56
202 Ueber die Coremorphosis als Mittel gegen cl;ronische lritis und lridochorioiditis. Von Dr. A. v. Graefe. Seitdem die dreiste Anwendung der Mydriatica bei akuter Iritis sich Bahn gebrochen hat, sind die Gefah- render Iritis im Allgemeinen bedeutend gesunken. Weder die antiphlogistische und merkurielle Behandhmg, noch die fibrigen gepriesenen Verfahren waren ausreichend, die erw~hnte Krankheit ohne Residuen zu beseitigen; sie siad wichtige, unentbehrliche Hfilfsmittel geblieben, ja sie machen in vielen F/illen die Anwendung tier Mydriatica erst mSglich, aber eine eigenffiche Sicher- heir kann die Therapie nut durch die letztern erreichen. Es ist n~imlich nicht die Iritis selbst, d. h. der einmalige akute Anfall, welcher in der Mehrzah[ der F~lle das Sehverm~gen bedroht, sondern es sind die h/iufigen Rfickf~ille, welche immer neue Pupillarexsudate, oder gar den Abschluss der Pupille und verschiedentliche, oR delet~re, Folgefibel setzen. Das h~iufige Vorkommen solcher Recidive und das allm~ilige Hinzutreten gewisser Komplikationen (amblyo- pia amaurotica ex chorioiditide chronica und endlich atrophia bulbi) brachtc die Praktiker zu der Vermuthung, dass ein grosser Theil der Iritides yon inneren dyskra- tischen Ursachen abh~ingig sei. Wenn wir nun ein solches ~itiologisches Verh~iltniss f'dr gewisse F~iUe nicht abl~iugnen wollen, wenn wir insonderheit den durch die Erfahrung so festgestellten Zusammenhang der Iritis mit Syphilis vollkommen unangetastet lassen, so mfissen

Ueber die Coremorphosis als Mittel gegen chronische Iritis und Iridochorioiditis

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Ueber die Coremorphosis als Mittel gegen chronische Iritis und Iridochorioiditis

202

Ueber die Coremorphosis als Mittel gegen cl;ronische lritis und lridochorioiditis.

Von

Dr. A. v. Graefe.

Seitdem die dreiste Anwendung der Mydriatica bei akuter Iritis sich Bahn gebrochen hat, sind die Gefah- render Iritis im Allgemeinen bedeutend gesunken. Weder die antiphlogistische und merkurielle Behandhmg, noch die fibrigen gepriesenen Verfahren waren ausreichend, die erw~hnte Krankheit ohne Residuen zu beseitigen; sie siad wichtige, unentbehrliche Hfilfsmittel geblieben, ja sie machen in vielen F/illen die Anwendung tier Mydriatica erst mSglich, aber eine eigenffiche Sicher- heir kann die Therapie nut durch die letztern erreichen. Es ist n~imlich nicht die Iritis selbst, d. h. der einmalige akute Anfall, welcher in der Mehrzah[ der F~lle das Sehverm~gen bedroht, sondern es sind die h/iufigen Rfickf~ille, welche immer neue Pupillarexsudate, oder gar den Abschluss der Pupille und verschiedentliche, oR delet~re, Folgefibel setzen.

Das h~iufige Vorkommen solcher Recidive und das allm~ilige Hinzutreten gewisser Komplikationen (amblyo- pia amaurotica ex chorioiditide chronica und endlich atrophia bulbi) brachtc die Praktiker zu der Vermuthung, dass ein grosser Theil der Iritides yon inneren dyskra- tischen Ursachen abh~ingig sei. Wenn wir nun ein solches ~itiologisches Verh~iltniss f'dr gewisse F~iUe nicht abl~iugnen wollen, wenn wir insonderheit den durch die Erfahrung so festgestellten Zusammenhang der Iritis mit Syphilis vollkommen unangetastet lassen, so mfissen

Page 2: Ueber die Coremorphosis als Mittel gegen chronische Iritis und Iridochorioiditis

203

wir doeh behaupten, dass fiir die Mehrzahl der F~ille yon chronischer Iritis nicht i n n e re Ursachen die Rilck- f'~ille begriinden, sondern dass es die R e s i d u e n de r e r s t e n K r a n k h e i t sind, welche die disponirenden Ur- sachen fiir die sp~teren Entziindungen abgeben. Erk~l- tungen, Kongestionen etc. dienen dann freilich als Gelegenheitsursachen; der wahre Grund des Uebels abet liegt im Auge selbst, es sind die h i n t e r e n Syne- c h i e e n , welche wir besehuldigen. In weleher Weise die sehiidliehe Riiekwirkung der Exsudate auf die Iris Start finder, ob es die Behinderung der Cirkulation dureh dis Zusammenziehung des Narbengewebes oder die Zer- rung der Iris ist, wenn lelztere den Kontraktionsimpul- sen ungeniigend tblgen kann, das lasse ieh unentsehie- den, aber die Thatsaehe, dass das ZuH'lekbleiben hinterer Syneehieen die Disposition zu Riiekfiillen in den meislen F~illen begriindet, hake ieh fi'ir festgestellt. Eine Iritis, ohne hinters Syneehieen geheilt, wird im Allgemeinen keine Neigung zu Reeidiven zeigen; eine Iritis mit sp~ir- lichen und ausdehnb~ren Syneehieen wird zuweilen, aber in der Minderzahl der F~ille, zu Riickf~illen veranlassen; eine h'itis mit multipeln und breiten Syneehieen, welche sieh jeder kiinstliehen Mydriasis entgegensetzen, wird in der Regel Riickf~ille herbeif{ihren, und vollends wird diese Regel beinahe ohne Ausnahme sein, wenn Syne- ehia posterior totalis, also ein vollst~indiger Abschluss der Pupille durch Exsudate zur[iekgeblieben ist.

Ieh habe diesen, f'dr die ~irztliehe Praxis so iiber- aus wichtigen, Zusammenhang w~ihrend einer Reihe yon Jahren hindureh gewissenhaft gepriift. Es wurde friiher h'aufig bei doppelseitiger (nicht syphilitischer) lritis das eine Auge antiphlogistiseh, das zweite Auge entweder einfaeh dutch Mydriatica oder durch Mydria- tica neben Antiphlogisticis behandelt. Zuweilen trat beiderseits eine Heilung ohne hintere Synechieen ein:

Page 3: Ueber die Coremorphosis als Mittel gegen chronische Iritis und Iridochorioiditis

204

a l sdann stell te sieh auch a u f be iden A u g e n keine be-

sondere Disposi t ion zu Rec id iven heraus . Zuwei len

a b e t heil te das ers tere A u g e mit h in teren Synech ieen ,

das letztere ohne d i e s e l b e n ; a l sdann wurden nicht

sel ten a u f . jenem Rec id ive , a u f d iesem d a g e g e n ke ine

beobaeh t e t , w~ihrend die S a e h e sieh n iemals u m g e k e h r t

verhielt . In den letzten zwei J a h r e n habe ich diese

E x p e r i m e n t e nicht mehr wiederho l t , well mir die Vor-

theile der mydr i a t i s chen H e i l u n g zu evident e rschienen,

als dass ich es h~tte mit m e i n e m PfliehtgeFfihle ver -

e in igen kSnnen , d iese lbe zu vernaehl~issigen. D a g e g e n

k a m e n sehr h~iufig K r a n k e mi t h in teren Synech ieen zu

mi r , w e l c h e pe r iod i sche Anf~ille yon be ide r se i t i ge r Ir i t is

i ibe r s tanden hat ten. Ich w a n d t e a u f e i n e m A u g e metho-

d ische Eintr i iuf~lungen yon s chwefe l s au rem Atropin an,

wodurch es nieht se/ ten ge l ang , mehr j / ih r ige Synech ieen

zu zerreissen.*) Es f anden an dem be t re f fenden A u g e

*) Es ist dies mit Unrecht bezweifelt worden. Sehr h~iuflg habe ich mir die Form der Pupille nach den ersten Eintr~ufelungen ver- zeiehne~ bet II~dividuen, welche vor mehreren Jahren Iritis iiber- standen hattee. Ich habe es zur Geniige gesehen, wie oft ein hervorspringender Winkel nach dem anderen verschwand, und der Pupi[larrand mehr und mehr in die zukiimmliche Rundung zuriick. with. Es finder dies nach so [angem Bestehen allerdings nur fhr sogenannte spitze, d. h. zungenfSrmig ausgezogene Syneehieen start. Bet breiten Verlothungen ist die Adhaerenz-Fl~iche zu gross, als dass die Kraft tier Mydriatica ausreichend w/ire. Manche Kranken fiihlen des Zerreissen ihrer Syneehieen. Sie haben each der Ein- tr~tufelung in tier der Synechie entsprechenden Frontal- und Temporal- gegend, oder zuweilen auch unter dam Auge, an dem Nasenfiiigel, eine drSckende Empfindung, dim sich his auf eine gewisse Hilhe steigert und dane pllltzlich weicht. Zuweilen steHten sich dieselben unmiitolbar biernaeh mir vor, und ich kolmte constatiren, class wirk- Itch eine Synechie zerrissen war. Zweima[ wollten Paiienten, welche yon der Natur ihres Uebels niehts wussten, sogar eine reis- sende Empflndung in dem Moment, we der Schmerz wieh, versplirt haben. Dass so lang bestehende Synechieen iiberhaupt noch zu zer- reissen sind, hat ilbrigens nichts Auffallendes, wenn wit auf die

Page 4: Ueber die Coremorphosis als Mittel gegen chronische Iritis und Iridochorioiditis

205

keine Recidive statt, sondorn alle sp'ateren Riickfiille trafen das zweite Auge. Auch diese Praxis wurde, nachdem meine Ueberzeugung' festgestellt, bei Seite ge- setzt, urid unter obwaltenden Verh'/ihnissen immer dop- pelseitig Atropin-Eintr/iufelungen verordnet. Nun er- eignet es sich sehr hiiufig, .ja in der Regel bei ver- alteten F~illen, dass die Synechieen nicht vollsffindig zerreissen, sondern nur einzelne derselben, oder dass gar keine zerreissen, sondern dass dieselben nur in grg3sserem oder geringerem Grade ausgedehnt wer- den. Es ergab si('h hierbei, dass stets die Augen, bei welehen die bveitesten, am wenigsten ausdehnbaren Syneehieen zuriiekblieben, aneh am meisten yon Riick- t'/illen getroffen wurden. Ja es liisst sich bei diesen Riickt'iillen nicht selten naehweisen, dass sie yon den, mit den breitesten Syneehieen behaf'teten Iris-Absehnitten ausgehen. Diesen entspve('|lend zeigt sieh die erste Injektion der Sub('onjutlctival-Gefiisse, (lie erste hyperae- mische Verf'iirbung der Iris etc.

Auch die poriodische Ciliarneurose, yon weleher Individuen nieht selten nach abgelaufener Iritis befallen werden, riihrt h/iufig ledigli('h yon don hinteren Syne- chieen her. Man sieht dieselbe auf die Eintriitffelungen

analomischen Verhiilmisse zuriickgehen. Es finder hier nicht elwa die mechanische Trennung in der KontinuitAt eines organisirien Gewe- bes s~'tlt, sondern es l~ist sich die Verklebung mit der Kapsel, welche Verk[ebung a u s s e r o r d e n t l i c h l o c k e r ist. Wir fiberzeugen uns am Cadaver, dass selbst bei breiten Synechieen das gelindeste An- sireichen mir der Pincette geniigt, um diese Verbindung zu 15sen. Ist vollends die Adhaerenzfllitehe klein, wie bei den zungenf'frmigen Synechien, so bietet sich der Zerreissung ein excessiv kleiner Wide, r- stand. Es ist ferner einem jeden Beobac.hter bekannt, dass sich Synechieen noch Monate lang nach iiberstandener Iritis spontan with- rend der Pupillarbewcgung liisen Minnen. Dies geschieht auf die- selbe Weise durt.h Al)liisung yon der Kapsel, es bleiben dann die Exsudate als spitzenfiirmige Fortsiitze, welche nicht an der Kapsel haften, sondern bei den Bewegungen der PupiUe der Iris frei fo[- gen, am Pupillarrande zuriick.

Page 5: Ueber die Coremorphosis als Mittel gegen chronische Iritis und Iridochorioiditis

206

des s(~hwet'elsau~'en Atropins schwinden und zuriickkeh- ren, sowie die Pupille sich wieder verengt. Methodi- scher Gebrauch der Mydriatica und hierdurch bedingte Ausdehnung der Synechieen bringt oft eine dauernde Heilung der Schmerzen; es hat hier ganz den Anschein, als ob die Zerrung des Iris-Gewebes dureh die Ver- wachsungen der Neurose zu Grunde l~ige. Bet vor- deren Synechieen ist scheinbar ein ~ihnliehes Verh~iltniss vorhanden, und doch wird keine Ciliarneurose, oder doch hSchst ausnahmsweise beobachtet; es sind abet die n~heren Umstiinde zu verschieden, um diesem Ar- gument Geltung zu verschaffen; besonders erweisen sich (tie Cirkulationsverh~iltnisse beinahe entgegengesetzt, 1)ei hinteren Synechieen finden wit meist fortbestehende Hy- peraemie der Iris, bet vorde,'en Obliteration der Gef~isse, Atrophie des Gewebes etc. in dem gezerrten Theil. Es kSn- hen unter so verschiedenen Umstiinden dieselben Urstl- then recht wohl verschiedene Wirkungen hervorbringen.

Ich habe hier nicht eigentlich die Absicht, der my- driatischen Behandlung dasWort zu reden, soudern es handelt sich lediglieh um die Aufstellung gewisser Grund- s~itze, die f'dr den Gegenstaud dieser Abhandlung als Basis dienen sollen. Der erste derselben lautet dem- nach: D a s Z u r l i c k b l e i b e n h i n t e r e r S y n e c h i e e n , n a m e n t l i c h b r e i t e r und u n a u s d e h n b a r e r h in - r e f e r S y n e c h i e e n , g i b t die H a u p t u r s a e h e d e r I r i t i s - R e c i d i v e .

Dass die mydriatische Behandlung der akuten Iritis noch immer Gegner tindct, beruht offenbar in einem un- genligenden Studium derselben. Es ist eiu Unsinn, schema- tisch die Applikation eines Mydriaticums in bestimmter Dosis f'tir alle F~il[e yon Iritis zu empfehlen, ja es dart' aueh das besi,e schwefi~lsaure Atropin nicht in jedem Mo- ment und bet jeder Intensitiit der Krankheit eingetr~iuf~lt werden. Haudelt as sich um eine leichte Iri t is , d. h. um eine Iritis mit m~issiger Iujektion der subconjunctiwden Get~isse~ olme erhebliche Schwellung des subconjunktivalen

Page 6: Ueber die Coremorphosis als Mittel gegen chronische Iritis und Iridochorioiditis

207

Bindegewebes, mit n u r m~issigen Thrilnezl, bei nur Ieiehter Trllbung des Humor aqueus und des Pupiilarraumes, so finden wir meist in der Anwenduug des Atropinum sul- fhricum das ausreiehende, alles iibrige entbehrlich maehende Heilmitgel. Die HefiLigkeit des Schmerzes gibt keine Con- traindikation, vielmehr eine der wesentliehsten Indikationcn fiir das Migtel ab, da gerade die wlitheudste Ciliarueurose ot~ augenblicklich mit der Pupillarerweiterung versehwindet. Auch wird das Mydriaticum unter solcheu Verhfiltnisscn gut vertragen; man dart es t~iglieh 6, 8 his 10 real und 5fl.er, in Iutervallen vou 5 Minuten anwenden, mid sieht trotz des kleinen meehatfischen Eingrifl~ das Auge immer ruhiger uud schmerzii'eier werdeu, ja selbst die subcoujuu- ctiwde Iqiektion geht dabei auffaliend rasch zurllck. Die Pupillarerweiterung erto[gt, wiewohl viel langsamer als am gesunden Auge, doch schou nach deu ersteu Appli- katiomql. Der Pupiilarraud 15st sich zuerst partiell, dann allm~ilig ringsherum von den die Pupille einnehmenden Exsudateu,*) und diese verkihnmern iz~ so erw~inschter Weise, wie man es dutch die besten Resolutiva und Anti. plastica nicht hfiLte erreieheu kSmleu. Letzteres ist ja auch natiirlich, (lenn (lie Exsud'~te werden yon der Iris ern~ihrt, uud mtlssen verkiimmern, w e u n sich ihueu der Ern~ih- rungsquell, tier Pupillarrmtd, entzieht.

