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Untereruohungen iiber Halogenverbindungen der IV. Gruppe;') !I!i,OBr, - 4CH,CN, eiu durch Solvatation stabilhiertes Titan(1V)-oxidbromid Durch partielle Hydrolyse von TiBr, * 2CH,CN erhiilt man die Verbindung Ti,OBr, * 4CH,CN. Die gunsTigsten Bedin- gungen liegen vor, wenn man eine Acetonitril-Wasser-Mi- schung mit bekanntem Wassergehalt in eine siedende Losung von TiBr, - 2CHsCN in Acetonitril unter Ruhren und gleich- zeitigem Durchleiten von Inertgas eintropft (Ausbeute 73%). Bei der Hydrolyse von Titantetrachlorid unter den gleichen Bedingungen war das analoge Oxidchlorid Ti,OCl,. 4CHsCN erhalten worden [l]. Ti,OBr, 4CH,CN ist wie die Ausgangs- verbindung TiBr, - 2CH,CN von intensiv roter Farbe und in Dioxan leicht, in Acetonitril miiBig und in einem unpolaren Losungsmittel wie Tetrachlorkohlenstoff praktisch unlos- lich. Aus der Losung in Dioxan kristallisiert beim Einengen im Vakuum die orangefarbene Additionsverbindung Ti,OBr, * 2CHsCN - 2C4H80, aus. Entfernt man das im Rahmen eines Gleichgewichts ausgetauschte Acetonitril durch Destil- lation der Losung unter normalem Druck, dann gelingt es, noch eine weitere Acetonitrilmolekel durch Diozan zu erset- Zen. Man erhiilt die Verbindung Ti,OBr, CH,CN * 3 C4H802. Eine vollstiindige Substitution des Acetonitrils durch Dioxan gelingt im Gegensatz zu der analogen Umsetzung beim Hexa- chlordititanoxid nicht. Ti,OCl, * 4CH,CN lost sich in Aceto- nitril unter Abscheidung von Ti20Cl, * 4C4H,0,. Die Losung von Ti,OBr, - 4CH,CN in Acetonitril zeigt elek- trische Leitfiihigkeit. Im Bereich von 0,2 bis 2. Mol/l steigt die spezifische Leitfiihigkeit mit der Konzentration linear an. Die molare Leitfiihigkeit betrhgt 39 R-l Mol-1 om3 gegenuber 7,9 R-l Mol-' om* fur Ti,OCl, . 4CHsCN. Tetra- iithylammoniumbromid hat in Acetonitril in 0,l molarer Lo- sung eine Aquivalentleitfiihigkeit von 159 R-l Mol-1 om,. Das weist darauf hin, dal sich die Verbindung nicht vollstiin- dig in Form von Ionen lost, wohl aber partiell in Ionen disso- ziiert, das Oxidbromid in stiirkerem MaDe als das Oxidchlo- rid. Eine Formulierung fur Ti,OBr, 9 4CH3CN und Ti,OCl, * 4CH,CN als Salze, z. B. als solvatisierte Titanyl-hezahalo- genotitanate [TiO(CH,CN),]TiX, (X = C1, Br) ist auf Grund der IR-Spektren auszuschlielen. Im solvatfreien Hezafluoro- dititanoxid liegt nach DehnicEe [2] die Struktur TiOTiF, vor. Die Titan-Sauerstoff-Schwingungsfrequenz wird hier bei 964 cm-1 und damit in einem fur Ti=O-Doppelbindungen charakteristischen Bereich gefunden. I m IR-Spektrum des solvatisierten Ozidchlorids liegt die der Titan-Sauerstoff- Bindung entsprechende Bande jedoch bei 800 cm-I und im Spektrum des analogen Oxidbromids bei 760 cm-l. Eine Ti- tan-Sauerstoff-Bande in diesem Frequenzbereich entspricht der antisymmetrischen Valenzschwingung einer Ti-0-Ti- Bruckenbindung [3], [4]. Daraus folgt fur das Oxidbromid die Formulierung Br,Ti-O -TiBr, 4CH3CN. Das Acetoni- tril ist nach Aussage des IR-Spektrums auf Grund der kurz- welligen Verschiebung der C=N-Valenzschwingung von 2250 cm-1 im freien Acetonitril auf 2283 om-' im Ti,OBr, * - 4CH,CN koordinativ gebunden und ergiinzt die Koordina- tionszahl an den beiden Titanatomen zu 6. Die Iangwellige Verschiebung der antisymmetrischen Ti-0 -Ti-Valenz- schwingung beim gbergang vom Oxidchlorid zum Oxidbromid zeigt eine Schwiichung der Sauerstoffbriicken- bindung an, worauf auch die Erhdhung der Bquivalentleit- fiihigkeit in Acetonitril hindeutet. Offenbar werden die am System der o-Bindungen nicht beteiligten d-Bindungsfunk- tionen des Titans durch d,pn-Bindung mit den