschen und i n Wasser aufbewahrt, gab er kein Zei- cheu von Veriintlerung, aber nach Zusata von ein wenig Zucker zeigte er sogleich die Zeichen ciner Giihrung, die sehr leb- haft wurde.

\Venn man dieses diabetixche Ferment, welchem bis jetzt AuFmerksamlieit geschenkt worden xu scia scheint, un-

ter dem Mikroskope betrachtet, SO sieht man, dass es gleich- miissig RUS Kiigelchen besteht, die im Allgemeinen ziemlich rund oder sehr wenig oval sind, von einem schwarzen Kreise um- zogen ZQ sein und auf ihrem durchscheinenden Mittelpuncte einen andern kleinen wenig sichlbaren sckwarzen Kreis zu ha-

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