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336 Beilstein, 46er die Identitat des Chlor6enzols Ueber die Identitat des Chlorbenzols mit dem gechlorten Chlorbenzyl (Bichfortoluol) ; von F. Beilstein. - Vor einiger Zeit habe ich die Beobachtung mitgetheilt 3, dafs das durch Einwirkung des Yhosphorsuperchlorids auf Aldehyd entstehende Chlorathyliden identisch ist rnit gechlor- tem Chlorathyl. Diese Identitat miilste in allen analogen Fallen statlfinden, sie erklarte die Wirkungsweise des Phos- phorsuperchlorids auf Aldehyde iiberhaupt, und mir erschien der Gegenstand vom theoretischen Staridpunkte aus inleressant genug, um diese Identitat an einem zweiten Beispiele nachzu- weisen. Ich wahlte dazu das Chlorbenzol, welches schon mehrfach Gegenstand der Untersuchung war. Das Chlor- benzol miifste demnach identisch sein mit gechlortem Chlor- benzyl und das Folgende wird zeigen, dafs der Versuch meine Erwartungen bestatigte. Darstellung des gechlorten Chlorbenzyls. - Ich benutzte dazu die interessante Beobachlung C, a n n i z z a r o’s, nach welcher das Chlorbenzyl identisch. ist mit einfach-gechlortem ToluoI, es handelte sich also um die Darstellung des 2 fach- gechlorten Toluols - des Bichlortoluols - urn mich kurz zu fassen. Die Einwirkung des Chlors auf Toluol ist von D e v ill e **) genauer untersucht worden. Derselbe stellte das einfach-gechlorle Toluol dar, das Semichlortoluol, sowie einige Karper, die sich als Verbindungen des Tri- und Penta- chlortoluols mit Salzsaure betrachten lieten. *) Diese Annalen CXIII, 110. **I Annales de cliimie et de physique [3] 111, 178.

Ueber die Identität des Chlorbenzols mit dem gechlorten Chlorbenzyl (Bichlortoluol)

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Page 1: Ueber die Identität des Chlorbenzols mit dem gechlorten Chlorbenzyl (Bichlortoluol)

336 B e i l s t e i n , 46er die Identitat des Chlor6enzols

Ueber die Identitat des Chlorbenzols mit dem gechlorten Chlorbenzyl (Bichfortoluol) ;

von F. Beilstein. -

Vor einiger Zeit habe ich die Beobachtung mitgetheilt 3, dafs das durch Einwirkung des Yhosphorsuperchlorids auf Aldehyd entstehende Chlorathyliden identisch ist rnit gechlor- tem Chlorathyl. Diese Identitat miilste in allen analogen Fallen statlfinden, sie erklarte die Wirkungsweise des Phos- phorsuperchlorids auf Aldehyde iiberhaupt, und mir erschien der Gegenstand vom theoretischen Staridpunkte aus inleressant genug, um diese Identitat an einem zweiten Beispiele nachzu- weisen. Ich wahlte dazu das Chlorbenzol, welches schon mehrfach Gegenstand der Untersuchung war. Das Chlor- benzol miifste demnach identisch sein mit gechlortem Chlor- benzyl und das Folgende wird zeigen, dafs der Versuch meine Erwartungen bestatigte.

Darstellung des gechlorten Chlorbenzyls. - Ich benutzte dazu die interessante Beobachlung C, a n n i z z a r o’s, nach welcher das Chlorbenzyl identisch. ist mit einfach-gechlortem ToluoI, es handelte sich also um die Darstellung des 2 fach- gechlorten Toluols - des Bichlortoluols - urn mich kurz zu fassen. Die Einwirkung des Chlors auf Toluol ist von D e v i l l e **) genauer untersucht worden. Derselbe stellte das einfach-gechlorle Toluol dar, das Semichlortoluol, sowie einige Karper, die sich als Verbindungen des Tri- und Penta- chlortoluols mit Salzsaure betrachten lieten.

*) Diese Annalen CXIII, 110. **I Annales de cliimie et de physique [3] 111, 178.

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mit dem gechlorten ChZorhenzyZ (Bichlortoluol). 337

Das Bichlortoluol vermuthete D c v i l l e in den Ruckstan- den von der Bereitung des ZMonochlortoluols; da aber bei der Destillation derselben eine bedeulende Zersebzung ein- trat , rnufste e r von der Reindarstellung des Bichlortoluols abstehen. Doch scheinen schon P e 11 e t i e r und W a 1 t er, die Entdecker des Toluols, das Bichlortoluol, obwohl in un- reinem Zustande, unter Handen gehabt zu haben.") Sie er- hielten bei der Einwirkung des Chlors auf bis zum Kochen erhitztes Toluol ein Oel, welches schwerer als Wasser war. Nach dem Waschen mit Wasser und Trocknen im luftleeren Raunie hinterblieb ein braunlichgelbes Oel von au te r s t bei- fsendem Geschmack , dessen Geruch besonders beim Erwar- men sehr stark war und an den des Rettigs erinnerte. Der Dampf der Substanz reizte die Augen heftig zu Thranen. Sie hielten es fur sehr wahrscheinlich, daQ dieser Korper C7H&le zusammengesetzt sei ; doch vermochten sie nicht , ihn von SalzsSiure und Chlor ganzlich zu befreien.