Bromligan- den besser abgesiittigt als durch Chlorliganden, was zu einer Verminderung des n-Bindungsanteils in der Titan-Sauerstoff- Bindung AnlaB gibt. Fur die partielle Dissoziation in Aceto- nitril ist daher die Ausbildung von solvatisierten TiBrt- und TiOBrg-Ionen sehr wahrscheinlich. ') IX. Mittcillmg; VIII. Mittdlung Z. Chem. 6,318 (1966). Die Darstellung des solvatfreien Oxidbromids duroh thermi- sche Behandlung der Ti,OBr,-Additionsverbindungen gelingt nicht. Ti,OBr, * 4C&CN zersetzt sich bereits bei 70 "C unter Sublimation von TiBr, - 2CH,CN. Definierte Zwischenpro- dukte wurden nicht erhalten. Ti Br N Ti,OBr,. PCH,CN ber. 12,7 63,5 i,42 gcf. I?,i 03,5 7.30 Ti,OYre. 2CH,CN. 2C4H.0, hcr. 113 56.5 3.30 g?f. 11,3 66.1 3.54 Ti.ORr, ' CH,CN. 3 C,H,O, her. 10,i 53.4 1,50 6i.f. 10.04 R3,O 1,57 Ti Br N 'I'i Ar N Lltcrntur [l] Fellz,A.: 2. anorg. allg. Chem. 323, 35 (1963). [21 &@we, U., u. K. Dehnicks: Naturwisscnschaften 53, 38 (1986). I31 Fek.4.: 2. snorg. nllg. Chem. 332.35 (1964). [a] Feltz, A.: R. anorg. allg. Chem. 334,242 (1985). A. Feltz und H. Grohmann, Institut fur Anorganische Chemie der Friedrich-Schiller-Universitiit, Jena. Eingegangen am 27. Juli 1966 ZCM 1701 ther die enantiotrope Umwandlung von Caloit-Aragonit durch mechanische Kriifte Das Auftreten von Modifikationsiinderungen bei mechani- scher Beanspruchung von Feststoffen, beispielsweise beim Pressen, Morsern, Walzen oder Mahlen, wurde bereits bei einer Vielzahl polymorpher bzw. allotroper Stoffe beobachtet [1]-[8]. Beim Mahlen von PbO [l], ZnS [2], CaC, [3], AgJ [ 41 und Co [6] entstand durch die Umwandlung stets die bei der Mahltemperatur stabilere Modifikation. Ein anderes Verhalten zeigt dagegen Celciumcarbonat. Bei normalem Druck und normaler Temperatur ist Celcit die sta- bile Phase, Aragonit und Vaterit sind metastabil. Beim Mah- len bzw. Pressen von Celcit konnte von verschiedenen Auto- ren [9]-[14] die Bildung der metastabilen Form Aragonit be- obachtet werden. Bammage und Qlaseon [15] untersuchten die Kristallveriinde- rungen beim Mahlen von calcitverunreinigtem Vaterit in einer Kugelmuhle. Sie beobachteten zuniichst die Bildung von Cdcit, der sich bei weiterem Mahlen zum Teil in Aragonit umwandelte. Mahlen von Aragonit fuhrte ebenfalls zu einem Gemisch der beiden Phasen Celcit und Aragonit. Quantita- tive Angaben erfolgten nicht. Im Rahmen unserer Untersuchungen an schwinggemahlenem Calciumcarbonat [16], [17] e g a b sich die Notwendigkeit, die dabei auftretende Phasenumwandlung systematisch und quantitativ zu verfolgen. Als Ausgangsprodukt kamen zum Einsatz: a) rontgenographisch und chemisch reiner, synthetischer Cal- cit, KorngroBe 40 pm; b) rontgenographisch reiner, naturlicher Araponit, Fundort Bilin (Bohmen), durch vorsichtiges Aufreiben in einem Achatmorser auf eine KorngroBe von 40 pm gebracht. Um Extinktionseffekte bei der rontgenographischen Auswer- tung auszuschalten, war es erforderlich, sowohl den Calcit als auch den Amgonit einer kurzzeitigen Vormahlung in der Schwingmiihle (15 min) zu unterwerfen. Innerhalb dieser Mahldauer ist keine Phasenveriinderung festzustellen. Die Mahlung erfolgte diskontinuierlich in einer Vibratom-Labor- schwingmuhle. Als Mahlbehiilter dienten Stahltopfe, als Mahlkorper Stahlkugeln. Die Mahldauer wurde fur Calcit mit 11,5 bis 240 Stunden, fur Aragonit mit 2 bis 165 Stunden b-messen. Die Mahlprodukte beider Serien untersuchten wir durch quantitative rontgenographische Analyse. (Versuchsbedingungen: Goniometer nach Prof. Berthold, Iso- Debyef1elr;-I-Apparatur, Wrma Seif ert, Hamburg, Co-Kor,- Strahlung, 30 kV, 20 mA.) 388 2. Chem., 6. Jg. (1906) Heft 10