Zeigt sich im andern Fall eine h e f t i g e I r i t i s mit starkem Thriinen, chemotischer Schwelluug, diffuser Trii- bung des Humor aqueus, so verhalten sieh die therapeu- tischen Indikationen ganz anders, deml auf der einen Seite ist die Aufnahme der Mydriatiea (dutch die Hornhaut) sehr ersehwert uud die Nachgiebigkoit der Iris wegen des entzilndlicheu Reizes uud der Exsudatiou bedeutend ver- ringert, und sodann ist die ~iussere Reizbarkeit des Auges beta4iehtlich gesteigert. Das Atropin (gr. IV auf ] I Wasser) muss unter diesen Umst~inden of~ 20 bis 30 real eingetr~iufelt werden, um einen Einfluss auf die Pupille zu gewinuen, und auch dieser bleibt meist beschrfinkt. Die Pupille nimmt etwas an Umthng zu, ohne dass h~iu/ig eine eigentliche Mydriasis eintritt. In gewissen F~illen gelingt es fi'eilich

") Dieser ,,exsudative Nebel" oder ,,plastisehe Haueh" im Beginn der Iritis ist eine reeht ansehnliche Exsudat-Membran, wle s i .h nach w~riibter Parac.etltese zeigt.

Page 7: Ueber die Coremorphosis als Mittel gegen chronische Iritis und Iridochorioiditis

208

auch dann noch, dutch eine sehr dreiste Anweudung der Mydriatica den gewilnschten Zweek der Pupillarerweiterung zu erreichen, aber e i n e R e g e l m~ichte ich daraus nicht machen. Wir steigern durch die h~iufigen Applikationen bei der Intensit~it der Entziindung die Reizbarkeit zuweilen so, dass der therapeutische Effekt vollkommen aufgehobeu wird. Es handelt sich datum, auf dem raschesten Wege den Reizzustand herabzusetzen, wozu mir im AUgemeiaen drei Methoden dienen:

1 ) ~irtliche Blutentleerungen dutch Blutegel an der Schlfife, resp. Nase, und Incisionen in die Cimmosis mit der Cooper'schen Scheere, letztere recht tief eindringend, tam die subconjunctivalen Gef~isse zu entlasten, deren Zusammenhang mit der h'is yon besonderer Wichtig- keit ist.

2) Paracentese. Nie zu vernachli;ssigen, wenu der Hu- mor aqueus stark diffus getriibt ist.

3) Mercurialien; bet sehr acuten uud durch die Massen- haftigkeit der Exsudation drohenden Fiillen. Ich ]asse alle 2 Smndeu eine Friction yon unguent, hydrarg. einereum in die Extremitfiten maclmn, und gebe st('md- Itch 1/2 - 1 gr. Calomel, bis die ersten Prodrome der Salivation eintreten.*) Erst wem~ der Reizzustand wesentlich sinkt, was in

2 - - 3 Tagen statttlnden muss, geht man zur Anwendung der mydriatica tiber, dram abet energisch, um die gebilde- ten Synechieen wirklicil noch zu zerreissen. Es ist dies die Periode, we der eigeutliehe Heilzweck rlickhaltlos ver- folgt werde~ muss. Jetzt pflegel~ die mydriatiea aueh welt leichter zu wirken, thetis weil der entzilndliche Reiz verringert, thetis wohl aueh, well die hufimhme dutch die Hornhaut erleichtert ist.**) Ich lasse gew~hn-

~) Ausserdem lasse ich oin eiterndes Vesicator hinter das Ohr legen umt glaube, [lass as zur Unterstiltzong dient; eine recht positive, experimenteil versicherte Ueberzeugung fiir dessen Einwirkung, wig ieh sic z. B. bet vielen Formen yon Hornhautexsudaten gewonnen, koante ieh mir fiir solche F/tile yon Iritis bisher nicht verschaffen, da ich die andero augenscheiaIich wirksamel'e Verfahren niemais veraaehl~ssigen zu dilrfen giauhte.

*'~) Letzteres allein reichr filr die Erkliirung der bessern Ein- wirkung der Mydriatiea nach voralJgesehickten 5rtlichen Blutleerun-

Page 8: Ueber die Coremorphosis als Mittel gegen chronische Iritis und Iridochorioiditis

209

lich 6 his 15 real, zuweilen 20 bis 30 real tiiglich ein- tr~iuthln. Naeh viillig abgelaufener Entzllndung muss die Pupille noch einige Wochen }fin(lurch welt erhalten werden.

Dass es auf die W a h l des M y d r i a t i c u m s wese~tt- hch ankommt, brauche ich kaum zu erw~ihnen. Es ist gerade die Eiufiihrung des schweti31sauren Atropius stalt des extraetum belladomme, welche dieser Behandhmgs- weise bei acuter Iritis Bahn gebrochell hat. Auch das Pr~iparat selt)st muss gut bereitet sein, damit es so eli: uud bei so hohem Reizzusta~de des Auges vertragen werde. Handelt es sich tiiglich mn eine ein- oder zweimalige Auwenduug, mid steht der Pupillarerweiteruug kein imle- rer Reizzustaud entgegen, so ffdlt dies weniger ins Gewicht, uud es kiinnen die verschiedeusten Pr~iparate dienen. Dass abet auch das best pr~iparirte schwei~lsaure Atropin bei sehr lauge tbrtgesetztem Gebr'mch t'dr die Conjunctiva unvertr~iglieh wird, babe ich bereits anderen errs er~Jrtert. Ist alsdmm noch eine weitere Fortsetzung des Mittels dutch die Umst~inde gebotell, so muss zuvor die Con- junctiva umgestimmt werden, was am besten durch Solu- tiouen yon plumbum aceticum oder verdiim~te Solutionen yon lapis inf~rnalis geschieht.

Wemi ich es leicht begreife, dass nicht alle Praktiker mit der mydriatisehen Behandlung der akuten Iritis gliicklich sind, well sie schem'ttisch zu Werke geheu, so ist us mir m~begreittich, wie uoch immer einige Faeh- genossen dieselbe t]h' i r r a t i o n e 11 erklSren kiimmn. Giebt es deml irgend eiue dringendere Indication bei Entzlindung

gen nicht aus, wie folgende Thatsaclre beweist, welehe sich mir oft darbot: man traufeIt ~'ergeblich Atropia oin, sei es wegen Iritis oder Hornhautexsudaten, die gew(inschte Mydriasis erfolgt nicht. Mohrere Stunden nach der letzfen Einir~ufelung, nachdem zuvor das Auge vollkommen gereinigt war, werden BlutegeI applicirt, worauf ohne jede neue Anwendung' des Atropins die Mydriasis nach- triiglich erfolgt. UnmSglich konnten noch Reste des urspriingIich angewandten Mittels im Conjunctivalsack beflndlich sein, und es musste demgem~ss das Atropin schon vor den Blutegeln einge- drungen~ abet dessen Wirkung wegen des excessiven Entziindungs- reizes vorl~ufig latent g'eblieben sein.

AL'chiv flit Ophthahnologie, Bd. 1I. 2. 14

Page 9: Ueber die Coremorphosis als Mittel gegen chronische Iritis und Iridochorioiditis

210

eines muscul~irca Gebi/dcs, ~[s dasselbc den gewSh~fiichea Contractionsimpulscn zu entzichen, und die am meisten reizbarcn und am meisten bcdrohtcll Theile desselben, in un- serem Falle den Pupillarralld, in den Zustand gr6sstmliglich- ster Erschlaflhng zu bringen? Giebt es tcrner ein besse- res Resorptionsvcrthhren fiir die cinmal gcbildeten Exsudate, als ihnen den Erniihrungsquell zu entziehen? Gewilhrt endlich nieht dic Herabsetzung des intraoeuliiren Drucks, die dadurch bedingte Befreiung der Chorioidaleircul:Jtion, eine uni'lbertreffliehe Biirgschat~ gegen die gefiirehtete Complication mit Chorio[ditis?*} Das I r r a t i o a c l l c klinnte also nu,' in emem ganz p e r v e r s e n Gebrauch , z. B. Ueberrcizung der iiusseren Theile bei sehr intensiver Entziindung, oder unpasscndcr Wahl des Mydriatieums, nieht aber in der M e t h o d e liegcn. - - Der empirisehe Erfolg der Mydriatica bei Iritis ist fib" reich so bewfihrt, dass ich wirklich nicht wiisste, ob ieh diesen mehr riihmen sollte, odor die treffliehe Wirkung dersclben Mittel bei urasieh- greifenden Hornhautproeessen, wclehe ieh friiher (h. f O. Band I. Abtheil. I. Selte 228) zuerst erwiihnte, und aut' weicile ich bei einek' passe~lderea Gelegenhe[t n~iher eillgeltetl werde.

An den erfrterten Satz schliesst sich ein zweiter, narn-

lich der, dass der A b s c h l u s s d e r P u p i l l e d e n A u s -

g a n g s p u n k t d e r w e i t e r e n C o m p l i c a t i o n e n , ill

S o n d e r h e i t t i e r c h r o n i s c h e n C h o r i o i d i t i s ( m i t fort-

schrcitender Amblyopie, und endlich mit Atrophia bulbi)

b i l d e t . Unter A b s c h l u s s der Pupille verstehe ich

nichts az~deres, als d'~e totale Verl~'~hung des Pup~lIarraa-

des mit dcr Kapsel , also Syrxechia posterior totalis. Es

kann hierbei der eigentliche Pup i l l a r r aum beinahe frei

yon Exsudaten sein, oder es k~3nnen sparlichc Exsudate

den Randtheil der Pupille behaften, w~ihrend der mitt-

") Die Augenspiegehmtersuchung hat best~tigt, dass sich nicht gar selten nach Iritis Opacitiiten im vordern Theil des 61askSrpers einfinden, welche offenbar einer Theihmhme des vordern Chorioi- dealabschnitts an der Eatzfindtttlg zuzuschceihen sind.

Page 10: Ueber die Coremorphosis als Mittel gegen chronische Iritis und Iridochorioiditis

211

lore Theil fih" das Lieht vollkommen dur('hgiingig ist. es kann endlieh die Pupille mit Exsudaten vollkommen obstruirt sein, in weh.hem Falle wit nieht mehr yon Pu- p i l l a rabseh luss , sondern yon Pupi l l a rverseh luss re- den; der letztere involvirt also den ersteren, wiihrend tier er~tere yon dem letzteren unabhRngig bestehen kann. Beim P u p i l l a r v e r s e h l u s s hat man die Coremor- phose verriehtet, so lange diese Operationsweise in der Wissensehaft existirt, man hat kS gethan, um den LiGht- strahlen wieder freien Eintritt in das Auge zu versehaf- ten; die Pupillenbildung aueh fib" den P u p i l l e n a b - s e h l u s s einzut~dhren, ist meine Absieht, und soil dies u nieht direct bezweeken, dem Licht eine neue Bahn zu breehen, sondern den Folgeiibeln, niimlieh der Choriuiditis chroniea, vorzubeugen. Der Beweis t'[ir den aufg'estellten Satz, welelmr eigentlieh den Knoten- punkt dieser Betraehtungen bildet, liegt ill einer Reihe yon Tha[saehen, die ieh, um mieh yon einer jeden sehe- matisirenden Tendenz fern zu halten, in derselben Ord- nung mittheilen will, wie sie sieh successive bet meinen klinisehen Studien darboten.

Vor ungef'tihr 4 Jahren stellte sieh mir ein Mann vor, der auf dem l i n k e n Auge an Iridoehorioiditis vollkom- men erblindet war. Das Auge war etwas weieher, die Iris lag in ihrem peripherisehen Theil hart an die Cornea gedriingt, w~hrend sie im Pupillartheil nabelf'Ormig zu- riiekgezogen war, der Pupillarraum selbst war stark ver- engt und durch eine weisse Membran gesehlossen. Das Irisgewebe zeigte die namhaftesten Verilnderungen: in dem sehmutzig verfiirbten und verwisehten Faserwerk verliefen einzelne bedeutend ausgedehnte GeiRssst~imme. Die Abwesenheit jeder quantitativen Liehtempfindung und die bereits eingeleitete Am)phia bnlbi liess {iber die Gegenwart innerer Complieationen (Chorioiditis ehroniea mit NetzhautablSsung) keinen Zweifel. Das

14"

Page 11: Ueber die Coremorphosis als Mittel gegen chronische Iritis und Iridochorioiditis

212

r e c h t e Auge des Patienten war im hohen Grade sehwachsichtig, so dass derselhe nur noeh gr~issere Objeete erkennen und sich mit Miihe Fdhren konnte. Die Untersuchung ergab Ausg/inge yon Iritis, n/imlieh Synechia posterior totalis. In dem m/issig verengten Pupillarraum selbst befanden sieh zwar aueh pigmen- tirte Exsu,iate, der mittlere Theil desselben war aber ziem- lieh fret, und konnte demgem~iss die bedeutende Herab- setznng des Sehvermiigens nieht allein auf die Pupillar- verdunkehmg bezogen werden; es musste nothwendig aueh bier eine Complication mit beginnender ehroniseher Chorioiditis angenommen werden. Die Iris selbst war griinlich entf~irbt und in einzelnen Seetoren bucklig naeh vorn grtrieben, so dass ein Beginn jener auf dem linken Auge so hoehgediehenen Hervorbuehtung sieh deutlieh genug bekundete. - - Dass die Krankheit sowohl aufdie- sere als auf dem anderen Auge mit einfacher Iritis ange- fangen hatte, wurde durch die Anamnese erwi6sen. Pa- tient war zuerst yon einer heftigen Entziindung mit Ciliar- neurose befallen worden, welehe naeh einer antiphlogisti- sehen und mereuriellen Behandlung zwar mit Restitution des Sebverm;3gens sich zurilekgebildet, abet einige R6- thung des Auges, grosse E!npfindliehkeit gegen Lieht, und eine gewisse sieh periodiseh steigernde Schmerzhai~igkeit in Stirn und Sehl';ife hinterlasen hatte. Dieser Reiz- zustand solhe sieh theils nach Erk~iltungsursaehen, theils ohne bekannte Ursaehen wiederholentlich zu neuen Entzi'mdungen gesteigert haben, naeh denen stufenweis das Sehverm6gen an Seh/irt'e verlor und linkerseits g~inzlieh erloseh. Seit 8 Woehen war Patient auf dem reehten Auge yon siehtbaren Entziindungen frei geblie- ben, aber es hatte eine eontinuirliehe Abnahme des Sehverm~gens his zu dem oben angegebenen Grade Start gefunden. Ieh vermuthe, dass seit jener Zeit die HervorwNbung der Iris allm~ihlig entstanden war. Da

Page 12: Ueber die Coremorphosis als Mittel gegen chronische Iritis und Iridochorioiditis

213

die antiphlogistisehe Behandlung, soweit es die Kriifte des Kranken erlaubten, bereits in Anwendung gezogen war, nnd ieh mir yon einer weiteren Fortsetzung der mehrmonatlieh erfolglos gebrauehten Mereurialien niehts verspreehen konnte, so setzte ieh mein Vertrauen le- diglieh ia die mydriatisehe Behandlung. Es zeigte sieh abet, dass nieht die geringste Ver~inderung in des Pupille eintrat, weil die Adh~isionen offenbar zu breit und relativ zu lest w a r e n . - Diese Krankheitsform, welehe mit Iritis beginnt, sehnell zu Syneehia poste- rior totalis Fdhrt, dann allm~ihlig eine Hervorwglbung der Iris gegen die Cornea mit nabelf'drmiger Ein- ziehung des Pupillarrandes einleitet, sieh endlieh mit ehroniseher Chorioiditis und Atrophia bulbi paart, diese Krankheitsform sage ieh, ist unter versehiedenen Benen- nungen und mit Supposition versehiedener dyskrasiseher Ursaehen in der Literatur und in der Klinik genugsam erSrtert worden, und es haben sieh alle Beobaehter da- hin 'geeinigt, dass die Prognose yon dem Augenbliek an, wo (tie erw~ihnte Desorganisation und Hervorbueh- tung der Iris eingetreten, sehleeht zu stellen sei. War doeh dieser ungiinstige Verlauf gewiss ein mitwirken- des Motiv f'dr manehe Beobaehter, um an tiefere Er- n~ihrungsstSrung, z. B. an tuberkuliisen Prozess und derlei, zu appelliren. Die Erfolglosigkeit aller Mittel bestimmte mieh, auf dem reehten Auge des Kranken eine Coremorphosis zu maehen.

Es |eiteten mieh zu jener Zeit ti'eilieh nut sehr dunkle Heilideen. Ieh glaubte, dass die Entspannung des Iris-Gewebes, der Abfluss des hinter der Iris ge- lagerten Exsudates, und die Blutentleerung aus den Ge- f~issen der Iris und Chorioidea giinstig influiren kSnnte; aueh f'firehtete ieh, auf die Innoeuit~it dieser Operation im Allgemeinen gestiitzt, yon d'erselben keine wesent- liehe Gefahr. Die Pupille wurde gerade naeh innen

Page 13: Ueber die Coremorphosis als Mittel gegen chronische Iritis und Iridochorioiditis

2t4

hin angelegt ; beim Ausziehen des Lanzenmessers und

selbst beim Einsehieben dee Pinzette trat der Humor

aqueus , yon "dem ohnehin nur wenig ia der vorderen

K a m m e r vorhanden war , h~ichst unvollkommen aus. *)

Als ieh die Iris mit der Pineette fasste und deren

Gewebe zerriss - - der anhaftende Pupil larrand pflegt

in solehen Fiillen mit den Exsudatmassen zuriickzublei-

ben - - stiirzte eiue Menge gelblicher Fllivsigkeit zur

Wunde heraus, welehe niehts anderes war~ als das hin-

ter dem peripherisehen Theil der Iris liegende Exsudat .