Das zu rneinen Versuchen benutzte Toluol war aus rohem Benzol dargestellt. Nachdem dieses mit Schwefelsaure und Kali gereinigt worden war, wurde es der fractionirten De- stillation unterworfen und nur die zwischen 205 und 115O ubergehenden Theile aofgefangen. Diese wurden wiederholt fur sich destillirt und iminer nur die zwischen den angege- benen Temperaturgrenzen ubergehenden Theile aufgefangen. Nach der funften Rectification wurde es der Einwirkung des Chlors untcrworfen. Es wurde die berechnete Menge Chlor (4 Atome auf 1 Atom Toluol) entwickelt und hierauf die Flussigkeit der nestillation unterworfen , alles unter 185O Uebergehende wurde beseitigt und aufs Neue mit Chlor be- handelt. Die zwischen 185 und 220° ubergehenden Portionen

*) Annales de chimie et de physique LXVII, 281. Annal. d. Chem. u. Pharm. CXVI. Bd. 3. Heft. 22

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wurden besonders aufgefangen , in der Retorte blieb dann ein schwarzer oliger Ruckstand. Die Einwirkung des Chlor- gases geschah in der Kalte , im zerstreuten Tageslicht. *) Nachdem so eine grofsere Menge von zwischen 185 und 220° siedendem Producte dargestellt w a r , wurde dieses der fractionirten Destillation unterworfen , indein von 10 xu 10° aufgefangen wurde. Der grilfs‘ste Theil der Fliissigkeit ging hierbei zwischen 200 und 210° uber; cr wurde fur sich auf- gefangen und noch dreirnal fur sich destillirt , wobei irnnier nur die zwischen 200 und 210° siedenden Fractionen aufge- fangen wurden. So erhaIt man das Bichlortoluol als eine farhlosc, das Licht stark brechende Flussigkeit. Es destillirt

B e ils t e in, Cber die Identitat des Cl~lorbentols

*) Ich will hier auf einen Errthum in B e r h a r d t ’ s Trait6 de chimie 111, 567 aufiuerksam machen. Derselbe gieht an , dars die Ein- wirkung des Chlorgases auf Toluol endcrs sei in der Ktllte als in zum Kochen erhitztem Toluol. Davon steht nichts in D e vil le’s Abhnndlung. Lctzterer hat viclmchr in dunkel ge- gehaltenes und abgekuhltes Toluol Chlor geleitet und die Fliissig- keit hierauf der Destillation unterworfcn , wobei zuerst Mono- chlortohiol unzcrsetzt iibcrging. C a n n ir z ar o stellte durch mehrmaliges Destillirelz des Toluolb in einem &om von trocke- ncm Chlorgm das Monochlortoluol dar. Ich begann damit, Chlor in bis zum Kochen orhitztes Toluol zu leiten; der Kolben war an das Ende cines Kiihlapparates befestigt, damit die fliichtigeren Producte zuriickfliefsen konnten. Nachdem der Sidepunkt der Flussigkeit etwas gestiegen war, wurde die Operation unter- brochen und die Flussigkeit der Destillation unterworfen. Was unter 185O iiberging wurde in den Kolben zuriickgcgossen und aufs Neue der Einwirkung des Chlors ausgesetzt. Aus den zwischeii 185 und 220° iibergeheden Portionen wurde Bichlortolnol dargestellt (Analyse 1). Als ich hierauf Chlor in der Ka te einwirken liefs, erhielt ich dieselben Producte, ich konnte absolut keinen Un- tcrschicd finden ; ich erhielt dieselben Fliissigkeiten in demselben rclativen Verhiiltnisse und blieb ich dershalb bei der letzteren, eiufacheren Llereitungsweise stehcn. Auf einen andcren Fehler in G e r h n r d t ’ s Trait6 111, 566, betreffcnd die Formel des K6r- pcrs C7H,CI,, ist schon in Grue l in ’ s Handbuch VI, 226 auf- inerksam geinacht worden.

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m a dem g echlorten Chlorbenayl (Bichlortoluol). 339

aber nicht ganz ohne Zersetzung; das Deslillat enthalt immer etwas Salzsaure , von welcher es durch Schiitteln mit Blei- glatle befreit werden kann. Mil der Zeit farbt sich das Bi- chlortoluol aber immer etwas dunkler.

1) Mit Kupferoxyd und vorgelegtem Kupfer : 0,2517 Grm. gaben 0,1007 Wasser und 0,475 Kohlensaure.

2) Mit chromsaurem Bleioxyd : 0,2265 Grm. gaben 0,093 HO und 0,4305 C02.

3) Mit chromsaurem Blei : 0,164 Grm. gaben 0,063 HO und 0,314 C02 .

4) 0,352 Grm. gaben 0,614 AgCl. 5) 0,225 Grm. gaben 0,401 AgCI.

Gefunden

1. 2. 3. 4. 6. < Y

C 51,5 51,s 52,2 - - H 4,4 4,5 4,3 - - c1 - - - 43,2 44,i

C, 84 52,i Berechnet

H6 6 338 Q s 71 44,1

161 100,o

Den Siedepunkt des Bichlortoluols vermag ich nicht ge- nau anzugeben. Es ist bekannt , wie schwer es halt aus einem Gemenge gechlorter Korper Flussigkeiten von con- stantarn Siedepunkt auszuscheiden ; dazu kommt noch , dafs das Bichlortoluol einen sehr hohen Siedepunkt besitzt und nicht ganz ohnc Zersetzung siedet. Ich habe oben ange- geben , dal's beim Rectificiren des Bichlortoluols der grol'ste Theil desselben zwischen 200 und 210° uhergeht; os ist mir aber auch vorgekommen , d a t die Hauptmenge zwischen 190 und 200° iiberging. Es hangt das gaaa von der Art der

22 4%

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340 Be i I s t e in, iiber die Identitat des Chlor6ensols