Über die enantiotrope Umwandlung von Calcit-Aragonit durch mechanische Kräfte

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Untereruohungen iiber Halogenverbindungen der IV. Gruppe;') !I!i,OBr, - 4CH,CN, eiu durch Solvatation stabilhiertes Titan(1V)-oxidbromid Durch partielle Hydrolyse von TiBr, * 2CH,CN erhiilt man die Verbindung Ti,OBr, * 4CH,CN. Die gunsTigsten Bedin- gungen liegen vor, wenn man eine Acetonitril-Wasser-Mi- schung mit bekanntem Wassergehalt in eine siedende Losung von TiBr, - 2CHsCN in Acetonitril unter Ruhren und gleich- zeitigem Durchleiten von Inertgas eintropft (Ausbeute 73%). Bei der Hydrolyse von Titantetrachlorid unter den gleichen Bedingungen war das analoge Oxidchlorid Ti,OCl,. 4CHsCN erhalten worden [l]. Ti,OBr, 4CH,CN ist wie die Ausgangs- verbindung TiBr, - 2CH,CN von intensiv roter Farbe und in Dioxan leicht, in Acetonitril miiBig und in einem unpolaren Losungsmittel wie Tetrachlorkohlenstoff praktisch unlos- lich. Aus der Losung in Dioxan kristallisiert beim Einengen im Vakuum die orangefarbene Additionsverbindung Ti,OBr, *