Tags darauf sah ich zu meiner grossen Freude beim

Oeffnen des Auges , dass die Iris nicht mehr buck-

lig naeh vorn getrieben war, sondern dass sie ganz in

ihrer normalen Fliiche, yon der Hornhaut dureh einen

ziemlieh tiefen Vorde rkammer raum getrennt, lag , sie

war noeh grilnlieh entfiirbt, aber das Faserwerk bereits

weniger verwiseht, als zuvor; aut' dem Grunde der

vorderen K a m m e r befand sich einiges in der Auf-

15sung begriffene Blut. Acht Tage naeh der Opera-

tion wurden die Verhiiltnisse genauer eonstatirt: die

Pupille bildete ein grosses Colobom, welches yon dem

natiirliehen Pupi l larraum nur durel~ eine schmale Briicke,

niimlich den mit Exsudaten lest anhahenden Pupil lar-

rand, getrennt war; tier benachbar te Theil der kiinstli-

chen Pupille war durch brilunliehe Exsudate ange-

~) Es verh~i[t sich dies bet Synechia posterior iota[is gewlihn- iieh so, denn es bildet ja die Iris mit tier Exsudatmembran eine continuiriiche Scheidewand der Bulbus-Hiihle gegen die vordere Kammer, undes kann sich demgemass auch der in/raoculare Druck nicht, wie gewShnlich, his zur Hornhaut fortpttanzen, sondern le- diglieh his zu der genannten Scheidewand. Deshalb wird auch der Inhalt der vordern Kammer gar nicht, resp. unvollkommen ausge- drlickt~ oder es wird, um genauer zu sprechen, der Ausfiuss in dem Augenblicke sistirt, wo die Spannung der Iris dan Druckkr~flen das Gleichgewicht halt, und demgemii.ss jeder positive Druck in der vor- deren Kammer aufhSrt.

Page 14: Ueber die Coremorphosis als Mittel gegen chronische Iritis und Iridochorioiditis

2i5

f~lllt, zu welchen wohl ein Rest des Pigmentbelags wesentlich beitragen moehte, und nm" der periphere Theil schien fi, ei. Die Iris hatte beinahe ein norma- les Aussehen, nur noeh mit sehr geringer grhnli- cher Verf~irbung, lag ganz in ihrer nathrlichen Ebene, die vordere Kammer erschien ziemlich tier, Patient konnte Finger in Stubenl~nge z~ihlen und Lettern grSsse- rer Schrift erkennen.

Wodureh war diese Besserung des SehvermSgens zu erkl'aren? es konnte kaum die Velqlnderung des Lichteinfalles sein, denn, wenn auch dureh den periphc- rischen Theil der k[instlichen Pupille ein freies Ter- rain gewonnen war, so wax" doeh aueh die natfirliche Pupille in ihrem Centrum ziemlieh durehsiehtig, und musste offenbar eine praeeisere Wahrnehmung vermit- teln, alsjener periphere Theil. Es lag mir an einer dogma- tisehen Feststellung hier{iber zu viel, als dass ieh mieh bei diesem Raisonnement begnfigen konnte. Ieh verdeekte deshalb die ganze k[instliehe Pupil]e his zu dem Pupillar- rand, und fiberzeugte reich, dass dies gar keinen Einfluss auf das Erkennungsvei'mSgen ausiibte, dass Patient also dutch die eentrale Pupille ohne irgend welehe Be- nutzung der k[instliehen unendlieh besser sah, als vor der Operation. Die niichste Idee, welehe sieh aufdriingte, war die, class dutch das Hinwegreissen yon Irisgewebe die Aufsaugung der in der Pupille beflndiliehen Exsu- dat ein iihnlieher Weise, wie naeh kiinstlieher Mydria- sis, befBrdert worden, und dass demgemiiss jetzt, 8 Tage naeh tier Operation, die eentrale Pupille reiner gewor- den sei, als zuvor. Freilieh bemerkte ieh mit blossem Auge keinen Untersehied, aber ieh glaubte hieraus niehts sehliessen zu dtirfen. Es konnte reeht wohl ein sehr diinner und doeh stark Lieht diffundirender Exsudat- nebel sigh geliehtet haben; das Hinzutreten eines neuen Pupillarraumes, der hierdureh bedingte Vergleieh in

Page 15: Ueber die Coremorphosis als Mittel gegen chronische Iritis und Iridochorioiditis

216

der Schw~rze macht, ohnehin diese Beurtheilung sehr schwierig und die damals noch .junge ophthalmosco- pisehe Untersuchung gab mir ebent~tlls keinen Auf- schluss, well die Zunahme des durch den grSsseren Pupillarraum hindurch tretenden Gesammt-Lichtes alle Schliisse fiber die relative Durchsichtigkeit der einzelnen Partieen leieht irreleiten konnte. Erst in spiiteren F/illen, nachdem ich die schiefe Beleuchtung genligend durchgefibt, erhielt ich hierfiber Klarheit. Ffir den angefffihrten Patienten aber will ich nur noch hinzuf'figen, dass das SehvermSgen des operirten Au- ges continuirlich stieg, dass Patient kleinere Druck- sehrift (No. 4 der Jaegerschen Schriftprob.) lesen lernte, dass er ohne Anwendung aller Arzneien in den verflos- senen vier Jahren niemals yon Iritis befallen worden, und gegenw~irtig einen Posten versieht, welcher ein sicheres Gesicht erheischt. I(:h habe denselben nach- tdiglich noch wiederholentlich untersucht, die dell einen Abschnitt der kiinstlichen Pupille verlegenden Exsudate sind dedeutend spiirlicher geworden, das Gewebe der Iris hat sich normalisirt.

Die Wirkungslosigkeit aller ilbrigen Arzneimittel und der einmalige Er•olg der Coremorphosis ermuthigte reich, dieselbe in vielen ~ihnlichen F/illen auszuf(ihren. Ich h~itte schon frSher die gewonnenen Resultate ver- 8ffentlicht, wiire es nicht rathsam gewesen, die Operir- ten l~ingere Zeit hindurch zu beobaehten, um fiber die Dauer der Erfblge Sicherheit zu gewinnen.

Zun~ichst handelte es sich lediglich um Patienten, welche ungef~ihr den Zustand des oben erw~ihnten dar- boten. Mitunter wurde, da die HervorwSlbung noch ohne ausgepdigte Amaurose gleichzeitig auf beiden Au- gen stattf'and, auch die beiderseitige Coremorphosis vet- richter. Immer sah ieh das Verfahren mit dem best- miiglichen Erfblge belohnt, d. h. die vordere Kammer

Page 16: Ueber die Coremorphosis als Mittel gegen chronische Iritis und Iridochorioiditis

217

stellte sich her, in,h.m die Iris ihre normale Textur und Lage wieder annahm, die Individuen blieben fi'ei yon neuen Entzlindungen, und gewannen bedeutend an Soh- vermilgen. Ich konnte reich nun auch allm';ihlig, wie zuvor angedeutet, dutch die schiefe Beleuchtung iiber- zeugen, dass die Zunahme des Sehverm~igens k e i n e s - w e g s yon R e s o r p t i o n de r P u p i l l a r e x s u d a t e ab- h~inffig, s o n d e r n l e d i g l i c h a u f die B e s s e r u n g der C h o r i o i d a l c o m p l i c a t i o n zu s c h i e b e n war. Frei- lich eigneten sich nicht alle F/ille, um diese Ueberzeu- gung zu begrtinden, denn zuweilen war die centrale Pupille dermaassen mit Exsudaten bedeckt, dass vor- waltend die kiinstliche Pupille dem Lichteinfall diente, wobei die obige Fragstellung ~iberhaupt f~illt. Beson- ders beweisend waren unter andern 2 Kranke, bei denen die ganze ki'mstliehe Pupille durch den zurilckgebliebenen Pigmentbelag verlegt*), und deshalb fiir den Lichtein- fall durchaus unbrauchbar war und andererseits die mit sp/irlichen Exsudaten behMtete natlirliche Pupille, die ich zuvor sehr genau bei schiefer Beleuchtung gepr(iit hatte, noch 3 Wochen nach der Operation nicht die min- deste Veriinclernng zeigte ; trotzdem trat Normalisirung der Iris, Restitution der vordern Kammerund ausserordentliche Besserung des Sehverm(~gens ein. In dem einen dieser beiden Fiille war das hinter der Iris befindliche seriise Exsudat dutch den Pigmentbelag nicht zuriickgehalten worden, sondern war, wie gew~ihnlich, zur Wunde aus- geflossen. Ich vermuthe, dass ganz kleine, an der

*) Es war demnach nut das Gewebe der Iris excidirt worden. Solches kann hesonders in den f ragl ichen F~[len yon chronischer Iritis sich ereignen. Das seriise E• beflndet sich zwar zum grbssten Thei l hinter dem P igmen tbe l ag , zwischen diesem und der

Kapsel , zum Thei l aber loekert eine dihme Schicht desselben den Z u s a m m e n h a n g zwischen I r i sgewebe und Pigmentbe lag , so dass sich dieser gewi s se rmassen yon jonem abiSst.

Page 17: Ueber die Coremorphosis als Mittel gegen chronische Iritis und Iridochorioiditis

218

~ussersten Peripherie sichtbare Disconlinuit';iten, welehe znr Verbesserung des Lichteinfalls nieht das Mlndeste beitragen konnten, diesen Ausfluss vermittelt hatten. In dem andern Falle hielt dagegen der Pigmentbelag ur- spr[inglieh das Exsudat zur[iek~ wie seine bueklig her- vorgetriebene Form zeigte; wahrseheinlieh war derselbe durch eine Gage pigmentirtcn Exsudates verst~rkt. Hier blieb der Erfolg aueh in der ersten Woehe vollkommen aus, weshalb ich reich ansehiekte~ ungef~ihr die H~ilt~e der Wunde noeh einmal zu erOffnen, und mit einer feinen Pincette den peripherischen Theil des Pigmentbelags zu fassen. Im Augenbliek~ wo ieh denselben anzog, floss das dahinterliegende gelbliche Serum aus, und ich ent- fernte mein Instrument, ohne etwas zu excidiren, dena es lag mir daran zu erfahren, ob eigentlich zum Erfblge umfangreiehe Discontinuit'/iten des Gewebes erforderlich seien, und nur der Ausfluss des Exsudates mit Wieder- herstellung einer Communikation zwischen der vordern und hintern Kammer. Letzteres best';itigte sieh, dean es trat .jetzt die erwSnschte Wirkung ein, obwohl die gemachte Zerreissung bei sehiefer Beleuchtung nur sehr unbedeutend dem Linsenrande gegeniiber erschien.

Sp~iter wurde ich m~t dem Verfahren immer dreister, und wandte es selbst da an, wo naeh vorausgegangeaer Iritis mit Pupillarabschluss schon hochgradige Atr o p h i a b ulbi in Folge sekund/irer Chorioiditis eingeleitet war. Zuweilen ]ag hierbei der peripherische Theil der Iris ganz gegen die Hornhaut angedrfiekt, so dass die Aus- f'dhrung einige Schwierigkeiten darbot. Die zuerst ge- bildete Pupillewurde ot~ sehr unrein, d. h. sie war bei- nahe g/inzlich durch pigmentirte Exsudate verlegt, j a es kam zuweilen vor, dass sich dieselbe sp~iter mehr und mehr in einen schmalen Schlitz zusammenzo~, und beinahe ganz versehloss. Ich sah aber coa- stant eine gewisse Besserung in dcr F/irbung der Iris

Page 18: Ueber die Coremorphosis als Mittel gegen chronische Iritis und Iridochorioiditis

2t9

und die Wiederherstdlung einer, wenn aueh unbedeu- tenden, vordern Kammer. Dies erweekte die Hoff- nung, dureh wiederholte Irisexeisionen einen endliehen Erfolg zu erlangen. So bin ieh wirklieh bei eini- gen Patienten dur<:h e ine 3 bis 4 malige Excision tier Iris zu einem Resultate gekommen, welches ieh selbst frSher f'dr ein absolut unmSgliehes gehalten habe. Man beobaehtet n'amlich mit der fortsehreitenden Nor- malisirung des Irisgewebes und tier Wiederherstellung der vordern Kammer, dass auch die Atrophia bulbi, wenn sie nieht sehon zu weir vorgerfickt ist, sich wieder ausgleieht. Ieh habe in meiner Klinik eine grosse Reihe yon Fiillen in dieser Weise behandelt, bei welehen der bulbus schon sehr weich und die Abplattungen in der Ge- gend tier graden Augenmuskeln schon sehr entwickelt wa- ren, und bei welchen sehliesslich eine vollkommene Aus- fiillung zu Stande kam. Noch.jetzt besucht reich ein Kran- ker, dem ich vor geraumer Zeit wegen beiderseitiger Atro- phia bulbi ein Attest iiber seine unheilbare Bliudheit naeh bester Ueberzeugung ausgestellt habe. Jetzt, naeh seehsmaliger Verrichtung der Operation, nimmt des- sen SehvermOgen yon Woehe aufWoche zu. Derselbe ziihlt Finger auf einige Fuss, unterscheidet alle grSssern Objekte, Lettern der grOssten Schrift, wiihrend er lange hindurch auf eine dumpfe quantitative Lichtempfindung beschriinkt war. Seine frfiher hiichst desorganisirte Iris sieht ietzt beinahe normal aus, die vordere Kammer ist hergestellt, Volumen und Resistenz des Bulbus haben sieh gegen frfiher namhaft gehoben und die ii'{iher in allen 4 Riehtungen siehtbaren Abflaehungen sind bis auf eine leiehte Andeutung in der Gegend des Rectus inferior versehwunden. Dabei hat derselbe noeh eine vorger[iekte Linsentriibnng, die natiirliche Pupille i st durch eine weisse Membran verschlossen, so dass in

Page 19: Ueber die Coremorphosis als Mittel gegen chronische Iritis und Iridochorioiditis

220

summa sein jetziges Sehverm(igen ungef~ihr den Ver- hiiltnissen in den breehenden Medien entsprieht.

Das Zuriiekgel~en der Atrophia bulbi wiirde freilieh etwas r/ilhselhaftes haben, wenn wir dieselbe naeh friihe- ren Begriffen als ein substantielles tro.phisehes Leiden betraehten wollten; aber die Atrophia bulbi giebt in sol- then F~illen, wie wir sehon iifter urgirt haben, lediglieh den Ausdruek fiir die Chorioidalstase. Die Chorioidea ist des absondernde Organ der Glaskiirper-Fliissigkeit, und wenn die Cirkulation in derselben stockt, so wird nothwendig die Regeneration des GIaskSrpers ausblei- ben und der letztere an Volumen abnehmen; es wird bei chronischer Chorioiditis nieht mehr die normale, son- dern eine anomale Erniihrungsfllissigkeit f'dr den Glas- kiirper geliefert, so dass derselbe chemiseh und quan- titativ yon der Norm abweieht.*) Freilieh ist es bekannt, dass, wenn die Atrophia bulbi eine gewisse Grenze iiberschritten, eine Ausf'fillung nicht mehr zu Stande kommt. Es pflegen dann (wahrseheinlich zur Ausglei- (;hung der Druekverhiiltnisse) seriise und haemorrhagi- sche Ergiisse yon der Chorioidea auszugehen, welche die Restitution unmg3glieh maehen. Aber ein gewisser Grad yon Atrophia bulbi dutch Chorioidalstase ist hell- bar, wie es bereits alle aufmerksamen Beobaehter wis- sen, und wie es die mitgetheilten Beobachtungen viel- leicht am aller priignantesten beweisen. Wir wissen ja auch, dass z. B. bei heftiger Iritis der Bulbus hiiufig weicher ist, als auf dem gesunden Auge, und dass dies Symptom mit versehwindender Entziindung sich wieder riickbildet. Es ist hier die geringere Resistenz offenbar aueh auf die (an die Chorioidelhyperamie gebundene)

~') Einen genaueren Ausdruck fiir d:e obwalteadcn Verhiiltnisso kSnnen wir bei unserer ungeniigenden Kenntniss iiber die Regene- ration dos Glaskiirpers zur Zeit nieht geben.

Page 20: Ueber die Coremorphosis als Mittel gegen chronische Iritis und Iridochorioiditis

221

Behind,rung in d~,r Abscheidung yon OlaskSrppr-Fl[is- sigkeit zu schieben, denn in dem Volumen des Humor aqueus zeigt sich kein Unterschied, der eine Erkl';irung abgeben kSnnte.

Ich brauche nicht zu erwahnen, dass die Prognose f0r den Ert'olg unseres Verfahrens mit dem Grade der Atrophia bulbi ung~instiger wird, ja ich habe wieder- holentlich bei sehr vorger[ickter Atrophia unter den be- sprochenen Antecedenfien gar keinen Erfolg mehr be- obaebtet. Es existirt eine gewisse Grenze, jenseits welcher eineWiederherstellung der Chorioidalcirkulation unmSglich wird, well dis bleibenden Ver~nderungen chronischer EntzClndung, n~imlich Atrophie des Gewebes mit Obli- teration der GeFtisse, bereits zu hoch gediehen sin& Hieraus ergibt sich der Grundsatz, dass man d~te Ope- ration nicht zu lange verschieben, sondern so fr~ih als mSglich verrichten soll.'