Gefafse a b , von der Lage der Thermometerkugel in der Retorte u. s. f. Halt man das Thermometer gerade iiber der siedenden Flusssigkeit iind zieht es dann langsam in die HiShe, so bemerkt man, wie es fortwlhrend fallt. Diese Differenz kann bis zu 10° betragen. Hieraus erklart sich auch die Verschiedenheit in den Angaben uber den Siedepunkt des Chlorbenzols. Wahrend C a h o u r s und W i c k e iiberein- stimrnend den constanten Siedepunkt 206O angeben , be- obachtete E n g e l h a r d t denselben zu 4984 Ich wahlte zu meinen Destillationen Retorten, die nur so grol's waren, dafs sie die Fliissigkeiten bequem farsten ; sie wurden mit schlechten Warmeleitern umgeben und die Thermometer- kugel fast bis an den Hals der Retorte heranfgezogen, doch so, dafs sie sich noch ganz irn Dampf der Flussigkeit hefand. Hierbei blieb das Thermometer einmal bei 202O liingere Zeit constant. Eine grofsere Menge Bichlortoluol wurde unter Anwendung der bekannten K o p p 'schen Vorsichtsmafsregeln der Destillation unterworfen. Das Thermometer hatte eine kleine Kugel, es war wie oben angegeben angehracht. Beim Dedilliren hielt es sich langere Zeit zwischen 196 und 198O. Da hier N = 197 - 35 = 162 und T - t = 197 - 32,5 = 164,5O war, so berechnet sich hieraus die Cor- rection xu 4,1O und der berichtigte Siedepunkt zu 202,Z0. Das hierbei Uebergegangene wurde unter Anwendung der- selben Vorsichtsmatregeln noch einmal destillirt. Es diente hierzu ein anderes Thermometer mit sehr langem Quecksilber- gefafs. Auch dieses Ma1 blieb das Thermometer llingere Zeit zwischen 196 bis 198O constant. Da hier N = 197 - (- 20) = 217, T - t = 197 - 30 = 167 war, so be- triigt die Correction 5,6 und der berichtigte Siedepunkt ware demnach 202,6O. Das hierbei Uebergegangcne gab aber beim Verbrennen 56,O pC. C und 4,8 pC. H und enthielt also noch weniger gechlortes Product.

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ma? dem gechlorten Chlorhenxyl (Bichlortoluol). 241

Das Bichlortoluol hat alle Eigenschaften des Chlorbenzols. Es ist in reinem Zustande farblos, bricht das Licht stark und hat in der Kalte nur einen schwachen Geruch, wlhrend es in der Hitze die Augen heftig zu Thranen reizt. Es ist leicht loslich in Alkohol und Aether, unl6slich i n Wasser. Langere Zeit mit demselben in Beruhrung wird es sauer und nimmt den Geruch des Bittermandeliils an, wie E n g el h a r d t dieses am Chlorbenzol beobachtete. Ein mit Bichlortoluol getrankter Papierstreif brennt mit grungeslumter , stark rufsender Flamme, deren Dampf die Augen zu Thranen reizt. Das spec. Gewicht desselben fand ich bei 13O zu 1,256, wahrend C a h o u r s fur das Chlorbenzol 1,245 bei 16O angiebt.- Mit diesem Bichlortoluol wurden die folgenden Reactionen an- gee tell t.

8il6er- und Quecksilberoxyd. - Diese beiden wirken auf Chlorbenzol nach G e r h a r d t *) heftig ein, unter Bildung von Bittermandelol. Bichlortoluol IaM sich in der Kalte mit Silberoxyd ZusamrnenreibeQ, sowie man aber erhitzt tritt eine aufserst heftige Reaction ein und die organische Substanz wird vollstandig zrrstort. Uebergiefst man aber die Masse vorher mit Steinol, so tritt eine regelmafsige Reaction ein und man erhalt Bittermandelol. Bequemer lafst sich der Versuch mit Quecksilberoxyd ausfiihren. Man reibt das Quecksilberoxyd rnit dem Bichlortoluol zusammen und erhitzt dann vorsichtig im Wasserbade. Die Reaction tritt allmalig ein, das Queck- silberoxyd schwarzt sich und man erhalt Bittermandelol.

Ozalsaures Silberoxyzyd sol1 nach W i c k e auherst heftig auf Chlorhenzol einwirken, unter vollstandiger Zerstiirung der organischen Substanz. Nach G o 1 o w k i n s k y **) labt sich

*) Siehe dessen Trait6 IV, 721.

**) Diese Annalen CXI, 252.

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342

aber die Einwirkung leicht regeln, wenn man das Gemenge niit Stein01 bedeckt und vorsichtig erwlrmt. Es entwickelt sich dann Kohlenoxyd und Kohlensauregas, und im Ruckstand ist Bittermaridel61 enthalten. Genau ebenso verhalt sich das Bichlortoluol. Reibt man letzteres mit oxalsaurem Silber zu- sammen, hringt das Gemenge in einen Glaskolben und uber- yiefsst es mit Steinol, so tritt beim Erwarmen im Wasserbade allmalig eine Reaction ein. Es entwickelt sich ein Gas, wel- ches zuerst in Barytwasser geleitet dieses fallte, hierauf iiber Wasser aufgefangen mit der charakteristischen Flamme des Kohlenoxydgdses verbrannte. Der Riickstand hielt Bitter- niandelol. Nebenbei heobachtete ich die Bilduny einiger Krystalle, die Benzoesiiure zu sein schienen.

Be iE s t e i n , iiber die Identitat des Chlorbenzols

Nach W i c k e *) wirkt eine alkoholische SilbedZsung schon in der Iialte auf Chlorbenzol ein, indem Chlorsilber gefallt und Bitlermandelol gebildet wird. Als Bichlortoluol mit einer alkoholischen Liisuny von salpetersaurem Silber versetzt wurde, schied sich sogleich Chlorsilber aus und die Flussiykeit enthielt Biltermandelol. Durch Einwirkung ver- schiedener Silbersalze auf Chlorbenzol haben E n g e 1 h a r d t **) und W i c k e #**I ,Benzolather' dargestellt. Die Darstellung dieser Aether ist mit einigen Schwierigkeiten verknupft. Denn wahrend B u f f +) , welcher ebenfalls Silbersalze auf Chlorbenzol einwirken liefs, zu keinem hestimmten Resultate gelangte , verniochte En g e l ha r d t nur den benzodsauren Aether rein darzustellen, nicht auch den essigsauren. W i c k e hingegen stellte den essigsauren Benzolather rein dar, konnte aber den benzo&auren nicht rein erhalten. Das sichere Ge-

*) Diese Annalen CII, 360. **) Journ. f. pract. Chemie LXXll, 230.