2CHsCN - 2C4H80, aus. Entfernt man das im Rahmen eines Gleichgewichts ausgetauschte Acetonitril durch Destil- lation der Losung unter normalem Druck, dann gelingt es, noch eine weitere Acetonitrilmolekel durch Diozan zu erset- Zen. Man erhiilt die Verbindung Ti,OBr, CH,CN * 3 C4H802. Eine vollstiindige Substitution des Acetonitrils durch Dioxan gelingt im Gegensatz zu der analogen Umsetzung beim Hexa- chlordititanoxid nicht. Ti,OCl, * 4CH,CN lost sich in Aceto- nitril unter Abscheidung von Ti20Cl, * 4C4H,0,. Die Losung von Ti,OBr, - 4CH,CN in Acetonitril zeigt elek- trische Leitfiihigkeit. Im Bereich von 0,2 bis 2 . Mol/l steigt die spezifische Leitfiihigkeit mit der Konzentration linear an. Die molare Leitfiihigkeit betrhgt 39 R-l Mol-1 om3 gegenuber 7,9 R-l Mol-' om* fur Ti,OCl, . 4CHsCN. Tetra- iithylammoniumbromid hat in Acetonitril in 0,l molarer Lo- sung eine Aquivalentleitfiihigkeit von 159 R-l Mol-1 om,. Das weist darauf hin, da l sich die Verbindung nicht vollstiin- dig in Form von Ionen lost, wohl aber partiell in Ionen disso- ziiert, das Oxidbromid in stiirkerem MaDe als das Oxidchlo- rid. Eine Formulierung fur Ti,OBr, 9 4CH3CN und Ti,OCl, *

4CH,CN als Salze, z. B. als solvatisierte Titanyl-hezahalo- genotitanate [TiO(CH,CN),]TiX, (X = C1, Br) ist auf Grund der IR-Spektren auszuschlielen. Im solvatfreien Hezafluoro- dititanoxid liegt nach DehnicEe [2] die Struktur TiOTiF, vor. Die Titan-Sauerstoff-Schwingungsfrequenz wird hier bei 964 cm-1 und damit in einem fur Ti=O-Doppelbindungen charakteristischen Bereich gefunden. I m IR-Spektrum des solvatisierten Ozidchlorids liegt die der Titan-Sauerstoff- Bindung entsprechende Bande jedoch bei 800 cm-I und im Spektrum des analogen Oxidbromids bei 760 cm-l. Eine Ti- tan-Sauerstoff-Bande in diesem Frequenzbereich entspricht der antisymmetrischen Valenzschwingung einer Ti-0-Ti- Bruckenbindung [3], [4]. Daraus folgt fur das Oxidbromid die Formulierung Br,Ti-O -TiBr, 4CH3CN. Das Acetoni- tril ist nach Aussage des IR-Spektrums auf Grund der kurz- welligen Verschiebung der C=N-Valenzschwingung von 2250 cm-1 im freien Acetonitril auf 2283 om-' im Ti,OBr, * - 4CH,CN koordinativ gebunden und ergiinzt die Koordina- tionszahl an den beiden Titanatomen zu 6. Die Iangwellige Verschiebung der antisymmetrischen Ti-0 -Ti-Valenz- schwingung beim gbergang vom Oxidchlorid zum Oxidbromid zeigt eine Schwiichung der Sauerstoffbriicken- bindung an, worauf auch die Erhdhung der Bquivalentleit- fiihigkeit in Acetonitril hindeutet. Offenbar werden die am System der o-Bindungen nicht beteiligten d-Bindungsfunk- tionen des Titans durch d,pn-Bindung mit den Bromligan- den besser abgesiittigt als durch Chlorliganden, was zu einer Verminderung des n-Bindungsanteils in der Titan-Sauerstoff- Bindung AnlaB gibt. Fur die partielle Dissoziation in Aceto- nitril ist daher die Ausbildung von solvatisierten TiBrt- und TiOBrg-Ionen sehr wahrscheinlich.

') IX. Mittcillmg; VIII. Mittdlung Z. Chem. 6,318 (1966).

Die Darstellung des solvatfreien Oxidbromids duroh thermi- sche Behandlung der Ti,OBr,-Additionsverbindungen gelingt nicht. Ti,OBr, * 4C&CN zersetzt sich bereits bei 70 "C unter Sublimation von TiBr, - 2CH,CN. Definierte Zwischenpro- dukte wurden nicht erhalten.