Es ist dies {ibrigens schon aus einem andereu Grunde r~ithlich. Die Anwesenheit ser6sen Exsudates hiz~- ter der Iris bedingt mit tier Zeit Trfibung der Linse .n- s u b s t a n z , welche zur Entwickhmg yon Cataract fi'~hrt. Wir m[issen diese Trhbungen nicht mit jenen umschrie- benen Opacit~iten in der Schieht der i n t r a c a p s u l S r e n Z e l l e n verwechseln, welche beinahe einem jeden iriti- sehen Exsudations-Process iblgen. Diese letzteren ffihren nicht mit Nothwendigkeit zur Cataractbildung, und verschwinden sogar zuweilen mit dem Pupillar- exsudat, wie mir Experimente an Thieren auf das schlagendste bewiesen, und wie mir auch die Kranken- beobachtung ausserordentlich wahrscheinlich macht. Dass nun die Entwicklung yon Cataract unter den ge- gebenen Verh~iltnissen stSrend ist, bedarf wohl keiner Erwiihnung, da alle Verfahren zur Beseitigung derselben yon namhaften Get'ahren umgeben sind. An Reklina- fion ist nicht zu denken (bei bestehender ehronischer

Page 21: Ueber die Coremorphosis als Mittel gegen chronische Iritis und Iridochorioiditis

222

Chorioiditis!). Die I)iscision ist misslich, well die Kapsel- wunden nach vorausgegangener Iritis sich sehr schwer erweitern, und ausserdem .jede Bl~ihung yon hervor- tretender Linsensubstanz die friihere Iritis leicht wieder einleitet. Es bleibt demnach nur die Extraktion, bei welcher wit das miihsam Erlangte im Falle einer un- giinstigen Heilung wieder vollkommen einbiissen kSnnen.

Es scheint mir iiberflilssig , die mitgetheilten Beob- achtungen dutch ausfiihrliche Krankengeschichten zu er- h~irten, um so mehr, als die meisten tier hierhergehSri- gen F~ille in meiner Klinik und unter den Augen vieler sachverst~indiger Collegen beobaehtet wurden, und auch zum Theil schon (siehe R o t h m u n d ,,Beitr~ge zur kiinst- lichen Pupillenbildung", Miinehen i855) zur Oeffentlieh- keit gelangten. Dagegen ist es yon Interesse, die allge- meinen Resultate fiber die zu G'runde liegenden Krank- heiten und fib'er die Wirkungsweise des Veri'ahrens zusammenzufassen, um den gewonnenen Anschauungen Eingang zu verschaffen.

Die sogenannte I r i d o - c h o r i o i d i t i s ist eine setlr polymorphe Krankheit und miissen wir, um die F~ille in tier uns hier besch~iftigenden Beziehung zu siehten, vor allen Dingen zwei sich gegeniiberstehende Gruppen unterscheiden.

i) Die Krankheit f'~ingt mit I r i t i s an. Es bildet sieh (ohne geeignete Behandlung) Pupillar a b s c h! u s s, gleichviel ob mit massenhaften Pupillarexsudaten oder ohne dies. Das Bestehen eines solchen Pupillarabsehlusses wird zum Theil dutch die vollst~ndige Reaktionslosig- keit der Pupille gegen Mydriatica, zum Theil bei sehiefer Beleuchtung dadurch bewiesen, dass ein cirkul~irer Saum pigmentirten Exsudates das Irisgewebe allseitig an die Kapsel anliithet. Ist etwa Grund zu einer Paracentese, so wird der unvollkommene Ausfluss des Humor aqueus

Page 22: Ueber die Coremorphosis als Mittel gegen chronische Iritis und Iridochorioiditis

223

bei dmn gew~'~hnlichen Verfahren, d. h. ohne ld~nstlich ant die Hornhaut angebraehten Druck, ein weiteres abet entbehrliehes Argument abgeben. Nach erf'olgtem Pu- pillarabsehluss bleibt in einzelnen, aber night gar hiiufi- gen Fiillen, das SehvermgSgen vollkommen erhalten, in der Regel aber tritt allmiihlig Hervorbuchtung des peri- pherisehen Iristheils ein, zuerst partiell in Form yon Buekeln, dann allmiihlig total, und es entwiekelt sich gleichzeitig eine Amblyopie, die sieh dureh die Pupillar- verhiiltnisse nieht mehr erkliirt. Zuweilen k~nnen wit ophthalmoseopiseh trine GlaskiSrperopaeitiiten naehwei- sen. Der Bulbus wird weieher, kurz es zeigen sieh alle Symptome der hinzugetretenen ghorioiditis, gine irrige, yon den meisten Auetoren entwiekelte Ansicht ist die, dass t e s t e s hinter der Iris befindliehes E x s u d a t die letztere h e r v o r t r e i b t. Freilieh sind pigmentirte Exsudat- membranen hinter derselben, namentlieh in der Naehbar- sehaf't des Pupillarrandes, vorhanden; aber die Hervor- w~lbung erkl/irt sieh durch ser/~ses Exsudat hinter dem peripheren Theil, wig aus den obigen Mittheilungen her- vorgeht. Es ist ferner ring irrige Ansieht, dass diese Form yon Iritis einen besonderen d y s k r a t i s e h e n Ur- sprung habe. Wenn ieh die gesammelten Fiille iiber- blieke, so 1.asst sigh dies nieht im Mindesten naehweisett, und es dilTerenzirt sieh dieselbe in der Reihe der ge- w/3hnliehen Irifides, welehe naeh grkiiltungsursaehen, oder ohne alle naehweisbaren Ursaehen entstehen, nur dadureh, dass sieh sehr raseh und ohne massenhaftes Exsudat in der Pupille Syneehia posterior totalis bildet, ein Ausgang, der meist nur einer zu sp'at angefangenen oder mangelhaften Behandlung, nieht aber einem eigen- thiimliehen Krankheitswesen zuzusehreiben ist. Die Her- vorw~lbung der Iris ist eben nur Folge des Pupillar- absehlusses und der serCSsen Exsudation an der hintern gliiehe. Sie hat demnaeh ihre s p e z i f i s e h e Bedeutung

Page 23: Ueber die Coremorphosis als Mittel gegen chronische Iritis und Iridochorioiditis

224

ebenso verloren, wie die Form der Pupillarverzerrtmg u. s.w. Es drfingt sich natSrlich die Frage aug: warum zuweilen der Pupillarabschluss keine HervorwSlbung der Iris zur Folge hat. Dies genfigend zu beantworten, bin ich ausser Staade. Es sind wohl zum Theil Ver- schiedenheiten in der Cirkulation der Iris selbst, welche die Ungleichartigkeit tier Ffille erkl~iren, indem bald ausgedehntere, bald geringere Obliterationen der Ge- f~isse nach Iritis zuriickbleiben, theils aber m a g e s vor- kommen, class selb'st bei einer scheinbaren Syneehia posterior totalis noch eine Kommunikation zwischen dem Vorderkammerraum und der hinter dem peripheren Theil der Iris befindlichen Flfissigkeitsschieht fortbesteht, indem n~imlich der Flfissigkeitsstrom die am Pupillar- rand hafienden Exsudate, oder gewisse in dem atro- phivten Irisgewebe zuweilen befindliehe minime Dis- continuit~iten durchsetzt.

2) Den Ausgangspunkt des Uebels bilden Chor io i - d e a l v e r ~ i n d e r n n g e n , zu denen Iritis als Consekutiv- fibel hinzutritt. Wit haben schon fi, iiher hervorgehoben (s. A. f. O. Bd. I. 1. S. 367), class hochgradige Netzhautab- 15sungen, die dutch haemorrhagische oder serSse Ergfisse seitens der Chorioidea entstehen, in ihrem sp~iteren Ver- laufe meist eine reaktive Entziindung der inneren Mem- branen, und so Pupillarabschluss, hervorrufen. Es pflegt hier die Bildung yon Cataract gleiehzeitig oder schon etwas vor der Iritis stattzufinden, so class mit dem Pu- pillarabschluss Cataracta accreta entsteht. Es pflegen ferner centrale, meist durch den grSssten Theil der Pu- pille ausgedehnte Kapselstaare sich zu bilden, welehe ein wichtiges diaguostisches Kennzeichen abgeben, indem wir aus ihrer Existenz*) schon mit grSsster Wahrschein-

~) Natiirlich darf eine Verwechselung solcher Kapselopacitaten mit Pupi[larexsudat nicht stattfinden. Ueberhaupt ist die genaus Wfirdig~mg derselben unmSglich, wenn gleichzeitig ausgedehnte

Page 24: Ueber die Coremorphosis als Mittel gegen chronische Iritis und Iridochorioiditis

225

lichkeit a~,f NetzhautablSsung schliess~n. Auch in die- sen Fiillen entsteht meist nach erfolgtem Pupillarab- schluss HervorwSlbung der Iris, dann Atrophia bulbi und es kann sich somit das Krankheitsbild schliesslich dem oben besehriebenen ausserordentlieh n'ahern.

Die vergleichende Diagnose beider Kranheitszust~inde ist urn so wichtiger, als dieselben eine sehr verschie- dene Prognose geben. Vor allen Dingen ist die Ar ia- m n e s e zu ber~icksichtigen. In dem letzteren Falle n~im- lich ring die Krankheit mit den eharakteristischen Sympto- men der NetzhautablSsung an: Beschriinkung des Ge- sichtsfeldes, beinahe constant nach oben, die allmiilig fort- schreitet und schliesslich nut einiges ErkennungsvermS- gen meist nach aussen-unten zuriiekliess; dabei yon Anfang an Gebrochensehen, Schief- und Verzerrtsehen der Gesichtsobiekte; erst in einer spiiteren Periode Entzfindungen und diese in der Regel mit geringem Reiz- zustande, well n~imlich schon Atrophie des GlaskSrpers und Abnahme des intraocularen Drueks eingeleitet war. Fiir den ersteren Fall dagegen Anihng des Uebels mit ausgepr~igten, periodisch recidivirenden, in der Regel mit Ciliarneurose gepaarten Entzfindungen, dabei das Sehverm6gen im Beginn noch ziemlich gut, dann allmiilig dutch eine gleichm/issige Umschleierung, abet ohne Beschriinkung des Gesichtsfeldes beeintr~ichtigt. - - Leider geht es bier mit der Anamnese wie iiberall. Es ist deren Werth je nach der Beobachtungsgabe der Kranken und zufSlligen Umst'anden ausserordentlich verschieden.

iritische Auflagerungen sich gebildet haben. Kapselopacit~iten in Form einzelner yon der Peripherie ausgehender, ins Pupillargebiet hineinragender Zipfc[ kommen ja bei allen Formen yon Cataracten, namentIich bei sehr aiten Cataracten, vor und haben nichts charakteristi- sches, abet grosse we[sse Kapsel-Pl'~ques, die Pupillargegend einneh- mend, bei meist noch unvol[kommen geiriibter Linse, geben mit der gr6ss~en WahrscheilAichkeit die erw~ihnte diagnostische Bedeu~un~.

At'e, hiv file Ophth~dmologie. Bd. [I. 2. 15

Page 25: Ueber die Coremorphosis als Mittel gegen chronische Iritis und Iridochorioiditis

226

Da das Uebel meist auf einer Seite anf~ingt, so entgehen die Sehstiirungen den Kranken oft g~inzlich, und es ist daher sehr wichtig, auch spiiter noch o b.jek- t i v e U n t e r s c h e i d u n g s m e r k m a l e z u b e s i t z e n . Diese liegen zum Theil in der Priifung des Irisgewebes, welches sffirker zu leiden pflegt, wenn die Krankheit mit Iritis anf~ingt, als wenn Netzhautabllisung den 6rund zur Krankheit abgab. Ferner in der Beurtheilung des Lin- sensystems, so welt solche bei den bestehenden Pupil- larexsudaten zulassig ist. Es pflegt n~imlich, wie.schon oben angedeutet, bei vorangegangener NetzhautabRisung die Cataractbildung der Iridochoroiditis vorauszugehen oder mindestens dieselbe zu begleiten, wiihrend sich bei der ersteren Form erst sehr sp~t und bei ausgepr~gter Hervorwiilbung der Iris TrSbung der Linsensnbstanz bildet. Das allerwichtigste Merkmal Fdr die Praxis abet l i e g t i a d e r U n t e r s u c h u n g d e s L i c h t s c h e i n s . Diese (hath den A. f. O. Bd. I, 2. S. 257 gegeben Grunds~tzen anzuflihren), wird ein ganz anderes Resultat in den beiden verschiedenen F~illern lies wenn n~mlich auch in beiden der Lichtschein weit geringer ist, a]s es den vorderen Trfbungeu entsprieht, so wird die Verdunkelung doch bei weitem die erhebliehste sein, wenn Netzhautabl~isung besteht. Es wird sieh ferner bier herausstellen, dass der Lichtsehein nach unten re- lativ starker ist, als naeh oben. Natlirlich dfirfen wit nicht erwarten, dass der Schein einer Lampe vollsffin- dig vgrschwindet, wenn wir dieselbe in den obern Theil des Gesichtskreises bringen, wie es bei (NetzhautablS- sung und) klarer Pupille mit dem Gesichtsobjekt ge- sehieht, denn es werden der Lichtdiffusion wegen bei jeder Haltung des Objekts auch die oberen Theile der Netzhaut gotroffon; abet ein quantitativer Unterschied pflegt sieh je naeh der Haltuag zu markiren, well die Lichtdiffusion nicht eine vollkommene ist. Dies Krite-

Page 26: Ueber die Coremorphosis als Mittel gegen chronische Iritis und Iridochorioiditis

227

rium versehwindet ebenfalls, wenn jede quantitative Lichtempfindung erloschen ist. F[ir solche F~ille ist aber~ auch wenn die Krankheit mit Iritis anfing, Netz- hautabl~sung als Folgeiibel eingetreten, w~ihrend im Beginn die sekund~ire Chorioiditis nut Exsudation in den Glask~3rper zu setzen pflegt; aueh ist dann jede Kunst- hiilt'e unm~glieh.

Kehren wit nun zu der uns besch~iftigenden thera- peutischen Frage zurilck, so ergiebt sich, das die Core- morphosis eine eigentliche Heilwirkung nut ffir die e r s t e G r u p p e vonF~i l l en hat. Ich babe dieselbe auch hilufig bei Iridoehorioiditis in Folge yon Netzhautabl~sung aus- gef~ihrt, und im Allgemeinen eine gfinstige Einwirkung auf den Reizzustand, wenn solcher noch vorhanden, gesehen; ja ieh m~chte sie unter Umsfflnden auch Fdr diese F/ille, natfirlieh unter den n~3thigen prognostischen Kautelen dem Kranken gegeniiber, anrathen. Besonders gilt dies, wenn w/ihrend der fortbestehenden innern Reizung des afficirten Auges irgend eine sympathische Affektion auf dem zweiten Auge auszubrechen droht (siehe unten). Aber yon einer eigentlichenRestitution des Sehver= m;3gens kann hier keine Rede sein; es gilt vielmehr der Grundsatz, dass ausgedehnte Net zhautabl6sunffen, wenn sich die reaktive Entziindung der innern Membranen einmal eingeleitet hat, zur vollsffindigen Amaurose mit Atrophia bulbi filhren. Dagegen kSnnen wit in den ersteren F~illen auf die Wirkung der Coremorphose rechnen, und zwar sicher, wenn der Lichtschein gut (siehe 1. e.) und wenn die Atrophia bulbi noeh nicht zu sehr vorgerfickt ist.