***) Diese Annalen CII, 366. j-) Daselbst C , 238.

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nzit dem gechlorten Chlor6engl (Bichlortoluol). 343

lingen der Reaction hangt also offenbar von gewissen Be- dingurigen ab, die noch nicht hinlanglich aufgeklart sind. Es gelang mir nicht, diese Aether in reinem Zustande darzu- stellen ; ich erhielt stets chlorhaltige Producte, die ich in die- sem Zustande der Analyse u n terwerfen mufste.

BewoZsaures SilBer wirkt schon in der Kiilte auf Bi- chlortoluol ein. Die Mnsse erhitzt sich und neben AgCl scheidet sich ein Oel aus. Nach Beendigung der Reaction wurde der Jiolben noch einige Zeit im Wasserbade erwarmt, hierauf nach dem Erlralten mit Aether ausgezogen. Das nach dem Verdunsten der Ptlierischen Losung hinterbleibende Oel wurde mit kohlensaurem Natron gewaschen, hierauf in Aether gelost und der Aether verdunstet. Es hinterblieb ein dunkel- gelbes Oel, welches noch bedeutende Mengen von Chlor ent- hielt; es wurde daher nochmals in der angegebenen Weise mit benzoesaurern SiIber behandelt , mit dem Unterschiede, dafs die Masse Iangere Zeit iiber 100° erhitzt wurde. Nach dem Ausziehen mit Aether , Wasclien , Wiederauflosen in Aether hinterblieb endlich ein fast farbloses Oel von kaum merklichern Geruche. L)a dieses selhst beim Verdunsten der alkoholischen Losung nur olig zuruck blieb und nicht ohne vollige Zersetzung deslillirt werden konnte, mufste es so analysirt werden.

0,280 Grm. gaben mit Kupferoxyd und vorgelegtem Kupfer verbrannt 0,1235 Grm. HO und 0,693 COB.

0,214 Grm. gaben 0,1255 AgCI.

Da zu diesem Versuche reines Bichlortoluol angewendet war und aufser benzoesaurem Benzol lreine andere Verbin- dung entsteht, so ist es erlaubt, das Chlor als Bichlortoluol in Abzug zu bringen. Es bleibt dann fur die Zusammen- setzung der chlorfreien Verbindung :

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344 B e il s t e i n , u b e ~ die Identitat des Chlorbenzols

bereohnet ge funden C 15,9 75,1 H 498 5,4.

Das so erhaltene benzoesaure Benzol hatte alle Eigen- schaften des von E n g e 1 h a r d t beschriebenen Korpers. Es liiste sich leicht in Aether , vie1 weniger in Alkohol aus welchem es sich nach einiger Zeit olig ausschied. Es loste sich in concentrirter Schwefelsaure mit brauner Farbe, beim Verdunnen rnit Wasser wurde daraus Benzoesaure gefallt. Es wurde durch concentrirte Salpeterslure aerstort, ebenso durch Kochen mit concentrirter Kaliliisung.

Ess@saiaes Silber l a t t sich mit Bichlortoluol zusammen- reiben; beim Schiitteln erwarmt sich die Masse und bei ge- lindem Erhitzen tritt eine heftige Reaction unter Entwicke- lung weifser Dampfe ein - ganz so wie W i c k e dieses am Chlorbenzol beobachtete. Die Masse wurde nach dem Er- kalten mit Aether ausgezogen, der Aether verdunstet der Riickstand rnit Sodalosung und Wasser gewaschen, nochmals in Aelher gelost und der Aetber verdunstet. Es hinterblieb ein dunkelbraunes Oel welches noch bedeutende Mengen Chlor enthielt; es wurde daher nochmals in der angegebenen Weise mit essigsaurem Siiber behandelt und nur die Er- hitzung damit Iangere Zeit fortgesetzt. Nach dem Reinigen blieb ein dunketgelbes Oel, welches nicht zum Krystallisiren zu bringen war, und da es durch Destillation nicht zu reinigen war, mufste es so analysirt werden.

0,345 Grm. gaben mit Kupferoxyd und vorgelegtem Kupfer verbtannt 0,1635 Grm. HO und 0,755 Grm. COz.

0,154 Grm. gaben 0,1065 Grm. AgCI.

Das Chlor als Bichlortoluol in Abzug gebracht , hinter- bleibt fur die Zusammensetaung der chlorfreien Verbindung :

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mit dem gechlorten Chlodenzyl (Bichlwtoluol). 345

berechnet gefunden C 63,5 64,6 H 5 8 6,2.

Dieser Korper zeigte im Allgemeinen die Eigenschaften von Wicke ’ s essigsaurem Benzol. Er loste sich leicht in Alkohol und Aether, nicht in Wasser. Beini Destilliren wurde er vollstandig zerlegt, das Destillat gab mit Natron- lauge behandelt Essigsaure und Bittermandelol. Concentrirte Schwefelsiiure wirkte lebhaft auf ihn ein. Die Masse braunte sich, es entwich Essigsaure und beim Yerdiinnen niit Wasser trat der Geruch des Bittermandeliils auf. Mit alkoholischem Kali im zugeschmolzenen Rohr erhitzt wurde er vollstandig zerlegt. Bittermandelol konnle ich hierbei nicht nachweisen, da dasselbe offenbar durch das Kali weiter zersetzt wor- den war.

NutTiumaZkohoZat wirkt nach W i c k e auf Chlorbenzol ein unter Bildung von Dillhylbenzoliittier. Bichlortoluol wurde mit Natriunialkoholat in ein Rohr eingeschmolzen und im Wasserbade erhitzt. Es scliied sicli sofort Chlornatrium aus und nach dem Oeffnen des Rohrs, Abdestilliren des Alkohols und Zerlegen mit Wasser wurde eine Blherartige Flussigkeit gewonnen, die durch concentrirte Schwefelsaure unter Brau- nung in Alkohol und Bittermandelol zerlogt wurde. Ich will hier auf einen Widerspruch mit einer Angabe von W i c k e aufmerksam rnachen. Nach Letzterem sol1 nlmlich durch concentrirte alkoholische Kalilosun~ *) das Chlorbenzol zu Bittermandelol zerlegt werden. Ich konnte dieses nicht am Bichlortoluol beobachten. Ich wandte eine ganz gesattigte Ualilosung an und vermied einen allzugrofsen Ueberschufs davon. Beini Erhilzen i r r i Wasserbade trat sofort Chlor-

*) a. a. 0. Seite 362.

