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Wurtz: Constitution der Oxnlsgure. 433 Es konnen also die 3 Aeq. Brom, welche diese Verbindung enthalt, durch 3 Aeq. Wasserstoff ersetzt werden. Das Trichlorhydrin, cC&c13, einer der Chlorwasser- stoffather des Glycerins, isomer mit dem gechlorten Chlor- propylen, giebt beim Erhitzen mit Jodkaliurn, Wasser und Kupfer Propylen , C6H6, Propylenhydrur, C6Hs, Wasserstoff und Kohlensaure. Man gelsngt so, auf einem andern Wege, von Glycerin, C&oG, ausgehend, zu den ihm ent- sprechenden Carhiiren und ltann also allen Sauerstoff ent- fernen, welchen das Glycerin enthalt. Es geniigt, allen diesen SauerstoE in Form von Wasser austreten und dieses ersetzen zu lassen durch Chlorwasserstoffsaure : CGHg.06-6HO +3HC1 CGHSClj, und dann den Wasserstoff durch Chlor zu ersetzen. LXXXlI. Ueber die Conslilution und die Formel der Oxalsaure. Von Ad. Wurtz. (Compt. rend. 1857. 1. XLIK (No. 26.1 pug. 13063 Die Oxalsaure besitzt scheinbar eine so einfache Con- stitution, dass man sie als eine Oxydationsstufe des Koh- lenstoffs hetrachtet hat, welche zwischen der Kohlensaure und dem Kohlenoxyd steht. Gegenwartig wird sie meist als eine wahre organische SHure angesehen , die zweiba- sisch ist und 4 Aeq. C, 2 Aeq. H und 8 Aeq. 0 enthalt. Diese letztere Ansicht findet sogar einen Beweis in der Fahigkeit der Saure, saure Salze und Doppelsalze, ahnlich wie die Weinsaure, zu bilden. 1st dies aber ihre Consti- tution, so muss man sich nothwendig fragen, wie entsteht diese Saure, yon welchen Kiirpern derivirt sie und welcher Journ. f. prakt. Chemie. LXXI. 7. 28

Ueber die Constitution und die Formel der Oxalsäure

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Page 1: Ueber die Constitution und die Formel der Oxalsäure

W u r t z : C o n s t i t u t i o n der Oxnlsgure . 433

Es konnen also die 3 Aeq. Brom, welche diese Verbindung enthalt, durch 3 Aeq. Wasserstoff ersetzt werden.

Das Trichlorhydrin, cC&c13, einer der Chlorwasser- stoffather des Glycerins, isomer mit dem gechlorten Chlor- propylen, giebt beim Erhitzen mit Jodkaliurn, Wasser und Kupfer Propylen , C6H6, Propylenhydrur, C6Hs, Wasserstoff und Kohlensaure. Man gelsngt so, auf einem andern Wege, von Glycerin, C&oG, ausgehend, zu den ihm ent- sprechenden Carhiiren und ltann also allen Sauerstoff ent- fernen, welchen das Glycerin enthalt. Es geniigt, allen diesen SauerstoE in Form von Wasser austreten und dieses ersetzen zu lassen durch Chlorwasserstoffsaure :

CGHg.06-6HO +3HC1 CGHSClj, und dann den Wasserstoff durch Chlor zu ersetzen.

LXXXlI. Ueber die Conslilution und die Formel der

Oxalsaure. Von

’ Ad. Wurtz.

(Compt. rend. 1857. 1. XLIK (No. 26.1 pug. 13063

Die Oxalsaure besitzt scheinbar eine so einfache Con- stitution, dass man sie als eine Oxydationsstufe des Koh- lenstoffs hetrachtet hat , welche zwischen der Kohlensaure und dem Kohlenoxyd steht. Gegenwartig wird sie meist als eine wahre organische SHure angesehen , die zweiba- sisch ist und 4 Aeq. C , 2 Aeq. H und 8 Aeq. 0 enthalt. Diese letztere Ansicht findet sogar einen Beweis in der Fahigkeit der Saure, saure Salze und Doppelsalze, ahnlich wie die Weinsaure, zu bilden. 1st dies aber ihre Consti- tution, so muss man sich nothwendig fragen, wie entsteht diese Saure, yon welchen Kiirpern derivirt sie und welcher

Journ. f. prakt. Chemie. LXXI. 7. 28

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4936 Wurtz: Constitution

Platz ist ihr in der wissenschaftlichen Classification anzu- weisen? Diese Fragen sind Gegenstand nachstehender Untersuchungen gewesen.