Ti Br N Ti,OBr,. PCH,CN ber. 12,7 63,5 i ,42

gcf. I ? , i 03,5 7.30

Ti,OYre. 2CH,CN. 2C4H.0, hcr. 113 56.5 3.30 g?f. 11,3 66.1 3.54

Ti.ORr, ' CH,CN. 3 C,H,O, her. 10,i 53.4 1,50 6i.f. 10.04 R3,O 1,57

Ti Br N

'I'i Ar N

Lltcrntur

[l] Fellz,A.: 2. anorg. allg. Chem. 323, 35 (1963). [21 & @ w e , U., u. K. Dehnicks: Naturwisscnschaften 53, 38 (1986). I31 F e k . 4 . : 2. snorg. nllg. Chem. 332.35 (1964). [a ] Feltz, A.: R . anorg. allg. Chem. 334,242 (1985).

A. Feltz und H. Grohmann, Institut fur Anorganische Chemie der Friedrich-Schiller-Universitiit, Jena.

Eingegangen am 27. Juli 1966 ZCM 1701

ther die enantiotrope Umwandlung von Caloit-Aragonit durch mechanische Kriifte Das Auftreten von Modifikationsiinderungen bei mechani- scher Beanspruchung von Feststoffen, beispielsweise beim Pressen, Morsern, Walzen oder Mahlen, wurde bereits bei einer Vielzahl polymorpher bzw. allotroper Stoffe beobachtet [1]-[8]. Beim Mahlen von PbO [l], ZnS [2], CaC, [3], AgJ [ 41 und Co [6] entstand durch die Umwandlung stets die bei der Mahltemperatur stabilere Modifikation. Ein anderes Verhalten zeigt dagegen Celciumcarbonat. Bei normalem Druck und normaler Temperatur ist Celcit die sta- bile Phase, Aragonit und Vaterit sind metastabil. Beim Mah- len bzw. Pressen von Celcit konnte von verschiedenen Auto- ren [9]-[14] die Bildung der metastabilen Form Aragonit be- obachtet werden. Bammage und Qlaseon [15] untersuchten die Kristallveriinde- rungen beim Mahlen von calcitverunreinigtem Vaterit in einer Kugelmuhle. Sie beobachteten zuniichst die Bildung von Cdcit, der sich bei weiterem Mahlen zum Teil in Aragonit umwandelte. Mahlen von Aragonit fuhrte ebenfalls zu einem Gemisch der beiden Phasen Celcit und Aragonit. Quantita- tive Angaben erfolgten nicht. Im Rahmen unserer Untersuchungen an schwinggemahlenem Calciumcarbonat [16], [17] egab sich die Notwendigkeit, die dabei auftretende Phasenumwandlung systematisch und quantitativ zu verfolgen. Als Ausgangsprodukt kamen zum Einsatz: a) rontgenographisch und chemisch reiner, synthetischer Cal-

cit, KorngroBe 40 pm; b) rontgenographisch reiner, naturlicher Araponit, Fundort

Bilin (Bohmen), durch vorsichtiges Aufreiben in einem Achatmorser auf eine KorngroBe von 40 pm gebracht.

Um Extinktionseffekte bei der rontgenographischen Auswer- tung auszuschalten, war es erforderlich, sowohl den Calcit als auch den Amgonit einer kurzzeitigen Vormahlung in der Schwingmiihle (15 min) zu unterwerfen. Innerhalb dieser Mahldauer ist keine Phasenveriinderung festzustellen. Die Mahlung erfolgte diskontinuierlich in einer Vibratom-Labor- schwingmuhle. Als Mahlbehiilter dienten Stahltopfe, als Mahlkorper Stahlkugeln. Die Mahldauer wurde fur Calcit mit 11,5 bis 240 Stunden, fur Aragonit mit 2 bis 165 Stunden b-messen. Die Mahlprodukte beider Serien untersuchten wir durch quantitative rontgenographische Analyse. (Versuchsbedingungen: Goniometer nach Prof. Berthold, Iso- Debyef1elr;-I-Apparatur, Wrma Seif e r t , Hamburg, Co-Kor,- Strahlung, 30 kV, 20 mA.)