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346 B e i l s t e i n , G6er die Identitat des ChEor6eneols

kaliumabscheidung ein, aber beim Oeffnen des Rohrs konnte ich keinen Bittermandelolgeruch wahrnehmen. Beim Ver- mischen rnit Wasser schied sich e i n e ger inge Menge einer atherischen Schichte ab , die eher Dilthylbenzol sein konnte. Vielleicht ist hier die Concentration und Quantitat der Kali- liisung von wesentlichem Einflufs.

Alkoholisches Ammoniak wirkt nach B u f f *) unter Sal- rniakbildung ein. Mach W i c k e entsteht hierbei Bitterinan- deliil. Bichlortoluol wurde rnit alkoholischern Ammoniak ein- geschmolzen und im Wasserbade erhitzt; es schied sich sofort Salmiak aus. Nach dem Oeffnen des Rohrs und Verdunsten des Alkotiols l ief . sich leicht Bittermandelol nachweisen , doch war dessen Menge nur e ine a d s e r s t geringe, da offenbar das Meiste durch das Arnmoniak zerstort war. Der Rucksland loste sich ganz in Wasser , konnte also kein Hydrobenxamid enthalten; auf Zusatz von Salzslure fie1 aus der Liisung ein feiner weifser Niederschlag.

Alkoholisches Schwefelwassersto~-Schwef~Z~aZiu~. - Die Einwirkung dieses Korpers auf Chlorbenzol wurde schon von Ca h o u r s *it) beobachtet. E r erhiefl in Schuppen krystallisiren- des Sulfobenzol. Dieses Resultat wurde spater von E n g e I- h a r d t bestHtigt, wahrend B u f f nur ein braunes, nicht zu reinigendes Oel erhielt.

Versetzt man Bichlortoluol mit einer alkoholischen Schwefelwasserstoff-Schwefelkaliundosung, so tritt , ganz wie E n g e 1 h a r d t **) beschreibt, eine heftige Reaction ein ; die Masse erhitzt sich , es entweicht Schwefelwasserstoff und Chlorkalium und ein Oel scheiden sich ab. Hierbei tritt ein sehr hef t iger , unangenehmer Geruch auf. Die Masse wird

*) a. a. 0. Seite 238.

***) a. a. 0. Seite 234.

**) G m e 1 i n 's Handbuch VI , 38.

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mit dem gechhten Chlorbenzyl (Bichlortoluol). 347

zur vollstiindigen Zerlegung noch einige Zeit gekocht und dann mit Wasser versetzt. Es scheidet sich ein gelbes Oel ab, welches in kochendem Alkohol gelost wird. Beim Er- kalten trubt sich die Losung und scheidel wieder das Oel ab. Es gelang mir nicht, diese Verbindung im krystallini- schen Zustande zu erhalten. Als aber das Oel einige Zeit sich selbst iiberlassen wurde, schieden sich Krystalle aus. Sie wurden aus dem Oel herausgenommen, zwischen Flierspapier abgeprerst und dann in kochendem Weingeist gelost. Beirn Erkalterr krystallisirten wasserhelle , glasglanzende , scharf ausg&bildete Octaeder, die aber bei 77 bis 78O schmolzen, wahrend C a h o u r s den Schmelzpunkt des Sulfobenzols zu 64O angiebt. Die Menge der so ausgeschiedenen Krystalle war eine Purserst geringe; es gaben beini Verbrennen mit Kupferoxyd, wobei zwischen Calciumrohr und Kaliapparat ein Bleisuperoxydrohr eingeschaltet war :

0,13 Grm. 0,0525 HO und 0,2545 COz. Hieraus berechnen sich 53,4 pC. C und 4,5 pC. H, wahrend

das Sulfobenzol 68,9 pC. C und 4,9 pC. H enthalt. Um ganz sicher zu sein, wiederholte ich die Operation

mit einer neuen Menge reinen Bichlortoluols. Auch dieses Ma1 schieden sich wieder aus dem Oele Brystalle ab, die aus Alkohol umkrystallisirt dieselberi Eigenschaften zeigten wie die vorigen; nur schrnolzen sie erst bei 84 bis 85O. Beiin Verbrennen rnit Kupferoxyd gaben :

0,109 Grm. 0,2115 Grin. C02 und 0,047 HO, entsprechend 52,9 pC. C und 4,8 pC. 13, also ganz wie oben.

Die Krystalle zeigten einen aufserordentlichen Glasglanz, verfliichtigten sich auf dem Platinblech erhitzt ohne Ruck- stand zu lassen , unter Verbreitung eines weifsen Rauches. Mit concentrirter Salpetersiiure erhitzt schrnolzen die Kry- stalle, schienen aber nicht angegriffen zu werden. Sie waren geruchlos. Bei einer qualitativen Priifung ergab sich rioch

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ein bedeutender Chlor- und Schwefelgehalt. Danach konnten sie die Zusammensetzung C7H7ClS haben ; diese erfordert :

c7 53,O 53,4 52,9

B e i I s t e i n , %her die Identitat des Chlor6ensols

berechnet gefunden

H7 434 4,5 4,8 c1 22,4 - I S 20,2 - -

Ich hatte aber zu wenig Substanz, um diese Vermuthung zur Gewifsheit zu erheben ; ich konnte den Chlor- und Schwefelgehalt nur qualitativ nachweisen.