In den Reactionen, wo sich die Oxalsaure bildet, er- scheint sie als ein zufjlliges Produkt der Oxydation zusam- mengesetzter organischer Kiirper, ohnc dass es uns moglich ist , die Mittelglieder zu erkennen, durch welche sie mit dem urspriinglichen Korper zusammenhangt. Ganz anders ist es z. B. bei Bildung der Essigskure ails den Elementen des Alkohols, hier Irdii~en wir Schritt fur Schritt dieser Urnbildung folgen und wic,sen, dass das Al- koholradiknl sich durch Substitution in Essigsaure um- bildet und dass sonst keine weitere Aenderung in der An- ordnung der Molekule stattfindet. Es kann im Allgemeinen gesagt werden, dass, so einfach und b’estimmt alles bei Bildung und Zusamrnensetzung der cinhasischen SIure ist, eben so unbekannt und dunkel die entsprechenden Punkte bei den zweibasischen Sauren sind.

Ich glaube, dass die nachfolgende Arbcit einiges Licht uber diese theoretischen Fragen verbreiten, dass sie die Ableitung der Oxalsaure aufklaren, ihren Platz in der Reihe und ihre Constitution und wahre Formel feststellen wird. -

Die Oxalsaure entsteht aus dem Glycol, einer T‘erbin- dung, wel-che ich auf synthetischem Wege entdeckte, indem ich Wasserstoff und Sauerstoff zu den Elementen des olbil- denden Gases treten liess (dies. .Tourn. LXIX, 111). Ich habe das Glycol als einen zweiatomischen hlkohol be- trachtet. weil es mit Sauren nether bildet, wobei jedes Atom Glycol sich mit 2 At. Siiure verbindet. Bei der Oxy- dation bildet es sich in Oxalsaure um, wie sich der hlkohol in Essigsaure umwandelt.

Um diese Oxydation auszufuhren , habe ich folgende Mittel angewendet:

1) Wenn man einige Tropfen Glycol in Beriihrung mit Platinschwarz bringt, S O beohachtet man sofort eine der lebhaftesten Reactionen; das Platinschwarz ergluht und das Glycol verschwindet, wahrcnd sich reichlich Kohlenslure entwiclielt. Diese Gasentwicklung tritt noch ein , wenn

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man das rnit dem mehrfachen Volumen Wasser verdunnt.e Glycol mit Platinschwarz mengt. Das Gemenge erhitzt sich, und wenn man es nach beendigter Reaction rnit Wasser erschopft, so erhalt man nach dem Verdampfen desselben eine Spur einer festen Saure, welche mit Kalk ein losliches Salz bildet und Silbersalze reducirt. Es sind dies die Eigenschnften der Glycolsaure.

Die unter diesen Umstanden eintretende Oxydation ist zu heftig, ich habe rnich deshalb anderer Mittel bedient.

2) Ungefahr 10 Grm. Glycol wurden in 4 Vol. Salpe- tersaure von 36" B. gelost und die Losung bei gewohn- licher Teniperatur wihrend einiger Tage sich selbst uber- lassen. Nach dem Verdampfen in der Leere uber Kalk hlieb ein syrupartiger, stark saurer Ruckstand. Derselbe wurde in Wasser zertheilt und mit Kreide gesattigt, die filtrirte Losung nach dein Concentriren durch Alkohol ge- fallt , wodurch ein reichlicher Il'iederschlag entstand ) der in kochendem Wasser wieder gelost wurde.