388 2. Chem., 6. Jg. (1906) Heft 10

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Mohldouer in h Bild 1 Enantiotrope Calcit-Arugonit-Urnwandlung in AbhLngigkeit von der Schwingmahldauer 0 A + C: Urnwandlung von Aragonit in Calcit 0 C + A: Urnwandlung von Calcit in Aragonit

f i r die erforderliche Eichkurve stellten wir Mischungen aus Calcit und Aragonit her. Die Priiparation der Eichmischun- gen und auch der Mahlprodukte erfolgte unter Einhaltung eines konstanten Volumens. Als Ma0 fur den Gehalt der bei- den Phasen, sowohl in den Mahlchargen als auch in den Eich- mischungen, diente das Verhiiltnis der Integralintensitiiten der (1 04)-Interferenz von Calcit und dem Interferenzpaar (1 11) und (021) von Aragonit. Da in den Mahlchargen ront- genographisch keine weiteren Substanzen auBer Calcit und Aragonit festgestellt werden konnten, ergiinzen sich die bei- den Phasen jeweils zu lOOyo. Das Ergebnis unserer Untersuchungen zeigt Bild 1. Bei der Schwingmahlung von reinem Calcit bildet sich mit steigender Mahldauer in zunehmendem MaBe Aragonit. Mahlen iiber 90 Stunden hinaus bringt praktisch keine weitere Umwand- lung von Calcit in Aragonit. Zwischen den beiden Phasen hat sich praktisch ein Gleichgewicht von etwa 70% Aragonit und 30% Calcit eingestellt. Die unter den gleichen Bedingungen durchgefiihrte Mahlung von Aragonit ergibt ebenfalls eine mit steigender Mahldauer zunehmende Umwandlung, in diesem Falle in Form der Cal- citbildung. Diese Urnwandlung des Aragonits erfolgt bis zum gleichen Verhiiltnis von etwa 70% verbliebenem Aragonit und etwa 30% gebildetem Calcit. Die Umwandlung des Ara- gonits verliiuft jedoch rascher und erreicht den Gleichge- wichtszustand schon bei etwa 30 Stunden Mahldauer. Versuche iiber mechanische Phasenumwandlung von Cal- ciumcarbonat an anderen Miihlentypen, beispielsweise einer Scheibenschwingmiihle, zeigten hinsichtlich des Phasenwech- sels die gleiche Erscheinung. Keine ubereinstimmung ergab sich in der Gleichgewichtslage sowie in der Kinetik der Um- wandlung. Die Ursache dafiir diirfte in der Geometrie der Muhlen und den damit verbundenen unterschiedlichen StoB- kriiften wiihrend der Mahlung zu suchen sein. Der Mechanismus der Einstellung des Phasengleichgewichtes wird noch untersucht. Es ist moglich, daB die gegenseitige Umwandlung uber eine mechanochemische Dissoziation des Calciumcarbonates bei Raumtemperatur verliiuft, Das bei unseren Untersuchungen festgestellte Phasengleich- gewicht zwischen Calcit und Aragonit, das sich beim Schwing- mahlen von Calciumcarbonat unabhiingig von der Modifika- tion des Ausgangsproduktes einstellt, entspricht naturlich nicht dem thermodynamischen Gleichgewicht. In Analogie zu den Begriffen strahlenchemisches Gleichgewicht, Mah- lungsgleichgewicht und Isotopenaustauschgleichgewicht wird der Begriff eines ,,mechanochemischen Gleichgewichtes" vorgeschlagen.

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Druck.

R. Schrader und Br. Hoffmann, Institut fur Anorganische und Analytische Chemie der Bergakademie Freiberg (Sachs.) (Direktor: Prof. Dr.-Ing. habil. R. Schrader).