Hiernach waren diese Krystalle e ine intermediare Ver- bindung zwischen dem Chlorbenzol und dem Sulfobenzol ; ihre Bildung wiirde sich einfach erklaren durch :

Da mir hier e ine Abweichung im Verhalten von Chlor- benzol und Bichlortoluol stdttzufinden schien , so stellte ich nochmals den Versuch mit Chlorbenzol an. Chlorbenzol wurde nach der bekannten Methode aus gereinigtern Bitter- mandcliil wid Phosphorsuperchlorid dargestellt. Mein Chlor- b e n d zeigte aber weder den Siedepunkt 198 noch 206O, son- dern siedete constant bei 200,5O und stieg his zum Ende der Destillalion nur bis auf 201,5O. Es stimmt dieses also voll- kornmen mit dem iiberein, was Seite 339 f. iiber den Siedepunkt des Bichlorloluols gesagt wurde. Das so dargestellte Chlor- benzol hatte alle Eigenschaften meines reinen Bichlorloluols. Beim Behandeln dosselben mit alkoholischem Schwefelwasser- stoff-Schwefdkalium traten qenau dieselben Erscheinungen e i n , wie ich sie a m Bichlortoluol beobachtete. Auch dieses Ma1 schied sich ein gelbes Oel aus von demselben unertrag- lichen Geruche wie friiher. Die Bildung der oben erwahn- ten Krystalle konnte ich aber nicht beobachten. Dieses Oel wurde durch Kochen mit concentrirter Salpetersaure unter

I

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mit dern gechlorten Chlorbenyl (Bichlortoluol). 349

Entwickelung rother Dampfe zerstort. Es schieden sich beim Erkalten der Flussigkeib feine Krystallnadeln aus , die sich in Alkalien liisten und daraus durch eine Siiure gefallt wur- den, also ganz so, wie es C a h o u r s und E n g e l h a r d t am Sulfobenzol beobachlet haben. Das init Bichlortoluol er- haltene Oel verhielt sich genau ebenso. In der Bildung der oben erwahnten Verbindung C7H&1S liegt also nichts, was gegen die Identitat des Bichlortoluols mit dem Chlor- benzol sprechen konnte; es seheinen zum beliebigen Hervor- bringen der Verbindungen verschiedene Bedingungen noth- wendig zu sein. Ich habe bei meinen Versuchen stets die Schwefelkaliumliisung auf das Chlorbenzol yegossen ; vielleicht, dafs man bei Einhaltung des entgegengesetzten Verhaltens und bei iiberschussigem Alkali nur Sulfobenzol erhah.

Eine alkoholische Losung yon SchwefeZcyankalium wirkt nach Buff , W i c k e und E n g e l h a r d t auf Chlorbenzol ein unter Bildung von Chlorkalium und eines braunen Oeles. Ich erhielt tnit Bichlortoluol ganz die Hesultate, wie sie E n g e l - h a r d t *) beschreibt. Beim Kochen des Gemisches trubte sich letzteres und es schied sich Chlorkalium ah; mit Wasser verdunnt wurde ein brnunes Oel abgeschieden. Hierbei trat ein Geruch auf, der an gekochte Ruben erinnerte. Das Oel wurde von concentrirter Salpetersaure nicht angegrieen, con- centrirte Schwefelsauru zerstorte es aber. Ich habe mich uberzengt, dafs Chlorbenzol mit alkoholischem Schwefelcyan- kalium behandelt sich genau eben so verhalt.

Natrium sol1 nach W i c k e selbst in kochendem Chlor- benzol metallglanzend bleiben. Ich kann dieses nicht be- statigen. Chlorbenzol tangere Zeit mit Natriurn gekocht wurde zerstort, unter Bildung eines braunen Harzes. Bichlor- toluol zeigte ganz dieselben Erscheinungen.

*) a. a. 0. S. 236.

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350 B e i l s t e i n , iiber die Identitat des Chlorbenzob

Concentrirte Schwefelsdiure wirkt schon in der Kalte auf Chlorbenzol ein, indem sie sich gelb f l r b t ; beim Kochen wird das Chlorbenzol unter Salzsaureentwickelung und Schwarzung zerstort. Verdunnt man die Flussigkeit rnit Wasser , so l a b t sich leicht Bitfermandelol nachweisen. Mit Biclilortoluol erhielt ich in diesem Fall ganz dieselben Resultate, e s spaltete sich ebenfalls in Bittermandelol und Salzsaure nach der Gleichunp :

CVHGCIZ + HZ0 = C v H 6 0 + 2 HCl.

Nach dem Ohigen kann es keinern Zweifel mehr unter- worfen se in , dafs das Chlorbenzol identisch i s t mit gechlor- tern Chlorbenzyl (Bichlortoluel). Dieses stimmt mit unseren theoretischen Ansichten vollkommen iiberein. In der That, wir leiten das Aldehyd in der Mehrzahl d e r Reactionen vom Typus Aethylwasserstoff ab , wir drucken dieses aus durch die Formeln :

( 3 3 5 H

.--.--c Aethylwasserstoff Aldeh ya.

Behandeln wir nun das Aldehyd mit Phosphorsuper- chlorid, d. h. ersetzen wir darin den Sauerstoff durch Chlor, so erhalten wir einen Korper :

C%H3C12 oder CgH*CI H G1

= Chlorathyliden oder gechlortes Chlorathyl. Letzterem Kor-

per scheint auch wirklich eher die Formel c22c'pl zuzukom-

men, denn es l a k t sich darin eben so wenig wie im Chfor- athyl das Chlor durch die gewohnlichen Reagentien nach- weisen. Versetzt man eine alkoholische Losung von Mono- chlor - Chlorathyl mit e iner alkoholischen Silberlosung, so bleibt Alles klar und man kann selbst kochen , ohne dafs

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mit dem gschlorten Chlorbenzyl (Bichlorloluol). 351

eine Chlorsilbcrabscheidung eintritt ; nur bei fortgesetzteni Kochen scheint eine geringe Reduction des Silbers ein- zutreten.