Die Flussigkeit erstarrt beim Erlralten, indem sich daraus ein Kalksalz abscheidet in Form von Buscheln und Warzchen, die aus sehr feinen verwebten Nadeln gebildet sind. Dieses Kalksalz wurde durch ahermalige Krystalli- sation gereinigt. Es verlor bei 120" 22 p. C. Wasser und besteht aus :

Gefunden. Berechnet. -- Kohlenstoff 24.87 %5,00 C1 25,26 Wasserstoff 3,52 3,40 H3 3,15 Sauerstoff - - Kalk 28,93 - CaO 29,47

0 5 - entsprechend der Formel :

d. i. diejenige des glycolsauren Kalkes. Die SLure C4H406 ist zuerst von S t r e c k e r nnd

S o c o 1 o f f als ein Oxydationsprodukt des Glycocolls oder Leimzuckers beschrieben worden. Sie ist identisch oder isomer mit der von C l o e z (dies. Journ. LV, 483) aus der Mutterlauge des Knallqueclisilbers abgeschiedenen und von ihm Homolaktinsaure benannten Saure. Die Saure C4H406 ist homolog der Milchsaure, CsHsOs. Es ist moglich,

C4H3Ca06,

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dass sie, wie die Milchsaure, zwei Modificationen annehmen kann. Das untersuchte Kalksalz, welches den1 milchsauren Kalk sehr ahnlich ist , scheint wegen seiner schwachen Loslichkeit in Wasser vom gewohnlichen glycolsauren Kalk verschiederi zu sein. Es blLht sich beim Gliiheil stark auf und seine S lu re reducirt die Silbersalze SO leicht, wie es von der Glycolsaure geschieht.

Wenn man den Kalk genau durch OxaIsgure ausfLllt und die filtrirte Fliissigkeit zuerst im Wasserbade, dann in der Leere verdarnpft, so erhiilt man krystallisirte Gly- colsaure *).

Die alkoholische Flussigkeit, aus der sich der glycol- saure Kalk abgeschieden h a t , enthalt keine dem Aldehyd analoge Substariz, welche fahig gewesen ware, mit zwei- fach-schwefligsaurern Natron eine krystallisirbare Verbin- dung zu bilden.

3) 3 Grm. Glycol wurden wahrend einiger Minuten mit 4 Vol. schwacher SalpetersLure gekocht. Es trat eine sehr lebhafte Reaction unter reichlichcs Entwicklung rother DBinpfe ein und die Flussigkeit erstarrte am andern Tage zu einer Krystallmasse. Diese Krystalle waren Oxalsaure.

4) Mit dem Monohydrat der Salpetersiure ist die Oxydation des 'Glycols noch heftiger. Es entwickelt sich Kohlensaure , wiihrend in der Flussigkeit Oxalsaure und selbst eine gewisse Menge Glycolsiure gelost bleiben.

Aus diesen Versuchen geht hervor, dass die Produkte der regelmkssigen und successiven Oxydation des Glycols zwei Sauren, die GlycolsBurc und clic Oxalsaure sind. Die einigemal bei dieser Reaction auftreteiide Kohlensaure ist ein Oxgdationsprodukt der Oxalsiure selbst. Folgende Formeln erkliiren die Beziehungen zwischen dem Glycol und ihren -0xydntionsprodukten :

Glycol. Glycolsdure. Oxalsaure.

*) Die von D e s s a i g n e s (dies. Journ . LXII, p. 60) durch Hy- dratation des Glycollids gebildcte Sdure ist idcntisch oder isomer mit der Homvlactinsaure und krystsllisirt ebenfalls.

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der Oxa l sBure . 437

Es sind dies dieselben Beziehungen, wie sie zwischen dem hlkohol und der Essigsiiure vorhanden sind:

-N - Alkohol. Essigsaure.