Eingegangew am 14. Juli 1966 ZCM 1687

IR-Emissionsuntersuohungen von Sorptionsschichten an Metalloberflachen In Egilnzung zu entsprechenden IR- Absorptionsmessungen wurde versucht, die IR-Emissionsspektren von aus Losung an Metalloberfliichen adsorbierten Molekeln aufzunehmen. Aus der Literatur sind nur wenige Arbeiten bekannt, in de- nen die Emissionsspektren von adsorbierten Molekeln regi- striert werden konnten [1]-[4]. Diese Methode besitzt gegen- uber den bei Absorptionsmessungen gebriiuchlichen Triiger- und Aufdampftechniken den Vorteil, daB hierbei einmal die Wechselwirkung von Molekeln mit der kompakten Metall- bberfliiche verfolgt werden kann und daB zum anderen beson- ders der langwellige Spektralbereich fur Messungen zugiing- lich wird. In einer analogen, von uns bereits beschriebenen [6] Hochva- kuumkiivette wurden sowohl unter Hochvakuumbedingun- gen a18 auch bei Normaldruck im Temperaturbereich zwi- schen 50 und 160 "C Sorptionsvorgiinge von Triphenylcarbi- no], Olsiiure und Myristinsiiure aus n-Dekan-Losung an Kup- fer-, Nickel- und Silberoberfliichen in Emission beobachtet. Bei den Untersuchungen im Hochvakuum konnten an den eingesetzten Systemen keine merklichen Veriinderungen der Adsorbendenspektren nach der Sorption an der Metallober- fliiche beobachtet werden. Nach Einwirkung von Luftsauer- stoff reagierten insbesondere die Fettsiiuren mit der Ober- fliiche. Die Wechselwirkung von Triphenylcarbinol mit der Kupfer- oberfliiche scheint nach dem gleichen Mechanismus zu erfol- gen, wie er sich schon aus den Absorptionsmessungen mit Tri- phenylchlormethan [6] ergab. Die dabei bemerkbare Auf- spaltung der CH-rocking-Schwingungsbande bei 705 cm-l diirfte auf eine Symmetrieiinderung des Molekiils bei der Sorption an der Metolloberfliiche zuriickzufiihren sein. Die am System Kupferoberfliiche-Olsiiure im Hochvakuum und unter Normnlbedingungen erhaltenen Emissionsbanden sind in der Tab. 1 dem Emissionsspektrum der freien Siiure gegen- iibergestellt. Man erkennt an dem Auftreten der OH-Defor- mationsschwingungsbande bei 960 cm-l und der unveriinder- ten Lage der CO-Valenzschwingungsbande bei 1745 cm-l der Carboxylgruppe, daB keine eindeutige Wechselwirkung der freien Siiure mit der Kupferoberfliiche eintritt. Bei Einwir- kung von Luftsauerstoff ergeben sich dagegen deutliche Ver- Sinderungen. So verschwinden die Banden der freien Siiure und es bildet sich iiber mehrere kleine Banden, die in der Tab. 1 nicht verzeichnet sind, eine intensive Bande bei 1605 cm-1 aus, die der asymm. Valenzschwingung der COO-- Gruppe des Kupferoleats zugeordnet werden kann. In Bild 1 sind die Emissionsspektren von an einer Kupferober- fliiche aus n-Dekan-Losung adsorbierter Myristinsiiure in Ab- hiingigkeit von Zeit und Temperatur gezeigt. Zuniichst bilden sich zwei schwiichere Banden bei 1630 cm-l und 1598 cm-l &us. WSihrend die letztere an Intensitiit zunimmt, verschwin- det die Bande bei 1630 om-'. SchlieBlich bildet sich noch eine Schulterbande bei 1660 om-l aus. Die Bande bei 1598 cm-l wird wiederum der asymm. Valenzschwingung der COO--

2. C h . , 6. Jg. (1966) HefllO 389