Was aber vom gewiihnlichen Aldehyd gilt, mufs auch vom Benzaldehyd - dem Biltermandelol - gelten. Das Bit- termandelol Iafst sich betrachten als oxydirter Benzylwasser- stoff :

C7H7 H

_Ice -. .- Benzylwasserstoff Bittermandelijl.

(Toluol)

Behandeln wir dasselbe rnit Phosphorsuperchlorid , so mufs Monochlor - Chlorbenzyl oder Chlorbenzol entstehen :

Vori diesern Gesichtspunkte aus betrachtet finden die Reactionen des Chlorbenzols ihre einfache Erklarung. Was zunachsl die Einwirkung des Silberoxyds oder der concen- trirten Schwefelsaure auf Chlorbenzol anbetrifft , so haben wir hier :

Nehmen wir snstatt des Silberoxyds Silbersalze , so ist die Reaction nicht minder einfach. Es bildet sich Bitter- rnandeliil welches mit den gleichzeitig entstohonden Anhy- driden verburiden bleibt, z. B. :

Essigs. BcnzolLther.

Zerlegen wir diese Aether durch Alkalien, so sehen wir, dafs sie sich in Bittermandelijl und die enlsprechenden Kali-

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352 B e i l s t e i n , iiber die Identitat des Chlorbenzols

salze spalten mussen; dafs hierbei kein Benzoglycol [Benzol- alkohol*)] auftreten kann, ist naturlich.

Der DiZthyZhenzoZic'thev ist das Acetal der Benzogreihe. Auf die vorige Entwickelung fufsend miissen wir es als eine Verbindung des Bittermandelols mit Aether betrachten. Wir werden dadurch zu der schon Iangst von S l a s ausgespro- chenen Ansicht iiber die Constitution des Acetals zuriick- gefiihrt. S t a s selhst verwarf diese Ansicht, da sie ihm nicht mit dem Verhalten des Acetals zu Alkalien und Silberlosung iibereinzustimrrren schien.

Ich komme auf die theoretischen Betrachtungen W i c k e's und E n g e l h a r d t ' s nicht xuriick. Sie haben durch die glanzenden Arbeiten des Herrn W u r t z ihre experiinentelle Widerlegung erfahren. Ich will nur einige Wortc iiber die schein6ar zweibasische Natur der Aldehyde bemerken.

Die Benzoegruppe zeichnet sich bekanntlich durch die grofse Beweglichkeit ihrer Molecule aus. So sehen wir, wie im Monochlor - Chlorbenzyl die beiden Atorne Chlor niit der grofsten Leichtigkeit gegen Sauerstoff ausgewechselt werden konnen. Dadurch, dafs eben ewei Atotne Chlor austreten, wurde man zur Annahme eines eweisaurigen Radicals ver- leitet. Im Monochlor- Chlorathyl ist das Chlor schon vie1 fester gebunden; es gelingt aber doch durch Anwendung des Monobrom- Bromathyls (Bromathyliden) , ahnliche Umwand- lungen hervorzubringen. W u r t z und Pra p o 1 I i haben auf diese Weise das Aldehyd in Acetal umgewandelt. Wollte man in diesen Verbindungen - und folgerecht auch in den Aldehyden - besondere zweisaurige Radicale annehmen, so wurde man, abgesehen von den Verwickelungen, die dadurch eingefiihrt werden , auf Consequenzen slofsen, die mit den Thatsachen schwer i n Einklang zu bringen waren.

*) Vgl. diese Annalen CI, 292.

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mit dem gechlorten Chlorbenzyl (Bichlortolzcol). 353

In der That, wollte man z. B. das Aldehyd als das Oxyd eines noch unbekannten zweibasischen Kohlenwasserstoffs C2H4 betrachten , so wurde man eine ganze Reihe hypotheti- scher Korper einfiihren , von denen man sich nicht die lei- seste Vorstellung machen kann. Denn was sollen wir uns von Kohlenwasserstoffen denken, die wie das EIayl und seine Analogen zusammengesetzt, wie diese zweibasisch, aber trotz- dem doch von ihnen verschieden s i n d ? Im Acetal wiirden wir haben :

wobei C2H4 zweisaurig, aber vom Elayl verschieden ist. Be- denken wir die Zerlegung des Acetals in Aldehyd und Aether, so miifste nach Obigem bei der Einwirkung des Phosphor- superchlorides auf Acetal neben Chlorathyl Chlorathyliden entstehen :

G H 4 lo* + 2 PC15 = + 2 c p + 2 POCI3. (C2H5)2

Dem ist aber nicht so. Ich habe mich durch genaue Versuche uberzeugt "1, dafs hierbei keine Spur Chlorathyliden oder Chloraldehyden C2H3CI auftritt. Behandelt man das Pro- duct der Einwirkung mit Eisstucken, so scheiden sich olige Schichten aus, die , j e nachdem man 1 oder 2 Aequivalente PC15 auf 1 Aeq. Acetal angewandt hat, auf der sauren Flus- sigkeit schwinimen, oder in derselben untersinken.

Endlich wurde auch die von mir beim Sulfobenzol be- obachtete inlermediare Verbindung C&CIS, die man Chlor- hydro-Sulfobenzol nennen kiinnte, sich auf keine Weise mit der Annahme eines zweibasischen Radicals im Chlorbenzol vereinbaren lassen, sie findet aber in dem oben Erwjlrhnten ihre einfache Erklarung.

*) Bulletin de la soc. chim., seance du 27 Mai 1859.