Man sieht, dass sich in den zwei FLllen die Oxydations- produkte bilden durch Suhstitution von Sauerstoff fur eine gewisse Menge Wasserstoff des Allroholradikals. Das Ra- dikal dcs Alkohols ist das olbildcndc Gas. Der Sauerstoff tritt durch Substitution in dicses Radikal ein und es bildet sich bei vollstiindiger Substitution Oxalsaure. Wenn der einatomische Allrohol, um sich in Essigsiiure umzuwandeln, 4 Aeq. Sauerstoff erfordert, so sind fur das zweiatomische Glycol 8 Aeq. zu einer entsprechenden Umhildung nothig:

C4HL04 O8 --4HO f C 4 R 2 0 R Glycol. Oxalsgure. - -

In dieser Hinsicht kann Inan sagen, es ist die Oxal- siiure, welche durch diese Oxydation entsteht, die Essig- s iure des Glycols. Die Glycolsaure ist ein intermedilres Produkt, das durch eine weniger vorgeschrittene Oxydation entsteht.

Alle diese Versuche sber liefern den sichern Beweis fur die Thatsache, dass die Oxalsaure 4 Aeq. Kohlenstoff enthalt ; denn sie ist ein Derivat des Glycols, das durch Synthese des olbildenden Gases entsteht, welches 4 Aeq. Kohlenstoff enthalt.

Diese Thatsaehen stehen aber nicht isolirt da, es giebt noch andere organische Sauren, welche zu derselben Reihe wie die Oxalsaure gehoren uad welche wie diese 8 Aeq. Sauerstoff und den Kohlenstoff und den Wasserstoff in demselhen Verhaltnisse enthalten. Es sind dies die Bern- steinsaure, Adipin-, Lipin-, Kork- und Fettsaure. Wie die Oxalsaure vom Glycol abstsmmt, so gehoren diese bisher isolirt stehenden Sauren, welche eineii hohern Platz in der Reihe einnehmen, zu den hohern Glycolen, deren Existenz ich nschgewiesen habe.

Ihr Platz im Systeme ist ihnen gegenwiirtig ange- wiesen. Folgende Formeln drucken die Beziehungen aus

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438 L i e b e n : W i r k u n g d e s C h l o r s

zwischen den Glycolen und den durch deren Oxydation entstehenden Sauren:

C2H*06 -.)rc

C2&02

C ~ H R O I Glycol. Glycolsaure. Oxalssure.

CRH804

CRH~OOI

- Methylglycol. Kohlensaure.

C4H208 - C4 H4 0 6 cc -

CfiHiOs - C~HfiOtj

CRRBO.5

-cvI - Propylslycol. Milchsaure. Unbekannte SLure.

CsH~os - - -crc Butylgiycol. Unbekannte Saure. Bernsteinsdure.

LXXXIII. Ueber die Wirkimg des Chlors auf Alkohol.

Von Ad. Lieben.

(Compt. rend. 1857. 1. XLIV, (LVo. 26.) p . 1345.)

Ich beschreibe in Folgendem die Resultate meiner Untersuchungen iiher die durch Einwirlcutig von Chlor auf wassrigen Alkohol entstehende Fiussigkeit.

Zu ihrer Darstellung l i e s ich einen Strom von Chlorgas durch 80procentigen Alkohol streichen und trug Sorge, dass die Temperatur dabei sich nicht erhohte. Die saure Flussigkeit wurde mit einer Chlorcalciumlosung von mitt- lerer Concentration hehandelt, urodurch sich die Flussigkeit abschied; sie wurde mit Chlorcalcium entwassert und der fractionirten Destillation unterworfen. Als Hauptprodukt erhielt ich eine zwischen 170 und 185O siedende Flussig- keit. Durch wiederholte Destillation gereinigt stellt diese Flussigkeit ein in Wasser unlosliches Oel dar, das einen angenehmen, aromatischen Geruch, eine Dichte von 1,1383 bei 1 4 O besitzt, unveranderlich durch Kalilauge ist und mit leuchtender, russender, grungesaumter Flamme verbrennt. Ihre Zusammense tzung is t Ci2Hi2 Cl,O,.