Die allerbesten und sichersten Resultate erh~ilt man begreiflicher Weise da, wo bei S y n e c h i a pos te - r i o r t o t a l i s no(.h keine Hervorw~51bung der Iris existirt. Freilich hat es fiir den beginnenden Praktiker etwas

15 +~

Page 27: Ueber die Coremorphosis als Mittel gegen chronische Iritis und Iridochorioiditis

228

missliehes, unter diesen Verh~iltnissen zu operiren, weil die Kranken sich meist noch einer guten Sehschiirfe er- s h~iufig noch kleine Schrift erkennen , und weil es ferner nicht absolut nothwendig ist, dass sich sekund~ire Choroiditis entwickelt. Ist hierbei alas an- dere Auge bereits dutch die Ausg~inge der Krank- heit amaurotisch, so rathe ich trotz dieser Bedenken nieht zu warren, dean es k(innten sowohl dutch den Hinzutritt voa Chorioidalcomplication wie durch Cata- ractbildung die Chaneen bedeutend sinken. Auch kann ieh die natiirliehe Bef'drchtung niederschlagen, dass dutch Coremorphose unter solchen Verh~iltnissen die Sehsch/irfe leidet. Ieh nenne diese Befiirchtung na- tiirlich, weil unter den erw'iihnten Umst/inden gewisse dioptrische Unregelm/issigkeiten nicht zu vermeiden sin& Es wird namentlich der durch pigmentirte Exsu- date anhaftende Pupillarrand stehen bleiben und die kiinst- liche Pupille yon der centralen trennen, wodurch bei ungenauen Accommodationsverh~ltnissen- und solche sin(] bei excentrischen Pupillen v o r h a n d e n - Diplopie entstehen k~iante. Es werden s in dem mehr cen- tralen Theil der kilnstlichen Pupille pigmentirte Exsudate auf der Kapsel lagern, deren lichtzerstreuender Einfluss allenf'alls zu ffirchten w~ire; endlich k(hmte der gr(issere Umfang der Pupille selbst, deren peripherer Theil dem Linsenrand gegeniiber liegt, durch Blendung influiren. Die Bedeutung aller dieser Bedenken fiillt aber der Erfahrung gegeniiber, vorausgesetzt, dass man der kiiastlichen Pupille keine allzu grosse Ausdehnung giebt. Auch kann man sieh gegen dieselben und ge- gen etwaige kosmetische Einwiirfe dadurch ausriisten, dass man die Pupil[e naeh oben anlegt, wobei sie durch das obere Lid vollkommen verdeckt wird, uud dem- naeh die Kranken nach wie vor dureh die centrale sehen.

Page 28: Ueber die Coremorphosis als Mittel gegen chronische Iritis und Iridochorioiditis

229

Man erreicht dann die beabsichtigte Wirkung aug die Iritis chronica, ohne die dioptrischen Verh~iltnisse irgend wie zu ~indern. In dieser Weise vers ieh, wenn der mittlere Theil der centralen Pupille vollkommen rein ist, in allen andern FSllen abet bilde ich die Pupille nach innen oder nach unten, und habe selbst bei Kran- ken, die Schrift No. I. (der J i igerschen Sehriftproben) lasen, niemals eine Verschlechterung der Sehsch~irfe gesehen.

Bleiben nun die Kranken, bei denen man wegen Synechia posterior totalis die Coremorphosis verrichtet hat, wirklich frei yon Iritis-Riickf~illen? Wir miissen dies flir die unendliche Mehrzahl der F~ille beiahen , und wiirden ilberhaupt nach dem Vorausgeschiekten hieraui nicht mehr zurSckkommen, wenn nicht darin ein scheinbarer Widerspruch mit dem ersten der oben auf- gestelhen Grunds~itze vorl/ige, n~imlich mit dem, dass (tie R(ickf/ille yon Iritis in der Regel dutch die Gegen- wart hinterer Syneehieen bedingt werden. Diese letzte- ten werden ja durch die Coremorphosis kein~swegs in ihrer Totalitat gelSst, da der ganze iibrige, nicht in das Bereich der Operation ihllende Pupillarrand auch sp/iter de,' Kapsel anhaftet. A priori hiitte ich auch kaum geglaubt, dass die Pupillenbildung der nachtheili- gen Wirkung tier ibrtbestehenden hintern Synechieen vorbeugt, dennoch hat die Eri'ahrung dies hinl~inglich be- wiesen, und wit sind gewissermassen befhg't, nach einer vermittelnden Erkl~irung dieser Thatsachen zu suchen. Es muss bei der muskul~iren Struktur der Iris dutch die Excision eines Abschitts eine bedeutende Aenderung in den Spannungs-Verhiiltnissen Start finden, wodurch die Disposition zu entzSndlicher Reizung allerdings so verringert werden kann, dass die hinteren Synechieen keine gen(igende Krankheitsursache mehr abgeben. Noch mehr in die Waagsehale abet glaube ieh i~illt die cireula-

Page 29: Ueber die Coremorphosis als Mittel gegen chronische Iritis und Iridochorioiditis

230

torisehe Ver~nderung. Abgesehen vonder einmal erfolg- ten Haemorrhagie und dem Abfluss des Kammerwassers, ist nach der Operation das Volumen der Iris um eine ge.wisse Quote verringert. Wenn nun der Kammerraum nach wie vet, und wie es scheint in normaler Weise geFfillt wird, so scheidet die zurfickgebliebene Iris verh~ilt- nissm~ssig mehr Kammerwasser ab als fraher, und es finder so eine permanent gesteigerte Entlastung der Iris- geP~isse Start. Die Verh~iltnisse mlissen sich ungefllhr denen n~ihern, welche wit dutch cine periodisch wieder- holte Paracentese erreichen, nur wird der antiphlo- gistische Einfluss der Pupillenbildung noch welt giin- stiger sein, weil es sich hier um eine continuirliche Entlastung handelt, w~ihrend nach jedem pliitzlichen Ausfluss des Humor aqueus bekanntermaassen sine vor- fibergehende GeFgssfiberFdllung (ex vacuo) Start finder. Wir haben fiber das therapeutische Verh~ltniss conti- nuirlicher, resp. periodischer Entlastung der Gef'~isse bet Entzfindungen uns schon anderen Orts ge~iussert, und sehlagen auch diese Anschauungen wesentlieh in den frliheren Sinn tin. Im Uebrigen bilde ich mir nicht ein, Fdr die Heilwirkung der Pupillenbildung gegen chronische Iritis einen exakten Ausdruck geben zu kiin- hen; ich habe reich vorliiufig mit der F e s t s t e l l u n g d e r T h a t s a c h e bescMfligt, und wiirde reich sehr dar[iber freuen, wenn die ge~iusserten Vermuthungen einen An- stoss zu besserer und genauerer Begrfindung geben sollten. - - So viel fiber die C o r e m o r p h o s i s bet Sy- n e c h i a p o s t e r i o r to ta l i s .

Ist bereits H e r v o r t r e i b u n g der I r i s vorhanden, so fehlen beinahe nie die Zeiehen ether beginnenden cho- rioidalen Amblyopie, und we sis ausnahmsweise noch i~hlen, sind sic mit Sicherheit zu erwarten, weshalb das Verfahren niomals aufzuschieben ist. Die Ausfiih-

Page 30: Ueber die Coremorphosis als Mittel gegen chronische Iritis und Iridochorioiditis

231

rung hat, vorausgesetzt, dass noch einige vordere Kam- met existirt, keine Schwierigkeit, wie man es in der Idee, volumin(ise feste Exsudate hinter der Iris zu finden, bes kSnnte; die dutch Serum nach vorn gctriebene Iris driingt sich leicht zwischen die Branchen tier Pincette ein. Nachdem die Wirkungen der Pupil- lenbildungen unter solchen Verh~iltnissen schon oben zur 6eniige besprochen sind, haben wir hier nut iiber den Hergang selbst einige allgemeine Bemerkungen anzukn[~pfen.

t) Worinbesteht die sogenannte sekund~ire Chorio- iditis? Der Augenspiegel zeigt, wie oben erwahnt, zu- weilen sehr feine diffuse Glaskiiperopacitaten, zuweilen aber schliesst man auf Tri~bung des corpus vitreum nut wegen des gleichmassig verwisehten Aussehens des Augenhintergrundes. Die Netzhaut erweist, wo eine scharfe Beurtheilung mSglich ist, nichts Ab- normes. In der Chorioidea, besonders nach dem Aequator bulbi hin, sind die grossen Gef/isst~imme ausserordentlich stark, worauf" ich jedoch weniger Gewicht lege, als auf' die Entwicklung der Chorio- capillaris, deren fhin punktirte Maschen (ira aufrech- ten Bilde) vollkcmmen verschwinden, so dass sie ein uniformes Roth [iber die Schicht der ~iusseren Ge- f~isse hinbreitet. Est ist demnach Hypaer~imie der Cho- riocapillaris mit pathologischer Durc'htr~inkung des Glas- kSrpers das.ienige, was wit als Ausgangspunkt der se- kund/iren Chorioidealaffektion betrachten nfiissen, und glaube ich wirklich, dass Gewebsver~nderungen tier Aderhaut erst ziemlich spiit hinzutreten, sonst m~isste man nach riickg~ngigem Uebel, niimlich nach verrich- teter Coremorphosis, Residuen derselben vorfinden. Es geht aus dieser Beschaffeld~eit auch die MSglichkeit vollkommener Rfiekbildung hervor; sp~ter kommt es freilich zu ausgedehnten Ergiissen, NetzhautablSsungen

Page 31: Ueber die Coremorphosis als Mittel gegen chronische Iritis und Iridochorioiditis

232

und derlei, lind hiermit zu einer wesentlichen Umgestal- tung der Prognose.

2) Es fragt sich ferner, ob sin urs~ichlicher Zusam- menhang zwischen dem Pupillarabschluss und der Cho- rioidalaffektion existirt. Man kiinnte auch behaupten, dass die Chorioiditis lediglich aus der Eortpftanzung der Entzlindung resultire, welche bei der GeF~issconti- nuit/it zwischen Iris und Chorioidea so natlirlich ist. Woher kommt es abet, dass diese Verbreitung der Entziindung nicht therapeutisch zu verhindern ist? Hierfiir, glaube ich, giebt der Pnpillarabschluss in /ihnlicher Weise den Grund, wie die Gegenwart hin- terer Synechieen for dis Iritisrlickf/ille. Als Argu- mente dienen erstens die Wirkung der Pupillenbil- dung selbst, nach welcher die Chorioidalaffektion spontan zuriickgeht, und sodann die Erfahrung, dass die Chorioidal-Ver~inderungen nicht leicht bei einem sonst geeigneten Verfahren hinzutreten, wenn es ge- lingt, die Synechia posterior totalis durch die ge- ringste fi'eie Ausbuchtung mittelst Mydriatica zu brechen.

3) Der Pupillarabschluss als mechanisches Moment bedarf noch einer tiefgehenden Analyse und, bin ich trotz einiger Vorarbeiten iiber den intraocularen Druek zur Zeit ausser Stande, hierilber etwas Erschiipfendes zu sagen. - - So vie1 stem lest, dass tier Druck so- wohl in den hinteren Theilen des Augesals in der vor- deren Kammer mit dem Abschluss der Pupille sieh /in- dern muss, u n d e s kiinnte diese Aenderung flir dis Cir- culationsverh/iltnisse yon Wiehtigkeit sein. Andererseits ist es auch miiglich, dass dutch die aufgehobene Com- munikation mit der vordern Kammer der Fl~issigkeitsstrom nicht in normaler Weise gegen die Hornhaut hin ge- langt, und class auf diese Weise die Secretions- und Diffusions-Verh/iltnisse anomalisirt werden. Die An- sammlung seriiser Fliissigkeit hinter der Iris nach er-

Page 32: Ueber die Coremorphosis als Mittel gegen chronische Iritis und Iridochorioiditis

233

folgtem Pupillarabschluss scheint hierfi]r zu spreehen. n Riickf~ille yon I r i t i s habe ieh nach Coremor- phosis unter den fraglichen Verh~hnissen eigentlich nicht gesehen, dagegen babe ich in einzelnen F~illen ein u n v o l l k o m m e n e s A u f h S r e n der bestehenden Iritis beobachtet. In diesen F~illen zeigte sich die An- Miufung pigmentirter Exsudate in der kilnstlichen Pu- pille besonders massenhafl; und die Schrumpfung dieser uad auch wohl neuer Exsudate f'fihrte allm~ih- lig zu einer Verschmiilerung der kiinstlichen Pupille. Da aber alsdann immer dem frliheren Zustand ge- geniiber eine gewisse Besserung in der Textur und Farbe der Iris unverkennbar war, so gab mir dies ledig[ieh die Indikation zu einer Wiederholung der Operation an einer benachbarten Stelle, und berut~ ich reich, was den Erfo]g dieses Verfahrens anbetrifft, auf das oben Angeffhrte.

Es f';illt hiernaeh die yon Einigen ge/iusserte Ver- muthung; dass die Krankheit nut u n t e r b r o e h e n aber nieht gehe i l t w e r d e . - Die C h o r i o d a l e o m p l i c a t i o n ptlegte sieh, wenn alas Sehverm6gen noeh einigermaas- sen gut erhalten war, successive zur[iekzubilden, wo- f'~ir zum Theil die ophthalmoscopische Untersuchung, zum Theil die Priifung der Sehsch~irfe sprach. Die Lichtung des Glask~Srpers geht noch Monate lang hin- durch vorw~rts, und wird racist vollkommen, nur zuwei- len bleiben 61askgrperopacifiiten zur~ick. - - Dagegen ist ein sp/iteres Folgeiibel, welches wir hier nieht mit Still- schweigen iibergehen dr die Ausbildung yon C a t a - ract . Ich habe schon friiher angegeben, dass da, wo sergses Exsudat hinter der Iris liegt, allmShlig eine Trii- bung der Linsensubstanz entsteht. War dieHervorwSlbung noch fi'iseh und m~issig ausgepr/igt, so ist es nieht n~ithig, dass man naeh verrichteter Pupillenbildung bereits einen gewissen Grad yon Linsenopacit~it vorfinde; bestand aber

Page 33: Ueber die Coremorphosis als Mittel gegen chronische Iritis und Iridochorioiditis

234

dieselbe schon l~inger und in einem hSheren Grade, so wird man schwerlich die Linse vollkommen rein finden. Es l~isst sich diese, meist yon den mittleren Linsenschich- ten*) ausgehende Opacitiit bet schiefer Beleuchtung voll- kommen scharf yon jenen mehrfach erw~ihnten intra- capsul~iren Opacit~iten, welche irifisehe Auflagerungen begleiten, unterseheiden. Am allerwenigsten kann die Rede sein yon ether Verweehselung mit einer artifieiel- len, d. h. bet der Pupillenbildung verschuldeten Cata- racte, da man hierbei die Kapselwunde nachweisen mfisste; auch wfirde sich diese schnell entwickeln, etc. Es kann die fragliche Linsentriibung iibrigens nach gehobener Ursache, ich meine nach Ausfluss des Ex- sudats, lange Zeit hindureh stafion~ir bleiben; es kann sich dieselbe aber auch allm~ihlig fortentwiekeln, so dass naeh Jahresfrist das fSr das Sehvermiigen gewon- nene Resultat annullirt wird. Dann wird eine Cataract- extraction niithig, und muss hierzu gew~ihnlich die kiinst- liehe Pupille noeh dureh eine Nachbarpupille vergr(is- sert werden, was gleichzeitig mit der Extraction, oder einige Wochen vorher geschehen kann. Der Lappen- sehnitt ist wo m~iglich so anzulegen, dass dessen Schei- te]punk~ in die Mitre der kiinstlichen Pupille f/illt, weil n~imlich alsdann das Stiirzen des Linsenrandes in die Hornhautwunde den geringsten Widerstand findet. Der Linearschnitt ist selbst bet jugendlichen Individuen unter diesen Verh~iltnissen selten angezeigt, weil die Cataracten, die nach Iritis entstehen, selbst wenn sie keinen scleromatiisen Kern enthalten, immer eine kle- brige Beschaffenheit zeigen, welche in Verbindung mit der derben, wahrscheinlich durch Auflagerung verdick-

~) Einmal sah ich einen vollkommen typischen Schichtstaar, der sich nach Pupillarabschluss entwickeit hatte. (siehe A. f. O. Bd. II. l, S. 273).

Page 34: Ueber die Coremorphosis als Mittel gegen chronische Iritis und Iridochorioiditis

235

ten Kapsel sieh dem Austritt dutch eine linoare Wunde entgegensetzt. Dass es nichts Angenehmes ist, unter den gegebenen Verh~iltnissen zu extrahiren, versteht sich yon selbst, und doch sind die Resultate gliicklicher, als man es yon vorn herein annehmen sollte. Ich glaube nicht, dass eine ausgedehnte Statistik hier ein viel ungfinstigeres Resultat herausstellen wiirde, als nach der Extraction unter normalen Verhiiltnissen, wel- ches scheinbar r/ithselhafte Factum eben dutch die Ge- genwart der kiinstlichen Pupille zu erkliiren ist. Wissen wit doch, dass beim unglficklichen Ausgange der Ex- traction grade die eitrige Entziindung des beim Austritt der Linse gequetschten Iristheils einen haupts/ichlichen Factor, ja zuweilen Ausgangspunkt bildet, u n d e s wird somit, wenn dieser Iristheil fehlt, iiberhaupt der Ein- griff der Operation ein geringerer seth. Das Vorkom- men yon Linsentriibnng, an welche sich die spiitere Entwickelung yon Cataract kntipfi, ist es zum grossen Theil, weshalb ich bet Pupillarabschluss mit der Core- morphosis nicht zu warren rathe, sondern dieselbe fiir angezeigt erachte, noch ehe seriises Exsudat sich hinter der Iris ansammelt.

Am schwierigsten ist es, die Indication und die Prognose filr das Verfahren zu stellen, wenn bereits A t r o p h i a bu lb i eingeleitet ist. Wit k~Snnen hier, wo der Pupillarraum vollkommen obstruirt ist, die Ver~n- derungen in den tieferen Theilen nut aus der Pr(ifung des Lichtscheins abscil~itzen*) Ist der Lichtschein sehr

~) Wir sind durch dieses MittoI sogar bef'~higt, Besserungen an atrophischen Augen beim Gebrauch innerer Mittel zu erkennen. So babe ich wiederholentlich bet einer Sublimatkur die Vermehrung des quantitativen Lichtscheins an atrophischen Augen zu beobach- ten Gel(~genheit gehabt.