Annd. d. Ohem. U. Pharm. OXVl. Bd. S. Weft. 23

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354 Bei l s t e i n , iiber die Identitat des Chlor6enaoZs

Die Isomerie der Glycolverbindungen mit den Verbin- dungen der Aldehyde war es ebenfalls, welche zu der Annahme zweibasischer Radicale im Aldehyd gefuhrt hat. Diese Isomerie ist in der letzten Zeit ofters besprochen worden. Am einfachsten und ubersichtlichsten ist sie zuletzt von W u r tz *) zusammengestellt worden. Er leitete die Aldehydverbindungen vom einatomigen Aethylhydrur und die Glycolverbindungen vom zweiatomigen (und damit isomeren) Aethylenhydriir ab :

CZH5. H CzF.14 . HZ C2H4L-0 . 01 **) CaH4C1. C1 CZH4. CIp

CZH4. 0

. . . . . . . . . . . . Hierdurch tritt nicht nur die Isomerie der erwghnten

Verbindungen in ein helles Licht, sondern wir sehen auch, wie scharf die einatomigen Verbindungen yon den ewei- atomigen getrennt sind. Eigenthiinilich bleibt allerdings, dak Aldehyde, selbst wenn sie mit Hydraten von Sluren eu- sammengebracht werden, doch nnr mit den Anhydriden der- selben sich verbinden (biessigsaures Valeral von K o 1 be und G u t h r i e) , also immer zwei Atome des Saureradicals verlangen.

Blicken wir auf obige Formeln, so erscheint uns die Wirkung des Phosphorsuperchlorides auf Aldehyde , welche noch vor kurzeni so dunkel und unerklarlich schien, als eine einfache und naturliche , sie versteht sich von selbst. Wir sind dadurch zu dem ganz allgemeinen Schlusse berechtigt, d a t wenn Phosphorsuperchbrid auf Aldehgde wirkt , immer die gechlorten ChZorather der entsprecheiden Alkohole ent- stehen.

*) Ann. chim. phys. [3] LVI, 346.

**) 0 . 0 = 0 = 16.

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mit dem gechlorten ChlorbenByZ (BichlortoZuoZ). 355

So lange man also sich nicht veranlafst sieht, im ge- chlorten Chlorlthyl und seinen Analogen besondere zwei- basische Radicale anzunehmen, so lange ist auch die Annahme dieser Radicale in den Aldehyden eine vollkommen uber- fliissige.

Aus obigen Thatsachen konnen wir weitere Folgerungen ziehen. Wenden wir statt der Aldehyde die entsprechenden SaurechlorUre an, so miissen durch Einwirkung des Phos- phorsuperchlorids daraus die eweifach - gechlorten Chlortither der entsprechenden Alkohole entstehen. Aus Chloracetyl und PC15 miirste also z. B. zweifach-gechlortes Chloriithyl entstehen :

Vorlaufige Versuche zeigten mir, dafs in der That Phos- phorsuperchlorid mit Leichtigkeit auf Chloracetgl einwirkt. Schlielst man diese Korper in iiquivalenten Mengen in ein Rohr ein und erhitzt sie auf 150° im Oelbade, so ist nach kurzer Zeit das Phosphorsuperchlorid verschwunden. Oeffnet man das Rohr, so tritt eine heftige Explosion ein und fast alle Fliissigkeit wird aus dem Rohr hinausgeschleudert. Es blieben nur wenige Tropfen Phosphoroxychlorid zuriick. Nicht besser gelang der Versuch, als man das Rohr vor dem Oeffnen in einem Kaltegemisch gut abkiihlte. Die Fliissigkeit wurde wie vorhin wit Gewalt hinausgeschleudert. Vielleicht also, d a h das zweifach-gechlorte Chlorathyl sich in diesem Fall in Salzsaure und zweifach-gechlortes Aethylen zerlegt hatte :

c2:;oI + PC15 = CBHaCll + HCI + POC13.

Das zweifach - gechlorte Chlorathyl erleidet , nach Ver- suchen von R e g n a u 1 t , durch alkoholische Kalilosung eine solche Zerlegung nicht. Es sollen vielmehr dabei geringe Mengen Essigslure entstehen.

23"

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356 B e i l r t e i n , iiber die Idenfitlit d. Chhwbeneob etc.

Ein hierher geharender Karper ist aber vor einiger Zeit von S c h i s c h k o w und R o s i n g *) dargestellt worden. Indem diese Cheiniker Phosphorsuperchlorid auf Chlorbenzoyl ein- wirken lieken, erhielten sie den Karper C-IH~CIS, den sie als das Chloroform der Benzoesaure betrachtcten. Es ist klar, dafs dieser Kilrper nichts anderes sein kann, als zweifach- gechlortes Chlorbenzyl (Trichlortoluol). DRS Trichlortoluol ist in Verbindung mit Salzsaure schon von D e v i l l e dar- gestellt worden. Auch er betrachtet es als das Chloroform der Benzoesawe; doch gelang es ihm nicht, es i n dieselbe iiberrufiihren. - 1st nicht das Chloroform CHCls identisch mit zweifach-gechlortem Chlormethyl 1

Die Nonienclatur der in Rede stehenden Verbindungen ist eine ziemlich verwickelle. Es ist dieses hauptsachlich dadurch entstanden, d a t der zur Phenylgruppe gehorige Koh- lenwasserstoff CsH6 den Namen Bend erhalten hat, wahrend wir unter Chlorbenzol einen K6rper mit C, verstehen. Ebenso h e i t t der Kohlenwasserstoff C,Ha Toluol und Toluylslure ist eine Saure mit c8. Wir nennen das Nitril der Benzoesgure Cyanphenyl, wollten wir das Nitril der 'l'oluylsaure Cyan- Fluenyl u. s. f. nennen, so verlaren wir alle Analogieen. Es ware daher am besten, man liehe die Nanien Benzol, Toluol u. s. f. ganz fallen und fuhrte die rationellen Bezeichnungen Phenylwasserstoff u. s. w. ein. Fiir die Eenzoegruppe pabt der von C a n n i z r a r o vorgeschlagene Name Benzyl vprtreff- lich. Er bezeichnet ggnau die Stellung der hierher gehoren- den Verbindungen u n d erinnert an die Analogieen derselben mit den Aethylverbindungen u. s. f.

Laboratorium in G t t i n g e n , Juli 1160.

*) Compt. rend. XLVI, 366.