Page 35: Ueber die Coremorphosis als Mittel gegen chronische Iritis und Iridochorioiditis

236

unbedeutend, so dass die Kranken nut noch den Schein einer sehr helien Lampe bemerken, wenn sie dicht vor- gehalten wird, so darf man sich yon tier Operation fiir das SehvermSgen des betroffenen Auges nichts mehr versprechen. Ist der Lichtschein yon mittlerer Tragweite, so dass etwa eine helle Lampe in 4 ' - - i 0 ' bemerkt wird, und eine mittlere Lampe in tier n~ichsten Ent- fernung, so kommt es besonders darauf an, zu eruiren, ob die verschiedenen Theile der Netzhaut gleichm~issig erregbar sin(t, oder ob sich Unterschiede herausstellen, die auf eine consekutiv eingetretene Netzhautabliisung deuten. Im letzteren Fall ist die Prognose immer eine ung~instige, im ersteren dagegen diirfte das Verfhhren mit den entsprechenden ~Viederholungen schon einige Aussicht gew~ihren. Ist der Lichtschein ein guter, so dass eine mittlere Lampe durch Stubenl~inge, und auch das Hell und Dunkel einer niedrig geschraubten Lampe in einigen Fuss erkannt wird und dabei die excentrischen Eindriieke symmetrisch, so sind wir eines relativen Er- folges ziemlich sicher. Dass ~ibrigens der Grad der Atrophie auch mit in die Waagschale fiillt, versteht sich yon selbst. Ist die Atrophie eine mehr concentri- sche, d. h. markiren sich relativ zur Verringerung des Augaps die Abflachungen in der Gegend der graden Augenmuskeln wenig, hat der bulbus mit einem Wort eine ziemlich regelm~issige Gestalt, so ist die Prognose giinstiger, als im umgekehrten Fall. Es ist n~imlieh dann so zu sehliessen, dass wilhrend der ehro- nischen Chorioiditis und geringeren Sekretion yon Glas- k~rperfl~ssigkeit die Sclera sich concentrisch zusam- mengezogen, und naehdem ihre neue Gleichgewichts- lage einmal durch die entsprechenden Gewebsmodifica- tionen etablirt worden, die Form des Bulbus sieh dann noch erhalten hat, wenn nach wieder gebesserter Chot.ioidalcirkulation eine reichliehere Abseheidung yore

Page 36: Ueber die Coremorphosis als Mittel gegen chronische Iritis und Iridochorioiditis

237

GlaskSrper mSglich wurde. Im G~,gensatz hierzu iibt

bei s tarken Abflachungen die Sclera selbst keinen Druck

auf die Contenta bulbi aus, und ist deshalb die Volums- verr ingerung lediglich der insufficienten Chorioidahh~i-

tigkeit zuzuschreiben.

Die erstere Form yon Atrophie entwickelt sich beson- ders in jugendlichen Jahreu, wo die Sclera elastischer ist. Man weiss, dass naeh Krankheitsprozessen in den Kin- derjahren, besonders in der Neugeborenen-Periode, der be- troffene Bulbus zuweilen kleiner, aber regelm~issig bleibt, was man in praxi auch woh! so auszudriicken pflegt, dass der Bulbus in seiner Entwickelung zurilckgeblieben ist. Einen ~hnlichen Zusammenhang konnte ich auch fiir viele F~lle yon Mierophthalmus eongeuitus best~iiigen. Es beruht aueh dieses Uebel gewiss 5fter auf fStalen Erkrankungen, als auf Bildtmgshemmunge~l. Das Ophthalmoseop zeigte mir in zwei Fiilleu yon Mierophthalmus congenitus, die neuerdings zu meiner Beobachtung kamen, grosse Corioidaldefeete in der ~iquatorialen Pattie, ganz so, wie man sie (als atrophische Plaques) nach abgelauf~ner cir- eumscripter Chorioiditis bei Erwaehsellen fiudet. An dem eineu dieser Augeu bei eiuem 2jiihrigen Kinde verrichtete ieh wegen vorhandenem Strabismus die Tenotomie, an dem zweiten bei einem zehnmonatlichen Kinde wegeu eines grossen centralen Capselstaars eine Goremorphosis naeh innen. Beide Augeu schieneu, soweit die Sehpr[i- thngen in zartem Alter reiehten, nut m~issig sehwaehsich. tig zu sein, bei dem letztem konnte der ophthahnoscopi- sehe Befuud erst nach verrichteter Pupillenbildung aufge- nommen werden.

Einmal babe ich auch Gelegenheit gehabt, die Pu-

pillenbildung an einem Auge zn verricbten, welches

wahrseheinlich mit den Ausg/ingen yon Iridoehorioidi-

tis zur Wel t g'ekomrnen war. Ich vermuthe dies zum

Theil nach einem /irztlichen Bericht, der aus der ersten

Lebensperiode herri~hrt, zum Theil aus der Anamnese,

nach welcher Patientin immer auf einen unbedeutenden

Lichtschein beschr/inkt war , zum Theil endlich wegen

Page 37: Ueber die Coremorphosis als Mittel gegen chronische Iritis und Iridochorioiditis

238

dor hochgradigon und doch vollkomme.n regelm~issigen Voh,msverkleinerung. Das It~dividuurn, ein zartes M~id- then yon 18 Jahren, lift aus beiden Augen noch an Zeichen fortbestehender innerer EntzSndungen. Beide Bulbi waren bedeutend verkleinert, aber dabei regel- m~issig rund, die Muskelvenen ausserordentlieh stark entwickelt, der Humor aqueus getriibt. Die Pupille, zum gr~ssten Theil mit einer gesehrumpften, verkalk- ten, dem Irisrande adhaerenten Cataract ausgef~illt, bot naeh Einfluss der Mydriatiea eine kleine, (wie es dutch die trSbe vordere Kammer sehien) ziemlieh reine Ausbuchtung naeh innen. Naehdem die mydriatische Behandlung und verschiedene andere Mittel erfolg- los geblieben, vielmehr der Lichtsche, in in Jahresfrist permanent gesunken, endlieh auf dumpfe quantitative Per- ception reducirt war, so entschloss ieh reich zu einer Pu- pillenbildung auf dem linken Auge, und war in der That fiber die vortreffiiche Wirkung, die sich allm~ihlig auf den ganzen Habitus des Auges erstreckte, nicht wenig erstaunt. Der Fall erschien mir um so lehrreicher, als ich in dem nicht operirten Auge immer noeh eine Versinnlichung der frilheren Verh':iltnisse besass. Drei Monate naeh der Operation waren die subconjnnctiva- len Venen auf dam operirten Auge beinahe vollst~indig zurfiekgebildet, die vordere Kammer klar, die Pupille vollkommen rein, nur in einem kleinen Abschnitte dutch die verkalkte.und flottirende Linse verdeckt, w/ihrend auf dem reehten Auge noch Alles im frfihern Zustande fort- bestand. Der Glasktirper, den man jetzt dureh die grosse Pupille gut untersuehen konnte, war noch in den ersten 6 - 8 Wochen ziemlich trfib gewesen, hatte sieh aber dann vollkommen gelichtet. Die Netzhaut zeigte nichts Krankhaftes, nur waren die Gef'dsse sehr dSnn, die Papilla nervi optiei etwas kleiner und weis- ser, besonders die Centralarterie sehr diinn (Symptome

Page 38: Ueber die Coremorphosis als Mittel gegen chronische Iritis und Iridochorioiditis

239

einer ungeniigenden Entwiekelung der Sehnerven und tier Netzhaut). Die Chorioidea, des Pigmentbelags ziemlieh gleiehm'assig beraubt, zeigte bis aus einzelne atrophisehe Gewebsstellen in der Aequatorialgegend keine wesentliehen Ver~nderungen. Erst 4 Woehen naeh der Operation konnte die Kranke Finger ziih- len. Jetzt iibt sie das Auge mit Convexgliisern im Erkennen grosser Zahlen und Lettern. Das go- lumen des Bulbus hat sich nieht im Mindesten ver/indert.

Nachdem die Heilwirkung der Coremorphosis ffir jene Formen yon lridochorioideitis, denen Iritis mit Pupillarabschluss vorausgeht, s war, habe ich das Verfahren in sehr verschiedenen anderen Verh~ltnissen durchversucht, welche ich nun der Uebersicht wegen naeh einander aufz~ihlen will, wo- bei ich f~eilieh einiges schon Angedeutete wieder- holen muss.

Zuerst erw~ihne ich die sehon oben angeffihrten F~ille, wo Irido-ehorioiditis als Folgekrankheit voran- gegangener NetzhautablSsung aufgetreten war. Eine eigentliche Heilwirkung f~]r das Sehverm~gen trat, wie oben bemerkt, nicht ein, dagegen wohl eine Besserung des inneren Reizzustandes, welche beson- ders f[~r den Gebrauch des gesunden Auges nicht sel- ten yon Belang war. In der Regel bedeckte eine bereits formirte Cataracta den grSssten Theil der kfinst- lichen Pupille.

Zweitens operirte ich ill jenen F~illen yon Irido- chorioiditis, deren Krankheitsbild zwar allen Beobaehtern bekannt, aber mit sehr verschiedenen Namen bezeich- net ist. Ich meine jene Form, welche zuerst un- ter m~issigen Reizsymptomen eine diffuse Trfibung

Page 39: Ueber die Coremorphosis als Mittel gegen chronische Iritis und Iridochorioiditis

240

des Humor a(lueus ohnc wcsenlliche Pupillarcxsudate und selbst ohne Zusammenziehung der Pupille, sogar h~ufig bei erwciterter Pupille, setzt, rind in diescm Sta- dium den Namen der Dcscemetitis, Hydromeningitis, Aquo-capsulitis, Iritis serosa u. s. w. f'tihrt; zu wel- chert Symptomen gleichzeitig oder sp~iter TrSbung des GlaskSrpers mit Erweichung desselben (sehr feine riot- tirende GlaskSrperopacit/iten), starkes Schwanken der Iris, Tremuliren des Linsensystems, endlich auch meist NetzhautablSsung, Cataracta etc. hinzutreten. Marl hat bekanntlich in dam Sinne tier friiheren Anatomic diese Krankheitsform als Entziindung des alas gesammte innere Auge bekleidenden serSsen Tractus bezeichnet, und wenn auch yon dieser Vorstclhmgsweise nichts gebliebcn ist, da die Hydromeningitis eine Iritis und die IIyaloiditis eine Chorioideitis ist, so zeichnct sich doch das erwahnte Krankheitsbild (lurch (tie Feinheit der an- f'tinglichen Exsudate, die Suspct~sion derselben in den Flfissigkeiten, den Mangel fester adhaerirender Exsudate u. s. w. gcgen die iibrigen Formen genugsam aus, mn einen eigenen Platz in der Nosologie zu occupircn. Etwas Charakteristisches giebt auch das rasche Auftre- ten und Verschwinden der diffusen Tr(ibungen. Ich sah zuweilen innerhalb einer Stunde den Humor aqueus sich trSben und dann sich wiedcr aufhellen, letzteres sowohl spontan, z. B. nach dem Schlaf, als nach Ein- griffen, z. B. nach Blutentleerungen, Incisionen in die Schicht der subeoniunetivalen Gef~isse, k~instlichen Sehweissen etc. Die Trtibungen des Corpus vitreum lichten sieh niemals so schnell. - - Wit konnten ntis nieht entsehliessen, bei diescr Form im ersten Stadium die Coremorphosis zu verriehten, weil man in der Re- gel mit andern Mitteln zum Zicle gelangt; nur in ein- zelnen veralteten oder desperaten F/illen fi~hrte ich die Operation aus. Da sieh deren Anzahl erst auf 6 er-

Page 40: Ueber die Coremorphosis als Mittel gegen chronische Iritis und Iridochorioiditis

241

hebt, so kann ich noah kein Urtheil fiillen, bin abet doch zur Wiederhohmg aufgafordert, da sich in zwei derselben ein alia Erwartungen 5bertreffandes Resultat herausstellte. Nur rathe, ich den raschen Abfluss des Humor aqueus dureh sd~r allmiihliges Herausziehen der Instrumante hier auf's SorgF~ihigste zu verhiiten, well die Disposition zu Netzhautabl;3sungen und intra- ocul/iren Hiimorrhagien sahr gross ist. Es gilt iibrigans diese Vorsicht aueh van der Paracentese.

Drittens habe ich bei Sclerotico-ehorioiditis operirt. Ich meine jane F/ille, wo die Sclerotico-chorioiditis po- sterior sich allm'ahlig in dia vorde.ren Theile attsgedehnt, und zu einer totalen Ektasia des Bulbus (Hydrophthal- runs), Glask~rpertrilbung, Atrophia ehorioideae gefiihrt hatte. Einen naehtheiligen Einfiuss der Pupillenbildung habe ich nicht gesehe, n, aber eben so wenig konnte ieh mieh zur Zeit yon einer Heilwirkung tiberzeugen, so dass ich vorltiufig zur Nachahmung in iihnlichen Fiillen nicht aufibrdern m~chte.

Viertens operirte ich wegen ausgedehnter Horn- hautprozesse, zum Theil mit hinzugetretener Iritis, zum Theil ohne dieselbe. Hierzu veranlassten reich gewisse Fiille, in danen ein noah nicht abgelaufenes Hornhaut- leiden die sp/itere Nothwendigkeit einer kfinstlichen Pu- pille voraussehen liess, und iiusserer Umstiinde wegen nicht bis zum Absehluss des Hornhautleidens gewartet werden konnte. Statt dass nun der traumatische Eingriff zu irgend einer Rekrudescenz oder Verschlimmerung des Uebels gef'dhrt hiitte, bemerkte ieh beinahe constant, dass die AusFdllung der Hornhautgeschwiire und die Lichtung der TrSbungen, so weit sie irgend m{iglieh war, nach tier Pupillenbildung ausserordentlich rasch und gliicklich van Statten ging. Dies fiihrte reich schon vor Jahren auf (tie Idee, zur A b k f i r z u n g des H o r n - h a u t p r o z e s s e s die Coremorphosis zu verrichten. Es

At,chiv flli- Ophthalmoloaie. Bd. II. 2. 16

Page 41: Ueber die Coremorphosis als Mittel gegen chronische Iritis und Iridochorioiditis

242

versteht sich yon selbst, dass man in F~illen, wo eine Heilung des Hornhautprozesses mit sicherer Erhaltung der centralen Pupille zu erwarten steht, yon diesem Verfahren keinen Gebrauch maehen wird, sondern nut da, wo entweder (tie totale ZerstSrung der Hornhaut zu befiirchten ist, wie bei um sich greifenden Absces- sen mit Eitersenkung, oder wo die zu erwartende Hei- lung eine VergrSsserung der centralen Pupille wfinschens- werth macht, zum Beispiel wenn grosse Narbenbildungen in der Mitre der Cornea und derlei vorauszusehen sind. Ist die Hornhautaffection yon blennorrhoischen Conjunc- tivat-Prozessen abh~ingig, so widerrathe ich die Core- morphose, weil man den Hornhautprozess dutch Sisti- rung der Blennorrhoe stets zu einer relativ sehr gfin- stigen Heilung bringt, und man sp~iter die Verh~iltnisse Fdr die Anlegung einer kfinstlichen Pupille besser be- messen kann. Ausserdem kSnnte die Verwundung bei der Gegenwart blennorrhoischen Sekretes dem Auge Gei'ahrea bringen, endlich wfirde dieselbe der unerl~ss- lichen Applikation der caustica hinderlich in den Weg treten. Ebenso widerrathe ich es, wenn das Hornhaut- leiden yon Diphtheritis oder acutem Granulationsprozess abh~ingt, dagegen ist das Verfahren bei idiopathischen Hornhautleiden ganz an seinem Platze. Ich habe nicht selten bei sehr ausgedehnten centralen Abseessen mit Eitersenkung und Hypopien, die die Hiilfte der vordern Kammer fiillten, wo es sich Iediglich um die Erhaltung des Auges handelte, die Entleerung des Eiters aus der vordern Kammer mit der Irisexcision verbunden~ und kann reich fiber das Resultat in diesen und iihnlichen F~lleu nut hiiehst befriedigend aussprechen.-- Wodurch erkl~irt sich nun dieser giinstige Einfluss der Coremor- phose bei um sich greifenden Hornhautprozessen? etwa bloss dutch die Punktion der vorclern Kammer? Dies kSnnte da gehen, wo nach der Operation durch fortbe-

Page 42: Ueber die Coremorphosis als Mittel gegen chronische Iritis und Iridochorioiditis

243

stehenden Abfluss des Ilmnor aqueus die vordere Kam- met flit einige Zeit hindurrh auigehoben oder verrin- v, ert bMbt, denn nur untm' diesen Bedingung, en sohen wit die vielfach ger[ihmte (s. A. f: O. Bd. I. I. S. 224) fteilwirkung der Paracentes~, aui' Hornhautleiden. Es finder dies abet gerade in den hespr,)ehenen F/illen h~chst ausnahmsweise Statt, weil die ~,Vunde, an einem gesml- den Randtheil dee Hornhaut angelegt, sich rasch ver- schliesst. Die Excision eines Irisstiicks kann nicht ohne Einfluss auf die Absonderung (los Humor aqueus bleiben. \Venn wit aueh oben zu erweis~.n gesueht haben, dass der zur(iekbleibende Iristheil verhNtnissm/issig mehr st- eernirt, so ist doeh eine vollstiindige Compe, nsation nieht wahrseheinlieh, und deshalb eine gewisse Herabsetzung des intraoeularen Drueks s(,hr annehmhar; aueh land ieh zuweilen naeh einseitigen ()perationen (unter den gew[~hn- lichen Indieationen) das ol)erirte Auge noeh Woehen lang bei der Betastung weicher als das gesunde. Ieh vermuthe, dass diese andauernde Verringerung des intra- oeularen Drueks die IIeilwirkung der Coremorphose b~,i Itornhautleiden erkl~irt, und dass sieh dieselbo in dieser Beziehung der mydriatisehen Behandlung und der Para- eentese ansehliesst. Ferner darf nieht au~ser Aeht galas- sen werden, dass hei heftigen und in die Tiefe greifenden Hornhautleiden h~iufig, unbemerkt eine Theilnahme der Iris eintritt, die hier der tIornhautaffection wegen sehr sehwer zu e~ol i ren ist. Centrale tIornhautabseesse mit Hypo- pien paaren sieh nieht sehen mit lrifis, und ist diese Complikation unter obwaltenden Umstiinden immer zu vermuthen, wcnn die Puf)ille bei m~ivsigem Reizzustande des Auges einer energischen Anwendung der Mydria- tica nicht nachgiebt. Solehe Vermuthung halte ieh des- halb f'dr gereeht, well grade diese Formen yon Horn- hautleiden (lie Aufnahme des Atropins in die vo,'dere Kammer weniger als andere, (z. B. diffuse, interstitMle

lfi �9

Page 43: Ueber die Coremorphosis als Mittel gegen chronische Iritis und Iridochorioiditis

244

oder tiefe Exsudationen) ausschliessen. Zuweilen ist auch nach Eintr~iufehmg yon Atropia das Vorhanden- sein yon Iritis durch Unregclm~issigkeitcn, k]eine Aus- buchtungen des Pupillarrandes etc. nachzuweisen. Ja, ich glaube, dass geradc die Combination yon Iritis mit centralen Hornhautabsccssen den zuweilen delet~iren Ausgang der ]etztern mit erkl~rt. Unter solchen Ver- h~iltnissen ist die Coremorl)hosis nach beiden Richtun- gen bin heilbringend.

Fiinfiens babe ich die kilnstliche Pupille wegen Linsenbl~ihung verrichtet, um derea sch~dlichem Einfiuss sowohl nach Discisionon als nach Traumcn vorzubeu- gem Wit haben zwar an einem andern Ort nachzu- weisen gesucht, dass die Entleerung der gcbl~hten Linse dutch lineare Extraction hierbei den besten Ausweg ab- gicbt, aber es ereigncn sich doch Ffille, wo statt ihrer, vor derselben, oder gleichzeitig mit dersclben die Core- morphose zu verrichten ist. Hiiufig finden wit nach Traumen Einkeilung (let" Iris in die Hornhaut mit be- deutender Verzerrung und Verklcincrung der Pupille und Cataracta traumatica. Ich seize die Linsenbl~ihung sci eine m~issige und nut dadurch dem Auge bedroh- lich, dass die Pupillc sehr eng und deshalb der Pupil- larrand yon den hervortreienden Linsenpartieen gereizt ist. Unter solchen Vcrh~iltnissen sehen wir dem Aus- bruch yon Iritis entgegen, und k~innen doch eine lineare Extraction nicht verrichten, well, abgeschcn yon den Hin(lernissen, die mllglichcrweise die Iris bieten k~innte, die Linse noch unvollkommcn imbibirt ist. Oft habe ich in den erw~ihnten F~illen schon einige Tage nach der Verletzung die PupilIe dutch Irisexcision erweitert, und es war dann nicht mehr niithig, den natfirlichen Re- sorptionsprozess dutch irgend einen Eingriff zu unter- breehe,~, weiI die Linsenbl~ihung keinen nachtheiligen Finfluss mehr auf die Iris at~siibtc. In anderen F~illen,

Page 44: Ueber die Coremorphosis als Mittel gegen chronische Iritis und Iridochorioiditis

245

we dis Imbibition der Linse schon sehr welt gediehen ist, werden wit die Irisexcision mit der linearen Extrac- tion des gesammten Linsensystems oder der vorwaltend imbibirten Theile verbindon. Aueh dies sind nieht theo- retis('he Vorschl~ge, sondern Methoden, die ich in zahl- reichen Fiillen zu priifen Golegenheit hatte. Ist vollends nach Linsenbl~ihung hereits Iritis ausgebroehen, so eile man mit der Irisexeision, welche wiederum den Umsl~inden entspreehend, rnit der Entfernung des Lin- sensystems zu verhinden ist, oder nieht. Die HShe der Reaktion daft niemals als Contraindication gelten. Es giebt vielmohr bei dioser Sachlage kein Mittel, was eine so entschieden antiphlogistische Wirkung hat, wie die Coremorphose. Bei oberfllichlicher Betrachtung k~3nnte es ungereimt schoinen, die Iris und nicht sofort das Linsensystem, welches die Rolle eines fremden K~Jrpers spielt, anzugreifen, aber es bringt j a d a s sich bl~ihende Linsensystem die Gefahr dutch den Druck, den es auf die Iris ausiibt, und in so fern wird dutch den Eingriff in diese letztere die Kette der schiidliehen Wirkungen unterbrochen werden, selbst wenn die Grund- ursache fortbesteht. Wie erfreulich es ist, wenn man gleichzeitig des Linsensystem entfernen kann~ kann ich nieht oft genug wiederholen, aber ich muss dringend davor warnen, diesem Versuch der Entfernnng aus einem lin~,aren Schni/t etwas Gewaltsames zu geben; die im- b ib i r t en Linsentheile sehlfipfen bei geeigneter Teehnik leicht heraus, die Enffernung der n i ch t i m b i b i r t e n gallertig-cohaerenten Linsentheile dutch wiederholte Ein- fi'thrung des Daviel'schen LgJffels u. s. w. ist gefiihrlich und auch gewissermaassen unntitz, da diese Theile vorliiufig das Auge nicht bel 'as t igen. - In derselben Weise, wie nach Traumen, kommt die Pupillenbildung nach D i s e i s i o n en zur Anwendung. Bei jlingern Leu- ten pflegt ~,ine Linsenbl'ahung, welehe Iritis hervorruft,

Page 45: Ueber die Coremorphosis als Mittel gegen chronische Iritis und Iridochorioiditis

246

sich mit ether solchen Imbibilion der Linse zu paaren, dass wit uns besser dorch lineare Extraktion (s. A. f. O. Bd. I. 1. S. 255) als ant eine andere Weise helfen. Bei /ilteren Individuen dagegen ist die Disposition zu Iritis so g'ross, dass selbst eine m~issige Lockerung der Corticalsubstanz leicht chronische Iritis hervorruft. Es ist dies fiir reich der Grund gewesen, Discisionsverfah- ten in dem reiferen Alter :,uf das Aeusscrste zu be- schr~nken, indem ich mit den Eri'ahrungen englischer Autoren, besonders Jacob's, [iber die vortreffliche Wir- kung der Keratonyxis bet halbweichen Staaren, selbst ~ilterer Individuen, nioht iibereinstimmen kann. Das Auftreten ether wenngleich unbedeutenden schleichen- den Iritis ist s die Resorption im h0chsten Grade hin- derlich, well die Kapsel, dtJreh Au/lagerungen verstiirkt, zu jedem Klaffen und zurllckziehen ungeeignet wird. Es ist dann sehleunig die Irisexcision zu machen, set es~ dass man dutch Extraktion oder dutch fernere Dis- cisionen die Sache zu Ende bringen will. Man kann hierbei das fi'~iher angegebene Verfahren nach oben zu excidiren, den UmstSnden gem/iss anwenden.

An diese Indikationen zur Pupillenbildung kn~ipft sich der Fall, wo ein kleiner fremder Kiirper, z. B. ein feiner Metallspahn, die Cornea durchdrungen hat, und in der Iris haftet. Verl/ingert sich tier Reizzustand im Mindesten, so muss man yon dem Gedanken einer Ein- kapselung oder dergleichen friihzeitig abstehen, und den entsprechenden Iristheil sammt dem fremden K~irper ex- cidiren. Es ist dies weir sicherer, als wenn man versueht, den fremden Kiirper allein herauszubringen. Letzteres rathe ich nut, wenn der fremde KSrper eine gewisse Gr~sse hat, im anderen Fall wird es iiberhaupt nicht m~iglich sein, den ii'emden Kiirper allein zu entfernen. Es legt sich ja naeh Abfluss des Humor aqueus eine Irisfalte in jedes zum Fassen bestimmte Instrument,

Page 46: Ueber die Coremorphosis als Mittel gegen chronische Iritis und Iridochorioiditis

247

und es ist kaum denkbar, einen ohnehin schwer sicht- baren Metallspahn ohne Ber{ihrung mit der Iris hervof zuziehen. In (let' Regel tritt 1)el diesen ungeeigneten Versuchen Blutung in (lie vordere Kammer ein, der Kbrt)er wird unsichtbar, und wit veri'ehlen unsern Zweck durchaus; und s(,lbst wenn es schliesslich gel~inge, nach vielfachen Insultationen dcr vorderen Irisfliiche des fremdeu KSrl)ers ha})haft zu werden, so wiirde Iritis die gcwOhnli('hc Folgc sein. Auf das verh'altnissmiis- sig Unsch'adliche ('ines h.iscoloboms fiir den Sehakt ha- ben wir schon oft genug aufmerksam gemacht, und es sind die Vortheile, einer Iritis vorzubeugen, entschieden iiberwiegend.

In iihnlichen IIcih.i'lcksichtcn findet die Coremor- phose auch bei (ler L~q)})encxtraktion ihre Anwen- dung. Ich racine nicht, wenn hintere Synechieen ohne- bin die VergrSss(~ruug (h'r Pupille erfordern, sondern unter ganz gewShnlichen Verh'altnissen. Da der ge- quetschtc Iristhcil nicht selten den Ausgang dcletii- rer Entziindungen nach der Extraktion bildet, so wird die Excision desselben iiberall da you Vortheil sein, uo der Linsenaustritt sehr miihsara yon Statten ging. Ich mache dahcr nach (let" Entfernung der Linse ein Colobom nach obcn, nicht ctwa bloss wegen Irisvorfall, ungenauer Lage und dcrlei, sondern in den nicht gar seltenen F'allen, uo der Linsenaustritt mit ciner relafiv zu grossen Quetschung (let" Iris verbunden war. Man darf nati'lrlich ni(:ht wartcn, his Entziindungssymptome bereits im Gange sind, well es hSchst misslich ist, in diescr Periode nach vorausgcgangencr Lappenextrak- tion das Auge operativ anzugreifen; es muss vielmchr unmittelbar nach der Operation die Irisexcision vcrrich- tot werden. Fi'lr denjenigen, der nach obeu extrahirt, hat vollends die zuriickbleibende Anomalie der Pupille nicht den geringstcn Uebelstand, denn es bildet sich

Page 47: Ueber die Coremorphosis als Mittel gegen chronische Iritis und Iridochorioiditis

248

bei riehtiger Techllik keineswegs r grosse Ektopie der Pupille nach oben, wie naeh massenhaften Iris- vorf/i]len, oder wena man mit dem Staarmesser hinter die Iris gelangt mid dieselbe ansschneidet, sondern es beh/ilt die natih'liche Pupille ihre centrale L~ge und verl/ingert sich nut dureh ein schmales Col0bom nach dem Hornhautschnitt, welt'hes Colobom dt~rch das obere Lid gedeckt wird. Die Ei'ft~hrung der meisten Beobachter spricht daf'dr, dass Operationsi'iille, bei denen die Iris dutch Schuld des Operateurs mit d e m Staarmesser excidirr wurde, nicht unglfieklicher verlaufen, als nor- male Falle, obwohl doeh hierbei durch die Blutung etc. der Operationsverlauf sehr verwirrt wird. Wenn Je- mand aui" die Idee k/ime, einige Wochen vor der Ex- traktion eine Pupille aaeh oben zu bilden, wie mir dies in der That roll einigen Seiten her vorgeschla- gen wurde, so wiirde ieh meinerseits hiergegen niehts anderes auszusetzen finden, als dass man flir die un- endliehe Mehrzahl der F/ille etwas Ueberfliissiges thut, und class es sieh mit dem beschr/inkten Aufenthalt der Kranken etc. nieht gut vertr~lgen wiirde; auf der an- dern Seite kSnnte ein solches Verfahren yore Stand- punkt der Sicherheit und Prophylaxis a~s seine Verthei- digung finden.

Endlieh babe ich die Coremorphosis am vollst~indig erblindeten Auge in Rileksicht aut ~ das zweite Auge verriehtet. Chronische Iritis entsteht bekanntlich in der Mehrzahl der Fiille doppelseitig, and es ist gerade der Reiz in der Iris, welchen Pupillenverwaehsungen (siehe oben) zuriicklassen, tier, wie ieh glanbe, zur Erkran- kung des zweiten Auges sehr viel beitr~igt. Deshalb sehen wit Iritides, die mit ausgedehnten Pupillenverwach- sungen endigen, h/illfig doppe]seitig werden, w/ihrend im andern Fall die Krankheit hilufiger einseitig bleibL Sofern nun die Coremorphose das geeignetste Mittel

Page 48: Ueber die Coremorphosis als Mittel gegen chronische Iritis und Iridochorioiditis

249

ist, um den Roiz der ('hronis('hen Entzlindung in oinem mit Pupilla,'abschluss behafteten Aug~ zu sis(iron, so liogt in derselben auch oin sehr wi<'htiges Mittel gegon die sympathisehe Erkrankung des zweiton Auges. Ich k;Snnte diese f~ir die Nosologie nicht unwichfige Thatsache durch mehrihrhe Krankheitsgeschi(.hton belogen. Zuerst be- merkte ich diese Wirkung boi oinem Fall, we auf dora einen Auge Pupill~rabsehluss, Hervorw61bung der Iris mit Chorioidalamblyopio, ailf dora zweiten frischere Iritis mit noch unbedoutenden Syneehieen vorhanden war. Letztere haite sioh jedooh sohon in 3 odor 4 Anf~illon wioderholt. Ieh vorrichtete damals die Pupillenbildung an dora ersten Auge, well ich flir die Sehkraft des- selben noch otwas zu orlangon heft(e, und war sehr erfreut zu beobaohten, dass Patient yon nun ab voll- kommen frei yon Iritis auf dora zwoiten blieb. Seit .jener Zeit babe ich sehr oft die Operation solbst da verrichtet, we gar keine quantitative Liehtempllndung mehr vo,'handen war, ,rod babe in einigen Fiillen mit der griissten Sicherheit einen giinstigen Einfluss auf das zweite Auge wahrgenommen, so class racine Ueberzou- gung in dieser Beziehung gesichert ist. Ieh sage ab- sichtlieh in o in igen F i i l l en , denn es konnten nut gewisse Combination+m geeignot sein, eine experimen- telle Sicherheit zu orwo(.ken. Ist das zweite Auge iiber- haui)t nooh gesund, so handelt es sich nur um eine prophylaktische ~Virkung, und diose strict zu beweisen ist unmliglieh, well es zuletzt n ieh t n o t h w o n d i g ist, class auch das zwoite Auge erkrankt. Sind umgekohrt au(.h schon auf dora zwoiton At, go hochgediehone Krank- heitsved-inderungen, z. B. Synechia posterior totalis, so unterhiilt begroiflieherweise deren Gegenwart die weitere Erkrankung in diosem Auge, und is( flir das Fortspin- non dot Iritis yon direktorem Einfluss als (tot Impuls, de,' auf sympathis('hom Wege yon dora ors(era Auge

Page 49: Ueber die Coremorphosis als Mittel gegen chronische Iritis und Iridochorioiditis

250

kommt. Eigentlich fiberzeugend waren nur diejenigen F~ille, wo entweder periodiseh iritische Reizungen noch ohne alle Krankheitsprodukte auf dem zweiten Auge bestanden, oder wo die letzteren an sieh zu unbe- deutend waren, um ihrerseits die Fortentwicklung der Krankheit zu bedingen. - - Manche Fachgenossen wer- den ilberhaupt das Vorkommen solcher sympathi- schen Entziindung bezweii'eln, und lieber das doppelsei- tige Auftreten aus innern dyskratisehen Ursachen er- kl~iren. Ich l~iugne nicht~ dass ein soleher Zusammen- han S h~iufig existiren mag, aber milchte davor warnen, sotbrt und ohne gen~igende Griinde zu dieser AnnaLme zu fliichten, und dar[iber (irtliehe Verh~ihnisse, deren Leitung wit mehr in unserer Gewalt haben, zu iiber- sehen. Dass Iridochorioiditis, welche durch Traumen hervorgebracht wird, nieht selten zu einer sympathischen Affektion des zweiten Auges ffhrt, wird wohl zur Zeit yon keinem erfahrenen Beobachter mehr bezweif'elt. Zu einer gleichen Ueberzeugung aber gelangt man fiir spontan auftretende innere Entziindungen, wenn man die Art und Weise tier Fortpflanzung genau beriick- siehtigt. Auch die nach Traumen auflretende Iridocho- rioiditis diiri:te zuweilen, wenn sympathische Affektion auf dem zweitea Auge droht, dutch Pupillenbildung zu behandeln sein. Es muss hierbei natiirlich eine riehtige Auswahl getroffen sein, denn in der Regel wird aller- dings hierbei die Extraktion einer gebl~ihten Linse, oder die Punktion des Glaskilrpers, oder die Abtragung der Cornea, resp. des vordern Bulbusabschnittes, angezeigt sein. Eine vol]sffindige Exstirpation des Bulbus wegen Iridochorioiditis traumatica zu unternehmen, um tier sym- pathischen Affektion des zweiten Auges vorzubeugen, wlirde ich Fdr (iberfliissig halten, und erw~ihne dieses Vorschlags nut, weil er, wie ieh hSre, yon einigen englisehen Fachgenossen ausgefiihrt wird.

Page 50: Ueber die Coremorphosis als Mittel gegen chronische Iritis und Iridochorioiditis

251

Ehe ieh dieseu Gegenstand verlasse, sei es mir orlaubt, iiber den Akt der C o r e m o r I ) h o s e selbst unter den fraglichen Umstiinden, und fiber die der Operation direkt folgenden Erseheinungen einige Bemerkungen anzukniipfen.

Was z,n'aehst die Operat ionsmethode anbetrifft, so bediente ieh reich immer der Iridectomie, oder wenn man will, der yon D e s m a r r e s als eigene Methode ge- sonderten Zerreissung der Iris, welche ihrem Wesen nach sich nicht viel yon der Iridectomie unterscheidet.*)

Die I r i d o d i a l y s e wird mehr und mehr verlassen und mit vollkommenem Recht, well sie der I r i d e c t o m i e gegen{iber gar keine V0rtheile, sondern wesentliche Nachtheile und Gefahren biet(}t. Es sind diese P ,nkt wie ieh glaube, yon D e s m a r r e s so ersehSpfend behan- delt worden~ dass es nicht nSthig ist, etwas hinzuzu- fiigen. Nut auf einen scheinbaren Vortheil der Irido- dialyse mSchte ich hier iu der Kfirze zuriiekkommen, well derselbe noch immer Fachgenossen an dieses Ver- fahren binder; ieh meine den Vortheil, dass die Irido- dialyse breitere peripherische Pupillen liefert, wie man sie da braueht, wo nut noeh ein schmater Randtheil der Hornhaut flit den Lichteinfall brauchbar ist. Abge- sehen nun davon, duss gerade unter diesen Verh~4lt- nissen, wo wit meist ein atrophisches Gewebe der Iris vorfinden, das Gelingen der Dialysis sehr unsieher ist, kilnnen wit dutch die Irideetomie ohne Miihe Pupillen erlangen, welehe den iiussersten Randtheil der Horn- haut benutzen. Es ist zu diesem Zwecke nichts anderes erfbrderjich, als dass wir nieht in der Grenze zwischen

") D e s m a r r c s's Verdienste liegen, meiner Meinung nach, mehr ttls in Absonderung der Methode darin, bewiesen zu haben, dass es ffir den Akt der Operation .nd ffir die Prognose derseiben ziem- lich gleichghltig set, ob man einen freien Pupil]arrand hera.sbringt, oder ob bet Verwachs.ngen mlt der Cornea. resp. mit der Kapsel~ alas Irisgewebo in seiner Continuit/4t zerreisst.

Page 51: Ueber die Coremorphosis als Mittel gegen chronische Iritis und Iridochorioiditis

252

Cornea und Selera, sondern { Linie weit yon dieser Grenze entfernt in die Sclera selbst eingehen, und der Lanze eine solche Ri('htung geben, dass sic gorade all der Grenzparde in die vordere Kammer eindringt. Es ist dies sehr leicht, wenn wit daran denken, dass der Ursprung der Iris, wie es A rlt besonders urgirt hat, nicht au der hintt,rli Wand tles Sehlemm'schen Kanals, sondern in der Dicke des Tensor chorioideae selbst liegt.*) Stossen wir nun auf die genannte Weise das Messer in die Selera ein, so bekommen wit nicht die geringste Opaciffit der anliegenden Hornhautpartie, was um so wichtiger wird,je schmaler der noch benutzbareHornhaut- theil ist, und die Pupille reicht, wie sich yon selbst versteht, bis an die ~iusserste Grenze, so dass man sp~iter bei schie- fer Beleuchtung oder mit dem Augenspiegel (tie Firsten der Ciliarfbrts~itze in die Pupille l~ineinragen sieht. Frei- lieh werden solche Pupillen etwas weniger breit sein, als die unter giinstigen Verh~ltnissen dutch (lie Dialyse er- reichten. Nichts hindert uns aber, schon nach einigen Woehen die Pupille beliebig zu vergrlissern, dadurch, dass wit ganz in derselben Weise ein nachbarliehes Stiiek aus der Iris excidiren. Uebrigens Weten die Be- diirfnisse fiir solche Erweiterungen der Pupille nicht ein- mal h~ufig auf, wenn wir anders beim tIerausziehen des Lanzenmessers nicht auf die f i u s se re , ohnehin relativ zu grosse, sc, ndern auf die in n er eWunde wirken.

*~ Schon ~ltero Chirurgen ha t ten bemerk t , dass man ziemlich wel t in die Sclera e ingehen kann , und doch mit dem Lanzenmesse r in die vordere Kammer ge lang t ; sie ha t t en sich dies aber meis t so

gedeu te t , dass m an vorher in die hintere Kammer eindringt und dann die Iris yon vorn nach hinten durchsticht. Gegen eine solche Methode wSrde ich reich entschieden erkl~ren , da ein Durchs techen der Iris yon hinten nach vorn hSchst uns icher is t , wel l die im Hu- mor aqueus versehiebbare Iris ke inen gehSr igen Widers tand bietet , ausse rdem jede Introdukfion yon Ins t rumenten in die hintere Kam- mer sich der Kontrole entzieht , und zu Ver le tzungen des Linsen- rarities etc. ffihren kann.

Page 52: Ueber die Coremorphosis als Mittel gegen chronische Iritis und Iridochorioiditis

253

[Jad selbst der kloine Uobelstand einer Wiederhohmg der Operation darf uns nicht verleiten, start der in ihren Res,dtaten so sicheren lind gefahrlosen [rideetomio die. chane;3se Iridodialyse zu w/ihlen.

Bei bestehPndor h'idoehorioiditis finden wir meist mine sehr hoehgradig desorganisirte Iris; ist deren peri- pherischer Theil dureh sergses Exsudat hervorgebuehtet, so hat das F a s s e n dieses Theils, wie schon fr(iher an- gef~ihrt, keine Sehwierigkeitea, nur bleibt der mehr een- trale, durch pigmentirtes Exsudat anhaftende Theil zu- rfick, und w[irde ]eh jeden aussergewOhnlieen Versueh, diesen Theil herauszubringen, widerrathen, weil die Vor- theile nieht im Verh~hniss zu der Gefahr einer Kapsel- verletzung und Cat~lracta traumatiea stehen. In an- deren Fiillen ist oft ein so diehtes, membran(ises Ge- webe mit der ]ris verfilzt, dass dieselbe vollkommen steif und zur Faltenbildung durt'haus ungeeignet ist; ich n e h m e d a n n e i n e s e h a r f f a s s e n d e g e r a d e Pup i l - l e n p i n e e t t % welehe ieh im Gegensatz zu den gewSbn- lichen Grunds/itzen ziernlieh steil aug die Iris aufsetze; es leistot meinen Erfahrungen naeh kein anderes zum Fassen besdmmtes Instrument unter diesen Verh/iltnissen mehr, als eine solehe Pineette.

W~ihrend die Pupillenbildung, bei Leueoma adhae- rens verrichtet, eine hSehst unbedeutende oder gar keine B l u t u n g in die vordere Kammer gibt, treten bei Irido- ehorioiditis oft sehr starke Haemorrhagieen ein. Es er- kl~irt sich dies wohl dureh die ltypervaskularisation und dureh die obwaltenden Druekverh~iltnisse. In jenem Falle fassen wir h~iufig einen freien Pupillarrand, wobei sieh das geringe, aus dem Sehnitt fliessende Blutquantmn zum grgssten Theil naeh aussen ergiesst. Ferner sind die Gef/isse nicht ausgedehnt und die Mus- kularth~itigkeit der Iris gut erhalten, was wohl nieht nieht ohne Einfluss auf die ZuHiekziehung der dureh-

Page 53: Ueber die Coremorphosis als Mittel gegen chronische Iritis und Iridochorioiditis

254

schnittenen Gef~isse sein diirfte; endlich ~ibt bei norma- ler Fiillung des Bulbus die Sclera selbst dana noch einen Druck auf die Contenta bulbi aus, wenn der Hu- mor aqueus vollkommen entleert ist, welcher Druek nothwendig zur Besehr~inkung der Extravasation bei- tragen 'muss. Wird bei Synechia anterior keia fi'eier Pupillarrand gefasst, sondern die Iris in ihrer Con- tinuit~t zerrissen, so strilmt freilich das Blur aus tier Wundfl~iehe nicht nach aussen, abet in tier Regel sind gerade in solchen F~llen die Get~isse, wie das Gewebe tier Iris selbst, wegen der Anzerrung gegen die Horn- hautnarbe sehr verdiinat. Bei Iridochorioiditis finder dagegen eine zum Theil entziindliehe, zum Theil mecha- nisehe Hyperiimie statt. Die Muskehhiitigkeit der Iris (und mit ihr die Retraktionsfiihigkeit der GefSsse?) ist durch die Exsudatlagen behindert, auch sind die hinter der Iris liegenden Membranen nicht selten vaskularisirt, and alle diese Gewebe werden in ihrer Continuit~it zer= rissen. Sehr viel tr~gt ferner hier die schon vorher- bestehende und dutch Abfluss des Kammerwassers poten- zirte Abnahme des Drueks zu tier Haemorrhagie bei. Be- sonders gilt dies, wenn das Auge schon einigermaassen atrophisch ist; es hSrt dana jeder Druck seitens der Sclera aus u n d e s tritt, nachdem die Gef~isse erSffnet sind, eine Saugwirkung ein; aus diesem Grunde ist es hier auch erfolglos, das Blur dutch Introduktion eines Anel- schen Stilets oder derlei entfernen zu wollen, was nach Blutungen bei Leucomen etc. ganz gut gelingt. Ich pfiege lieber, um die Zunahme der Blutung zu verhin- dern, kurz naeh der Operation einen leichten Druck- verband anzulegen, den ich nach einer halben Stunde oder Stunde allm~ihlig lockere und dana g:~inzlich ab- nehme; sp~iter gleichen sich die Druckverhfiltnisse dutch Transsudation und nicht mehr dutch Extravasation aus.-- Man sagt im Allgemeinen, dass die Blutung in die vor-

Page 54: Ueber die Coremorphosis als Mittel gegen chronische Iritis und Iridochorioiditis

255

dere Kammer nicht viel Bedeutung habe, und stimme ieh hiermit unter gewShnliehen Verh~iltnissen vollkom- men [iberein; das Blut wird in einem geslmden Humor aquens raseh und spurlos resorbirt, ganz anders abet gestalten sieh dig Verhiiltnisse bei bestehenden inneren Entziindungen. Wie lange sehen wit ein Hyphaema bei Iritis und Iridoehorioiditis fortsbestehen, besonders wenn tier Humor aqueus einigermaassen getriibt ist; nieht allein, dass die endosmotisehen Verhiiltnisse zwi- sehen Blutki~rper und umgebender Fliissigkeit dureh die Saturation der letzteren mit exsudativen Naterien we- sentlieh alienirt sind, sondern aueh die Resorptionsbedin- gungen sind nieht mehr dieselben, und endlieh wirken die wiihrend der Resorption zur[iekbleibenden Blut- floeken, w i e e s seheint, meehaniseh reizend und dienen, wenn sit sieh in die Pupille einsetzen, als Ausgangs- punkt fiir neue Exsudationen. Es sind deshalb sehr umfangreiehe Blutungen, welehe die ganze vordere Kam- met fiillen, bei bestehender Iritis und Iridoehorioiditis etwas hi~ehst liistiges, und wird der Erf'olg zuweilen dutch dieselben vereitelt. Vollkommen sieher zu ver- meiden ~ind dieselben nieht, abet ieh halte kS flit set, r dienlieh, da sie grasstentheils, so zu sagen, ex vaeuo entspringen, sehon w~ihrend der Excision eine leiehte Oompression auszuiiben, und dann den oben empfohle- nen Druekverband anzuwenden.

Weiter zu notiren ist der h e f t i g e S e h m e r z , den das Fassen der Iris zuweilen hervorruft; wihrend unter den usuellen Bedingungen dies haehst ausnahmsweise eintritt, liegt es hier beinahe in der Regel. Dieser Sehmerz, zum Theil an den Bulbus gebunden, zum Theil als Ciliar- neurose in Stirn, Sehl/it'e und Nase ausstrahlend, [iber- dauert die Operation bisweilen noeh einige Smnden.

,Einen hefiigeren Grad yon I r i t i s babe ieh niemals sieh hieran ansehliessen sehen, dagegen folgt zuwei-

Page 55: Ueber die Coremorphosis als Mittel gegen chronische Iritis und Iridochorioiditis

256

len der Operation, besonders wenn starke Blutung in die Kammern eintrat, ein sehr ausgepr~igter Congestiv- zustand, der sich durch Thr~inen, leichte Chemosis, m/is- sige Schwellung der Lider und hyperaemische VerfRr- gung der Iris kundgibt; es liegt hierin immerhin ein wesentlicher Unterschied gegen die gewNmlichen Ver- h~iltnisse, unter denen bei der Pupillenbildung gar keine Reaktion ert'olgt; im Uebrigen ist auch dies hier keines- wegs regelm/issig, sondern findet nut in der Minderzahl der F~ille start, besonders da, wo wit bei einem ziem- lich heftigen Reizzustande zu operiren gezwungen sind; ieh glaubte es jedenfhlls erw/ihnen zu mSssen, damit nieht Nachahmer sich darfiber wundern, dass die von mir gepriesene sedirende Wirkung der Pupillenbildung nieht in allen F~illen der Operation auf dem Fusse folgt. Dieser Gongestivzustand ist erfreulicher Weise ein vor- i]bergehender, und weicht, selbst wenn er sehr hoeh- gradig ist, einer m~issigen Antiphlogose, worauf die erhoffte Heilwirkung auf den inneren Entzi]ndungspro- eess sich allm~ihlig in den ersten Woehen einzustellen pflegt. Ueberhaupt ist nach verrichteter Pupillenbildung die Einwirkung alter fibrigen Arzeneien eine gi]nstigere, so dass ich die Gewohnheit habe, bei einmal effolgtem Pupillarabsehluss niemals mit anderen Kurmethoden, z. B. Mereurialien, anzufangen, sondern dieselben stets erst nach verrichteter Operation zu verordnen.

Ich kann nicht umhin, dio Leser darauf aufinerk- sam zu maehen, dass diese Abhandlung keineswegs der Heilung der Iritis und Iridoehorioiditis geM& met ist. Als solche wiirde sie mit Recht den Tadel der Einseitigkeit verdienen; es ist mir nicht in den Sinn gekommen, dureh Mydriafica und Coremorphose die iibrigen Behandlungsweisen der Iritis und Iridochorioi- ditis verdr/ingen zu wollen; wie hoeh ieh eine ener-

Page 56: Ueber die Coremorphosis als Mittel gegen chronische Iritis und Iridochorioiditis

257

gische und richtig modulirte Antiphlogose namentlich brim Boginn ties Uebels ansehlage, wird mir ein Jeder bezeugen, der unbefangen meinen klinisehen Beobaeh- tungen und ErCJrterungen folgt. Vor allen Dingen milchte ieh mieh keiner Undankbarkeit gegen die Mer- eurialien sehuldig maehen, deren Triumphe fiber drie- r/ire innere Entzfindungen ieh aus vollster Ueberzeu- gung anerkenne; es handelte sieh lediglich darum, ein Verfahren, welches ich glaube mit der nSthigen Um- sieht und dem n6thigen Scepticismus gepriift zu haben, den Praktikern anzuempfehlen, weil sir darin einen Quell zahlreichor Erfolge und die Heilung vieler Un- heilbaren finden werden.

At'ehiv f'fir Ophthalmologio, Bd. IL 2. | 7